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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Das Zimmer

von Teekon

Obwohl der Himmel ein streifig helles Blau trug an diesem Tag, an dem winzige Brocken aus Wolkenwatte fast still standen, wollte er nicht weniger grau werden. Wie durch einen Schleier schaute er aus von unten, aber vielleicht war das auch nur eine Glocke aus Smog über der Stadt. Eine Rotte Spatzen stob auf und flog über die schrägen Dächer von Whitechapel, tauchte in einer großen Runde wieder zwischen die Häuser und verschwand am unteren Rand des Fensters aus seinem Blickwinkel.

Das Holz war ein wenig brüchig, und dunkle Beize blätterte schalenartig von den Sprossen. Durchgesickertes Wasser hatte ausgeblichene Flecken in den Ecken und auf dem Sims hinterlassen, wo tiefe Kerben von Messern und Fingernägeln Langeweile früherer Bewohner bezeugten. Teils beschlagen von innen waren die dünnen Doppelscheiben an dem Fenster rechts außen, wohl dem einzigen, das man öffnen konnte, während das andere fest installiert war, das Breitere links. Hier hielten Fugen aus aufgetragenem Blei die kleineren Gläser zusammen, und das hätte richtig hübsch aussehen können.

Allerdings vernichteten die braunen Vorhänge, die von der hohen Decke bis zum Boden reichten, diesen Anblick gehörig. Dunkel machten sie alles, und ihre grobe Struktur trug auch nicht gerade zum Ambiente bei. Sogar jetzt, wo beinahe vollkommene Flaute da draußen herrschte, schabten sie mit den beschwerten Enden stetig über die geölten Holzdielen. Gänzlich zurückziehen konnte man sie nicht. Es gab keine Kordeln und keine Haken für sie, um sie daran zu befestigen an den Seiten der Fenster, und somit hingen sie immer ein gutes Stück mitten im Licht und sperrten so viel Sonne aus. Nicht schön, nein, das wirklich nicht.

Eins, zwei, drei, vier, fünf, nein sechs. Mehr konnte er nicht zählen. Sechs Möbelstücke. Ein Bett, zugegebenermaßen nicht klein, auch wenn es wacklig aussah und er sich kaum getraut hatte, es recht zu testen, ein Schrank, ein Stuhl, ein Hocker, ein Tisch und die schwere Kommode, neben der er auf dem Boden hockte, in sich zusammen gesunken. Eigentlich machte das Monstrum nicht den Eindruck, als könne es der Boden unter ihm tatsächlich halten, als müsse es nicht jeden Augenblick durchkrachen bis in das niedrige Kellergewölbe. Aber es tat es nicht. Die Schubladen würden schnell gefüllt sein, der Rest seiner Kleider konnte aufgehangen werden dort hinten in der diagonal gegenüberliegenden Ecke. Falls er den Schrank dabei nicht auseinander nahm, hieß das. Vielleicht wollte er es deshalb alleine machen. Damit es keinem Anderen auffiel.

Zugegeben, die Möblierung war kaum das schockierendste Element. Es würde schon gehen. Man gewöhnte sich an solche Dinge, hatte Großvater immer gesagt, wenn er von El Alamein erzählt hatte. Gut, das war bestimmt nicht zu vergleichen. Aber Krieg war es trotzdem. Und mit diesem Gedanken erleichterte er sich die Situation irgendwie. Ein kleines Opfer. Vorübergehend. Um alles besser zu machen am Ende. Und dann musste es eben ausreichen, so ein kleines Zimmer von kaum mehr als 30 Square Yards, und mal ehrlich: Was sollte er denn mit was Größerem? Sowieso selten zuhause. Ein Platz zum Schlafen, zum Lagern der wenigen Habseligkeiten. Dazu taugte es allemal. Zumindest jetzt, im Sommer.

Blinzelnd ertappte Remus sich dabei, wie er schon wieder aus dem speckigen Fenster hinaus starrte, angelehnt und mit einem Haken befestigt, ganz ähnlich dem von Edward oben in Heslington, anstatt den nächsten Karton auszuräumen, der neben all den übrigen in einem Halbkreis vor und um ihn herum aufgebaut war. In den Händen hielt er dabei eines seiner unzähligen Hemden, glatt gebügelt und ordentlich gefalten hing es über seinem Unterarm, während die Rechte über die Knopfleiste streichelte und vorsichtig, fast zärtlich eines der Perlmuttplättchen zwischen den Fingern drehte. Ein paar davon, ganz ähnliche, mit anderen Farben und Streifen, hatte er schon in der mittleren Schublade gestapelt.

Beinahe gleichzeitig, nur um wenige Bruchteile von Sekunden von einander getrennt, apparierten sie in den Raum hinein, seine beiden Freunde, brauchten nicht anzuklopfen und schneiten direkt vorbei, ohne den Flur zu behelligen, denn niemand sollte sie dort einfach aus dem Nichts erscheinen sehen. Kein einziger Zauberer lebte hier, nicht einer, abgesehen von diesem hier, den sie dort vorfanden, wie er mit glasigem Blick die Regenrinnen des Hauses gegenüber sondierte, als erwarte er jeden Augenblick, dass sie mit ihm sprechen würden. Entweder hatte nur James es bemerkt und Sirius nicht, oder Black ignorierte und überspielte gekonnt, wie er einfach im Gespräch fortfuhr, dass sie auf der Galerie in der Monkshood Alley, 12, begonnen hatten, wie er seine Kiste vor sich her balancierte und über einen zusammengerollten Teppich stieg, um den Karton auf dem massiven Tisch zwischen den Fenstern abzustellen.

„Sie sieht aus wie ein verhungertes Pferd,“ kommentierte er, strich sich eine schwitzige Locke aus der Stirn und richtete sich auf, um seinen Rücken zu entlasten, wovon James nun doch wieder etwas grinsen musste, egal wie besorgt diese steile Falte genau auf dem Nasenbügel seiner Brille stand. „Naja,“ befand er und entledigte sich ebenfalls des nächsten Frachtstücks, das er aus dem Haus der Lupins hergeschafft hatte auf zauberische Art, „sie ist schon von 'nem recht hässlichen Baum gefallen.“ Schnaubend, als wäre das die Untertreibung des Jahrhunderts, so als hätte er gerade behauptet, Dragomir Avery wäre nur 'ein bisschen dickleibig', prustete Sirius durch die Nase und schüttelte sich. „Kaum zu glauben, dass sowas direkt neben 'ner Elfenkönigin gewachsen ist.“ Und kaum, dass er das ausgesprochen hatte, lief er hochrot an und bekam Glotzaugen, während James sich schon in die Brust warf und breitest möglich die Zähne zeigend beide Daumen in die Revers steckte. Oh ja, und eine Frau, die solches Lobpreis verdiente, war bald die seine!

Offenbar konnte Black gar nicht fassen, was er da eben von sich gegeben hatte, derweil Remus, ohne sich zu bewegen, aus seinen Gedanken zurückfand und aufhörte, mit den Knöpfen seines Hemdes zu spielen. „Von wem sprecht ihr?“ fragte er, und seine Stimme zu hören, auch wenn sie immer noch so abwesend klang und leise blieb, löste ein klein wenig die unangenehme Spannung im Inneren, obwohl sie gleichzeitig einen argen Stich versetzte. Heiser wie immer, na klar, daran würde sich nie etwas ändern, solange dieser Planet einen Trabanten mit so viel magischer Macht besaß, aber anders dennoch. Rauchiger. Weicher zugleich. Es war nicht leicht zu erklären. Tränenschwer. Wenigstens Black weckte es wieder auf, und er konnte sich in seinen Ekel flüchten. „Lilys gräuliches Schwesterchen,“ erwiderte er und gab ein angewidertes Geräusch von sich.

Sein so typisches, sanftes Lächeln huschte schief über Remus' Gesicht, und trotzdem sah er keinen seiner Freunde dabei an, die dort in einfachen Hosen und Hemden mit aufgekrempelten Ärmeln in seinem neuen Zuhause standen, Sirius mit einer Hand und durchgestrecktem Arm auf den Tisch lehnend, James mit in die Hüften gestemmten, gespreizten Fingern auf halbem Weg zur Tür. Mit sich selbst und seinen eigenen Erinnerungen beschäftigt. Oder mit der Zukunft. Aber nicht mit dem Hier und Jetzt. Das war im Moment einfach kaum zu ertragen. Ein bisschen ernster werdend, zuckte Potter die Achseln und berichtete, wie sie zu diesem nicht gerade appetitlichen Thema gekommen waren. „Sie ist grad da,“ sagte er, „bei ihrer Familie.“ Und Sirius fühlte sich dazu gereizt, mit rollenden Augen hinzu zu fügen: „Versucht, die Schnepfe dazu zu überreden, zur Trauung zu kommen.“ Vergebliche Liebesmüh. Das wussten sie alle. Das Mädchen wollte es dennoch probieren.

„Wenn die aufkreuzt,“ wehrte Black sich gegen einen eventuellen Erfolg, an den niemand glaubte, „kotz' ich den ganzen Tag!“ Augenblicklich schnalzte Potter, und Remus ließ sich etwas auf seinen Fuß zurücksinken, auf dem er schon eine Weile saß, wie er endlich aufschaute und noch einen Tick herzlicher lächelte. „Das wäre bestimmt eine Sehenswürdigkeit,“ meinte er, breitete das Hemd von seinem Arm auf dem eigenen Oberschenkel aus und strich es erneut glatt, als wäre das wirklich notwendig. „Ein ununterbrochen reihernder Trauzeuge! Das gibt’s nicht bei jeder Hochzeit,“ schürzte er anerkennend die Lippen und nickte eifrig, und wer ihn nicht gut kannte, der hätte nicht bemerkt, dass seine Augen nicht strahlten. Diese Zwei hier jedoch, die kannten jeden dunklen Fleck im Fell eines übernatürlichen Wolfs. Nur verstohlen, in dem Moment, in dem er seinen Kopf rasch senkte und sich herumdrehte zu der geöffneten Schublade, warfen sie einander einen vielsagenden Blick voller Besorgnis zu.

Der Anblick war nur schwerlich auszuhalten. War man es gewohnt, zu ihm aufschauen zu müssen, rauf, zwei, drei Zoll, fast eine Stirn, dann war es schon seltsam genug, sich halb herunter beugen zu müssen, um ihm ins Gesicht zu sehen, und die Perspektive verstärkte ihn nur, diesen so schmerzlichen Eindruck von Zerschlagenheit. Wie der einbeinige Zinnsoldat. Wie eine Porzellanfigur, der man den Fuß abgeschlagen hatte. Blass, blasser als sonst noch, und das im Hochsommer, wo sonst sogar er ein wenig Farbe gewonnen hatte, und stetig glänzten rote Blutgefäße in den Bindehäuten. Sie wussten warum. Das wussten sie genau. Es bloß nicht ansprechen. Er würde es sowieso verleugnen.

Wie war das, so viel zu verlieren? Einen Vorgeschmack von der Hölle, durch die Remus nun auf Knien kroch, die hatte James bereits verspürt, und der pure Gedanke daran trieb ihm eine Gänsehaut über den ganzen Körper, die weh tat, die sich regelrecht in die Seele fraß, und er spürte, wie sich seine Nackenhaare aufstellten davon. Schnell wegschütteln. Und Sirius? So viele Jahre nichts besessen, das zu verlieren ihm irgendeine Form von Verlust bereiten hätte können, krampfte sich ihm alles zusammen, wenn er es sich ausmalte. Ja, gut. Das was bald auf ihn zukäme, das mochte man als kleinen Tod bezeichnen. Das war möglicherweise eine Art davon, ein Schatten. Aber es war nicht das Gleiche. Er wäre ja nicht fort, nicht aus der Welt und sie immer noch beste Freunde. Doch mal angenommen. Nur mal angedacht, er könnte, er würde ... Schrecklich. Wie ein Eisberg, ganz nah, abstrahlende Kälte, die nicht berührte und trotzdem zu fühlen war. Als halte man seine Hand gegen eine vereiste Scheibe. Sirius schreckte davor zurück und zwang sich, das zu vergessen. Nicht ausmalen.

Es war immer noch anders. Ja, Mama war nicht mehr da, und wer wusste schon, wie lange er seinen Vater noch haben würde? Nicht mehr der Jüngste, selbst im Orden, selbst Anwalt, so viele aus seiner Zunft bereits den Todessern zum Opfer gefallen. Immer noch nicht das selbe. Denn James Potter würde in sein hübsches Cottage aus walisischem Granit zurückkehren und den Kamin aus Kindertagen entzünden und in der gemütlichen Küche seinen reich gedeckten Tisch vorfinden, das kuschlige Federbett im oberen Stockwerk, wo der rankende Efeu mit satten Blättern an die Scheiben klopfte bei Nacht. Remus nicht. Nie mehr. Nie wieder. Und das war wie noch mal alle beide zu verlieren, auf einen Schlag alles zurück zu lassen, was je zu einem gehört, was je irgendetwas bedeutet hatte und was mehr zählte als Schulnoten und Gefechtssiege und gelungene Streiche. Was sagte man, wenn man Angst hatte? Wenn man sich nicht fühlte, wenn alles zusammenbrach? 'Ich will nach Hause!' Nie mehr.

Und er? Er hockte einfach da, in einem halben Schneidersitz auf kahlem Boden und sortierte sorgfältig, fast wie auf der Schule im Turmzimmer, seine Hemden in eine Kommode ein, die er sich selbst niemals irgendwohin gestellt hätte, hätte er eine Wahl gehabt. Kisten standen herum, sein mittlerweile etwas schäbig gewordener Koffer mit den goldenen Lettern seines Namens darauf lag offen mit dem Deckel gegen das Bettgestell gelehnt, wollte man diese Schlafstätte euphemistisch so nennen. Da drin lagen Bücher in ordentlichen Stapeln, waren seine persönlichen Dinge, die Dose mit dem Rasierzeug, die kannten sie besonders gut, so lange, wie er die nun schon benutzte, wo er doch älter war als sie und Pinsel und Messer eher gebraucht hatte. Bescheiden war er immer gewesen, hatte nie viel Schnickschnack besessen, sondern sein Geld lieber in Bücher und merkwürdiges Zeug investiert, und er hatte sogar eins von diesen Minikits für Zaubertränke dabei, Bunsenbrenner, Kessel, Ständer dafür und für Reagenzgläser. Man konnte ja nie wissen, oder?

Gebrauchsgegenstände. Ein paar Kleinigkeiten, die noch hübsch verpackt und in Papier eingeschlagen hier und dort aus irgendwelchen Transportboxen ragten, aber einen Nachttisch hatte er sich nicht mitgebracht. Keiner der schönen, hoch polierten Tische aus dem Salon war bei den Dingen, die sie hergetragen hatten, Stück für Stück, nicht mal ein geschnitztes Bücherregal von denen, die er so sehr liebte. Er begnügte sich mit dem, was da war, dabei hatte er doch, was er brauchte. Alles oben in Nether Poppleton in dem wundervollen Haus aus rotem Backstein. Leise durch die Nase ausatmend, konnte Sirius nicht anders, stützte sich mit beiden Handinnenkanten an der Lehne des einzigen Stuhls ab und beugte sich darüber, und Remus ließ sich nicht unterbrechen dabei, seine Wäsche von einem Platz auf den nächsten zu schaufeln. „Wieso nicht wenigstens 'n Sessel oder das Bett?“

Er antwortete nicht gleich, ordnete die Kragenspitzen des letzten Hemdes, als erwarte ein Soldat eine Inspektion seines Spinds, ehe Lupin seinen Oberkörper gegen die Hüfte drehte und in die Kiste hinein langte, seufzend, kaum hörbar. Immer noch sprach er sehr gedämpft, so als läge nicht nur über dem Himmel ein Schleier, sondern einfach zwischen ihm und der ganzen übrigen Welt. „Der Makler sagt, es hat größere Chancen, wenn es vollständig ist.“ James schluckte so fest, dass sein Kehlkopf hörbar schloss.

Selbst wenn die Möglichkeit bestanden hätte, es anders zu machen, sie hätten ihn davon nicht abbringen können. Er wollte ihr Geld nicht. Er wollte es nicht einmal, wenn er es nach und nach zurückzahlen würde. Auch ein Wolf hatte seinen Stolz. Noch. Zumindest ein bisschen. Klitzeklein. Und er wollte keine Almosen. Ja, es war entsetzlich. Und ja, es schmerzte so sehr, es zerriss ihm die Seele im Innern, diesen Schritt tun zu müssen. Doch so war es eben nun einmal. Es war nichts übrig, gar nichts, es war kein Vermögen vorhanden. Keine Ahnung, wohin all die Galleonen verschwunden waren, die seine Eltern doch verdient haben mussten zeit ihres Lebens, Remus hatte keine Ahnung, doch der Tresor bei Gringotts war eben nun einmal fast leer. Gerade genug zum Leben für vielleicht vier, fünf Monate, ein halbes Jahr. Als hätte er es gewusst. Natürlich hatte er. John hatte zugesehen, wie sein Mädchen schwand. Ihm war klar gewesen, dass ihn das selbe Schicksal ereilen würde. Aber warum dann kein Geld mehr? Nicht mal ... Wasser stieg ihm wieder in der Kehle hoch, und hastig wandte Remus sich ab und der Beschäftigung zu, um diesen tränentreibenden Kloß im Hals irgendwie zu verdrängen. Womit hatte man es verdient, nicht einmal die Bestattung des eigenen Vaters zahlen zu können?

Keiner wollte ihn einstellen, wie war es auch anders zu erwarten gewesen? Fast hätte er schnippisch, zynisch gequiekst. So fadenscheinige Begründungen waren schwierig an den Haaren herbei zu ziehen, wenn man einen Bewerber mit reinem Outstanding-Zeugnis vor sich hatte. Die meisten kriegten es nicht wirklich hin. Aber sie hatten Glück: Der Kerl, den sie da abwimmeln wollten, war ein überaus verständnisvoller und ruhiger junger Mann, der keinen Aufstand machte und anstandslos ging und dabei sogar noch die Mütze lupfte und sich verneigte und artig bedankte für ... nichts. Für die Abscheu in ihren Augen. Für die Angst im gehetzten Blick. Für lauter Lügen. Nicht mal ehrlich sein konnten sie. Das war nicht so wichtig. Doch, war es, aber nicht im Angesicht all der anderen Tatsachen. Nur eins trieb noch an, nur eins war noch da, und das war der Krieg. Kämpfen. An ihrer Seite, bis zum Ende.

Nicht gerade befriedigend war die Antwort gewesen, die Sirius erhalten hatte, und nun beide nicht mehr dazu bereit, nur hin und her zu apparieren und ihm beim Umzug zu helfen, mehr wollend als das, bauten sich Potter und Black, getrennt von einander durch einen Haufen Kartons, ein wenig mehr auf. „Remus, ich bitte dich noch mal,“ fing Sirius wieder davon an und legte den Kopf schief, versuchte, ihm ins Gesicht zu sehen, doch Remus ließ das nicht zu. Seine Brauen kräuselten sich sichtbar unter dem Stirnpony, fast ärgerlich. „Zieh' bei mir ein, nicht hier, ich hab' doch Platz.“ Es war beinahe ein Flehen, ohne die Stimme zu heben, und die augenblickliche Ablehnung zeigte sich in heftigem Kopfschütteln. „Nein, Sirius.“ Sie hatten das Thema mehrfach schon gehabt. Und Remus wollte das nicht noch mal durchgehen.

„Dann wenigstens bei deinem Großvater,“ schlug James vor, was er auch schon ein paar Mal gesagt, aber niemals das Gefühl gehabt hatte, es käme bei seinem Freund tatsächlich an. Ein eigenes kleines Häuschen hatte Professor Lupin in Heslington, und ja, es war nicht gerade Luxus, aber allemal besser und gemütlicher und familiärer als das hier. Aldgate East in Whitechapel! Das war ein halbes Rotlichtviertel, immer noch, das war gar nichts, spärlich beleuchtet bei Nacht und sterbenslangweilig bei Tag, und das einzige Geschäft war ein besserer Kiosk die Straße runter mit schmalen Durchgängen zwischen vollgestopften Regalen. Muggelzeugs obendrein. Kein Zauberer würde freiwillig hier wohnen oder sich auch nur blicken lassen. Gerade deshalb ja. Und weil es so billig war.

Immer noch wehrte Remus energisch ab, den Blick starr in eine Kiste voller Krams gerichtet, in dem er ziellos herumwühlte, selbst nicht wissend, was drin war oder was er suchte, um mit seiner Einräumaktion fortfahren zu können. „Ich will und werde niemandem auf der Tasche liegen,“ weigerte er sich, diese Option anzuerkennen. Großvater war Collegeprofessor gewesen, nicht Krösus, und seine Pension war auch nicht die Welt. Seinen Lebensabend hatte er sich verdient, davon würde er ihm nichts wegnehmen, nicht einen Penny. Auch wenn die Jungs das nicht verstanden. So war es eben und damit abgeschlossen. Es würde schon gehen, irgendwie, es musste. Obwohl Remus Lupin zu diesem Zeitpunkt keinerlei Weg sah, wie.

Zwecklos war es. Einfach ohne die geringste Aussicht auf Erfolg. Sie hatten so viele Argumente angeführt, so oft diskutiert und ihm aufgezeigt, dass es nicht so sein musste, dass sie ihm helfen konnten, finanziell und als Freunde. Er wollte davon nichts hören. Andere Dinge hätten sie, dringendere Angelegenheiten, um die sie sich jetzt kümmern sollten, die Hochzeit nur noch weniger als drei Wochen entfernt, hatte er zu ihnen gesagt, und das hatte fast noch ein bisschen mehr geschmerzt, als ihn so zu sehen, in diesem abgetakelten Teil mit vier Wänden, das er ein Zimmer nannte. Nicht mal eine Küche oder ein eigenes Bad. Schauerlich. Und sicher kalt im Winter, oh ja. Das würde er bald schon nicht mehr verdrängen können. Und das Allerschlimmste daran war: Er hatte recht. Es gab noch so viel zu erledigen, damit alles stand und rechtzeitig fertig war für den großen Tag.

Sie schwiegen, alle Drei, Sirius zwischen Fenster und Tisch, noch immer auf das knarzende Holz gelehnt, James zwischen Tür und Bett, die Arme vor der Brust verschränkt, Remus auf dem Boden zwischen Wäsche und Kamin. Keine unangenehme Stille, nein. Nicht wirklich jedenfalls. Das konnte gar nicht aufkommen. Es würde sich von selbst lindern, irgendwann, und solange mussten sie eben akzeptieren, dass dieser dumme Kerl seinen Willen bekam, auch wenn seine Entscheidungen gänzlich schwachsinnig und unnötig waren. In Blacks Apartment wartete eine ordentliche Schlafgelegenheit für ihn. Und auch er war wichtig für die Trauung und das ganze Brimborium drum herum. Ihn mehr einbinden? Damit er anderes Zeug in den Kopf kriegte? Vielleicht keine schlechte Idee.

Es war Lupin selbst, der den Moment brach, wie er nun zu sich selbst sehr zaghaft und vorsichtig weiter das Kinn hin und her pendeln ließ und dabei seinen feinen Schnäuzer zu einem spitzen Dreieck auftürmte. „Danke, dass ihr mir geholfen habt,“ sagte er klar und deutlich und nur leise verlegen, denn er wusste, genau wie sie, was er damit zwischen den Zeilen zusätzlich sagen wollte. Er musste jetzt eine Weile allein sein. Denken, Grübeln, die Gedanken frei kriegen, um die Gefühle genau so ordnen zu können wie seine Hemden zuvor, gleichgültig, wie unerreichbar das war. Alles etwas viel auf einmal. Und es gefiel ihnen nicht, das war ihm schon bewusst, bevor er ganz zuende gesprochen hatte. Sirius flämte. Und James zog eine Braue steil nach oben, dass sie sich vom Brillenrand abhob wie ein schwarzer Bogen. Remus lächelte sacht. Seine Jungs.

Die Geste, nämlich komplette Unbeweglichkeit, verriet, dass Black erst gehen würde, wenn er seine Zustimmung erhielt. „Du kommst doch heute Abend?“ erinnerte er ihn an ihrer aller Verabredung, daran, dass auch Peter sich bis dahin von seiner Mutter würde losgeeist haben, dass Miss Evans, baldige Potter es geschafft haben dürfte, zu begreifen, dass sie ihre Schwester nicht würde überreden können. „Lily kocht für uns,“ fügte James noch an, leise hoffnungsvoll und fast fragend, ihm einen weiteren Anreiz gebend, diese gruslige Einsamkeit hier zu verlassen. Und der junge Mann auf dem Boden, jetzt ein großes Waisenkind, überlegte nur für ein paar Herzschläge, ehe er leise, aber bestimmt nickte. „Ja,“ bestätigte Remus und kniff die Lippen zusammen. „Ja, ich werd' da sein,“ versprach er.

Zufrieden grunzend, was in dem Geräusch das nachfedernden Stuhls komplett unterging, drückte Sirius sich von der Rückenlehne weg und stopfte schon im nächsten Schritt beide Hände in die Hosentaschen. „OK, also dann,“ grüßte er mit einem Schwung seines Kinns in Remus' Richtung, wovon seine Locken nur so flogen, und der Bart auf seiner Oberlippe stand dabei stocksteif ab, bevor er sich wieder an die Haut anlegte. James wartete, bis sein bester Freund ihn erreicht hatte, löste die Arme von der Brust und beobachtete dabei ununterbrochen ihren Ältesten. Der hatte längst wieder damit begonnen, Kleidung aus einem weiteren Karton zu klauben, Unterhemden und Leibchen dieses Mal. Noch immer nickte er dabei so zart, doch der Blick war längst abwesend. Sobald sie hier raus wären, würden seine Bewegungen einfrieren, und dann würde er aus dem siffigen Fenster stieren und dem Himmel dabei zuschauen, wie er die Farben spielen ließ, mit jeder Minute dieses Tages, die verstrich.

Dass Potter lautstark seufzen wollte, sah man ihm direkt an, doch er unterdrückte den Impuls und winkte statt dessen mit hängendem Arm. „Bis dann, Remus,“ verabschiedete er sich. „Vergiss es nicht.“ Lupin schüttelte etwas fester den Kopf, damit man auch verstand, dass er es durchaus gehört hatte, und dass er ehrlich kommen wollte heute Abend. Auf sah er jedoch nicht mehr, und seine beiden Freunde schickten sich an, das winzige Zimmer in Aldgate East über die Tür zu verlassen. So richtig gut magisch geschützt war das Ganze hier noch nicht. Ein weiterer Grund, wieso ihnen der Aufenthalt eines so aus der Bahn Geworfenen hier nicht sonderlich in den Kram passte. Es hatte keinen Zweck, er ließ sich eben nicht gern helfen. Sogar Lily hatte sich den Mund fusslig geredet, und wenn die ihn zu nichts bewegen konnte, dann war Remus halt ein fetter, fauler Elefant, der auf seinem besoffenen Hintern im Dschungel saß.

„Mach's gut, Mann,“ wünschte Black mit einer Hand an der Tür, während James bereits hinaus schlüpfte auf einen schmalen, dunklen Korridor, der direkt an einen Treppenaufgang grenzte, nur getrennt davon durch ein wackliges Geländer. Ein einzelnes Fenster gab es, irgendwo rechts ganz unten am Flur, wo auch die Waschräume zu finden waren, aber das reichte selbst bei hellstem Tag nicht aus, irgendeine Form von Beleuchtung hinein zu bringen. Ihr letzter Blick auf Remus verriet ihnen, wie recht sie gehabt hatten. Seine silbernen Augen, so matt und trüb dieser Tage, schauten den Wolken zu, und die Tür fiel ins Schloss und hüllte die beiden jungen Männer in düstere Stille.

Da standen sie, während die Sekunden verstrichen, und schauten einander ins Gesicht. Sie dachten das selbe, das musste nicht ausgesprochen werden, und mit so fest aufeinander gepressten Zähnen, dass die Muskeln am Kieferwinkel hervorstachen, sog Sirius Luft ein. „Wir müssen's machen,“ befand er ohne Umschweife, und James spiegelte diesen harten, entschlossenen Gesichtsausdruck wieder, obwohl er dabei hartnäckig den Kopf schüttelte, so wie Remus es da drin gerade noch getan hatte. „Er wird das nie zulassen,“ erinnerte er seinen besten Freund, doch der zog eine Hand aus der Hosentasche und klopfte ihm fest auf die Schulter, ihn zum Gehen bewegend. „Ich hab' da einen Plan,“ erklärte sich Black, und die beiden ehemaligen Gryffindor-Schüler trabten gemächlich das kurze Stück links den Korridor hinunter, um zu den Stufen zu gelangen. „Wenn du mitziehst ...“

Und während sie gemeinsam Stück für Stück dem Erdgeschoss entgegen schlenderten, wo ein dicker Kerl mit fleckigem Shirt und Zigarre im Mundwinkel auf einem klapprigen Stuhl hinter dem Empfang dieses luxuriösen Apartmenthauses kippelte, erläuterte er ihm, wie er sich das vorstellte. Und James Potter nickte zufriedener mit jedem Satz.


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