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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Samhain

von Teekon

Dem peitschenden Geräusch des Apparierens folgte augenblicklich das heftige Klatschen einer zusammengerollten Zeitung, die ihn fest am Schädel traf, und noch bevor Remus die Umgebung richtig wahrgenommen hatte, fasste er sich zischend an die schmerzende Stelle. „Aua!“ beschwerte er sich, schaute sich hastig um und fand den Übeltäter im Schatten einer neonorange leuchtenden Straßenlaterne. „Wo warst du so lange?“ fauchte ihn der breitschultrige Mann im langen Mantel an, der sich dort halbwegs verborgen hielt, und die Lichter der Stadt warfen tiefes, eckiges Halbdunkel auf die hart ineinander geschobenen und aufgekräuselten Brauen und die spitz zulaufende Nase des Sirius Black.

Er hatte jedes Recht dazu, ein wenig angesäuert zu sein, das stimmte schon, und deshalb wehrte Remus sich auch nicht weiter, rückte den eigenen Trenchcoat zurecht, indem er die Schultern rollte und hörte dabei nicht auf, mit den Fingern die Schläfe zu rubbeln. Typische Sirius-Begrüßung. „Tut mir leid,“ entschuldigte er sich schon und gab ein schnaufend quieksiges Geräusch von sich. „Aber Harry hat ...“ Augenblicklich unterbrach ihn Black und grunzte, das Amüsement darin schon deutlich die Aggression übertönend. „Ja ja, schieb's nur auf das arme Kind!“ hob er einen tadelnden Finger und schüttelte den Kopf. Und beide Männer mussten leise lachen, wussten ganz genau, dass es wirklich so gewesen war. Wie immer. Der kleine Kerl konnte das.

So ganz zufrieden war Sirius noch immer nicht, und er musterte den Freund auf der Ecke des Bürgersteigs forschend und offenkundig. Remus schaute wie immer aus. Diese Form des Lichts gab ihm immer den Anstrich eines Geists, so hell und durchscheinend wurde seine sowieso immer blasse Haut davon, und sein fussliges, mittlerweile schütterer werdendes Haar war noch zerzaust von der Reise von Wales hier herüber. Und vielleicht war es da drüben auch ein wenig windiger gewesen, wo hier schon die ein oder andere kräftige Böe durch die Straßen fegte. Außerdem viel zu dünn angezogen für eine lange Wache, auch das nichts Außergewöhnliches. „Ich hab' mir Sorgen gemacht,“ knurrte Sirius und schlug ihn noch mal, dieses Mal mit dem flachen Handrücken auf die Brust und weniger hart.

Es war nicht notwendig, noch einmal um Verzeihung zu bitten. Remus konnte nicht behaupten, dass er reuig war, denn das stimmte einfach nicht. Er hatte jede überzählige Minute genossen. Von jetzt an waren es 24 Stunden hier draußen in den schmalen Gassen und auf dem Pier, immer auf dem zwei Blöcke breiten Streifen zwischen dem Park und dem Flussufer, niemals mehr als ein paar Yards über die Brücken hinaus, und das würde nicht nur anstrengend sein, sondern oft auch langweilig und kalt. Der Herbst war längst da, und auch wenn er in diesem Jahr bisher erstaunlich lau gewesen war und sich noch immer recht zahm gab, so spürte man doch den Unterschied zu den herrlichen Sommernächten, die London zu bieten hatte.

Man sah es selbst Sirius an, ein bisschen weniger auffällig gekleidet als sonst, nicht so zauberisch und pompös, nicht im Samtjacket mit Seidenweste und Taschenuhr, sondern hübsch bescheiden in den einfachen, aber gut geschnittenen Kleidern eines Touristen. Einen müden Eindruck machte er, auch wenn er das nie zugegeben hätte, und Remus entdeckte feine, dunkle Ringe unter seinen grau-braunen Augen, denen so ähnlich, die er sonst nur im Spiegel fand, und er musste den Impuls, schmerzhaft zu lächeln, unterdrücken. Es war auch seine zweite Wache diese Woche nun schon gewesen, und eigentlich war einer viel zu wenig für diesen ganzen Abschnitt. Immerhin einer der wichtigsten Posten, rund um das Ministerium, alle Eingänge, allgemein bekannte und eher ungewöhnliche, bis hin zu den geheimen, abdeckend, doch mehr hatten sie einfach nicht zur Verfügung. Genug andere Orte gab es, an denen Ordensmitglieder anwesend sein mussten.

Einander gegenseitig von oben bis unten betrachtend, war es Lupin, der schließlich die frühe Nachtstille durchbrach. „Du siehst grauenvoll aus,“ befand er, deutete auf die eingeknickte Körperhaltung, die zumindest Sirius sofort relativierte, indem er sich aufrichtete und so tat, als wäre er hellwach und superbelastbar wie ein Traktor. Sein Freund ließ sich davon nicht übertölpeln und fuhr fort, während er sich noch mit der Hand durch die schwarzen Locken strich. Selbst die waren nicht mehr so federnd wie sonst, als hätten auch sie seit dem gestrigen Abend mehrere Meilen zurückgelegt auf den immer gleichen Pflastersteinen. „Das tut deinem Sexappeal nicht gut.“ Der zog. Und trotzdem grinsten sie beide nur. Ja, Remus hatte sicher recht. Eine Pause wäre für sie alle das Richtige. Aber das war eben nicht drin.

Vielleicht war es an der Zeit, sich zurück zu ziehen und Moony das Feld zu überlassen, auch wenn er kaum fitter ausschaute als Sirius sich fühlte. Nun, bei Lupin konnte man das immer sagen. Er machte nie den Eindruck des gesunden, strapazierfähigen Youngsters, und trotzdem wussten nur wenige Menschen auf dieser Welt so gut wie Black, dass er eben das doch war. Und außerdem war er bei Potters zum Abendessen gewesen und damit hervorragend gerüstet für einen weiteren Auftrag im Namen des Phönixordens. Sirius seufzte und gab die Maskerade auf, ließ die Schultern wieder sinken und reichte seinem ehemaligen Zimmergenossen die zusammengerollte Zeitung. Beschäftigung war außerordentlich wichtig, wenn man hier herumlungern musste. „Keine besonderen Vorkommnisse,“ gab er ihm den kurzen Bericht, der fast schon wortgetreu zum Standard geworden war. Denn Voldemort und seine Jungs hatten offenbar Anderes zu tun, als sich um die Prophezeiung zu kümmern. Anscheinend reichte dem Dunklen, was er bisher gehört hatte.

Dankbar das Tagesblatt annehmend, stopfte Remus es sich unter den Trenchcoat und nickte. Das verhieß nicht gerade eine tolle Nacht. Natürlich wollte er nicht, dass irgendetwas Schlimmes geschah, selbstverständlich war es gut, wenn nichts passierte, aber so ein klitzekleines Scharmützel, das würde zumindest die grässliche Wartezeit verkürzen. Und es mochte neue Informationen bringen, die sie so dringend brauchten. Zu warten, zu wissen, es würde wieder Morde geben, es würden wieder Leute verschwinden und Katastrophen in der Muggelwelt geschehen, ohne dass man sie aufhalten konnte, das war zermürbend, das war schrecklicher als dem Tod ins Auge zu blicken, während die Funken um einen herum flogen. Nur war ihm eins auch klar: Jeder Todesser, der hier eine solche Schlacht herausforderte, in dieser Öffentlichkeit, mitten in der Bannmeile des Ministeriums, wo es Tag und Nacht vor Auroren wimmelte, war ein durchgeknallter Vollidiot und handelte gänzlich gegen Voldemorts Willen.

Immer noch machte Sirius keine wirklichen Anstalten, ihn allein zu lassen, stopfte sich die Hände in die Hosentaschen und schlug dazu die langen Schösse seines schwarzen Mantels zurück. Der stand ihm echt gut. Besser als jede Zaubererrobe. Knapp zwei Zoll kleiner als Remus begann er, auf den Sohlen seiner polierten Oxfords vor und zurück zu wippen, wie er die schräg verlaufende Straße am Rand von St. James hinauf stierte. Lächelnd sagte Remus kein Wort, sondern sondierte ebenfalls schon einmal die nähere Umgebung. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite fing die „Zone“ an, ab dem Bürgersteig dort vorn war Apparieren unmöglich. Das machte die Observierung ein wenig leichter, schürte aber auch genügend Paranoia. Manchmal hatte man dieses Gefühl. Dann kam man sich vor, als wäre man dort nicht allein. Ihm stellten sich für einen Moment die Nackenhaare auf in fieser Gänsehaut, doch es ebbte sofort wieder ab, als Sirius den Mund aufmachte und seufzte.

„Sollt' mich mal verdrücken,“ meinte Black, immer noch mit Blick und Gedanken ganz woanders, und von schräg oben schaute Remus ihn an und presste zustimmend die Lippen auf einander. „Schlaf' dich mal ordentlich aus,“ empfahl er ihm, deutete mit dem Kinn irgendwo links über seine Schulter, wo hinter dem rauschenden Grün des Parks mit seinen nun von gold-roten Blättern überladenen Bäumen das Viertel von Soho und damit Sirius' so gemütliche Wohnung lag. Vermutlich würde Tatze zu Fuß (oder zu Pfote) dorthin gehen, den Kopf freikriegen an frischer Luft, ehe er zu Bett gehen würde. Das tat er oft, brauchte das ein bisschen.

Sirius nickte, auch wenn er dabei die Stirn in unzählige Falten gelegt hatte. Eigentlich waren seine Pläne anders gewesen. So spät war es noch nicht, man musste sich noch nicht an Ruhezeiten halten, abgesehen davon, dass er das selten tat. Aber Remus hatte recht. Er war Matsch. Er war Brei. Das waren nicht nur die zweimal 24-Stunden-Dienste dieser Woche gewesen, da hatte es auch ein paar Sitzungen gegeben, und ein ums andere Mal hatte er Kollegen anderswo in Großbritannien unterstützt. Still sitzen war eben einfach nicht sein Ding. Und das forderte jetzt Tribut. Einmal richtig schlafen, bis er von allein aufwachte, das wäre bestimmt gut. Und vorher noch eine ausgiebige Session in der Badewanne. Auch das könnte er gebrauchen.

„Morgen Abend besuchst du unsere Kleinen?“ fragte Remus, jetzt den Kopf zur Seite kippend, um ihn ansehen zu können, und Sirius bestätigte dies mit einem bestimmten Nicken. Das Lächeln, das ihm dabei auf die Lippen kroch, passte kaum zu der aufziehenden Kühle des Abends, war so warm und zufrieden wie damals im Turmzimmer nach einem guten Essen und einem gelungenen Streich. Ja, Lily hatte es angedeutet, dass Black vorbei zu kommen gedachte, und er wolle vorher noch im Versteck vorbeischauen, sehen, wie es Peter ging. Mehr und mehr hatte sich der Pummel zurückgezogen, beteiligte sich nur noch unter absolutem Zwang an den Observationen. Wer konnte es ihm verdenken? Einige echt unangenehme Gefechte mitgemacht hatte er im vergangenen Sommer, und einige Situationen waren verdammt knapp gewesen. Eine Narbe zierte nun seinen Hals, vorbeigerauschtes Feuer des Feindes, und nur einen Viertelzoll näher, es wäre das Letzte gewesen, was Peter Pettigrew je gesehen hätte.

Selbst so in Gedanken, bekam Remus es nur aus dem Augenwinkel mit, wie Sirius das Lächeln wieder aus dem Gesicht rutschte, und nun selbst grübelnd, betrachtete Lupin sich dieses Bild. Seltsam. Black knickte den Nacken nach vorn und schnaufte lautlos, wie er die eigenen Schuhspitzen sondierte, noch immer auf und nieder gehend, während er wippte. „Aber erst spät,“ erklärte er, ohne aufzuschauen. „Muss vorher noch 'n paar Sachen erledigen.“ Die Schultern zuckend, verzichtete Remus auf genauere Nachfrage. Es war sowieso eher eine Versicherung, eine kleine Hilfe, damit sich niemand Sorgen machte, sollte Black nicht bei den Potters auftauchen. Immerhin musste man auf ihn ein besonderes Auge haben, nicht wahr? Geheimniswahrer lebten gefährlich.

Das reichte endgültig. Sich aufrichtend, holte Lupin aus und klopfte dem guten Freund auf die Schulter. „Na, geh' schon!“ forderte er ihn auf und zuckte erneut in Richtung des königlichen Bezirks hinter sich. „Du brauchst Ruhe.“ Und Sirius sog scharf Luft durch die Nase in einem langen Atemzug, wie er bereits zu nicken anfing. „Ja,“ befand er. „Ja, stimmt schon.“ Schließlich die Augen hebend, zwinkerte er Remus zu und erwiderte die Geste, legte eine Hand auf den gegenüberliegenden Oberarm und drückte kurz zu, ehe er einen Schritt hinaus tat auf die Fahrbahn der Horse Guards Road. Zeit zu gehen. War ja nicht so, als wenn Moony nichts zu tun hätte. Schon halb im Gehen jedoch, wandte er sich noch einmal herum. „Wer löst dich morgen ab?“ wollte er wissen, und Remus überlegte nicht lange. „Em,“ sagte er nur, und Sirius grinste flüchtig.

Emmeline Vance, das war in Ordnung. Die war immer pünktlich. Und obendrein verflucht hübsch. Aber darum ging es ihm jetzt nicht. Wenn er Peter überreden konnte, mit ihm zu den Potters zu kommen, und wenn Remus ... „Komm doch morgen nach!“ bat Tatze und schwang einen Arm aus wie ein Ansager, wie er da mitten auf der Straße stand. Dass Lupin dann selbst wahrscheinlich furchtbar müde sein würde, kam ihm weder in den Sinn, noch wäre es wichtig gewesen, hätte er daran gedacht. „Wir waren schon so lange nicht mehr alle beisammen.“ Richtig kleinlaut klang er, wie er den tatsächlichen Grund für seinen Wunsch kundtat und damit ein klein wenig verriet, wie sehr es ihn doch aufwühlte, all das, was um sie herum geschah und was es aus ihnen machte. Das Gefühl teilend, schneidend zu spüren als Stich in der Herzgegend, gab Remus augenblicklich nach, wissend, dass er wirklich am morgigen Abend, am Ende dieser Schicht, entsetzlich kaputt sein würde. „Ja, OK, Sirius, ich werde da sein,“ versprach er mit diesem ganz speziellen, schiefen Lächeln.

Mehr als zufrieden damit, grinste Black, und rückwärts bewegte er sich die Gasse hinauf zu der offenen Ecke, an der ein breiter Kiesweg unter den Bäumen verschwand und auf den stillen Teich des St. James Park zuhielt. Die soeben noch ausgestreckte Hand zum Gruß hebend, winkte er überschwänglich. „Drück' Em von mir!“ zwinkerte Sirius, und Remus musste ebenfalls grinsen, wie er, ein wenig zurückhaltender, die Rechte hob. „Mach' ich,“ versprach er. Mit einem „Wir seh'n uns, Moony!“ hüpfte Black auf die Bordsteinkante, und Lupin antwortete: „Bis dann!“ Und während er sich noch herumdrehte, wurde aus dem großen Mann im schwarzen Mantel mit den dunklen Locken ein riesiger Wolfshund, der mit hechelnd heraushängender Zunge in der Finsternis der Grünfläche verschwand.

Eine kleine Weile schaute er ihm noch nach, bis er sich ganz sicher war, den wedelnden Schwanz im Lauf nicht mehr erkennen zu können, ehe Remus schnaubend den Kopf schüttelte und ebenfalls aus dem Schatten der Häuserecke trat. Lächeln musste er, wenn er nur an den Wahnsinnigen dachte, ganz allein unterwegs als Hund nach Soho, aber damit unter dem besten Schutz überhaupt. Jetzt hatte er andere Dinge im Kopf. Niemand konnte besser auf Black aufpassen als er selbst, der beste Duellant des Ordens (außer Dumbledore natürlich), also warum sich Sorgen machen um ihn? Es war Zeit, die Route abzulaufen, die Fallen zu testen und die Zauber zu überprüfen, die ihn sofort warnten, wenn irgendwo jemand den Versuch startete, ins Ministerium einzudringen.

Und so ging er, mit seinen langen Beinen ausladende Schritte machend, keinen gleichbleibenden Ablauf wählend, um dem Feind keine festlegbaren Zeitfenster zu geben. Abwechslungsreicher wurde die stupide Aufgabe davon, mehrmals in der Nacht, wenn die Gefahr naturgemäß am größten war, hierhin und dorthin zu wandern, immer selbst auf der Hut, nicht einem patrouillierenden Auroren oder einem Muggel-Bobby in die Hände zu geraten, die hier einer ganz ähnlichen Tätigkeit nachgingen wie er. Und über allem wachte die hohe Silhouette des Glockenturms, aufragendes Markenzeichen des Parlamentsviertels, schlug Big Ben zu jeder vollen Stunde seine charakteristischen Noten. An klarem, wolkenlosem Herbsthimmel stand die winzige Sichel des Neumonds gleich neben ihm, kaum in der Lage, die Dunkelheit aufzulösen.

Wirklich finster wurde es sowieso nie in Westminster. Zu viele Laternen, zu viele Reklamen, überall, und in manchem Fenster brannte sogar noch lange Licht bis in die späten Stunden hinein. Angestellte der Regierung arbeiteten dort vielleicht noch an Papieren und Presseerklärungen, und auf und ab liefen die uniformierten Wachen an den Toren. Sicherlich, Remus hätte den Desillusionierungszauber verwenden können, doch seine körperliche Anwesenheit war auch in gewisser Weise Abschreckung. Die Todesser sollten ihn sehen, sollten wissen, dass er hier war und damit die Eingänge bewacht; es sollte sie davon abhalten, überhaupt einen Angriff zu wagen. Und darum nahm er es in Kauf, selbst wie ein Krimineller von Schatten zu Schatten huschen zu müssen, während er die großen Boulevards querte.

Aber in dieser Nacht geschah nichts. Dass der Wind vom Meer her auffrischte, war die einzige Veränderung, die Remus verzeichnen konnte, während London zuerst leise einschlief, weniger und weniger Fahrzeuge über die Abington Street zur Brücke rauschten und die letzten Fußgänger verschwanden, und wie es dann Stück für Stück wieder zu erwachen begann an jenem Samstagmorgen. Längst nicht so viel los wie an einem Wochentag, sicherlich, doch nahm der Verkehr rasch wieder zu, und die roten Doppeldecker brummten neben schwarzen Cabs und bunten Privatwagen wieder durch die Straßen und Gassen der Hauptstadt.

Als die Sonne aufging, war er schon am letzten Punkt seiner Morgentour gewesen, hatte den Effractor-Zauber unverändert vorgefunden und sich wieder von dannen gemacht. Muggelmünzen zu besitzen war manchmal gar nicht so blöd. Auf diese Weise musste Remus nicht seinen Posten verlassen oder auf irgendjemand anderen vertrauen, der ihm was zu essen vorbei brachte, musste nicht hinauf zur Winkelgasse oder zumindest zu Tom in den Tropfenden Kessel. Er konnte sich, und das tat er immer, unten am Pier von einem Stand einen frischen Bagle besorgen und sich dort unten auf eine der zahlreichen Bänke setzen.

Zwischen einem aufragenden Pfeiler der Boudicca und einem Baum, hockte er also am Ufer der Themse, während leuchtende Strahlen aus herbstlichem Licht über die Häuser von Lambeth krochen und diamantenes Glitzern auf die Themse warfen, sobald sie zwischen den Fassaden hindurch lugen konnten. Grau vorhin noch, breitete sich sattes Grün aus auf der Rasenfläche von Jubilee Gardens, und der Löwe von Westminster, dort hinten am anderen Ende der Brücke, thronte majestätisch über der Fahrbahn. Wie ihn die Sonne rot verfärbte und seine Mähne golden umspielte, musste Remus grinsen. Ein wahrer Gryffindor, gar nicht so weit weg. Beste Unterstützung. Und er biss herzhaft in seinen Bagle und wischte sich Frischkäse aus dem Mundwinkel.

Nun begann der angenehmere Teil seines Dienstes, oder zumindest empfand er das so. Viel mehr zu sehen, mehr zu beobachten, das Licht und die Wärme zuversichtlicher stimmend, wenn man stundenweise einen Platz zum Verweilen suchte, bevor es wieder auf Wanderschaft ging. Die Touristen kamen mit ihren Kameras, um lustige, unbewegte Bilder zu fotografieren, ganz ähnlich denen, die in Großvaters Bibliothek auf dem Kaminsims und auf dem Klavier standen. Staunend stolperten sie umher, blieben hier stehen und dort und bewunderten den Turm, das Parlament, die Skulpturen, deuteten zur Abbey hinüber oder begaben sich auf den langen Weg zum Tate, überquerten die Themse. Boote fuhren ab von dem langen Steg unter ihm, wenn sie zu den Sehenswürdigkeiten am unteren Flusslauf aufbrachen.

Kam der Mittag, schnappte Remus Lupin sich einen Hot Dog und schlenderte hinauf in Richtung Charing Cross, immer am Fluss entlang, denn sonnenverwöhnt war das nördliche Ufer um diese Uhrzeit. Nur winzigste Schäfchenwolken zogen an jenem Wochenende über einen zärtlich blauen Himmel, und ungewöhnlich warm war es auch für diese Jahreszeit. Und da behaupteten die Festländer, das Wetter in Britannien wäre grauenhaft, vor allem im Herbst. Nein, goldener Oktober, so rein und strahlend, man hätte ihn glücklich genießen können, wäre der Krieg nicht gewesen. Aber Remus war sich recht sicher, dass er ohne seinen Patrouillendienst niemals hier und heute in London gewesen wäre. So viele andere, schönere Plätze fielen ihm ein, an denen man ein solches Sonnenbad genießen konnte. Am Ufer des Sees oben in Hogsmeade. Oder auf den Wiesen von Heslington.

Träumen half, die langweiligen Stunden zu überstehen, wenn man nicht gerade an irgendeiner Ecke kniete und vortäuschte, sich die Schnürsenkel zu binden, während der Erlenstab vorsichtig die leuchtend gelben Fäden des Fluchs rings um die Telefonzelle abfuhr, kunstvoll verwoben darin ein Erkennungszauber, nur anschlagend, wenn das Dunkle Mal sie berührte. Und auch eine Zeitung wie die von Sirius, egal ob vom Vorabend oder nicht, brachte ein wenig Beschäftigung. Man konnte sich im fortschreitenden Nachmittag gegen eine Hauswand lehnen und Whitehall überblicken, wo Hunderte, Tausende auf und ab flanierten, manche im Nadelstreifenanzug mit dem Aktenköfferchen an der Seite, andere (ach herrje, amerikanische Muggel zogen sich genau so unmöglich an wie amerikanische Zauberer) in gräuslich bunten Klamotten mit dem Fotoapparat um den Hals.

Aber heute, das musste Remus schon zugeben, war der Abend überhaupt das Interessanteste. Wo man sonst längst wieder die selbe Melancholie spürte wie zu Beginn des Dienstes, nämlich die herannahende Nacht mit der Einsamkeit auf den schmalen Gassen, die triste Stille voraus, war das an jenem Tag anders, und er war so fasziniert davon, dass er beinahe vergaß, sich noch rasch eine Kleinigkeit zu essen zu beschaffen. Ein bisschen was auf die Hand und dann nichts wie raus und in die südliche Gegend seines Gebiets, denn dort gab es Wohnhäuser, und da war es an einem Feiertag wie diesem am spannendsten.

Sehnsucht bekam man davon, Sehnsucht nach dem Festessen, das heute Abend in Hogwarts abgehalten werden würde, und nur ein schwacher Abklatsch der festlichen Dekoration spiegelte sich in den Fenstern der Muggel wider. Egal, es erinnerte, und das reichte. Und außerdem: Sobald Emmeline hier sein würde, durfte er doch auch was davon ab haben, oder etwa nicht? Er konnte sich nicht vorstellen, dass Lily es sich nehmen lassen würde, diesen Sabbat ordentlich zu feiern. Und es war zum Schießen, wenn die nichtmagischen Menschen von London, verkleidet als Hexen und Zauberer mit hohen, spitzen Hüten (von denen sie keine Ahnung hatten, wie sehr die gerade bei echten Exemplaren in Mode waren) mit knallig orangefarbenen Tüten und Laternchen rund um die Westminster Abbey zogen und an jede Haustür klopften, um Süßigkeiten zu erheischen. Er fand das einfach fabelhaft.

Wie das Himmelsgestirn über dem Buckingham Palace versank und den daran aufgezogenen Union Jack in gleißendes Licht tauchte, das bekam Remus gar nicht so recht mit, belustigt die kleinen Horden an Kindern in Umhängen und mit Vampirzähnen beobachtend auf seiner Bank am Parliament Square, und als der unbeholfene Vater in seinem lächerlichen Wolfskostüm mit über die Stirn ragender schwarzer Wollnase ins Bild stolperte, hätte er fast einen Lachkrampf bekommen. Drollig, wirklich. Halloween bei Muggeln.

Es verkürzte die Wartezeit enorm, und schon bald bewegten sich die schweren schwarzen Zeiger von Big Ben unaufhörlich auf Ablösung zu, und Remus gab seinen Beobachtungsposten auf und seufzte zufrieden. Eine letzte Runde noch, die amüsanten Grüppchen nun sowieso langsam spärlicher werdend, je weiter der Abend voranschritt, und er stemmte sich auf die Füße und schlang den Trenchcoat ein weniger fester um den schlanken Körper. Kalt war es nicht, nein. Zu warm eigentlich für den letzten Oktobertag des Jahres, doch der Wind war recht schneidend geworden über den Tag. Machte nichts. Es war schön, wie das letzte Licht der untergehenden Sonne mit den östlichen Fenstern spielte, und er trat hinaus und überquerte die Straße, um den breiten Boulevard hinauf zu laufen und irgendwo dort hinten zwischen den Häusern in den Block einzutauchen.

An den großen Ohrensessel vor dem Kamin dachte er, an Pasteten und vielleicht einen schicken gebratenen Vogel an Potters langer Tafel in der wunderbaren Küche mit dem Fachwerk und den roten Steinen, und er seufzte wohlig, obwohl ihm dieses klägliche Kitzeln in der Magengegend hochkam. Sirius würde da sein, und Peter auch, und sie könnten von diesem fürchterlichen Streich erzählen, wie sie die ganzen Kürbisse verhext hatten, die Flitwick immer in der Eingangshalle hatte schweben lassen. Geplatzt waren die, sobald man ihnen zu nahe kam. Ach, was herrliche Gesichter! Und der Gestank! Wunderbar. Das Kribbeln wurde zum mulmigen Ziehen, und Remus Lupin, gerade rechts eingebogen in die Richmond Terrace, blieb augenblicklich stehen.

Er lauschte. Etwas stimmte nicht. Dafür hatte er ein Gespür, das war genau dieses Gefühl, an das er vorhin noch gedacht hatte, ehe er Sirius verabschiedet hatte. Manchmal überkam einen das. Und selten ging es fehl. Die großen, rautenförmigen Ohren spitzend, verharrte der hochgewachsene Mann leicht vornübergebeugt, und seine silberfarbenen Augen mit den grünen Glitzersternen in den Regenbogenhäuten, huschten nach rechts, nach links und wieder zurück. Nichts zu sehen, nicht einmal eine Ratte, und niemand bewegte sich auf den Straßen. Längst stand der Mond wieder dort oben zwischen den Zinnen der Dächer, doch er war zu schwach in dieser Phase, um ihm irgendwie behilflich sein zu können. Und dennoch wusste Remus es genau: Er war nicht mehr allein.

Offeneres Gelände, das war es, was er jetzt brauchte. Unter einem Desillusionierungszauber konnten sie überall sein, keine Ahnung wie viele, aber Apparieren war hier nicht möglich. Ein Eingang war nicht in der Nähe, und das bedeutete für ihn zumindest schon mal eins: Sollten diese – oder dieser – Eindringling hierher gekommen sein, um ins Ministerium einzudringen, so wollte er vorher sicher gehen, die Wache auszuschalten. Ob der Auror, der die selbe Aufgabe wie er hier verrichtete, in der gleichen Gegend unterwegs war? Oder hatte man sich abgesichert, allein mit ihm zu sein? Er wusste es nicht, musste sich auf sich selbst verlassen. Und das tat Lupin. Sich wieder in Bewegung setzend, einen ruhigen, nicht eiligen Trab anschlagend, lief er geradeaus und auf das Ufer des Flusses zu.

Sie warteten, bis er an ihnen vorbei war, bevor sie aus der Gasse hinaus traten, offen und ohne sich zu verbergen, doch in seinem Rücken. Das störte Remus weit wenig, hatte er doch damit gerechnet, und er drehte sich herum, die freie Gasse und die Rasenfläche über dem Embankment hinter sich. „'N Abend, Lupin!“ höhnte eine bekannte, schnarrende Stimme, und Domenikus Wilkes lehnte sich lässig gegen die Hausecke, während sein Begleiter das Ordensmitglied mit hellen, blauen Augen musterte. „So spät noch allein unterwegs?“ fragte Evan Rosier, als wüsste er nicht ganz genau, wieso der Klassenkamerad aus dem verfeindeten Haus durch diese Straßen schlich. Kein direkter Angriff? In Remus' Kopf begannen die Rädchen, sich heiß zu drehen.

Beide hatten ihre Zauberstäbe gezückt, und er hatte sein eigenes Erlenholz längst in dem langen Ärmel seines Mantels in der Hand, rollte ihn vorsichtig zwischen den Fingern, als wolle er ihn aufwärmen. „Es ist ein schöner Abend für einen Spaziergang,“ gab er zur Antwort und lächelte die beiden Todesser an, als habe er soeben zwei nette Freunde zufällig getroffen, und den Herrschaften gefiel das gar nicht. Locker stand er da, beide Schultern ruhig und kein Anzeichen von Anspannung in ihm. Wie immer. Wilkes knurrte laut, hasste es, wie überheblich sich dieser Verfluchte vorkam, und dabei waren seine Hosen so ausgefranst, als müsse er tatsächlich hier in den Hauseingängen übernachten. „Dir wird das dumme Grinsen schon noch vergehen,“ spottete er und zuckte mit dem Kinn in Remus' Richtung.

Als wäre das ein Startschuss gewesen, eröffneten sie das magische Feuer auf ihn, doch längst hatte Lupin sein Scutum gesetzt, und die Zauber in blendendem Rot prallten davon ab und schossen davon. Einer traf das Gebäude schräg über Remus, und Gesteinssplitter rieselten von dem erwischten Sims, während der zweite Strahl in den offenen Himmel rauschte und dort wie gezündetes Feuerwerk verglühte. Dort oben wohnten Menschen hinter diesen Fenstern, und instinktiv sorgte Lupin dafür, dass die beiden Todesser ihm folgten auf offeneres Gelände, weg davon, Unbeteiligte gefährden zu können. Er brauchte ihnen nicht zu nahe zu kommen, um das Glänzen ihrer Verklärtheit in den Augen zu sehen, den selben irren Orkus wie damals bei Aleksandr, und der Wind tat sein Übriges, um ihm einen eisigen Schauer unter Mantel, Hemd und Leibchen zu treiben. Kalter Schweiß sammelte sich in der Wirbelsäulenrinne.

Von geparktem Wagen zur nächsten Mülltonne zog Remus sich zurück, wehrte die Angriffe der Slytherins problemlos ab. Weder Rosier noch Domenikus waren jemals allzu gute Schüler gewesen, geschweige denn Zauberer an sich, und sie gegen den Besten in Verteidigung gegen die Dunklen Künste des letzten Jahrhunderts zu schicken, hatte schon was von Blödheit, das musste er wirklich sagen. Aber Lupin kannte Voldemorts Tricks, war auf der Hut, ließ sich nicht einwickeln und vergaß seine Umgebung nicht. Nur gegenseitig unterstützend konnten sich die Gegner vor Verletzungen bewahren, die ihnen dieser geschickte Kämpfer anderweitig längst zugefügt hätte, und erst, wie er auf dem Platz vor dem Pier stand, schienen sie überhaupt recht aufzuwachen. So als wollten sie ihn sowieso treiben. Remus mochte das nicht. Der Gedanke, dieses weiterhin vorhandene mulmige Drücken tief in ihm drin, verhieß nichts Gutes, und er hatte keine Ahnung, warum.

Sich aufteilend, nahmen sie ihn von beiden Seiten in die Zange, und Lupin musste gestehen, das war ein intelligenter Schachzug. Hätte er weder dem einen, noch dem anderen zugetraut, und er musste grinsen und sich eine Strähne seines langsam nun ergrauenden Haares aus den Augen wischen. So konnte er nicht mehr so gut Barrieren gegen sie aufbauen, musste sich mehr direkt erwehren, und sofort wurden seine Bewegungen schneller, fließender, wie er einen Kampfzauber nach dem anderen auf Rosier und Wilkes feuerte, abwechselnd, aber gelegentlich auch doppelt, und so blieb er ihnen immer einen Schritt voraus, während die Zeit tickte. Em würde ihn finden, sobald sie herkam. Und dann wären sie zu zweit. Dann würden sie ihn erst recht nicht mehr bezwingen können.

Doch das wollten sie auch gar nicht. Wie er das begriff, wie ihm das klar wurde, wandelte sich die Kälte in seinem Rückgrat zu heißem Glühen. Ablenkung. Das musste es sein, sie hielten ihn nur hin. Keine Ahnung wieso, irgendwo anders ein größerer Angriff, irgend ein Versuch, doch noch ins Ministerium einzudringen, wo sie dieses Ziel so lange vernachlässigt hatten? Nein. Er wusste nicht wieso, aber irgendetwas sagte ihm, dass es das nicht war. Und das beruhigte ihn nicht, ganz und gar nicht. Ihm schlug das Herz mit einem Mal bis zum Hals, er spürte es, wie es ihm den Kehlkopf hochdrückte gegen den Mundboden bei jedem Schlag, und die Hände begannen ihm zu zittern, ohne dass er es sich recht erklären konnte. Remus Lupin wusste nur eins: Er hatte Angst. Und die hatte er nie.

Sirius. Es konnte sich nur um Sirius handeln, nur seine Gefangennahme oder die Anstrengung dazu war eine wirkliche Möglichkeit. Der Geheimniswahrer, der einzig Wissende, derjenige, der das Versteck der Potters preisgeben konnte und damit den Ort, an dem sie das Kind verbargen, das eines Tages den Dunklen Lord zu bezwingen fähig sein würde. Aber wie? Wussten sie, wo er war? Hatten sie eine Ahnung, wie sie an ihn herankommen konnten? Hatten sie die Schutzzauber um sein Heim vielleicht schon geknackt? Aber war er da noch? Etwas vorgehabt hatte er, hatte Sirius gesagt, und zu Peter hatte er gewollt, und dann zu James und Lily und Harry selbst. Und wenn er dort erstmal war, dann war er in Sicherheit. Einen raschen Blick auf den aufragenden Turm von Big Ben riskierend, prüfte Remus die Uhrzeit, und das war der Moment, in dem ihn der Pungere von Evan heftigst am Waffenarm erwischte.

Während Rosier noch irr lachte in seinem Erfolg, hatte Lupin Glück im Unglück, wie er rückwärts stolperte in eine kleine Nische, genau dort, wo er sein Frühstück genossen hatte. Zwischen die Bank und den hohen steinernen Pfeiler des Standbilds von Königin Boudicca auf ihrem Streitwagen rutschend, presste er sich zischend vor Schmerz die Hand gegen das pulsierende Stechen unterhalb seines Ellbogens, und mit größter Anstrengung nur, konnte er den Zauberstab noch festhalten. Die Augen verdrehend, riss Remus sich zusammen, unterdrückte das Aufkommen von Wasser und das Beben des ganzen Arms. Er keuchte, wie er sich gegen die kühle Piermauer drückte, und so rasch er konnte, schaute er sich um, suchte die beiden Männer in dem glitzernd erleuchteten Bereich des Flussufers.

Da vorn zwischen zwei Bäumen duckte sich Evan, in die eigenen Knie gestützt und aus seinem so markanten Augen zu ihm herüber schielend, gut geschützt von einem der dicken Stämme und sorgfältig darauf achtend, in Deckung zu bleiben. Zu dunkel war es unter der Bank, als dass er hätte erkennen können, wie wenig Remus zur Verteidigung in der Lage war in diesem Moment, und dankbar dafür schnaufte das Ordensmitglied. Dennoch trat ihm eine erneute Welle kühlen Schweißes auf die Stirn und begann, in einem dicken Tropfen von seiner Schläfe zu rollen, während er nach Luft japste. Selbst zum Fluchen fehlte ihm die Kraft, so sehr pochte der Zauber in seinem Arm.

Sirius hatte damals behauptet, sein ganzes Leben wäre total klischeehaft an ihm vorbeigerauscht, als ihn Dolohovs Fulguratus in jenem Gang über der Stiege erwischt hatte, aber nichts davon geschah, als das dumpfe Aufprallen von Schuhen auf dem metallenen Körper der Statue erklang, und deshalb war sich Remus zeit seiner Tage sicher, dass niemals wirklich Gefahr für ihn bestanden hatte. Trotzdem war es ein Augenblick, den er nie vergaß, wie Domenikus Wilkes über ihm aufgetaucht war, 15 Fuß hoch auf dem Rücken des äußeren Pferdes, und gelacht hatte er. Doch das Geräusch seiner überlegenen Freude war immer nur wie durch einen Schleier zu Remus herunter gedrungen; er hatte immer das Gefühl gehabt, unendlich viel Zeit für eine Reaktion zu besitzen. Die Worte waren es, die ihm eher in den Ohren rauschten, dieses siegessichere Grinsen in Wilkes' Gesicht, das nichts zu tun hatte mit seinem Vorhaben, den verhassten Jahrgangsbesten da unten ins Jenseits zu befördern. „Heut' Nacht ist unsere Zeit gekommen!“

Keine Chance gab Remus ihm, das entweder zu erklären oder überhaupt nur den Zauberstab zu erheben, denn – keine Ahnung, wie er das hinbekam mit all dem betäubenden Schmerz – sein Erlenholz zuckte nach oben, und Lupin brüllte es heraus, nicht mehr nonverbal kämpfend wie sonst: „Stupor!“ Und Wilkes rutschte das Lachen aus dem Gesicht. Er stolperte nicht, er fiel einfach, steif wie eine hässliche Wachspuppe oben in Madame Tussauds Kabinett, äußerst ungünstig in seinem unsicheren Stand auf der Statue, prallte nur kurz gegen den kräftigen Hals des Pferdes und rutschte dann hinunter. Remus konnte es nicht sehen, der Brückenpfeiler, unter dem er sich verbarg, verdeckte ihm die Sicht, bis der Körper des jungen Mannes mit einem merkwürdig knackenden Laut auf dem Pier aufschlug und still lag.

Schweigen. Für einen Moment lang war das Poltern der wenigen Fahrzeuge, wenn sie vom festen Land auf die Brücke hinüber fuhren, wie ausgeschaltet, und selbst das leise Plätschern des Flusses, dessen Wasser gegen die hoch aufragenden Uferbefestigungen kräuselten, verstummte, ehe der entsetzte Schrei von Evan Rosier das alles zerfetzte. Keuchend in seinem Versteck, krümmte Remus sich zusammen, hielt sich den Arm, der von der eigenen hindurch geschossenen Magie nur umso heftiger zu Brennen schien, attackierte den zweiten Todesser nicht, der ihn sowieso für einen Augenblick lang vergessen zu haben schien. Rosier sprang zwischen den Bäumen hervor und eilte über den Pier, warf sich regelrecht auf die Knie und packte Wilkes leblosen, vom Stupor befreiten Kopf, zog ihn sich auf die Oberschenkel. Was er zuerst sah, war ein kräftiges Rinnsal an Blut, dass dem Klassenkameraden aus dem Ohr lief.

„Dom,“ flüsterte er, leise nur zurückgeworfen von der Brückenkonstruktion über ihm, und er breitete die flache Hand vollständig auf der linken Brustseite des Mannes in seinem Schoß aus. Nichts. Und Evan begriff und explodierte. „Dom!“ Das Echo war so laut, dass es Tauben aufscheuchte, die sich in den Balken zum Schlafen versammelt hatten, und die Vögel stoben auf und flogen klagend in einem Kreis aus ihrem Habitat, wie Rosier heulte vor Leid und dabei den Toten wiegte, so gut er konnte. Merkwürdig, oder? Das fragte Remus sich selbst. Vielleicht gab es sogar unter Todessern so etwas wie Freundschaft. Fast hätte er gelächelt, unterdrückte das Gefühl von bittersüßem Gram, das in ihm aufsteigen wollte, als möge sein eigenes Herz mit Evan mitleiden. Er konnte es nicht ändern. Krieg war Krieg.

Aber ein Anhänger Voldemorts weinte nicht. Sie kannten kein Mitleid, sie kannten nur Wut, redeten sich das ein, und so münzte Rosier seinen Schmerz um in rasenden Zorn. Die Fäuste ballend, stemmte er sich auf, als letzte liebevolle Geste seinem erloschenen Freund zärtlich den Kopf auf die eigene Robe bettend, blähte die Nasenflügel und richtete sich gänzlich auf. „Du hast ihn umgebracht,“ rief er mit zitternder Stimme, und am liebsten hätte Remus freudlos gelacht. Richtig. Und Wilkes hatte Marlenes kleinen Bruder erdrosselt. Und Wilkes hatte Gideon festgehalten. Und Wilkes hatte ... so Vieles. Nie mehr. Keiner mehr. „Das büßt du mir, du dreckiger Wolf,“ zischte Evan, wie er sich anspannte, und Lupin in seiner Ecke versuchte, den Arm zu strecken und konnte nicht, angelte mit der Linken den Zauberstab aus der rot angelaufenen Hand und hoffte, mit der ungewohnten Seite die Bewegungen hinzukriegen, die zu seiner Verteidigung reichen mochten. Bis Emmeline ihn fand.

„Das büßt du mir!“ brüllte er Todesser erneut, dass die Stahlpfeiler der Westminster Bridge davon vibrierten, doch nur einen Schritt konnte er tun, ehe die vier oder fünf Männer und Frauen in dunklen Roben, den seinen so ähnlich, mit einem glänzenden Abzeichen darauf, ringsherum in ploppendem Appariergeräusch erschienen. Für einen Augenblick starrte Rosier voll gieriger Freude in die Runde, wähnte den Plan gelungen und die Bannmeile bereits aufgehoben, bis er ihre Gesichter erkannte und die kräftige, befehlende Stimme erklang: „Lassen Sie den Zauberstab fallen und heben Sie Ihre Hände über den Kopf!“ Auroren.

Nichts davon tat Evan. Wie versteinert hob er sein Holz nur höher, drehte sich drohend hin und her, um sie alle, die sie stumm und still da standen und auf den Befehl ihres Gruppenführers warteten, im Auge zu behalten. Sich die Lippen leckend, stand er breitbeinig da, den Leichnam seines Kameraden schützend. „Vergesst es,“ kicherte er, und da war der gleiche, selbstsichere Unterton dabei wie vorhin noch bei Wilkes, und wieder musste Remus es unterdrücken, diesen beschleunigten Herzschlag, diese unangenehme Vorahnung in seiner Brust. „Ihr seid Geschichte!“ Und Rosier lachte nur noch lauter, fast wahnsinnig in seinem Fanatismus und seiner gleichzeitigen umprojizierten Trauer um den Schulfreund.

Es war Scrimgeour, Lupin war sich sicher, auch wenn er die Silhouette des Mannes mit der Löwenmähne nicht sehen konnte. Sein Akzent verriet ihn, die ganze Form der Aussprache, die Wortwahl. Moody hätte weniger Worte gefunden. „Widerstand ist zwecklos!“ betonte der Auror jede einzelne Silbe, ging gar nicht auf diese seltsame Warnung im letzten Satz des Todessers ein. Und dann verriet er auch, wieso, stürzte den Eingekreisten in Abwehr und den Verborgenen in eine erschreckende Mischung aus Ekstase und Panik. „Ihr Meister ist vor weniger als einer Stunde gefallen!“

Keiner von beiden konnte es glauben. Es war nicht möglich, es war zu ... Es war einfach ... Voldemort tot? Nein. Voldemort fort, der Krieg vorbei? Es konnte nicht sein. Die Pein im Arm vergessen, obwohl der Pungere noch immer pulsierte, richtete Remus sich auf, indem er den Rücken gegen die Steine presste, und er konnte kaum atmen. „Nein!“ brüllte Evan irgendwo am Rande seiner Wahrnehmung, gequält schon, genauso langsam begreifend wie er, und sich mit der Linken an die Stirn fassend, rollten Lupin' Augen unkontrolliert hin und her. Voldemort tot. Was das bedeutete ... Was konnte das bedeuten? Was hieß das? Und wieso? Wer? Wie? Die Worte hallten in seinem Schädel wider, die letzten von Domenikus Wilkes, Rosiers von gerade eben, und diese Panik in seinem Inneren wurde nicht geringer. Sie wuchs ins Unermessliche.

Wie das Gefecht ausbrach, in dem Evan Rosier sich wie eine in die Ecke getriebene Kobra verteidigte, wie er mit grausamen schwarzmagischen Flüchen um sich zu werfen begann, egal wie aussichtslos seine Lage war, bemerkte Remus nicht, und erst die knorrige Hand mit kurzen, verhärmten Fingern, die seine Schulter ergriff und schüttelte, weckte ihn aus seinem Schock. „Remus!“ raunte ihm Moodys grimmiger Bass zu, und er erkannte das narbenreiche Gesicht über dem seinen sofort. „Remus, du musst hier weg!“ Mit offenem Mund starrte er den Auror an, der auf seinem Holzbein halb über ihn gebeugt die Dunkelheit nutzte, um das Ordensmitglied zu verbergen. Natürlich. Natürlich musste er. Wenn sie ihn hier fanden, einen bekannten Werwolf, dann würden sie ihn mitnehmen und ihn genau so behandeln wie Rosier. Alle Werwölfe waren auf Voldemorts Seite. Das wusste doch jeder. Hastig nickte er, schluckte die Trockenheit aus seiner Kehle.

Zufrieden damit, knurrte Moody und schaute sich eilig um, ob er in das Scharmützel einzugreifen hatte, bevor er nach Lupins rechtem Arm tastete und ihn regelrecht nach vorn riss. Remus biss sich auf die Lippe und konnte das Winseln nicht unterdrücken, obwohl er sich vor diesem Krieger keine Blöße geben wollte, doch Alastor ging darauf gar nicht ein. Mit einem gemurmelten Gegenfluch befreite er den jungen Mann von seinem Schmerz und klopfte ihm fest auf die Schulter. „Moody, ist das wahr?“ flüsterte Remus augenblicklich, während er seine Gelenke durchbewegte, Finger für Finger, und den Zauberstab wieder in die richtige Hand wechselte. Seine hellen Augen schauten flehentlich auf zu dem vornübergebeugten Auror, der ihn nicht anschaute. „Voldemort ist tot?“ Moody nickte nur heftig.

Es beruhigte ihn nicht, ganz und gar nicht, und seine Hektik hatte nichts mit dem Pungere zu tun gehabt, der nun von ihm genommen war. Alastor wollte sich am liebsten selbst in den Hintern beißen, wenn er mehr als eine Backe gehabt hätte. Er hätte es wissen müssen. Das hier war kein Podmore und kein Fudge. Das war Lupin. Der hatte einen sechsten Sinn. Fieberhaft zu ihm herumschwenkend, packte er ihn erneut, dieses Mal am linken Oberarm und hätte ihn fast wieder gerüttelt. „Hör gut zu!“ forderte er ihn auf und hatte sowieso seine volle Aufmerksamkeit. „Das Passwort ist 'Minister', hast du verstanden?“ Remus nickte eifrig, kapierte problemlos, wovon er da redete. Das Aurorenpasswort, mit dessen Hilfe sie innerhalb der Bannmeile, innerhalb des Ministeriums selbst, apparieren konnten. So konnte er fort von hier, auf der Stelle, ohne auch nur von einem der Jäger gesehen werden zu können. Und er wusste auch schon, wohin er wollte.

Moody sah es förmlich auf seinen Hornhäuten schwimmen, und er hob einen mahnenden Zeigefinger, dessen Kuppe ein so plattes Ende hatte, dass es nur geschnitten sein konnte. „Du apparierst ins Hauptquartier, und da bleibst du, kapiert?“ befahl er, als spräche er mit einem seiner Untergebenen, musste sicher gehen, dass der Junge tat, was er ihm sagte. Kein Nicken dieses Mal, Remus stierte ihn mit wässrigen Augen an wie ein Schulkind. Nur ganz fein schüttelte er den Kopf und öffnete die Lippen, wollte fragen wieso, wollte etwas sagen, aber Alastor schnitt ihm das Wort ab. „Du gehst nicht,“ betonte er besonders, „hast du mich gehört, du gehst – nicht – dort – hinauf!“ Damit hatte er genug gesagt. Lupin verstand ihn. Er wurde grau, grau-gelb-grün wie die Wand aus Sandstein hinter ihm, und er zitterte sacht, kippte jedoch nicht. Für vergehende Sekunden, in denen rote Kampfzauber immer wieder blendende Schatten auf sein Gesicht warfen, blinzelte er hektisch, und dann endlich nickte er.

Aus einem Mundwinkel drückte Moody ein Knurren. „Du wartest auf Dumbledore. Und jetzt geh!“ verlangte er ein letztes Mal, schlug erneut zu und wandte sich um, denn der Kampflärm kam näher, und er wollte sich dem Todesser entgegen stellen. Wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er sie alle einzeln gefangen, dieses Pack. Und während der Auror sich seiner Aufgabe widmete, schloss Remus die Augen und dachte fest an das Passwort und an den Keller von Professor Dumbledores Haus in Godric's Hollow, sperrte jeglichen anderen Impuls aus, und fand sich dennoch auf der steilen Straße wieder, die hinauf führte zu einem wohlig bekannten Cottage hinter einer schönen Hecke, geduckt unter glitzernde Felswand.

Und Rauch stieg auf von dem schiefen Dach, und Silhouetten von Menschen im Vorgarten beugten sich suchend über Trümmer, kickten und traten Balken und Schindeln und Steine beiseite, und Remus presste sich eine Hand so fest unter die Nase, dass sie augenblicklich blutete. Mit weiten Augen konnte er nur an jener Stelle stehen, unfähig, sich zu bewegen, wie ihm dämmerte, was geschehen sein musste, wie Voldemort sein Ende gefunden hatte, und er dachte an drei Menschen und an Magie, an die einzig sinnvolle Lösung, wie ein Baby und seine Eltern das überlebt haben könnten, und er dachte an Moodys Warnung und an den einen Schluss, den er daraus ziehen konnte.

Er stand da auf dem Weg, und er schaute hinauf, und sein Atem wurde sichtbar in der kühlen Luft dieser Halloween-Nacht, und der Wind trug den Geruch von verbranntem Holz und zerzauste sein Haar, wie Remus Lupin leise flüsterte: „Wer von euch ist tot, und wer ist am Leben?“ Und er wusste nicht, ob er sich für seinen Wunsch schämen sollte oder nicht.


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