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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Alte Freunde

von Teekon

Um diese Zeit des Tages war es hier immer am schönsten gewesen. Auf eine ganz andere Art und Weise ruhig und still war es dann, nicht mehr so gezwungen, unterbrochen von zaghaftem Räuspern, dem feinen Knarzen von Stühlen, wenn man darauf die Sitzhaltung änderte. Manchmal schniefte jemand, und unsachgemäß umgeschlagene Seiten aus dickem Pergament verursachten klatschende Geräusche, während nicht richtig befestigte Fenster im Wind des hohen Turms klapperten. Nicht so jetzt, wenn es schon dunkel war, wenn die große Standuhr im Foyer mit dem kleinen Zeiger näher und näher auf das fett in roter Farbe aufgemalte Wort „Schließzeit“ zu wanderte.

Hier gab es keine Laternen wie in der Eingangshalle, kein so helles Licht wie unten im Speiseraum, erst recht keine Fackeln. Nur auf den langen, blank polierten Tischen ohne Deckchen reihten sich mittig die Bankierslampen mit grünen und bernsteinfarbenen Schirmen aneinander, die meisten davon allerdings auch schon gelöscht nun, und an einer baumelte noch das Schaltbändchen, wo sich soeben der letzte Student erhoben hatte. Außerdem konnte man sich noch die tragbaren, schmalen Laternen leihen, sollte man noch etwas nach Sonnenuntergang suchen in den dicht bei einander stehenden Regalen. Aber im Juni, so kurz vor den Ferien, musste es dafür schon sehr spät werden, und da durften sich sowieso allerhöchstens noch die Volljährigen oder mit Sondererlaubnis ausgestattete Schülerinnen und Schüler hier herumtreiben.

Vor den hohen Fenstern mit den verschwommenen Scheiben hatte sich längst blaue Nacht über das Tal von Hogsmeade gelegt, und nur noch ganz sacht konnte man den Streifen erkennen, wo die Sonne ihre letzten Strahlen über den Horizont schob, vom Grund nicht mehr zu sehen. Sterne blinkten an wolkenlosem Himmel, und die Schatten sich erhebender Eulen glitten in ausladenden Schleifen über die Mauern und Dächer der Schule. Überall brannten Lichter, manche nur schwach und flackernd, andere hell und leuchtend, je nachdem, ob man von hier oben in einen Flur oder in ein bewohntes Zimmer schaute. Grünlich ganz unten, wo auf dieser Seite sich die Schlafsäle von Slytherin befanden, bis zu tiefem Orange ganz oben im Turm von Gryffindor reichte die Farbpalette, und die Felsen und Steine glitzerten reflektierend. Schön sah das aus.

Kaum zu fassen, dass es das letzte Mal sein sollte, das letzte Mal in dieser Uniform, schwarz die Robe mit dem Abzeichen und der Plakette darauf, das Innenfutter so dunkel in dem kaum noch beleuchteten hohen Saal, und der Pullunder mit den abgesetzten Kragenbündchen schaute zwischen den aufgeschlagenen Schössen hervor. Beide Hände in den Taschen der gut gebügelten Hosen versenkt, verharrte der junge Mann vollkommen regungslos an diesem einen Fenster, durch das er so oft geschaut und das Quidditchtraining seiner eigenen Hausmannschaft beobachtet hatte, wenn er eine Lesepause eingelegt hatte.

Direkt auf die weite Wiese unterhalb des Abhangs, der vom Schloss herunter führte, die gläsernen Gewächshäuser von Professor Sprout verdeckt vom westlichen Flügel und zu dicht am Turm gelegen, um sie von hier aus erkennen zu können, vermochte man zu schauen.

Regelrecht hören konnte er das fröhliche Geschrei, die skandierenden Rufe und Gesänge, wenn das Haus, vom Erstklässler bis zum NEWT-Studenten die sechs Spieler ihres Teams auf den Schulter von dort unten herauf getragen hatten, so viele Jahre am Stück nun jeden Frühsommer, gar nicht so lange her nun dieses Mal. Ein Meer aus Rot und Gold in Fähnchen, Schals und Bannern, und der Pokal tanzte dabei von einer Hand in die andere. Er musste lächeln, wie er daran zurückdachte, wie er dieses Endspiel einmal verpasst hatte vor lauter Elan für andere Schandtaten, und wo es ihm damals nur peinlich gewesen war, tat es jetzt beinahe etwas weh. Verpasst. Unwiederbringlich verloren, die Chance darauf. Und deshalb nur fünf Meisterschaften lang. Ach, dieser Wehmut.

Bei allem, was man dieser Tage tat, war dieses Gefühl dabei, schwerer und schwerer wiegend mit jeder Stunde, die verrann. Sogar das Zubettgehen fiel einem nicht leicht, konnte man doch an einer Hand abzählen, wie oft es noch geschehen mochte. Ein letztes heißes Bad im Präfektenwaschraum. Einmal noch Chorprobe mit Flitwick im Klassenraum No. 17. Sich hinunter stehlen in die Küche und die Hauselfen beschenken, die sich furchtbar schämten dafür und sie mit Essen überhäuften, um sich besser zu fühlen. Zusammen sitzen im zerstörten Wachraum hinter Slytherins hässlicher, zusammengeleimter Büste und Würstchen braten, nur, um noch mal dort was Sinnvolles gemacht zu haben. Die Geheimgänge ablaufen, einen nach dem anderen, und dabei mit den Fingerspitzen die Steine streicheln. „Wir kommen wieder,“ hatte Peter behauptet und ganz fest genickt, die Lippen so fest aufeinander gepresst, dass sämtliches Blut daraus verschwunden war. „Besuchen unsere Kinder,“ hatte Sirius gemeint und breit gegrinst, und nur James und Remus hatten in stillem Lachen die Schultern gezuckt und sie nicht angeschaut dabei.

Absprache war nicht nötig gewesen heute Abend. Instinktiv war jeder losgezogen, dorthin, wo sie sich immer am wohlsten gefühlt hatten, und deshalb konnte Remus von seinem Ausguck auch die winzige Gestalt von Potter erkennen, der, bedächtig, langsam, die hölzernen Tribünen abschritt im Quidditchstadion am Rande des Waldes, ohne seinen Zauberstab als Lichtquelle zu nutzen. Nur noch einmal das Nässeschutzmittel darauf riechen, die an den Banden befestigten Planen anschlagen, mit den Fingerspitzen über die Tasten des Punktestandzählers gleiten und ewig lang auf der Bank im Umkleideraum sitzen, wo es nach Leder, nach Metall, nach Reisig und feucht gewordenem Stoff roch.

Peter hockte in der Großen Halle mit dem dicken Hintern auf der einen Seite des Tisches von Ravenclaw, seine persönlichen Koboldsteine sorgsam sortiert vor sich ausgebreitet, das Brett zwischen sich und dem schmächtigen Barty Crouch aus der Vierten, der sich offenbar mehr als geehrt fühlte, einen der besten Spieler Gryffindors in seinem Abschiedsspiel herausfordern zu dürfen. Da war es auch egal, wer gewann und wer verlor. Hauptsache, es dauerte sehr lange und geschah bei einer riesigen Portion Milchreis mit heißen Kirschen. Publikum hatten sie ebenfalls, und Mafalda kommentierte für all diejenigen, die nicht gut genug sehen (oder riechen) konnten.

Während dessen bevorzugte Sirius Black – wie konnte es anders sein – nein, nicht die Gesellschaft von möglichst vielen Mädchen im Gemeinschaftsraum. Davon gestohlen hatte er sich, unter dem Arm eine abgewetzte Kiste aus seinem Privatbesitz, vorsichtig die Geheimwege nutzend, um niemandem zu begegnen. Von hier aus hatte Remus keinen Blick darauf, aber er wusste genau, dass auf dem Astronomieturm nun eines der besten Teleskope, das es zur Zeit in Hogwarts gab, mit blitzendem Objektiv nach Sternen suchte, und im frischen Sommerwind wehten die ohrlang geschnittenen Locken, wie sich der 18jährige seiner Lieblingsbeschäftigung widmete. Denn nirgends in ganz Großbritannien würde er so rasch wieder einen so wunderbaren Ausguck finden.

Auch Remus' rotbraune Fusselhaare waren ordentlich getrimmt worden für den morgigen Tag, jenen grässlichen, doch so herbeigesehnten 30. Juni des Jahres 1978. In der wohligen Dunkelheit der Bibliothek schaute er fast so aus, als wäre er bereits jetzt für die Zeugnisausgabe angekleidet, hätte er nicht so lässig eingeknickt dagestanden, und sacht nur begann er nun, auf den Fersen vor und zurück zu wippen, wie er sich nicht entscheiden konnte, an was er denken sollte. Morgen früh? Die Zeit danach? Pa zuhause bei Großvater? Vielleicht schwelgte er auch in zärtlicher Erinnerung, den Saum des Verbotenen Waldes im Blickfeld, die weiten Wiesen, die ins Tal hinunter liefen und die er nun nicht sehen konnte, funkelnd wie mit Diamanten übersät, wenn der Vollmond im Tau spielte. Oder er spürte noch immer das Blut an seinem Knie, wärmer als die erkalteten Finger in seiner Hand, wie er hinter dem 3 Besen im Kies hockte und dem Professor den Weg erleichterte.

Ein Tod wie jeder andere in diesem Krieg, und trotzdem immer wieder neu. Ein weiteres Ordensmitglied verloren, viele von ihnen nun offenbart und damit in immer größerer Gefahr, auch ihre Familien und Freunde, und wenn nur als Druckmittel. Schon merkwürdig, wie wenig einen solch erneute Schreckensnachrichten noch zu Berühren vermochten. Man gewöhnte sich an die ständige Gefahr. Irgendwie. Alltag. Grausam, ja, aber Alltag für Geist und Seele und Herz. Anders nicht zu ertragen. Wie er hinaus schaute in die heraufziehende Nacht, konnte Remus Lupin dennoch nicht umhin, froh zu sein. Dieses unangenehme Ziehen der Abscheu, dass er dieses letzte Schuljahr lang verspürt hatte, wann immer er sich zu seinem doch so geliebten Klassenraum für Verteidigung gegen die Dunklen Künste begeben hatte, das war fort nun. Und das lag nicht daran, dass der Verursacher nicht mehr lebte – was für ein schrecklicher Gedanke – sondern an einem breiten Verständnis, einer Übereinkunft, einem geteilten Schicksal.

Er wusste nicht, ob er das wirklich tun würde oder überhaupt sollte, nach London zu gehen, runter an den Canary Wharf, wo die Docks mehr und mehr verfielen, wie eine Werft nach der anderen schloss, ein Containerbetrieb nach dem anderen die Segel strich, um einen fremden Mann zu finden, dessen Vater in seinen Armen gestorben war. Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Später mal. Aber wenn, dann würde er's tun, dann würde er's ihm sagen. Mochte sein, dass es keine Heldentat war, ein Kind wegzugeben, das alles brauchte nur keine Isolation. Dafür hassen aber, das konnte der doch selbst betroffene baldige Absolvent nicht. Weil er das Gefühl verstand. Und weil er den Preis gesehen hatte, den Gairhbith Fryssington dafür bezahlt hatte.

Ein stolzer Mann war er gewesen, hatte Dumbledore gesagt, ein Slytherin, ja, aber kein Feigling. Ganz so wie der Kreis seiner Freunde, als er selbst noch in Hogwarts studiert hatte, und Remus war noch immer nicht sicher, ob er seinen Zimmergenossen von dieser Fotographie erzählen sollte, die der Schulleiter ihm gezeigt hatte. Seltsam, irgendwie. Die Roben, die Frisuren, die Gesichter darauf, das war so ganz genau wie diese Bilder, die man morgen von ihnen machen würde, fast ein wenig zum Lachen. Er erkannte so viele darauf, auf der einen wie auf der anderen Seite, und eine ganze Weile hatte er nur gesessen und sie gemustert, lächelnd, manchmal grinsend, gelegentlich erschauernd und grübelnd.

Die Hälfte der jungen Männer mit dem grünen Innenfutter, egal wie fröhlich sie ausschauten, oftmals die Arme um die Schultern der anderen gelegt, hatte Remus schon selbst mit Flüchen eingedeckt oder war nur mit Müh und Not ihren Angriffen entkommen. Da war Dragomirs Vater, schon begraben worden in diesem Krieg, und dieser dort ebenfalls. Radulf Lestrange, dessen Umrisse er gesehen hatte, eingebrannt vom Blutfluch in die Granitmauern von Alexandria, und ein Hauch Übelkeit stieg in seiner Kehle hoch, wenn er sich diese Erinnerung wachrief. Mehr tot als lebendig heute nach seiner doch eigentlich so kurzen Haft in Azkaban, war Landricus Nott nur noch ein Schatten des Mannes auf dem Foto, der sich bei einem stattlichen Herrn untergehakt hatte, dessen Anblick Remus einen unglaublich wirren Schauer aus Zuneigung und Schrecken eingehaucht hatte.

Sirius. Nein, natürlich nicht. O.A.B., Orion Arcturus Black, der Typ mit dem Walrossschnauzer, und es war fast zum Lachen, wie groß die Ähnlichkeit schon damals gewesen war. Die gleiche Frisur, die selben, sprühenden Augen und der krampfhafte Versuch, so etwas wie einen Victor Emanuel hinzukriegen, ohne dabei das Ziegenbärtchen zu bekommen, stand er da, aufrecht, die breite Brust herausgestreckt und die Daumen in die Revers gesteckt, gab sich nicht die hängende Blöße seiner Slytherin'schen Freunde. Viel schlimmer noch: Das war die samtgrüne Weste mit den aufgestickten Sternchen und den großen Silberknöpfen daran, die Sirius so ungern getragen hatte zum Gründungsball, und die nun ein Symbol für Stupidität und Dumpfnasigkeit für ihn war. Und verdammt, sie stand dem alten O.A.B mindestens genau so gut.

Wenn das Bild sich bewegte, dann grinste er, dann grinste Orion Black und streckte einen Arm aus, zog den Mann neben sich ganz dicht heran und klopfte ihm fest auf den Oberarm, so wie Sirius es bald schon bei James tun würde. Bester Freund, hochgewachsener blonder Kerl mit kantigem Kiefer und strahlend blauen Wunderaugen, und dieses fröstelnde Vibrieren aus Angst und Traurigkeit zugleich schüttelte Remus nur noch mehr. Antonin Dolohov, das gleiche jungenhafte Glitzergrinsen wie sein Kind auf jenem Foto damals im Propheten, zwei Tage nach seinem viel zu frühen Tod. Unbehaglich, diese Vorstellung, nicht nur wegen dem, was aus ihm geworden war. Es war dieser unerträgliche Gedanke, dass ein Mann, der seinem Nachbarn dort so nah gestanden hatte, dessen Sohn ohne zu zögern bei lebendigem Leibe gebraten hatte, sein fast perfektes Ebenbild.

Fast schüchtern dagegen Riddle selbst, und es war ein seltsames Gefühl, sich vor ihm weniger zu erschrecken als vor den anderen Slytherins. Remus überlegte nicht lange, woran das lag, und auch jetzt, fast zwei Wochen nach seinem letzten Blick auf das Abschlussfoto, empfand er das immer noch als logisch und nachvollziehbar. Tom, der Jahrgangsbeste mit dem fürchterlich unzauberischen Namen, sah nun nicht mehr so aus, war kein blasser, feiner Junge mit hübschen Zügen und glattem, schwarzem Haar mehr. Seine Augen hatten nicht mehr jenen schimmernden Glanz, auch wenn er 1947 schon deutliche Unterschiede aufgewiesen hatte im Vergleich zu den übrigen Schülerinnen und Schülern, ein Zeichen von Reife vielleicht. 1947. Zwei Jahre, nachdem Dumbledore den schrecklichen Grindelwald gestürzt hatte.

Gaihrbhith Fryssington zu entdecken inmitten der anderen Grünberockten, war erstaunlich schwierig gewesen ohne seinen Bart, ohne die Brille, nicht schlohweiß und verbraucht. Es war die Körperhaltung, ein Kniff im Mundwinkel, der ihn verriet, wie er mit vor der Brust verschränkten Armen sein Zeugnis festhielt, und nur wenn man genau hinschaute, bemerkte man diese Geste: Er drehte ihnen den Rücken zu. Diese zusammengerottete Clique dort stand dicht bei einander, doch Fryssingtons Schulter deutete fort von ihnen und hinüber zu den Schülern mit den blauen Abzeichen. Dorcas Meadowes, ein wenig begeistertes Gesicht aufgesetzt, verharrte streng und aufrecht wie immer direkt neben ihm.

Aber am Ende blieb das Lächeln, denn im Übergang zwischen Ravenclaw und Gryffindor, traditionell gern bei einander stehend, baute sich der Fels in der Brandung auf, und beinahe hätte Remus lauthals gelacht. Moody. Das war so eindeutig der durchgeknallte Auror, dem nun ein Bein fehlte – und schon wieder Wehmut – auch wenn er da noch komplett narbenlos gewesen war, und er zog eine Schnute, die nur eins bedeuten konnte: Misstrauisch war er damals schon gewesen, und Fotoapparate waren höchst suspekt, auch wenn die Dame neben ihm noch so schön lächelte. Richtig warm konnte einem davon werden, und zwar anders als sonst, denn Minerva McGonagall aus dem Haus mit dem Löwen war vor über 30 Jahren eine umwerfende Schönheit mit kastanienbraunem Zopf gewesen. Wahnsinn.

Gar nicht bemerkt hatte Remus, wie er sich dieses Thema ausgesucht hatte, und ganz darin versunken, bekam er nun nicht mehr mit, dass er seine Aufgabe vernachlässigte. Aber man nahm es ihm nicht übel. Ganz im Gegenteil. Die schlanke Dame an dem massiven Pult gleich hinter dem Eingang legte einen Stapel kleinerer Bücher beiseite und lächelte, wie sie ihn beobachtete, und verstand ihn genau. Dieser Ort tat das eben mit jedem, der ein Herz für diesen Duft von Pergament und Staub und Höhenluft hatte. Wie könnte man dem widerstehen, diesem Drang zum Denken und Sinnieren, wenn man zwischen hohen, völlig vollgestopften Regalen mit Büchern und Schriftrollen und lose gebundenen Texten, Sammlungen von Zeitungen und Zeitschriften im warmen Licht der Leselampen einen Moment die Konzentration verlor?

Madame Pince huschte vorsichtig und leise hinter ihrem Schreibtisch hervor, wollte ihn auf keinen Fall stören, wie sie sich selbst darum kümmerte, die letzten übrig gebliebenen und zurück gebrachten Bücher wieder einzusortieren. Er durfte immer so lange bleiben, wie er wollte. Und das Mädchen auch. Und heute besonders, wo es doch ihr letzter Tag war. Seufzen musste die junge Bibliothekarin, wenn sie daran dachte, und sie konnte sich nicht entsinnen, jemals so traurig über den Abschluss irgendeines Schülers gewesen zu sein. Viel zu wenige teilten ihre Leidenschaft für gesammeltes Wissen. Nicht so diese Zwei. Mr. Lupin und Miss Evans waren Ausnahmen, und sogar heute, wo sie bestimmt Anderes zu tun hatten, als ihre kostbare Zeit zu verschwenden, hatten sie sich bereit erklärt, ihr beim Aufräumen zu helfen, bevor sie gehen wollten.

Im Zwischenboden entdeckte sie das rothaarige Mädchen, das sich eine der kleinen Laternen mitgenommen hatte, um dort oben für Ordnung zu sorgen, und die beiden Frauen ertappten einander dabei, wie sie – die eine von dort oben herunter, die andere vom Lesetisch hinüber – den vor und zurück wippenden Präfekten betrachteten, und ein wenig verlegen kicherten beide stumm und wandten sich ab. Völlig unverständlich, wie ein so gebildetes und nettes Ding sich mit einem rüpelhaften Großmaul wie diesem Potter einlassen konnte. Irma seufzte nur leise, schüttelte den Kopf und stapelte mehr Heftchen auf einander.

Oben auf dem vorspringenden Teil des zweiten Bibliotheksgeschosses wischte Lily Evans sich eine Kupfersträhne aus der Stirn und warf nur noch einen verstohlenen Blick über ihre Schulter zu dem besten Freund hinunter, während sie gleichzeitig mit dem zweiten Zeigefinger die Buchrücken abfuhr, um die passenden Einträge zu finden. An einem sicheren Haken regelrecht vertäut, hatte sie ihr Licht, dass bloß nichts entflammen konnte, und diese Sorgfalt allein reichte Madame Pince aus, um ihr vollends zu vertrauen. Das war bestens so, ansonsten hatte man sie, gut gemeinte Hilfe hin oder her, ständig hinter sich stehen, und das machte Lily nicht nur nervös, das konnte sie gar nicht haben. Viel angenehmer war es, im eigenen Tempo und nach ihrer Fasson arbeiten zu können. So konnte man wenigstens hin und wieder ein Auge auf Remus haben, der schon wieder absolut verpeilt hatte, wieso er noch hier war. Lachen konnte sie darüber gerade nicht, allenfalls besorgt lächeln.

So viel im Kopf hatte sie selbst. Und trotzdem schwirrte immer alles wieder dorthin zurück. Sie alle hatten verloren, jeder und jede von ihnen war schon dabei gewesen, wenn jemand gestorben war in diesem Krieg, und Hagrids Thestralherde zu ignorieren, damit niemand das Vermögen bemerkte, diese Tiere sehen zu können, war gelegentlich alles andere als einfach. Trotzdem war das nicht das selbe. Er war eben mehr als bloß ein Ordensmitglied. Remus Lupin stand ihr nach wie vor näher als jeder andere Mensch, die Beziehung war enger als zu ihren eigenen Eltern und ja, auch wenn James das niemals hören dürfte, auch inniger als die zu ihrem Freund und Geliebten. Und wenn er litt, dann trug sie mit.

Den Verlust der Mutter gerade so verwunden, dass er auf eigenen Füßen stehen konnte, und nun das jetzt wieder, diese merkwürdige Angelegenheit mit ihrem Lehrer, wann hatte das endlich ein Ende? Und sie schämte sich mit einem Mal fürchterlich, wie ihr wiederum klar wurde, dass sie es nur noch schlimmer machen konnte. Sie hätte nicht ja sagen sollen. Nicht jetzt. Die Entscheidung zurückzunehmen war unmöglich, und Lily biss sich schuldbewusst auf die Lippe, bis ein winziges Tröpfchen Metall zu schmecken war.

„Pst!“ Es traf sie wie ein Schlag, so heftig, dass sie einen Schritt rückwärts machen musste und beinahe lautstark das Buch zugeschlagen oder fallen gelassen hätte, das sie in den Händen getragen hatte. Aus einem solchen Gedanken geschreckt, kam sie sich entsetzlich ertappt vor, und der Schock und die Scham zugleich trieben ihr intensivste Röte in die Wangen, nur umso deutlicher sichtbar, als dass sie gleich neben der Lampe stand. Noch ehe sie Luft holen konnte, um zu kreischen, erkannte Lily diese Stimme jedoch und sackte wieder in sich zusammen, den Atem anhaltend, um sich zu beruhigen und die Frequenz ihres Herzschlags herab zu setzen. „Mein – Gott!“ presste sie auf Muggelart heraus und bemerkte es nicht einmal, so einfach assoziiert mit diesem Trottel da, ganz so wie früher am Kanal in Aston.

„Severus, du hast mich zu Tode erschreckt,“ tadelte sie den kaum sichtbaren, schlanken Schatten hinter dem Regal, in das sie gerade noch Ausgaben einsortiert hatte, und sie rollte mit den Schultern, um den Schweißausbruch zu vertreiben. Offenbar froh darüber, als er selbst registriert worden zu sein, schnaufte Snape nur schwach hörbar. „Tut mir leid, das wollte ich nicht,“ zischelte er so leise er konnte mit seiner mittlerweile eben nicht mehr hochfrequenten Stimme. Mit den Kiefern mahlend, warf Lily ihm einen funkelnden Blick zwischen den Bänden hindurch zu. „Mach' das nie wieder,“ verlangte sie und begann, sich wieder demonstrativ ihrer Aufgabe zu widmen. Dass er abwehrend beide leeren Hände hob, erkannte sie nur an zunehmender Dunkelheit und dem Rascheln seiner Ärmel. „Versprochen!“ beteuerte der Slytherin.

Ihr so typisches Brummeln, wenn sie nur ein klitzekleines bisschen eigentlich wütend war, konnte er vernehmen, aber sonst sagte sie kein Wort, sondern stopfte mit etwas zu viel Kraft ein dickes Buch zwischen die übrigen, blockierte damit noch weiter die Sicht auf sie. Viel Zeit hatte er nicht. „Entschuldige,“ versuchte Severus es noch einmal, sich zu erklären, wieso er diesen nicht sehr eleganten Weg hatte wählen müssen, „aber es ist ja sonst vollkommen unmöglich, dich allein zu erwischen.“ Sie konnte diesen Blick nicht sehen von der anderen Seite des Regalbodens, aber denken konnte sie ihn sich, wie er missmutig nach schräg unten sah, wo Remus weiter geistesabwesend aus dem Fenster stierte. „Mehr oder weniger allein,“ murmelte Snape.

Viel hätte das Mädchen darauf sagen können, aber sie entschied sich, ihn einfach zu ignorieren, so gut es ging. Das hier war ihr letzter Abend in Hogwarts, und das musste nun wirklich nicht sein, dass sie ihn mit einem solchen Gespräch aus der Kategorie 'Absurditäten und Deja Vus' verbrachte. Also blieb ihm nichts Anderes übrig, als fort zu fahren. „Hör' mal, du hast das ganze Schuljahr nicht mit mir geredet ...“ Und sie konnte es doch nicht lassen. Eine Braue steil nach oben ziehend, hielt Lily inne und grunzte. „Ich habe auch das Jahr davor nicht mit dir geredet, falls dir das nicht aufgefallen sein sollte.“ Er druckste herum, und man konnte regelrecht hören, wie er seinen Kopf hin und her rollen ließ. Das war für Severus Snape schon fast sportliche Betätigung.

„Ja, ich weiß ja,“ greinte er langgezogen, die Tatsache offenbar bisher gut verdrängt gehabt, wie er sich an den Schädel griff und mit einer Hand durch das lange, strähnige Haar fuhr. „Das macht mich ganz verrückt.“ Obwohl es nicht so gemeint war, griff Lily es auf und quiekste schnippisch, überging diesen Ton von verzweifelter Bitte in seiner Stimme gnadenlos. „Macht?“ wiederholte sie mit gehobener Satzmelodie und schüttelte den Kopf. Fast ein wenig beleidigt, schmollte Severus und brummte, wie er zwischen die eigenen Schultern sank und gar nicht verbal auf diese Spitze reagierte. „Ich möchte doch bloß ...“ Weiter kam er nicht, drehte die Hand um das eigene Gelenk und stotterte erneut.

Es fiel ihr schwer, einfach weiter Bücher einzuräumen mit dieser steilen Zornesfalte zwischen den Augen, auch wenn Lily sich des Gefühls nicht erwehren konnte, das da als betrübtes Bedauern zwischen ihre Rippen sickerte. „Wir waren doch mal Freunde,“ erinnerte er sie an genau, woran sie selbst gerade denken musste, und das verschlimmerte es eher noch. Mit den Augen rollend, konnte sie einfach nicht fassen, wieso er das nicht verstand. Was er zu ihr gesagt hatte vor zwei Jahren, war doch nur der Gipfel eines riesigen Eisbergs, in dem er feststeckte. „Herrgott, Severus, begreifst du das denn nicht?“ wandte sie sich zu dem Regal herum, hinter dem der hochgewachsene und spindeldürre Junge stand. Beide Hände gegen die eigenen Oberschenkelseiten fallen lassend, verneinte er wortlos.

Die Zähne aufeinander pressend, schob Lily fest Luft durch die Nase und bereitete sich ein Mantra im Kopf vor, das ihr helfen sollte, ruhig zu bleiben. Die Pince summte nun vor sich hin, wie sie Buch für Buch einsammelte und auf ihrem Wägelchen stapelte, und Remus war noch immer sonstwo, nur nicht hier. Ein für allemal musste sie ihm das jetzt begreiflich machen, oder sie würde das nie los. „Das hier ist kein Spiel!“ betonte Miss Evans jedes einzelne Wort und hob dazu gestikulierend die Finger. Es ging hier nicht darum, dass er im Verstecken betrogen hatte, oder dass er ein schlechter Verlierer beim 'Mensch ärgere dich nicht' auf dem Kotzmühlchen am Spielplatz in Birmingham gewesen war. „Das ist Krieg, Severus, echter, wirklicher Krieg, und du hast dich auf eine Seite geschlagen, auf der kein Platz für mich ist!“

Oh, wieso nur konnte nicht wenigstens sie das einfach sehen? Natürlich wusste er all das, selbstverständlich begriff er sehr wohl, um was es ging, dass die, mit denen er übte, mit denen er bald antreten sollte, vielleicht morgen schon, Hexen und Zauberer wie sie als Freiwild betrachteten. Wie konnte sie denn glauben, dass er das wirklich genauso sah? Er wäre doch nicht hier, wenn es so wäre, er wäre doch nicht all die Jahre mit ihr befreundet gewesen. Aber er konnte eben nicht allein. Er steckte zu tief schon drin, er brauchte Hilfe, wieso sah sie das denn nicht? Oh, sie hatte ja keine Ahnung, was da geschah, sie wusste nicht, unter welchem Druck man stand, aber wie sollte sie auch? Nein, nein, er konnte ihr keinen Vorwurf daraus machen. Wenn er nicht so viel Angst gehabt hätte ...

In der tiefen Dunkelheit der umnachteten Bibliothek konnte sie seine Züge nicht sehen, aschfahl jetzt und jeglicher Farbe beraubt außer einem ungesunden Gelbton, hohlwangig und die Augen matt und erstarrt, wie er die Fäuste ballte in den langen Ärmeln seiner Robe. Vielleicht wenn es heller gewesen wäre, hätte Lily diesen Konflikt gesehen, diese Todespanik und den gehetzten Blick eines in die Enge Getriebenen. Was blieb ihm denn übrig, als ihr zu zuhören? „Es sterben Menschen dabei!“ quetschte die junge Frau aus der Kehle, und das unterdrückte Zittern von Tränen in ihrer sonst so sanften Stimme ließ ihn die Augen schließen, bis bei ihren nächsten Worten das Bild davor tanzte. Den Arm nach hinten ausstreckend, deutete Lily hinunter zu ihrem sinnierenden besten Freund. „Remus hat seine Mutter verloren, Severus, seine Mutter!“ Und er sah seine eigene, wie sie ihn über die Schulter nur anschaute, so ausdruckslos, abgeführt von zwei Auroren, und er schluckte heftig.

Sie hörte das Zuschnappen seines Kehldeckels, und die gleiche Vorstellung schwappte auch in ihrer Erinnerung hoch. Jetzt oder nie. Fragen konnte sie ihn, würde wohl nie wieder die Gelegenheit dazu haben, und noch ehe sie den Mund aufmachte, war ihm bewusst, was sie wissen wollte, so ruhig wie sie mit einem Mal wurde. „Sei ehrlich, Sev.“ Die Nennung des Spitznamens aus Kindertagen, so viel schöner von ihren Lippen als gegröhlt von den Jungs unten im Verließ, die sich seine Freunde nannten, trieb ihm den Atem aus den Lungen und das Wasser in die Augen. Ganz leise war sie geworden, mehr ein Wispern als ein Flüstern, und so nah an das Regal heran getreten war Lily Evans, dass er ihre Nasenspitze hätte berühren können. „Hast du's getan?“

Auch ohne es vollends auszusprechen, war Snape klar, was sie meinen musste, und er zögerte mit der Antwort zu lange, brauchte zu viel Zeit, um die Worte oder Gesten zu finden, um einen Zweifel daran zu lassen. Das erschrockene, ziehende Einatmen in der Düsternis, wie sie die Hand vor den Mund hielt und dieses tränenerstickte „oh mein Gott, Severus!“ anklagend hervorbrachte, konnte er es fast spüren. Wenn man das tat, zerriss es einem die Seele, sagten sie. Als wäre das etwas Körperliches, fühlte er regelrecht diesen Spalt und wollte sich an die Brust greifen, um die beiden Stücke ganz fest zusammen zu halten. Noch nie darüber gesprochen. Mit wem auch? Wem erzählen, wie sich das tatsächlich bemerkbar machte, wie grausam das war, zu wissen, dass man Leben genommen hatte? Wenn er das nur ihr begreiflich machen könnte, vielleicht würde es dann besser werden?

„Ich wollte das nicht,“ flüsterte er, und obwohl er sich einzureden versucht hatte, dass es doch so gewesen war, nach all diesen furchtbaren Jahren, hatte es nicht geklappt. Zu verabscheuen und zu hassen waren zwei unterschiedliche Dinge. Erst jetzt, nach dieser Tat, hatte er das verstanden. Und Severus Snape hasste nicht wie der Dunkle Lord. „Ich wollte es wirklich nicht. Es war ein Versehen.“ Lily hustete, wie sie sich an ihrem eigenen Speichel verschluckte, und in der stillen Bibliothek war es schrecklich laut, doch weder Remus noch die Pince kümmerten sich um das so normale Geräusch. „Ein Versehen?“ quietschte sie heiser und wedelte sich mit der Hand im Gesicht herum, als könne sie damit das Wasser aus den Augen treiben. „Wie kann man denn 'aus Versehen' ...“ stammeln musste sie, so ungeheuerlich war das, was er da behauptet hatte, „'aus Versehen' jemanden mit einem ...“ Dieses Wort! „Mit einem ...“ Richtiggehend heraus gedrückt sprach sie es schließlich zuende aus. „Mit einem Todesfluch belegen?“

Ihre Hände längst leer, das letzte Buch an Ort und Stelle gebracht, fuchtelte Lily herum, und nur die Ballustrade und die Enge der dort oben dicht an dicht stehenden Regale schützten sie vor Entdeckung, wie sie irgendeinen physischen Ausdruck ihrer Gefühle brauchte. Befürchtet hatte sie es, aber nicht wahrhaben wollen, was für James und Sirius und irgendwie auch für Peter und Remus vollkommen klar gewesen war. Sie kannten ihn eben nicht so wie sie! Oder? Gar nichts mehr wissend, hielt sie sich die Nase zu, um nicht laut aufzuschluchzen, während er endlich aus seiner Starre schreckte und sich zu verteidigen begann. Auch vor sich selbst. „Ich hatte keine Wahl,“ fing Severus an und fand das Argument selbst sehr schwach, „er hat sie fast totgeschlagen, was sollte ich denn machen?“ Noch während er das ausspuckte, fielen ihm tausend andere Wege ein, wie ein fähiger Zauberer einen wütend um sich prügelnden Muggel hätte aufhalten können, und in ihrem Blick spiegelte sich die gleiche Erkenntnis wider.

Lily sagte es nicht mal, was sie da dachte. Das war auch nicht nötig. Sie wollte jetzt nicht mehr mit ihm reden, hatte die Antwort bekommen, die sie befürchtet hatte, und kopfschüttelnd, die flache Hand ganz fest gegen die Lippen und unter die Nase gepresst, wandte sie sich ab und nach hinten, um zu den Treppen zu gelangen, die sie nach unten und aus der Bücherei hinaus führen würden. Einen hastigen Schritt in die selbe Richtung tretend, erschreckte er sie ein wenig zu sehr, und dennoch fuhr sie wieder herum und schaute ihn aus diesen herrlichen, schimmernd grünen Augen voller Tränen an wie eine Alzheimerkranke, die ihren eigenen Bruder nicht mehr erkannte. Was auch immer sie noch herausbringen wollte, es ging nicht. Erneut den Kopf schüttelnd, drehte sie sich wieder zur Seite und eilte los, Severus sofort folgend.

Mit seinen viel längeren Beinen war er schneller, erreichte die Lücke zwischen den Regalen und erwischte den Ärmel ihrer Robe mit zwei Fingern. „Lily, du musst mir glauben, bitte!“ flehte der hagere junge Mann ein letztes Mal, und für einen winzigen Herzschlag in der Zeit schien sie das auch zu wollen. Die Erleichterung, dieses Absacken in seiner Brust hielt nur unwesentlich länger. Bis Lily Evans sich erneut eine Strähne aus dem Gesicht wischte und ihm direkt in die nachtschwarzen Augen sah. „Ich werde ihn heiraten.“

Wie vor eine Mauer gelaufen. Severus Snape erstarrte wie eine Eisskulptur, wie schockgefrostet, und ihm fiel der Kiefer herunter, so wie sich seine Augen weiteten. „Was?“ hauchte er mehr als dass er sprach. Ihr Ärmel entglitt seinen Fingern genau so langsam wie jedes verbliebene Stückchen Hoffnung seinem Herzen. Das musste sie doch wissen, dass er das nicht wiederholt haben wollte. Sie tat es trotzdem. „Ich werde James Potter heiraten, Severus.“ So entschlossen war Lilys Gesicht dabei, die hohen Wangenknochen mit einem Mal fast so streng und hart wie die ihrer Schwester. „Bald schon.“

„Nein,“ sagte er vollkommen tonlos. „Nein.“ Es konnte nicht sein, es durfte einfach nicht sein. Heiraten. Potter. Diesen widerlichen, arroganten Schnösel, der sich und seine Freunde für was Besseres hielt, diesen abstoßenden Dummkopf, diesen ... „Doch!“ bestätigte sie erneut und befreite sich endgültig von seinem Griff, dass ihm die Hand schlaff am Körper herunter fiel. „Aber wieso?“ Er begriff es nicht und wollte es nicht begreifen, dass sie, dieses so wundervolle Mädchen, so fürsorglich und liebevoll, das er nicht nur bewundert hatte seit so vielen Jahren – und er konnte es sich immer noch kaum eingestehen und wurde rot davon, jetzt, hier, vor ihren Augen – sich ausgerechnet diesem Dreckskerl zuwandte, der ihn so oft gedemütigt und beleidigt hatte. Wieso nicht ein Anderer? Irgendeiner? Lupin, ja, wieso nicht Lupin? Ein Wolf, besser als Potter allemal!

Sie brach ihm Herz, Genick und Gemüt mit einem einzigen Satz, bevor sie sich herumdrehte und die hölzernen Stufen hinunter klapperte. „Weil ich ihn liebe.“

Er blieb zurück im oberen Geschoss, während Lily auf ihren hübschen, hochhackigen Sandaletten die Hauptetage der Bibliothek erreichte und im Vorbeilaufen nach Remus' Schulter griff. Der Jahrgangsälteste wachte nur ein wenig auf davon, folgte ihr schlaftrunken an der ausgestreckten Hand und wunderte sich stirnrunzelnd über seinen verschwundenen Bücherstapel. „Gute Nacht, Madame Pince,“ wünschte das Mädchen, bekam Antwort und einen herzlichen Dank für die Mühe, und schon waren die beiden Gryffindors aus dem Foyer der Bücherei und draußen auf dem Korridor. Und Severus Snape stand noch immer erstarrt zwischen den Regalen und fühlte sich, als wäre er genauso tot wie sein Vater.


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Aber ich habe gelernt, auf allen möglichen Arten von Papieren zu schreiben. Die Namen der Hogwarts-Häuser sind auf einer Flugzeug-Kotztüte entstanden - ja, sie war leer.
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