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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Schuld und Sühne

von Teekon

„Es ist meine Schuld,“ murmelte Sirius und versenkte den Kopf zwischen den eingeknickten Schultern, wie er inmitten seiner Freunde vorwärts stolperte, die nur spärlich gefüllte Schulmappe vor den Unterkörper gepresst. Augenblicklich protestierten sie, jeder auf seine Weise. Peter quiekste und James grunzte, Lily lachte schnippisch, und Remus runzelte kopfschüttelnd die Stirn. „Das ist nicht wahr, Sirius,“ verneinte er diese Aussage, der Schein der Fackeln auf seinem Gesicht tanzend. „Niemand kann was dafür.“ Damit meinte er natürlich nur die anwesenden Ordensmitglieder, die Auroren und befreundeten Kämpfer, nicht etwa die Gegner, die sie in diese vertrackte Situation gebracht hatten.

So schnell würde er sich nicht geschlagen geben, der gute Mr. Black, wie immer, als ginge es hier darum, wer der Tollste, der Coolste war, wer am besten in Astronomie oder wer sich den witzigsten Spruch gegen Filch ausgedacht hätte. Energisch den Kopf schüttelnd, dass die schwarzen Locken nur so flogen, verzog er die Lippe, bis sie ihm fast an die Nase stieß. „Ich hätte dran denken müssen,“ befand er nach wie vor, dass es in seiner Verantwortung gelegen hatte, Caradocs Schwäche in Erinnerung zu behalten in Anbetracht einer solchen Schlacht, vergaß dabei völlig die Anwesenheit des älteren Sturgis, den eigentlichen Befehl von Moody und die gemeinsam gefällte Entscheidung.

Sich einschaltend, richtete James sich beim nächsten Schritt auf und fuhr sich mit einer Hand fest durch das widerspenstige Haar. „So ein Quatsch, Mann!“ spuckte er regelrecht heraus, und auch wenn um seine Augen noch immer dieser Schatten spielte, verkniff er die Krähenfüße, als wären sie tatsächlich vorhanden. „Er wusste selbst, was er kann und was nicht, und er hat nicht zurückgeschreckt.“ Das anerkennende Nicken, gemischt mit Pettigrews zustimmendem Raunen aus brummigem „mhm“, von allen Seiten, sagte es aus, was sie darüber dachten. 'Hufflepuff nimmt, was übrig bleibt'? Nein. Treue. Absolute Treue. Niemals hätte Caradoc sich zurück gehalten, wäre dort oben auf der Klippe geblieben angesichts von Feinden, denen er vielleicht nicht Herr werden konnte. Und nicht Herr geworden war.

Gesucht hatten sie, überall, den Strand von Boggle Hole rauf und runter und über die Heide in der näheren Umgebung. In jede Sandgrube hatten sie geschaut, in die Felsenhöhlen, von der See in die Klippen gegraben, morastige Löcher nach Spuren abgegrast von feinen Lederschuhen, Hogwarts-Schuhen, aber keine Spur hatten sie entdecken können von ihrem dritten Mann. Die Kampfhandlungen längst beendet schon, die Auroren fort, ihre Verletzten nach St. Mungos bringen, den Leichnam von Tabbart Ceeberer zwischen ihnen schwebend, den geistlosen, umherirrenden Körper eines weiteren ihrer Kameraden vorsichtig, mit tränenden Augen führend, um ihn fort zu schaffen, fort von diesem nun so grässlichen Ort, waren Sturgis und Sirius immer noch umhergelaufen, rufend, brüllend nach ihrem Freund. Sie fanden ihn nicht.

Als die beiden jungen Mitglieder des Phönixordens in jener Schreckensnacht zurückgekehrt waren an den Ort der Kämpfe, von dem sie sich gerade eben noch auf Anweisung des Aurors Longbottom zurückgezogen hatten, war es schlimmer gewesen als zuvor. Die anrückende Verstärkung drang vom Süden her, von dort, wo sie Dearborn vermuten mussten, in das Gebiet ein, schlug sich Yard um Yard den Strand hinauf und trieb ihnen damit die am Ufer verbliebenen Todesser mitten in die Arme. Noch immer war alles voller Nebel gewesen, und wie es letztendlich gekommen war, die Schwarzmagier in einer Zange, deren oberes Blatt dünn war wie geplättetes Zinn, die untere Hälfte jedoch hart wie Adamant, dass ihm der einstmals feiste Kerl quasi direkt vor den Zauberstab gelaufen war, das konnte Sirius gar nicht so recht nachvollziehen.

Ein faires Duell? Ein 18jähriger gegen einen gestandenen Herrn aus Voldemorts erster Riege, aus seinem eigenen Jahrgang, ein Schulfreund gar? Nein, sicher nicht. Zu welchen Gunsten jedoch, das war schwerer zu benennen. Kurz war es gewesen, ein Schlagabtausch, so in Gefilde von magischer Energie getrieben von Blacks Ungeduld, seiner Entschlossenheit, sich einen Weg zu bahnen, quer durch Dolohov hindurch, wenn er musste, doch Avery zuerst dazwischen, dass der alte Mann nicht lange standgehalten hatte. Keine Entwaffnung, kein simples Zurückwerfen hatte Sirius genügt in jenem Augenblick, Caradoc vor Augen, wissend, dass der Freund sich irgendwo dort hinten in dem dichten Dunst befand, den die Dementoren ausbrüteten, hatte ihm ausgereicht. Ein Reducio, so hart geschleudert, mit solcher Wucht und mitten in die Brust, dass Sidonius Avery rücklings in die Klippen und außer Sicht geschmettert worden war.

Erst im Vorwärtsrücken, erst als die Frontlinie schon in schattenhaften Bewegungen von hetzenden, eilenden Menschen irgendwo voraus sichtbar geworden war, hatte er ihn gefunden, Dragomirs Vater, und auch nur, weil er ihm auf die leblose Hand getreten war. Im sandigen Untergrund ertönte das knackende Geräusch, wie der Zauberstab unter seinem Gewicht zerbrach, und auch wenn Sirius keine Gelegenheit und keine Ruhe gehabt hatte, um sich zu vergewissern, war es ihm bereits klar gewesen: Der Schwarzmagier, der dort lag, die Augen gen Himmel gerichtet, war nicht mehr am Leben. Und wenn er ehrlich war: Es war ihm egal.

Das erschreckte ihn, aber dann auch wieder nicht. Avery hatte es herausgefordert. Er war schließlich in diesen Kampf gezogen, in diesem Krieg von Anfang an dabei gewesen. Da musste man damit rechnen, ihn nicht unbeschadet zu überstehen. Und jung war er nicht mehr. Ausrede. Caradoc war jung gewesen. Gerade mal erwachsen. Zumindest auf dem Papier. Und jetzt? Wenn sie wenigstens sein Schicksal kennen würden, wenn sie zumindest wüssten, was mit ihm geschehen war. Doch nichts, kein Hinweis, vollkommen zertrampelt von so vielen Fechtern war der Strand gewesen, um noch irgendwo einen Fußabdruck von ihm erhaschen zu können. Zu viele Zauber getätigt, um die Signatur seiner eigenen Magie noch aufspüren zu können. Verschwunden. Vielleicht für immer.

Aufsehen erregend war es obendrein, ein Schüler von Hogwarts, der von einem Wochenendausflug nicht zurückkehrte. Ein Präfekt, ein junger, talentierter Zauberer aus einer großen Familie. Die Dearborns waren zwar keine dieser typisch reinblütigen Familien, frischten sich eher regelmäßig mit Halbblütern und Muggelgeborenen auf, so wie es die Weasleys taten, die Prewetts, die Longbottoms, aber sie waren hoch angesehen, und viele Mitglieder fand man in hohen Geschäftspositionen wieder. Caradocs älterer Bruder Gilbert war bereits im Handel mit dem Festland involviert, den ihr Vater aufgebaut hatte, Chester Dearborn, selbst einmal Präfekt von Hufflepuff gewesen. Eine Tragödie war das, und auch wenn jeder, selbst der Tagesprophet das merkwürdige Verschwinden des jungen Mannes den Kreisen von Man-wusste-schon-wem zusprach, so konnte doch nie, niemals die Wahrheit gesagt werden. Und somit war eine Aufklärung des Falles so gut wie unmöglich. Furchtbar. Als hätte Gilbert es geahnt.

Verbieten wollen hatte er es ihnen, konnte kaum, zumindest Doc nicht. Serena hatte sich an das Urteil ihres Bruders gehalten, und obwohl sie von der Existenz des Ordens wusste und dessen Belange unterstützte, wo sie nur konnte, so war sie doch kein aktives Mitglied. Und würde es nun mit Sicherheit nie mehr werden. Sogar hier auf der Schule, in den sicheren Mauern von Hogwarts, mussten nun Freunde ein Auge auf sie werfen, dass sie es ja nicht wagte, die Stelle ihres Bruders einzunehmen. Doch zur Zeit hatte man nicht das Gefühl, sie könne sich überhaupt um mehr kümmern als um ihre schulischen Aufgaben, auch im sechsten Jahr nicht gerade wenige. Und sie brauchte das auch so. Nur nicht darüber nachdenken, nicht an ihn denken. Der Verlust noch zu frisch, zu spürbar.

„Wenn überhaupt jemand Schuld hat,“ flüsterte Lily und legte dem besten Kumpel ihres festen Freundes sanft eine Hand auf die zusammen gesunkene Schulter, „dann ist es dieser Gibbon.“ Die Jungen um sie herum knirschten mit den Zähnen bei der puren Erwähnung des Namens, und Lupins Faust, dicht neben ihr aus dem langen Ärmel seiner Robe heraus schauend, ballte sich so fest, dass die Knöchel weiß hervor traten. Baldomerus Gibbon, ein Auror unter dem Kommando von Moodys gleichgestelltem Kollegen Scrimgeour, war dabei gewesen an jenem Abend, hatte die Überführung leiten sollen, wie er es so häufig und problemlos tat. Das war sein Job, er verbrachte viel Zeit auf den Fähren, die zwischen Azkaban und dem Landepunkt über Ravenscar hin und her schifften. Vielleicht zu viel Zeit im letzten Jahr. Die Nähe der Dementoren? Die schreckliche Grausamkeit des Gefängnisses, das er dort immer wieder sah, deren Augenzeuge er zwangsläufig wurde? Wer konnte das schon sagen? Und fragen konnte man ihn nicht, den Verräter, der die Seelenfresser gegen seine eigenen Leute aufgehetzt und der die Warnung der drei jungen Männer absichtlich übersehen hatte, denn er war fort. Geflohen mit den anderen Todessern.

Sie waren entkommen, die Gefangenen. Hatten die einzige Chance genutzt, Azkaban zu entfliehen. Ein Verräter war notwendig gewesen dafür, und eine ganze Truppe, angeführt von Voldemorts bestem Mann, um ihre Bewacher auszuschalten oder zumindest so weit zu beschäftigen, dass Dolohov selbst in die unteren Decks des Schiffes hatte eindringen und sie befreien können. Und auch wenn Sidonius Avery, abgemagert und mit gehetztem Blick nach diesen zwei Jahren auf der Schreckensinsel, diese Flucht mit dem Leben bezahlt hatte, und wenn einige von ihnen humpelnd, fluchend und schmerzgekrümmt das Schlachtfeld verlassen hatten, so waren sie doch frei, Jeronimus Mulciber, Alnoth Rosier und Landricus Nott, und damit die Reihen der Todesser um drei Köpfe ergänzt.

Als wäre es nicht genug. Von hinten angegriffen hatte Gibbon seinen Vorgesetzten, den Leiter der Mission, so hatte es Frank Longbottom erzählt, der selbst unverletzt davon gekommen war, ebenso wie seine Ehefrau, aber Moody war es nicht so glimpflich ergangen. Einen Haudegen wie ihn, einen solchen Bären von einem Kerl, den musste man schon ordentlich ausknocken, um ihn vom Kämpfen abzuhalten. Auf allen Vieren wäre er sonst herumgekrochen, bewaffnet und äußerst gefährlich damit, aber der Verräter hatte ihn gehörig erwischt. Auch jetzt noch lag Alastor im Krankenhaus von St. Mungos und erholte sich, langsam, verbissen, aber stetig. Und bald schon würde er wieder auf den Füßen stehen. Naja. Zumindest auf einem Fuß. Denn die Heiler mochten Wunder vollbringen können, aber sein Bein, abgerissen unterhalb des Knies von irgendeiner scheußlichen schwarzmagischen Ausgeburt eines kranken Gehirns, das konnten sie ihm nicht wieder geben.

Besuchen können hatten sie ihn nicht, zu auffällig, wo doch niemand von ihnen auf irgendeine Art und Weise eine Verbindung zu dem Auror vorweisen konnte, und so hielten sie sich an die Berichte ihrer Ordensmitglieder in Versammlungen oder an Treffen mit Alice und Frank bei Fortescues in der Winkelgasse. „Er kriegt ein Holzbein,“ hatte die junge Frau berichtet, und Longbottom hatte genickt und an seinem Tee genippt. „Verwegen sieht er aus. Wie ein Pirat.“ Und sie alle hatten gegrinst und es sich lebhaft vorstellen können. So furchtbar das war, diese Verstümmelung, so wenig konnte es irgendwen davon überzeugen, dass Alastor Moody sich davon unterkriegen lassen würde. Ein Stehaufmännchen vor dem Herrn.

Trotzdem. Auch wenn sie ihn nicht gefunden hatten, war eines glasklar: Caradoc Dearborn war tot. Ein 18 Jahre alter Junge voller Ideen und Hoffnungen und Plänen für die Zukunft, so kurz vor seinen NEWTs, ein tapferer Kämpfer für die gute Sache – und für ihn war „die gute Sache“ die gewesen, dass er für Hexen und Zauberer wie seine Mutter eintrat, egal, was das bedeutete. In diesem Falle hatte es sein Leben gefordert. Entweder von Todessern umgebracht, verschleppt und gefoltert, oder einem Dementor schutzlos in die Arme gelaufen. Und was das hieß, darüber wollte niemand von ihnen nachdenken. Selbst hier, in den wunderbar warmen und orangegelb beleuchteten Gängen und Korridoren ihres geliebten Hogwarts lief ihnen davon ein eisiger Schauer aus mehr als physischem Eis durch sämtliche Knochen.

Zu später Stunde, die Sonne längst untergegangen hinter den Bergen im Westen, war es größtenteils ruhig und still innerhalb des Schlosses. Das Quidditch-Training der Mannschaft von Ravenclaw lief noch, und das Blinken der Flutlichtanlage im Stadion schien hin und wieder durch ein Fenster herein, wenn die Fünf daran vorbei schlenderten. In der Großen Halle konnte man noch ein verspätetes Abendessen einnehmen, und diverse Aktivitäten unter Aufsicht einer Lehrkraft mochten noch im ein oder anderen Klassenraum stattfinden, aber hier im dritten Stock befanden sich nun nur noch einige wenige Grüppchen an älteren Schülern, Fünft- und Siebtklässlern, denn heute, weniger als einen Monat vor den großen Prüfungen der OWLs und NEWTs nun, luden die Lehrer zu Gesprächsabenden.

Man musste nicht kommen, aber man sollte, und Professor McGonagall legte großen Wert darauf, dass ihre Schützlinge dieses Angebot wahrnahmen. Sicher, es war ja auch sinnvoll, sich noch einmal mit dem entsprechenden Professor oder der Professorin zusammen zu setzen und zu diskutieren, wo man eventuell noch etwas verbessern, worauf man Schwerpunkte im last minute Lernen legen sollte, und eine Art Berufsberatung war es ja auch. Immerhin bedeutete für die Siebtklässler ihr Abschlusszeugnis der Einstieg in eine Laufbahn, und wer bestimmte Vorstellungen hatte, der musste sich eben ranhalten.

„Ich möchte Auror werden,“ wechselte James so unvermittelt das Thema, das erst einmal niemand den Zusammenhang in diesem Gedankengang erhaschen konnte, bis er seufzte und ergänzte: „Wie Moody.“ Ein bisschen lachen musste man davon schon, wie sie sich das vorstellten, James Potter, der schlacksige, fast dürre Brillenträger mit dem wirren Haar, genauso verdrießlich dreinschauend wie der alte Klassenkamerad ihrer Hauslehrerin, und es wollte nicht so recht passen. Peter kicherte wie ein Mädchen und hielt sich eine Hand vor den Mund, und sich ein wenig aufrichtend schlang Sirius einen Arm um die schmalen Schultern seines besten Freundes. „Dann muss ich wohl auch, was? Damit wer auf dich aufpasst.“ Sie alle grinsten einander an, Lily knuffte den beiden Männern mit dem Ellbogen in die Seite, und Remus zuckte die Achseln. „Die Noten dazu habt ihr.“ Diese grauen Schlieren, die dabei über sein Gesicht huschten, die schien niemand zu bemerken, und sie umrundeten die letzte Ecke, die vor den Klassenraum für Verteidigung gegen die Dunklen Künste führte.

Noch bevor sie ganz darum herum waren, kam eine eklatante Unruhe in ihren kleinen Pulk, denn Sirius Black stemmte seine Fersen so hart in den Boden, dass er wie eine gespannte Feder zurückschnackte und wieder in der Deckung verschwand, James dabei mit sich ziehend und Remus schräg hinter sich beinahe ein Ohr ins Auge rammend. Aschfahl war sein Kopf mit einem Mal, die ganze Farbe eines Sommers daraus weichend und nach unten fließend, so als habe man eine Ameisenfarm unten angestochen und der ganze Sand liefe heraus. „Äh, ich ...“ stammelte er, zog die Schulmappe mit seinen Unterlagen für das Gespräch mit Professor Fryssington höher unter seine Achsel und deutete unschlüssig hinter sich, das Kinn dabei hin und her wendend, dass seine Locken hüpften. „Leute, ich ... ich nehm' den anderen Termin,“ erklärte er und fing schon an, sich aus der Gruppe hinaus und zurück zu kämpfen, den Weg hinunter, den sie gekommen waren.

Nur für einen sehr kurzen Augenblick verwirrte und beunruhigte er seine Freunde mit dieser Aktion, doch sobald sie gesehen hatten, was oder besser wen er in dem engen Rondell vor der Klassenzimmertür, wo sie sonst gemeinsam auf Einlass vor den Stunden warteten, entdeckt hatte, klopften sie ihm nur verständnisvoll auf die Flanken, warfen ihm mitleidige Blicke zu und ließen ihn von dannen ziehen. Schnellen Schrittes, sich die langen Haare erst aus dem Gesicht, dann explizit wieder hinein schiebend, machte Sirius sich davon, lächelte gequält und winkte ihnen noch einmal hastig zu, ehe er in eine der geheimen Abkürzungen hinein schlüpfte und aus ihrem Blick verschwand. Das Klappern seiner Ledersohlen verhallte auf dem Gang.

Nein. Nein, das musste er sich jetzt wirklich nicht antun, in Gegenwart von Serena Dearborn auf dem Gang herum zu stehen und möglichst so tun, als sei nichts passiert. Das konnte er jetzt wirklich nicht. Ihren Bruder auf dem Gewissen. Auch wenn die Anderen noch so oft behaupteten, er hätte nichts daran ändern können, für Sirius würde das eine ganze Weile dauern. Ihr gegenüber zu treten, war nicht drin. Er wollte nicht wieder diese halb anklagenden, halb durchbohrend fragenden Blicke aus ihren so herrlich schönen Augen ertragen wie vor ein paar Tagen beim Frühstück, wo er dem hatte nicht entkommen können. Versucht, mit ihm zu reden, habe sie, hatte Lily erzählt, wollte mehr von ihm erfahren über den Verbleib ihres kaum älteren Bruders, und das würde er einfach nicht durchstehen. Nicht bei diesem Mädchen. Sie verstanden das schon.

Einander nur flüchtig anschauend, seufzten die verbliebenen Rumtreiber und die junge Frau in ihren Reihen, bevor sie sich ein Herz fassten und zu den übrigen Wartenden stießen. Offenbar waren viele von ihnen schon drinnen gewesen bei ihrem so merkwürdigen Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste, und in Rotten die Köpfe zusammen gesteckt, sprach man bereits darüber. Serena selbst hatte noch Zeit, ihre OWLs im vergangenen Jahr gut hinter sich gebracht, aber ein paar ihrer Freundinnen, auch aus anderen Häusern, absolvierten bereits ihr letztes Term. Eine Hand zum Gruß hebend, winkte sie Lily rasch zu, musterte die jungen Männer in ihrer Begleitung einen Tick zu lange und bemerkte rasch das Fehlen ihres Ex-Freundes. Man hätte schwören können, dass verwirrte Röte in ihre ebenmäßigen Wangen schoss, doch sie schaute schnell weg und kümmerte sich wieder mit verschränkten Armen um die Berichte ihrer Mitschülerinnen.

Isidor Jigger aus Slytherin schlüpfte mit bleicher Miene aus der kaum mehr als angelehnten Tür, und sogleich griff Meredith danach und verschwand im Inneren. Nicht lange dauerten die Unterredungen offenbar, und wenn man ehrlich war, hatte man das auch nicht erwartet. Während Peter und James sich noch leise unterhielten, schweifte Remus längst ab, und diese steile Falte aus Grübelei stahl sich zwischen seine Brauen. Die McGonagall, Professor Regiomontanus, die Sprout, Flitwick, das war alles kein Problem gewesen, und auch Slughorn und seine Lehrer für Arithmantik und Astronomie, bei denen er in der kommenden Woche noch Termine hatte, machten ihm keine Sorgen. Aber das hier, sein bestes Fach, sein liebstes Fach, unschlagbar gut darin, das bekümmerte ihn.

Es lag nicht am Stoff, gewiss nicht. Er war nach wie vor derjenige, der sich quasi immer meldete, bei jeder Frage, er war derjenige, der jeden Spruch beherrschte und auch praktisch umsetzen konnte. Die schriftlichen Prüfungen bestand er ebenso mit Bravur wie die kleinen Tests, die Fryssington so gern unangekündigt durchführte, seit im Januar der Unterricht wieder begonnen hatte. Und eigentlich durfte er sogar so überheblich sein, bereits diese Bestnote zumindest auf seinem Abschlusszeugnis zu sehen. Dennoch. Vor diesem Gespräch graute es ihm.

Die Twynham hatte Remus nicht gemocht, ganz und gar nicht. Sie war unfähig gewesen, ihre Stunden stinklangweilig, und dabei war sie sich vorgekommen wie die größte Sexbombe aller Zeiten, die Marylin Monroe der magischen Welt. Diese Abneigung war von Respektlosigkeit geprägt gewesen, einzig von dem Gefühl, sie nicht leiden zu können. Nichts Hochtrabendes, nichts Unangenehmes, erst recht dadurch, dass die sogenannte Professorin es offensichtlich nicht einmal gerafft hatte, wie sehr er sie abgelehnt hatte. Oder überhaupt irgendwer. Bei ihm allerdings, bei Gairbhith Fryssington, beruhte die Aversion auf ganz anderen Grundlagen.

Er war kein Dummkopf. Er war nicht arrogant, er war nicht hochnäsig und er behandelte die Schülerinnen und Schüler nicht schlecht. Gut konnte man das zwar auch nicht nennen, niemals offen, niemals auch nur irgendwie emotional (Remus war sich nicht mal sicher, ob Fryssington Gefühle hatte), aber er war fair, wenn es um Noten und/oder Bestrafungen ging, und er hatte was drauf. Sein Unterricht war geprägt von einer gelungenen Mischung aus Theorie und Praxis, ein jeder konnte Erfolge verbuchen und vorwärts kommen, ohne dass man sich unter Druck gesetzt fühlen musste. Sogar Pete. Trotzdem konnte Lupin nicht umhin: Er verabscheute diesen Mann. Ja, er verabscheute ihn, fast so sehr wie Bradshagh nach dessen Enttarnung, auf eine ähnlich prickelnd unbequeme Art und Weise wie er ... ja, wie er den schlauen, grausamen Kopf von Antonin Dolohov hasste. Und manchmal machte ihm das Angst.

Allein mit ihm? Gleich, da drin, in seinem Büro, einem Ort, an dem Remus sich so unendlich wohl gefühlt hatte, als er noch mit persischen Teppichen ausgelegt und von bunten Glasmosaiklaternen beleuchtet gewesen war? Die Sehnsucht danach, dem süßlichen Duft von Apfeltabak in der Shisha, dem herben Geschmack von Datteltee auf der Zunge, bohrte sich wie ein warmer Dorn in seinen linken Brustkorb, und Remus verzog das Gesicht und rieb sich diese Stelle, um den bitteren Schmerz zu vertreiben. Wie es wohl jetzt da drin aussah? Er würde es sehen, in wenigen Minuten, wenn der mittlerweile hinein gegangene Stebbins wieder hinaus fand. Der Unwille wuchs umso mehr.

Vielleicht war's besser, das Ganze rasch hinter sich zu bringen. Je länger er hier draußen stand und wartete, umso mehr wollte er es abblasen, lieber zur McGonagall und ihr sein Fehlen auf der Liste erklären als das hier. Oh Mann, das musste ihm ja echt unangenehm sein, wenn er sowas schon dachte. Solche Auseinandersetzungen mit der gestrengen Lehrerin für Verwandlung waren nicht gerade toll. Mit Gruseln dachte er zurück an jenen Abend des Gründungsballs oben im Gemeinschaftsraum von Gryffindor, und die selben Tränen wollten ihm wieder in die Augen schießen. Nein, das ging einfach nicht. Er würde das machen, keine fünf Minuten wie alle anderen hier auch, und dann war die Sache erledigt.

Filimon zeigte seine Nase im Spalt, und selbst er, der ein wenig schwerfällige und manchmal ganz schön döselige Typ, schien ein bisschen geknickt, und mit einem nur kurz grüßenden Blick zu ihnen hinüber, glitt er um die Ecke und den Gang in Richtung Turm hinunter. Niemand rührte sich, keiner wollte als Nächster an die Reihe, und obwohl er sich selbst innerlich dagegen sträubte, fasste Remus sich ein Herz. Fünf Minuten. Nur fünf Minuten, ein paar kleine Fragen seinerseits, ein paar vom Professor und dann nichts wie weg und raus und hier draußen bei seinen Freunden stehen, bis auch sie die winzige Tortur hinter sich hatten. Es würde wirklich nicht lange dauern, und so schlimm konnte es nicht werden. Und dennoch: Die Twynham mochte es nie gespürt haben, und sie hatte jeden männlichen Schüler gern gehabt. Aber Fryssington bedachte ihn, den kranken Jungen, immer und zu jeder Zeit mit diesem seltsamen Blick, dieser angespannten Mischung aus angewiderter Abscheu und ungebührlicher Zärtlichkeit. Eine Gänsehaut bekam man davon.

Nicht einmal seufzend, das Gespräch seiner Zimmergenossen damit unterbrechend, presste Remus die Kiefer aufeinander und verließ das Grüppchen, trat heraus und auf die Tür zu, und sie alle betrachteten sich seine verkniffenen Augen. Daumen drücken. Er würde das schon schaffen. Und Lupin schritt hinein in das lange, dunkle Klassenzimmer für Verteidigung, wo durch die hohen Fenster der hellgelbe, nur langsam abnehmende Mond herein drang und die aufgereihten Bänke und Pulte mit seinem klaren Leuchten flutete.

Ein kleines Licht, längst nicht so anheimelnd wie damals, wo er ein, zwei mal die Woche hier her geschlichen war, schien aus der nur angelehnten, grün gestrichenen Tür mit dem runden Bogen nach oben hin, und die geschwungenen Stufen dort hinauf glitzerten gut gewienert. So schmucklos geworden, der Unterrichtsraum, hoch und weit, die Fenster fast über die ganze Höhe der Außenwand, und die Tafel stand geputzt und sauber hinter dem schweren Schreibtisch des Lehrenden. Offenbar empfing er heute oben in seinem Büro, dem Foyer zu seinen Privaträumen, konnte man sagen, und das allein war schon ungewöhnlich. Fryssington zeigte nicht gern auch nur irgendwas von sich.

Unpersönlich, emotionslos, so präsentierte er sich. Gegenstände seines eigenen Besitzes mochten zu viel von ihm verraten, und obwohl Remus noch immer keinerlei Lust auf diese Beratung verspürte, wurde er ein wenig, ein winziges bisschen, neugierig.

Jemand mit so langen Beinen brauchte nicht lange, um den Mittelgang hinunter zu schreiten und das Geländer zu ergreifen, sich daran hochzuziehen und die kurze Treppe zu überwinden. Wenn man dort oben auf dem Podest stand, konnte man hinein lugen, konnte man den schmalen Anteil des Zimmers überblicken, das kleinere Fenster in der Ecke, die Tür zum Schlafraum daneben. Ehemals in einem rötlichen Lack gestrichen war sie nun dumpf und schwärzlich, so als hätte man die Tür gegen Ebenholz ausgetauscht, doch die Beschläge waren noch immer die gleichen. Keine Bilder hingen an der Wand, keine hübsche Apothekerkommode, und das recht grelle Licht stammte von einer Bibliothekslampe auf der Kante eines schweren Massivholzschreibpultes. Nur als Schatten war der Professor zu erkennen, der sich irgendwo rechts aufhielt, und das Rascheln von zusammen gelegtem Papier verriet seine Tätigkeit. Tief Luft holend, klopfte Remus mit einem Knöchel bestimmt gegen das Holz.

„Herein,“ bat Mr. Fryssington, und Lupin zögerte keinen Augenblick, schob die Tür in den Raum hinein und blieb dort stehen, aufrecht, seine Schulmappe an sich gepresst, die Brauen schwer ineinander gedrückt, und er sagte kein Wort. Dort stand er, der Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste, auf der anderen Seite seines Tisches, und wie er den Kopf hob und von seinen Unterlagen aufschaute, versteinerte er sofort. Hinter den runden Gläsern seiner Nickelbrille schwammen seine blau-grauen Augen förmlich, und die Haut, wie Pergament, nahm die gleiche Farbe an wie sein weißer Spitzbart. Wie Spiegelbilder von einander. Erfüllt mit Antipathie und Zurückhaltung, der junge wie der alte Mann, und etwas zuckte in Fryssingtons Gesicht, ehe er sich aufrichtete. „Mr. Lupin,“ sagte er, halb fragend, halb resigniert, und dann seufzte er.

Im gleichen Tonfall, kaum den schneidenden Unterton unterdrücken könnend (so kannte er sich selbst gar nicht, das war beunruhigend), antwortete Remus. „Professor.“ Zehn Sekunden, vergingen, fünfzehn, ehe der Lehrer eine Hand ausstreckte und auf den harten, unbezogenen Stuhl deutete, den er mitten im Raum aufgebaut hatte, direkt gegenüber von seinem eigenen Sessel. Ein winziges Feuerchen knisterte leise im Kamin hinter ihm, und die Gardinen, schwer und dunkelgrün, versperrten die Fenster und damit die herrliche Aussicht über das Tal von Hogsmeade und den Verbotenen Wald. Die hohe Decke, so ohne all die gemütlichen Accessoires, die andere Lehrer zuvor benutzt hatten, vermittelte das Gefühl, in einem tiefen Brunnen am Boden zu hocken, und zum Hinaufklettern war es zu steil. Remus mochte das nicht. Und dennoch kam er der Aufforderung nach und ließ sich, kerzengerade und stocksteif, auf dem angebotenen Stuhl nieder.

Er schien nicht sicher zu sein, was er sagen sollte. Eine ganze Weile, es kam dem Schüler wie Ewigkeiten vor, schaute er ihn nur forschend an, mit diesem Blick, den der junge Mann so sehr missbilligte. Nicht zu begreifen, nicht durchschaubar, in keinerlei Hinsicht, dieses seltsame Sehnen, dieses Mustern, als versuche er, in ihm zu lesen und wurde nicht schlau aus ihm. Es machte keinen Sinn, wieso Fryssington ihn so ansah. Und wenn er nicht verstehen konnte, was es überhaupt bedeuten sollte, war es auch nicht möglich, Gründe dafür zu finden. Neugier? So wie ein Jäger das Wild beobachtete, bevor er es erlegte?

Dieses Buch. Dieses verdammte Buch. Nur daran zu denken, ließ dieses brodelnde Gefühl in ihm hochkochen, diesen gebündelten Hass auf alles und jeden, den er sich sonst verbot. So fühlten die anderen, die wie er waren, so hatte man ihm gesagt. Diese Empfindung ließ sie überleben, trieb sie an, ausgestoßen und allein, so wie er es bald sein würde, sobald er die Schule fertig hatte und jeder es erfahren durfte. Und Gairbhith Fryssingtons Ausdruck in den Augen, der war ein Symbol dafür, und dennoch ganz anders.

Sich nicht setzend, die halb geballten Fäuste auf der Tischplatte, zog der Lehrer eine Braue hoch und knickte den Kopf beiseite. „Nun, Mr. Lupin,“ fing er an, hatte augenscheinlich nicht einmal die Schülerakte zur Hand, „ich hatte nicht erwartet, Sie hier zu sehen.“ Nicht gehofft, meinte er wohl. Remus blieb vollkommen ausdruckslos. Wo der Siebtklässler offenbar keine wirklichen Fragen hatte, was den Professor nur noch mehr in die Zwickmühle trieb, musste er wohl oder übel fortfahren. Je schneller, je besser. „Ich dachte, es wäre offensichtlich, dass Sie keinerlei Zuspruch in diesem Fach brauchen.“ Er richtete sich wieder gänzlich auf und verschränkte die Arme hinter dem Rücken, wie er sich abwandte und hinter dem Tisch hervortrat.

„Sie werden problemlos Ihre Bestnote erhalten, daran besteht kein Zweifel,“ monologisierte Fryssington weiter, und Remus hatte keine Ahnung, wo all seine vorbereiteten Fragen hin waren. Belangloses Zeug vielleicht, aber wenigstens hätte es nach ernsthaftem Interesse ausgesehen. Er konnte nicht. Es kam nichts heraus, es steckte irgendwo zwischen Erinnerungsvermögen und Bewusstsein fest, wie er es nicht einmal im Geist in Worte fassen konnte. So benommen, so betäubt sein ganzes Inneres, es war wie Wackelpudding in ihm drin, während seine äußere Hülle starr blieb wie eine Mauer. Auf seinem Gesicht war nichts zu lesen. „Ihre drei Ausrufezeichen dürften Sie bekommen und den Erfolg Ihrer OWLs wiederholen,“ sagte der Professor, wie er nun dort am Fenster stand, den jungen Mann nicht mehr anschaute, und seine Finger glitten nach vorn, um an dem Vorhang zu zupfen, damit er hinaus sehen konnte.

Der Mond stand hoch und hell, nur zwei kleine Ecken abgeknappst von ihm, so kurz nach seiner vollen Hauptphase, und ein schmaler Streifen seines silbernen Lichts fiel durch die nun halb offene Gardine in den Raum hinein, traf den Schüler auf seinem Stuhl und verfärbte die sonst so blasse Haut zu einem strahlenden Schimmer. Fryssington sah ihn nicht an, und doch war da ein leises Seufzen, ein zittriges Beben seines Körpers, Remus hätte schwören können, es genau zu erkennen. Die Stirn mehr und mehr runzelnd, begriff er gar nichts mehr. Ein Rätsel, dieser Mann. So verwirrend, so ein wandelndes Oxymoron in sich selbst, mal freundlich und zugewandt, im nächsten Augenblick verstörend und beleidigend. Ja, er wusste, dass Fryssington in Slytherin gewesen war, und kein anderes Haus hätte auch zu ihm gepasst. Aber auch Slughorn gehörte in die Verließe, doch der war ganz anders. Viel leichter zu durchschauen vor allen Dingen.

Und gerade, als Lupin den Mund aufmachen wollte, als er den Mut gefasst hatte, ihn einfach anzusprechen darauf, endlich zu erfahren, was all das sollte, wo sie doch schon einmal allein waren und die Möglichkeit dazu bestand, kam der Professor ihm zuvor. Und blockte ab. Indem er genau das tat, was er immer brachte, wenn man ihm zu nahe kam. Er verletzte. „Auch wenn wir beide wissen, dass Ihnen das kaum irgendetwas bringen wird.“

Der Kiefer klappte wieder zu, so laut, dass es knackte, und Remus hielt den Atem an. Das hatte er nicht gesagt. Er konnte das nicht gesagt haben, er durfte nicht. Aber es hallte so sehr wider in seinem Kopf, er musste. Nein. Das hier musste er nicht aushalten. Schwungvoll, fast wie damals bei Professor Pellyn, oben im Klassenzimmer für Wahrsagerei, auf der höchsten Spitze des Nordturms, stemmte er sich aus seinem Stuhl, packte die Mappe fester und machte die zwei kurzen Schritte zur Tür, deren Blatt er hastig aufriss. Der Lehrer ließ nur den Vorhang los und kreuzte erneut die Arme über seiner Lendenwirbelsäule, wandte sich leise zurück zum Tisch und trat dahinter. Hatte bekommen, was er erreichen wollte.

Hitzige Flecken, Ausdruck eines konfusen Konglomerats aus Wut und Schmerz und Kränkung, tanzten auf den Wangen des jungen Mannes, die Nasenflügel gebläht und die silbergrauen Augen ganz weit und wässrig, und Fryssington zeigte keinerlei Hinweise darauf, wie er selbst sich fühlte. Das war so ... so zum ... Remus fand keine Worte dafür. Wie konnte man so grausam sein, so lieblos, so herzlos? Aber was erwartete er? Dieser halbe Greis dort, der sich langsam, die Schösse seiner Robe zurückschlagend, auf dem Sessel niederließ und schon nach seinem Federkiel zur Korrektur einiger Essays suchte, hatte „Jage nicht bei Vollmond“ geschrieben, einen Ratgeber für Auroren, Mondsüchtige dann zu suchen, anzugreifen und auszuschalten, wenn sie weniger gefährlich waren. Bei Tageslicht. Als Menschen. Menschen!

Er wollte weg hier, nur raus, die letzten Unterrichtsstunden bei diesem Kerl irgendwie hinter sich bringen und ihn dann nie wieder sehen, wollte zu den Jungs, nein, allein sein, für eine Weile, irgendwas zusammen treten, schreien, brüllen, aber statt dessen drehte er sich herum, und es rutschte ihm einfach so heraus, schneller, als er darüber nachdenken konnte. „Ich wollte Sie etwas fragen,“ und beinahe vergaß er, die Anrede anzuhängen, „Sir.“ Überrascht davon, gerade so, als wäre es unmöglich, dass ihn der Junge überhaupt noch einmal ansehen würde, hob der Professor die Augen und starrte ihn an, beinahe wieder so wie vorhin, als er hereingekommen war.

Abschätzig mit dem Kopf auf einen Stapel Papier deutend, so als wäre es stellvertretend dafür dort hingelegt, rümpfte Lupin die Nase. „Dieses Buch,“ sagte er, und niemals zuvor hatte ihn jemand das Wort 'Buch' auf diese Weise betonen gehört, despektierlich, verächtlich beinahe, „haben Sie das aus Überzeugung geschrieben oder des Geldes wegen?“ Schweigen. Jeder Lehrer, selbst die McGonagall und sie ganz besonders, ja, sogar Dumbledore, hätte platzen müssen. Respektlos, beleidigend, und das aus dem Mund gerade diesen Herrn, des Präfekten von Gryffindor, des Jahrgangsbesten, des Schulältesten. Aber Fryssington faltete die Hände auf der Tischplatte. Müde sah er mit einem Mal aus, grau an Farbe und eingesunken die Wangen, und wäre Remus nicht so unendlich wütend gewesen, es wäre ihm eher aufgefallen.

Er seufzte, wie er, die Schultern nach vorn gekippt, mit den immer noch zusammen gelegten Fingern auf dem Pult trommelte. „Damals,“ holte er tief Luft und warf dem 20jährigen nur einen verstohlenen, fast schüchternen Blick wie von unten her zu, „damals war ich überzeugt von seiner Richtigkeit, ja.“ Er gab es zu. Er gab es auch noch zu, er schämte sich nicht mal dafür! Die Ablehnung, die Ausgrenzung durch die Gesellschaft, die war Remus gewohnt, ja, die tat weh, aber sie brachte ihn nicht um. Und da saß ein Professor, einer, der ihm gute Note gab und ihn lobte im Unterricht, der gleichzeitig der festen Meinung war, jemanden wie ihn müsse man jagen und töten, bevor er noch andere Menschen infizieren konnte? 'Damals' hatte er gesagt. Remus hörte nur noch hochfrequentes Rauschen, und er presste die Kiefer auf einander, bis harte Klumpen ihn fast entstellten.

Schon halb aus der Tür war Remus Lupin, kämpfte sie nieder, die Tränen, als der Professor erneut zum Sprechen ansetzte, und obwohl er ihm nicht zuhören, obwohl er einfach weglaufen wollte, musste er auf der Stufe dort draußen verharren. „Man spricht nicht darüber,“ begann Fryssington. Worüber? Ihm drehte sich der Kopf, er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, oder irgendeinen Sinn hinein bringen in diese merkwürdige Aussage. Der Professor fuhr einfach fort. „Deshalb weiß ich nur von einem, der ermessen kann, wie hoch der Preis für dieses Buch war.“ Zwölf Galleonen das Stück, etliche davon verkauft, unzählige. Aber das meinte er nicht, und damit verwirrte er den Jungen nur noch mehr.

„Ich habe ihn gezahlt.“ War das ein Beben in der Stimme? Brach sie ihm da etwa? Sich an der Tür festhaltend, das Gesicht schon im kühlen Klassenzimmer, starrte Remus auf seine eigenen Schuhspitzen, wagte kaum zu atmen, wie er diesen letzten Satz vernahm. „Genau wie Ihr Vater.“ Und er hielt es nicht mehr aus, vollführte regelrecht einen Satz die Stufen hinunter und schlug die Tür so fest zu, dass sie in den Angeln erzitterte. Egal, was der Lehrer damit hatte sagen wollen, es interessierte ihn nicht, er mochte darüber jetzt nicht nachdenken, am besten gar nicht denken, nur raus hier. Fünf Minuten. Jede davon zu viel.

Und Remus rannte mit drei, vier langen Schritten von der Treppe bis zum Ausgang, wischte sich dabei mit dem Ärmel über das Gesicht und war so schnell draußen bei seinen Freunden auf dem Gang, als wäre der Wolf über die taubedeckten Wiesen von Hogsmeade gehetzt.


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Ich habe diese Bücher für mich selbst geschrieben. Was passiert ist, ist ein Schock für mich. Ich dachte mir, dass die Bücher vielleicht drei Menschen gefallen werden, neben mir meiner Schwester und, vielleicht, meiner Tochter.
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