Forum | Chat | Galerie
 
Startseite | Favoriten
Harry Potter Xperts
Harry Potter Xperts
Startseite
Newsarchiv
Link us
Sitemap
Specials
Shop
Buch 7
Buch 6
Buch 5
Buch 4
Buch 3
Buch 2
Buch 1
Lexikon
Lustige Zitate
Gurkensalat
Hörbücher
Harry, A History
Steckbrief
Biographie
Werke
Erfolgsgeschichte
Interviews
Bilder
Harry Potter & Ich
JKRowling.com
Film 7, Teil 1 & 2
Film 6
Film 5
Film 4
Film 3
Film 2
Film 1
Schauspieler
Autogramme
Galerie
Musik
Videospiele
Downloads
Lesetipps
eBay-Auktionen
Webmaster
RSS-Feed
Geburtstage
Gewinnspiele
Twitter
Fanart
Fanfiction
User-CP
Quiz
Währungsrechner
Forum
F.A.Q.
Ãœber uns
Geschichte
Impressum

Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Im Dunkeln

von Teekon

Das Feuer im Ofen war erloschen. Nur noch der Geruch von kalter Asche waberte in rauchigen Schlieren durch die Küche. Kein Kessel tanzte auf der Platte. Kein Geschirr klapperte. Stille. Dunkel lag er da, der Raum, der sonst von Leben nur so strotzte. Vergammelndes Gemüse lagerte in den von der Decke herab hängenden Körbchen. Das geschnittene Brot auf dem Brettchen der Anrichte trocknete aus, wurde hart wie Stein, so hart wie die warm roten Ziegel des Anbaus nach hinten hinaus, wo der Garten nun verlassen unter stahlkühlem, mondlosem Himmel lag.

Die Ebereschen und der Weißdorn rührten sich nicht, wo kein Lüftchen wehte. Knospen von baldig aufblühenden, dicken Blüten der weißen Rosen schmiegten sich an die Wände des kleinen Hauses am Dorfrand, als suchten sie nach Schutz und Geborgenheit, die sie dort nicht finden würden. Der Rasen brauchte dringend einen ordentlichen Schnitt, und Hopfen und Knöterich klammerte sich an Mauern und Zäune und Rankgerüste. Die Stühle auf der Veranda zusammengestapelt, der Tisch aufgebockt an die Ecke gelehnt, denn niemand dieser Tage saß zusammen dort draußen, um zu grillen, zu reden, zu dösen und den Frühling zu genießen. Kein Frühling dieses Jahr. Nicht hier.

Das ganze Haus war still. Keine Lichter brannten, nicht oben, wo die Betten sorgfältig gemacht und die Duvets aus schwerem Stoff darüber gezogen worden waren, wo das blank polierte und gut gepflegte Holz spiegelglatt und unberührt schwieg. Kein Knarzen, nicht das sanfte Klicken der Knieselschritte, wenn Spellbound über die Teppiche schlüpfte, um von einem Zimmer ins andere zu gelangen.

Die Türen standen offen, der Blick frei auf die gedrechselten Pfosten, die sich aufschwangen zur getäfelten Decke, weiße Laken ausgebreitet wie ein künstlicher Himmel. Die Kissen aufgeschlagen, die Nachtschränke aufgeräumt, keine bunten, keine mit Spitze geschmückten Taschentücher mehr, schaute das ganze Schlafzimmer nach vorne zur Straße hinaus aus wie in einem Puppenhaus. Zu ordentlich, um bewohnt zu sein.

Nach hinten raus, über den Garten und die weiten Wiesen außerhalb des Dorfes schauend, war auch der zweite Raum unberührt, das Bad gleich daneben ein einziges, glänzendes Schauspiel aus Porzellan und Messingarmaturen. Frische Seife, blass violetter Lavendel, verbreitete zarten Duft, und die Handtücher, weiß wie so eben erst gefallener Schnee, leuchteten in der fast kompletten Dunkelheit, wo die Vorhänge nicht zugezogen waren, und das Sternenlicht schimmerte auf den glänzend sauberen Scheiben.

Die Treppe aus herrlichem Kirschholz war gefegt, der Läufer darauf mit filigranen Stangen befestigt und ausgeklopft, doch die Garderobe war leer. Kein Mantel, keine Robe, keine Sommerjacke, kein spitzer Hexenhut und kein Stetson, keine Deerstalker-Kappe von Großvater fand sich auf der niedrigen Kommode. Weggeräumt die Schuhe, die Stiefel, und keine Hausschuhe warteten auf die Heimkehr der Bewohner. Erloschen das Feenlicht unter dem A-Dächlein der Haustür. Abgeschlossen, zum ersten Mal, vorn und hinten.

Ausgewischt der Kamin im Salon, sorgsam gruppiert die Sessel um das Kaffeetischchen, und wie sonst nur zu Weihnachten auf Hochglanz die Simse, mit Holzpolitur abgerieben alle Regale und die hohe Schiebeleiter, mit deren Hilfe man die vielen, schweren Zauberbücher erreichte, die hier wie Schätze gehortet worden waren. Nicht platt gelegen die vielen kleinen Kissen auf der Bank unterhalb des Erkerfensters, kein Spellbound, der sich auf der Fensterbank die nächtliche Straße beschaute und dabei zufrieden und ruhig mit dem Schwanz schlug.

Wo die Vertäfelung des Treppenaufgangs fest verrammelt lag, führte der Flur hinüber und zurück in die Küche, sonst so hell, nach Süden raus, die ganze Front mehrere große Fenster mit herrlichem Blick hinaus auf die Welt, auf Mrs. Hubbablubbs hübsches Blumenmeer, auf die wilde Ungezähmtheit der Weidewiesen zwischen Fulford und Heslington, wo der Bach plätschernd durch die Landschaft zog und über die Kiesel holperte. So dunkel dort draußen, das Leuchten der nahen Stadt nicht bis hier herunter dringend, kein Gestirn am Himmel, das mit seinem grausamen, tröstlichen, verfluchten und zärtlichen Silberlicht streichelte.

Man sah ihn nicht. Er hockte dort, an der selben Stelle, wo er als Kind bequem gespielt hatte, jetzt, als hochgewachsener Mann, viel zu breit, viel zu groß dafür. Den Rücken in die schmale Ecke zwischen zwei Unterschränken gepresst, rund wie ein Buckel, die langen Arme um die angezogenen Beine geschlungen, vergrub er sich in sich selbst, die Stirn die Knie berührend, wie er sich schüttelte in stillem, längst vertaubtem Weinkrampf, und die Füße drehten sich nach innen, so wenig Angriffsfläche wie möglich bietend. Angriffsfläche wofür? Für alles. Einfach alles. Die ganze verdammte Welt da draußen. Licht, Sonne, Mond, Sterne. Luft, Wind, Sauerstoff, Atem. Berührung, egal von was, von wem. Nichts jetzt, gar nichts.

Es war anders. Nicht so wie bei ihm, nicht wie damals auf der Düne unterhalb des Kanals, Tagesanbruch im Nil-Delta vor anderthalb Jahren. Zukunft war ungeschrieben, auch ohne ihn. Aber das hier, das konnte nicht sein, das durfte nicht sein, ein solches Ding der Unmöglichkeit, wie die Auslöschung von Gras, wie das Veröden aller Meere, der Entzug der Lebensgrundlage, Vernichtung des Ursprungs. Das durfte nicht, nein, es durfte einfach nicht. Und dennoch war es so. Wie damit umgehen? Wie damit fertig werden? Gleichgültig, wie lang die Zeit davor gewesen war, wie klar es doch nach und nach und immer mehr gewesen war, dass es geschehen würde, irgendwann, geschehen musste. Es war nicht zu begreifen, nicht zu verarbeiten. Er konnte das nicht.

Er hatte es versucht. Ja, hatte er. Ging nicht. Zu frisch, die Wunde, zu groß, um sie zu vernähen, zusammen zu ziehen, irgendwie zu versorgen, zu verbinden. Ob es James genau so gegangen war? Keine Zeit damals, sich viel mit ihm zu beschäftigen. Blacks Aufgabe. Lilys Aufgabe. Er hatte Anderes zu tun gehabt, sich mit Lebenden beschäftigen, pflegen müssen. Bis zum bitteren Ende. Und er wollte nicht daran denken, dass nur die Hälfte geschafft war, dass er noch einmal so über ihn hereinbrechen würde. Wie bald schon? Wer wusste das? Niemand. Oh Merlin, lieber Gott, wer immer zuhörte, wie sollte das gehen?

Ein lautes Schluchzen entkam seiner Kehle, wie sich der Brustkorb zusammenzog und Herz und Lungen zerquetschte, und er konnte nichts dagegen machen, dass ihm Speichel vom Mundwinkel auf das weiße Hemd seiner Schuluniform tropfte. Es war ihm auch egal. Fröstelnde Gänsehaut ließ sich nicht vertreiben von Armen und linkem Unterschenkel, wo es unter der Verandatür hindurch zog und in das ausgestellte Hosenbein die kühle Nachtluft hinein schlüpfte. Man fror oder man schwitzte. Nicht beides. Doch. Heute schon. Sein Gesicht brannte von all den Tränen, die er zurückhielt, wenn er in Hogwarts war, die er nicht mehr hatte in Dämmen halten können heute Nacht. Raus, ohne Robe, ohne Pullunder oder Pullover, aus den gut bewachten Grenzen des Schulgeländes und fort appariert, hierher. Denn nur hier war sie noch da, nur hier konnte er ihr noch irgendwie nahe sein, so nah, wie es ging, mit all den Meilen des Todes dazwischen.

Diese Küche, so klischeehaft das war, die spiegelte sie wieder, das war der Ort, an dem alles, jeder Ziegel, jedes Stuhlbein, jeder Löffel, jede Diele des Bodens an sie erinnerte, mit ihr verquickt war. Wohin man auch schaute, was man berührte, alles roch nach ihr, alles fühlte sich an wie sie. Kekse. Oben an ihrer Halsbeuge, immer, Kekse und ganz leicht nur, ganz zart, Jasminduft. Diese zierlichen Finger mit den schön geschliffenen Nägeln, kräftige weiße Halbmonde darin, konnten alles heilen, wenn sie nur berührten, und ein Kuss ihrer Lippen, auf die Stirn, die Nase, die Wange, das Ohr, vertrieben jeden Nachtalp. Fort. Nie wieder würde er das fühlen, nie mehr ihre Hand halten, nie mehr den Kopf auf ihren Schoß legen und allen Schmerz vergessen, auch die Monduntergangsqual.

Dort hing ihre Schürze, die lange, weiße mit den aufgestickten gelben Blümchen in der unteren Ecke, daneben die Topfhandschuhe, mit denen sie den großen emaillierten Bräter aus dem Ofen gezogen hatte, wenn sie ihre berühmte Flugente zubereitet hatte. Und das da, das war der Weidenkorb, mit dem sie von draußen die Holzscheite herein geholt hatte, um das knisternde Feuerchen in Gang zu halten. Ihre Idee, die Gardinen wie Dreiecke aufzuhängen, dass sie die Sicht nicht versperrten. Und die Kräuter, die aufgereiht zum Trocknen an der Wand hingen, in Bündeln, die hatte sie selbst herangezogen draußen im Garten in dem langen Beet unter der gekrönten Mauer, Thymian, Salbei, Kresse.

Den immer offenen Rahmen zum Flur, damit sie sehen und hören konnte, was ihre beiden Männer im Salon wieder anstellten, hatten sie alle zusammen gestrichen. Gelacht hatte sie, ihr glockenhelles, klingendes Kichern, sich die Hand vor den Mund haltend, dass ihre Wangen ganz rosig wurden, und die Augen, so blau, so herrlich blau, hatten geglänzt dabei. Sogar die letzten Tage noch. Niemals erloschen. Bis jetzt.

Er konnte sie sehen vor seinem inneren Auge, wie sie lachend hinter ihm her lief, dem Knirps in seinen gestreiften Muggel-T-Shirts, oben bei Großvater, wenn die Mohnblüten gegen die Fenster nickten, die Sommersonne brütend und so schön, in ihrem ärmellosen Kleidchen, und der Junge kreischte vor Vergnügen. Im Schnee, über die weite, überfrorene Ebene hinter dem Haus, wenn sie zusammen ihre Winterspaziergänge machten, alle drei, Vater, er und sie, Hand in Hand, selbst durch die dicken Mäntel den Puls der anderen fühlend. Wenn die Blätter fielen, dann hatte sie mit ihm Nüsse und Kastanien gesammelt, dann hatten sie hier an der Anrichte gesessen und Männchen daraus gebastelt, so wie Pa es ihm beigebracht hatte, wie er es als Kind getan hatte, als Magie für ihn in Märchenbücher eingesperrt gewesen war.

Aber am schönsten, immer gewesen, war der Frühling. Weil sie Frühling gewesen war. Tot.

Das hier musste weggeräumt werden. Liegen bleiben konnte das so nicht, wo doch schon alles aufgeräumt war, alles geputzt für die Trauergäste, und Großvater hatte sich so viel Mühe und Arbeit gemacht, gänzlich ohne Zauberei. Und jetzt hatte er hier dieses Chaos veranstaltet, mitten in der Nacht. Gebraucht hatte er das. Er musste sich das alles ansehen, musste berühren, was er noch hatte, was er mit sich nehmen wollte. Pa würde es nicht brauchen, die meiste Zeit dort oben im Bett, pendelnd zwischen dem Schlafzimmer und der Bank im Salon. Und er hatte doch noch all die anderen Dinge hier. Wenn er das wollte. Nicht heute. Nicht hier schlafen, so allein.

Zu seinen Füßen verteilt lagen die winzigen Gegenstände, Kleinigkeiten, die an sie erinnerten, seine Mutter, Sinnbild für glückselige Kindheit, Mondsucht hin oder her. Sie war seine Sonne gewesen, das erste Licht am Morgen, wenn sie sich über sein Bett beugte, um ihn zu wecken. Sie war Wärme, Liebe, Geborgenheit und Zärtlichkeit in lebendiger Gestalt, sprechend, flüsternd, singend. Sicher. Sie alle gingen einmal fort, das war der Lauf des Lebens, man verlor seine Eltern. Aber doch nicht jetzt. Nicht so früh, nicht auf diese Weise. Das Denken abstellen, das Fühlen zurückdrängen, irgendwie.

Sich aus seinen Erinnerungen ziehend, hob er leicht den Kopf, das schwitzig rostbraune Haar ganz verklebt, die Wimpern ausfallend, so rot umrandet die matten Augen, wie Ausschlag. Umgeben von weiß-blauen Fliesen lagen die gebeizten Dielen vor ihm in der Dunkelheit, all die Habseligkeiten wohl sortiert unter dem Tisch, an dem sie immer gefrühstückt hatten, die offene Schatulle noch daneben. Zu Weihnachten geschenkt hatte ihm Edward die, dass er darin alles aufbewahre, was ihm irgendetwas bedeutete. So als hätte er es gewusst. Vielleicht hatte er. Vielleicht hatten sie darüber gesprochen, ohne ihn einzuweihen, was wusste er schon? Er wollte nicht darüber nachdenken. Hätten sie es ihm doch gesagt! Er musste sich doch vorbereiten, er hätte das gebraucht. Zu spät jetzt. Und nicht ihre Schuld. Sie hatten ihn doch nur schützen wollen. Schlimm genug alles, der Krieg als drohender Schatten über allem, was man tat.

Er liebte die kleine Truhe. Kein magisches Objekt. Eine einfache, wundervoll simpel geschnitzte Erlenholzkiste mit gerundetem Deckel, die Verschlüsse daran aus jetzt angelaufenem Messing, und dennoch schien alles hinein zu passen. Einzelne Abteilungen hatte sie in ihrem Innern, hier einen Lederriemen zum Befestigen von Pergamentrollen, dort ein kleines Fach für den Transport von kostbarem Schmuck (wenn man denn welchen hatte), da ein verdecktes Kästchen für Schreibgerät. Und fast voll war sie auch. Dennoch. Er hatte nicht alles ausgepackt, nur das, was an sie erinnerte, nur das, was jetzt von Wichtigkeit war. So viel Neues dabei. Denn das dort, ganz rechts außen, das hatte sie zeitlebens getragen, zeit seines Lebens, und Remus hob es sanft auf, das winzige, mit Samt ausgelegte Etui, berührte mit zittrigen, sterbenskalten Fingerspitzen nur den sternengleichen Stein in seiner Fassung, drehte das ganze Gebilde in der Hand und schloss den Deckel. Nein. Er konnte sich das nicht ansehen. Nicht ohne ihre Finger dazu.

Zu jung, viel zu jung. Er, sie, alle. Benjy auch. Alle. Es war nicht fair, es durfte nicht sein. Lachhaft, wie allein sie alle schon waren, diese Jugendlichen, diese Schüler von Hogwarts. Und immer nur noch mehr ging verloren, nur noch mehr. War's diesmal zu viel gewesen? Zerbrach er jetzt? War das der letzte Tropfen gewesen, der das Fass an brodelnder Säure in seiner Seele zum Überlaufen brachte und sie einfach wegätzte, vom Angesicht der Erde tilgte? Ganz tief in sich hinein hörend, versuchte er, das Tröpfeln zu hören, das Plätschern, aber da war nichts. Gar nichts. Nur reiner, kindlicher Schmerz, das gleiche Gefühl wie als 4jähriger, als er damals in der Winkelgasse aus ihren Augen geraten war, zwischen all den Beinen und Roben und fremden Zauberern und Hexen. Doch diesmal rief sie nicht. Dieses Mal war es nicht ihre Stimme, in heller Aufregung, die ihn fand, die ihm die Tränen trocknete und seinen rasenden Herzschlag beruhigte. Nie mehr.

Sie brachen wieder hervor, keine Ahnung, wo er all dieses Salzwasser hernahm, und Remus musste sich vornüber beugen und die Nase fest zwischen die zusammen gepressten Knie drücken. Es war, als müsste ihm eigentlich der Gesichtsschädel aufgesprengt werden, mit solcher Gewalt liefen ihm die Augen über, und er knirschte mit den Zähnen, um dieses jämmerliche Winseln zu unterdrücken. Es ging nicht. Wieso? Wieso war sie tot, wieso hatte ihr niemand helfen können, wieso nicht? Heiler! Heiler nannten sich diese unfähigen Idioten in St. Mungos! Nicht mal Linderung verschaffen konnten sie, gar nichts, ihm nicht, ihr nicht, Vater nicht, wem überhaupt? Es war ihm egal, wie ungerecht dieser Gedanke war, die Qual zu groß dieses Mal, um rational zu bleiben. Heute Nacht alles rauslassen, die Trauer, das Leid, die Wut darauf. Und der goldene Schlüssel schlug ihm hart gegen das Brustbein, wie er sich vor und zurück beugte, wieder und wieder, wie ein durchdrehendes Tier im Käfig.

Der Schlüssel. Das Geschenk seines Zaubermeisters. 'Er wird Ihnen nicht die Tore der Hallen öffnen'. Nein, das tat er nicht, sie blieben zu, vom Blutfluch versiegelt. 'Noch wird er Ihnen die Geheimnisse der Schriften enthüllen'. Wozu dann das Ganze? Was sollte er damit? Sinnlos! Völlig sinnlos, dieses Mistding, dieses überflüssige Stück Metall! Da unten drin, da unten unter der Wüste, da gab es die Lösung, da gab es das Heilmittel für seine Mutter, verdammt, für seine tote Mutter! Zu spät. Viel zu spät. Der Zorn, so ungerichtet, wo er nicht wusste, wer sie verflucht hatte, wo er nicht wusste, gegen wen er schlagen sollte, bahnte sich einen Weg, und mit heftig ziehendem Atem, pfeifend die Bronchien, wie sie sich gegen solchen Missbrauch wehrten, richtete er sich nur so weit auf, dass er sich an die Brust greifen konnte.

Das nassgeweinte Hemd beiseite zerrend, einen Knopf dabei abreißend vor Ungeduld, griff Remus auf seine bloße Haut und fand den Schlüssel, dieses hübsche Stück mit der rautenförmigen Reide, wie Blätter zu einem Baum, wie arabische Schriftzeichen, ägyptische Hieroglyphen ineinander verdreht und kaum lesbar auf diese Weise, und augenblicklich, so als fache sein hitziges Gemüt diese Glut nur noch mehr an, schlangen sich grüne Fähnchen aus magischem Dampf um sein Handgelenk und verbanden sich in rascher Spirale mit seinem Arm, als wolle der Schlüssel sich an ihm festhalten. Unnütz. Schuld daran. Schuld, dass er ihr nicht hatte helfen können, das Ding, hatte ihm nichts gebracht als eine feine, rötlich schimmernde Narbe zwischen seinen Schlüsselbeinen, die man nur dann sah, wenn man in nächtlichem Kerzenlicht auf seiner Brust lag (was niemand, niemand jemals tun würde – alles immer nur nie!).

Die Wut war jetzt stärker als der Schmerz. Weil die Wut leichter zu ertragen war. Sie hätte nicht sterben müssen, nicht so früh von ihm genommen werden müssen. Er hätte ein Heilmittel finden können dort unten in den Katakomben der Bibliothek von Alexandria! Er wusste das ganz einfach, es war so, es musste so sein! Schlimmer noch, grässlicher der bereits erlittene Verlust durch so grausamen Zufall, den Schlüssel in der Hand und dennoch nicht in der Lage, Einlass zu finden, wo dort noch jemand war, den er auf die selbe Weise verlieren würde. Der Fluch war tödlich. Es gab kein Entrinnen. Nichts konnte ihm helfen, nichts, obwohl er das Instrument in den Fingern so fest umfasste, dass es sich peinigend in die sehnige Hand trieb.

Der Impuls brach durch, und Remus zerrte mit einem einzelnen Ruck so gewaltsam daran, dass das Lederbändchen mit einem lauten Knall zerriss, so wie Achillessehnen platzten, wie ein geschlagener Gürtel, und es schürfte ihm die Haut im Nacken auf, doch das spürte er nicht. Ausholend, als wolle er einen Quaffel von einem Ende des Quidditch-Stadions zum nächsten werfen (immer davon geträumt, nie gekonnt, nie, schon wieder nie!), pfefferte er den Schlüssel, das so geschätzte, geliebte, gehegte Präsent seines Lehrers mit voller Wucht in die Ecke zwischen Türrahmen und Anrichte, dass ein Regen aus roten Splittern von den Ziegeln sprang, und dann brach er endgültig zusammen und konnte nur noch schluchzen, winseln, heulen, bis das Atmen zu schwer wurde, während sich die rechte Flanke seines Hemdes mit frischem Wundwasser rötlich-gelb verfärbte.

So fanden sie ihn, wie sie in den Garten apparierten, gut sichtbar durch die gläserne Verandatür, wie er dort auf dem Boden hockte, in sich selbst gekrümmt und zusammen gesunken, und sie kannten die Zauber, um in dieses Haus zu gelangen. Selbst kaum vollständiger angezogen, die Vorhut, während Pettigrew Wache schob im hohen Turmzimmer, dass man ihr Fehlen nicht bemerke, zwängten sich Potter und Black durch einen kurzen Spalt, vorsichtig, um weder ihn noch die Nachbarschaft aufzuschrecken. Kein Wort sprachen sie, wechselten nur Blicke voller Betroffenheit und Mitgefühl, ehe sie in die Knie gingen und sich auf ihn zubewegten, ihren Freund, ihren Kameraden, so zerbrochen und im tiefen Schock der Nachricht dieses Tages.

Tisch und Herd umrundend, näherte Sirius sich von der linken Seite, und James nahm den kürzeren Weg, robbte Stück für Stück an Remus heran, der weder aufhörte zu weinen, noch die Augen hob, um seine Zimmergenossen anzusehen. Er wollte nicht. Er hatte allein sein wollen, sie sollten ihn so nicht sehen, das war zu viel. Stark sein. Er war doch der Älteste, er musste doch. Aber es ging nicht. Und jetzt eh zu spät.

Potter kannte diesen Schmerz. Potter kannte dieses Gefühl, die eigene Mutter zu Grabe zu tragen, viel zu früh, noch nicht erwachsen genug dafür, nicht reif genug. Remus musste nichts sagen, musste sich nicht erklären, er ließ sich einfach neben ihm auf die kühlen Fliesen sinken und schob einen Arm unter seinem Rücken durch. Augenblicklich sackte der schlacksige junge Mann in seine Richtung, so schwer und haltlos, dass er seine Hand zur Hilfe nehmen musste, und statt seiner eigenen Unterschenkel umklammerten die Finger nun James' schmächtige Schulter. Die Augen schließend, wie ihm die eigenen Tränen kamen, eine Mischung aus Mitleiden und Selbstleiden – 'du fehlst, Mama' – legte James ihm den zweiten Arm um den Hals und stützte sein Kinn auf Remus' Hinterkopf.

All diese Kleinode da auf dem Boden. Sirius sah sie alle, sog in sich auf, wie sie angeordnet waren, die Kinderdecke aus hellblauer flauschiger Wolle, zusammengefaltet, der winzige Zauberdrache mit dem langen Schweif voller rot-gelber Fliegen daran, der Ring in seiner Schatulle, der Schlüssel dort vorn auf dem Boden. Er bückte sich und hob ihn auf, rote Schlieren aus Magie provozierend, und er kam mit viel zu lauten Lederschuhen ein paar Schritte näher, ehe er sich bückte und den so oft gesehenen Anhänger, immer an Remus' Hals, keine Ahnung, woher er den hatte (von seiner Mutter wohl?), zu den anderen Erinnerungsstücken legte.

Die bloßen Ellen ihres Freundes, die Ärmel hochgekrempelt, wie er in James' Armen weinte, waren gezeichnet von Kälte, und alles, was Sirius tun wollte, war, das von ihm zu nehmen, wenn er nur irgendwie konnte. Remus hätte das Gleiche für ihn getan, wenn nur ... Grimmig, schmerzlich huschte ein zynisches Lächeln über Blacks Gesicht. Er würde niemals so um seine Eltern trauern. Aber so wie Dorea Potter gut zu ihm gewesen war, so war es auch Isabel Lupin gewesen. Wie nur eine Mutter sein konnte.

Sich setzend schaute Sirius einen Moment zu, bevor auch er näher rückte und sich gänzlich an Remus' Rücken schmiegte, seine kräftigen Arme gleich um beide Freunde legte und einfach nur an seinem Nacken atmete. Und so blieben sie, während die Nacht fortschritt und die Sterne wanderten, und als die Sonne über die Hügel im Osten zu steigen begann, hockten sie immer noch dort zusammen, zu dritt, wie einer, und der Schmerz, geteilt, wurde klein und warm und versickerte so langsam, wie das Reißen der Verwandlung abebbte, wenn der Mann zwischen dem Hirsch und dem Hund ausruhte.


Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.

Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel

Twitter
HPXperts-Shop
DVD: Game of Thrones - 4. Staffel
[DVD] [Blu-ray]
Top-News
Suche
Updates
Samstag, 01.07.
Neue FF von SarahGranger
Freitag, 02.06.
Neue FF von Laurien87
Mittwoch, 24.05.
Neue FF von Lily Potter
Zitat
Wenn mir früher jemand erzählt hatte, was einmal alles passieren würde, hätte ich kein einziges Wort geglaubt.
Joanne K. Rowling