Forum | Chat | Galerie
 
Startseite | Favoriten
Harry Potter Xperts
Harry Potter Xperts
Startseite
Newsarchiv
Link us
Sitemap
Specials
Shop
Buch 7
Buch 6
Buch 5
Buch 4
Buch 3
Buch 2
Buch 1
Lexikon
Lustige Zitate
Gurkensalat
Hörbücher
Harry, A History
Steckbrief
Biographie
Werke
Erfolgsgeschichte
Interviews
Bilder
Harry Potter & Ich
JKRowling.com
Film 7, Teil 1 & 2
Film 6
Film 5
Film 4
Film 3
Film 2
Film 1
Schauspieler
Autogramme
Galerie
Musik
Videospiele
Downloads
Lesetipps
eBay-Auktionen
Webmaster
RSS-Feed
Geburtstage
Gewinnspiele
Twitter
Fanart
Fanfiction
User-CP
Quiz
Währungsrechner
Forum
F.A.Q.
Ãœber uns
Geschichte
Impressum

Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Wahnsinnswinter

von Teekon

Regenbogenglitzernd tanzte das Licht einer blassen, bleichen Wintersonne an strahlend blau schimmerndem Januarhimmel auf dem geschraubten, gewundenen Zauberstab aus klarem Wasser. Lang und ebenmäßig, wie behauen, wie geformt durch den Bildhauer Natur, verzierte Eiszapfen um Eiszapfen die kupfernen Fenstersimse der hohen, rundbogigen Gläser nach Südwesten hinaus, und jeder Tropfen der an ihren Enden hinab zu rinnen versuchte, gefror schon, noch ehe er die Spitze erreichen konnte. Die Strahlen aus kühlem Licht brachen sich an der Oberfläche und blitzten in Rot und Gelb und Grün und Violett wie klitzekleine Sternchen, als wollten die Gestirne darauf Schlittschuhlaufen. Herrlich schön anzusehen, stundenlange Beschäftigung, wenn man denn die Zeit dazu gehabt hätte.

Seufzend stützte Peter sein knubbliges Kinn auf die kurze Innenfläche seiner Hand, den Ellbogen fester in die Tischplatte neben seinen Büchern bohrend, und seine wässrigen kleinen Augen stierten durch die mit Blei verbundenen Butzenscheiben hinaus auf dieses Kleinod an winterlicher Eleganz. Lernen war doof. Und er war darin schon immer ungefähr so gut gewesen wie ein Vogel Strauß beim Fliegen. Juhu. Dabei war es so wundervoll da draußen. Ja, das war ein Wahnsinnswinter, kalt und schneereich wie seit Jahren nicht mehr, und jetzt, wo seit langem endlich einmal wieder die dichte, von Flocken schwere Wolkendecke aufgerissen war, breitete sich diese Pracht nur umso fabelhafter aus. Man mochte hinaus. Man wollte raus, raus, raus, Schneeballschlachten machen, Schlitten Fahren, einfach nur durch die Landschaft laufen, statt hier drin im stickig warmen Gemeinschaftsraum zu hocken und die Nase in Büchern zu versenken.

Die Luft war so trocken, dass das gesamte Tal von Hogwarts einem zu Füßen lag, selbst die entferntesten Giebelzinnen der Häuschen von Hogsmeade irgendwo da unten hinter den deutlich sichtbaren, dunklen Strängen der Bahnschienen, so scharf gestochen, als schaue man permanent durch ein Fernrohr oder habe einen Admovere-Zauber angewandt. Geschmolzenes und sofort wieder überfrorenes Eis bedeckte die schwarzen Schindeln der Dächer, und die Straßen und Wege präsentierten sich als doppelt angelegte Bänder, wie sie sich über die Hügel und darum herum schlängelten, um zwischen den Mauern und kahlen Hecken zu verschwinden.

Und der See! Oh, der See, er war das reinste Wunder! Bis auf einige wenige Stellen, an denen die dicken, wie aus Zuckerglasur übereinander gestapelten Schichten aufgebrochen worden waren (entweder von der Riesenkrake, den Meermenschen oder Dumbledore beim Eisfischen), zeigte er sich als eine einzige, große, runde Fläche aus darüber gezogenen Schleifen und Kreisen und Figuren, die von geschärften Kufen gezeichnet worden waren. Seine auslaufenden Enden gingen dabei unter Schneewehen verloren.

Erneut konnte Mr. Pettigrew nicht anders, musste tief Luft holen und sie pfeifend durch seine enormen Schneidezähne hindurch hinaus lassen, dass es fast klang, als wolle er einen Slytherin'schen Quidditch-Spieler ausbuhen. Ach, wieso musste das Leben so kompliziert sein? Wieso konnte er nicht so leicht und einfach wie die Anderen an Wissen kommen, wieso musste er, als einziger von ihnen, so früh anfangen, für seine NEWT-Klausuren zu büffeln? Und sein Blick glitt endlich für einen winzigen Moment ab, um schielend das Pergament direkt unter den Stummelfingerchen seiner Linken zu erhaschen. Eine ordentliche, gut ausgetüftelte Tabelle mit Zeitangaben und aufgelistetem Lernstoff, farblich markiert und sogar mit Pausen versehen, und trotzdem kam er nicht umhin, mehr als nur im Hinterkopf zu spüren, dass es dennoch niemals reichen konnte. Egal, wie oft die Jungs sagten, er würde das schon packen – hatte er ja schließlich bei den OWLs auch hingekriegt – Peter konnte es nicht glauben.

Aus dem Augenwinkel, mit dem Hintern auf die breite, steinerne Fensterbank über dem Tisch, das eine Bein mit dem Köcheln auf dem Knie des anderen liegend, beobachtete der schlacksige junge Mann den dicklichen Kerl auf seinem Stuhl, halb versteckt hinter einem Stapel Bücher, der so hoch war wie ein ganzes Nachtschränkchen. Den rechten Fuß ohne Schuh gegen die Rückenlehne des größten Sofas gestützt, nutzte Remus Lupin seinen eigenen Körper als Schreibpult, wo nicht ein einziges der tatsächlichen Möbelstücke zur Zeit frei war. Aber er hätte sich vermutlich sowieso nicht daran gesetzt, denn die Tische befanden sich viel zu weit weg von ihrer üblichen Lümmelecke. Direkt an den Auf- und Abgängen zu den Schlafsälen gelegen, gleich vor dem lodernden Kaminfeuer, hatten sich die Rumtreiber und das Mädchen in ihren Reihen ausgebreitet, um sich auf die Vorprüfungen vorzubereiten, und auch wenn sie das eher halbherzig taten, durfte es niemand wagen, sie zu stören.

Ganz blass war der knirpsige Pettigrew, und das lag nicht an zu wenig Sonneneinstrahlung, wusste Remus genau, und er wechselte den Federkiel in die rechte Hand und streckte die andere aus, um die fussligen, dünnen Härchen in flachsigem Blond kräftig durch zu wuscheln. Zuerst erschrocken über die unverhoffte Berührung den kugeligen Kopf zwischen die Schultern duckend, wachte Pete auf, und sofort schoss Farbe in sein Gesicht, und er musste kichern. Erwischt. Von oben auf ihn herabgrinsend, zwinkerte Remus und versprach gleichzeitig mit einer kurzen Geste, gerader Zeigefinger vor die Lippen, dass er den anderen nichts von Wurmis erneuten Zweifeln erzählen würde. Dankbar darüber wischte Peter sich ein paar der jetzt wirr herunter hängenden Stirnsträhnen aus dem Blickfeld, beförderte sie mit einem Schwung des Halses wieder nach oben und lächelte fast schüchtern. Er wollte das nicht schon wieder hören, diese ganzen, halb an den Zehennägeln herbeigezogenen, halb schon ironischen Gründe seiner Freunde, warum er die NEWTs hervorragend bestehen würde. Und wenn sie noch so lieb gemeint waren.

Es bekam sowieso keiner etwas mit. Lang auf dem Sofa ausgestreckt, die Füße in herrlich warmen, gestrickten Socken aneinander reibend, stützte James Potter seinen Kopf mit dem eigenen, nach hinten angewinkelten Arm, während die zweite Hand ein dafür viel zu schweres Buch an der oberen Falz festhielt. Zwischen ihn und die hohe Lehne hatte sich Lily gequetscht, so wesentlich bequemer, mit der Schläfe auf seiner Achsel, konnte sie ihr Buch auf seiner schmalen Brust ausbreiten und mit müden Augen Zeile für Zeile durchgehen. Ihren Gesichtern quasi gegenüber, kauerte Sirius Black auf einem der Sitzhocker, den Rücken zum Kamin, und er war so weit vorgebeugt und in seine eigene Lektüre vertieft, dass er kaum merkte, wie er näher und näher auf die Zehen seines besten Freundes zu nickte. Was genau er da las, konnte Remus von seinem Standort aus nicht erkennen, aber was auch immer es war: Er würde ihn jetzt unterbrechen.

„Black,“ sagte er auffordernd, wartete einen kurzen Moment, bis Tatze, begreifend, dass er gemeint war, brummend den Kopf hob, und deutete bereits an, was er vorhatte. Das feste, doppelt genommene Pergament, das er auf seinem Oberschenkel ausgebreitet beschriftet hatte, an einer Kante packend, vollführte er eine noch nicht komplette Drehung seines Handgelenkes, und Sirius klappte sein Buch zu und richtete sich auf. Mit einem festen Kopfnicken in Lupins Richtung bestätigte er, bereit zu sein, und augenblicklich gab Remus dem Papier kräftig Schwung und beförderte es – volley – in einem Bogen in Sirius' Hände. Die dichten Brauen hoch lupfend, bedankte sich der Lockenkopf, rotierte den Plan in seinen Fingern und senkte die dunklen Augen, um einen prüfenden Blick auf sein eigenes Curriculum für die NEWT-Wiederholungen zu werfen. Remus wartete gar nicht erst auf ein Urteil, griff neben sich auf die Fensterbank und schnappte sich damit das letzte verbliebene Pergament, auf dem er seine eigenen Ideen für erfolgreiches Lernen niederschreiben wollte.

Eingehend die einzelnen Spalten abfahrend, erst nur mit den Augen, dann auch mit den Fingern, um ganz sicher zu gehen, dass er nicht verrutscht war und sich wirklich nicht vertat, zuckte Sirius' flaumbedeckte Oberlippe hin und her, bis er missmutig grunzend den Hals zurückzog und sich so schwungvoll das Kreuz durchdrückte, dass die Spirallöckchen flogen. „Remus!“ verlangte er nach Aufmerksamkeit, fast genau so, wie der Älteste es gerade noch umgekehrt getan hatte, wenn auch wesentlich höher in der Satzmelodie. Sich gar nicht daran störend, tippte Lupin schon mit dem Zauberstab auf seiner Vorlage herum, erschuf damit wunderbar dupliziert das bereits patentierte Tabellensystem für Rumtreiber-Lernpläne und gab nur ein zustimmendes Geräusch von sich. Peter stierte derweil schon wieder seufzend aus dem Fenster, und James und Lily, der junge Mann mit den langen, kupferschimmernden Haaren spielend, rührten sich nicht einmal.

Lautstark mit dem Nagel seines Zeigefingers gegen das Papier schnippend, zog Sirius die Beine etwas mehr unter sich. „Wieso muss ich mit Kräuterkunde anfangen?“ protestierte er, und auch wenn Krone nur mit einem Ohr zuhörte, musste er gleich ein wenig grinsen und hob sein Buch höher, damit Sirius das nicht sehen konnte. Die Antwort konnte er sich schon denken, und sie kam augenblicklich, ohne dass Remus von seiner Arbeit aufsah. „Weil Du es hasst.“ Schnippisch, als wäre er Mafalda Gainsworth, quiekste Black und drückte ein merkwürdiges Schnarren aus der Kehle. „Und deshalb ist so wenig Astronomie eingetragen, oder wie?“ Als wäre das selbstverständlich, bestätigte Remus mit einem „yup“ und widmete sich dem Stapel an Notizen zu seiner Linken, um sie mit dem Daumen durchzugehen und sich zu entscheiden, aus welchem Fach er selbst nun mehr zu büffeln hatte.

Gar nicht damit einverstanden und offenbar den Sinn nicht begreifend, aber schon halb amüsiert, weitete Sirius die Augen und knurrte schon wieder. „Soll mich das irgendwie motivieren?“ vermutete er dahinter einen typischen, kranken Moony-Gedanken, und dieses Mal war Lilys Kichern zu laut. Sofort wandte sich Black den Zweien auf dem Sofa zu und stemmte die Hand in die Hüfte, aber James antwortete für seine Freundin, ohne den Blick von seiner Lektüre zu nehmen. „Für Astronomie brauchst Du nicht zu lernen,“ befand er, lugte nur für Millisekunden über den Einband hinweg und rollte mit den Pupillen, worauf Sirius die Lippe verzog, bis die Nasenflügel automatisch folgten. Na gut. Das war schon irgendwie richtig. Da schlug ihn niemand. Aber trotzdem. Kräuterkunde war echt Scheiße, und da hatte er so gar keine Lust zu. Gerade als er erneut dagegen aufmucken wollte, sah er die Zeiteinteilung am äußersten Rand, und sein ganzes Gesicht hellte sich auf. „Hey, ich muss erst im März anfangen!“ freute er sich, als wäre eine Ausarbeitung von Moony ein absolut narrensicheres Unterfangen und müsste mindestens so gut klappen wie ein Schachspiel gegen einen Dreijährigen.

Die Erwähnung allein reichte aus, um Peter schon wieder eines dieser Pfeifgeräusche herausquetschen zu lassen, und dieses Mal stützte er das Kinn gleich in beide Hände und faltete die Finger, selbst in menschlicher Gestalt so sehr an seine durchscheinend rötlichen Rattenkrallen erinnernd, gegen seine Wangen. Oh Mann. Er dagegen durfte nicht so lange warten. Wenn es nach Remus gegangen wäre, hätte er am besten schon gestern angefangen. Nein, natürlich nicht. „1. Februar 1978,“ stand ganz dick unterstrichen auf dem grün unterlegten obersten Kästchen links in der Ecke, und dennoch kam es ihm vor, als wäre das ein rechtskräftiges Urteil, das ihn zu seinem Haftantritt bestellte. Gerade mal drei Wochen bis dahin. Aber Moony hatte schon recht: Er sollte rechtzeitig anfangen, wenn er sich nicht Arbeit aufladen wollte, derer er nicht Herr werden könnte. Welch eine Last. Es musste sein. Er konnte niemanden enttäuschen, sich nicht, Mutter nicht, seine Freunde nicht, und die am allerwenigsten. Aber dann wieder ... Einen klaren Gedanken zu fassen, war ihm kaum möglich. Was hatte man denn schon von guten Noten, wenn der Krieg da draußen wütete und einen nach dem anderen dahin raffte? Und überhaupt. Wen würde das noch interessieren, wenn ...? Ja, wenn.

„Als wenn Du pünktlich anfangen würdest,“ bezweifelte James wie nebenbei, immer noch starr die Augen auf sein Buch gerichtet und anschließend herzhaft gähnend. Fast demonstrativ hob er dabei den schweren Wälzer höher und präsentierte die abblätternden, goldenen Lettern des Titels. „Das Wunder der Verwandlung“. Sein Lieblingsfach. Was für Sirius Astronomie war, war für Potter der Unterricht bei Professor McGonagall. Und Black brauchte kein zweites Mal auf sein Pergament herunter zu schauen, um jeden Zweifel daran zu haben, dass Remus ausgerechnet bei James die Strategie geändert haben sollte. Erbost und mit offenem Mund einen Finger ausstreckend, deutete er hastig auf den schönen, verzierten Einband und stammelte. „Schummler! Schummler!“ Aber James rutschte sich nur tiefer in seiner Sofaecke zurecht, zog damit Lily halb mit sich und feixte summend.

Während Sirius sich aufstemmte, fast den Hocker verließ und näher kommen wollte, um seinem besten Kumpel diese Wunschlektüre weg zu nehmen, seufzte Lily und schüttelte den Kopf, griff unerwartet und damit zu überraschend für ihren Freund zwischen die aufgeschlagenen Blätter und enttarnte seine Mimikry erfolgreich. Was sie da zu Tage förderte, war ein wesentlich schmaleres, gebundenes Heftchen, das so oft aufgeschlagen und durchgeblättert worden war, dass der Buchrücken schon ganz weich und fransig war, und ihren zierlichen Arm ausstreckend, zeigte sie ihnen allen, wie grässlich verlogen der Schulsprecher doch sein konnte. „Alle mal hersehen!“ proklamierte sie, schaute dabei nicht einmal hoch und klang eher gelangweilt als reuevoll. „Quidditch-Taktiken für die kalte Jahreszeit“. Ein Büchlein voller Zeichnungen und fast vollkommen ohne Text. Und sogar der in Gedanken versunkene und sorgenvoll grübelnde Peter musste fürchterlich kichern und sich eine Hand vor den Mund halten.

„Bildung kommt von Bild,“ meinte Remus dazu, kratzte sich am Bärtchen und verdeckte damit den amüsiert hochgezogenen Mundwinkel und übertrug Stunde um Stunde in seinen Lernplan für die letzten großen Prüfungen. Als wenn er das nötig gehabt hätte. Mit den Augen rollend streckte James in die Runde die Zunge heraus, bevor er sich zwinkernd Näherliegendem widmete und Lily zärtlich mit den Lippen über die Stirn wischte. „Laut Plan hab' ich noch massig Zeit,“ verteidigte er sich und benutzte den Verwandlungsschinken statt als Tarnung lieber als Barriere gegen neugierige Blicke. Ein angewidertes Geräusch machend, schüttelte Sirius sich, und Peter errötete, obwohl er hinter der hohen Sofalehne gar nichts sehen konnte.

Das war nicht nur für die Rumtreiber die reinste Zwickmühle – hinsehen oder wegschauen – sondern auch für alle anderen Anwesenden im Gemeinschaftsraum im hohen Turm von Gryffindor. Eigentlich war jeder Sitzplatz belegt, alle Sessel, die kleinere Couch auf der anderen Seite des niedrigen Tischchens, alle Pulte und Stühle, die sich an den Wänden entlang zogen, und sogar auf dem Boden hockten die Grüppchen bei einander. Nun, so war das eben im Winter, und auch wenn, wie heute, die Sonne so wunderbar schien, konnte man sich nicht allzu lange da draußen herum treiben. Dazu war es einfach zu eisig. Sicherlich, da unten auf dem See zogen noch immer ein paar der jüngeren Schülerinnen und Schüler ihre Kreise, und hätte man die Fenster geöffnet gehabt, so wäre das Johlen und Gröhlen von der großen Wiese zum Stadion her zu ihnen herauf gedrungen. Trotzdem. Gerade die Älteren versammelten sich lieber hier oben, denn es war nicht Wochenende, und damit war Hogsmeade auch für sie tabu.

Früher war das anders gewesen. Volljährige hatten das Gelände außerhalb der Unterrichtszeiten jederzeit verlassen dürfen, doch das war nicht mehr möglich, das verstieß gegen die „neuen“ Regeln, gegen den „Ausnahmezustand“, wie nicht nur die Bewohner des obersten Turmzimmers diese Situation bezeichneten. Eines allerdings musste man schon sagen, und Remus lehnte sich genüsslich gegen die klirrend kalte Scheibe in seinem Rücken, wie er seufzend den Hals reckte und in das hohe, blitzblaue Firmament schaute: Es fühlte sich besser an als die letzten Wochen.

Die Sonnenwende war vorüber. Man spürte das jetzt, deutlich, wie es von Tag zu Tag heller wurde, wie die Stunden der Nacht sich verkürzten, und auch wenn da draußen noch für viele Wochen der Winter anhalten würde mit Eis und Schnee und schneidendem Wind, so ging es doch aufwärts. Das konnte der Dunkle Zauberer nicht aufhalten, das konnten diese Schwarzmagier, die sich „die Todesser“ nannten, nicht verhindern, dass sich die Erde weiter drehte und die Jahreszeiten wechselten. Frühling und Sommer würden zurückkehren, und wie sie das immer tat, ließ diese Tatsache Hoffnung in den Herzen aufkeimen. Obendrein war es still geworden an der Front zwischen den Jahren, war nichts Schreckliches geschehen, wie es zuvor fast täglich passiert war, und obwohl sie alle wussten, wissen mussten, dass es sich dabei nur um vorübergehenden Waffenstillstand handeln konnte, half es doch, die Dinge etwas klarer, etwas leuchtender, etwas positiver zu sehen. Zumindest, was den Krieg anbelangte.

Und überhaupt. 1978! Junge, wie die Zeit vergangen war. Das hier waren ihre letzten Januartage in Hogwarts, nie wieder würden sie hier oben sitzen an einem 3., an einem 4., an einem 5., und jeder Tag, der verstrich, war „der Letzte“ seiner selbst. Natürlich spürte man das. Aber dass es so offensichtlich, so präsent sein würde, das hatte keiner der hier anwesenden Siebtklässler je erwartet. Es führte einem vor staunende Augen, wie sehr man diesen Flecken hier doch verinnerlicht hatte, welch großen Teil die Schule, das Schloss, das Haus, die Schlafsaalgemeinschaft eingenommen hatten in ihrer aller Leben. Man mochte nicht daran denken, wie rasch der Juni kommen würde, wie bald schon man wieder mit schlotternden Knien da unten auf den Holzbänken im Foyer warten würde, bis man eingelassen wurde für die Klausuren und Prüfungen. Und wenn es nun doch auch so fern scheinen mochte: Ein Fingerschnippsen genügte, und schon stand man im Talar in der Großen Halle und bekam ein allerletztes Zeugnis. Und dann einen Schubser hinaus in die Welt.

Ein ganz seltsamer Schauer aus Stolz und Angst und Fernweh und Sehnsucht nach ewiger Verbundenheit mit Hogwarts kribbelkrabbelte Remus' Rückgrat hinauf, und er unterdrückte das Schütteln, um es noch einen Herzschlag länger zu genießen. Was ein Gefühl. Sich mit dem Fuß fester gegen die Sofalehne stemmend, hätte er das Möbelstück beinahe mitsamt den beiden darauf Liegenden von sich weg geschoben, und gleichzeitig musste er den Hintern mehr gegen die Scheibe und den Steinsims pressen, damit er nicht herunter fiel. Wenn die Sonne so schön vom Himmel strahlte, dann war das echt ein Wonneregen. Wenn es aber dunkel und stürmisch war, oder wenn endlose Vorhänge aus dichtem, kaltem Regen fielen, dann nicht, nein, dann lieber Kamin und Butterbier und an irgendwas Anderes denken. Wie wunderbar das Licht mit dem Schnee spielte. Die Peitschende Weide schaute aus, wie mit einer dichten Lage Puderzucker bestreut. Zum Reinbeißen fast. Sollte noch was davon da sein, in drei Wochen. Er musste kichern und schüttelte den Kopf, um es zu unterdrücken. Keine Lust, das jetzt zu erklären.

Sich wieder seinem Lernplan widmend, beugte Remus den Hals nach vorn und griff nach dem zu einer Winzigkeit zusammengeschrumpften Federkiel, um der sorgfältig aufgetragenen Tabelle den letzten Schliff zu geben, während Sirius beschloss, statt Büchern lieber auf Kekse zurückzugreifen und dabei endlich bemerkte, wie dicht vor seiner Nase sich Potters Füße befanden. Nur am Rande seines Gehörs bekam Lupin das mädchenhafte Kreischen mit, das heftige Klatschen und den erschrockenen Schmerzenslaut, bevor Lily schallend los lachte und Potter fast vom Sofa fiel. Na, wenigstens hatte er keinen auf Tatze gemacht, da konnte James wahrlich froh sein.

Jetzt hatten sie alle ein so hübsches Pergament mit lauter bunten Farbklecksen drauf, die ihre unterschiedlichen Fächer darstellen sollten, und das ganze noch einmal zufrieden beäugend, pustete Moony über die Tinte, dass sie doch besser und schneller trocknen möge. So ungern er das auch zugab (und es niemals laut gesagt hätte): James hatte Recht. Sie hatten Zeit, es gab keinen Grund zur Eile. Man sollte die paar Wochen, die man hatte, noch mit irgendwas Anderem verbringen, irgendetwas, das mehr Spaß machte als das Auswendigpauken von Flitwicks angeblich hoch wirkungsvollen Zaubersprüchen oder das Auseinanderpflücken von Hypericum-Schösslingen, etwas, das obendrein auch noch nützlich war. Wie zum Beispiel Kampftraining im Wachraum. Oder arabische Kalligraphie. Oder ein bisschen Legilimentik für den Hausgebrauch. Oder noch besser: Einen Ausflug in die Küche!

Noch ehe Remus sich den Bauch hatte reiben können, vernahm Peter, so gleich neben ihm, das zaghafte Knurren eines Magens, und wie in einem Rudel üblich, spitzte er sofort die Ohren und witterte die Chance, seinem Schicksal zu entkommen. „Mittagessen!“ rief er aus, und wie konnte es anders sein? Augenblicklich ließ Black einen vom Weihnachtsfest übrig gebliebenen Keks zurück in die Schale fallen. Man konnte ihm regelrecht zu sehen, wie sich jeder einzelne Wirbel aufrichtete und die blinkenden Abbilder diverser Esswaren auf seinen Hornhäuten zu schimmern begannen, während Potter seine beiden Bücher zugleich mit lautem Knall zusammenschlug und richtiggehend von sich fortwarf. In der selben Bewegung schlang er den einen Arm, der bisher seinen Kopf gestützt hatte, um die Schulter seiner Freundin und stemmte sie beide zusammen auf. „Exzellente Form, Mr. Pettigrew!“ befand er, und Lily seufzte nur augenrollend. „Fressköpfe seid ihr.“

Die vier jungen Männer ringsherum grinsten wie auf Kommando. Ja. Hatte sie nicht ganz unrecht. Aber sie sagte doch selbst immer, sie – abgesehen von Pete – bräuchten dringend mal ein bisschen mehr Materie. Remus rutschte bereits mit dem Hintern vom Fenstersims, dabei in seinen zweiten Schuh schlüpfend, Peter schubste den Stuhl, auf dem er gesessen hatte, fast gewaltsam von sich, und Black hatte schon den halben Gemeinschaftsraum durchquert, mit ausladendem Arm winkend. „Nun kommt schon!“ konnte er es mal wieder nicht abwarten, und James half seiner Freundin einigermaßen galant auf die Füße. Ein geschicktes „Amittere“ sorgte dafür, dass niemand den ganzen Kram an Schulmaterialien hinauf ins Zimmer schaffen musste, und schon konnte man sich den angenehmeren Dingen des Lebens widmen. Dingen wie Leberpastete, Plumpudding, Hühnerbeinchen und Gemüsesuppe.

Als wäre es der Aufruf für alle gewesen, schien halb Gryffindor, hier oben in ihrem Gemeinschaftsraum versammelt, mit einem Mal aufzufallen, welche Uhrzeit längst heran geschlichen war, und wer noch vor den Nachmittagsstunden etwas Nahrung zu sich nehmen wollte, der raffte sich ebenfalls auf. So fiel es nicht auf, so war es leichter und so machten sie es oft, denn so unbeschwert sie auch nach außen erscheinen mochten, so sehr sie auf- und untergingen in der Masse ihrer Mitschüler, so waren diese fünf jungen Leute doch immer auch noch versteckte Mitglieder einer geheimen Organisation, stets auf der Suche nach Rekruten, immer vorsichtig und bedacht. Und wie Lily Evans in dem engen Durchgang zum Porträt der fetten Dame den Arm von Emmeline Vance unterhakte und ihr leise zuraunte, an welcher Büste sie nach Zapfenstreich zu warten hatte für ihren großen Tag, das bekam so niemand mit.


Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.

Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel

Twitter
HPXperts-Shop
Buch: Der Heckenritter von Westeros: Das Urteil der Sieben
Top-News
Suche
Updates
Samstag, 01.07.
Neue FF von SarahGranger
Freitag, 02.06.
Neue FF von Laurien87
Mittwoch, 24.05.
Neue FF von Lily Potter
Zitat
Meine Nichten und Neffen wollten unbedingt die Dreharbeiten besuchen, um ihren Onkel Ralph als Voldemort zu erleben. Als sie schließlich kamen, erkannten sie mich gar nicht!
Ralph Fiennes