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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Ein Morgen im August

von Teekon

So früh am Morgen leuchtete der Himmel noch von soeben erst über den Horizont geklettertem Sonnenschein. Bleich und klar hing die Scheibe über den Hügeln im Osten, schickte glitzernd goldene Strahlen über die satt grünen Täler, wo nur in den obersten und höchsten Gipfeln die ersten Blätter ihre Farben wechselten. Rankender Wein und wilder Efeu entfalteten zuerst ihr Herbstkleid, und früh kam die kühlere Jahreszeit dieses Mal, obwohl der Sommer heiß und trocken gewesen war. Noch immer regnete es selten, heizte sich der Tag wunderbar auf und lud zu ausgedehnten Streifzügen durch die herrliche Landschaft ein, doch des Abends zogen die Nebel von den vielen Flüssen und Teichen und Wasserfällen auf und deckten Wales wie mit einer sanften, weichen, feuchten Decke zu.

Auch jetzt noch lag dichter Dunst über den Mulden, ausgezogene Fähnchen aus verfliegendem Nass wie Zuckerwatte davon aufsteigend, während Rotten von Rebhühnern aus den Ginsterbüschen krochen und mit rauschenden Flügeln aufstoben. Atem wie Dampf vor den Nüstern, schritten stolz die Hirsche über die langen, nach und nach steiler aufsteigenden Hänge in wärmere Gefilde, wo die Sonne schon mit zärtlichen Fingern aus gebündeltem Licht über die taubedeckten Gräser spielte. Darunter fiel das Land ab wie eh und je, unaufhaltsam und wie ein Schlitten im Schuss auf die Küste zu, um einfach unter den brandenden Wellen zu verschwinden und die Bucht zu bilden, die schließlich zum Keltischen Meer wurde.

Das Dorf fand man irgendwo dazwischen, umgeben von aufschießenden Bergen mit hervorbrechenden Felsen, deren Mineralgehalt blitzte und blinkte im aufziehenden Tag, und dennoch die Aussicht genießend über die Ebene um Caerdydd. Noch zu zeitig, ausgenommen für die Bauern, um großartig bevölkert zu sein, und nur die Traktoren ratterten bereits über die schmalen Feldwege zur Ernte hinaus auf die Felder am Fluss. Aber sonst huschten nur Hofkatzen über die wenigen gepflasterten Straßen und die engen, unbefestigten Pfade von Godric's Hollow. Ihre liebste Zeit des Tages war das gewesen. Früh raus und die wunderschönen Blumen in ihren Kübeln und den langgezogenen Rabatten rund um ihr Häuschen gießen, die Strauchrosen und Dickichte aus Pfefferminz und Elfenschuh, und die Kaninchen füttern, noch ehe der Bäcker auf dem Marktplatz seine Ladentür aufschloss.

So still im Haus. So einsam. Obwohl die Vögel zwitscherten in dem versteckten Garten zwischen der Scheune und dem Cottage der Potters, die geviertelten Fenster genau so geöffnet wie der obere Teil der Klöntür, und die frische Morgenluft waberte in würzigen Brisen in die Küche. Der große Teekessel stand auf dem Herd auf einem kleinen Feuerchen, genau so wie immer, und der Geruch von gebratenen Würstchen und Spiegeleiern mischte sich unter den herben Duft des Gebräus, aber wirklich viel essen würde niemand. Jedes Zimmer mit Gästen belegt, und trotzdem war es merkwürdig ruhig. Kein Geschirr klapperte. Niemand summte beim Decken des rechteckigen Tisches, der magische Rundfunk war aus. Weil eben nicht alles war wie sonst an einem so schönen Morgen im August.

Sie würden hinunter gehen, noch bevor das Dorf auf den Beinen war, zu der kleinen Kirche mit dem dahinter liegenden Friedhof und sich dort versammeln. Wohl bekannt in der Zauberergesellschaft war sie gewesen, von Geburt her bereits, aus dem traditionsreichen Hause Black stammend, aber auch die Familie, in die sie eingeheiratet hatte, einflussreich und landauf, landab geehrt und geachtet. Sich selbst einen Namen gemacht hatte Dorea Potter, wenn sich auch kaum jemand daran erinnern konnte (oder wollte), dass 'Rea' eben nicht ihr vollständiger Rufname gewesen war. Freundlich und freundschaftlich hatte sie jeden, egal ob reinblütig oder muggelstämmig, sogar überhaupt nicht magisch begabtes Volk behandelt, hilfsbereit und immer dabei, sollte irgendwo jemand gebraucht werden. Auch wenn sie ihre Bestimmung eher außerhalb der Öffentlichkeit gesehen hatte.

Hier hatte sie sich am wohlsten gefühlt. Weitab ihrer eigenen Sippe, die größere Städte und repräsentativere Heime bevorzugte, auf dem Land bei ihrem Ehemann und ihrem einzigen Sohn. Dem 'Letzten der Potters' von Godric's Hollow. Charlus war hier aufgewachsen, hatte Zeit seines Lebens hier verbracht, sofern er nicht in Hogwarts die Schule besuchte oder in London arbeitete. Es ging nicht um Prestige für sie oder Ansehen oder auch nur eine großartige Stellung. Keinerlei Schande oder Verschwendung ihrer hervorragenden Talente hatte sie darin gesehen, eben hier ihr Heil zu suchen, zwischen Pflanzen und Blumen und in Backsteinen gefasster Küche, in dörflichen Feierlichkeiten und als Mutter. Denn niemand konnte einen Apfelkuchen backen wie Dorea.

Darüber nachzudenken schmerzte. Zu plötzlich, zu unerwartet, viel zu jung. Eine Hexe wie sie, so begabt und wundervoll, das konnte und durfte nicht sein. Und dann wieder. Er drehte die Tasse in der Hand, aus der sie immer getrunken hatte, ihre eigene, ganz für sie allein, und er musste sie heute Morgen auf den Frühstückstisch stellen, damit jeder überhaupt eine bekam. Es widerstrebte ihm mehr, als er sich vorgestellt hatte. Doch bloß eine Tasse. Bloß ein dummes, blödes Stück Porzellan. Immer wenn sie darauf bestanden hatte, nur dieses eine Stück haben zu wollen, der Rand oben schon ganz dünn geworden, die Oberfläche so herrlich glatt, wie er es nun zum ersten Mal zu spüren schien, hatte er sie ausgelacht. „Tasse ist Tasse,“ hatte Charlus behauptet. Das war sie nicht. Es war ihre Tasse.

War das nicht oft so gewesen in den vergangenen Jahrzehnten? Die Blacks mochten großartige Zauberer sein, jeder für sich eine Mauer, unschlagbar und talentiert, zu halben Wundern befähigt. Und dennoch wie Blätter im Wind, zu laut, zu schnell, zu stark, zu stolz. Immer vorne weg, immer die ersten in jeder Frontlinie, und keiner von ihnen hatte die 100 erreicht in mehreren Generationen. Man musste nicht darüber grübeln, wieso das so war. Nur den Jungen anschauen brauchte er, selbst in dieser Phase des zur Ruhe Kommens, der stillen Trauer. Sirius Black, engster Freund seines Sohnes, war das beste Beispiel für eine solch kühne These. Sie forderten es heraus. Sie wollten es so, schonten sich nie, verbrannten lichterloh wie Sterne und verglühten auch so, plötzlich, ohne Vorwarnung. Wie Rea.

Charlus hielt sich mit einer Hand an der Anrichte fest, den Becher vorsichtig, langsam, fast geräuschlos auf dem Tisch neben einem der vielen Teller abstellend. Ja, sie beide waren nicht die Jüngsten gewesen, als James das Licht der Welt erblickt hatte, späte Erfüllung lang gehegter Träume und für seine Mutter das größte Glück und ein zu behütender Schatz. Vielleicht hatten sie es manchmal übertrieben. Gelegentlich zu viel Freiheiten gewährt, zu viel Lauf gelassen, aber im Großen und Ganzen doch ganz gut geraten, der Junge. Eine fabelhafte Zukunft voraus mit seinen schulischen Leistungen, seinem Talent, seinem gesegneten Schicksal, Quidditchkapitän seiner Hausmannschaft, fünf Mal nun hintereinander Gewinner des Pokals, beliebt und zufrieden und gleichzeitig dennoch eingebettet in einen Freundeskreis, so eng zusammen geschweißt und bedingungslos, wie man es sich nur wünschen konnte. Sie hatten etwas erreicht, viel mehr und viel wichtiger als irgendwelche Fälle und Klienten vor dem Zaubergamot in London.

Es tat gut, ihn so zu sehen, trotz der blassen Wangen und der viel zu deutlich hervorstechenden, wie immer vollkommen wirren Frisur der dunklen Haare, wie James die Stufen herunter schritt. Denn er war nicht allein. Das Mädchen war bei ihm, diese unglaubliche junge Hexe, von der er so viele Jahre nur geschwärmt hatte. Lächeln musste Charlus, durch die Trauer hindurch, wie aufrecht und stark diese Dame mit den drachengrünen Augen durchs Leben schritt. Obwohl auch ihr die Traurigkeit ins Gesicht geschrieben stand, knickte sie nicht ein, sondern blieb kerzengerade und wuselte flink durch das Haus, als wäre sie hier geboren, übernahm jede anfallende Arbeit und entlastete die beiden zurückgebliebenen Männer auf wundersamste Weise. Sie hatte das Frühstück gemacht, während man sich oben noch umgezogen hatte.

Lily, das war ihr Name, wie die Lieblingsblumen der Liebe seines Lebens. Das konnte kein Zufall sein. Und mindestens so schön war sie obendrein, die gertenschlanke Gestalt, das lebende Kupfer auf ihren Schultern, heute zusammengesteckt und gebändigt, wie sie an James vorbeiflog und ihm einen flüchtigen, aber zärtlichen Kuss auf die Ohrmuschel hauchte. Dem Jungen huschte ein gequältes Lächeln über die Mundwinkel, und er drückte ihre Hand, ehe sie vorbei war und lautlos wie eine Elfe auf ihren hochhackigen Schuhen über den Steinboden hinüber in die warme Küche geschlüpft war. Seltsam, das, wie leicht man ihr die Verantwortung überließ, wie einfach es war, sie organisieren zu lassen, auch wenn man sie gar nicht kannte. Charlus mochte das. Es war wie ein Fingerzeig der Seele, der einem ohne große Überlegungen deutlich machte, wie sehr sie bereits zu ihnen gehörte. Hierher. In dieses Haus, in diese Familie. Und darauf war er jetzt schon stolz.

Gemeinsam, gleich hinter einander die schmale, steile Treppe ins Obergeschoss herunter schreitend, erschienen die beiden besten Freunde zuerst im Wohnzimmer, wo der kleine runde Couchtisch vor dem an das Flohnetzwerk angeschlossenen Kamin so viele Abende lang Tee und Gebäck für ein Ehepaar bereit gehalten hatte. Nie ganz erwachsen, trotzdem reifer als manch wesentlich älterer junger Mann, legte Sirius Black dem vorausgehenden Jüngeren dabei seine Hände rechts und links auf die Schultern, halb schiebend, halb stützend, und James wehrte sich nicht dagegen. Nur teilweise geistig anwesend, schien es ihm eher ganz gelegen zu kommen, dass Mr. Black ihn vorwärts dirigierte und ihm den Weg wies, bis er sich wie ein nasser Sack auf einen Küchenstuhl fallen lassen konnte.

Selbst als alle versammelt waren, aß niemand wirklich etwas. So schön gedeckt, so gut gekocht, alles da, was das Herz nur begehren konnte, von Tee über Kürbissaft zu Hörnchen mit Marmeladen und Speck und Ei und Toast, aber es ging nicht herunter. Sie knabberten hier und da, sie kauten endlos, und das winzige Aufflackern in den Augen des Mädchens blieb zumindest Charlus nicht verborgen. Sie hätte das auch gehabt. Verständnisvoll, aber dennoch besorgt, wenn die Männer so niedergeschmettert wirkten. Nur so sehr er sie gern belohnt hätte, indem er die zubereiteten Speisen zu sich nahm, so wenig konnte er. Wenn selbst Sirius nicht zuschlagen konnte wie ein Scheunendrescher draußen auf den Weizenfeldern, dann war wohl alles verloren.

Zu viel Zeit noch, um vorzeitig loszugehen, und trotzdem taten sie es. Keinen Zweck, hier zu warten in dem stillen Haus, in dem keiner von ihnen sprach, in dem nichts zu tun war außer da zu sitzen und zu sinnieren darüber, was als Nächstes geschehen mochte. Und dabei nicht einmal wirklich Gelegenheit zum Trauern. Tag für Tag neue Berichte im Propheten, immer andere Schreckensmeldungen über Sichtungen des Dunklen, Geschichten von seltsamen Vorkommnissen, von bisher unbescholtenen Bürgerinnen und Bürgern, die mit einem Mal fürchterliche Dinge taten. Imperius, wie oft nun schon? Mindestens fünf eigene Klienten hatte Charlus mit dieser Verteidigungsstrategie, und er stand vor dem selben Problem wie ein jeder Anwalt: Wer sagte die Wahrheit, und wer log? Er wusste es nicht. Er konnte sich nur auf seine Menschenkenntnis verlassen. Fast hätte er bitterlich gelacht. Seine Intuition hatte einen Namen gehabt. Und der stand nun auf einem Grabstein, den er aufzustellen sein Haus verließ.

Zu Viert gingen sie hinaus auf den gekiesten Pfad, der quer über die Rasenfläche zu dem hübschen, niedrigen Gartentor führte, und, genau so vorsichtig wie jede Verrichtung an diesem Morgen, schloss Charlus die lackierte Eichentür. Erstaunlich kühl war es, besonders in den feinen Festtagsroben ohne jeglichen Schmuck, in die sich jeder von ihnen gehüllt hatte. Ein bisschen zu beneiden, das Mädchen in ihrem langen Rock und dem übergeworfenen Mantel, deutliches Zeichen ihrer Herkunft aus nicht magischem Haushalt. Sie hakte sich bei James ein, auch wenn er einen Moment brauchte, um der mechanischen Bewegung Herzlichkeit hinzu zu fügen, und Black stopfte sich die Fäuste ungebührlich leger in die Hosentaschen und zog die Schultern fröstelnd hoch. Noch war die Sonne hinter den Hügeln verborgen, wo die dorfauswärts führende Straße in Richtung der Festwiese um die Felsen verschwand. Blendender Schatten hüllte den Vorgarten ein.

Ein ganz normaler, typischer Morgen auf dem Land. Nach Feuchtigkeit und aufgebrochener Erde roch es, blühende Astern und Bartnelken schauten zwischen den Streben der Zäune hindurch, gesellten sich zu Löwenzahn und spätem Mohn am Wegesrand. Wenn es lange nicht regnete, flog Staub unter den Füßen auf, bedeckte die hoch polierten schwarzen Lederschuhe mit einem feinen Film, stieg höher und setzte sich in den Nasen fest. Klamm kroch der verdunstende Tau noch kühl in die Ärmelaufschläge und unter die Jackets, während die Luft sich schon erwärmte und ein schwüles Mikroklima in der Robe entstand. Schwerer wurde der Stoff dadurch, als wäre es nicht schon schwierig genug, einen Fuß vor den anderen zu setzen auf diesem kurzen Stück des Wegs hinunter zum Dorfkern.

Je weiter der Pfad wurde, breit genug bald für ein Gespann, desto weiter zog sich die kleine Gesellschaft auseinander, bildete eine lange Reihe und schließlich eine Kette, wie jeder dem anderen näher rückte. Den rechten Arm um die Schultern seines besten Freundes gelegt, schritt Sirius ganz außen, Lily auf der anderen Seite eingehakt zwischen James und seinem Vater, während nach und nach sich Leben regte in Godric's Hollow. Wer sich jetzt auf die Straße begab, der hatte das gleiche Ziel wie sie, und in Schwarz gekleidete Menschen traten aus den hübschen kleinen Cottages und Häuschen und nickten ihnen zu, wie sie in gebührend respektvollem Abstand folgten.

So viele. So viele waren gekommen und wollten Abschied nehmen. Der kleine Friedhof des walisischen Dorfes war kaum groß genug, um sie alle zu fassen, und jeder Zweite würde auf dem Kirchplatz bleiben müssen und von dort aus zuhören. Dorea Potter, geborene Black, war in ganz Großbritannien bekannt gewesen. Alte Schulkameraden waren da, Händler und Köpfe aus dem Örtchen, Ministeriumsangestellte und vor allem Freunde und Bekannte von überall her. Dumbledore und Minerva McGonagall standen abseits bei Amelia Bones, der Gesandten der Abteilung für Strafverfolgung, und Moody war gekommen, Frank und Alice Longbottom dicht bei ihm. Der Jungauror hatte seine Mutter mitgebracht, und aufrecht wie immer kümmerte sie sich nahezu rührend um eine schluchzende Mrs. Pettigrew. Peters Ma vertrug Beerdigungen nicht besonders gut, hatte sie nie. Aber erst recht nicht, seit sie selbst Witwe geworden war bei diesem tragischen Besenunfall vor nun schon über 15 Jahren.

Familie hatten die Potters nicht. Es war kein ehrenvoller Titel, 'der Letzte' zu sein. Keine Geschwister, keine Cousins und Cousinen, Charlus war wirklich der eine übrig gebliebene Spross einer großen und weit zurückreichenden, reinblütigen Zauberersippe, und James als einziger Sohn das Reiskorn. Aber auch Rea hatte kaum Kontakt gehalten, hin und wieder ein Brief von ihrer Mutter, die Geschwister und der Vater gänzlich abgekapselt, wenn sie auch weiterhin dank 'respektabler' Heirat als Teil des weitläufigen Clans angesehen wurde. Mit Anstandsbesuchen rechnete man trotzdem nicht. Das war nicht die Art der Blacks, und so betrachtete Charlus eben Sirius als einen Repräsentanten. Vielleicht war er deshalb, gerade deshalb umso erstaunter, ein wohlbekanntes Gesicht zu entdecken, wenn auch verborgen und in den hintersten Reihen, ihm dennoch einen offenen und grüßenden Blick zuwerfend.

Das Oberhaupt selbst. Orion Arcturus Black, O.A.B, abseits in den Schatten des hohen Kirchturms, hielt er sich außer Sichtweite seines ältesten Sohnes, trat noch weiter hinter die Schultern und Rücken der Umstehenden zurück, sobald er sich sicher sein konnte, vom trauernden Witwer gesehen worden zu sein. Mehr wollte er nicht. Nur eine Respektsbekundung für eine entfernte Base, keine Zurschaustellung und keine Öffentlichkeitsarbeit. Hätte er die Zeit, die Nerven dafür gehabt, Charlus hätte darüber nachgedacht, lange und ausgiebig, aber dafür musste später herhalten. Jetzt gab es andere Dinge, wichtigere Dinge für ihn zu tun, und er bahnte sich, nun hinter einander gehend, einen Weg über die schmalen, mit rotem Kies bedeckten und von Randsteinen eingefassten Pfade auf die geöffnete Familiengrabstätte zu.

Ob der Bürgermeister da war, das spielte keine Rolle. Irgendwelche hochrangingen Tiere aus dem Ministerium, wen interessierte das? Es wäre für Rea nicht wichtig gewesen, es war auch ihm vollkommen gleichgültig. Es waren die Freunde, die bewegten, ihre Tränen, ihre stummen, starren Gesichter, aber auch das Lächeln und Funkensprühen ihrer Augen, wenn von ihr gesprochen wurde. Das tat gut. Besonders für James. Denn der Junge war nicht allein, das war er nie, und heute, an diesem unerwarteten Augusttag mit all seiner Härte für einen so jungen Schüler, zeigte es sich nur umso stärker. Welch ein eingeschworenes Team, sein engster Freundeskreis! Und die Erweiterung kaum minder beeindruckend. Er kannte die meisten dieser Gesichter selbst aus dem Orden, andere von Festen innerhalb der vielen, weit verzweigt miteinander verwandten Clans der Hexen und Zauberer, wie die Prewett-Zwillinge mit ihrer Schwester, die drei kleine Kinder bei sich hatte. Wache geschoben hatten sie, einen Auftrag ausgeführt für die Geheimorganisation, der sie tatkräftig angehörten, und deshalb nicht dabei gewesen auf der Hochzeit der Longbottoms.

Das dort, das war Marlene McKinnon, und da hinten die Dearborn-Geschwister, alle drei, gemeinsam mit dem Jüngsten aus dem Hause Meadowes, auch schon lange ein vielversprechender Kandidat auf Beförderung im Ministerium. Das hübsche blonde Mädchen, mit dem James zum Gründungsball gegangen war, rieb dem ganz ineinander gesunkenen Peter die Schulter, und nicht zuletzt, aber einen umso größeren Schauer aus Dankbarkeit und Zuneigung empfindend, entdeckte Charlus den Ältesten aus dieser Runde.

Remus Lupin war nicht allein gekommen, und darum war er auch nicht der Einladung gefolgt, die Nacht zuvor ebenfalls im Hause Potter zu verbringen. Erschreckend sahen sie aus, Isabel nicht viel mehr als ein wandelnder Geist, dünn und ausgezehrt von ihrer Krankheit und in viele Decken und Mäntel gehüllt, trotz der sich bereits steigernden Temperaturen. Auf einen gepolsterten Klappstuhl setzte sie sich gerade, unterstützt, fast schon getragen von ihrem Sohn, ihr Ehemann, nur unwesentlich kräftiger, das ehemals rotbraune Haar bis in die kleinste Strähne zu stumpfem Grau verblasst, gleich neben ihr. John hustete in ein Taschentuch, konnte kaum gerade sitzen, doch er hatte darauf bestanden, es sich nicht nehmen lassen. Die letzte Ehre für Dorea, die seinen Jungen wie einen eigenen behandelt hatte.

Für einen Moment musste Charlus zurückdenken. Keine sechs Jahre her, wie sie damals gemeinsam in Floreans Café gesessen hatten, nicht wahr? Die beiden Jungs noch richtige Kinder, albern und so sehr mit Streichen und wärmendem Wintereis beschäftigt, dass nichts um sie herum noch irgendwie Bedeutung gehabt hätte. Ob Remus so schwer krank sei, daran sterben zu können, hatte er wissen wollen, die Abwehr auf Johns Gesicht so deutlich wie verräterischer Lippenstift auf einem Hemdskragen, und heute? Moony nannten sie ihn, Charlus wusste das genau. Er sagte nichts. Wieso auch? Alles gut. Alles wie es sein sollte. Mit Ausnahmen. Das andere Gesprächsthema von damals.

Froh war er darüber, wie die Zeremonie an ihm vorbei zu rauschen schien. Er bekam nichts mit von den zu trösten versuchenden Worten, von den vielen Reden und den üblichen Riten, so versunken in seine Beobachtung der Umgebung, so tief drin in Erinnerungen, die schöner und aussagekräftiger waren als alles, was irgendjemand, irgend ein Fremder über die erzählen könnte. Die Sonne stieg über die Hügelketten im Osten, und ihre Wärme und das wunderbar goldene Frühherbstlicht rollten wie eine Welle über Wiesen und Wäldchen hinweg, bis sie den Friedhof trafen und den Stein aus hellem Granit in gleißendes Funkeln hüllten. Eingeschlossene Bergkristalle glühten wie Wassertropfen, warfen winzige Regenbogen auf Gras und aufgeschüttete Erde, unter der sie nun schlafen durfte. So als wäre sie gerade selbst dort eingezogen und habe eben dieses Licht mit dort hinunter gebracht, das sie sonst in ihrem kleinen Häuschen verbreitet hatte.

Die Gesellschaft löste sich auf, teilte sich auf dem Kirchplatz in zwei Gruppen, und die zum Umtrunk eingeladenen Gäste zogen in einer langen Prozession in Richtung der großen Scheune auf dem Grundstück der Potters. Noch immer stand Charlus auf dem Rasen, spürte nur am Rande, sah nur aus den Augenwinkeln, was vor sich ging. Er wollte die Sonne genießen, diese angenehmen Fingerchen des Windes und das prickelnde Gefühl von Hitze auf der Haut mit halb geschlossenen Lidern, nur den eigenen Gedanken nachhängen, nicht noch hinauf gehen und dabei sein, nur für sich. Einen Kuss drückte Lily ihrem Begleiter auf die Wange, wie sie seinen Arm langsam, fast vorsichtig los ließ, um hinüber zu schlüpfen zu ihrem besten Freund und ihm zu helfen mit seinen schwachen Eltern. Dringend nach Hause mussten die. Auch Sirius und Peter, der eine seine Mutter vertröstend, der Ältere noch immer die Hände in den Taschen, stromerten dort hinüber.

Nur James trat neben seinen Vater, berührte ihn nicht einmal, sondern folgte nur seinem halb abwesenden Blick. Von nun an allein, sie beide, und dennoch nicht einsam. Keine Ahnung, wieso Papa das nun sagte. Wie er überhaupt darauf kam. Es gefiel ihm nicht, weder der Tonfall, noch der Inhalt, aber James wagte nicht zu widersprechen, wusste nicht mal, ob es überhaupt etwas gab, was er hätte erwidern können. Und das war nicht, weil er perplex war. Es war die Wahrheit, die in diesen Worten schwamm, wie Charlus Potter seufzte und mit dem Kinn zu diesen wunderbaren Menschen, diesen einmaligen Freunden hinüber deutete. Mulmiges Unbehagen erfüllte seinen Sohn von den Zehenspitzen bis unter den Mundboden.

„Merkwürdig, nicht wahr?“ murmelte der Witwer wie zu sich selbst und schnaubte, als wolle er leise und wenig amüsiert lachen. „Zauberergeschlechter leben länger, das hat man mir in der Schule beigebracht.“ Der beste Beweis dafür stand nicht allzu weit entfernt und unterhielt sich flüsternd, aufrecht. Den schlohweißen Bart hinter den Gürtel gesteckt und mit wachen Augen, sprach Albus Dumbledore mit seiner Kollegin, über 90 Jahre alt und nicht ein wenig gedrückt vom Alter. James konnte nur nicken, den Gedanken seines Vaters folgend. Sie waren Reinblüter. Wie der Professor. Wie man es auch ihn in Hogwarts gelehrt hatte: Magisch begabtes Volk war gesegnet mit einer Lebensspanne, die mehr als das Doppelte normalsterblicher Jahre erreichen konnte. Und dennoch war sie nicht mehr.

Aber James war nicht darauf gefasst. Es ging ihm nicht um seine Frau, es drehte sich nicht um ihn selbst und sein graues Haar. Noch immer war es nicht Dumbledore, den er ansah, sondern James' Freunde, die drei Jungen, mit denen er sich das Turmzimmer teilte. „Sieh' sie dir gut an,“ schlug der Vater vor, ohne auf jemanden zu zeigen. Die Pettigrews standen dicht bei einander, sie sich schneuzend, ihr pummliger Sohn ihr Gesicht abschirmend und dabei selbst puterrot vor Verlegenheit. Wie schnell es gehen konnte. Patrick hatte das gezeigt, der gute Paddy auf seinem Lastbesen. Und kein bisschen weniger ungeschickt sein Junge. Sirius Black, nicht nötig, es noch einmal zu erwähnen. Ein großartiger junger Mann, ein fabelhafter Freund und verlässlicher Kamerad, an dessen Seite man gern in ein Gefecht zog. Aber vom Leichtsinn seiner Sippe geleitet, von der gleichen Überheblichkeit und Schicksalsgläubigkeit beseelt. Und daneben der nächste Mr. Lupin, vielleicht schon viel früher als jemals geplant. Krank. Und so unschlagbar.

„Sie sagen immer, reines Blut, das wäre das Höchste,“ sprach Charlus weiter, mehr zu sich selbst, und er schüttelte sacht den Kopf. „Aber sieh' sie dir an.“ Nervös, verständnislos, zuckte James mit den Schultern, die rehbraunen Augen hinter den dicken Brillengläsern hin und her sausen lassend zwischen seines Vaters Miene und dem, was er sah. So ganz begriff er es nicht, nur ein kleines Stückchen eines Ansatzes, doch das reichte aus. „Er schaut aus, als könne jeder Windstoß ihn umwerfen.“ Von Remus sprach er, konnte nur ihn meinen, den für seine Größe und für die Breite seiner Schultern zu schlanken Kerl mit den tiefen Ringen unter den blutunterlaufenen Augen. „Aber er ist derjenige von euch mit dem ausgeprägtesten Talent.“ Neidlos anerkennen musste er das. Es war nicht bloß eine Frage der Noten oder der Disziplin. Und James wusste das. Meistens.

Doch das war es nicht, was ihn so sehr verunsichterte, dass er seinen Vater danach tagelang nicht aus den Augen ließ. Was er sagte, es war absurd, und es war überhaupt nicht seherisch, und dennoch spürte James eine dumpfe Zustimmung in den hintersten Winkeln seines Herzens, wie er sich seinen ältesten Freund betrachtete und Charlus Potter sich selbst zunickte. „Er wird euch alle überleben.“ Das Halbblut. Der Werwolf. Der Alleingelassene. Wie eine Fackel im Wind.


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