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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Fish & Chips

von Teekon

Dialoge mal wieder nicht von mir, sondern nur frei übersetzt!



Der Junge schaute aus wie ein wandelndes Bettlaken, so blass war er, wie der fast 16jährige mit seinem riesigen Schrankkoffer im Schlepptau, den großen Käfig aus gebogenen Messingstangen an einer Hand vor sich her tragend wie eine stinkende Socke, aus der undurchdringlich erscheinenden Barriere aus gemauerten Ziegeln heraus schritt. Egal, wie wunderbar die Sonne durch die gläserne Dachkuppel der Bahnstation schien, nicht von Bedeutung, wie herrlich warm der Sommerwind durch die brütende Stadt an der Themse strich, Harry machte den Eindruck eines Obdachlosen im Herbst. Fast hätte Remus Lupin ein wenig gegrinst. Das war doch eigentlich sein Erscheinungsbild. Normalerweise. Aber im Moment gaben alle, die ihm nahe gestanden hatten, eine ähnliche Figur ab.

Die feinen Ringe unter den sonst strahlend grünen, nun seltsam matten Augen, schienen deutlich heraus in dem bleichen, kränklich weißen Gesicht, und permanent zeigten die Mundwinkel seiner schmalen Lippen nach unten. Es würde eine Weile dauern, bevor das vorüber gehen würde. Aber es würde, schneller vielleicht noch als bei ihm, da war Remus sich ganz sicher. Nur einen Unterschied mehr gab es: Gleichgültig, wie sehr es ihn selbst von innen auffraß, wie es an ihm zerrte und sein Herz, frisch zusammengeklebt wie eine zersprungene chinesische Vase, jederzeit erneut in sich zusammenfallen wollte, er würde es nicht nach außen tragen, nicht so offen und für jedermann zu sehen, wie Harry es tat. Das hatte keinen Zweck. Sirius war tot. Eben einfach nicht mehr da, so wie viele andere vor ihm. Und er würde auch nicht zurück kommen. Daran änderten auch Tränen und Trauer nichts. Die Zähne zusammen beißend, konzentrierte sich Remus auf das Hier und Jetzt.

Natürlich war er nicht allein. Das war er eigentlich nie, selbst wenn er doch mal ohne seinen obligatorischen Tross an unzertrennlichen Freunden irgendwo auftauchte, auch wenn er das vermutlich nicht begriff. Merkwürdig bekannt kam einem das vor, nicht für eine Person aus der Erinnerung, nicht für einen einzelnen Menschen, für den sich noch irgendwo zugeneigtes Gefühl regte. Ein bisschen vielleicht, nur einen winzigen Herzschlag lang, sogar für Remus selbst. Ron Weasely mit seinen so familientypisch roten Haaren, dünn und ganz durcheinander von Fahrtwind, trottete gleich nebenher und brabbelte noch auf seinen Kumpel und Zimmergenossen ein, der ihm vermutlich sowieso absolut nicht zuhörte. Selbst als er seinen Clan hier draußen in der Bahnhofshalle entdeckte und schon die Zähne zu zeigen begann, murmelte er immer noch vor sich hin und zog dabei das eigene Gepäck an einem abgegriffenen Lederriemen polternd und aneckend hinter sich her.

Hermine dagegen war wesentlich schneller, quietschte beim Anblick ihrer wartenden Eltern in dem riesigen Pulk an guten Freunden und Bekannten, Mitgliedern im Orden des Phönix, die sich nicht scheuten, diese Zugehörigkeit in aller Öffentlichkeit zu präsentieren. Das Mädchen mit dem lockigen Haarschopf, widerspenstig wie sie selbst, ließ regelrecht alles fallen und strahlte über das ganze Gesicht, winkte schon von Weitem und trieb die beiden Jungs gleich neben ihr zu größerer Eile an. Naja, ein solches Empfangskommite bekam man ja auch nicht alle Tage. Und überhaupt. Remus musste lächeln und hielt es dieses Mal nicht mehr zurück.

Nein, der ehemalige Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste war nicht allein hergekommen. Und es waren auch nicht bloß die beiden Zahnärzte, Mr. und Mrs. Granger, und die Weasleys, die erschienen waren an diesem 1. Juli, um ihre Kinder vom Hogwarts Express abzuholen. Ein regelrechtes Gefolge war da aufgelaufen, bestehend aus zwei von Rons Brüdern, nämlich den Zwillingen Fred und George (Merlin, so ähnlich sahen sie den Geschwistern ihrer Mutter) in entsetzlich teuren Drachenleder-Jackets, einem grässlich furchteinflößenden (weil immer noch nicht ganz gesunden) Mad-Eye, einer jetzt schon so heftig mit einer Hand schlackernden Tonks, dass man Angst haben musste, ihr würde gleich das Ellbogengelenk auskugeln (zum Lachen schön) und ihm, dem Spiegelbild der Verlassenheit des Jungen.

„Ron! Ginny!“ rief Molly fast kreischend quer durch die vollkommen überfüllte Halle, umringt von lauter Muggeln, als auch noch ihre einzige Tochter die Plattform 9 ¾ verließ und somit in Sicht kam. Sie stürmte los wie eine wildgewordene Mutterkuh, um die beiden Jugendlichen gleichzeitig mit ihren Armen zu grabschen und an sich zu drücken, dass ihnen beinahe die Luft wegblieb. Der Junge, schlacksig und lang wie sein alter Herr, bließ die Backen auf und rollte mit den Augen mit fürchterlich leidendem Gesichtsausdruck, konnte aber das Leuchten nicht verbergen, das ihm diese Geste auf die Lippen zauberte. Seine Schwester schüttelte noch in der zerdrückenden Umarmung den Kopf, küsste aber ihre Mutter laut auf das präsentierte Ohr, während die bereits den Dritten im Bunde begrüßte. „Oh, und Harry, Schatz - wie geht es dir?“

Perfekt überwacht wurde die ganze Szenerie vom gut verborgenen magischen Auge des knorrigen, alten Auroren, auch wenn er sich eine Melone tief über die eine Seite seines verhärmten Gesichts gezogen hatte. Das zweite, sein verbliebenes eigenes Auge, klein und dunkel, fast ein wenig wie die von Hagrid, huschte trotzdem hierhin und dorthin, als traue er seinem eigenen Hilfsmittel nicht. In gewissem Maße stimmte das, seit es dem getarnten Todesser Barty Crouch im Kopf gesteckt hatte. Mittlerweile lief es wieder runder und gleitender, und das war immerhin ein Fortschritt, aber Moody war kein vertrauensseliger Mensch und knirschte immer noch vor Wut mit den Zähnen, wenn er an seine lange Gefangenschaft zurückdachte. Hätte sich nicht viel zu schnell ein Dementor des jungen Mannes angenommen, wäre er sicherlich ganz gut in die Mangel genommen worden. Und das hätte ihm nicht gefallen. Mad-Eye schon.

Schamlos log der Junge ihr ins Gesicht, wie er „gut“ behauptete, und niemand musste erklärt bekommen, wie wenig das stimmte. Erst recht nicht Remus. Aber keiner sagte etwas oder gab auch nur das geringste Anzeichen eines Zweifels zu verstehen. Für Harry war es leichter so, wenn sie ihn einfach ließen. Er würde schon den Weg finden, und falls nicht, konnte man noch immer eingreifen. Und auch falls Molly ihm doch glauben sollte, war das im Moment nicht von Bedeutung, so fest wie sie den besten Freund ihres jüngsten Sohnes an sich drückte. Ihn im Auge zu behalten, wie Remus es eigentlich vorgehabt hatte, war erstaunlich schwierig in dieser Gesellschaft.

Sie hatte ihn nie abgelenkt. Ganz im Gegenteil. Seine Aufgaben waren immer noch die Nummer 1, er stellte seinen Dienst für den Orden nicht zurück und musste das auch nicht, weil sie es niemals verlangt hätte. Zufrieden so, wie alles war. Und das nicht mal gezwungen, es gefiel ihr wirklich so. Gleich neben ihm stand sie, fast demonstrativ, interessierte sich nicht für Blicke und Gedanken anderer Leute. Das tat sie nie. Mal abgesehen davon, dass sie keine so außergewöhnliche Erscheinung war, hier in King's Cross, unweit der Märkte von Camden, wo unzählige Leute mit wild gefärbten Haaren und abgerissenen Kleidern herumliefen, absichtlich verunstaltet und zerrupft, Gürtel mit Nieten beschlagen und Sicherheitsnadeln in den ärmellosen Hemdchen. Da fiel Dora Tonks nicht wirklich großartig auf, egal wie grell pink ihre Igelfrisur strahlte, oder wie viel zu weit und ausgebeult ihr dunkel violettes T-Shirt an ihrer schlanken Figur herabhing.

Weird Sisters stand da in blitzartig verzogenen Buchstaben quer über ihrer Brust, so normal und ähnlich den Punk- und Rockbands der Muggel, passend zu den geflickten Jeans mit den Fransen an allen Ecken und Enden, ganz genau so wie eines der vielen jungen Mädchen, die ihren Weg durch die Bahnhofshalle nahmen, auf Rolltreppen aus den Katakomben der Tube heraufkamen, um die Straße zu überqueren und zu den Zügen der Thameslink zu gelangen. Von dort aus konnte man auch Richtung Penge fahren, wo Doras Eltern lebten und wo sie aufgewachsen war, und niemand dort in einem der gelben oder blauen Slam Door Wagons hätte sie jemals für irgendwie anders gehalten. Obwohl ein langes, weißes Holz in ihrer hinteren Hosentasche steckte. Die einen so, die anderen so. London. Da durfte man sein, wie man wollte, und niemanden störte es im Geringsten.

Ob er jemals so ausgesehen hatte? Zu erinnern versuchte sich Remus an jene Sommer in der großen Stadt, in den engen Gassen und auf den breiten, sonnengefluteten Straßen, als orangefarbene Sessel in den Cafés noch in gewesen waren und aus schreiend buntem Plastik geformte Regale die ersten erschwinglichen Farbfernseher in den Schaufenstern beherbergt hatten. Sirius hatte eine wirklich abartige Jacke gehabt aus weißem Denim, die Revers abscheulich rund geschnitten, im Nachhinein betrachtet. Damals war das cool gewesen, mehr als das, und man hätte ihn darum beneiden können. Heute fände er sie vermutlich selbst pervers. Wenn er hier stehen würde, um darüber zu reden. Rehabilitiert. Freigesprochen. Herr über sein eigenes Leben. Am Neubeginn. Verwehrt.

Sicher nicht, nein. So richtig jung und unbeschwert war er nie gewesen, aber zumindest nahe dran. Jeans. Oh ja. Enge T-Shirts mit schmalen Bündchen und Stoffturnschuhe bei Tag, und wenn es dann nachts auf die Piste ging – wie lächerlich, die Schlaghose von Pete – herausgeputzt, als gäbe es kein Morgen. Es hatte ja auch keines gegeben. Nur war ihnen das nicht auf diese Art bewusst gewesen. Und das war nicht anders. Anzuschauen brauchte man sie sich nur, wie sie da standen, Fred und George zum Beispiel, in knallig grünen Sakkos aus teuerstem und feinstem Leder, wie man es besser nicht kriegen konnte. Wozu sparen? Morgen schon konnte alles vorbei sein. Und sie. Ewig jung in dieser Kleidung, die gekürzten Hosen einfach über hoch geschnürte Stiefel fallen lassend. Viel zu lange her für ihn. So viele Jahre dazwischen. 'Egal' hatte sie gesagt. Die Zeit zählte nicht. Doch, das tat sie. Aber es gab Wichtigeres.

So richtig mitgekriegt hatte Remus nicht, welche Worte Ron mit seinen Brüdern gewechselt hatte, mit ausgestrecktem Finger auf ihre neuen Anzüge deutend, an denen sie sich festhielten und damit zufrieden prahlten. Schön, dass ihr Geschäft so gut lief. Harry hatte sich befreien können aus Mollys Umarmung, die sich nun dem Mädchen in der Gruppe widmete und Hermine begrüßte, und sich schüttelnd fand Lupin in die Gegenwart zurück und riss sich los von glitzernden Sonnenstrahlen auf hellen Haarspitzen. „Hallo, Harry,“ sagte er sanft und lächelte den blassen Jungen schief an. Er sah nicht gut aus. Wenig Schlaf, zu viel Grübeln, so musste es sein, so durfte es sein. Das war in Ordnung. Für eine Weile. „Hi,“ antwortete der 15jährige und schaute einen nach dem Anderen in dieser ungewöhnlich großen Gesellschaft mit halb zusammengekniffenen Augen fragend an. Immer noch völlig verwirrt von einem solchen Auflauf.

„Ich hatte nicht erwartet,“ begann er, seine Gedanken in Worte zu fassen, bekam es nicht so recht hin und stierte aus dem Augenwinkel zuerst zu Moody und dann wieder zu einer breit grinsenden Tonks und ihrem Begleiter hinüber. „Was macht ihr alle hier?“ Eine durchaus berechtigte Frage, nicht wahr? Remus' so typisches Lächeln wurde ein weniger offensichtlicher, wie er sich den verwirrten Jungen mit den dicken Brillengläsern betrachtete und zu einer Erklärung ansetzte. „Nun,“ zwinkerte er vorsichtig, „wir dachten, wir unterhalten uns mal ein bisschen mit deinem Onkel und deiner Tante, bevor wir zulassen, dass sie dich mit nach Hause nehmen.“ Alleine die Wortwahl führte zu einer so steil nach oben gezogenen Braue, dass Harrys sonst so ebenmäßiges Gesicht vollkommen verzerrt ausschaute, und Dora kicherte sofort los. Wenn dem nicht gleich das eine Grasauge aus der Höhle plumpste ...

Hektische rote Flecken erschienen auf den Wangen des Jungen, als er zu begreifen anfing, was Lupin, der alte Freund seiner Eltern (oh, er hatte ja keine Ahnung), damit tatsächlich sagen wollte. Zauberer! Mit den Dursleys sprechen! Unmöglich! Vor allem hier, in King's Cross, mit so vielen Menschen ringsherum! Nein, das ging nicht. Das würden die nie zulassen. Und wozu denn auch? Was sollte das bringen? Auch wenn das wirklich, ehrlich toll gewesen wäre, diese Unterstützung. Ein feiner Film aus unausgesprochener, aber verzweifelter Dankbarkeit huschte über die glänzenden Hornhäute des Schülers, obwohl er etwas ganz Anderes sagte: „Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist.“

Mad-Eye sah das offenbar so gänzlich anders, dass er schneller darauf etwas zu sagen hatte, als Remus überhaupt nur überlegen konnte. In seinem viel zu schweren und für die Jahreszeit viel zu warmen Überwurf, rollte er regelrecht herum, auf den Gehstock gestützt, ohne den er mit seinem Holzbein kaum vorwärts kam, und grollte aus der Kehle heraus. „Oh, das denke ich doch!“ machte er ein für allemal klar, und damit Harry keinen Einspruch erheben konnte, kam er sogleich zur Sache. Sein magisches Auge hatte ihm mal wieder geholfen, auch während seiner paar humpelnden Schritte in Richtung der kleinen Gesellschaft am Rande der Familienzusammenführungen, bereits Ausschau zu halten. „Das dürften sie sein, ja, Potter?“ deutete er mit dem intakten Daumen über seine breite, hängende Schulter.

Viel größer an Gestalt, den geschrumpften Auror in seiner halb gebückten Haltung problemlos überragend, musste Remus sich nicht einmal recken, um über ihn hinweg schauen zu können, derweil der Junge sich zur Seite lehnte, um an dem Kopf mit den fussligen, spärlich verbliebenen Haaren unter dem schwarzen Hut vorbei zu lugen. So wie ihm das letzte Bisschen Farbe aus den Wangen wich, hatte Moody wohl recht, aber Lupin brauchte diese Bestätigung nicht. Er kannte die Dursleys. Schon lange, schon vor der Geburt ihres missratenen Ferkelchens von einem Sohn, hatte er diese Gesichter gesehen und sie sich eingeprägt.

Erstaunlich. Wie unterschiedlich Petunia und Lily gewesen waren. Nur eine Winzigkeit, ein Schwung im Kieferwinkel, die Höhe der Wangenknochen, das verriet die enge Verwandschaft, sonst aber nichts. Blondes, strohiges Haar, auffrisiert und toupiert, ragte in unnatürlich glänzenden, künstlichen Locken von ihrem hageren, schmalen Kopf ab, und die blauen Augen waren wässrig und klein, fast wie – ja, fast wie die von Peter. Einen Schauer jagte einem das den Rücken hinunter, selbst an einem so warmen Sommertag mit einem solchen Wunder in 5'1'' direkt neben einem. Die Knochen ihres Gesichts zeichneten sich fest unter straff gespannter Haut ab, erst recht, wie sie nun diese angewiderte Miene aufgesetzt hatte, während ihr sagenhaft fetter Ehegatte bereits die Farbe von überreifen Pflaumen annahm.

Vernon Dursley machte den Eindruck, als würde er jeden Moment noch weiter an Masse und Fülle zunehmen, so wie ein Luftballon am Ventil einer Gasflasche immer größer und breiter wurde, um dann entweder zu platzen oder in hohem Bogen davon zu rauschen, dabei ein ziehendes, furzendes Geräusch von sich gebend. Remus musste kichern, unterdrückte es jedoch mit aller Macht, indem er sich nach vorn beugte. Die Stimme in seinem Kopf, sie tat nicht weh. Und trotzdem war es seine, das frühreife, angeätzte Brummeln eines baldigen Bass: „Gehsteigpanzer!“

Das Gleiche galt für den gemeinsamen Sohn, gezüchtet und aufgerüstet wie ein Walross zur Paarungszeit, und meistens benahm er sich wohl auch so, wie Lupin selbst viele Jahre beobachtet hatte. Heute allerdings, ja, da schrumpfte er ineinander, oder zumindest versuchte er das krampfhaft mit mässigem Erfolg. Nur die wandelnde Litfasssäule, die sein Erzeuger darstellte, konnte ihm dabei irgendwie behilflich sein. Die prallen Wangen waren ganz rot, wie er zitterte und sich duckte unter der speckigen Schulter von Mr. Dursley, der die Arme vor der erstaunlich flachen Brust verschränkte und sie dazu wie auf einem Tablett auf seinem schwabbelnden Bauch ablegen konnte. Kein schöner Anblick. Und weder die Familie dort vorne, noch ihr gegenüber das Empfangskommite des Jungen, schien sonderlich begeistert von dieser Begegnung. Doras hochgezogene Oberlippe sprach Bände und verstärkte nur die Flut an passenden Black'schen Kommentaren, die einem zu diesem Clan einfallen wollten.

Harry öffnete den Mund, und sein Adamsapfel vibrierte zum Zeichen dafür, dass er irgendetwas sagen wollte, aber Arthur war schneller als er. Sich endlich von Hermines Muggeleltern losreißend (immer wieder war Remus endlos dankbar dafür, dass er nie nach seiner nicht-magischen Verwandtschaft fragte und damit seinem Großvater einige Peinlichkeiten ersparen konnte), klatschte Mr. Weasley schon förmlich in die Hände, über das ganze Gesicht strahlend. „Ah, Harry!“ freute er sich, den besten Freund seines Jüngsten zu sehen und holte aus, um ihm auf die Schulter zu klopfen. „Also, sollen wir dann?“ schlug der Ministeriumsangestellte vor, ohne auch nur einen weiteren Moment zu zögern. Die Gelegenheit, eine solche Szene abzuwenden, sollte der Junge auf keinen Fall bekommen. Dazu wäre er durchaus imstande. Und dabei war Remus sich nicht im Geringsten sicher, von welcher Seite er das nun hatte.

Während Moody noch zustimmte und den Stab schon fester in die Bodenplatten der Bahnhofshalle rammte, damit er sich daran schwungvoll herum drehen konnte wie ein Kind an einem Laternenmast, stierte Harry nur hinter ihm her, völlig perplex von dieser Aktion, brachte Lupin damit nur noch mehr zum Lächeln. War es nicht längst an der Zeit gewesen, Partei zu ergreifen? Sie alle waren da, um ihm zu helfen, um ihm diesen Sommer angenehmer zu gestalten. Er hatte genug durchgemacht. Keine Quälereien mehr von diesen schrecklichen Leuten. So unverständlich, so merkwürdig. Remus konnte es nicht begreifen. Wäre es umgekehrt gewesen, wäre Petunia gestorben und Lily hätte überlebt, vielleicht stünde dort heute ein schlanker, netter Kerl, der sich auf die Heimkehr seines Cousins freute. Doch so war es nun einmal nicht. Und es blieb ein Rätsel. Nur Eifersucht konnte doch nicht solche Auswüchse haben. Den Gedanken abschüttelnd, seufzte Remus leise und machte einen ersten Schritt in die gleiche Richtung, um die Halle zu durchqueren und mit den Dursleys zu sprechen.

Es fiel ihm sofort auf, dass Dora nicht gleich folgte. Nur im äußersten Augenwinkel nahm er wahr, wie sie noch weiter flämte und ein abgeschreckteres Gesicht machte als zuvor, und er grinste bereits und stieß ihr sanft mit dem Ellbogen in die Seite, damit sie nicht zurückblieb. Immerhin war sie noch nicht wieder ganz fit, und eigentlich war ihre weitere Bettruhe verordnet. Nur wegen Harry hatte sie kommen wollen, und nur deshalb hatten sie es ihr auch erlaubt. Ebenfalls ein Wörtchen mitreden, OK, als eines der letzten vertrauenswürdigen Mitglieder der Blacks hatte sie da schon irgendwie Mitspracherecht. Aber es war nicht diese Sippe dort vorne, auf die sie zuhielten, in gewisser Weise dem Großteil ihres eigenen Clans so ähnlich, dem ihr Augenmerk galt, und Remus sah es erst beim zweiten, genaueren Hinschauen.

Keine Ahnung, wer das war. Wohl niemand, den sie kannte. Und trotzdem starrte der Typ sie an im Vorbeigehen, verrenkte sich fast den Hals dabei, und dieser hässliche, eklige Stich genau zwischen die linken Rippen, den kannte Lupin nur zu gut. Unwillkürlich rutschte das Lächeln aus seinem Gesicht, und die Hand fuhr nach oben unter die eine Seite des schäbigen alten Trenchcoats, den er noch immer regelmäßig trug. Das war nichts Neues. Kein schönes Gefühl. Und unwichtig, wie wenig angetan sie von einem solchen Blick augenscheinlich war. Das Interesse dieses jungen Mannes da war so offensichtlich, das begriff selbst jemand wie er. Am liebsten hätte er ihm eine reingehauen, wollte irgendwas sagen, aber die Hand, die sie ihm hinhielt, wie sie seine Finger zu greifen beabsichtigte, die nahm er dennoch nicht, sondern zog sich hastig, fast auffällig zurück. Nicht hier. Zu viele Augen, zu viele bekannte Gesichter. Dora huschte nicht einmal Bedauern oder Enttäuschung über die Stirn. Sie lächelte nur und schob ihn voran.

Nicht das erste Mal, dass er so etwas fühlte. Vielleicht bei ihr, ja. Immer allein mit ihr sonst, oder im Orden, kaum die Gelegenheit zu Momenten wie diesem. Dennoch vertraut, diese Emotion. Eifersucht. Er verbot sie sich, hatte das immer getan, sobald dieses heiße Brennen hochzukochen versuchte. Weil es nicht in Ordnung gewesen wäre. Selbst so entschieden, es nicht anders haben wollen, hatte er es doch. Und außerdem. Keinerlei Berechtigung dazu. Und auch wenn es absurd war – sie war doch sein Mädchen, seins, oder nicht? – so unterdrückte er es auch jetzt und münzte es um ihn beschämte Röte darüber, überhaupt so anmaßend gewesen zu sein, wenn nur für Sekundenbruchteile. Dankbar sein, dass man hatte, nicht wütend darüber, dass nicht.

Gemeinsam erreichten sie die Frontlinie, die sich ohne Umschweife zwischen den Dursleys und Harrys Freunden gebildet hatte, und Mad-Eye knurrte regelrecht, wie er sich angeekelt den fetten Onkel betrachtete. Es war Arthur, der das Gespräch eröffnet hatte, freundlich und fast übermäßig interessiert und höflich, plapperte er auf die unangenehme Familie ein, die ihn misstrauisch, fast feindselig beäugte. Zu komisch war das eigentlich, wenn man darüber nachdachte, oder auch, wenn man das sein ließ und es einfach wirken ließ. Wieso sie das nicht schon viel eher getan hatten, verstand Remus mit einem Mal selbst nicht mehr, und dennoch war er überglücklich, sich lieber mit diesem Problem auseinander setzen zu dürfen.

„Es wäre mir nicht bewusst, dass es Sie irgendetwas angeht, was in meinem Hause geschieht,“ rümpfte Vernon Dursley die Nase und reckte seinen massigen Kopf auf dem dicken und kaum vorhandenen Hals in die Höhe, als könne er damit irgendwie Eindruck schinden, aber weiter kam er sowieso nicht. Moody zuckte mehrfach mit den Achseln, was als sein persönliches, wenn auch wenig amüsiertes Kichern durchgehen konnte, und er spuckte beinahe. „Ich vermute, Sie könnten mehrere Bücher mit dem füllen, was Ihnen nicht bewusst ist, Dursley,“ befand er und brachte den entsetzten Speckberg augenblicklich zum Verstummen, während gleichzeitig seine Bohnenstange von Ehefrau empört nach Luft schnappte. Aber auch das währte nicht lange.

Der Anblick des Mädchens war zu viel für Petunia. Wie sie sich zu Wort meldete, schien dem Clan der Jahrgangsbesten von 1978 erst klar zu werden, dass dieses grellpinke Lebewesen hier erstens ein Mensch war und zweitens offenbar auch noch zu dieser Party gehörte, so wie Tonks ungeduldig aus dem Handgelenk mit den Fingern schlackerte. „Was auch immer,“ meinte sie und wischte sich hastig eine umgeknickte Strähne mit dunklem Einschlag aus der Stirn, pustete hinterher und rollte mit den braunen Augen. „Darum geht’s gar nicht.“ Die Lider von Harrys Tante schlossen sich zitternd wie klemmende Jalousien und flackerten dort vor sich hin, genau so wie ihr Kehlkopf zu schlottern begann. „Es ist eben,“ erläuterte die Jungaurorin ihren und den Standpunkt ihres gesamten kleinen Auflaufs, „wenn wir rausfinden, dass sie widerlich zu Harry sind,“ Remus konnte nicht anders. Es war ein Reflex, gar nicht so oft ausgelebt, jedenfalls nicht in der Öffentlichkeit, und trotzdem schon so antrainiert und natürlich, dass er gleichzeitig lächeln musste, wie er ihren Gedanken laut beendete: „Und täuschen Sie sich nicht, wir finden es heraus!“

Dieser klitzekleine Seitenblick, halb zwinkernd, den sie ihm zuwarf, der relativierte alles und stürzte ihn gleichzeitig mitten hinein und zurück in den schlimmsten Gewissenskonflikt. Oh, wie gut das tat! Wie sehr er das brauchte! Wie hatte er jemals ohne dieses Gefühl leben können, diesen Rückhalt, diese Verbundenheit, viel tiefer und stärker noch als das innere Drahtseil zu seinen Freunden? Es ging nicht, er konnte nicht mehr ohne sie, ob er musste oder nicht. Die Sehnsucht danach, einfach alle Vorsicht in den Wind zu schlagen, auf Heimlichkeit zu verzichten, sich zu ihr zu beugen und sie auf die Schläfe zu küssen, vertraut, offensichtlich, war sagenhaft groß, und nur der viel zu schnelle Herzschlag, der die Muskeln nicht mit genügend Sauerstoff versorgen konnte, hielt ihn davon ab. Gut so? Furchtbar? Remus konnte sich nicht entscheiden.

„Drohen Sie mir etwa, Sir?“ prustete Dursley heraus, plusterte sich und seine runde Gestalt nur noch mehr auf, als wolle er Mad-Eye mit einem Knuff seiner mächtigen Wampe von sich weg schubsen, und dabei stemmte er die dicken Fäuste in den Gürtel, wo man von einer Hüfte kaum sprechen konnte. Unglaublich, wie fett ein einzelner Mensch sein konnte. Den Kopf schüttelnd, musste Remus nicht darüber nachdenken, was er verpasst hatte innerhalb der Konversation, gefangen in einer Mischung aus Grübelei und emotionalem Wirbelwind. Was für ein Chaos hatte Sirius da hinterlassen? Typisch. Ach, wenn er nur käme, es wieder hinzubiegen. Aber nie mehr. Nie mehr.

Regelrecht erfreut schaute Moody aus, zog eine der von fiesen Narben durchzogenen Brauen steil nach oben, dass sich beinahe seine schwarze Melone von der Stirn abhob, und man hatte den Eindruck, er wolle begeistert durch die lückenhaften Zähne pfeifen. „Ja, das tue ich!“ beantwortete er diese zwar rhetorische, aber eindeutig anders gemeinte Frage, und auch wenn Onkel Vernon zu glauben schien, er habe die passende Erwiderung dazu, wussten alle Umstehenden bereits, wer hier am längeren Hebel saß. Sie hatten schon gewonnen, bevor das Gespräch schlussendlich beendet und erledigt war. Und wenn Petunia noch so oft seufzte und winselte, wenn sich der klopsige Jugendliche hinter seinem nun an Luft verlierenden Vater duckte, es brachte alles nichts. Entweder sie behandelten Harry besser, oder sie würden Besuch bekommen. Und keiner der Anwesenden würde Wert darauf legen, diese Stippvisite vor den Nachbarn der Dursleys zu verbergen. Und wenn es nur wäre, um ihnen die Panik ins Gesicht zu meißeln. Lächerlich. Die hatten ja keine Ahnung, was Angst wirklich bedeutete.

Er konnte es noch nicht fassen, Harry, wie er da stand, sein Gepäck um die eigenen Füße verteilt und mit zunehmendem Leuchten in den schauderschönen grünen Augen um sich strahlend. Ihn bald herausholen, in den Fuchsbau, weg von seiner grässlichen Verwandschaft wollten sie, das versprachen sie ihm schon, während Remus nicht sicher war, ob er ihm die Hand reichen sollte. „Pass auf dich auf, Harry,“ flüsterte er fast, die so gewohnte Heiserkeit in seiner Stimme rau durch das Wispern klingend. „Bleib' in Verbindung.“ Wahrscheinlich würde er das nicht. Nein, ein Potter bat nicht um Hilfe, egal, wie dringend er sie brauchte. Und eigentlich, ja, was war er da für ihn? Ganz ähnlich diesem Stich von vorhin, was da hoch schwappte. Ein Jahr sein Lehrer. So viele Schlaflieder, so viele Geschichten. Und dennoch war es Sirius, um den er herzzerreißend trauerte. Das Zähneknirschen blieb ungesehen.

So schnell ging nun alles, wie der Junge lächelte, ganz verklärt und glücklich, obwohl er die Sommerwochen bei seiner Tante und seinem Onkel und seinem scheußlichen Cousin vor sich hatte. Den Schrankkoffer aufsammelnd, sich nicht einmal mit Hedwigs Käfig helfen lassend, winkte Harry ein letztes Mal, drehte sich herum und stapfte davon, erhobenen Hauptes, wie man ihn noch nie in die Ferien hatte gehen sehen. Am liebsten wollte man lauthals lachen und die Daumen in die Hosenträger stopfen, auf den Fersen vor und zurück wippen und einen tiefen Atemzug nehmen, und Remus ertappte sich dabei, wie er genau das tat. Kichernd rammte ihm Tonks einen Ellbogen in die Seite und beobachtete ihn aus dem Augenwinkel, und sogar Hermine schüttelte den Kopf und grinste, während Mad-Eye längst wieder grummelte und sich den Hut zurecht zupfte. „Zeit abzuhauen,“ befand er, kurz angebunden wie meistens, zog zwei Finger zum britischen Salut von der Schläfe weg und humpelte von dannen, ohne sich großartig zu verabschieden. Man sah sich eh heute Abend im neuen Hauptquartier.

Für einen langen Moment verharrten die restlichen Freunde des jungen Mr. Potter in ihrem Pulk mitten in der großen, weiten Eingangshalle von King's Cross Station, ehe die Weasleys alle gleichzeitig ihre Starre lösten und zu plappern begannen. Da wurde geschoben und gedrückt, Gepäck aufgesammelt und gerecht aufgeteilt, wie die jüngsten Mitglieder der riesigen Sippe nun in den Schoß der Familie zurück gekehrt waren. „Also dann, Hermine!“ streckte Ron seiner muggelstämmigen Freundin die Zunge heraus und stolperte hinter seiner Abschiedsgrüße johlenden und halb über einander fallenden Meute her. „Bis bald, Ron! Wir seh'n uns, Ginny!“ flötete Miss Granger, ihre Eltern ebenfalls zur Heimkehr auffordernd. Wie eine Polonaise aus Fliegenpilzen, eine Rotte gackernder Rebhühner, rollte Familie Weasley hinaus auf die Straße und verschwand hinter umschlagenden Türen in gleißendem Sonnenlicht.

„Tja,“ zuckte Hermine die Achseln und lächelte süß, wie ihre beiden Gryffindor'schen Jahrgangsgenossen es wohl kaum von ihr erwartet hätten. Ihre widerspenstigen Naturkrausen in einem Pferdeschwanz zusammenbindend, gar nicht angetan davon, dass ihr Vater den Koffer ohne Magie tragen wollte (und musste), quiekste sie regelrecht, bevor sie wieder aufsehen konnte. „War schön, euch zu sehen!“ Sofort schlang Dora einen Arm um die 16jährige, knuddelte sie durch, bis sie fast kreischend lachte und klopfte ihr auf den Rücken wie einem Saufkumpanen. „Mach's gut, Kleine!“ Stocksteif dagegen ragte Remus Lupin in seinem verwaschenen Mantel auf, der graublaue Pullover mit den ausgeleierten Bündchen darunter nur im Kragenbereich zu erkennen, und er zwinkerte mit seinem schönsten und schiefsten Lächeln. „Hab' eine gute Zeit Zuhaus',“ wünschte er dem Mädchen, und endlich machte sich auch Familie Granger aus dem Staub.

Zurück blieben zwei Mitglieder im Orden des Phönix zwischen eifrig laufenden Pendlern, die ihre U-Bahn erreichen wollten, zwischen verwirrt auf Anzeigetafeln stierenden Reisenden mit Trolleys und Koffern an den Händen, während hier und da Wartende auf einfachen Bänken die Times lasen, an Strohhalmen in Dosen saugten oder einfach nur, fast wie sie, der lebhaften Menge zuschauten. Remus seufzte wie nach schwerer Arbeit, die nun erledigt war, kreuzte die Handgelenke auf seinem Rücken und streckte die Ellbogen lang durch. „Hm,“ machte er langgezogen, schaute nur schräg von oben auf die junge Frau herab, die neben ihm ihre Hände in den Hosentaschen ihrer engen Jeans vergrub und halb erwartungsvoll, halb schon lachend, zu ihm hochschaute. Dieses Geräusch kannte sie genau. Das verhieß nichts Gutes, höchstens reichlich Blödsinn. Sie konnte es kaum erwarten.

Das laute Magengrummeln verriet ihn schon, bevor er es von sich geben konnte, und sich auf die Lippe beißend grunzte Tonks regelrecht vor unterdrücktem Kichern. „Hungrig?“ fragte er, als wäre das von ihr gekommen, und sie entschied, einfach mit zu spielen und nickte eifrig. Oh ja, natürlich! Sie hatte hier einen Wolfshunger, wer denn sonst? Eine Hand zurück ziehend, um sich den ausgestreckten Finger auf die zusammen gepressten Lippen zu legen, knurrte Remus erneut überlegend und rollte dabei mit den Augen. „Was essen?“ schlug er eine adäquate Lösung vor und löste damit eine äußerst zweigeteilte Reaktion aus, die ihn selbst mehr überraschte als sie.

Die rosigen Wangen wurden ganz bleich, wie sie zu stottern anfing, und richtig verlegen drückte sie die Arme durch und zog somit die Schultern so weit hoch, dass ihr herzförmiges Gesicht dazwischen verschwand wie bei einer erschrockenen Schildkröte. Kaum ansehen konnte sie ihn noch, wie sie herumdruckste, und tiefe, horizontale Falten schummelten sich auf Remus' Stirn. Was sollte denn das jetzt? Seit wann hatte sie ein Problem mit Futter? Keine Ahnung, welche ihrer Gesten sie verriet, ob es das Wühlen in den Hosentaschen war oder das kurze, errötende Schielen in Richtung seiner Brusttasche, aber er spürte selbst unangenehme Hitze den Nacken hinauf steigen, wie er begriff. Sie hatte kein Geld dabei. Und nahm so von vornherein an, dass auch in seiner Brieftasche kein einzelner Knut, geschweige denn ein paar Muggelmünzen klimperten, dass sie lieber 'nein' sagte, um ihn nicht in Verlegenheit zu bringen. Die Muskeln in seinen Kieferwinkeln bildeten feste Klumpen, und das steile Dreieck auf der Nasenwurzel ließ sich nicht ausradieren, obwohl er weiter zu lächeln versuchte.

Ewigkeiten hatte er sich nicht mehr dafür geschämt. Es war nicht seine Schuld, dass er kein festes Einkommen hatte, er konnte nichts dafür, dass man ihn nicht einstellen wollte in einem guten Job, seiner Fähigkeiten würdig. Und wenn jemand seine geflickten Roben beäugte oder die Lippe hochzog wegen der uralten Schuhe, dann war das eben so, dann lächelte er und blieb freundlich, wie immer. Es war ihm eben egal. Es machte keinen Unterschied. Aber das hier, das war anders. Weil John immer gezahlt hatte. Weil er gesorgt hatte. Weil man das so verlangte, auch von sich selbst. Ein Mann, der das nicht konnte? Minderwertig. Er hätte nie geglaubt, dieses Gefühl von damals steigern zu können, dieses bleischwere Gewicht, als er zum letzten Mal die kleinen Backsteinstufen hinunter geschritten war.

Er wollte sie damit nicht belasten. Wozu auch? Einen Sommer lang noch vielleicht, bevor das Schicksal seinen Lauf nahm, wie immer eben. Charlie vielleicht, hm? Netter Kerl, gutaussehend, jung, abenteuerlustig, eigentlich gar nicht so verkehrt, oder? Und für seinen Geldbeutel war sicherlich mehr drin. Obwohl die Sonne schien, wurde er wieder blasser, wie er geradeaus schaute und nur nach außen hin weiter lächelte. „Fish und Chips?“ Nichts Besonderes. Aber man konnte es essen. Es schmeckte. Und gab es an jeder Ecke für fast nichts. Augenblicklich rauschte ein Schub dunklen Blutes durch ihre Wangen und sackte zurück, wie sie erleichtert ausatmete und das nicht vor ihm verbergen konnte. Das war in Ordnung. So viel seiner kostbaren Ersparnisse durfte er bei ihr lassen, ohne dass es ihr unangenehm oder gar peinlich war. Dass es für ihn so nur noch schlimmer wurde, brauchte sie nicht zu wissen.

Mit ihrem schönsten Lächeln, die pure Lebensfreude auf zwei Beinen, hakte sie sich bei ihm ein, konnte einfach nicht verstehen, wie man bei einem solchen Wetter so viel anhaben konnte, und schob ihn regelrecht hinaus, den selben Weg, den schon ihre Freunde zuvor genommen hatten. „Einverstanden,“ bekräftigte sie, und so standen sie bald an einem Stehtischchen draußen auf der Euston Street, die neogotische Fassade von St. Pancras Station leuchtend gegen den strahlend blauen Himmel abgezeichnet, und die langen Ausläufer von dünnen, grauen Schlierenwolken verbargen sich noch hinter den Türmchen und Dächern, als die Sonne bereits unterzugehen begann.


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Es gibt einen Grund dafür, warum alle großen Fantasy- und Science-Fiction-Filme im Gedächtnis der Leute geblieben sind. Sie haben eine große Tiefe und nicht nur eine oberflächliche Handlung. Und deswegen werden wir in 50 oder 100 Jahren auch immer noch die Harry-Potter-Bücher lesen und hoffentlich die Filme anschauen.
Michael Goldenberg