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Im Silberlicht bis Nimmermehr - Ein praktischer Leitfaden

von Teekon

„Remus!“ herrschte Black ungeduldig und fuchtelte frustriert mit den Armen, aber er bekam immer noch keine Antwort. Viel zu vertieft war der Älteste in seine Aufgabe, die Brauen fest ineinander geschoben, eine steile, dreieckige Falte mitten zwischen den Augen auf der Nasenwurzel, wie er mit ausgestrecktem Zeigefinger die vielen Buchrücken abfuhr. „Remus!“ versuchte er es erneut, ein brummeliges Wispern in der fast vollkommenen Dunkelheit. Es brachte rein gar nichts. Alles, was er erntete, war das zischelnde „Shh“ von Lily, die schon ausholte, als wolle sie ihm fest auf die Finger schlagen.

Still sollte es eigentlich sein an diesem Ort, um diese Uhrzeit, aber nicht heute Nacht. Das fischnetzartige Gitter aus Messingstreifen war beiseite geschoben worden, das Schloss geknackt, ohne es wirklich zu beschädigen, und nur das feine, blasse Licht einer entzündeten Zauberstab-Spitze leuchtete zittrig die nächste Umgebung aus. Es reichte gerade so, um das Glitzern von mit Blattgold verzierten Schriftzügen zu erkennen, um Titel und Verfasser lesen zu können, aber mehr wagten die fünf Schüler nicht. Schlimm genug, zu so später Stunde außerhalb der Gemeinschaftsräume herum zu laufen. Aber dann auch noch das hier? Undenkbar, so erwischt zu werden, mit so brisantem Material bewaffnet.

Ein Abenteuer, normalerweise, ein solcher Ausflug nach Mitternacht, begleitet von Potters Tarnumhang und beschützt von der voraus ahnenden und warnenden Weitsicht der gemeinsam erstellten Karte, doch was ihnen sonst genüssliches Kichern und eine diebische Freude bereitete, konnte heute Nacht keinen der Rumtreiber irgendwie befriedigen. Zu verstörend ihre Annahme, zu beunruhigend die Entdeckung. Was so einfach ausgesehen hatte am Anfang, was sich so normal und üblich präsentiert hatte, entpuppte sich bei genauerer Betrachtung als gefährliches Utensil. Und um das herauszufinden, um ganz sicher zu gehen, waren sie nun hier, sie alle, in der Verbotenen Sektion der Bibliothek von Hogwarts.

Die hohen Bücherregale, bis an die Decke reichend, warfen bedrohliche Schatten ringsherum in dem bleichen Lichtkegel, und ihre mittlerweile recht groß gewachsenen Gestalten konnten ihnen selbst Angst machen. Wenn sich jemand bewegte, knisterte Stoff, knarzte der Boden, bewegten sich aufgestapelte Pergamentrollen, und am liebsten wollte man nicht einmal mehr atmen. Das hier war was Anderes als bei Vollmond über die Wiesen zu sprinten und Schafe zu erschrecken. Da riskierte man eine Menge. Keine Ahnung, welcher Lehrer heute Nacht Patrouillendienst hatte, aber keinem wollten sie in die Hände fallen, nicht einmal Professor McGonagall.

Buchrücken an Buchrücken sperrte das spärliche Funkeln von Sternen am Himmel gänzlich aus, die Butzenscheiben verzerrten die Außenwelt grotesk zu verzogenen und gekrümmten Karikaturen. Niemand beachtete sie. Wie sauber und ordentlich es hier war. Kein Staubkorn, nirgendswo, jeder Stuhl bis an die Polsterung der Lehne an die hohen, schweren Tische angeschoben, auf denen sonst bei Tage ihre Mitschülerinnen und Mitschüler ihre Hausaufgaben erledigten, für Essays und Aufsätze recherchierten oder sich auf die Abschlussprüfungen vorbereiteten. Das Gleiche, was auch sie eigentlich tun sollten. Aber das ging nicht. Zu viel geschehen – mal wieder – in zu kurzer Zeit. Darauf konnte sich keiner von ihnen mehr konzentrieren.

Ob der Teppich, der die einzelnen Stufen zwischen den Reihen bedeckte, nun grün oder blau war, das ließ sich bei diesen Verhältnissen nicht mehr erkennen. Feine Leisten aus bestem Holz schlossen jede davon ab, und man musste höllisch aufpassen, nicht daran hängen zu bleiben, wenn man vorsichtig den Fuß hob, um sich höher zu stemmen. Und wie es knirschte im Gebälk. Zu schwer ihr Gewicht von zusammen bestimmt gut 880 lbs, aber dennoch wollte keiner zurückbleiben. Sie alle wollten das sehen, aus erster Hand, wollten dabei sein. Klopfende Herzen, das Gefühl von Verwirrung und Enttäuschung und sich langsam nur steigernder, misstrauischer Furcht in jede einzelne Faser des Körpers eingedrungen. Sirius mochte das nicht. Und deshalb sollte Moony schneller machen.

Aber Remus hörte nicht zu, egal wie oft er seinen Namen heiser flüsterte, sondern beugte sich nur weiter vor, die prominente Nase beinahe gegen die staubig-muffig riechenden Wälzer gedrückt. Wie ein alter Mann, der seine Lesebrille verlegt hatte, schaute er dabei aus, und dabei brummte er überlegend vor sich hin, selbst langsam die Geduld verlierend. „Es muss irgendwo hier gewesen sein,“ meinte auch Lily, den kurzen Weidenstab näher an die Bücher in der linken, unteren Ecke des Regals heran bringend, vor dem sie und ihr bester Freund sich aufgebaut hatten. Zwischen ihnen, einen halben Schritt hinter und eine Stufe unter ihren aufragenden Gestalten, knabberte Peter unruhig an seiner Lippe herum, und selbst in der Finsternis erkannte man deutlich das Ausschlagen seiner nervösen Augen, nur am Funkeln der flackernden Reflexionen darin.

Leise ächzte der kurz geratene Junge mit den fussligen Haaren, elektrisch aufgeladen jede einzelne Strähne davon, dass sie wie Spinnweben in Herbstnebel flogen und nahezu schwebten. Merkwürdig sah das aus, und Sirius kam nicht umhin, wie hypnotisiert auf eines dieser sacht tanzenden Büschelchen zu stieren. Das lenkte ihn ein wenig ab, das beschäftigte, solange die beiden Streber vor sich hin suchten. Und was Potter da machte, eine Reihe weiter und dennoch immer vorsichtig in Reichweite seiner Freunde, wie er dicke Stapel an gelochten und aufgetackerten Papieren durchwühlte, das wollte er jetzt gar nicht so genau wissen. Nur rasch fertig werden hier und so bald wie möglich wieder in die Sicherheit ihres Turmzimmers verschwinden. Mit dieser Entdeckung, mit dieser so simpel anmutenden Frage des kleinen Wurmschwänzchens, hatte sich alles verändert. „Findest du das hier nicht irgendwie komisch?“

Und jetzt stand er da, bepackt, die beiden kurzen Ärmchen voll mit einem ganzen Haufen von kleinen Mäppchen und Büchern, gar nicht mal so schwer und umfangreich jedes für sich gesehen, aber im Ganzen genommen doch eine enorme Last. Und das war nicht nur tatsächlich gesprochen, wenn er daran dachte, welchen Inhalt diese Schriften boten. Die Bilder alleine hatten selbst einen so harten Kerl wie Black ganz schön aus der Fassung gebracht, aber die Beschreibungen der entsprechenden Flüche, die Zusammensetzungen der Tränke und Gebräue, die ließen einem die Haare zu Berge stehen. Kein schöner Anblick, nein, keineswegs. Und jetzt, in der dunklen Bibliothek, wo das Knarren der Dachschindeln über ihnen so präsent war und die Eulen auf der Jagd in dieser angenehmen Sommernacht gurrten, trieb einem die pure Erinnerung einen eisigen Schauer über den Rücken.

Schnaufend von seinem schweren Gepäck, winzige Schweißperlchen auf der weißen Stirn, beobachtete Peter stumm seine Freunde bei ihren Untersuchungen. Eigentlich war es nicht wirklich notwendig, irgendwie war es doch eindeutig, um was es sich bei diesen Büchern handelte, die er dort zur Lektüre bekommen hatte, Aufgabenheftchen, Hilfestellungen, Zusammenfassungen und Repetitorien (so ein schönes, hochtrabendes Wort), um all die verpassten Unterrichtseinheiten und den nachzuholenden Stoff anschaulich und vielleicht ein wenig leichter verständlich erklärt und noch einmal vorgelegt zu kriegen. So jedenfalls hatte man ihm das gesagt, und nicht nur ihm, sondern auch vielen anderen Schülerinnen und Schülern, die regelmäßig zu dieser Veranstaltung in der Mittagspause gingen. Und dann so etwas. Wenn er nicht so neugierig gewesen wäre, wenn er nicht vorausgeblättert hätte und chronologisch, Stück für Stück, Kapitel für Kapitel vorgegangen wäre, er hätte es womöglich nicht einmal bemerkt. Und das war es, was Pete am meisten Angst machte.

Nicht nur ihm. „Geschickt gemacht,“ hatte Remus gemurmelt und sich den Bart gerieben, ganz ähnlich wie es Professor Flitwick immer tat, wenn er ein besonders mieses Essay korrigierte. So leicht, so einfach wurde man tiefer und tiefer hineingeführt und gezogen in diese nicht gerade anständige Zauberei, und hätten Leute wie Peter, Drag und diese ganzen unterbelichteten Tölpel aus dessen Kreis auch nur das geringste bisschen an Latein verstanden (und immerhin zauberten sie in dieser Sprache hauptsächlich), hätten sie es schon am Titel festmachen und kapieren können: Cantio umbraticus – Schattenzauber. Passend. Denn das waren sie, jeder einzelne. Die ersten aufgeführten Inkantationen vielleicht nicht allzu offensichtlich, eben ein bisschen suspektes, aber bloß lustiges und albernes Herumgefluche, so wie sie selbst, diese vier Jungs hier in Miss Evans' feiner Gesellschaft, gelegentlich anwandten gegen ihre ungeliebten Mitschüler aus dem Haus mit der silbernen Schlange, Ad mallelolum, Impedimenta, Levicorpus, sowas eben.

Aber dabei blieb es nicht. Sandkorn für Sandkorn, wie die Ameise im Trichter, rutschten die Sprüche abwärts in einen dunklen Strudel aus schwarzer Magie. Zum Fürchten, was auf den letzten Seiten stand. Man mochte nicht mehr daran denken, aber sie mussten. Denn nicht nur Peter hatte Bücher wie dieses bekommen. Sondern Jungs, auch Mädchen, doch besonders Jungs, die dumm genug waren, die indoktrinierbar genug waren, jedes Wort der Erklärungen zu glauben und jeden dieser Flüche anzuwenden und auszuprobieren, auf Teufel komm' raus. Im wahrsten Sinne des Wortes. Und das vermutlich sogar noch unterstützt von ihrem Umfeld, in Hogwarts wie Zuhause. Das schiefe, grinsende Gesicht von Mulciber und Sohn schwamm einem jeden von ihnen sofort vor dem inneren Auge, und eine Gänsehaut rauschte so fest über Sirius' Arme, dass er sie sich reiben und zischelnd einatmen musste.

Patsch! Im selben Moment hatte Lily ausgeholt und mit der flachen Hand hart auf den Buchrücken geschlagen, den sie gesucht hatte. Nicht nur Pettigrew zuckte erschrocken zusammen davon, und der Stapel auf seinen Ärmchen klapperte, wie ihm beinahe die Kraft ausging und sich die ganze Säule aus Heften gen Gravitation bewegte, bevor er sich fangen und das Malheur verhindern konnte. Blac's Zähne schlugen lautstark aufeinander, und er duckte den Kopf zwischen die Schultern, während seine Augen sich weiteten, und nur Remus blieb ruhig, wenn auch weiterhin enorm angespannt. Was James da hinter dem Regal in seiner düsteren Ecke veranstaltete, blieb verborgen.

„Hier ist's!“ flüsterte ihr so weiblich hohes Timbre dazu, und schon grabschten Remus' kräftigere Finger nach dem Band, zogen ihn mit geübtem Griff aus dem Verband der unzähligen Bücher heraus und klappten ihn auf dem Unterarm des jungen Mannes auf. Nur schwer lesen konnte Sirius von seinem Standort aus, um welchen Wälzer es sich handelte, den die Zwei da offenbar gesucht und gefunden hatten. Dafür war es einfach zu dunkel, warf Moonys breiter Oberkörper zu lange Schatten über die Seiten, und nur die dicht gedrängte Handschrift auf dem Pergament in ganz spezieller Anordnung suggerierte ein Lexikon oder Nachschlagewerk. Sich darüber beugen zu wollen, brachte rein gar nichts. Zu gering war der Abstand zwischen Remus und der Bücherwand.

Mit der freien Hand fuhr Lupin hastig die Zeilen ab, seine Augen, leuchtend und strahlend selbst in diesen spärlichen Lichtverhältnissen, huschten von links nach rechts und wieder zurück in einem so unglaublichen Tempo, dass man ihnen kaum folgen konnte, und dabei formten seine Lippen noch jedes einzelne Wort stumm mit, über das er drüber las. So schnell, wie er die richtige Seite entdeckt hatte, konnte es sich tatsächlich nur um eine Auflistung in alphabetischer Reihenfolge handeln, und schon ballte der 19jährige die Faust und unterband so gerade eben noch einen energischen Schlag auf die welligen und spröden Seiten. „Ich hab's gewusst!“ zischte er grimmig und runzelte die Stirn nur umso mehr, und Lily knirschte mit den Zähnen und holte tief Luft.

Jetzt reichte es wirklich! Sirius wollte auch wissen, worum es ging, wollte nicht mehr bloß der Typ sein, der die Karte im Auge behielt, um die ganze Meute rechtzeitig zu warnen, sollte sich irgendwer, Filch, Mrs. Norris oder ein Lehrer auf Patrouille, der Bibliothek im Entferntesten nähern. Fast schon mit Gewalt musste er sich davon abhalten, das gute Stück nicht zu zerknüllen, und seine Locken hüpften vor Anspannung, als wollten sie seinen Gemütszustand auf die Art wiedergeben. Aber mehr als sein Kinn in Remus' Oberarm einzuhaken, bekam er nicht zustande. Von der anderen Seite drängte sich Peter dazwischen, so gut er eben konnte mit dem ganzen Berg an Büchern auf den Armen, blinzelte in die Dunkelheit hinein, halb geblendet von Lilys Lumos direkt neben seinem Gesicht. Sprechen tat er allerdings auch nicht, und James rumorte noch immer hinter den Kulissen herum und sagte keinen Ton.

Das feinblasige Knurren, das Moonys Kehlkopf entwich und seinen Adamsapfel zum Vibrieren brachte, passte hervorragend zu Stimmung und Umgebung, und beinahe erwartete Sirius einen unverhofft mitten im Monat aufgehenden Vollmond vor den hohen, verschwommenen Fenstern der Schulbücherei. Seine Nackenhaare sträubten sich, und er schluckte so fest, dass es weh tat. Trotzdem wollte er es endlich wissen, und noch ehe er darum wiederum scheußlich nervig bitten musste und konnte, tat ihm das Mädchen im Bunde den Gefallen und las laut für alle vor, was die beiden Jahrgangsbesten zu finden gehofft hatten:

„'Die Cantio umbraticus wurde schon drei Jahre nach ihrem Erscheinen im Jahr 1687 auf die Liste der verbotenen Zauberbücher gesetzt und als Grimoire eingestuft, ebenso wie mindestens vier weitere Werke des Autors Damasus Patrator.'“ Augenblicklich quietschte Pettigrew erschrocken und hätte beinahe erneut alle Bücher fallen gelassen, die er mit Müh und Not auf zitternden Armen und schwitzigen Händen noch halten konnte. „Verflucht!“ rutschte es Black heraus, und irgendwo hinter dem nächsten Bücherregal ertönte ein zustimmendes Grummeln. Auch James hatte sich offenbar ganz ähnliche Gedanken darüber gemacht. Ein verbotenes Zauberbuch, eine waschechte Grimoire. Und wieso Remus so genau gewusst hatte, wo er diesen Titel schon einmal gelesen hatte, und warum er eine solche Aufzählung in der Rumpelkammer seines Hirns vertreten hatte, musste er zumindest drei illegalen Animagi nicht erklären. Und Lily? Lily fragte nicht danach.

Statt dessen fuhr die junge Frau fort: „'Patrator machte sich im Besonderen durch seine Versuche mit Geistertransfers einen Namen und war dafür bekannt, künstliche Körper mittels schwarzer Magie nicht nur erschaffen, sondern auch beseelen zu können' ... Ihgitt!“ schüttelte sie sich, und das laute Schlucken ihrer Freunde ringsherum kam so gleichförmig wie bei der Weltmeisterschaft im Synchronschwimmen. Die spontane Übelkeit, die jedem Einzelnen im Brustkorb nach oben stieg und sich drückend von unten gegen die Drosselgrube schob, konnte kaum unterdrückt werden, und unwillkürliches Keuchen vertrieb sie nur schwach. Ekelhaft. Was für eine Vorstellung. Wie Patrator, der Schwarzmagier aus dem 17. Jahrhundert, solche Taten vollbracht hatte, darüber wollte niemand so genau Bescheid wissen oder überhaupt nur einen Gedanken daran verschwenden. Es war auch nicht wichtig. Eines stand durch diesen kurzen Satz zumindest deutlichst fest: Euphemius Bradshagh, der nette junge Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste, war entweder erschreckend dumm oder grauenerweckend berechnend.

„Merlins versiffte Unterhose!“ murmelte Sirius und schüttelte den Kopf, wie er sich als Erster wieder fing und aus den trüben Grübeleien wieder hierher zurück fand in die Bibliothek. „Ist denn die ganze Welt plötzlich schwarz wie die Nacht geworden?“ Einfach nicht zu fassen. Als würden aus allen Ecken die Dunklen Zauberer kriechen, wie eine Krankheit, wo so viele Jahre zu vor, seit dem Sturz des Großen Grindelwald vor über drei Dekaden, keiner es mehr gewagt hatte, diese Kunst auch nur in größter Heimlichkeit auszuüben. Nicht einmal so eingefleischte Düsterlinge wie die Blacks, und wer könnte das besser wissen als ihr verlorener Sohn? Die Antwort kam von unerwarteter Seite, als James' Stimme dumpf und gedrückt, als spräche er durch einen schweren Vorhang hindurch, von der anderen Seite des Regals zu vernehmen war: „Nein, bloß Voldys Stammtischbrüder.“ Und damit ließ er sich endlich wieder blicken, einen schweren Schuber alter Tagespropheten auf dem Arm.

Nicht nur Remus hatte sich an den Titel des Buches erinnert, das Peter in jener Nacht auf seinem Bett gelesen hatte, während Sirius Zaubertränke für Fortgeschrittene durchforstet hatte. Konnte schon sein, dass James natürlich, selbstverständlich, auf keinen Fall jemals eine Grimoire angerührt hatte (auch wenn er ihre Zauber genutzt hatte, um Krone zu werden und sich darum keinen Deut scherte), aber ein gutes Gedächtnis hatte er dennoch. Und er hatte das schon mal gehört, Cantio umbraticus, alleine wegen des so einprägsamen Klanges gemerkt und abgespeichert. Und hier und heute Abend, wo sie zwischen all den Büchern herum geforscht hatten, war es ihm auch wieder eingefallen, wo das gewesen war und wann. Die abgeheftete Zeitungsseite seinen Freunden präsentierend, tippte er mit dem Zeigefinger der linken Hand wenig triumphierend, resigniert und nur noch beunruhigter als ohnehin schon, auf den Artikel, den er ihnen zeigen wollte.

August 1975, wenige Wochen vor ihrem großen Zauberakt drüben in der Heulenden Hütte, fast unscheinbar, die kurze Berichterstattung am Rande, wo derlei Dinge doch so häufig geschehen waren seit jenem Sommer: Einbruch bei Flourish & Blotts. Augenblicklich hellte sich bereits Remus' ganzes Gesicht auf, erinnerte er sich äußerst lebhaft an die Gegenüberstellung bei seinem Einkauf für die Schule vor dem fünften Jahr, an die beiden grimmigen Auroren rechts und links von der Eingangstür seines Lieblingsgeschäfts und an den furchtbaren Mann, den man abgeführt hatte, den überführten Dieb. Die Gänsehaut, die seinen Nacken erfasste, war so stark, dass ihm jedes Härchen Schmerzen bereitete, aber Remus rührte sich nicht, sondern starrte nur sacht nickend, die Kiefer fest aufeinander gepresst, auf die Zeilen, die James hervorhob.

Da war es. Ganz klein nur, wie nebenbei aufgelistet irgendwo mitten in diesem winzigen Stück Nachricht von diesem und weiteren Diebstählen in der ganzen Gegend, von Kunstraub und aufgebrochenen Sammlungen. Cantio umbraticus, entwendet aus dem privaten Vermögen eines Geschichtsforschers, eines Spezialisten für die Prävention von schwarzmagischen Umtrieben. Den fünf jüngsten Mitgliedern im Orden des Phönix musste niemand extra erklären, in wessen Auftrag all diese Schätze und Geheimnisse geraubt und fortgeschafft und offenkundig dupliziert worden waren, und bei einem Lexikoneintrag wie diesem, einer Erwähnung der Werke und Großtaten des Damasus Patrator, erschloss sich selbst dem Dümmsten von ihnen die Hintergründe, und dieses Mal konnte Peter die Bücher nicht mehr rechtzeitig festhalten.

Eins nach dem anderen polterten und donnerten die Bände auf die Stufe vor ihm und die bloßen Dielen rund um seine Füße, und niemand schaffte es, diesen Lärm noch abzuwenden. Es schimpfte ihn nicht einmal jemand. Mehr als verständlich. So bleich, so blass war Pettigrew nun, seine dünnen Lippen zitterten und bebten, und der ganze pummelige Kerl schien sich wie Wackelpudding in der Sonne aufzulösen, bis er sich wimmernd die Hände vor das Gesicht schlug und hemmungslos schluchzte, ohne zu weinen. In was für Kreise geraten! In welcher Gesellschaft gewesen, ohne es zu ahnen! Vertraut, diesem Mann, Probleme, Ängste, angesprochen und anvertraut, sich aufgehoben und verstanden gefühlt, nur um herauszufinden, was dahinter steckte. Diese Blöße, diese Scham, er kam sich vor, als stünde er splitternackt auf dem Lehrerpodest in der Großen Halle zur Mittagszeit, und alle würden lachend auf ihn zeigen. Aber keiner lachte.

„Und wir haben nichts gemerkt,“ sagte Potter nur tonlos, wie damals nach verlorenem Spiel gegen Slytherin, runtergeputzt 180:20, belegt und matt die Stimme. Das ganze Jahr über nicht. Der Unterricht war gut gewesen, angenehm, das Tempo wunderbar angepasst, die Themen spannend und interessant und geschickt herübergebracht. Niemals hatte Bradshagh ihnen Anlass zu Sorge oder Klage gegeben. Und nun das. Getäuscht, die ganze Zeit. Fieberhaft rauchten die Köpfe, suchte ein jeder von ihnen in den Erinnerungen nach Andeutungen, nach kleinsten Hinweisen, aber da war nichts. Immer korrekt, immer freundlich, adrett, ohne übermäßig herausgeputzt zu sein, so ganz anders als die Twynham. Ihnen so nah, jung und dynamisch und am Puls der Zeit, kaum älter als seine Schüler und ihnen auch in Verständnis und Weltsicht so ähnlich, man hatte sich wohl gefühlt, gemocht, anerkannt. Aber es stimmte: Egal wie oft sie versuchten, es sich vorzustellen, Euphemius Bradshagh trug selbst in brennender Sommerhitze lange Ärmel.

Lily schnaufte, wütend, angeätzt, konnte sich nicht entscheiden, wem ihr Zorn mehr galt. Dem verräterischen Lehrer, dem Verführer, dem miesen Lügner, oder sich selbst für diese Blindheit, für dieses unverdiente Vertrauen in solchen Zeiten. Und sie hatte doch eine Ahnung gehabt, sie hatte doch dieses ziehende Gefühl gespürt und nichts gesagt und nichts getan. Als wäre er mit einem Male gewahr geworden, dass er all dieses suspekte Zeug, diese vielen schlimmen Bücher vor und um sich herum verteilt hatte, quietschte Peter erneut und bückte sich hastig, klappte einfach ein wie ein Schnappmesser und begann hektisch, die durcheinander geworfenen, offen auf dem Rücken oder mit nun geknickten Seiten auf der Falz gelandeten Heftchen und Mäppchen aufzusammeln, verzweifelte Geräusche von sich gebend. Ganz perplex, mitleidig und schockiert, starrten seine Freunde ihn dabei an, wie Pettigrew in sich steigernder Panik die Beweise zu verstecken versuchte. Er konnte doch nichts dafür! Er konnte wirklich nichts dafür, sie nahmen es ihm nicht übel, sie hielten ihn doch deshalb nicht für einen Schwarzmagier! Aber Peters Angst war greifbar, schneidbar wie frisches Brot. Sich einer nach dem anderen aus der Starre lösend, hockten und knieten sich auch Remus, Lily und Sirius hin und halfen, und James legte den Propheten zurück und beteiligte sich ebenfalls.

Besser, viel besser. Erleichtert, wo er nicht in der Lage war, mehr als drei der unzähligen bisher getragenen Bücher in den schweißnassen Händen fest zu halten, plumpste Peter auf den Hintern und lachte heiser, nervös und so gar nicht belustigt, und er wischte sich mit dem Ärmel über die Stirn. „Ist schon gut, Pete,“ tröstete Sirius mit einer Hand auf seinem Oberarm, während die anderen sich beluden, und auf der Karte rührte sich nichts. Offenbar hatte niemand den Lärm hier oben gehört, und falls doch, hatte man ihn wohl Peeves zugeschrieben und kümmerte sich nicht weiter darum. Das hätte den Poltergeist nur dazu verleitet, das Spielchen noch weiter zu treiben. Glück für sie.

Ob es der gemeinsame Gedanke an das gute Hausgespenst war, wussten die fünf Jugendlichen in der Bibliothek nicht, aber ihre Stimmung, empört und entrüstet zwar, aber mehr und mehr nun entschlossen, kampfesbereit wie eh und je, veränderte sich. Die fast peinlich berührte, beschämte Wut wich einem grimmigen Unmut, einem stillen Durst nach Vergeltung. Damit würde er nicht davonkommen. Hogwarts würde sich wehren, so wie es das immer getan hatte. Und wenn es sein musste, dann eben wieder in der Gestalt dieser Herrschaften hier, Evans, Potter, Lupin, Pettigrew und Black. Und um diesem neuen Gefühl Ausdruck zu verleihen, quiekste Lily achselzuckend. „Paranoia also, ja?“ streckte sie Sirius die Zunge heraus, und er grinste sofort begreifend und zwinkerte ihr zu. Da musste man ihr eben einfach recht geben. Manchmal war ihre Menschenkenntnis wohl doch nicht so für die Füße. Auch die anderen drei jungen Männer kicherten amüsiert, sogar Peter, der sich mehr und mehr fing.

Mehrere kleine Stapel gebildet, hatten sie das Chaos rasch beseitigt mit vereinten Kräften, und das eingespielte Team arbeitete bereits hervorragend. Die Karte, neben Sirius auf dem Boden liegend, hob James schon wieder auf und warf einen prüfenden Blick darauf, observierte die nächstgelegenen Gänge und suchte nach umherstreifenden Erwachsenen, um ihre sichere Rückkehr vorzubereiten und zu garantieren, während Sirius, auf den Knien herumrutschend und sich mit den Händen auf den eigenen Oberschenkeln abstützend, fragend in die Runde sah. „Was meint ihr?“ erkundigte er sich nach der vorherrschenden Meinung. „Gleich zu Dumbledore oder erst morgen früh?“
Kein Zweifel. Sie mussten den Schuldirektor von ihrer Entdeckung in Kenntnis setzen, mussten die Beweise vorlegen. Wie Dumbledore, ausgerechnet er, der den Dunklen Grindelwald besiegt hatte, nichts, aber auch gar nichts bemerkt haben konnte. Nicht zu fassen. Man konnte ihn täuschen. Unangenehm, dieser Druck auf den Schultern und der Brust, den ein solches Bewusstsein auslöste, und erneut mussten sie alle kräftig schlucken. Wenn bei ihm nicht, bei wem sonst entging dem weisen Lehrer und Richter und Kämpfer für die gute Sache eine solche Gesinnung und noch viel Schlimmeres? Nicht darüber nachdenken. Nicht jetzt. Vielleicht auch erst zu Professor McGonagall? Konnte man sie da übergehen, durfte man das, musste man? Auch sie nicht nur ihre Hauslehrerin, sondern im Orden engagiert, und trotzdem war es zu wichtig und zu groß, um lange zu zögern. Niemand jedoch konnte dazu etwas sagen.

James kam einer Entscheidung zuvor. Selbst im schwachen Licht des einzelnen Lumos deutlich zu erkennen, verdichteten sich die wie gezeichneten Brauen des 17jährigen, und er schnaufte so laut und so missmutig, dass sich alle zu ihm herumdrehten. Bis jetzt fast den Rücken zu ihm gewandt, musste Remus sich fürchterlich verrenken, um ihn ansehen zu können, und Potter knickte die Karte in seiner Hand nach vorne weg, damit sie alle einen Blick darauf werfen konnten. „Sieh' an, wer da zu später Stunde Spaziergänge macht,“ grunzte er verächtlich, und sein Handrücken mit schlackernden Fingern schlug salopp das weiche Zeichenpergament. Noch ehe sie es sehen mussten, noch bevor sie den Namen auf dem flatternden Spruchband neben seinen aufgemalten Füßen erkennen mussten, war es ihnen klar, und jedes Gesicht verdunkelte sich vor Zorn, vor Scham, vor Rachegelüsten. Euphemius Bradshagh. Auf dem Weg zur Eulerei. Bei Nacht und Nebel.

Niemand dachte jetzt mehr an Dumbledore oder daran, sich Unterstützung zu holen. Er war allein, sie zu Fünft, kampferprobt und keine Dummköpfe, und sie hatten die Karte, die ihnen seine Position verriet, ihn aber über ihre Zahl und ihren Aufenthaltsort im Dunkeln ließ. Und er wusste nichts von ihrem Kenntnisstand, ahnte nicht, dass seine Tarnung aufgeflogen war und er und seine Absichten offen gelegt waren. Keine Zeit zu verlieren. Sich nur mit kurzen Blicken wortlos absprechend, stemmten sie sich alle auf die Füße, zückten schon die Zauberstäbe, obwohl sie drei Stockwerke und ein halbes Schloss breit von ihm entfernt waren. Den würden sie sich schnappen, und dann konnte er was erleben. Keiner durfte ungestraft Kinder manipulieren und glauben, so davon kommen zu können.

Die verräterischen Bücher könnten sie unterwegs deponieren, loswerden auf Zeit in einem ihrer verborgenen Geheimgänge oder einer Nische, die außer ihnen und ihrer Karte niemand kannte. Nur den direkten Weg zur Eulerei laufen, ihn abpassen, vielleicht sogar seine Nachricht in die Finger bekommen, mit Sicherheit an Lord Voldemort persönlich gerichtet, das war das Einzige, was noch zählte in diesem Moment. Und so war es nur im Augenwinkel eigentlich, dass Sirius das mitkriegte, und er erinnerte sich über ein Jahr nicht daran, wie Remus ein paar endlose Herzschläge lang diesen Einband betrachtete, bevor er, ohne zu zögern, die langen, feingliedrigen, aber kräftigen Finger um das Büchlein schloss und es sich wie nebenbei, und dennoch irgendwie so leise und heimlich, in die tiefe Tasche seiner Robe gleiten ließ. Den Titel konnte er nicht erkennen in der Dunkelheit, und trotzdem vergaß er es nie und fragte niemals nach. Die Gelegenheit bot sich nicht, bis es zu spät war. Viel zu spät. Das Indiz, das er anführte, das Wissen, das Leben rettete. Immer wieder. Und gleichzeitig zerstörte.

Legilimentik & Okklumentik – ein praktischer Leitfaden für den guten Spion.


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