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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Der Frosch im Pyjama

von Teekon

Kalt waren die blanken Stufen an seinen nackten Füßen, wie sie es vorhin auch gewesen waren, doch erst jetzt schien es ihm überhaupt aufzufallen. Am ganzen Körper fröstelnd, schlang James die Arme um seinen schlanken Körper und klapperte mit den Zähnen, duckte den Kopf zwischen die Schultern wie eine Schildkröte und versuchte, dieses unangenehm ziehende Gefühl der Gänsehaut loszuwerden. Es gelang nicht wirklich. Und dennoch trieb er sich an, tapste auf Zehenspitzen die enge, gewundene Treppe hinunter, dieses Mal über die Ballustrade hinaus und bis ganz hinunter in den nun dunklen Gemeinschaftsraum.

Irgendwo dort unten huschten eilige Schatten zwischen den Sesseln und Tischchen hindurch, erschrockene Hauselfen, die sich endlich daran hatten machen wollen, diesen Saustall aufzuräumen, nachdem nun die letzten beiden Schüler das Feld geräumt hatten. Missmutiges, quietschiges Zetern und Murren konnte der Quidditch-Kapitän wahrnehmen, aber er ignorierte es, so gut er eben konnte, trat aus dem schmalen Aufgang hinaus und hielt sich gleich rechts an der Wand, um nicht in der Finsternis über irgendetwas zu stolpern, und sei es nur die Teppichkante. Ploppende Geräusche ertönten irgendwo aus dem runden Raum zu seiner Seite und zeugten davon, dass die Bediensteten sich lieber aus dem Staub machten.

Und dann stand er da. Und hatte keine Ahnung, was nun. Kalt war es, trotz der lauen Sommertemperaturen draußen vor den halb gekippten Fenstern, das Feuerchen im Kamin längst erloschen, und die einzige Lichtquelle stammte von einer weit heruntergebrannten Fackel gleich neben seinem Kopf. Ja, was jetzt? Schwierig war das, einen einzelnen sinnvollen Gedanken zu fassen. Wie eine riesige Spirale in seinem Kopf drehte sich das alles, ein Gemisch aus der Szenerie, aus der er soeben herunter gekommen war, all den vielen Eindrücken der vergangenen sechs Jahre mit diesem Mädchen und den bohrenden, brennenden, schreienden Fragen danach, wie er diese Situation nun auflösen könnte. 'Lily hat sich in dich verliebt,' hörte er Remus' Stimme laut dazwischen hindurch, während die Bilder vor seinem inneren Auge verschwammen in einem Strudel, so bunt, dass sich die Farben bald ineinander verloren.

So lange nun schon. So lange kannte er dieses feine Glühen in seiner Brust, das sich manchmal ausbreitete, zuerst in den Bauch und die Beine und dann nach oben bis in den Verstand, wenn er an sie dachte. Wenn er sie nur anschaute schon. Wie oft ihm das im Unterricht Peinlichkeiten bereitet hatte! Am liebsten hätte James gelacht. Nichts davon war jemals so unangenehm gewesen wie das Gefühl der Hirnlosigkeit, die Scham und Enttäuschung, wenn er sich ihr gegenüber mal wieder verhalten hatte wie der dümmste und bescheuertste Rüpel von ganz Hogwarts seit dessen Entstehung vor über 1000 Jahren. Merkwürdig, all das. Mehr als seltsam.

Wieso das so war? Warum er nicht einfach er selbst sein konnte in ihrer Gegenwart? Das hatte er nie verstanden. Und vielleicht würde er das auch niemals. So wie bei den Jungs, ganz offen, ganz frei und gelöst, es gab doch keinen Grund dafür, ihr nicht das selbe Vertrauen entgegen zu bringen. Und dabei wollte er sich doch keine Blöße vor ihr geben. Und wenn es genau das war? Keinen Nerv jetzt dafür. Er konnte und wollte darüber jetzt nicht nachdenken, nicht in diesem Augenblick, nicht wo die Erfüllung all seiner Träume so zum Greifen nah war. Er brauchte es ihr nur zu sagen. Eine simple, klitzekleine Entschuldigung. Und schon wäre alles vorbei und er könnte das sein, was er werden wollte.

Und genau das war die Mauer, vor die er gerade eben gelaufen war. Entschuldigung. Nicht gerade eine seiner Stärken. Obwohl ihn niemand sehen konnte, schoss James Potter in dem dunklen Gemeinschaftsraum heiße Röte in die hohen Wangen. Fast seine eigene kleine Lampe hätte er damit sein können, so sehr leuchtete das Blut durch die blasse Haut. Er konnte sich nicht mal daran erinnern, wie Remus ausgesehen hatte, vorhin. Als er dieses furchtbare Wort gesagt hatte. Obwohl er ihm mitten ins Gesicht gestarrt hatte, bekam er partout diesen Anblick nicht vor die Augen. 'Verräter'. Er hatte's nicht so gemeint, wirklich nicht. Er war wütend gewesen, verzweifelt, am Boden, auch wenn es vielleicht albern klang. Quidditch. Verwandlung. Schulsprecher werden. Alles schön und gut, aber nicht wichtig. Nur sie war das, nur wegen ihr konnte er so die Fassung verlieren. Und das mochte er nicht, sich nicht unter Kontrolle zu haben. Trotzdem musste er lächeln. Verzaubert. Verhext. Beides.

Es war so schwer. Hin und her gerissen zwischen dem, was er tun wollte und was er tun sollte, bewegte James sich von einem Fuß auf den anderen, wippte vor – zu Remus gehen, ihn suchen, darüber reden, jetzt, sofort – wippte zurück – Lily wecken, es ihr endlich gestehen, ehrlich sein, nur einmal. Unschlüssig drehte er sich ein und aus, den Griff seiner Arme um die eigenen schmalen Schultern dabei mehr und mehr lockernd, wie er die Kühle der Nacht vergaß. Das war verrückt. Alles total konfus und nicht zu entwirren. Wie sollte das gehen? War das egoistisch, diese Chance nutzen zu wollen? Oder war es das einzig Richtige? Er hatte keine Ahnung. Einfach nicht den leisesten Schimmer.

Fast wie eine multiple Persönlichkeit kam er sich vor, als diskutiere sein Geist auf mehreren Ebenen gleichzeitig mit ihm, dennoch vollkommen losgelöst von einander, und als wäre er nur halb wach, verhinderte er nicht die endgültige Entscheidung, die irgendeiner dieser Teile traf. Das Unterbewusstsein war es nicht. Aber trotzdem keineswegs der klare Verstand. Er kriegte es gar nicht so richtig mit, wie er entschlossen die Fäuste ballte und sich zunickte und einen festen Schritt auf den Torbogen gleich neben dem Aufgang zum obersten Jungenschlafsaal machte. Wamm! Und dieses Mal traf er wirklich eine Wand.

Das hatte er komplett vergessen. Als habe er mit der Stirn eine kaum sichtbare Glastür mitgenommen, schwankte James rückwärts und hielt sich sogleich den Schädel, stöhnte auf und rollte mit den Augen. Autsch. Der Anti-Eindringlingsfluch, der männliche Schüler von den Zimmern der Mädchen fernhalten sollte, funktionierte also nicht nur gerüchteweise. Wie ein angeschlagener Gong vibrierte die Luft glockenförmig, keine zwei Zoll von seiner Nase entfernt, und der junge Mann zischte durch die Zähne. Eine richtige kleine Kerbe hatte er da, genau zwischen den Brauen, als habe ihm jemand eine Türkante ins Gesicht gedonnert. Verdammt. Unüberwindlich, mit Sicherheit, bombenfest und einbruchssicher, eben ganz nach Gründerart, da konnte er sich drauf verlassen. Aber das ging jetzt nicht! Er musste da runter, er musste ganz einfach!

Ach, wenn er doch jetzt nur Remus hier hätte! Dem würde sicher etwas einfallen, der kannte bestimmt einen Weg dort hinunter! Aber ihn zu fragen war nun nicht möglich. Das hätte bedeutet, sich einer Sehenswürdigkeit zu stellen, die so ungewöhnlich war wie ein rotes Schaf oder Schnee im Juni, ein achtes Weltwunder: Lupin wütend! Und dabei war nicht die dünnste Sichel eines bleichen Neumonds am Himmel. Und es war sowieso gänzlich unmöglich, ihn zu finden da draußen auf den Gängen und Korridoren des Schlosses, denn er hatte die Karte dabei und somit die perfekte Möglichkeit, sich vor seinen Freunden zu verstecken. Niemand kannte die Türme und Verließe von Hogwarts so gut wie Remus, der Stockwerk um Stockwerk gezeichnet und zusammengefügt hatte, Maßstäbe ausgerechnet, immer wieder darauf gestarrt, und der so oft mit dem ausgebreiteten Pergament auf den Knien einschlief. Wenn er nicht gefunden werden wollte, dann würde ihn auch niemand zu Gesicht bekommen.

Eine schöne Ausrede, nicht nach ihm suchen zu müssen. Sich bei Lily entschuldigen für all den fiesen Blödsinn und die Dummheiten, für unhöfliches Anquatschen und den krampfhaften Versuch von überlegen wirkender Konversation, das war schon schwierig genug. Remus um Verzeihung bitten? Gänzlich nicht machbar. Trotzdem brauchte er seine Hilfe! Wie sonst sollte er zur Tür des Mädchenschlafsaals gelangen, um die Jahrgangsbeste zu wecken? Er konnte jetzt nicht schlafen, nicht ohne es ihr gesagt zu haben. Es ging einfach nicht. James rollte mit den Augen und stöhnte auf, rieb sich fest mit einer Hand die schwitzige Stirn und kriegte nicht den leisesten Faden aneinander gereiht.

Aber natürlich! Es gab keinen Grund, die gewundene Treppe hinunter bis zum Zimmer der Mädchen zu laufen. Nicht, wenn man nur eines davon sprechen wollte. Wecken, das musste er sie. Und das ging auch anders, denn Papierkügelchen, Kissen und Telum-Flüche galten nicht als männlich! Das bedeutete vielleicht, nicht nur den ganzen Mädchenschlafsaal aus den Träumen zu reißen, sondern auch eine entsetzliche Szene zu provozieren, aber das war ihm egal. Es musste sein, es wurde Zeit, es konnte nicht mehr warten.

Mit der Zunge zwischen den Zähnen zückte James Potter den Zauberstab, den er im Bündchen seiner Pyjama-Hosen getragen hatte, kräuselte die dichten, aber schmalen Brauen so sehr, dass sie wie kleine Schlangen ausschauten, und beugte sich aufrecht zur Seite, um besser um die enge Rundung der Treppe herum lugen zu können. Nur einen kleinen Streifen der gleichen, hohen Eichentür, wie sie oben sein eigenes Zimmer abschloss, das er sich mit den Jungs teilte, konnte er so erhaschen, aber es reichte. Die schmiedeeiserne Klinke war als dunkler Fleck zum Teil zu erkennen, also ging die Tür so auf, dass er es mitbekommen würde, sobald es geschah. Schweiß schoss ihm auf die Stirn, als wäre das hier ein Quidditch-Spiel am Ende der Saison und der Pokal hinge davon ab, wie gut er, der Jäger, nun treffen würde. Um die Ecke zu spielen war noch nie besonders leicht gewesen, aber es würde schon gehen. Es musste.

Zaghaft kam der erste Schlag, wollte er erst testen, wie viel das Holz aushielt und wie sicher er die scharfe Kurve überwinden konnte. Ein winziger Knall, ein roter Funke, der wie ein Sternchen im Feuerwerk zerstob, prallte gegen die verputzten Steine, und James zuckte zusammen und sog zischend Luft ein. Mist. Das war nun nicht das gewesen, was er sich erhofft hatte. Neuer Versuch. Ein weiteres Glühen knisterte durch die Luft, und dieses Mal saß es. So also würde es gehen, in genau diesem Winkel. Sich selbst zunickend, drehte der Junge den Zauberstab in den Fingern wie ein Speerwerfer die Waffe vor dem großen Wurf im Olympischen Finale, und er konnte kaum fassen, wie sehr er schwitzte. Oh Mann, nur nicht darüber nachdenken, was er da eigentlich tat.

Dieses Mal gab es ein lauteres Plopp, wie der Zauber gegen die Tür knallte, und nur eine sehr kurze Pause gönnte sich James, bevor er gleich noch einen Schuss folgen ließ. Die Mädchen sollten nicht denken, sie hätten sich verhört. Dann lauschte er hinunter in den dunklen, stillen Gang, und es rührte sich nichts. Also eben noch mal. Das ganze Handgelenk mitsamt dem Ellbogen vollführte einen Schwung, als werfe er einen Cricket-Ball, einen nach dem anderen, und jedes Mal polterte es kräftiger gegen die Tür. Das mussten die einfach hören, verflucht! Und nichts war zu vernehmen im Mädchenschlafsaal, absolut gar nichts! Frustriert, schwer atmend wie nach einem Sprint, wollte er am liebsten auf und ab hüpften, doch selbst dazu war er mittlerweile zu nervös. Es war ihm egal, und wenn er halb Gryffindor aufwecken musste, er würde eben ...

Weit ausholend, spürte James regelrecht den sich aufbauenden Kracher, den er in seinem rechten Arm vorbereitete, drehte Elle gegen Speiche und griff den Mahagoni-Stab fester, um sich so gerade eben noch zurückzuhalten und mitten in der Bewegung abzustoppen. Oh toll. Das musste ja jetzt total bescheuert aussehen. Auf einem Bein in kariertem Schlafanzug, die Haare komplett zerwühlt wie bei einer hässlichen Promenadenmischung, die von fettigen Fingerabdrücken übersäte Brille schief auf der Nase. Zu spät, um daran noch etwas daran zu ändern, als die Klinke herunter gedrückt wurde und sich die schwere Eichentür einen Spalt breit quietschend aufschob.

Keine roten Haare zeigten sich da, sondern das lange wallende Blond von Emmeline Vance, das schlanke Gesicht mit vor Müdigkeit und Aufregung zugleich zusammengekniffenen Augen, schielte sie fast an ihrer zierlichen Hand mit den langen Fingern vorbei, die sich am Türblatt festhielt. Das strahlende Blau, ein wenig matt um diese Uhrzeit, suchte rasch die Stufen ab und fand schließlich den jungen Mann dort oben auf dem Absatz, und augenblicklich rollten die Pupillen wie Murmeln. „Potter!“ herrschte sie, leise wispernd, die ungehaltene Stimmung über eine solche Störung so kurz vor Sonnenaufgang mitten in einer Schulwoche nicht gerade verbergend. „Hast du dich verlaufen oder bist du einfach nur blöd?“

Sich räuspernd, stellte James erst einmal den zweiten, nackten Fuß wieder auf die kühlen Steine zurück und zog sich das hochgerutschte Oberteil herunter. Musste nun wirklich nicht jeder seinen Bauchnabel sehen (und dabei feststellen, dass er nicht nur auf der Brust immer noch wie 14 aussah), und er konnte ja durchaus verstehen, wieso Emmeline dieser Auftritt gar nicht passte. Immerhin begannen die Jahresabschlussklausuren am folgenden Tag. Da brauchte jeder seinen Schlaf, oder das sollte man zumindest annehmen. Potter hatte jetzt andere Sachen im Kopf.

„Em,“ nannte er sie einfach in der Kurzform ihres Kosenamens, ohne darauf zu achten, ob das nun vielleicht angebracht war oder nicht, „Em, ist Lily wach?“ Er konnte nichts hören, was aus dem Schlafsaal heraus drang, nicht einmal das Rascheln einer Bettdecke oder das flüsternde Murren müder Schülerinnen. Oben wäre das anders gewesen, die Jungs brummten tieffrequenter, dem Ohr viel näher. Aber alles, was er hier wahrnahm, war das schnippische Quietschen von Emmeline. „Wie könnte jemand schlafen bei dem Lärm, den du hier veranstaltest?“ fragte sie kopfschüttelnd, rührte sich aber keineswegs, um ihm ihre Freundin zur Tür zu holen. Oh Mann! Dafür hatte er wirklich keine Nerven!

Die Ungeduld mit aller Macht unterdrückend (dafür kannte er Miss Vances Temperament einfach viel zu gut, und das nicht bloß, weil sie seine Ballbegleitung gewesen war), knirschte James mit den Zähnen. „Kann ich mit ihr reden?“ wurde er konkreter in seinem Anliegen, worauf sofort eine ihrer Brauen steil nach oben sprang. „Mal auf die Uhr geschaut, Potter?“ Als wolle er unbedingt bestätigen, dass er keine Ahnung hatte, huschten die rehbraunen Augen rasch zu seinem leeren Handgelenk. Die Armbanduhr lag natürlich oben auf seinem Nachttisch, denn es war längst Schlafenszeit, seit Stunden schon. „Ich weiß, wie spät es ist,“ behauptete James.

Die Antwort kam prompt. „Dann gute Nacht!“ Und ihr Kopf mitsamt den Haaren verschwand in dem schmalen, dunklen Spalt, so gerade noch die Spitzen ihrer gut gepflegten Hände um die Zarge gelegt. Fast panisch, einen erneuten Schweißausbruch unangenehm spürend in der so kühlen Luft des Gemeinschaftsraums, machte der Quidditchkapitän einen unwillkürlich hastigen Schritt nach vorn. „Nein!“ rief er dabei ein wenig zu laut, aber gleich übertönt von dem scheppernden Geräusch, ähnlich einer bellenden Kuhglocke um den Hals eines Rindviechs in den schottischen Hochtälern, als er erneut mit voller Wucht gegen den Anti-Jungen-Fluch des Treppenaufgangs prallte.

Immerhin verfehlte das die Wirkung nicht. Die Tür nun ganz aufstoßend, dass er einen kurzen Blick in das abgedunkelte Zimmer der Mädchen werfen konnte (so ähnlich dem seinen, in dem er mit seinen Freunden schlief), stemmte Emmeline die Hände in die Hüften und herrschte ihn schon wieder an. „Merlins Bart, Potter, du bist eine solche Hohlbirne!“ konnte sie einfach nicht fassen, wie man sich so dämlich anstellen konnte. Halb benommen, rieb James sich die Nase und die jetzt noch tiefer gewordene Kerbe genau zwischen den Brauen, sah mehr Sternchen als Emmeline, wie er die Kiefer fest aufeinander presste. „Bitte, Em, kann ich mit ihr reden?“ presste er nasal hervor und hoffte einfach nur, dass er sich nichts gebrochen hatte und nicht plötzlich fatales Nasenbluten entwickeln würde. Was für ein tolles Gespräch! Cool und sexy und sehr souverän, Mr. J.C. Potter, ganz fantastisch! Urgh.

Der kleine Schwenk ihrer Augen in die Dunkelheit des Schlafsaals verriet eigentlich alles. Es war nicht Emmeline, die ihm dieses Gespräch verwehrte, sondern die Dame, die er gern gesehen hätte, selbst. Lebhaft vorstellen konnte er sich, wie sie da auf ihrem Bett saß, die Arme vor der Brust verschränkt, die so herrlichen Kupferhaare wie immer zur Nacht zu einem Bauernzopf gedreht und heftig den Kopf schüttelte mit funkelnden Augen. So schön. Aber so niederschmetternd. Noch ehe das Mädchen an der Tür den Mund aufmachen konnte, um ihn erneut zu verscheuchen, streckte James beide offenen Hände aus. „Es ist wirklich, wirklich wichtig!“ flehte er nun schon jammernd und machte ein fürchterlich leidendes Gesicht. Emmelines Kiefer klappte wieder zu und sie rollte mit den Augen.

Offenbar war ihr das komplett Schnuppe. „Vergiss es, Potter!“ wiederholte sie sich nur, griff wieder nach der Klinke und zog bereits ihre bloßen Füße, die unter ihrem langen Nachthemd heraus schauten, hinter die Türschwelle zurück. Aber sie kam nicht dazu, ihn endgültig auszusperren. Da drinnen hatte man ihn kaum verstehen können bisher, so krampfhaft leise wie er gesprochen hatte, so wie er heraus gequetscht hatte, was er sagen wollte, doch dieser letzte Satz war höher gewesen, quietschiger, und deshalb hatten die Töne ihren Weg bis hinunter in den Schlafsaal gefunden, und Lily hatte mehr verstanden. Vielleicht ging es nicht um irgendwelches Schulzeugs, mochte doch sein, dass irgendetwas passiert war. Und schon sprang sie mit einem einzigen Satz unter der Bettdecke hervor und von der Matratze herunter, packte die Tür und riss sie weiter auf.

Endlich! Da stand sie, Lily Evans, in ein hellblaues Schlafkleidchen mit Spitzenbesatz gekleidet, und sie keuchte, als wäre sie gerade den ganzen Weg von Hogsmeade herauf gelaufen. Gar nicht in Wut zusammengekniffen waren die hübschen, grünen Mandelaugen, sondern geweitet wie bei jemandem, der einen fürchterlichen Schlag erwartete. Oh. James schämte sich augenblicklich dafür, einen so grässlichen Aufstand mitten in der Nacht zu veranstalten. Es war Krieg da draußen. Und zu viele Male schon war 'wirklich wichtig' gleichbedeutend gewesen mit 'tödlich'. Wie oft das noch geschehen mochte? Er wollte darüber jetzt nicht nachdenken.

„Was ist los?“ fragte die Jahrgangsbeste und gab ihrer Freundin gleichzeitig einen kurzen Wink mit dem Kinn, dass sie nicht länger verleugnet und verteidigt werden musste. Murrend schüttelte Emmeline ein letztes Mal den Kopf, schlang die Arme um die eigene Brust und drückte sich an ihrer Zimmergenossin vorbei, um im Bett zu verschwinden.
Lily schlüpfte hinaus in das enge Treppenhaus und schloss sacht das schwere Eichenholz. Nur die Anwesenheit auf den Stufen reichte aus, um die Fackel ihr Licht von selbst ein wenig hochdrehen zu lasasen, und das Feuer warf glitzernde Fünkchen auf ihr zusammengebundenes Haar. Umwerfend. Davon brachen ihm fast die Knie weg, wie er wieder zurück fand zu den Gedanken, die ihn herbewogen hatten, und prompt klebte ihm die Zunge am Gaumen fest. Jetzt war's so weit. Sie war da, das war seine Chance. Sie nicht zu nutzen wäre undenkbar, und dennoch war ihm genau das so viele Male zuvor schon gelungen. Es sich komplett zu versauen. Nicht nochmal. Heute Nacht musste es einfach klappen!

Weil er sich nicht rührte (das brachte ja sowieso nichts mit dem Anti-Jungen-Fluch in Kraft), raffte das Mädchen ihr Nachthemd und tapste auf nackten Zehenspitzen eilig die Treppe hinauf, und erst, als sie schon direkt vor ihm stand, schaltete James und trat einen Schritt zurück, damit sie überhaupt den Torbogen verlassen konnte. Merlins Glatze, er sah zum Fürchten aus! Ganz blass, ganz bleich, schlimmer als Remus nach – Vollmond – aber hektische rote Flecken überall im Gesicht verteilt, so dass er wie mit Blut besprenkelt ausschaute. Die Augen glänzten und waren gleichzeitig irgendwie trübe, doch vielleicht lag das nur daran, dass seine Brille halb beschlagen, halb speckdreckig war. Und er zitterte. Ja, das tat er wirklich, feinschlägig, aber so deutlich, dass sich Muskelstränge an seinem Hals herausbildeten, um seinen Kopf einigermaßen gerade zu halten. Die Kieferwinkel stachen fest hervor, entspannten und verkrampften sich erneut, als könne er sich nicht entscheiden, wie er nun dreinschauen wollte. Sein Schlucken war so hart, dass man den Kehldeckel laut zuschlagen hören konnte.

Instinktiv griff Lily mit beiden Händen nach seinen Fingern, um sie vorsichtig zu schütteln, und das machte es nur noch schlimmer. Das Geräusch, das ihm da entkam, klang ganz ähnlich wie ein erschrockener Frosch, der im Sumpf auf einen Storch getroffen war. Noch ein Stückchen mehr sprangen ihm die Lider auf, dass Lily ehrlich Angst bekam, ihm würden gleich die Augäpfel einfach so aus den Höhlen plumpsen. „James, was ist?“ wurde sie nun selbst sehr aufgeregt. Es ging nicht. Es kam einfach nichts raus, sein Mund war viel zu trocken. Die Zunge löste sich nicht vom Gaumen, egal, wie sehr er daran zog, und er spürte schon die dringende Versuchung, das Ganze mit den Fingern zu unterstützen. Bloß nicht! Sich nicht schon wieder zum Affen machen, nicht jetzt, nicht heute, bitte nicht!

Ganz verzweifelt wurden ihre Züge jetzt, wie sie quiekste und fester an seinen Fingern zog, aber das Streicheln mit den Daumen im selben Moment war nicht gerade hilfreich. „Ist irgendwas passiert?“ betonte sie das letzte Wort besonders stark, und Tränen schossen ihr in die Augen. Das war das Stichwort. Weiter durfte es nicht kommen, er musste sie beruhigen. Rasch den Kopf schüttelnd, schloss James einfach kurz die Lider und presste sich beinahe willkürlich die Speicheldrüsen aus, damit er endlich den Mund aufmachen und etwas sagen konnte. „Nein,“ kam heraus, halb verzerrt, bevor es besser wurde. „Nein, es ist alles in Ordnung.“ So richtig zu glauben schien sie ihm das noch nicht, auch wenn sie aufhörte, herum zu zappeln und sein Gesicht nun forschender musterte.

„Was ist dann?“ fragte sie wesentlich leiser, so wispernd, dass er einen Luftzug davon am Kinn spüren konnte, und James musste schon wieder heftig schlucken. Wie hielt man sowas nur aus? Er musste an Sirius denken beim Gründungsball, wie leicht und einfach er mit seinem Mädchen umgegangen war, er musste an Peter denken, der mit Mafalda auf dem Rasen saß und sie wie nebenbei zum Lachen brachte und dabei nur sacht rot wurde. Und er musste sich Remus vorstellen, wie furchtbar normal und selbstverständlich es für ihn war, sich von dieser unglaublichen Schönheit hier einfach so küssen zu lassen. Und dabei war er keinesfalls feige oder zurückhaltend oder reserviert. Ganz im Gegenteil. Das Blut, das ihm nun noch mehr in die Wangen schoss, ließ ein nur noch größeres Schamgefühl nach oben schwappen.

Vielleicht half es aber auch. Völlig ohne sein Zutun atmete er lautstark aus und sagte es einfach: „Ich bin so ein Idiot.“ Lilys Gesicht war göttlich. Nicht so wie sonst, also, noch mehr eben. Eine Braue rauschte steil nach oben, die andere kräuselte sich so stark, dass sie auf die Hälfte ihrer üblichen Länge zusammen schrumpfte, und die Lippe rollte sich regelrecht auf. Was für eine Erkenntnis, hm? James musste ein bisschen lachen und senkte nur vorsichtig kichernd den Blick. Da hatte sie ja recht. Sowas erwartete man von ihm nicht gerade. „OK,“ meinte das Mädchen nur langgezogen und starrte ihn erwartungsvoll an. Das war mit Sicherheit nur der Auftakt gewesen. Man weckte niemanden um diese Uhrzeit (auch wenn sie noch gar nicht geschlafen hatte), nur um einen solchen Satz loszuwerden.

Seinen Anfang gefunden, fiel es James nun Silbe für Silbe leichter, ihr zu sagen, warum er gekommen war. Und dann war es gar nicht mehr so schwierig. Sobald er erst einmal losgelegt hatte, konnte er seine bisher so wirren Gedanken in Worte fassen, einen Strang hinein bauen und loswerden, was er schon viel früher hätte tun können. Verrückt, sowas. All die Jahre hatte er sich so dumm angestellt, während diese junge Frau sich still und heimlich in seinen Freundeskreis geschlichen hatte, immer näher, immer enger an all ihre Machenschaften und Geheimnisse heran (und wer wusste, wie viele davon nun noch wirklich Heimlichkeiten waren?), bis sie schließlich tatsächlich 'einer von den Jungs' geworden war. Ein Mitglied im Orden des Phönix wie sie alle, ein Mitverschwörer gegen jeden, der nur ansatzweise schwarzmagische Tendenzen zeigte. Und trotzdem hatte er es nie für nötig befunden, sich einmal zu offenbaren. Eben genau deswegen, eben weil sie einer von ihnen war. Die Jungs da oben, die Rumtreiber, die kannten ihn, die brauchten keine Entschuldigungen, um zu wissen, dass ihm etwas leid tat. Aber sie schon. Denn da war sie etwas Anderes. Zumindest für ihn. Denn er wollte mehr als 'einen von den Jungs'.

„Ich hab' mich schrecklich benommen,“ fing James einfach an, konnte ihr dabei nicht ständig ins Gesicht schauen, aber das musste er auch nicht. Das amüsierte Lächeln, das augenblicklich auf ihre Lippen kroch, verriet sich durch auf ein Aufblitzen von blendend weißen Zähnen. „Wann?“ quetschte sie hervor, eindeutig überlagert von dem Versuch, nicht lauthals loszulachen. Oh, wie gut das tat und wie viel leichter es davon wurde, dass sie so reagierte! Gleich ein weiterer Grund, sie nur umso mehr zu lieben. Sich auf die Lippe beißend, konnte James nicht anders. Er musste grinsen. „Immer,“ gab er offen zu und rollte mit den Augen, bemerkte gar nicht so recht, dass sie noch immer seine Hände hielt.

Den Kopf ein wenig hin und her wiegend, brachte er noch einmal Ordnung in seine Gedanken. „Ich weiß nicht, warum ...“ Er unterbrach sich, runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. „Doch, ich weiß schon, wieso ich mich so verhalte, aber erklären kann ich es mir trotzdem nicht.“ Ergab das irgendeinen Sinn? Schon, aber doch nicht? Irgendwie schon, ja, es gab einen, und so wie Lily ganz sacht nur nickte, begriff sie das auch. Ach, wie gut, dass sie ein so verflucht schlaues Ding war. „Es ist nur so ...“ Am Stück heraus bekam er es vielleicht nicht. Das machte nichts. „Ich möchte einfach, dass du weißt,“ James holte tief Luft und stierte dabei auf ein kleines, aufgedrucktes Blümchen auf ihrem Nachthemd, das er sich als ihr Gesicht auserkoren hatte. So hatte er halbwegs ihre Miene im Blick, ihre Körperhaltung, ohne sie wirklich ansehen zu müssen. „Dass du weißt, dass ich nicht so bin.“

Lily sagte kein Wort. Sie stand nur da und hielt seine Finger zart zwischen ihren eigenen, unterdrückte nicht den Impuls, die eisigen Hände mit den lilafarben angelaufenen Nagelbetten ganz leicht nur mit ihren eigenen Daumen zu streicheln. Das war Bestätigung genug und sandte prickelnde kleine Schauer durch jedes Nervenende über die Schultern hinaus bis ins Rückenmark seiner Halswirbel. Er mochte das. Viel besser als dieser pieksende Nagel, den sie so gern in seine Brust bohrte, wenn sie wütend auf ihn war. „Und ich bin auch nicht stolz drauf, wenn das passiert,“ fuhr James fort. „Ich ...“ Das war merkwürdig, wie wenig unangenehm es ihm mit einem Mal war, darüber so direkt zu sprechen. Nicht mal mit Sirius hatte er das je getan. Davon leuchtete irgendwas ganz schön hell hinter seinem Brustbein.

„Ich schäm' mich jedes Mal so, wenn ich ...“ Sie kicherte wieder, aber nicht wegen dieses Wortes, das war ihm gleich klar, sondern wegen genau der selben Bilder, die er nun ebenfalls im Kopf hatte, und Schweiß schoss ihm aus den Poren, wenn er sich die nur vorstellte. Snivellus mitten in der Großen Halle die Hosen runterlassen, weil sie an seinem Arm schritt. Die Sache mit Barty. Dieses peinliche Schmollen auf dem Ball. Und ... oh Merlin ... Hastig wischte er sich mit einer Hand durch das Gesicht, wie er ausgerechnet diesen einen, den furchtbarsten Moment von allen erinnerte. 'Ey, Evans! Was is' mit'm Ball?'

Als könne sie seine Gedanken lesen, lachte Lily glockenhell auf und hielt sich die nun freie Hand vor den Mund, um nicht wieder das halbe Haus Gryffindor aufzuwecken. Das hier musste nun wirklich niemand mitkriegen. Einmal nur allein sein. Es war doch nicht gerade, als wenn sie nicht sehnsüchtig auf diesen Moment gewartet hätte. Naja. Noch nicht lange vielleicht, aber dennoch. Dass James Charlus Potter, der großartige Quidditch-Kapitän und Anwärter auf das dicke S auf der Robe, Meister in Verwandlung und monströsestes Ego von ganz Hogwarts (das passte sicherlich kaum durch die Eingangstore), so dreinschauen konnte. Ein reines Wunder. Richtig verlegen schaute er aus, kaute sich auf der Lippe herum, gefangen zwischen Lachen und Ducken, als wolle er im Boden versinken. Süß, irgendwie. Nur wegen ihr.

„Was ich damit sagen möchte, ist,“ kam er nun endlich zum Kernstück dieses doch recht einseitigen Gesprächs, und endlich fasste er die eine Hand, die sie ihm noch hielt, ein wenig fester und hob den Kopf, um sie anzuschauen. Wow. Sie strahlte. Ja, sie strahlte, genau so hell und schön und einmalig wie sonst, wenn sie mit Remus diese furchtbar erwachsenen Konversationen abhielt, fast so leuchtend wie an jenem Abend auf den Marmorstufen in ihrem sagenhaften grünen Kleid voller blinkender, blitzender Strass-Steinchen. Aber hier war niemand außer ihm. Und es gab nur einen Grund, warum sie so glühen konnte. Er musste wieder schlucken, aber die Trockenheit im Hals blieb aus. Kein schmerzhaftes Kratzen, nur ein zittriges Atmen, das er nicht unterdrücken konnte.

Dadurch kam es wie gehaucht. „Es tut mir leid.“ Eine Weltpremiere. James Potter entschuldigt sich. Er konnte es selbst kaum fassen. So schwer war das gar nicht, es ging ganz leicht. Und dieses Leuchten in ihrem so wunderhübschen Gesicht nahm nur noch mehr zu, aber sie sagte nichts, sie sagte einfach nichts. Sekunden verstrichen, er konnte jede einzelne davon spüren, zählte beinahe die Herzschläge, und jeder davon wurde kräftiger und hämmerte fester gegen seinen Rippenbogen. Am liebsten hätte er sich bewegt, irgendwas gemacht, nur damit die Zeit schneller umging, aber gerade, als er die Schultern zucken wollte, kroch dieses fantastische Lächeln auf ihre Lippen. Uff. Heiß und kalt und kalt und heiß. „Ich b ... bi ... bin dann einfach so ... so ...“ Er musste sprechen, diese Stille war nicht auszuhalten, und er mochte sich gar nicht vorstellen, wie er dabei aussah, oder was man ihm sonst noch alles ansah.

„Dann stapf' ich wie ein Mammut durch die Tundra und ...“ suchte er sich einen Vergleich dazu und musste das auch noch bildlich umsetzen, indem er fest – Tamm tamm – von einem Fuß auf den anderen wippte und dabei mit dem ganzen Oberkörper ausholte, als wolle er Bäume zur Seite knicken, und Lily kicherte schon wieder und löste damit endgültig diese Spannung. Darunter ging es. Fast bekam James es selbst nicht mit, und er war sich 100%ig sicher, dass er niemals den Befehl dazu gegeben hatte, dass Lippen und Zunge und Kehlkopf diese Worte formten. „Ich hab' dich eben einfach zu gern.“

Schweigen. Nicht peinlich berührt, kein bisschen merkwürdig oder seltsam, sondern genau so angenehm und natürlich wie zwischen den Jungs da oben im Turmzimmer, wenn jeder in einem Buch schmökerte und Schokoladenfrösche herum geworfen wurden und einfach nur das Zwitschern der Vögel und das sanfte Geräusch des Windes durch die halb offenen Fenster herein drang (Moment: Die verdammten Vögel zwitscherten wirklich!). Und trotzdem musste James weiter plappern, er wollte sie nicht ansehen, wie sich ihre Züge veränderten, wie ihre Augen ihn musterten oder was darin schwimmen mochte, er wollte es gar nicht wissen. Nur Gestammel kam heraus, kein einziges, sinnvolles Wort, und er schüttelte sich regelrecht, als müsse er die Buchstaben befreien. Erst die zierliche Hand mit den kühlen Fingern, die an seine Wange hochfuhr und ihn am Kiefer festhielt, damit er sofort damit aufhörte, beruhigten ihn.

„Ist schon gut, James,“ war das Erste, was sie wieder sagte, seit er mit diesem Geständnis begonnen hatte. Mann, tat das gut, ihre Stimme zu hören. Nicht getränkt mit Ablehnung und Verachtung wie sonst, wenn sie miteinander gesprochen hatten. Ganz anders. Wie Samt, wie Frühlingsduft, nur leicht und gelöst. Er blieb augenblicklich ruhig stehen, entspannte sich und konnte glatt ein bisschen lächeln, wenn auch noch immer sehr verlegen, und ihre Hand an seinem Gesicht wärmte sich rasch auf von der pulsierenden Hitze, die von ihm abstrahlte. Vielleicht hatte er es irgendwo erwartetet, verlangt, ganz tief drin, eben dieser widerlich arrogante Teil von ihm, aber der war im Moment so weit unterdrückt, dass James Potter Bescheidenheit walten ließ. Und gerade darum war es ein fast königliches Geschenk, was sie da sagte: „Entschuldigung angenommen.“ Mehr als er jemals verdient hatte!

Erleichtert, mehr als das, konnte er fühlen, wie der Schweiß an Stirn und Schläfen endlich seine Wirkung tat und ihn abkühlte, als müsse eine Dampfwolke von ihm aufsteigen wie bei jemandem, der frisch aus der Sauna in die kalte finnische Bergluft trat. Ganz leicht und klar wurde ihm der Kopf davon, und er schluckte wieder und lachte kurz auf. Lily saugte nur vorsichtig an ihrer Unterlippe und lächelte ihn von unten her an, sprach nicht weiter und beließ die Dinge so, wie sie waren. Nichts überstürzen. Das war eine gute Idee. Vielleicht ihre Beste. Einfach nur dastehen in dem dunklen Gemeinschaftsraum, der ihr heute Nacht so viel beschert hatte, und diesen Dummkopf anschauen, wie er langsam zu begreifen schien, was hier eigentlich passierte.

Der silberne Streifen draußen am Horizont, der den Morgen ankündigte, wäre wahrscheinlich immer breiter geworden, während sie da standen und einander nur ansahen, wenn nicht dieses feine Quietschen von oben ihre Aufmerksamkeit auf sich gezogen hätte. Sirius' Stimme, brummelig, gedämpft von einem Druck, der ihm auf den Schultern zu lasten schien, wurde begleitet vom leisen Flüsterquietschen des Peter Pettigrew, und ihre nackten Füße verursachten ein platschendes Geräusch auf den steinernen Stufen. Auch dort, in dem zweiten Treppenaufgang auf der rechten Seite, flackerte die Fackel ein wenig heller, und Schritt für Schritt kamen die beiden Jungen herunter.

'Es ist alles in Ordnung', wollte James sagen, wie er sich schon zu ihnen herum drehte, noch immer die eine Hand des Mädchens zwischen den eigenen Fingern zärtlich nun haltend, aber er sah es gleich: Die Freunde waren nicht gekommen, um nach ihm oder nach Remus zu suchen. Sie hatten andere Sorgen. In der einen Hand hielt Sirius das gebundene, dunkle Büchlein, in dem Peter den ganzen Abend gelesen hatte, während Wurmschwänzchen den Eindruck eines verstörten Welpen machte. Er zupfte ununterbrochen an Blacks weißem Hemdsärmel, die wässrigen Augen ganz groß, wie er immer wieder einen verstohlenen Blick auf die geöffnete Seite warf, auf die Sirius seinen Daumen gelegt hatte, um sofort hastig wieder in eine andere Richtung zu blicken.

„Leute,“ begann Black, sobald er in Reichweite kam, und seine schweren, schwarzen Brauen, denen seines Vaters so ähnlich in diesem Ausdruck von Besorgnis und köchelndem Tatendrang, verschatteten seine Augen nur umso mehr. „Ich stör' euch nur sehr ungern, aber ich finde,“ er hielt das Buch, klappte es schwungvoll auf und präsentierte ihnen damit, weshalb Peter erst gekreischt und es ihm dann sofort mit zittriger Furcht gezeigt hatte, „ihr solltet euch das hier mal ansehen.“


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