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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Drei Männer und eine kleine Lady

von Teekon

„Wir dürfen dich eben einfach nicht alleine lassen,“ befand Sirius, klatschte in die Hände und zog entschuldigend die Achseln hoch, als würde das jetzt noch irgendwas ändern. Ein grunzendes Geräusch von sich gebend, schnaufte Remus gleichzeitig und schüttelte den Kopf, bevor er tief einatmete. Das hätte so schief gehen können. Und Dorfgespräch Nr. 1 war es, hatte längst auch Einzug gehalten auf dem Brunnenhof und in der Großen Halle, auf den Fluren zwischen den Klassen und in den Gemeinschaftsräumen der vier Häuser. Mr. Dervish, der Teilhaber des Zauberutensilien-Ladens unten in Hogsmeade, war in der letzten Vollmond-Nacht von einem Werwolf angegriffen worden und nur mit Müh' und Not entkommen. Was ein Abenteuer! Und diese ganzen blöden Blagen taten so, als wäre das die tollste und spannendste Begegnung, die man sich nur ausmalen konnte, und als hätten sie alle dreimal so tapfer und cool gehandelt wie der alte Zauberer. Flachzangen.

Ihm beruhigend auf die Schultern klopfend, schaute James wie von unten her in sein Gesicht, obwohl er neben dem Sitzenden im Gras kniete. „Sirius hat recht, Moony,“ meinte auch er, und augenblicklich nickte Sirius heftig und schlang seine Arme um die aufgestellten Beine. Gemeinsam, wie immer in den Mittagspausen zwischen Zaubertränke und Astronomie, hockten die Rumtreiber unter der hohen Birke mit dem mächtigen Schwung in ihrem langen Stamm, direkt am Ufer des Sees, beschienen von herrlicher Frühsommersonne, mit der heutigen Ausnahme, dass Peter Pettigrew nicht anwesend war. Zu Dritt, einer weniger als sonst, und selbst zum Essen war der kleine Pummel nicht dabei gewesen.

Man hätte sich glatt Sorgen machen können, wo er doch so sagenhaft gern futterte, aber sie wussten ja, wo er sich aufhielt. Wie jeden Donnerstag begab er sich, wo er doch Sternenkunde abgewählt hatte nach den OWLs, zu einem besonderen Treffen für diejenigen Schülerinnen und Schüler, denen das Lernen nicht leicht fiel, und das wollten sie ihm gerne gönnen, auch wenn er ihnen fehlte.

Richtig schön war das Wetter schon geworden, der Regen der vergangenen Tage endgültig verschwunden aus dem Tal von Hogwarts, und die gelben Doldenblüten in den sumpfigen Hängen, die mehr oder weniger flach zum schmalen Strand des Sees abfielen, wiegten sich sacht in einer angenehmen Brise. Wie der Luftstrom eines Föns fühlte sich das an, wenn der Wind so über die Wiesen fuhr und den herrlichen Duft von hochstehendem Gras und frisch geschnittenem Heu zu ihnen herüber trug. Streichelnde Sonnenstrahlen wärmten die nackte Haut, wo die Ärmel aufgekrempelt waren, und längst hatte Sirius wieder einen so eklatant gebräunten Nacken trotz der langen Haare, dass man ihn glatt für saudreckig halten konnte. Bald wieder Sommer, bald Juni, die Abschlussklausuren des sechsten Jahres schon vor der Tür, und die Pläne für die einzelnen Prüfungen schon ausgehängt oben an der Pinnwand im Turm von Gryffindor.

Ein merkwürdiges Gefühl. Das letzte Mal von ihren eigenen Lehrern gestellt, die Aufgaben, nur noch dieses eine Jahr, und dann war es für immer vorbei. Keiner von ihnen mochte daran denken. Was danach kommen sollte? Keine Ahnung. Sirius war sich immer noch nicht sicher, wo er denn eigentlich wohnen würde, auch wenn sein Patenonkel ihm hoch und heilig Black'sche Unterstützung zugesagt hatte und ihm etwas besorgen wollte, ganz nach seinen Vorstellungen selbstverständlich. Nur, dass Tatze überhaupt keine solche Idee hatte. London, ja, das würde es wahrscheinlich schon sein sollen, aber sonst? Außer in Bloomsbury war er noch nie irgendwo anders gewesen in der großen Hauptstadt von Muggeln wie Zauberern, nur so wimmelnd von nicht-magischem Volk, in das er sich kaum einfügen konnte.

Wen kannte er denn schon, der nicht zaubern konnte? Abgesehen von Remus' Großvater vielleicht, aber den konnte er sich eigentlich gar nicht richtig als Muggel vorstellen. Edward Lupin zauberte eben nicht mit einem Stab, sondern mit Büchern und Klaviertasten. Sonst? Niemand. Das würde bestimmt merkwürdig sein. Aber er war nun eben volljährig, und er wollte den Potters weder ewig auf der Tasche liegen, noch sich wie ein unselbständiger Bengel aufführen und sich von Rea bekochen und sich die Wäsche waschen lassen.

Am besten auf den letzten Drücker darüber nachdenken. Das konnte Sirius sowieso hervorragend. Und er hatte ja noch gut sechs Wochen Zeit dazu, nicht wahr? Alphard würde das auch kurzfristig hinbekommen, daran hatte er keinerlei Zweifel. Lieber konzentrierte er sich jetzt auf die Klausuren in seinen Wahlfächern, damit er dort weiterhin so gut blieb wie bisher, und damit er sich nicht auf anderleuts Lorbeeren und irgendeinem Erbe ausruhen musste, sondern selbst auf eigenen Füßen zu stehen in der Lage war. Denn das wollte Sirius Orion Black.

Den Anderen ging es genau so. Aber ausgedacht hatten auch sie sich nichts, und sie redeten auch nicht offen darüber. Zu frisch das noch bei Remus, diese zerschlagene Hoffnung auf ein freieres, ein normaleres Leben drüben in Ägypten, dieser Traum von der Bibliothek, und sie wollten ihn daran nicht erinnern. Er sprach nicht mehr davon. Nur dieses eine Mal in Sirius' Gegenwart hatte er es erwähnt, auf der sandigen Düne über dem Nil und dem Kanal in den engen Straßen von Alexandria, und hätte Sirius seinen beiden Freunden zuhause nicht davon berichtet, sie wüssten noch immer nichts vom Angebot ihres getöteten Lehrers. Manchmal, ja manchmal war er schon ein merkwürdiger Kauz, ihr Moony. Hätte es doch eher sagen können, oder nicht? Anderthalb Jahre lang hatte er es für sich behalten. Als habe er Angst, es ging nicht in Erfüllung, wenn man davon erzählte, wie ein Geburtstagswunsch der ausgeblasenen Kerzen. Und trotzdem. Vorbei.

Die Stirn in unzählige Grübelfalten gelegt, stützte Remus sich mit einer Hand auf den am Boden liegenden Oberschenkel und atmete erneut bis in die hintersten Winkel seiner Lungen aus. Das Bärtchen auf der Lippe zuckte wie eine lebendige Raupe, wie er mit den Kiefern mahlte und ins Leere stierte. Na gut, da hatten die Jungs schon recht. Wären sie von Anfang an dabei gewesen, wäre gar nichts geschehen, und er hätte sich hübsch brav unter dem Kirschbaum in den dunklen Schatten gehalten, ohne den armen Dervish auch nur ansatzweise zu erschrecken. Dass der alte Sack keine Herzattacke geschossen hatte, war alles. Den Kopf hin und her wiegend, seufzte er schließlich. „Er hätte nicht rennen dürfen.“

Wenigstens kam er von alleine auf die Lösung, ohne dass sie wieder tagelang an ihm arbeiten mussten, bis er diese nächtliche Episode verkraftete und wegsteckte. Als wäre diese brenzlige Situation die erste dieser Art gewesen, so stellte Remus sich an. Er war eben nun mal ein Werwolf in Vollmondnächten. Das war doch nun wirklich nichts Neues. Und sie alle wussten, welches Risiko das mit sich brachte, wenn er die Heulende Hütte verließ, hatten es von Anfang an gewusst und in Kauf genommen, auch er.

Genaugenommen war das immerhin sogar seine Idee gewesen, weil er sich sicher fühlte in Gegenwart seiner verwandelten Freunde, weil sie ihn zu beruhigen und die Bestie zu beschwichtigen wussten und es auch dann hinkriegten, wenn er wirklich in äußerster Rage war. Peter hatte das eindrucksvoll bewiesen in jenem eisigen Dezember, den Snivellus nur mit Riesenglück (und den schubsend ziehenden Händen von James Potter) überlebt hatte. Ehrlich.

„Ganz meine Rede!“ bestätigte Sirius und warf die Finger gestikulierend von sich, dass die Locken nur so flogen, und James nickte ebenfalls, wie er sich rücklings auf die eigenen Fersen und Waden setzte und dabei das nachdenkliche Gesicht seines ältesten Freundes keinen Moment aus den Augen ließ. „Da sind einfach ein paar bedauerliche Zufälle zusammen getroffen, Moony, das ist alles,“ erklärte er seine Sicht der Dinge und berührte immer noch den Oberarm des 19jährigen. Abstreiten ließ sich das kaum. Es war nicht gerade alltäglich, so spät in der Nacht noch jemanden anzutreffen auf den wenigen Straßen von Hogsmeade, erst recht nicht gänzlich ohne Begleitung. Und dann auch noch in einem Moment, in dem der Werwolf allein durch die Gärten streifte, während seine beiden großen Freunde, den Kleinen auf dem Rücken oder im Geweih des Hirsches, einen kurzen Abstecher zum Bach herunter machten, um ihre Kehlen zu befeuchten. Und es stimmte wirklich: Dervish hätte langsam gehen sollen. Ruhig bleiben, keine Flucht.

Die Wahrscheinlichkeit war groß, dass so etwas niemals wieder vorkommen würde. Und immerhin konnte man mittlerweile zählen, wie oft überhaupt noch sie gemeinsam die Wälder rund um Hogwarts unsicher machen würden, bevor das Ende ihrer Schulzeit in Siebenmeilenstiefeln heranschritt. Warum sich damit noch belasten? Ja, es war passiert, aber es war gut gegangen. Genau so rasch, wie er sich hineingesteigert hatte, genauso leicht war er wieder zu sich selbst zurückgekehrt dank dieser beiden tapferen Trottel hier. Es beiseite schiebend, kehrte Remus ins Hier und Jetzt zurück und schlug sich mit der flachen Hand auf das rechte Knie, die Schultern zuckend und ein Lächeln auf seinen Lippen erlaubend. Es würde nicht wieder vorkommen. Und überhaupt. Mann, was für ein Gefühl das gewesen war!

Als hätten sie seine Gedanken gelesen, grinsten die zwei besten Freunde, der Quidditchkapitän und sein vorlauter Adjutant bis über beide Ohren, und James biss sich sichtbar auf die Zunge, während Sirius zu kichern begann. „Habt ihr Dervishs dummes Gesicht gesehen, als Krone über den Zaun gehüpft ist?“ konnte er einfach nicht anders. Es war zu köstlich gewesen. So überlegen, wie der Ladenbesitzer sich sonst immer gab dort hinter seinem Tresen, wenn er mit dem Augenglas des Uhrmachers die funktionsunfähigen Gerätschaften begutachtete, um den unverständigen Kindern einen Preis für die Reparatur zu nennen, konnte man sich das gar nicht vorstellen, wie das ausgeschaut hatte. Sofort prustete James los und musste sich die Faust vor den Mund halten, während Remus die Lider schloss und die so seltsam verdrehten Erinnerungen zurückholte. Wie im Traum war das, was mit ihm geschah, wenn er im Körper des Wolfes gefangen war, und genau so verschleiert und weit weg fühlte es sich auch an, rückwirkend darin einzutauchen. Das machte es leichter, wenn Dinge geschahen wie unter dem Frühlingsmond.

Den einen Arm fest um Remus' Schultern schlingend, dass er den ganzen Kerl an sich drücken konnte, feixte Potter nur noch mehr. „Dabei bist du so ein hübsches Wölfchen!“ heuchelte er die selbe Stimme vor, die Peters Mutter an den Tag legte, wenn sie ihrem dicken Sohn zwickend in die Wangen kniff, und Black brach in schallendes, bellendes Gelächter aus und warf sich halb rückwärts, während Moony hochrot anlief und einen hastigen Blick unter dem ausgestreckten Arm des Jüngsten hindurch warf. „Pst!“ herrschte er ihn augenblicklich an, solche Eindeutigkeiten nicht so schrecklich laut quer über die nicht gerade leere Wiese zu brüllen, schon gar nicht, wenn jemand auf sie zu kam.

Potter in die Rippen stoßend, zuckte sein Kinn in ihre Richtung, damit die beiden lachenden Jungs sie auch bemerkten, und James schaute mit einem fragenden Geräusch, noch fröhlich grinsend über seine Schulter hinweg. „Evans,“ sagte Sirius nur, sich die Tränen aus den Augenwinkeln wischend und sich wieder in die Gerade stemmend, damit er nicht vor dem Mädchen so peinlich auf dem Rücken herumrollte wie ein Käfer oder wie ein Welpe, der sich gleich vor Spaß bepinkelte. Eben deswegen sollte James ja die Klappe halten. Ihm ein warnendes Augenblitzen zu werfend, richtete Remus sich das Hemd und die Krawatte, räusperte sich, bevor er sein strahlendstes Lächeln aufsetzte und zu ihr hinüber rief. „Lily, hallo!“ „Hi, Remus!“ flötete sie gleich zurück und hielt so zielstrebig auf die kleine Gruppe zu, dass kein Zweifel bestand, wohin sie wollte.

Ein Kichern unterdrückend, rieb Sirius sich das Kinn, verkniff sich zumindest den Kommentar für James und beugte sich schon wieder über das Buch Verwandlung für Fortgeschrittene, das sie in ihrer Mitte aufgeschlagen hatten, um ihre Lernpläne gemeinsam zu erstellen. Der hastige Griff von Potter an den offenbar zu eng sitzenden Kragen seines Pullovers, bei dem er die eine Seite seiner Schneidezähne entblößte und zischend Luft dazwischen hervor presste, musste einfach jeden zum Grinsen bringen. Das wurde immer schlimmer. Und es war ein Anblick für die Götter. Black verdrängte erfolgreich, dass er selbst vor etwas über einem Jahr noch ganz ähnlich drein geschaut hatte, wenn ein bestimmtes Mädchen an ihm vorbei huschte. Aber Remus zumindest durfte sein Fett wegkriegen. Ein winzig kleines, leises Heulen stimmte er an hinter den langen Haaren, die ihm ins Gesicht fielen.

James prustete, äußerst froh über eine solche Ablenkung, während Lily immer näher heran kam, doch Moony, erschrocken über so viel Dreistigkeit und Frechheit holte rasch aus und schlug Tatze mit der flachen Hand klatschend auf den entblößten Unterarm. „Still!“ fauchte er ihn an, Schweißtröpfchen auf der Stirn und am ganzen Haaransatz von der Größe kleiner Stecknadelköpfe. Das brachte den Quidditchkapitän zu einem entnervten Röhren und einem so heftigen Augenrollen, dass für Sekundenbruchteile nur das Weiße darin zu sehen war, als würde er jeden Moment ohnmächtig werden. „Merlins Bart, Remus,“ konnte er es immer noch nicht fassen, schaute ihn nur aus dem äußersten Augenwinkel an und quetschte es zwischen den Lippen hervor, ohne den Mund zu bewegen. „Sag's ihr endlich!“

Gar nicht angetan von dieser Idee, erst recht nicht von dem erneuten Drängen, das von dem bestimmten Nicken von Sirius begleitet wurde (auch wenn der dabei immer noch aussah, als wolle er schon wieder in einen Lachkrampf ausbrechen), drückte Remus Luft gegen seinen Kehldeckel und verursachte damit ein abwehrendes Quieksen. Zu mehr war keine Zeit mehr, denn Lily Evans erreichte die im Gras und auf den Wurzeln der Birke hockenden Jungs und ging sogleich in die Knie, dass ihr grauer Faltenrock in hübschen und akkuraten Lagen übereinander fiel, und damit machte sie unumstößlich klar, dass sie zu bleiben gedachte. „Hallo, Jungs!“ begrüßte sie Sirius und sogar James, der sich nicht einmal getraute, sich richtig zu ihr herumzudrehen.

„Tag, Evans!“ grinste Black breit, die Ellbogen beide auf die auseinander gedrückten Knie gelehnt, wie er sich noch weiter vorbeugte und sie mit seinen grau-braunen Glimmeraugen anstrahlte. Am liebsten hätte sie ihm durch die Haare gewuschelt wie irgendeinem dussligen Hund, aber sie konnte sich zusammenreißen und kicherte in sich hinein. Potter dagegen kam so glimpflich nicht davon, auch wenn er eher weniger enthusiastisch und fürchterlich leise (meine Güte, der wusste, wie man das überhaupt schrieb?) sein „hi, Lily“ murmelte. Die dicht bei einander stehenden Schultern ihres besten Freundes und seines Zimmergenossen nur minimal trennend, indem sie ihre schmale, schlanke Figur dazwischen schob, legte die Jahrgangsbeste einen angewinkelten Unterarm in Remus' Halsbeuge und die linke Hand mit abgespreizten Fingern genau zwischen die Schulterblätter des Quidditchkapitäns. Augenblicklich weiteten sich James' Augen hinter den dicken Brillengläsern, und er stellte das sachte vor und zurück Wippen seines Oberkörpers automatisch ein.

Es fiel Sirius sagenhaft schwer, einen Kommentar für sich zu behalten, oder einfach nur das dümmliche Feixen abzustellen, aber das war nun ehrlich zu viel verlangt. Immerhin war er der Einzige, der einen perfekten Ausblick auf diese Szenerie hatte, und die hektischen roten Flecken in James' blassem Gesicht waren die reinste Wonne. Fabelhaft. Evans sollte öfter einfach mal so vorbeikommen. Und so wie ihre grasgrünen Augen blitzten, wusste sie ganz genau, was sie da anstellte, und sie genoss es mindestens genau so sehr wie er das Zusehen. Kleines Miststück.
Remus dagegen schien es nicht einmal zu bemerken. Für ihn war eine solch innige Berührung mehr als selbstverständlich, und er lehnte sich ohne Schwierigkeiten gegen sie.

Den rechten Arm lang machend, streckte Lily den Zeigefinger aus und ließ ihn ein wenig auf und ab hüpfen, wie sie, ohne fragen zu müssen, ganz von allein erkannte, was die drei Gryffindors hier taten. „Ihr könnt Verschwindezauber weglassen,“ berichtigte sie die bereits aufgestellten Einheiten, die das Team wiederholen wollte für die Prüfungen. „Die McGonagall hat gesagt, die fragt sie nicht ab.“ Eine gewagte Behauptung, denn immerhin gehörten der Evanesco und seine Ableger zu den intensivsten Einheiten des sechsten Schuljahres, und die Hauslehrerin hatte darauf wirklich lange herumgeritten. Schwierig zu bewerkstelligen, ja, denn Materie verschwand nicht einfach, rein physikalisch betrachtet schon nicht, musste umgewandelt und an anderer Stelle wieder in den Kosmos eingefügt werden, und sogar die beiden Streber hier hatten es nicht auf Anhieb hinbekommen. Und gerade deshalb hatte es jeder für todsicher gehalten, dass Verschwinden in Verwandlung dran genommen werden würde. „Wie kommst du darauf?“ fragte Sirius mit ineinander geschobenen Brauen sofort, schon ein wenig ernster.

Die Schultern zuckend, lächelte Lily süffisant und wischte sich eine Strähne ihres langen, kupferfarbenen Haares aus der Stirn. „Hat sie gesagt,“ behauptete sie. „Im Mädchenclub.“ Ohne weiteres Federlesen erschienen sichtbare Lichter über den Köpfen der Jungen. Wunderbar. Verlässliche Quelle, wie es kaum eine glaubwürdigere geben konnte. Sirius griff sich seinen Kiel, tunkte ihn so tief in das dazu aufgestellte Tintenfass, dass er überall zwischen dem Gläschen und dem Pergament schwarze Kleckse auf dem schönen Rasen hinterließ, und strich die Überschrift für die vorletzte Woche vor der Klausur fett aus. „Prima,“ freute Remus sich und rieb sich die Hände. Dann passte sein Konzept viel besser, denn der Evanesco hätte sehr viel Zeit in Anspruch genommen. „Wurmschwänzchen wird sich 'nen Ast freuen,“ meinte James nickend, auch wenn ihm, als Meister in Verwandlung, das relativ egal war, ob der Verschwindezauber vorkam oder nicht. Sogar den bewältigte er mit Bravur.

Mittlerweile die äußerst merkwürdigen Spitznamen gewohnt, die diese Jungs einander regelmäßig an den Kopf warfen, wusste Lily gleich, wen sie damit meinten, und bestätigend nickend schaute sie in die Runde. 'Tatze' hörte sie öfter, 'Krone' gelegentlich (wie passend, König der Idioten!), und nur Remus schien keinen solchen verniedlichenden Ehrentitel zu besitzen. Keinen Schimmer warum. Keine Zeit, jetzt großartig darüber nachzugrübeln, hatte sie, denn der Blick ringsherum verriet ihr endlich, was sich denn hier so falsch angefühlt und so seltsam ausgesehen hatte. Da fehlte jemand. Die Stirn runzelnd, zog sie den Kopf auf ihrem zierlichen Schwanenhals zurück. „Wo ist denn Pete?“ fragte sie, worauf Black mit Kinn und Finger auf die oberen Stockwerke des Schlosses deutete. „Extrastunden Verteidigung,“ erläuterte er die Abwesenheit des vierten Rumtreibers.

Verstehend öffnete sie den Mund und zog die dünnen Brauen hoch. Na klar. Das machte Sinn. Der Arme. Es war wirklich schwierig für ihn geworden in den Oberklassen, und nicht nur seine Freunde unterstützten ihn ständig und mehrmals in der Woche mit zusätzlichem Unterricht und Repetitorien, sondern auch in der Lehrerschaft hatte Pettigrew sich Hilfe gesucht. Oder besser, diese Hilfe hatte ihn gefunden. Denn Euphemius Bradshagh, der große, blonde Professor für Verteidigung gegen die Dunklen Künste, hatte von sich aus eine Veranstaltung außerhalb des Stundenplans ins Leben gerufen, in der man nicht verstandene Inhalte noch einmal erklärt bekommen konnte, in der Sprüche und Strategien geübt wurden unter Aufsicht und geübten Augen, dass auch ja nichts schief gehen konnte. Nicht gerade wenige Schüler nahmen dieses Angebot in Anspruch, besonders unter den Älteren, denn nicht nur das Pensum, sondern vor allem das Level der angewandten Zauber waren enorm.

Der einzige Grund, wieso allerdings zum Beispiel Mafalda Gainsworth kategorisch diesen Nachmittagsstunden fernblieb, war die Tatsache, dass dort definitiv zu viele der blödesten Slytherins herum liefen. Logisch, die brauchten es ja auch am meisten, wenn sie einen Abschluss in diesem Fach schaffen wollten, aber das war für ein Mädchen aus dem verfeindeten Haus nicht unbedingt die erstrebenswerteste Gesellschaft. Da ließ sie sich lieber von Lily etwas beibringen, und die bekam ihre Erkenntnisse und Taktiken nach wie vor jeden Mittwoch Abend in McGonagalls Klassenzimmer vom großen Meister Lupin selbst. „Wieso geht er nicht zu dir?“ erstaunte das Mädchen sich und knuffte ihren besten Freund sanft in die Seite.

Immerhin war es sicher auch für Peter nicht gerade angenehm, wenn er ausgerechnet Avery und Mulciber um sich hatte (die größten Strohköpfe, die Salazars Haus jemals hatte beherbergen müssen – der Zauberer rotierte sicherlich im Grab), die ihn doch auf den Korridoren mit Vorliebe verhexten und fies ärgerten, sollten sie ihn einmal ohne seinen Freundeskreis antreffen. Sirius grinste schon wieder breit und kaute dabei auf dem Ende seines Federkiels herum. „Remus ist ihm zu schnell,“ gluckste er, und sogar James musste ein bisschen lachen, aber Lupin schnaufte durch die Nase, während Lily den Kopf zurück zog und nur verwunderter war. Sie machte das nun schon fast zwei Jahre, diese Nachhilfe bei Remus, und sie hatte niemals das Gefühl gehabt, er würde sie drängeln oder ihr voraus eilen. „Hä?“ machte sie und schaute den jungen Mann neben sich forschend an.

Fast ein bisschen beleidigt sah Remus aus, wie er die Lippen schürzte und brummte. „Hat er gesagt,“ bestätigte er missmutig und zerrupfte ein armes Gänseblümchen in seinen Fingern. Weiter wollte er über dieses Thema offenbar nicht sprechen, aber Sirius war so freundlich und zeigte die Zähne nur noch mehr. „Naja, Euphemy legt halt Wert auf Basics und Psychologie, und das ist's eben, was unser Peter braucht,“ zuckte er mit den Achseln und ließ die Augen in ihren Höhlen nach hinten kippen. Das konnte man ja verstehen, dass es ihm vielleicht ein bisschen peinlich war, immer seine Freunde mit diesem Mist zu belasten. Und sowieso. Jedes Mal der Dumme zu sein, das Dumpfbäckchen der Mannschaft, die Lachnummer in der Truppe, das war auf keinen Fall einfach. Mochte schon angehen, dass es ihm dort leichter fiel, sich fallen zu lassen und so besser zu lernen. Und Bradshagh hatte einfach diese Ader für sowas. Trotzdem.

„Ich weiß nicht,“ befand Lily, plumpste auf ihren Hintern und kreuzte rasch die Beine unter dem Körper, damit ihr Rock über die Knie fallen und nicht zu viel offenbaren konnte. „Ein bisschen merkwürdig ist der Typ schon.“ Das Schütteln der Schultern unter ihrer linken Hand, immer noch flach ausgebreitet auf Potters schmalem Rücken, verriet ein unterdrücktes Kichern, und auch den Kopf bewegte er leise hin und her, wo sie sein Gesicht nicht sehen konnte. Fest, aber nur sehr kurz, schlug sie ihm auf die Wirbelsäule dafür, auch wenn er gleich von Remus grinsende Unterstützung erhielt. „Du und deine Menschenkenntnis,“ legte er sich einen Finger unter das Auge, wie die Franzosen es machten, und blies sich die Backen auf. Gleichzeitig formte Black die Hände vor dem Mund zu einer Art Megaphon und gröhlte langgezogen: „Paranoia!“ Lily musste selber lachen, alleine, weil die beiden Jungs davon total blöd aussahen, aber auch, weil es offenbarte, wie gut sie gerade Remus doch kannte.

Die Zunge herausstreckend, verzog sie das so hübsche Gesicht voller blühender Sommersprossen zu einer schmollenden Grimasse, die längst nicht so ernst gemeint war, wie sie aussah. „Deshalb mag ich euch ja so gerne, was?“ schickte sie die Retourkutsche aus und fuhr mit den süßen Fingerchen Remus' Nacken rauf bis in den Haaransatz, um ihn näher heran zu ziehen, und im selben Moment griff sie mit der Linken ganz um James' Hals herum und wiegte den ganzen Kerl daran, als wolle sie ihn fester schütteln. Schlimm genug, dass so kleine Hände sowas hinbekamen, aber jeder Kommentar dazu, der Potter eventuell über die Lippen hätte kommen wollen, blieb dadurch rigoros stecken. Nichts als ein kehliges Klicken kriegte er heraus, so heftig war die Gänsehaut bis hinunter ans Kreuzbein, und diese Vermischung mit dem Stich der Eifersucht für das sanfte Streicheln von Lupins Kiefer zu seiner Rechten warf ihn vollkommen aus der Bahn.

Sirius hatte keines dieser Probleme, und während Remus nur wissend lächelte, zwinkerte er und streckte den Finger in ihre Richtung aus. „Touché!“ Das ließ sich absolut nicht leugnen, da hatte sie recht. Aber was Bradshagh betraf. Naja, OK, er war sehr jung, wahrscheinlich kam seine Begeisterung davon. Das würde sich legen in den nächsten Jahren, auch wenn sie das nicht mehr mitbekommen würden. Und falls er länger bleiben würde als seine Vorgänger. Er war ja nun auch schon ihr vierter Lehrer in diesem Fach, wo Professor Keigwin vorher über 30 Jahre Verteidigung unterrichtet hatte. Solche Serien rissen nicht unbedingt ab, obwohl er nun wirklich das Zeug dazu hatte, eine ganze Ewigkeit dieses Amt zu bekleiden. Interessante Methoden und immer praktisch veranlagt, was bei Schülern nicht nur gut ankam, sondern in den Augen gerade dieser vier Freunde hier unter der Birke der einzig richtige Ansatz war. Sie mussten es wissen. Erprobte Kämpfer trotz ihres jugendlichen Alters.

Wieder ein wenig ernster werdend, ihre Rechte aber trotz völlig verdrehten Arms in Potters Nacken belassend, hob Lily ihre freie Hand. „Versteht mich nicht falsch, ich mag ihn,“ wehrte sie irgendwelche dummen Ideen ab und rollte mit den grünen Augen, dass sie aussahen wie Qi Gong Kugeln. Alleine davon musste Black schon wieder lachen, und James schaute so angestrengt über seine eigene Schulter, dass er mit Sicherheit tagelang Schmerzen haben würde. „Bei Merlin, er ist tausendmal besser als die Fledermaus!“ erinnerte sie nur ungern und deshalb mit angeätzter Stimme an die Twynham, gegen die sie eine solche Abneigung entwickelt hatte von der ersten Stunde an, dass sie schon beinahe so legendär war wie die Feindschaft zwischen Gryffindor und Slytherin. Das brachte erst recht die ganze Bande zum Gibbeln, als wären sie eher ihre Freundinnen.

„Dabei hatte sie doch so schöne ...“ Sirius stockte mit Absicht, ein widerlich anzügliches Grienen auf dem sonnengebräunten Gesicht, wovon James' Lippen ein stummes „Ew“ formten und Remus' Wangen zu glühen begannen. „Augen,“ beendete Black seinen Satz so offensichtlich gefälscht wie es eben nur ging, und Lily presste ein ungläubiges Geräusch aus Ekel und Fassungslosigkeit und seligem Amüsement hervor. Potter entglitt fast ihrem Griff, wie er sich nach vorne über die eigenen Knöchel beugte und sich unterdrückte Lachtränen aus dem Gesicht wischen musste, wohingegen Remus offen lauthals lachte und sich hintenrüber warf, bis der Oberkörper ausgestreckt im Gras lag. Auch bloß ein Mann. Nicht besser als all die Anderen, wenn's um sowas ging. Schockierend, das. Lily liebte es.

Sie zeigte es nicht, schüttelte nur den Kopf und versuchte, nicht allzu breit zu grinsen. „Schweine seid ihr, alle miteinander,“ befand sie und faltete die Arme vor der Brust. Endlich befreit, drehte James sich zu ihr herum, beide Hände auf die eigenen Unterschenkel gestützt. Alle drei anwesenden Rumtreiber konnten sie so direkt anschauen, Remus mit hinter dem Kopf verschränkten Händen, die Ellbogen rechts und links von sich gegen den Boden gedrückt, Sirius aufrecht sitzend und James an seinem eigenen Oberarm vorbei schielend. Keinen von ihnen schien diese Beleidigung wirklich zu kratzen, ganz im Gegenteil. Wie das schönste Kompliment, das ein jeder von ihnen jemals bekommen hätte. Ihre Jungs. Am liebsten hätte sie jeden von ihnen geküsst. Einen aufs Ohr, einen auf die Stirn, den anderen in den Mundwinkel.

Aber Lily Evans tat es nicht, lächelte nur in die Runde, ohne ein Wort zu sagen, genau so, wie die Blicke erwidert wurden, und fast verlegen von diesen halb bewundernden, halb liebevollen Gesten, senkte sie das errötende Gesicht und drehte sich in Übersprungshandlung eine Strähne um die Fingerspitze. Erneut die Schultern zuckend, kam sie zum Thema zurück, auch wenn die Situation alles andere als unangenehm war.

Das war schon komisch. So war's am Schönsten. Auf der lichtgefluteten Wiese am Ufer des sanft plätschernden Sees, unter den rauschenden Ästen der aufgeschossenen Birke zwischen diesen drei jungen Männern, als wäre das der einzige Platz für sie, als wäre sie hier, und genau hier nur richtig. Auch wenn Potter arrogant war, auch wenn Black einen an der Waffel hatte, auch wenn Remus zu feige war für einen einzigen Kuss. Nicht Falda und Serena und Emmeline. Nicht die Mädels. Nicht die Veranda ihrer Eltern, ihr Kinderzimmer, der versengte Tisch im Klassenraum für Zaubertränke oder sonst irgendein Ort auf dieser weiten Welt. Nur hier. Zwischen den schlimmsten Tunichtguten von Hogwarts. Und selbst wenn es auf heiß umkämpftem Schlachtfeld war, in den Trümmern allen Seins. Solange sie bei ihnen war, fühlte sich alles richtig an.

„Jedenfalls find' ich sein Herumgeschleiche irgendwie halbseiden,“ beurteilte Lily, und auch wenn sie alle, Sirius, Remus und James in genau dem gleichen Gefühl tief versunken waren, aus dem auch sie sich kaum herausreißen konnte, während die Sonne auf ihre Bäuche und Rücken und Köpfe schien und der herrlich warme und süß duftende Maiwind um ihre Nasen wehte, kam keiner darum herum, ihr zumindest im Geiste zu zustimmen. Er trieb sich schon ziemlich oft draußen auf den Gängen herum, der gute Euphemy, und dabei hatte er keinen Patrouillendienst. Merkwürdig. Ja, ein bisschen obskur. Aber auch nicht verdrehter als Filch auf Schülerjagd oder Flitwick, wenn er schlafwandelte.

Viel zu schön das Wetter, viel zu angenehm die Gesellschaft, und zumindest Remus schloss die Augen, rutschte sich im Gras zurecht und nahm einen tiefen Atemzug, bevor er summend und brummend zuließ, in kurzen, erholsamen Schlaf gezogen zu werden. Mittagspause in Hogwarts, Mai 1977.


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