Forum | Chat | Galerie
 
Startseite | Favoriten
Harry Potter Xperts
Harry Potter Xperts
Startseite
Newsarchiv
Link us
Sitemap
Specials
Shop
Buch 7
Buch 6
Buch 5
Buch 4
Buch 3
Buch 2
Buch 1
Lexikon
Lustige Zitate
Gurkensalat
Hörbücher
Harry, A History
Steckbrief
Biographie
Werke
Erfolgsgeschichte
Interviews
Bilder
Harry Potter & Ich
JKRowling.com
Film 7, Teil 1 & 2
Film 6
Film 5
Film 4
Film 3
Film 2
Film 1
Schauspieler
Autogramme
Galerie
Musik
Videospiele
Downloads
Lesetipps
eBay-Auktionen
Webmaster
RSS-Feed
Geburtstage
Gewinnspiele
Twitter
Fanart
Fanfiction
User-CP
Quiz
Währungsrechner
Forum
F.A.Q.
Ãœber uns
Geschichte
Impressum

Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Hey, Evans!

von Teekon

„Evans!“ quetschte er mehr aus der Kehle heraus, als dass er wirklich sprach, und natürlich hörte sie ihn so überhaupt nicht. „Hey Evans!“ versuchte James es erneut, nur unwesentlich lauter, wie er sich hinter den Sessel duckte und so geschickt um dessen Rücken und Armlehne herum hangelte, dass niemand ihn dort in seinem Versteck entdecken konnte. Lily reagierte nicht. Kein Stück. Dabei war er sich sicher, ein winziges Zucken ihrer Gesichtsmuskulatur gesehen zu haben. Ihre Braue war hochgeschnellt, ganz kurz nur, und sie hatte mit den Augen gerollt, wie sie es nur tat, wenn er sich in ihrer Nähe befand. Und keines der Mädchen in ihrer Begleitung hatte eine solche Mimik irgendwie provoziert.

Missmutig schnaubte James Potter und zog die eine Hand rasch zurück, mit deren Hilfe er sich vor dem Umfallen und damit vor peinlicher Enttarnung bewahrt hatte. Losgelöst tanzende Fingerchen auf den genieteten Nähten des Sessels war nichts, was so spät den Gemeinschaftsraum durchquerende Gibbelweiber sehen mussten. OK, OK, es war vielleicht seine eigene Schuld, dass sie ihn ignorierte, wo sie nur konnte, aber gelegentlich war das nicht nur ausgesprochen lästig, sondern obendrein auch noch wirklich nicht fair. Er war echt gut gewesen in den letzten Wochen! Keine blöden Sprüche und keine übermäßigen Unhöflichkeiten, und nicht einmal belästigende Verfolgungsaktionen durch die halbe Schule hatte er begangen. Er bemühte sich wirklich, ganz ehrlich, und das könnte sie doch ruhig mal honorieren, oder etwa nicht? Heute Abend zum Beispiel.

Immerhin hockte er seit geschlagenen zwei Stunden und dreizehn Minuten hier in dem abgedunkelten Rondell auf den obersten Ebenen des Gryffindor'schen Turms, um auf sie zu warten, und das war nicht nur entsetzlich langweilig, sondern gleichzeitig sehr nervenaufreibend gewesen. Im Pyjama hockte er auf dem Boden, musste sich abwechselnd entweder davon abhalten, sofort und auf der Stelle einzunicken, oder sich dazu zwingen, nicht wie ein Tiger im Käfig auf und ab zu rennen, während das Mädchen sich, wusste der Teufel wo, rumtrieb. Warum durften die das eigentlich, hm? Vier von ihnen waren es, aus diesem Haus jedenfalls, und da waren sicherlich noch ein paar junge Damen aus Ravenclaw und Hufflepuff dabei gewesen (Slytherin bezweifelte er irgendwie stark). Mit Erlaubnis der McGonagall. Mädchentreff! Selbst in seinem Kopf klang das gerade unglaublich bescheuert. Wieso durften Mädchen sich außerhalb des Zapfenstreichs irgendwo zusammenfinden, huh?

Aber er wollte ja nicht meckern. Denn immerhin bescherte ihm das eine einmalige Chance, eine Gelegenheit, wie sie sonst im Schulalltag unmöglich herbeizuführen war. Allein sein mit Lily Evans. Ein Vieraugengespräch. Von Frau zu ... na, ihm halt. OK, ja, angenehm fand er den Umstand nicht (obwohl ... er seufzte innerlich auf), fühlte sich mehr als klapprig, wenn er nur daran dachte, aber es musste eben sein, er hatte keine großartige Wahl. Und das bloß, weil Sirius seine Fresse nicht hatte halten können und Remus spontan entschieden hatte, man müsse es nicht mehr vor ihr verheimlichen. Klasse, ehrlich. Ach, Blödsinn, er war doch selber Schuld. Ein Deal. Fünf Jahre her fast, aber eben ein Deal. Und sie hatte ihn niemals gebrochen. Er schon. 'Unser Deal ist gestorben,' hatte sie gesagt, und es hätte ihm vollkommen egal sein können, war es aber nicht. Und das nicht nur, weil damit seine Ehre komplett versaut war.

Tagsüber war es einfach nicht drin, die Jahrgangsbeste mal zu sprechen oder überhaupt nur um ein paar Momente unter sich zu bitten. Die Scham alleine, der Gedanke daran, auf sie zu zugehen in der Großen Halle oder zwischen den Unterrichtseinheiten, verpasste ihm einen solchen Flush, dass James fast daran erstickte. Scheußliche Erinnerungen an ein fabulöses Desaster förderte das herauf aus den Tiefen seines Hirns, das war einfach nicht zu bewerkstelligen, auch nur ansatzweise in ähnliche Situation zu geraten. Und während der Stunden konnte er es auch nicht tun. Denn da war Remus in der Nähe. Immer, ständig, weil Remus nun mal entweder bei seinen Freunden, also ihm, Sirius und Pete abhing, oder seinen Kopf mit dem von Lily zusammen steckte (welches davon häufiger geschah, fiel nur zu Gunsten der Jungs aus, weil er nicht bei den Mädchen übernachten durfte). Ergo: Gearscht.

Aber er musste eben! Er musste mit ihr reden, es war unumgänglich, und Moony durfte davon nichts mitkriegen! Am liebsten auch die Anderen nicht, denn Pettigrew konnte seine Fresse nicht halten und Sirius wäre stinkend beleidigt, wenn er es erfahren würde. Das machte keinen Spaß, sowas führte man nicht herbei, solange es sich irgendwie vermeiden ließ. Und heute Nacht hatte er eine winzigkleine Chance, sich um vielerlei Probleme herum zu drücken und trotzdem diese eine große Sache anzugehen. Denn Lily Evans kehrte heute spät mit ihren Freundinnen von ihrem Damenzirkel mit der McGonagall zurück, und seine Freunde oben im Turmzimmer schliefen tief und fest.

Peter war schon vor Ewigkeiten eingeknackt, sein fiepsiges Atemgeräusch deutlich wahrzunehmen, und sobald das Summen von Sirius' Bett her zu einem feinen Schnarchen geworden war, hatte James so getan, als wäre er ebenfalls längst im Land der Träume. Wie könnte es anders sein, hatte Remus noch gelesen im Schein seiner kleinen Tranfunzel auf dem Nachttisch, die Portiere in Petes Richtung zugezogen, um den Pummel nicht zu wecken, eine Hand hinter dem Kopf verschränkt und die andere an der Oberkante seines Buches. Auf den lang ausgestreckten Beinen, die Decke darüber, hatte er die Karte ausgebreitet gehabt, Gewohnheit mittlerweile, immer mal wieder einen neugierigen Blick darauf riskierend, wer sich wann noch wo herum trieb, und James hatte nur noch warten müssen. Bis zu diesem ebenfalls alltäglichen Geräusch des dumpfen Schläfenanschlags gegen die Wand, wenn Moony die Augen nicht mehr offenhalten konnte und einschlief. Wie er es immer tat, war Potter aus dem Bett geschlüpft, hatte ihm liebevoll die Lektüre aus den schlaffen Fingern geklaubt und das Licht ausgelöscht.

Nur dieses Mal war er danach halt nicht in die Federn zurück gekrochen, sondern auf leisen Sohlen, Zehenspitze für Zehenspitze um den warmen Ofen herum und vorsichtig aus der schweren Eichentür, die kühle Wendeltreppe hinunter und in den leeren Gemeinschaftsraum. Und da hockte er nun hinter dem Sessel, beschienen von den letzten ersterbenden Flämmchen im Kamin, während die laut kichernden und schwatzenden Mädchen den kurzen Weg zwischen dem Porträt der Fetten Dame und dem Durchgang zu ihren weiter unten gelegenen Schlafsälen zurücklegten, Lily Evans unter ihnen.

„Evans!“ versuchte James es nun zum dritten Mal und wagte sich fast ein wenig zu weit vor, damit sie ihn doch endlich bemerke und das nicht mehr so einfach umgehen konnte. Nur das kreischende Lachen von Mafalda Gainsworth übertönte seinen erneuten Anruf, wie er nun fast zischte, und endlich schien Lily darauf eingehen zu wollen. Einen eindringlichen, versteckten Seitenblick, komplett genervt und alles andere als begeistert, warf sie in seine Richtung, den Unterkiefer weit vorgeschoben und die Augen geweitet. Mit scheuchenden Händen bedachte sie ihn, als könne sie ihn ohne Zauberstab einfach von sich weg schieben, so wie Remus es mit seinem arabischen Spruch tat, und dabei latschte sie einfach weiter und fiel gekonnt gespielt in den Lachkrampf ihrer Freundinnen ein. Och Mann! Die konnte ihn doch nicht hier so stehen lassen! Das war nicht fair!

Gequetscht, den aufkommenden Zorn halbwegs unterdrückend, aber deutlich auf sein Recht pochend, stampfte Potter angedeutet mit dem nackten Fuß auf die dunkel gebeizten Dielen, die zwischen den roten Teppichen hervor schauten, und er erwiderte ihren Blick standhaft und mindestens genau so fordernd. Er würde hier nicht weggehen, und wenn es sein musste, dann würde er ihr eben hinterher springen und solange da unten an die Tür hämmern, bis sie zu ihm hinaus kam! Viel zu lange hatte er das nun schon vor sich her geschoben, es musste gemacht werden, bevor sie noch zum Ziel gelangte, bevor sie noch tatsächlich herausfand, was sie wissen wollte. Remus würde ihm das nie verzeihen, nie, nie, nie, und er hätte es auch nicht verdient.

Immerhin war sie so gut, ihn nicht gleich an Gainsworth, Vance und Dearborn zu verpfeifen. Gemeinsam hätten sie ihn königlich lächerlich machen und herzhaft vereimern können, fiel ihm gerade auf, wie er sich so seinen kitschigen Seidenpyjama betrachtete. Toll. Der war ja echt eindrucksvoll. Und außerdem fehlten oben zwei Knöpfe, also wer auch immer mit ihm redete, egal aus welcher Position, konnte ihm voll in den Ausschnitt gucken bis runter zum Bauchnabel. Und was er da sah, gefiel ihm absolut nicht. 'Hühnerbrüstchen' hatte Sirius im Bad gesagt, und prompt hatte Peter einen Ententanz hingelegt und dabei gackernde Geräusche veranstaltet (und das von einem Typen, der selbst gut und gerne einen stattlichen BH hätte tragen können, ohne es als Verschwendung betrachten zu müssen), und sogar Remus hatte lauthals gelacht. OK, es war echt peinlich, wenn man weniger auf den Rippen hatte als ein sterbenskranker Streber wie Moony! Und obendrein nicht mal ein einzelnes Haar. Sehr männlich, Potter, wirklich toll.

Zu spät und überhaupt. Am besten einfach nicht dran denken. „Komm schon!“ formte er fast stumm mit den Lippen, die Brauen nun aufgetürmt zu S-förmigen Schleifen, die er beinahe bittend nennen mochte. Lily rollte erneut mit den Augen, dieses Mal intensiver, und sie legte den Kopf schief und seufzte, derweil Emmeline wild gestikulierend einen entsetzt kreischenden Filch nachahmte, und für einen Augenblick stutzte James. Moment mal, das sah genau so aus wie ein übliches Gespräch zwischen den Jungs, wenn sie einander einen besonders gelungenen Streich wiedergaben (wie das damals mit den Halloween-Kürbissen, die in einer ungeplanten Kettenreaktion beide Quidditch-Teams von Ravenclaw und Slytherin in breiig orangene Pampe getaucht und das Spiel um zwei Stunden verzögert hatten – köstlich). Hätte er die Zeit dazu gehabt, und hätte Lily ihn gelassen, hätte er mehr darüber heraus finden können, aber sie hatte sich wohl endlich entschieden.

Sanft eine Hand auf die Schulter der klein geratenen Mafalda legend, nickte die hochgewachsene Rothaarige ihren Freundinnen zu. „Oh, geht schon vor!“ forderte sie auf und lächelte wunderbar echt und ehrlich (fast konnte man Angst bekommen, wie problemlos sie das hinkriegte), wie sie mit dem Kinn in Richtung der nach unten führenden Treppe deutete. „Ich hab' meine Notizen liegen gelassen,“ behauptete Lily, das Büchlein rasch unter ihrer Robe in den Rückenbund ihres Rockes schiebend (er konnte das ziemlich gut sehen von seinem Versteck aus, die ausbeulende Hand, das fummelnde Suchen, und ein bisschen wurde er rot davon), und Serena nickte ihr zu. „Bis gleich dann, Lily!“ wünschte man ihr, bevor die Mädchen zu ihrem kichernden Gespräch zurückfanden und eine nach der anderen den Weg durch den schmalen Bogen fand. Rückwärts, alle Drei gut im Auge, trat die Jahrgangsbeste zurück, drehte sich jedoch erst herum, als die Tür dort unten ins Schloss fiel und die Geräusche und Stimmen aussperrte.

So heftig schwang der Oberkörper zuerst in seine Richtung, dann folgten die Beine, dass es aussah, als habe sie überhaupt keine Wirbelsäule oder Hüften wie eine Eule einen Hals hatte. Dabei warf sie sich halb nach vorne, im Stehen so weit über dem am Boden Sitzenden, der seinen Rücken gegen den Sessel stemmte und krampfhaft versuchte, irgendwie die beiden Hälften seines Pyjamas angemessen hoch zu schließen. Es klappte nicht. Wie er erschrocken den Kopf wandte, um sie ansehen zu können, wie sie ihr „was – willst – du, Potter?“ zischelte, rutschte schon wieder alles beiseite, und er gab es auf. Sich auf einen Arm stützend, drückte James sich hoch, um aufstehen und in angenehmere Position zu ihr kommen zu können. So neutral wie möglich hielt er den Gesichtsausdruck, obwohl er zugeben musste, dass ihm das wahnsinnig schwer fiel. Wenn sie gleich so ablehnend war, noch bevor er überhaupt gesagt hatte, worum er sie bitten wollte, machte ihn das wütend und verletzt, und das war bei James Potter niemals eine gute Mischung. Beherrschung, Mann, Beherrschung! Sie hatte ihre Gründe.

„Können wir reden?“ fragte er sie einfach, wie er sich zu voller Größe aufrichtete und die Schösse seines Hemdes herunterzog, damit wenigstens nicht dieser Kniff in der Knopfleiste einen wunderbaren Blick auf seinen lächerlichen Nippel bot. Er hätte sich einen Morgenmantel überziehen sollen. Gleichgültig jetzt, er konnte sowieso nichts mehr an seinem albernen Aufzug ändern. Die Haare wirr und abstehend wie immer, nun auch im Nacken ganz hochgedreht entgegen der Wuchsrichtung, weil er doch frisch aus dem Bett gekrochen war, die Brille irgendwie schief und ein bisschen verborgen, so wie er darauf gelegen hatte, wirkte er vermutlich nur noch bescheuerter und machte einfach gar nichts her. Aber darum ging es auch nicht. Naja, jedenfalls nicht hauptsächlich.

Lily schien nicht ganz sicher zu sein, was sie mit dieser Bitte anfangen sollte, und ganz verwirrt klimperte sie mit den hellen Wimpern ihrer herrlich grünen Augen, vorsichtig den Kopf schüttelnd, weniger in Ablehnung als in Unverständnis. Sie breitete die Arme aus und präsentierte die Handflächen. „Reden?“ wiederholte sie ganz belegt, und für einen Moment hätte James schwören können, dass sowas wie ein Erröten durch ihre Wangen fuhr und sofort wieder verschwand. Davon rutschte ihm eine steile Falte auf die Stirn, aber er sagte nichts. „Können wir?“ Immer noch bekam er darauf keine konkrete Antwort. „Worüber?“ verlangte Evans erst zu erfahren, bevor sie sich entscheiden wollte, ob sie ihm eine königliche Audienz gewährte. Ein Augenrollen unterdrückte James und knirschte mit den Zähnen.

„Wegen unserer Abmachung,“ begann er, hielt kurz inne und holte tief Luft, weil er am liebsten gleich losgelegt hätte, auf sie einzureden, um sie zu überzeugen, um sie so platt zu quatschen, dass sie gar nicht anders konnte, als ihm zu zustimmen, als seine Meinung, seine Bitte, seine Bedingungen, einfach alles zu akzeptieren, so wie er es sonst auch bei jedem machte, aber gerade rechtzeitig erinnerte er sich daran, dass genau dieses Verhalten bei Lily Evans eben nicht zog. Im Gegenteil. Es forderte sie zu Protest und Widerstand heraus, und das musste er unter allen Umständen vermeiden. Stur wie tausend Rinder, die Frau, und eine Opposition konnte er sich nicht leisten. Keine Kompromisse darüber.

Wie er es erwartet hatte, schob sie gleich einen Atemzug durch die Nase, dass sie fast grunzte. „Vergiss es,“ schüttelte sie energischer den Kopf und machte bereits Anstalten, sich herum zu drehen und ihren Freundinnen zu folgen, und in panischer Hektik stürzte James vor und packte sie fest am Handgelenk. „Nein, Lily, bitte!“ rief er beinahe ein wenig zu laut, und sie riss regelrecht den Arm hoch, um sich von ihm zu befreien, reflexartig, unterbrach diese Bewegung jedoch. Vielleicht wäre das übertrieben gewesen. Er hatte ja nicht die Krätze oder sowas. Aber wieso, bei Merlins Bart, ihm das jetzt auf einmal wieder so wichtig war, das konnte sie sich beim besten Willen nicht erklären. „Lass mich los, Potter!“ forderte sie mit giftigen Blitzen in den Augen, und sofort erschlafften seine Finger, und James zog sich zurück, betreten irgendwie.

Jetzt keine fünf Zoll von ihr entfernt, räusperte er sich und renkte sich die Schultern ein, um etwas mehr Ordnung in seine Kleider zu bringen, ließ sie aber nicht eine Sekunde aus den Augen. Sie durfte ihm nicht entwischen, das hier musste geklärt werden und zwar zu seinen Gunsten. Nicht aus egomanischen Gründen, nicht weil er keine Niederlagen vertrug oder weil er alles so haben musste, wie es ihm in den Kram passte. Nicht dieses Mal. „Willst du mir wenigstens zuhören?“ fing er ganz unten an, tief gestapelt, fest entschlossen, auch auf die Knie zu fallen, sollte es von Nöten sein. Ehrlich gesagt, sah Lily keineswegs so aus, als wollte sie. Sich entnervt eine Strähne ihres roten Kupferhaares aus der Stirn wischend, schloss sie die Lider und stöhnte auf, so als habe man ihr gerade eine Woche Extrastunden bei Binns verordnet. „Also gut,“ gewährte sie gnädig und langgezogen, dabei mit den Augen rollend, und sie verschränkte die Arme vor der Brust. „Auch wenn ich keine Ahnung habe, wozu das gut sein soll.“

Erleichtert über diesen klitzekleinen ersten Erfolg, atmete James auf und ließ ein winziges Lächeln über seine Lippen huschen. Sich im Kopf zurecht legend, wie er das jetzt am besten aufziehen konnte, gab er ihr einen kurzen Moment, der sie bereits ungeduldig werden ließ, und mit eigenen brennenden Fragen behaftet, holte sie tief Luft und legte los. „Ich kapier's nicht, Potter!“ schüttelte Lily sich so sehr, dass ihr Bauernzopf flog und ihn schmerzhaft an der Schulter traf, aber er reagierte darauf nur mit einem festen Reiben des Oberarms, wie er die Lippen aufeinander presste und sie mit einem Ausdruck anschaute, der hin und her gerissen war zwischen Verzweiflung und Schuldgefühlen. „Ehrlich, Evans, ich hab's einfach verpennt!“ nannte er sie wieder bei ihrem Nachnamen, um gleich feststellen zu müssen, dass das überhaupt nicht gut ankam bei ihr.

Sogleich glühten die grünen Augen wieder wie Kohlen, und sie hob einen mahnenden Zeigefinger so hoch, dass er ihn fast in den Mundboden gebohrt bekam. „Einfach verpennt!“ äffte sie nach. „Pah! Eure halbe Freizeit dreht sich doch mittlerweile um Voldemort, wie kann man da sowas vergessen?“ schollt sie ihn, und am liebsten hätte er sie, das Mitglied im Orden des Phönix, daran erinnert, dass es ihr ganz genau so ging und sie das auch nicht anders würde haben wollen. Klappe halten. Beide Handflächen offen und leer präsentierend, zog James die schmalen Schultern hoch, als müsse er sich dahinter verstecken wie in einem Schützengraben, wenn die Panzer anrollten. „Eben deswegen ja!“ behauptete er dreist, und das Mädchen quietschte schnippisch auf.

Bevor sie allerdings den Kiefer herunter klappen und zum Sprechen ansetzen konnte, kam Potter ihr zuvor. „Sieh' mal, ich hab' gedacht, Remus hätte es dir erzählt!“ erklärte er einfach und doch wirklich verständlich, oder etwa nicht? So war es dazu gekommen, das war die reine Wahrheit und nichts Anderes. Er würde es schwören, wenn sie wollte, und zum Zeichen dazu legte er sich die Rechte mit abgespreiztem Daumen, Zeiger und Mittelfinger demonstrativ auf die Brust, genau da, wo sein Herz durch den Brustkorb schlug. Sie würde widersprechen und das ad absurdum führen, da war er sich absolut sicher, doch es geschah nicht. Wie ein Fisch im Glas, schnappte Lily nach Luft, mehrmals, und ein mattes Flackern huschte über ihre Augen, von dem James ein unangenehmes Ziehen zwischen den Rippen verspürte, und diese Falte zwischen seinen Brauen grub sich tiefer ein.

„Hat er nicht.“ Sie schmollte. Nicht ansehen konnte sie ihn, senkte das ganze Gesicht und spielte sich fast gedankenverloren in Übersprungshandlung am Bündchen ihres Pullunders herum, zupfte Flusen davon herunter und scharrte mit den Füßen. Oh Mann. Klar tat ihr das weh. Das wäre wahrscheinlich ungefähr so, als wäre Sirius nicht zu ihm nach Hause geflüchtet, als er sein Elternhaus verlassen hatte, sondern zu Malfoy oder so. Gemein hätte James das gefunden, und traurig wäre er gewesen. Man teilte doch alles. Man vertraute sich doch. Und es war ehrlich so, er würde Sirius alles sagen, einfach alles (und in diesem Moment entschied er, dass auch dieser Deal nicht länger vor ihm verheimlicht werden dürfte), und er hoffte, nein, er betete darum, dass es seinem Kumpel genau so ging. Und da hielt Remus etwas so Großes, so Wichtiges vor ihr zurück. Das war schon verständlich, dass sie da frustriert war.

Er wollte das gar nicht sagen. Es war vielleicht ein bisschen forciert davon, den guten Moony in diesem merkwürdigen Licht des Heimlichtuers betrachtet zu sehen, dass er überhaupt auf diesem Weg dachte, aber so richtig kriegte James gar nicht mit, wieso und dass es heraus kam. „Ich dachte, ihr erzählt euch alles.“ Auf dem Ball. Diese Art, wie sie miteinander redeten, dieses gelöste, ernsthafte und dennoch fröhliche Quatschen, freundschaftlich, vertraut, innig. Oder ihre Valentinskarte. Solche Dinge ließ man nicht jeden wissen. Zärtlich und liebevoll in Worten zu sein war schwieriger als körperlich. Weil man sich damit Blöße gab, Beweise der eigenen Gefühle, immer wieder nachzulesen. Und was sie da geschrieben hatte, was vielleicht – nein, bestimmt sogar – auch er ihr genau so hatte zukommen lassen, das war – intim. Sehnsucht war das, was James da innerlich zerriss, und er musste die Augen schließen. Oh, er wollte das auch! Er wollte das auch, diese unschlagbare Nähe!

Wie sie wieder heftig den Kopf schüttelte, das bemerkte James erst gar nicht, bis sie sich auf die Lippe biss und die zierlichen Hände zu weißen Fäusten ballte. „Vergiss es, Potter,“ sagte sie erneut, bekräftigte ihren Entschluss, sich nicht mehr mit Häppchen abspeisen zu lassen. Sie wollte alles wissen, alles. Ja, jetzt war sie auch ein Mitglied im Orden und würde somit ihre Informationen bekommen, auch ohne Potters Hilfe, auch ohne Remus' bedingungsloses Vertrauen, sie brauchte keinen Deal. Lily knickte ein, körperlich, und James konnte sich nicht erklären, wieso, oder warum dieser kleine Blutstropfen unter ihrem Schneidezahn hervorquoll. Trotzdem erschreckte ihn beides, und ohne sein geistiges oder willentliches Zutun, griff er mit beiden Händen stützend ihre Ellbogen. Dieses Mal entzog sie sich nicht hastig und fast angeekelt, sondern lehnte sich für einen kurzen Augenblick hinein, bevor sie sich langsam und vorsichtig aus dieser halben Umarmung entfernte.

Als es endlich an sein Bewusstsein drang, was sie gesagt hatte und was sie damit meinte, presste James ein Geräusch aus seiner Kehle, Hitze in Hals und Kopf, als hätte er den Schädel ins Feuer gehängt, ohne vorher Flohpulver einzustreuen. „Lily, bitte!“ flehte er, die Stirn in unzählige Falten gelegt und sich zwischen die eigenen Schultern duckend, damit er sie besser ansehen konnte. Aber sie blieb dabei. Nur noch mehr warf sie das Kinn von einer Seite zur anderen, die Lider fest geschlossen, damit sie diesen Ausdruck in seinem Gesicht nicht sehen musste. Ein verneinendes „nu uh!“ machte sie. „Ich hab's dir gesagt: Die Abmachung gilt nicht mehr!“ erinnerte sie ihn daran, was sie vor fast vier Monaten in McGonagalls Büro bestimmt hatte, und es war nicht ihre Schuld, dass dieses Abkommen nichtig geworden war. Potters Bauch zog sich zusammen, das konnte sie durch den Pyjama sehen, und passend dazu brummte er greinend. „Bitte, Li ...“ weiter kam er nicht, so energisch winkte sie ab. „Nein!“

Wenn sie so laut war, würde jeder sie hören! „Sht!“ herrschte er sie mehr verzweifelt als wütend an, beschwichtigend mit beiden Händen mäßigend auf sie ein gestikulierend, doch Lily fuhr ungerührt fort, obwohl ein wenig leiser und wispernder. „Es gibt nichts mehr, was du mir bieten könntest, Potter, selbst wenn ich dir genug vertrauen könnte, dass du dich dies' Mal dran hälst!“ Verflucht. Sie hatte recht. Es war nichts mehr da, was er im Gegenzug leisten konnte. Er konnte sie weder in einen Koboldstein-Club bringen, noch irgendwas erreichen, was sie nicht selbst hinbekommen konnte. Außer einer Sache vielleicht, aber nein. Nein, das war zu viel verlangt. Selbst biss er sich jetzt auf die Lippe, bis er Metall schmeckte, und auf seiner Nasenwurzel wurde die Falte so tief, dass seine Brille nachrutschte.

Auf die Knie fallen. Er hatte befürchtet, dass sowas kommen würde, und er hatte sich geschworen, dass er es tun würde, wenn es nötig war. Einknickend in den Knien, so als wolle er das auch körperlich und nicht nur figurativ machen, langte James wieder nach ihren Ellbogen und fasste höher, damit sie ihm nicht einfach weglaufen konnte, sollte sie das vorhaben. Er schluckte so fest, dass er beinahe husten musste, die Kehle ganz trocken. „Ich bitte dich, Lily, tu' das nicht, bitte nicht!“ Sie würde es rauskriegen, wenn sie sich dahinter klemmte, innerhalb kürzester Zeit, zweifelsohne. Er hatte dafür knapp ein Jahr gebraucht, mit sehr wenigen Informationen ausgestattet, während sie das ganze Arsenal von fünf einhalb Jahren an Remischen Krankheitsschüben vor sich hatte, und sie war definitiv schlauer als James Potter. Sollte Lily sich auch nur für ein oder zwei Wochen vollends mit dem seltsamen Leiden des jungen Mr. Lupin beschäftigen, sie wüsste schneller als Peter einen kandierten Apfel herunter schlingen konnte, dass ihr bester Freund, der Junge, den sie – James war überzeugt davon – mit jeder Faser ihres Seins liebte, ein Werwolf war.

Der Gedanke war unerträglich. Mit einem Mal begriff er, was Remus da fühlen musste, Tag für Tag, wenn er es verbarg vor all diesen Menschen, vor so vielen, die ihn als Freund bezeichneten, die ihn gern hatten, mit ihm redeten und scherzten und ihre Zukunftspläne mit ihm besprachen, wie entsetzlich schmerzhaft das sein musste. Schlimmer als die eigentliche Verwandlung, grausiger als die verzerrten Schreie aus dem Obergeschoss, das dumpfe Poltern, das den Kontrollverlust über seine Glieder für sie durch die Decke transportierte, während sie unten auf ihn warteten in ihren Animagi-Gestalten. Lily durfte es einfach nicht wissen, sie durfte nicht. Und sie schüttelte bloß weiter den Kopf, den sie nun hob und James direkt ins Gesicht sah. Mit Wasser in den Augen, blass und traurig. „Ich will es aber wissen, James!“

Dass sie ihn beim Vornamen genannt hatte, das hörte er nicht. Was ihm sonst solche Freude bereitet hätte, war bedeutungslos. Sie verlangte damit von ihm, es ihr zu sagen, hier und jetzt und auf der Stelle, denn er wusste es, sie war sicher. Natürlich. Wieso sonst sollte er sich so dagegen wehren, wieso sonst wollte er sie so davon abhalten, es selbst für sich heraus zu finden? Ob er es damals schon gewusst oder bloß geahnt hatte, das wusste sie nicht, und es war ihr auch egal. Zeit war seitdem vergangen, diese vier Jungs waren zusammen gewachsen, enger als Pech und Schwefel, wie die verzahnten Jahresringe in einem Baumstamm, und nichts und niemand konnte sie von einander trennen. Gleichgültig was kam, und auch etwas, das James offenbar als zu furchtbar empfand, um es sie wissen zu lassen, sprengte keinen Keil zwischen sie. Hätte er gewusst, was sie dachte in diesem Moment, Potter hätte lauthals gelacht. Sie wollte das auch! Oh, sie wollte das auch, diese unschlagbare Nähe!

Vorsichtig, flehentlich, aber unumstößlich verweigerte James kopfschüttelnd. „Ich kann nicht, Lily,“ entschuldigte er, zuckte die Achseln und schloss für einen verlängerten Reflex die Augen, und sie sackte zusammen. Jetzt war es an ihr, „bitte“ zu flüstern. Das Blut schimmerte auf ihren Lippen, wo sie sich gebissen hatte, und Feuerschein flackerte auf den feuchten Hornhäuten. Herzerweichend schön. Innerlich wollte er, es war doch so einfach, es herauszuplatzen, 'Remus ist mondsüchtig', ganz leicht, aber es ging eben nicht. Verrat wäre das gewesen, und nichts Schlimmeres konnte es geben für James Charlus Potter als Vertrauensbruch. Und wie er erneut nur verneinte, wurde ihr so hübsches Gesicht ganz hart und versteinert. „Gut,“ meinte sie wie ein enttäuschter Geschäftsmann, der sich nichts anmerken lassen wollte, drückte das Rückgrat durch. „Dann muss ich es eben selbst herausfinden.“

Den Schritt an ihm vorbei und hinunter auf die Wendeltreppe verbot er ihr. „Nein.“ Kein Befehl, keine Forderung, ein simples, einfach „nein“ kam aus Potters Kehle, und immer noch sehr langsam schüttelte er den Kopf. Sein wirr abstehendes Haar bewegte sich nicht mal davon. Ihren aufkeimenden Protest unterbrach er gleich. „Es ist mir ernst, Lily, ich mache keine Scherze, ich kann das nicht zulassen.“ Für den Bruchteil einer Sekunde schlug ihr Herz schneller, wollte sie eine Drohung darin wahrnehmen, aber es passte nicht zu dem Ausdruck in seinem Gesicht.

Bedeutsam und wichtig, wie diese Falte pfeilförmig auf seiner Nase stand, die rehbraunen Augen matt und dunkel in den Schatten des Gemeinschaftsraumes, konnte sie nicht einmal etwas darauf erwidern. „Ich kann es dir nicht erklären, aber es geht einfach nicht.“

„Wieso nicht?“ Sie stampfte auf mit dem Lackschuh direkt neben seinen nackten Füßen, und James' großer Zeh zuckte zurück. Bettelnd schaute sie jetzt aus, und erneut musste er mit sich kämpfen, um nicht einfach nachzugeben. Was für eine Waffe, diese grünen Augen. Nicht mal aus dem Griff seiner Hände befreite sie sich, viel zu beschäftigt damit, endlich die Antworten, endlich die Wahrheit aus ihm heraus zu quetschen. Es gab eine Möglichkeit. Er konnte es ihr nicht sagen, es wäre weder fair noch richtig gewesen, niemandem gegenüber, nicht einmal für ihn selbst irgendwie hilfreich, also seufzte James Potter. „Wenn du es so sehr wissen willst,“ ein Hoffnungsschimmer glomm in ihren Wangen auf, „dann frag' ihn.“

So simpel. Natürlich. Warum hatte sie das nie getan? Sie könnte es doch, es gab keinen Grund, das nicht zu tun. Dann konnte Remus immer noch ablehnen, wenn er partout nicht wollte, aber vielleicht auch nicht. Mochte gut sein, dass er eben doch mit ihr sprach. Gut, ja, sie hatte es ihm angeboten, mehrfach, 'wenn du darüber reden möchtest, dann höre ich dir zu', und er hatte das nie in Anspruch genommen, aber das hieß ja nicht, sie dürfe nie wieder nachhaken, oder? Trotzdem war Lily so perplex in diesem Moment, dass sie James nur anstarrte und blinzelte, als habe sie nach langer Dunkelheit das Licht wieder entdeckt. Er wertete das anders, zuckte die Achseln und schürzte die Lippen. „Geh' rauf zu ihm und frag' ihn!“ bot er an, deutete hinter sich die Treppe hinauf. „Jetzt gleich.“ Einen ganzen Arm ausstreckend, eröffnete er ihr diesen Pfad, doch das Mädchen zögerte und stand stocksteif da. Und er hatte sie, er wusste es.

„Nicht hinter seinem Rücken, Lily, bitte,“ wisperte James nun so heiser, als wäre er derjenige, der dem Mond folgen musste. „Das hat er nicht verdient.“ Sie nickte. Ohne noch darüber nachdenken zu müssen, mit blanken Augen, einen Punkt in der Luft fixierend, stimmte sie zu, und die Erleichterung ließ James einen so tiefen Atemzug nehmen, dass ihm glatt das blöde Hemd wieder auseinander klaffte. Mann, war das Teil peinlich! Nur gut, dass Lily ganz andere Sachen im Kopf hatte und ihn nicht mal richtig wahrnahm. Das war mit Sicherheit einer dieser seltenen Momente, in denen er das genoss. Damals in der Großen Halle, ach, wäre das da doch auch so gewesen.

Den Kopf schief legend, schon ein gutes Stück beruhigter und weniger angespannt, ließ Potter langsam beide Arme sinken, hielt sie jedoch noch einen Augenblick lang in Position, sollte Lily wider Erwarten einfach umkippen. Jedenfalls machte sie den Eindruck, als würde sie das fertig bringen. „Einverstanden?“ fragte er, und sie seufzte lautstark. Es mochte ihr nicht gefallen, aber er hatte recht. Es wäre nicht in Ordnung gewesen, solange sie die Möglichkeit hatte, es von Remus selbst zu erfahren. Einfach so, ohne sich an ihn gewendet zu haben, herum zu schnüffeln in einer so ernsthaften und persönlichen Angelegenheit, das war mehr als unsportlich.

„Einverstanden,“ bestätigte sie. Potter grinste. Breit und frech und mit blitzenden Augen, und sie wollte nach Luft schnappen, ihn schlagen, ihm vor das Schienbein treten und gleichzeitig lächeln. Süß. Irgendwie. „Versprochen?“ Ein drohender Finger schnellte empor, doch das Mädchen konnte nicht mehr wirklich erschreckend wirken. „Treib's nicht zu weit, du ...“

Das musste das erste Mal sein, dass sie ihn lachen hörte. Nein, selbstverständlich nicht, er lachte ständig, seit ihrer ersten Begegnung im Hogwarts Express, wo er und sein dussliger Lieblingsidiot sich über Severus lustig gemacht hatten. Und trotzdem war das anders. Es war keine Gehässigkeit darin, keine Boshaftigkeit, sondern nur diese gelöste Fröhlichkeit, die er in Gegenwart seiner Freunde ausstrahlte. Als hätte er sie bereits gespürt, diese drei Jungs, und für einen Herzschlag lang war Lily ein bisschen traurig. War wohl doch nur wegen ihnen, ja? Aber nein, Blödsinn, er hatte sie doch gar nicht gehört oder gesehen, nicht einmal bemerkt! Die Treppe war in seinem Rücken, und hätte sie nicht so einen wunderbaren Ausblick darauf gehabt, sie wären Lily ebenfalls nicht aufgefallen.

Dicht gedrängt, Stufe für Stufe herunter steigend, zeigten sie sich da oben, tuschelten brummelnd miteinander, und Peter quietschte vor Kichern, wie er sich die Hand vor den Mund legte. Sirius boxte ihn in die Seite und musste selbst fürchterlich grienen, wie er sich herunter beugte, um unter dem Torbogen hindurch lugen zu können, und Remus stützte sich in die Knie, bis er beinahe einen 90° Winkel mit sich selbst bildete. „Na na, was macht ihr Zwei denn da?“ trällerte Black vergnügt, sich noch den Schlaf aus den Augen reibend, aus dem Moony ihn geweckt hatte. „Dachtet wohl, ihr könnt euch vor uns verstecken, was?“ spielte Pete den Beleidigten und verschränkte die kurzen Ärmchen vor der Brust. „Ts ts ts!“ machte Moony auf altes Waschweib und schüttelte den Kopf. OK, OK, das hier musste für die Jungs absolut und komplett verfänglich aussehen. Immerhin hatte er das hier heimlich durchgezogen, und ... James errötete so heftig und wandte den Kopf so vehement von ihr ab, dass er dieses Spiegelbild der Emotion in ihrem Gesicht gar nicht erkennen konnte.

„Woher habt ihr gewusst ...?“ wollte er wissen, wollte wohl auch Lily wissen, wie sie die Hände in die Hüften stemmte und die Situation mit Souveränität zu meistern gedachte. Sie lachten, die Dreckskerle. Hysterisch fast, schüttelten die Köpfe, rieben sich die Bäuche und konnten es kaum fassen. Sirius grunzte und winkte ab, als wäre Potter der größte Trottel, der ihm je begegnet war. „Schon vergessen, Krönchen?“ benutzte er ungeniert den Spitznamen vor der Dame, kümmerte sich nicht um ihr nachdenkliches Stirnrunzeln. Und offenbar war das der Abend der Enthüllungen, denn ausgerechnet Remus griff sich in den Hosenbund unter das Oberteil seines Pyjamas und zog ein weiches Stück Zeichenpapier daraus hervor. „Die Karte, James, lügt nie!“

Bedeutungsschwanger tippte er darauf, unausgewischt, die vielen langen Striche aus aneinander gereihten Buchstaben darauf deutlich sichtbar, selbst in relativer Dunkelheit, und um diese Zeit tummelten sich darauf kaum frei bewegliche Punkte. Klar. Auf seinen Knien hatte er sie gehabt, als er eingeschlafen war, der gute Remus. Er musste aufgewacht sein, James nicht im Bett, und ein kurzer, winzigkleiner Kontrollblick hatte genügt, um ihn zu finden. Hier unten. Ganz dicht bei dem flatternden Namensschild von Lily Evans. Logisch konnte dieses neugierige Pack da nicht still liegen bleiben. Pfffft! Ferkel, die! Was, wenn er sich jetzt wirklich amourös mit ihr getroffen hätte, hm? Wie unhöflich, eklig, die! Er musste grinsen. Quark. Als würde das jemals passieren, er und Lily! Ha ha! Guter Witz, ja wirklich!

Das Mädchen neben ihm, längst nicht mehr durcheinander, sondern wieder voll sie selbst und mit rasch arbeitendem Verstand, beide Hände in die schlanke Taille gedrückt, machte ein paar lange, vorsichtige Schritte und beugte sich bereits weit vor, die Brauen so fest ineinander geschoben, dass sie wie eine aussahen. „Was bei Merlins ...“ murmelte sie, und niemand entzog ihr die Karte des Rumtreibers.

„Was ist das?“ Einen Zeigefinger ausgestreckt, starrte sie nach oben in die stolz glühenden Gesichter der drei Jungen auf der Treppe, und wie auf Kommando entfaltete Remus das Meisterwerk. Einstudiert mochte man meinen, aber sie beide wussten es besser, Lily und James. Spontan wie immer, einfach eingespielt, einander kennend wie ein Adlerpaar.

„Hier, meine Dame, sehen Sie 'big brother is watching you' auf Magisch!“ verkündete Sirius Black in einem nasalen Ton, während Peter sich bereits darunter her mogelte, um – weit weniger formal – quietschend vor Spaß auf ein paar Ecken zu zeigen. „Guck' mal, Dumbledore war schon wieder im Honigtopf!“ lachte er, bohrte den dicken Daumen regelrecht in die aufgemalte Gestalt der Einäugigen Hexe am Eingang zu dem Geheimgang, den auch das Mädchen schon so lange nun kannte. „Und Euphemy,“ kürzte Black liebevoll den Namen des Professors für Verteidigung gegen die Dunklen Künste ab, „verteilt mal wieder fleißig Extraaufgaben bei den Slytherins,“ tippte er bedächtig und zustimmend nickend auf eine Stelle in den Verließen ein paar Stockwerke tiefer. „Die McGonagall kann nicht schlafen!“ bemerkte James von seinem Platz im Gemeinschaftsraum aus, und tatsächlich: In ihrem Büro lief sie auf und ab.

„Und siehe da,“ gar nicht so weit weg davon streckte Remus von oben seine Hand herab und erwischte ein großes Rondell, in dem sich fünf kleine Punkte tummelten, „Miss Evans trifft sich des Nachts mit Mr. Potter!“ Sie konnte nicht anders. Sie musste lachen. Das war der Hammer, das Ding! Diese Wahnsinnstypen! Mehr als Shakespear'schen Applaus war das wert, und doch konnte sie nur mit drei Fingern sacht in die Hand klatschen. „Exzellent, die Herren, wirklich außerordentlich,“ lobte sie mit so übertriebener Eloquenz, dass sogar James begreifen musste, wen sie da verarschte. Und er streckte ihr die Zunge raus und verdrehte die Augen. Pute. Großartigste von allen.


Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.

Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel

Twitter
HPXperts-Shop
DVD: Game of Thrones - 4. Staffel
[DVD] [Blu-ray]
Top-News
Suche
Updates
Samstag, 01.07.
Neue FF von SarahGranger
Freitag, 02.06.
Neue FF von Laurien87
Mittwoch, 24.05.
Neue FF von Lily Potter
Zitat
Dass die computer- und videogeprägten Kinder in 400-Seiten-Romanen versinken, reißt deren Eltern zu Jubelstürmen hin. Ganz abgesehen davon, dass auch die Erwachsenen längst mit der "Pottermania" infiziert sind.
Elisabeth Sparrer, Abendzeitung