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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Die Sonne und der Nil

von Teekon

Nun will ich für dieses Mal von Ihnen scheiden. Lernen Sie! Nicht von Papier, von Bienen und Vögeln, Mr. Lupin! Und gehaben Sie sich und all Ihre Lieben wohl, bis dass wir uns bald schon wiedersehen, so es Allahs Wille sei! Fi aman Allah, Telmied!

Wie Hohn doch, oder? Alles darin, jedes Wort nun schneidend und gewaltsam Risse in die Seele schlagend. Für dieses Mal. Nie mehr. Lernen Sie! Von wem denn? Gehaben Sie Ihre Lieben wohl. Wie denn, ohne die Hilfe aus Alexandria, wenn nicht einmal die besten Heiler von St. Mungos noch Rat wussten? Bis dass wir uns bald wiedersehen. Bald? Es hatte kein Bald gegeben und würde es nicht. So es Allahs Wille sei! Offenbar nicht, was? Fi aman Allah – Gott schütze dich. Wovor? Wozu überhaupt? Schutz sollte das sein? Zu leben, zu überleben, wenn alles um einen herum zerfiel? Telmied. Vorbei.

Und dennoch konnte er keine Wut spüren, keine Bitterkeit. Die Zeilen waren immer noch tröstend, heraufbeschworen aus den Tiefen seines Geistes, wie er daran dachte, sie auf dem breiten Fenstersims neben seinem Bett zu lesen, während er über das enge, lange Tal von Hogwarts schaute. Weit fort von hier. Noch immer konnte er sie hören, als habe er sie ihm vorgelesen und nicht bloß geschrieben, der tiefe, weiche Bass mit dem immerwährend fröhlich-bedächtigen Unterton, der einen nie so ganz die beiden Seiten des Meisters vergessen ließ. Unvorstellbar, dass so jemand nicht mehr sein sollte. Aber er hatte es gesehen da unten in den Katakomben. Niemand hatte diese Verwüstung überleben können, schon gar nicht in dem großen, einstmals blutrot in den Stein gemeißelten Pentagramm im Zentrum des Zaubers.

Er schloss die Augen und nahm einen tiefen Atemzug, um die erneut aufkommenden Tränen und das kalte Schauern der grauengetriebenen Gänsehaut zu vertreiben. Seine Lungen füllten sich davon mit einem ganz fantastischen Duft, einer Mischung aus Blüten im sich aufheizenden Wüstenwind und dem satten, erdigen Geruch des fruchtbaren Flussschlamms. So voll nach Leben roch das, so süß und nach mehr, dass er die Einatmung noch vertiefen musste und nicht umhin kam, wohlig zu seufzen. Es war schön hier, so schön.

Obwohl noch immer in schlummernder Dämmerung verborgen, schimmerte das Land ringsherum nun in einem feinen, kühlen Licht, offenbarte Stück für Stück seine Herrlichkeit. In krassem Kontrast leuchteten die endlosen Weiten der Wüste in den Schatten der Ferne, erstreckten sich flimmernde Dünen aus wanderndem Sand über die ganze Breite des Horizonts. Flach und karg und dennoch keinesfalls trostlos und tot lag die Qattara-Senke mit ihren von Salz glitzernd bedeckten Ebenen fast genau südlich von ihm. Ließ man die Augen näher streifen, erhoben sich wie aus dem Nichts die Palmenhaine, funkelten Flächen aus Bewässerungsteichen unter den verblassenden Sternen, und Häuser ragten dazwischen in den dunklen Himmel, ihre Fenster noch still und schlafend.

Grün und lebendig war das Delta der Flussmündung, und Al-Iskandariya bildete den westlichsten Eckpunkt, einen Leuchtturm der Hoffnung nach langen Reisen durch die östliche Sahara, wenn früher die Karawanen ihren Weg hierher gefunden hatten. Und auch wenn der Pharos schon längst nicht mehr sein Licht flammend durch die Nächte warf, so behielt die Handels- und Hafenstadt ihre Bedeutung als eben dieser Blickpunkt nach der endlosen Weite, der öden Unendlichkeit der Wüste. Nur noch schöner machte das die so immens angeschwollene und gewachsene Metropole, wie sich Fruchtbarkeit und Dürre so heftig aneinander rieben und aufeinander prallten wie zwei Kometen zwischen den Sternen.

Während sich ein zunehmender Streifen aus rötlichem Gold am Horizont bildete und sich die weiten Felder aus niedrigen Gebäuden und wachsendem Winterweizen voneinander abzugrenzen begannen, flossen die Gewässer des El-Mahmudiya-Kanals gemächlich in ausladenden Schleifen durch Alexandria, immer auf den Hafen zu, von dem aus die Schiffe aufbrachen in die Welt wie seit so vielen tausend Jahren. Es war Brauch gewesen, dass jeder Kapitän, der hier anlegte, ein Schriftstück abzugeben hatte, eine Kopie oder ein Original, egal ob wissenschaftliche Abhandlung, philosophische Träumereien oder Geschichten aus Tausenduneinernacht, ob profane Pläne für Bewässerungsgräben oder magische Zauberkunst, und so war er gewachsen, der Schatz der Bibliothek, Stück für Stück, Tag für Tag und Stunde um Stunde, mit jedem Boot, jedem Kahn, der an den Piers und Stegen festmachte.

Längst vergessen, die Traditionen der Antike, wo Muggel und Zauberer noch miteinander und füreinander gelebt hatten, und dennoch ein unschätzbarer Wert, schlummerte verborgen vor den Blicken unter dem Sand. Versiegelt nun. Für wie lange? Wer konnte das schon sagen?

Und was er brauchte, war nun ebenfalls dort. Gefunden habe er etwas, sein Freund, der Heiler der Sternenzauberer, irgendwo tief da unten in den unüberschaubaren Archiven seiner Zunft, eine Idee vielleicht nur, möglicherweise aber bereits die Lösung, den Cacoethes-Fluch zu sprengen, seine eisigen Klauen zu lüften, seine Macht zu brechen. Remus wusste es nicht, kannte nicht die genaueren Umstände, wo Saladin ihm nur wage Andeutungen hatte geben wollen, um nicht zu große Hoffnungen zu wecken. Und dennoch war genau das geschehen. Denn es war seine Einzige. Aber nun ... Nicht einmal den Namen kannte er, hatte keine Ahnung, wie der Mann hieß (wenn es überhaupt ein Mann war), den der Tabularius mit dieser Aufgabe betraut hatte, und ob er zu denen gehörte, die diese Nacht, diesen Kampf, vielleicht gar nicht überlebt hatten. Selbst wenn, konnte er sich erinnern an das, was er dort unten gelesen hatte oder war es aus seinem Geist verblasst und damit genau so unbrauchbar?

War das nicht furchtbar, an sowas zu denken, wo hier erst vor so kurzer Zeit Menschen gestorben waren? Verbrannt im Feindfyre des Dunklen Lords, von den Treppen gestoßen von rot glühenden Kampfzaubern und weißen Blitzen, gefallen wie in Stein gehauen vom Todesfluch. Nicht mal alles Fremde, jemand dabei, der ihm fast so viel bedeutet hatte wie ein eigener, dritter Großvater, der höher in seiner Achtung und Ehre gestanden hatte als selbst Dumbledore, und alles, worüber er sich Gedanken machte, war ein unbekanntes Schriftstück. Remus konnte sich nicht schämen. Es war in Ordnung, so zu fühlen, Saladin hätte das verstanden. Und trotzdem: Er fehlte ihm. Obwohl sie sich so lange nicht gesehen hatten, seit jenem Abend des 1. September vor zwei einhalb Jahren nicht, als der Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste eilig aufgebrochen war, um hierher zurückzukehren, bohrte sich die Endlichkeit dieses Abschieds wie die Dornen von Paliurus in Haut und Herz und Hirn.

Kaum abzuschätzen jetzt und hier, wie groß dieser Verlust war. Denn mal ehrlich: Was wusste er denn eigentlich von Saladin Ibn Ahmad Al-Harani? Er stamme aus dieser Stadt hier, aus den schmalen Gassen der Altstadt von Alexandria, das hatte er ihm gesagt, aber weder von Eltern noch Geschwistern hatte er gesprochen, niemals erzählt, wem er nahe stand, ob es solche Menschen überhaupt gab oder jemals gegeben hatte. Sternenzauberer war er, den Lehren von Schaffack von Damaskus folgend, und wenn Remus auch viel gelesen hatte über diesen Mann, diese seltsamen Querkopf aus dem Mittleren Osten, so verstand er doch nichts von dessen Nachfolgern, den Anhänger seiner Philosophie. Erst hier, wo alles in Aufruhr war, so viele dieser Hexen und Zauberer tot, bekam er einen winzigen Einblick davon, erkannte die gefestigte Struktur dahinter, eine echte Organisation, kein persönliches, jederzeit aufhebbares und abwandelbares Bekenntnis, sondern einen Orden, eine Zusammengehörigkeit.

Aber Saladin hatte es gesagt: Als einen Anhänger von Sternenzauberei und Weißer Magie hatte er Remus bezeichnet, dabei hatte der junge Mann keinen Schimmer, was er damit gemeint hatte. Er verstand gar nichts mehr in diesem kühlen, so wunderschönen Morgengrauen am Rande der größten Oase von Nordafrika. Während er noch versuchte, irgendeinen Sinn in all diese Gedanken und Gefühle und hereinbrechenden Erinnerungen, angefüllt mit versteckten Lektionen ebenso wie deutlichen Lehrstücken, aber auch ganz warm von einfacher, freundschaftlicher Zuneigung eines alten Mannes, zu bringen, flammten die ersten Strahlen der Sonne über die Krümmung der Erde und tauchten das weit entfernte Flussbett des mächtigen Nil in gleißendes Licht aus lebendem Gold.

Als Sirius und das Mädchen an seiner Seite ihn endlich gefunden hatten, saß er dort oben auf dem Gipfel der größten Düne im südlichen Garten der magisch verborgenen Anlage, inmitten der langsam erwachenden Stadt der Muggel und dennoch nicht davon berührt. Hier hupten keine Autos, hier klapperten keine altersschwachen Straßenbahnen über die Schienen, und nur das weit entfernte Tuten eines Nebelhorns auf dem Kanal drang in die Kuppel aus verletztem Schutzzauber. Klar und rein die frische Morgenluft, der Smog über den niedriger gelegenen Teilen des Molochs nicht einmal sichtbar, ragte er gegen den blassblau strahlenden Himmel auf, wie er das eine Knie aufgestellt, das andere im 45° Grad-Winkel angezogen auf dem weichen, körnigen Sand abgelegt hatte. Eine Silhouette aus atmendem Schatten, wie eine der vielen Säulen und Statuen von lange fortgegangenen Zauberern zwischen den Stämmen der Karubenbäume und Dattelpalmen im Park der Bibliothek, so hockte Remus in der aufgehenden Sonne.

Merkwürdig sah das aus, wie mehr und mehr von zunehmendem Licht seine Kleider zu erkennen waren, der dunkle, samtige Bademantel mit dem Emblem des steigenden Löwen auf der Brust, die Aufschläge der Ärmel genau so weiß-blau gestreift wie die flatternden, weiten Hosenbeine seines Pyjamas, aus denen nackte Knöchel herausschauten, die Füße grotesk in schwarzen, auf Hochglanz polierten Lederschuhen, sorgfältig geschnürt. Und trotzdem keineswegs lächerlich. Den linken Ellbogen hatte er auf sein Knie gestützt, hielt sich mit der Rechten am eigenen Handgelenk fest, und das Kinn erhoben, drehte er das noch immer blasse, von winzigen roten Sprenkeln übersäte Gesicht in den wärmenden Wüstenwind, grübelnd und denkend.

Sich langsam zu ihr herumwendend, drückte der Lockenkopf Qumairas Unterarm und nickte ihr dankbar zu, und er musste sie nicht bitten oder ihr umständlich erklären, wieso es jetzt besser war, wenn sie zurückkehrte zum Haupteingang der Bibliothek. Augenblicklich für einen verlängerten Lidreflex die so schwarzen Augen schließend, bestätigte sie und zog sich rasch, aber nicht hastig zurück. Diese Zwei mussten jetzt allein sein. Nicht weiter auf sie wartend, bis sie sich zwischen den Hainen des Gartens verlor, atmete Sirius tief durch und betrachtete sich dieses Bild da oben auf der Düne. Schon das zweite Mal innerhalb eines Monats, dass er Remus so sehen musste. Schlimmer jedoch heute, zerschlagener, tiefer getroffen, obwohl es doch bloß ein Lehrer war, im Vergleich zu seinem Patenonkel gesehen, und dennoch war es so. Sirius musste das nicht verstehen, es war nicht wichtig, solange es Remus etwas bedeutete. Nur froh, dass er nicht noch kopfloser gehandelt hatte, dass er nun hier war und das tat, was man von ihm erwartete – Denken – nickte Sirius sich selbst zu und begann, mit ausladenden, ruhigen Schritten den Hügel zu erklimmen.

Remus schien ihn gar nicht zu beachten, auch wenn er sich sicher war, dass er sein Herannahen bemerken musste. Groß und stattlich wie Sirius war, stand er neben ihm und schaute sich auf dem Ausguck um, genau so beeindruckt und tief berührt von dem herrlichen Blick auf eine so gegensätzliche Landschaft in unbeschreiblich schönem Gleichgewicht, vergass sogar für einen Moment, für ein paar kostbare Herzschläge lang, wieso sie an diesen Ort gekommen waren. Gemeinsam schwiegen sie, während die Sonne sich über den Rand der Welt schob und langsam als flirrende Sichel aus goldgelber Hitze über den Häusern und dem weit entfernten Sinai sichtbar wurde. Bald schon würde sie den Sand und die Felsen wieder erwärmen und die winterliche Kühle vertreiben, dass selbst im Dezember nur selten der Frost durch die trockenen Blätter der Phönixbäume strich.

Als habe sie den Jungen aufgetaut, der tief in Gedanken saß, sog Remus lautstark Luft durch die Nase ein, genoss den intensiver werdenden Duft der Hibiskus-Blüten, und ohne aufzuschauen, ohne Sirius einen tatsächlichen Blick zu gewähren, machte er den Mund auf.

„Sie dreht sich einfach weiter.“ Im ersten Augenblick begriff Sirius nicht, was er damit sagen wollte, wovon er da redete. Heiser die Stimme, von prickelndem Kratzen aufgeraut, die Trauer schon zurückgedrängt und die Tränen versiegt, schluckte Remus fest und schüttelte so langsam den Kopf wie eine müde Schildkröte. Als kippe die Erdkugel mit einem Ruck, rollte eine Welle aus Sonnenlicht über die weiten Ebenen und traf die beiden jungen Männer auf der Düne im Garten der Bibliothek von Alexandria, und der Jüngere begriff. „Ja,“ nickte er bedächtig und stopfte sich einen Daumen in den Bund seiner Pyjama-Hosen. Nicht mal frieren tat er, erst recht nicht, wo das Weiß des Baumwollstoffes, wo seine Haut zu glühen schien im orangenen Feuer des aufgehenden Himmelsgestirns. „Ja, das tut sie.“

Kaum zu beschreiben, wie wundervoll sich Unterägypten präsentierte um diese Stunde des Tages. Friedlich und trotzdem voller Leben, wie eine Rotte Nilgänse aus dem Röhricht aufstieg und mit rauschenden Schwingen und lauten Rufen eine Schleife am heller werdenden Himmel beschrieb. Die feine Rauchfahne hinter ihnen war längst vergangen, vom Wind zerstoben, und nichts zeugte mehr von dem verheerenden Feuer im kleineren Pylon, das so viele Schriften der Geschichtsschreibung zerstört hatte. „Als wäre nichts gewesen,“ sagte Remus, die steile Falte zwischen seinen Augen zucken lassend, wie er unter dem erneut aufkommenden Schmerz des Verlustes einknickte.

Es gab nichts, was Sirius dazu sagen konnte. Er verstand nicht dieses Gefühl, noch nicht, die ziehende Sehnsucht in eine Richtung, die man nicht einsehen konnte, dieses Ausschlagen der Füße auf einen Pfad, dem man nicht folgen konnte, und trotzdem, wie Remus, wusste er, dass man es aushalten musste. Es ging vorbei, es würde vergehen mit der Zeit, aber das brauchte. Und es gab keine Worte, die es leichter oder besser machen konnten. Also hielt er den Mund und ließ sich nur langsam nieder, um sich mit einem ausgestreckten Arm im Sand abzustützen und sich neben seinen Freund zu setzen. Ein bisschen kühl war der Untergrund noch, wärmte sich jedoch rasch an seinem eigenen Körper auf, und schon war es der angenehmste und bequemste Sitzplatz, den man sich nur vorstellen konnte.

Keiner von beiden schaute dem anderen ins Gesicht. Dafür war die Umgebung zu spannend, das Erwachen des Flussdeltas zu fesselnd, wo Greifvögel hoch zogen und Fensterläden aufgestoßen wurden. So ganz anders als Zuhause, so weit weg davon und dennoch eigentlich genau so, fremdartige Schönheit und gleichzeitig innige Vertrautheit. Hinaus katapultiert in eine Welt, wie sie größer und vielfältiger und weiter war als jemals gedacht, jemals geahnt. Es gab nicht nur Hogwarts, nicht nur Britannien, und es gab nicht nur lustige Streiche und alberne Kinderfehden auf den Korridoren einer Schule. Viel mehr war da. So viel mehr, schön und schrecklich, schrecklich schön. Man mochte die Zeit darüber vergessen, alles, was je gewesen war oder noch sein mochte, nur um sich in diesem Gefühl der Endlosigkeit zu verlieren. Und das tat nicht weh, das machte keine Angst, das befreite. Und heilte.

Kein Schnauben, kein Prusten, keine Veränderung der Mimik begleitete Remus' Worte, wie er fortfuhr, seine Gedanken auszusprechen, egal ob Sirius sie verstehen würde oder nicht. „Er hat mir Arbeit angeboten,“ sagte er, senkte nur vorsichtig den Kopf und bemerkte dennoch den raschen, überraschten Seitenblick seines Freundes neben sich, doch Black wandte sich nicht um, legte nur die Arme um die angezogenen Knie. „Ich wollte,“ Remus hielt inne, konnte selbst kaum fassen, was er da eigentlich von sich gab, „nach der Schule herkommen und ...“ Weiter brauchte er nicht zu sprechen, das Kinn in Richtung des Gartens hinter sich zucken lassend, ohne sich herum zu drehen und die eingestürzte südliche Wand des Hypostyls sehen zu müssen.

Den festen Plan gehabt, aber nie so richtig darüber nachgedacht, was das tatsächlich bedeutete. Erst jetzt wurde ihm das bewusst, und vielleicht sah er das selbe wie Sirius im Geist, diesen aufrechten, wenn auch manchmal müden Meister in schwarzem Gewand mit Sternenstickerei und rotbraunem Haar, der er hätte sein können. Nur dass Black davon ein ganz merkwürdiges, helles Leuchten aus Lächeln über das Gesicht huschte, das nicht mehr fortgehen wollte. Eine fantastische Idee!

„Das kannst du doch immer noch,“ fand er brummelnd, nur aus dem Augenwinkel beobachtend, um es einfacher zu machen für Remus, doch der prustete und schüttelte den ganzen Brustkorb so sehr, dass die Schultern sich mehrfach hoben und senkten, bevor er heftig den Kopf schüttelte. Es zu erklären, fehlte ihm jetzt die Kraft. Die Bibliothek war zu. Nicht bloß vorübergehend geschlossen wie die Bücherei von Madame Pince, sondern versiegelt von einem tödlichen Fluch, den niemand zu brechen wusste außer den fünf Wächtern. Und die waren tot. Alle. Und selbst wenn der unwahrscheinliche Umstand eintreten sollte, dass sich die Tore in der Halle des Ptolemäus aufschwingen mochten, so hatte er doch nun keinen Fürsprecher mehr, war er nun nicht mehr als irgendein unbedeutender Schüler aus dem fernen England, den Saladin Al-Harani für ein einziges, ein winziges Jahr in seinem ganzen Lebensalter unterrichtet hatte. Kein Telmied mehr, bloß Mr. Lupin. Wie sollte irgendwer wissen, warum sollte irgendwen interessieren, was der Tabularius ihm einst in einem leeren, dunklen Erkerzimmer versprochen hatte? Einem Ding wie ihm.

Remus schluckte fest und unterdrückte all das, indem er so tief einatmete, wie er nur konnte, und wieder strömte Zimt und Koriander durch seine Nasenflügel und beruhigte das aufgewühlte Gemüt. Er machte Sirius keinen Vorwurf daraus, er konnte es nicht wissen, nicht verstehen, wo er ihnen doch so wenig davon erzählt hatte. Erst jetzt fiel ihm das auf, bemerkte er mit einem Flush aus reuevoller und schuldbewusster Hitze, wie geheimnisvoll er darüber gewesen war, wie viel er vor ihnen versteckt hatte. Die Stunden im Büro des Professors, die perfekte Nachbildung eines Salomonischen Pentakels aus der Hand des Arabers, die Geschenke und Lektionen aus seinem kleinen Buch, die vielen darin gefundenen Zauber und Sprüche, die er ihnen niemals beigebracht hatte, gleichgültig wie nützlich sie sein mochten. Denn das hatte ihm gehört, das war seine eigene kleine Welt, nur für ihn, und hier und jetzt entschied er, dass es keinen Wert hatte, das nun preiszugeben. Es sollte so bleiben. Eingeschlossen in seinem Herzen, der Schlüssel aus glitzerndem Gold und glühendem Grün dagegen fallend mit jeder Bewegung.

Die Verzweiflung darüber, dass niemals mehr Neues dazu kommen würde, dass diese nun verschlossene Schatulle tief in ihm drin genau so verriegelt und mit einem Fluch belegt war wie die Tore des Ptolemäus, schlug wie eine Welle aus seinen Eingeweiden nach oben, ertränkte die Lungen und drückte mit Gewalt gegen den Kehldeckel, dass Remus sich hastig eine Hand über die Augen legte und damit sein Gesicht verdeckte, bevor die Lippen zu beben begannen. So war es auszuhalten, so konnte er das zusammenpressen zu einem festen Klumpen aus gestorbener Hoffnung, die Aussicht auf Arbeit, die ihm daheim so verwehrt blieb, auf gesellschaftliche Anerkennung, vielleicht sogar auf mehr, wer wusste das schon, diesen letzten Strohhalm, der Heilung versprach für die beiden Menschen, die ihn niemals enttäuscht hatten, die hinter ihm und für ihn eingestanden waren, denen er alles verdankte.

Vorbei und vergangen und nicht zurück zu holen, und nichts, was er dagegen tun konnte. Gar nichts. Die Tränen, die er darüber weinen wollte, kamen nicht auf. Statt dessen legte sich eine kühle Ruhe aus pochender Qual über seine Seele, und Remus hob den Kopf und starrte nach Süden, wo der rollende Fluss von den Bergen herab kam. „Es gibt nichts mehr für mich,“ sagte er, und endlich fuhr Sirius herum und starrte ihn an, die Brauen so fest ineinander geschoben, dass sie wie eine erschienen.

„Remus,“ wollte er ihm das gleich ausreden, aber der Älteste schüttelte nur den Kopf, resigniert und bloß noch traurig. „Meine Vergangenheit liegt im Sterben, Sirius,“ machte er zum ersten Mal klar und deutlich, wie es wirklich um seine Eltern stand, wo er bisher niemals zugegeben hatte, wie krank sie tatsächlich waren, dass die immer wiederkehrenden und häufiger und intensiver werdenden Schübe ihrer Anfälle keineswegs zu beherrschen waren, und mit aufgeklapptem Kiefer entkam Black nur noch ein gequetschtes Geräusch, wie er nichts darauf erwidern konnte. „Und meine Zukunft in Asche,“ deutete Remus erneut mit dem Kinn über die eigene Schulter, wo große Teile der Bibliothek nun Schutt und Trümmer waren. Die sonst so glänzenden, silbernen Augen schauten matt und erloschen zu ihm auf, obwohl Sirius kleiner war als er, und die Spuren der vergangenen Nacht waren nun im aufziehenden Morgen umso heftiger zu erkennen. „Was hab' ich noch zu verlieren?“

War vielleicht seltsam. Aber Sirius musste lächeln. Er konnte nichts dagegen machen, es drängte sich so auf. Dummkopf. Sah er das denn nicht, wie herrlich die Sonne als runde Scheibe in unverlöschbarer Flamme endgültig über den Horizont wanderte? Konnte er die kräftigen Schreie des Kreise ziehenden Milans dort oben an diesem wolkenlosen, weiten Himmel nicht hören? Und roch er das nicht, die Süße und die prächtige Erdigkeit von so viel Leben um sie herum? Saß er denn nicht vor ihm, der Typ, der im Bett gegenüber schlief und mit Kissen nach ihm warf, wenn er im Traum redete? Was war mit dümmlichen Fragen von Pettigrew? Was mit geistloser Idiotie eines eigentlich so intelligenten Potter? Wie war das noch mit schnellem Lauf über taugetränkte Wiesen unter dem Vollmond? Und die schauderschönen grünen Augen von Lily Evans, wie sie sich über die Lippen leckte nach einem überstürzten und so herrlich aufgeladenen Kuss, huh? Was war damit?

All das und so viel mehr schien regelrecht durch Sirius' Lächeln, durch das Leuchten seiner braun-grauen Augen hindurch, wie er diesen Trottel da anstarrte und fast lachen musste. Remus musste das sehen wie Streiflichter, wie Kino, und noch bevor Sirius widersprach, wusste er es selbst. Black prustete und zuckte die Achseln, schüttelte den Kopf. „Alles.“

Da blinkte was in Remus' Auge, während er selbst nickte und fast beschämt den Blick senkte, wie er zu lächeln begann. Sowas konnte ja niemand ertragen. Sentimentales Geseier, davon wurde einem ja schlecht! Dringend einen Witz reißen, wollte Sirius, aber es ging nicht recht, weil ihm nichts einfiel, aber das machte nichts. Es war ein Stern am noch immer dunkelblauen Himmel irgendwo dort über der Wüste, der sich in Moonys Hornhaut spiegelte, und herumfahrend quietschte Black. „Guck mal!“ freute er sich und streckte den Arm aus, um darauf zu deuten, bevor er wieder die eigenen Knie umarmte und Remus anstrahlte.

„Das ist Sirius!“ Nicht zu fassen, wie dieser blöde Kerl von hochtrabendem Trost zu seiner so üblichen Albernheit abschweifen konnte. Remus musste lachen und sackte regelrecht in sich zusammen, aber Black saß nur da und grinste zufrieden, während die Sonne endgültig die Nacht besiegte und die Dunkelheit zerstörte, wie sie es immer tat, wenn der Morgen kam.


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