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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Durch den Garten

von Teekon

„Wenn dein Traum und das hier nichts miteinander zu tun haben,“ hatte Sirius gesagt und mit dem gezückten Zauberstab auf die merkwürdig schäbigen Gegenstände auf dem leer gefegten Tisch in dem nur spärlich erleuchteten Speisesaal gedeutet, „dann fress' ich Potters Rennbesen!“ Aber das würde nicht nötig sein, dazu musste Remus nicht einmal stumm und bestimmt nicken, die Kiefermuskeln fest hervortretend. Das hier konnten nur Portschlüssel sein, zurückgelassen zu einem Zweck: Nachfolgende Ordensmitglieder an genau den Ort zu transportieren, an den die Vorauseilenden gegangen waren.

Keiner der beiden Jungs hatte auch nur einen Moment gezögert. Keine Ahnung, wohin die Reise ging, nicht den geringsten Schimmer, was sie dort erwarten würde oder um was es sich überhaupt drehte, aber das war komplett egal. Es war das gleiche, unbändige Kribbeln von Adrenalin in den Fingern, in jeder einzelnen Körperzelle, wie damals unten in dem dunklen Korridor zwischen dem kleinen Wachsaal und der Stiege. Das Warten auf eine unvermeidbare Konfrontation, freudig erregt, darauf zu vibrierend, und im selben Moment davor zurückschreckend in Angst und Ungewissheit. Die Waagschale schlug definitiv in eine Richtung aus, so fest, dass sie scheppernd den Boden berührte und ihr Gegenstück mit klirrenden Ketten hoch in die Luft warf.

Einander zunickend, machten sie gemeinsam einen Schritt auf die lange Tafel zu und griffen einfach nach dem nächstbesten Ding, das da herumlag. Kaum, dass ihre Finger sich um den Kerzenleuchter mit dem abgeschlagenen Fuß schlossen, schlang sich dieser unsichtbare Gürtel um ihre Unterkörper, und wie ein eingerasteter Haken in einem Trageseil begann der Zauber, sie fort zu ziehen. Wie eine Angel hinter dem Bauchnabel, so beschrieben viele dieses Gefühl so gerne, und es war wirklich ganz ähnlich. Nur, dass man sich dabei rasend schnell zu drehen schien, dass die Welt ringsherum schlimmer verschwamm als im Flohfeuer, und die Geschwindigkeit war größer, die zurücklegbaren Entfernungen gewaltiger.

Wie weit es tatsächlich war, das konnten sie nicht abschätzen, während sie durch den Raum gesogen wurden, die Dunkelheit der sie umgebenden Nacht, durchsetzt mit lauter Schlieren aus verwaschenen Sternen an klarem Horizont, nur noch zunehmend. Beide jedoch von Kindesbeinen an diese Fortbewegungsart gewöhnt, erkannten sie rechtzeitig den sich verengenden Strudel, wussten,c wann es Zeit war, loszulassen und mit den Beinen zu strampeln wie beim Wassertreten. Dann fiel man nicht, dann schwebte man förmlich hinaus aus dem durch die Krümmung der Welt geschlagenen Loch, und schon spürten sie den weichen, nachgebenden Untergrund unter den Füßen. Das Rauschen hob sich von den Ohren wie ein gelüfteter Schleier, die Sicht wurde klarer, und schließlich war es vorüber und die zwei jungen Gryffindors fanden sich wieder an einem unbekannten Ort, genau so deutlich wie soeben noch das Büro von Professor McGonagall.

Immer noch Nacht war es, wo immer es sie hin verschlagen hatte, doch längst nicht so durchdringend finster wie vor den Fenstern ihres Turmzimmers in Hogwarts. Feine Streifen aus tagender Dämmerung bildeten sich an einem weiten, leeren Horizont direkt vor ihren Augen, und noch halb betäubt von der rasanten Fahrt mit dem Portschlüssel, der nun gar nicht weit entfernt von ihnen im Sand lag, brauchten Remus und Sirius einen kurzen Augenblick, um zu begreifen. Das Meer. So weit sie schauen konnten, erstreckten sich die ruhigen Wasser einer stillen See, winzige, gischtgekrönte Wellen wanderten auf sie zu und brachen sich so sanft und wohl gerundet, dass sie nur ein leises Plätschern erzeugten statt des brüllenden Tosens, das sie von den Klippen in Wales und Schottland gewohnt waren.

Das hellere Blau zu ihrer Rechten verriet ihnen die Himmelsrichtung, bewies ihnen, dass ihr Blick nach Norden schaute, von wo sie gekommen waren, und während Sirius noch ein leises „wo zum Teufel sind wir?“ murmelte, hielt Remus bereits den Atem an. Es war so klar. So natürlich, so selbstverständlich. Wohin sonst hätte sie ein Portschlüssel des Ordens in dieser Nacht tragen sollen? Die Wunde auf seiner Brust pulsierte in brennendem Schmerz, nur leicht, erträglich, und fast hätte er daran gegriffen und sie gerieben. Das würde es mit Sicherheit schlimmer machen. Viel zu gerade, die Küstenlinie zu beiden Seiten, viel zu sanft abfallend und flach, um zu den britischen Inseln zu gehören. Er wusste genau, wo sie gelandet waren, und seinem Zimmergenossen keine Antwort gebend, fuhr er hastig herum, den Zauberstab in Bereitschaft gezückt.

Flackernder Feuerschein tanzte auf seinem bleichen Gesicht, und ein Schub Hitze rauschte Black in den Kopf bei diesem Anblick, der ihn augenblicklich ebenfalls dazu veranlasste, sich hastig herum zu drehen. Trotzdem war eigentlich kaum etwas zu sehen. In dem nun deutlicheren Licht erkannten sie die vielen Alltagsgegenstände rings herum, fallen gelassen von weiteren Reisenden, die an eben diesem Punkt hierher gefunden hatten, genau wie sie. Ordensmitglieder. Ihre Spuren, schnelle Schritte von unterschiedlichen Füßen und noch verschiedenerem Schuhwerk, führten die Hänge der Dünen hinauf, verloren sich irgendwo dazwischen, wo nicht abzusehen war, wann diese Kette aus sandigen Hügeln enden würde. Niemand hatte verharrt, sie alle waren sofort losgeeilt, hatten gewusst, wohin es ging und was dort auf sie warten würde. Bei diesen beiden Nachzüglern war das anders, und obwohl Remus Anstalten machte, so rasch wie möglich zu folgen, hielt Sirius ihn sacht zurück.

„Warte,“ bat er leise und schaute seinen Freund eindringlich an. Ihm gefiel das nicht. Weder dieser merkwürdig gehetzte Feuereifer in Moonys glänzenden Augen, noch diese in den Himmel hinauf steigende Fahne aus qualmendem Rauch. Hoch, hoch hinaus zog dieser fadenförmige Dunst in der trockenen Luft, bevor er sich verbreiterte und zu einer dünnen Wolke aus Asche wurde. Und endlich mischte sich der Geruch von verbranntem Holz und schwelendem Gestein unter das Salz des Meeres und den feinen Duft von gemahlenem Sand. „Lass uns vorsichtig sein, OK?“ schlug Sirius vor, und er kam sich extrem seltsam dabei vor. Hatte er das gerade gesagt? War das nicht eigentlich Remus' Job? Sonst war es er doch, der sich nicht zusammenreißen konnte, sonst musste Lupin doch dafür sorgen, dass seine Freunde sich nicht wie kopflose Hühner verhielten. Aber nicht heute, nicht hier. Die Welt stand auf dem Kopf. Mit mahlenden Kiefern, die Fäuste geballt, dass das Erlenholz zwischen den sehnigen Fingern zitterte, stimmte Remus nur widerwillig zu, und der nur um Weniges kleinere Sirius schritt voraus.

Es war nicht so weit, wie sie erwartet hatten. Schon nach zwei, drei Schleifen um die Füße der Dünen herum schob sich der Wall aus Wüstensand beiseite und offenbarte sogar dem ahnungslosen Black den ungefähren Aufenthaltsort. Nordafrika, Arabien, die Palmen und die geraden Linien der Gebäude verrieten es ebenso sehr wie die Ornamente der Brückengeländer und der Fensterrahmen, und die liegende Statue einer Löwin mit Menschenkopf machte es endgültig deutlich: Ägypten. Sirius fluchte laut, wie ihm alles aus dem Gesicht fiel und er sich mit solchem Schwung zu seinem Begleiter herum drehte, dass seine Locken flogen. Und er begriff.

Ein herrlicher Garten lag vor ihnen, erstreckte sich über mehrere Hektar in einer schmalen Senke, vielleicht 200 Yards breit an dieser Stelle und zu beiden Seiten mindestens genau so lang wie der Sandstrand dort draußen am Meer. Blumenrabatten standen voll mit längst verblühten Tamarisken und Azaleen, und Phönixbäume wiegten sich in der sanften Brise der See neben ausladend wachsenden Schirmakazien. Wunderschön war das alles, die von niedrigen Mäuerchen eingefassten Wege, die sich hin und wieder zu kleinen Plätzen verbreiterten, wo die gefliesten Wälle zu Bänken ausgeformt wurden und filigrane Springbrunnen vor sich hin plätscherten. Grillen, große ägyptische Heuschrecken zirpten in den Büscheln aus Binsengras, völlig unberührt von dem Feuer nahebei, und nichts, aber auch gar nichts hier draußen deutete auf Kampf hin. Und dennoch lag es in der Luft. Eine Spannung, als seien winzige, unsichtbare Fäden gespannt, und mit jeder Bewegung verhedderte man sich in vielen davon.

Was auch immer Sirius jetzt sagen würde, es dürfte keinerlei Wirkung zeigen. Auch wenn er es geahnt hatte, so war Remus nun vollkommen sicher, wo sie sich befanden, denn er erkannte den schattenhaften Umriss des steil aufragenden Gebäudes dort hinten in der Dunkelheit. Ptolemäische Bauweise, zu beiden Seiten der Pylon, einer höher, massiver als der andere, und dazwischen der langgestreckte Trakt des Hypostyls, zwei Obelisken und die Reihe von Sphinxen, nur schwach auszumachen und als solche wahrzunehmen, und doch reichte es aus. Die Bibliothek von Alexandria. Und aus der Mitte des Bauwerks stieg der schwarze Rauch empor und zeichnete ich auftürmend gegen den samtenen Teppich voller blinkender Sterne ab. Mit eiligen Schritten, aber nicht rennend, verließ Remus den sandigen Aufgang zum Meer und suchte sich instinktiv einen Weg über die geometrisch angeordneten Pfade des Gartens. Sirius blieb nichts weiter übrig, als ihm zu folgen.

Immer tiefer führten die gepflasterten Stege in die Parkanlage hinein, vorbei an schmalen Rinnen voller springendem Wasser, künstlichen Bachläufen, die kleine Teiche und Sumpfgebeite speisten, und knisternder Röhricht wiegte sich im Wind. Schattige Oasen unter den breiten Wipfeln der Johannisbrotbäume wechselten sich mit Dickichten aus Roseneibisch und Bockshornklee, und ganze Wiesen aus niedrigem Erdmantel erstreckten sich auf den umliegenden Hügeln und den kurzen Streifen freier Landschaft, die sich zwischen die Ausläufer des Gartens und dem Gebäude legten. Alles war ruhig, sie begegneten niemandem, nicht einmal einem der so allgegenwärtigen Kuhreiher, und nirgends zeigten sich Auswirkungen von umherfliegenden Kampfzaubern, wie sie es so gut kannten aus dem schwefelgefüllten Korridor tief unter den Grundfesten von Hogwarts. Nur die Leere, die Stille ließ es erkennen: Etwas stimmte nicht.

So abrupt blieb Remus wie angewurzelt stehen, dass Sirius voll in ihn hineinlief und ihn mit seinem höheren Gewicht mit Sicherheit umgebrezelt hätte, wenn er sich nicht so fest in den Boden gestellt hätte. Nicht einmal sein gemurmeltes „Tschuldigung“ interessierte jetzt. „Sht!“ herrschte Moony mit ineinander geschobenen Brauen und hob eine abwehrende Hand. Er lauschte. Er horchte hinaus in die Nacht, jetzt, wo sie den Himmel über sich kaum noch erahnen konnten, so hoch ragten die Außenmauern des Hypostyls vor ihnen auf. Noch halb eingeknickt, so sehr nach Atem ringend von ihrem gehetzten Lauf, dass er ein ziehendes Pfeifen in den Bronchien spüren konnte, unterdrückte Sirius jegliches Geräusch und spitzte ebenfalls die Ohren. Ja, da war etwas. Zu ihrer Rechten, dort, wo die beiden enormen Spitzen der Obelisken sich in den nun flächenförmigen Nebel aus Rauch bohrten, konnten sie Stimmen hören, kurze, befehlende Rufe in einer fremden Sprache, melodisch, voller harscher, rollender Rs und kehliger Hs und gleichzeitig weich und fließend. So wie das Land um sie herum. Arabisch.

Dieses Mal war Sirius darauf vorbereitet, dass sein Freund wieder loslaufen würde, und er schloss sich ihm an und griff den Zauberstab fester in den schwitzigen Händen, so gut es eben ging, um dem so wirr Handelnden Rückendeckung geben zu können, sollte es nötig sein. Doch noch immer flogen keine Funken aus Rot und Grün und Violett, noch immer knallte es nicht von magischen Explosionen, und kein beißender Gestank von Sulphur und Acetum waberte durch die so süß nach Granatapfel und reifen Datteln duftende Nachtluft. Lichter glühten auf zwischen den Schatten der Allee aus Sphinxen, trappelnde Füße auf dem Vorplatz aus Sandstein, viele davon, und endlich verlangsamte Remus seinen schnellen Schritt und ließ Umsicht und Vernunft zurückkehren. Vorsichtig, immer gut einen Yard voraus, schlich er sich an die kräftigen, wunderbar herausgearbeiteten Flanken eines Löwenkörpers auf einem hohen Podest heran, und Sirius schloss sogleich zu ihm auf.

Noch bevor er über den breiten Rücken der Statue hinweg lugen konnte, erkannte Black die Stimmen von drei Menschen, die dort miteinander sprachen, und beinahe wäre ihm entgangen, dass er sie verstehen konnte. Sie bedienten sich des Englischen, natürlich, einfacher untereinander, und Remus einen Seitenblick zuwerfend, stahl sich ein kleines Lächeln in Blacks Mundwinkel. Es erstarb sofort, denn Lupin entspannte sich nicht auch nur einen Herzschlag lang. Die rechte Schulter und die Seite gegen die Sphinx gepresst, senkte er den Kopf, um unter dem kräftigen Kinn einer Frau hindurch schauen zu können. Wieso er nicht gleich hervortrat, wieso er sich nicht zu erkennen gab gegenüber seiner Hauslehrerin, dem Ministeriumsleiter für Internationale Magische Zusammenarbeit und dem Schuldirektor, das wollte Sirius nicht in den Schädel. Bis er ihre Worte klarer und deutlicher vernahm.

„Sie haben offenbar versucht, die Tore gewaltsam zu sprengen,“ berichtete fistelig der weißhaarige Mann mit den hellen Augen, und Elphias Doge überschlug sich fast dabei. Die McGonagall schnaufte prustend und schüttelte den Kopf ob solcher Dummheit und Arroganz, und auch ohne ihr Gesicht zu sehen, war vollkommen klar, wie sie dreinschauen würde. Die gebogene Nase hoch erhoben, den stolzen Hals zurückgezogen, rollte sie mit den Augäpfeln. Es war fast nicht notwendig, es zu erwähnen. „Einen von ihnen hat der Fluch getroffen,“ fuhr Elphias, ebenfalls Mitglied im Phönixorden fort, und Dumbledore rieb sich nachdenklich den Bart. Besorgt, traurig darüber, obwohl es doch ein Feind war, der auf diese Weise ums Leben gekommen war. „Wer ist es?“ wollte er wissen, rückte sich die halbmondförmige Brille zurecht und starrte für einen verlängerten Atemzug in die Dunkelheit in Richtung des Gartens. Eine winzige, aber steile Falte des Kummers rutschte zwischen die buschigen Brauen.

Tief Luft holend, schüttelte nun auch Doge den Kopf und zuckte die Achseln, so als wisse er es nicht, doch dann quetschte er den Namen zwischen den Lippen hervor. „Radulf Lestrange.“ Wie rasch sich die Stirn von Professor McGonagall von stillem Grübeln aufhellte in Überraschung, während Dumbledore die Lider schloss und nickte, verriet auch einem Unwissenden, was für eine Bedeutung das hatte. Der alte Lestrange war ein Weggefährte Voldemorts von Schulzeiten an gewesen, in seinem Jahrgang, einer der ersten Todesser überhaupt und kein unfähiger Mann. Aber dies war nunmal der Blutfluch. Magie, älter als der Dunkle Lord sie sich erträumen konnte. Erst recht jetzt, wo dieses Wissen auf unbestimmte Zeit dort unten in den Katakomben eingesperrt war.

„Nun,“ begann Dumbledore seufzend, sich ebenfalls aus seinen Gedanken ziehend. „Die Kinder und die Bücher sind in Sicherheit, und das ist erst einmal das Wichtigste,“ entschied er für sich, die strahlend blauen Augen wie Scheinwerfer aufblitzen lassend, als fixiere er irgendetwas dort hinten zwischen den Statuen, und dann schloss er die Lider erneut und begann, sich langsam und bedächtig über den langen Bart zu streichen, dessen Spitze noch immer hinter seinem Gürtel steckte.

Die vierte Person, die stumm bisher in diesem Kreis gestanden hatte, gekleidet in ein langes, dunkelblaues Gewand ohne jegliches Zeichen oder irgendeinen Schmuck darauf, löste die Hände aus den gegenüber liegenden Ärmeln und öffnete den Mund, um zum Sprechen anzusetzen. Ein Mädchen, kaum älter als die beiden jungen Männer, die sich hinter Sphinx verbargen, ihr langes, zurück gebundenes Haar wie flüssiges Pech so schwarz, wischte sich vorsichtig über das blasse Gesicht. Dunkle Augen mit langen, gebogenen Wimpern, waren weit aufgerissen in Schock und Erschöpfung, noch nicht wirklich begreifender Trauer, und sie schaute von unten zu dem betagten Zauberer aus dem fernen Britannien auf. Eine weiche, nun zittrige Stimme hatte sie, und hätten die beiden Jungen Qumaira Bint Jamal Al-Mawardi gekannt, hätten sie ihre Bestürzung heraus gehört, ihre Unsicherheit, wie sie niemals zuvor da gewesen war. Eine bestimmte Persönlichkeit, selbstüberzeugt und gefestigt, zerbröckelte unter der Last der zu früh auferlegten Führung, und war sie nur für kurze Zeit existent.

Sirius knirschte mit den Zähnen. Keine Ahnung, wieso dieses Mädchen unbedingt Arabisch sprechen musste, und es kotzte ihn maßlos an, nichts verstehen zu können, doch Remus hob nur eine beschwichtigende Hand und hörte ihr aufmerksam zu. So gut beherrschte er die Sprache nicht, dass er einer hastig geführten Konversation hätte folgen können. Doch das Mädchen war so aufgelöst, sie konnte selbst kaum schneller reden als ihre Zunge sie ließ. „Sayid,“ sprach sie Dumbledore als Meister an, „hätten wir zurück bleiben und helfen sollen?“ Wasser stand in den so groß geworden Augen, wie sie voller Reue nicht begreifen konnte, wieso ihre Lehrer sie fortgeschickt hatten. Aber Minerva McGonagall war schneller, griff mit beiden Händen die Schultern der bebenden jungen Frau und rieb kräftig ihre Oberarme. „Dich und die anderen trifft keine Schuld, Qumaira!“ tröstete die Hauslehrerin von Gryffindor. „Ihr habt getan, was man euch aufgetragen hat, und das war richtig.“

Düsterer wurde die Stirn seines Freundes, und auch wenn er kein Wort von dem verstand, das dort gesprochen wurde, versuchte Sirius Black, es aus seinem Gesichtsausdruck zu lesen. Was immer es war, er mochte das genau so wenig wie die unwirkliche Stille im soeben durchquerten Garten, keinen Deut mehr als den schwelenden Brand aus dem Herzen des Gebäudes über ihnen. Regelrecht durch den schweren Stoff seines dunkelroten Hausmantels konnte man den Puls erkennen, wie er gegen Remus' Rippen hämmerte, in so hoher Frequenz, es passte nicht zu seinem ruhigen, angespannten Atmen. Erneut sagte das Mädchen irgendetwas und brach endlich in Tränen aus, bedeckte sofort mit einer ausgebreiteten Hand ihr hübsches, so blutleeres Gesicht, und Sirius schluckte fest, wie er sie leise musterte. Sowas hatte er doch gerade erst schon einmal gesehen. Auch wenn er kein Arabisch konnte, eines stand fest: Nicht nur Radulf Lestrange hatte diese Nacht nicht überlebt.

Aus der etwas erniedrigten Position, fest mit dem Rücken gegen die Sphinx gepresst und die Knie gebeugt, als würde er auf einem imaginären Stuhl sitzen, schielte Sirius hinauf und wollte am liebsten in den Sand herunter sacken. Remus war aschfahl. Die immer zaghaft vorhandenen Ringen unter seinen Augen stachen heraus wie mit einem Filzmaler aufgetragen, die Lippen unterschieden sich kaum noch von den Wangen, und nur das Bärtchen unter der Nase verriet ihre Existenz. Wie tot sah er aus, wie eine Wasserleiche, die mindestens zwei Wochen im Schlick gelegen hatte, und nur das feste, harte Klopfen seiner Schlagader neben seinem zitternden Kehlkopf zeugte von Leben. Die Arme hingen schlaff herunter, obwohl die Fäuste zuckten, und der Zauberstab aus rötlich-blutendem Erlenholz vibrierte förmlich unter dem Krampf seiner Muskeln. Ehe Sirius Black überhaupt einen Gedanken fassen konnte, was da los sein möge, bevor er noch die Geistesgegenwart besaß, ihn am Ärmel zu packen und zurück zu halten, hatte Remus schon einen Schritt aus dem Schatten gemacht und erschien ohne jegliche Vorwarnung mitten in dem Kreis aus beratenden Hexen und Zauberern.

Drei Stäbe hoben sich in seine Richtung, wie sie zurückwichen, erschrocken darüber, wie jemand sich so an sie herangeschlichen hatte, so kurz nach einem tödlichen Kampf in den Katakomben, und die grimmige Entschlossenheit in der Miene des Mädchens zeugte davon, wie die Lebensgeister zu ihr zurückkehrten. Aber es war kein Todesser, der dort stand, es war ein Junge, kaum älter als sie, und er schaute nicht aus wie eine Bedrohung. Wie kurz vor dem eigenen Tod, nichts weiter als ein Blatt im Wind kam er ihr vor, und die Reaktion der ausländischen Zauberer um sie herum ließ auch Qumaira rasch ihren Magiebündler wieder senken. „Mr. Lupin!“ rief Professor McGonagall aus, nicht den geringsten Tadel in der sonst so strengen Stimme, aber er hörte ihr nicht zu, wandte sich nichtmal zu ihr herum.

Der Einzige, der unbewegt geblieben war, legte Dumbledore die Hände ineinander, und diese kummervolle Falte auf seiner Nasenwurzel grub sich tiefer ein. „Es ist nicht wahr,“ sagte Remus erstaunlich klar, ohne ein Heben der Satzmelodie am Ende, stellte es fest, statt zu fragen, denn es konnte einfach nicht passiert sein. Es durfte nicht, und damit war es nichtig, egal, was das Mädchen behauptet hatte. Lügen musste sie. Oder einfach keine Ahnung haben. Oder beides. Oder sonstwas. Gleichgültig. Es stimmte einfach nicht und fertig. Dass niemand ihm antwortete, brach dieses plötzliche Kälte in seiner Brust. „Es ist nicht wahr!“

Doch, war es. Das Schweigen, die Tränen im Gesicht des Mädchens in der schmucklosen Robe der Schülerin. Er musste es mit eigenen Augen sehen. Niemand rechnete damit, und niemand hielt ihn auf, wie er mit einem unvorhersehbaren Schritt zur Seite zu rennen begann, die Linie zwischen den Obelisken überwand und schnurstracks in die offenen Tore des Pylons hinein lief. Dass er auch ohne die zerbrochenen magischen Schilde mühelos hätte hindurch gehen können, das wusste niemand, und keiner konnte es nun noch erkennen.

Vollkommen perplex. Ganz überrumpelt und durcheinander, hockte Sirius dort hinter der Sphinx, konnte sich nicht einmal aufraffen, ebenso heraus zu treten und nachzufragen, was denn nun passiert sei, wo er sich doch noch immer nicht ganz sicher war, an welchem Ort genau sie sich befanden. Doch das war auch gar nicht nötig. Dumbledore selbst rief ihn. „Mr. Black,“ sagte er nur, leise und ohne Vorwurf, auch wenn die McGonagall schon empört nach Luft schnappte und die Hände in die Seiten stemmte. Es gab nur eine Möglichkeit, wie ihre beiden Schützlinge hierher hatten finden können, und es war kaum zu fassen. In ihr Büro eingedrungen bei Nacht und Nebel! Und völlig kopflos her gereist mit einem Portschlüssel, dessen Ziel sie nicht kannten! Volljährig, erwachsen, der eine nun schon bald 19 Jahre alt und immer noch benahmen sie sich wie dumme Kinder, die Gefahr absichtlich verkennend. Es war nicht der Moment für Schellte, egal wie angebracht sie war.

Hervor tretend, starrte Sirius noch immer hinter seinem ältesten Freund her, von dem nun nicht einmal mehr die lauten, hämmernden Schläge seiner Ledersohlen zu hören waren, so weit vorgedrungen in das Bauwerk war er nun, der letzte Schimmer von Bewegung in der Dunkelheit längst verloren. Obwohl mit seinen Gedanken bei Remus, nickte er und machte ein zustimmendes Geräusch, sobald Professor Dumbledore wieder zu reden anfing. „Bitte folgen Sie dieser jungen Dame,“ schlug er mehr vor als zu bestimmen. „Sie wird Sie zu Mr. Lupin führen.“ Wieder bekam Sirius gar nicht so recht mit, was man von ihm verlangte, nur leise und für einen winzigen Moment besorgt, wie er sich dieses riesige Ding aus Sandstein und Säulen betrachtete. Das musste unglaublich groß sein! So viele Räume, so viele Gänge, da musste man sich verlaufen. Aber dann wieder ... Er schmunzelte, obwohl nicht der richtige Zeitpunkt dafür war. Nein, Remus würde da drin nicht verloren gehen. Wahrscheinlich kannte er den Grundriss hier mindestens genau so gut wie die Korridore und Geheimwege im Schloss von Hogwarts.

„Sollten wir nicht alle nach ihm suchen?“ hörte er den piepsigen Elphias Doge irgendwo am Rande seiner Wahrnehmung, während das Mädchen bereits neben ihn trat und achtsam mit nur zwei Fingern den Ärmel seines Pyjamas zupfte. Dabei beugte sie sich leicht vor, um ihm ins Gesicht schauen zu können, und in gebrochenem Englisch flüsterte sie: „Kommst du?“ Dumbledore schüttelte den Kopf in dem Augenblick, in dem Sirius zustimmte. „Nein, Elphias,“ blockte er mit erhobenen Händen ab. „Was Remus jetzt braucht, sind keine Lehrer.“ Qumaira und ihr Gast setzten sich in Bewegung, und sogar ein Black kam nicht umhin, staunend den Blick zu heben und die monumentalen Inschriften der äußeren Wände des Pylons zu bemerken. Der reine Wahnsinn, das hier. Ein feines Lächeln spielte um den Mundwinkel des Schulleiters. „Er braucht einen Freund.“

Und während Sirius und die Schülerin des Prokurators die langen Säulengänge des Hypostyls abschritten, stand Remus drei Sohlen unter ihnen in dem verheerten Saal, die Wände geschwärzt vom Feindfyre, kostbare Mosaike gesplittert und zersprungen von der ungeheuren Hitze des magischen Feuers, und Schlieren aus Asche wie gemalt bis unter die Decke, so weit fort. Die Fackeln erloschen, für immer vielleicht, leuchteten nur die Kerzen auf den gusseisernen Spießen noch, und unter seinen Füßen knackten und knirschten die zerschrundenen Überreste der Pentagramme. Zerstört, ihre Bannkreise gelöscht und die sorgfältigen Zeichnungen trotz Siegel unterbrochen, so dass sie ihre Funktion verloren. Ob man versucht hatte, auf diese Weise den Fluch zu brechen?

Unbeeindruckt von all dieser Zerstörung, hehr und schön und unversehrt, ragten die fest geschlossenen Tore zu den Katakomben vor ihm auf, ihre Oberfläche bedeckt mit Zeichnungen und Hieroglyphen, griechischen Schriften und Bildern von faszinierender Kunstfertigkeit. Hier hatte das Feuer dem Glas nichts anhaben können, hier pulste nicht einmal das grün-gelbe Flackern des arabischen Colloportus zwischen den Fugen und Ritzen. Friedlich nur, wie einfache Türen schlossen sie die Halle des Ptolemäus ab, und die winzigen, tiefschwarzen Schlüssellöcher in der Oberfläche waren kaum zu erkennen.

Schwer war ihm der Kopf, wie heruntergezogen von der Schwerkraft, und Remus musste sich mit Gewalt aufrichten, um nicht vornüber zu fallen. Niemand brauchte ihm zu erklären, was hier geschehen war. Dort hinten noch eingebrannt der Umriss eines Körpers, die Stelle, an die Radulf Lestrange geworfen worden war. Niemand würde diese Tore öffnen. Niemand. Geschlossen von den fünf Wächtern, bevor sie alle hier unten gefallen waren, jeder einzelne, jeder. Auch der Tabularius. Auch Saladin Ibn Ahmad Al-Harani. Kein Telmied mehr, kein Zauberschüler. Aus. Für immer. Und dahinter, hinter diesen hohen Toren, versperrt, versiegelt mit einem Fluch so unbrechbar wie die Gesetze des Weltalls, die eine Schrift von vielen, das eine Papyrus, das er brauchte, bevor es zu spät war.

Er spürte seine Knie nicht, aber sie gaben nicht nach. Das Kartenhaus brach zusammen, und er blieb einfach stehen. Immer schwieriger zu halten nur der Hals, und er musste sich an die Brust greifen, wo der Schlüssel hing, kalt jetzt, sehr kalt und unglaublich schwer an der Kette zerrte. Dieses feine, golden-grüne Flirren knisterte wie kleine Sternchen durch die Schlüssellöcher gleich vor ihm, und am liebsten hätte Remus Lupin seine flachen Hände gegen den Stein gedrückt, dann das Ohr und die Wange, und hätte hinein gelauscht in die stille Endlosigkeit der nun schlafenden Bibliothek. Er bewegte sich nicht. Stand nur da. Eine Ewigkeit lang. Und obwohl alles so schrecklich war, so leer, so ungewiss und hoffnungslos mit einem Mal, konnte er nichts weiter tun als staunen, wie herrlich, wie magisch, wie göttlich dieses reflektierte Sternenlicht auf seinen eigenen silbernen Hornhäuten tanzte.


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