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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Sturm über Yorkshire

von Teekon

Hagelkörner trommelten heftig gegen die hübschen Fenster, stapelten sich zu großen, halb geschmolzenen Haufen auf den beschlagenen Blechsimsen und rutschten daran herunter, sobald ihre Masse zu schwer wurde. Die tiefhängenden Wolken türmten sich in riesigen dunkelgrauen, fast schwarzen Pilzen auf, durchzuckt und bizarr beleuchtet von riesigen Gabeln aus elektrischer Entladung. Windböen, heftiger reißend als ein dummes Kind an den Flügeln eines Insekts, schoben die Bäume in gekrümmte Bögen, wirbelten Äste und Blätter durcheinander und fuhren wie Wellen durch den hochstehenden Röricht an den steilen Ufern des Bachs.

Ein widerliches Wetter, mehr als unangenehm, ein Sturm aus den Bergen im Norden, entfesselte Gewalt der Natur, rauschte in seiner ganzen Kraft über die sanften Täler von Yorkshire an diesem Wochenende, spät im Jahr. Eisig kalt war der Regen, schon schwer durchsetzt von angedeuteten Flocken, die noch zu pappig und nass waren, um als Schnee durchgehen zu können. Aber bald schon würde der Winter mit Macht hereinbrechen über die Niederungen, so wie er es oben in Schottland, im friedlichen Tal von Hogwarts, bereits Nacht für Nacht schaffte. Und er würde lang und schwer werden in diesem Jahr, das zeigte er deutlich mit diesem Intermezzo hier, wo warme Luft des Atlantikstroms in verbissenem Kampf auf die bibbernden Strömungen von Grönland prallten.

Schon vom Zuschauen wurde einem ganz anders, und eine saftige Gänsehaut sickerte dem jungen Mann vom Nacken hinunter in den Pullover und bis runter ans Kreuzbein, wie er da an der breiten Fensterfront der Küche stand, die Hände tief und flach in die Taschen seiner Hosen versenkt. Die zerrupften Rosen am Spalier schmiegten sich so eng gegen die Hauswand wie es nur ging, so als wären sie lebendig und versuchten, Schutz zu bekommen, während die letzten verblühten Köpfchen mit den harten Hagebutten darin verzweifelt gegen die Scheiben schlugen. Im Schwall donnerte eine Wand aus Hagel hernieder und ließ winzige Körnchen aus Eis über den vergilbten Rasen springen.

Düster und bedrückend, nicht nur diese Witterung.
Dabei war es warm, fast brüllend warm und schön in der Küche des kleinen, nach hinten hinaus ragenden Flügels, und es roch wunderbar nach frisch aufgebrühtem Tee und knusprig gebackenem Blätterteig. Der gusseiserne Ofen aus schwarzem Metall zwischen den roten Ziegeln glühte regelrecht, und die Scheite darin knackten fast fröhlich, wie sie in den Flammen versanken. Die Öllampe mit dem milchig weißen Glasschirm verbreitete ein wunderbar helles Licht, und trotzdem fühlte er sich so. Hier zu sein sollte fantastisch sein, sollte glücklich stimmen und eine wunderbar gelungene Abwechslung sein. War es jedoch nicht. Denn es war nicht richtig, war außerplanmäßig, hinterließ ein mulmiges, zerquetschendes Gefühl, das die Schultern herunter drückte und den Kopf schwer werden ließ.

Sich auf der Lippe herum beißend, schloss er für einen kurzen Moment die Lider und schluckte das herunter, was da so furchtbar weh tat, aber es konnte nicht lange tief da unten in den Eingeweiden bleiben. Zu präsent, zu sehr im Vordergrund an diesem Wochenende, erst recht, wenn er die leisen Tritte draußen auf den Stufen der Kirschholztreppe hörte. Großvater kam herunter, vorsichtig, um niemanden zu wecken, und bedächtig, wie er das Tablett auf den Händen balancierte. Er sollte ihm vielleicht helfen. Aber er konnte nicht. Wie festgewachsen dort an der Hintertür, die im Sommer stets geöffnet auf die Terrasse und in den kleinen Garten hinaus führte. Statt dessen verharrte er völlig unbewegt, bis Edward Lupin die Küche betrat.

Der Professor sagte kein Wort. Das war auch nicht nötig. Seine Anwesenheit alleine bedeutete schon eine großartige Stütze, und zu wissen, dass er hier, oben in seinem Zimmer übernachtete, nahm einen enormen Teil der ständig vorhandenen Sorge. Auch jetzt war sein Erscheinen willkommen und doch wieder nicht, wusste Remus nicht, ob er lieber für sich sein oder jemanden in der Nähe haben wollte. Zwiespältig, so verwundbar zu sein mit einem Mal. Nein, 18 zu sein, 19 nun bald schon, bedeutete längst nicht erwachsen. Aber wurde man jemals reif genug dafür? Eltern, das waren Grundsteine, das waren feste Größen, die immer da waren, auf die man zurückgreifen konnte wie früher zum Festhalten bei den ersten Schritten oder den ersten Runden auf einem Fahrrad, wenn man sie brauchte, die einen aber auch anschubsten, um es selbst hinzukriegen. Und Eltern, das war ein Fluchtpunkt, immer wieder zurück in behütete Kindertage, sollte die Welt da draußen zu groß, zu weit, zu viel, zu fies werden. Wohin ging man, wenn das nicht mehr möglich war? Der Weg ins Schlaraffenland versperrt? Nur darüber nachzudenken war bereits unerträglich.

Sich zwingend, nahm der junge Mann einen tiefen Atemzug und kämpfte es nieder, bevor er sich herumdrehte und seinen Großvater aus blinzelnden Augen betrachtete. Einen Augenblick nur schaute Edward auf und zwinkerte ihm leicht zu, während er das Tablett auf die Anrichte stellte und gleich damit begann, benutztes Geschirr abzuräumen in die Spüle. Dass die Suppenschüsseln noch halb voll waren, verbarg er so gut er konnte, und trotzdem hatte Remus es gesehen. Er presste die Kiefer aufeinander, erwähnte es aber nicht. Noch immer die Hände in den Hosentaschen, machte er ein paar tapsige Schritte auf den Ofen und die darum herum gebaute Arbeitsfläche zu, zog sich auf einen der Hocker und stützte die Ellbogen auf die polierten Fliesen.

Die immer noch kräftigen, aber mit feinsten Altersflecken gesprenkelten Hände von Edward Lupin reichten über die Theke hinweg, schoben ihm einen kleinen Teller mit Plätzchen hin, damit wenigstens einer in diesem Hause anständig aß, aber Remus schüttelte vorsichtig den Kopf und lehnte wortlos ab. Kein Appetit. Nicht mal der Magische Rundfunk lief, was er sonst immer tat hier in der Küche. Das gehörte zur alltäglichen Atmosphäre, machte einen Großteil dieses Gefühls aus, passte sich der Jahreszeit an wie die Dekoration, und wo nun noch immer die schönen Braun- und Orangetöne des Herbstschmucks nicht gegen die weihnachtlichen Symbole getauscht waren, sollten Lieder über verwehte Regenschirme und Kürbissuppe durch den Raum schweben, vermischt mit diesem wunderbaren Duft der Würstchen im Schlafrock.

Die letzten Untertassen ebenfalls in die Spüle befördernd, betrachtete Edward seinen Enkel von unten her, aus einem Augenwinkel, damit der Junge es nicht als zu aufdringlich empfand, auch wenn er es spüren musste. Die langen, rissigen Narben in seinem Gesicht, mitgewachsen in all den Jahren seit jener fürchterlichen Juni-Nacht, leuchteten besonders, wenn er so blass und kränklich selbst aussah wie heute. Vollmond war noch beinahe zehn Tage hin, und dennoch waren seine Regenbogenhäute trüb und glanzlos. Auch das Bärtchen aus hellbraun-rotem Haar brachte keine Farbe in seine Züge. Es hatte keinen Zweck. Ob er wollte oder nicht, er musste den Tatsachen ins Auge sehen. Sie beide mussten das. Und für Edward war es nicht das erste Mal. Nur erneute schwere Zeiten in einem bewegten Leben.

„Sie schlafen jetzt beide,“ sagte er, ohne sich vorher zu räuspern oder anders auf sich aufmerksam zu machen. Es sollte nicht wie erzwungene Konversation klingen, und das war es auch nicht. Remus musste nicht antworten, wenn er nicht wollte, der Junge seines Sohnes, leider der einzige Enkel, der ihm gegeben war. Immer wieder musste er allein über den Namen lächeln, den John dem Kind verpasst hatte, ohne zu ahnen damals, dass unter Zauberern und Hexen so etwas nicht als besonders ungewöhnlich galt, ganz im Gegenteil. John selbst war dort eine Ausnahmeerscheinung gewesen. Die eigenen Freunde von Edward, Professoren selbst viele von ihnen, andere Offiziere und Regierungsbeamte in London, hatten sich niemals darüber gewundert. Wieso denn auch? Professor für Anglistik und Geschichte, also warum kein römischer Name?

Die Lippen so schmal ausziehend, dass sie jedes letzte Bisschen an Blut herausquetschten, nickte Remus und spielte mit den eigenen Händen auf der Anrichte herum. „Gut,“ wisperte er heiser, ohne das eigentlich zu wollen, und er fasste sich an die Kehle, um das kratzige Gefühl darin wegzureiben. Wo sie doch nachts schon kaum zur Ruhe kamen, seine beiden Eltern, sollten sie am besten immer schlafen, wann sie konnten. Nur gesund werden, wie Vater im August, dann würde das schon. Aber Remus konnte trotz der Parallelen dazu, dieses Mal nicht das selbe hoffnungsvolle Ahnen herbeiführen, obwohl er doch eines Besseren belehrt worden sein durfte. Vielleicht, weil Mutter jetzt ebenfalls im Bett lag und genau so merkwürdig unprovozierte Hustenanfälle hatte? Machte es das schwerer zu ertragen, wo es nun beide waren? Wahrscheinlich. Ja. Dabei hatte er nun Unterstützung. Nicht nur in Form von Großvater, dem die Sorgen genau so ins Gesicht geschrieben stand.

Er war kein Kind mehr. Da war Remus sich sicher, auch wenn er sich nicht gerade wie ein vollwertiger Erwachsener vorkam (jedenfalls nicht hier, nicht heute, nicht in dieser Situation), aber er durfte auch nicht mehr so tun, als könne er sein Leben oder das von irgendwem anders den Händen gestandenerer Personen überlassen. Selbst etwas tun, das war doch auch sonst seine Einstellung. Animagi? Kartenzauber? Der Orden des Phönix, der Kampf gegen Voldemort? Darum ging es doch, darauf lief es hinaus. Schon kneifen, schon zusammenbrechen bei den ersten Schwierigkeiten? Das war nicht drin und durfte nicht drin sein. Na und? Dann blies einem eben ein harter Wind ins Gesicht! Das würde ihn nicht umwerfen. Dagegen halten. Sich selbst zunickend, richtete Remus sich ein bisschen mehr auf und stemmte eine Hand in die Leiste, bevor er sich über die Lippen leckte und zum Sprechen ansetzte.

„Großvater, ich möchte ehrlich zu dir sein,“ stellte der Sechstklässler klar und hob die Augen, um den Herrn mit dem schlohweißen, gut gestutzten Vollbart direkt anzusehen. Edward stutzte nicht, er schien kein bisschen überrascht. Als habe er nur darauf gewartet, griff er sich ebenfalls einen Hocker und setzte sich hin, aufmerksam seinen Enkel musternd. Das wurde auch Zeit. Ein winziges Lächeln huschte über Remus' Mundwinkel. Typisch eigentlich, oder? Der Ernst kehrte rasch wieder zurück. Dieses Gespräch war längst überfällig. „Wir beide wissen, dass das keine einfache Lungenentzündung ist,“ brauchte er nicht einmal die Satzmelodie zu heben, und Edward bewegte nur sehr leicht, fast unmerklich, das Kinn in Richtung seines Brustbeins.

Natürlich nicht. Der frühere Soldat Ihrer Majestät wusste gut genug, wie eine solche Erkrankung aussah, hatte genügend seiner Kameraden dabei zugesehen, wie sie daran elendig verreckt waren in den Ardennen. Und auch wenn er bloß ein Muggel war, nur der Vater eines magisch begabten Mannes, so konnte er sich doch genug zusammen reimen. Er war nicht dumm. Es handelte sich um einen Fluch, um genau dieses Albernheit, die er vor so vielen Studenten als Humbug hinstellen musste, wenn er von den Hexenverfolgungen des Mittelalters berichtete. Niemand war da jemals verhext worden? Bloße Einbildung oder ein einfach praktischer Grund, unliebsame Gestalten loszuwerden? Das funktionierte in beide Richtungen, denn es war Realität. Unnötig, Remus das zu sagen. Der Junge verstand es von allein und kam gleich zur Sache.

Schnaubend jetzt, die Wut darüber nicht mehr verbergend, sondern schwelen lassend, weil es so viel einfacher zu ertragen war, zu kochen als zu brennen, mahlten Remus' Zähne knirschend übereinander. „Ich weiß nicht, wie viel du davon mitbekommen hast, was im Moment geschieht in der Zaubererwelt ...“ eröffnete er, die Hände fragend präsentierend, worauf Edward fast belustigt die Achseln zuckte. „Du spielst auf diesen Lord Voldemort an, nehme ich an?“ Anerkennend zog Remus eine Braue hoch, konnte kaum verbergen, wie beeindruckt er davon war. Egal wie schwierig die wirtschaftliche Lage des Vereinigten Königreichs in diesen Zeiten sein mochte, wie hoch die Arbeitslosigkeit und wie unbefriedigt die Bevölkerung, es gab Wichtigeres für Edward Lupin. „Ich beziehe den Tagespropheten seit 1951, Remus.“

Sehr gut. Dann musste er es ihm nicht erklären, konnte sich eine lange Litanei darüber sparen, wer dieser Mann heute und wer er einst gewesen war, welche Motive er tatsächlich verfolgte und wie er das zu erreichen gedachte. Einem Professor für Geschichte musste niemand erläutern, wie heuchlerische Reden und verdrehende Zeitungsberichte die Massen beeinflussten, welche Gefahr davon ausging. Mehr als zufrieden, nickte Remus erneut mehr zu sich selbst und schob sich kurz die Zunge vor die oberen Schneidezähne, bevor er wieder Luft holte. „Dann hast du auch gelesen,“ er unterbrach sich selbst für eine Sekunde. Wie dumm von ihm! Natürlich hatten Vater und Großvater darüber geredet. Beide politisch engagiert und beide von jeher darauf trainiert. Mit ihm hatte er das doch auch schon als Kind getan, seine Aufmerksamkeit auf derlei Dinge gelenkt, dass er niemals vergaß, auch ein Teil der großen weiten Welt zu sein, mit Verantwortung dafür. Für das eigene Leben in dieser Gesellschaft genau so wie für das derjenigen, die sich nicht wehren konnten, und für die Kinder, die noch kommen mochten.

„Und weißt sicher, welche Position Ma und Pa und,“ er deutete mit den Fingerspitzen beider Hände auf seine Brust, „auch ich, dazu beziehen.“ Remus schaute seinen Großvater eindringlich an, und die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. „Habt ihr eine Wahl?“ stellte Edward die Gegenfrage, die den jungen Mann zu einem bitteren Schmunzeln brachte. Nein, hatten sie nicht. Hatte Einstein nicht gehabt. Hatte Stern nicht gehabt. Er machte es ihm sehr leicht, und das tat gut. Es war schon schwierig genug, auf diese Unweigerlichkeiten hinaus zu steuern. Remus fuhr einfach fort. „Wir sind alle drei,“ er schaute sich rasch, aber sorgfältig um, als suche er den Raum nach Dingen ab, die sonst nicht dort waren, aber dann zuckte er die Schultern. War doch sowieso egal. Als wäre das den Anhängern Voldemorts nicht ohnehin klar. „Wir sind Mitglieder in einer Organisation, die sich gegen die Machenschaften dieses Mannes stellt und aktiv gegen ihn arbeitet.“

Edward Lupin schien auch dieses Mal weit weniger überrascht, als Remus es erwartet hatte. Nur ein winziges Aufflackern in den Augen hinter der halbmondförmigen Brille mit dem filigranen Goldrand verriet, dass er diese Tatsache bisher vielleicht geahnt, aber nicht mit Sicherheit gewusst hatte. Je weniger sie ihm erzählten, desto sicherer war er, der Muggel, der sich nicht wehren könnte. „Ich fürchte,“ schnaufte Remus und senkte kurz den Blick, „dass diese 'Krankheit',“ er betonte es mit erhobenen Händen, die kleine Anführungsszeichen in die Luft malten, „etwas damit zu tun hat.“ Großvater sagte nichts, änderte nicht einmal die Körperhaltung, und auch seine Miene blieb vollkommen unbewegt. Was bedeutete das? Hatte er sich das schon gedacht? Oder schockierte es ihn? Remus war sich nicht schlüssig, und er musterte den älteren Gentleman forschend.

Sobald der Junge den Mund aufmachte und die offenen Handflächen in Abwehr präsentierte, schnitt Edward ihm das Wort ab. „Nein, Remus!“ sagte er scharf, und der junge Mann sackte wie getroffen in sich zusammen, mit einem Male doch wieder das kleine Kind, das von einem geliebten Menschen geschollten worden war, statt dieser gerade noch so aufrechte Streiter für seine Sache. Fast bereute Edward diese Wortwahl, hätte vielleicht gleich mit dem beginnen sollen, was er eigentlich hatte ausdrücken wollen. „Es gibt keinen Grund, eure Entscheidungen oder euer Handeln in irgendeiner Form vor mir zu entschuldigen.“ Das war es doch, was Remus hatte tun wollen, nicht wahr? Weil er glaubte, Großvater wäre wütend, wenn er erfuhr, dass sie so viel riskierten wegen eines solchen Blödsinns, einer so kleinlichen und weit entfernten Bedrohung?

Kein Wort mehr kam aus dem offenen Mund des Jungen, und das bestätigte Edward. „Im Gegenteil,“ wehrte der Professor erst recht ab und schüttelte energisch den Kopf, die Lider rasch, aber nicht hastig geschlossen, um die Augen vor ihm zu verbergen. „Es mag abgedroschen klingen, ja, wie ein viel zu oft herangezogenes Beispiel, aber wir haben es damals nicht anders gemacht.“ Remus wusste sofort, worauf er anspielte, auch ohne diese Haltung zu kennen, die sein Großvater in die Wirbelsäule drückte, aufrecht und kerzengerade wie ein junger Baum. Oder wie ein Soldat. „Man bedrohte unser Leben, nicht nur existenziell, sondern in all seinen Facetten und besonders in dem Recht darauf, es so leben zu dürfen, wie es uns gegeben und wie wir es wollen.“ Das war der selbe, eisenharte Gesichtsausdruck wie auf den Fotos in abgegriffenem Schwarz-Weiß auf dem Kaminsims oben in seiner Bibliothek. „Und wir waren genau so bereit, alles dafür zu geben, diese Bedrohung niemals Wirklichkeit werden zu lassen.“ Die beiden Männer rechts und links von ihm auf den Bildern, um deren Schultern er die Arme gelegt hatte. Remus erinnerte sich an jedes ihrer Gesichter. „Einige von uns sind dafür gestorben. Aber ich weiß, dass jeder von uns noch einmal genau das selbe tun würde.“

Mehr brauchte er nicht zu sagen. Er hatte es besser ausgedrückt, als Remus es jemals gekonnt hätte, und fast hätte der Schüler gelacht. War das nicht merkwürdig? Was hatte Vater damals gesagt, vor so ewig langer Zeit kam es ihm vor, am Weihnachtsabend, drüben im Salon? 'Alles würde man tun für seine Kinder, alles'. Damals hatte er sich das nicht vorstellen können. Und heute vertrat er diese Einstellung mit der gleichen, fast kaltblütigen Vehemenz. Was Größeres gab es nicht. Quer über die Anrichte greifend, bestätigte Edward nur, woher dieser Starrsinn und dieser Mut stammte. Das hatte nichts mit Zauberei zu tun, nichts mit Rot und Gold und dem steigenden Löwen auf dem Wappen. Ihm fest in die Halsbeuge greifend, drückte Professor Lupin und schüttelte ihn ganz leicht, wie er lächelte. „Und wenn meine beiden Jungs und mein Mädchen alles riskieren und mir und jedem anderen damit zeigen, dass sie den Wert ihres Lebens begreifen,“ schloss er diese so einseitig gewordene Diskussion, „dann macht mich das sehr stolz.“

Sich mit ganzem Gewicht und vollem Körpereinsatz in diese Geste hängend, stützte Remus sich auf den Arm, der lang ausgestreckt nach ihm gegriffen hatte, und er musste die Augen schließen, während er bestimmt nickte. Gut zu wissen, dass wenigstens einer da sein würde, egal was passierte. Als müsse er das unbedingt noch bestätigen und für noch mehr überschwängliches Kribbeln aus Glückseligkeit in so merkwürdigem Augenblick sorgen, prustete Edward fast ein wenig, falls ein so distinguierter Mann das überhaupt konnte. „Ich möchte, dass du weißt, Remus, dass du immer zu mir kommen kannst, wenn du etwas brauchst.“ Der Junge konnte ihn nicht wieder ansehen, nur seine Hand zwischen Schulter und Wange einklemmen und sich daran reiben und dabei weiter nicken. „Egal was,“ drückte Edward noch etwas fester zu. „Weise Ratschläge von einem alten Mann, Kopfnüsse, Musik, Trost,“ er machte eine theatralische Pause, in der er sich vorbeugte und mit einem Mal sehr breit lächelte, „Schokolade.“

Remus lachte. Zum ersten Mal seit einer Woche lachte er befreit und herzlich, griff nach dem Ellbogen seines Großvaters und klopfte ihm bestätigend auf den Arm. Er würde es nicht vergessen. Erleichtert irgendwie, obwohl sich nichts geändert hatte, obwohl John und Isabel noch immer krank, verflucht dort oben in ihrem gemeinsamen Bett lagen und mehr vor Erschöpfung schliefen als in Ruhe, fühlte er sich wesentlich besser. Froh, mit ihm darüber gesprochen zu haben, langte Remus nach den Plätzchen auf der kleinen Untertasse und stopfte sich genussvoll ein Stück Schwarz-Weiß-Gebäck in den Mund. Hm, das mochte er am liebsten. Und es war fabelhaft, wie immer.

„Weißt du,“ sagte er, und Edward machte ein fragendes Geräusch, während er sich schon mit wenig Enthusiasmus den Berg an Geschirr betrachtete. „Ich habe da jemanden an der Hand, der für mich recherchiert, wie wir vielleicht helfen können,“ deutete Remus mit Augen und Daumen an die Decke in Richtung seiner Eltern. „Ach ja?“ freute sich der Professor, krempelte sich die Ärmel hoch, und zustimmend brummend zückte der Junge den rotbraunen Erlenholzstab aus seinem Hemd. Und wie draußen vor dem Fenster der Sturm wütete und der Hagel fest gegen die Scheiben prasselte, der Wind die Bäume zerzauste und die zarten Rosen schüttelte, berührte hier drinnen Remus Lupin mit dem Zauberstab die schmutzigen Teller, dass sie von allein geschrubbt wurden, bevor er begann, von Professor Saladin Ibn Ahmad Al-Harani zu erzählen.


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