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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Ganz unten, ganz oben

von Teekon

Einen letzten tiefen Atemzug nehmend, rollte Sirius mit den Schultern und klopfte kräftig mit den Knöcheln einer Hand gegen das schwere, dunkle Holz, gruselig beleuchtet von der grünen Funzel in dem engen Durchgang unter der Treppe. „Herein!“ hörte er sogleich von drinnen, drückte die geschmiedete Klinke herunter und schob das Türblatt in den Raum mit dem weichen, orange-gelblichen Licht. Sein wuscheliger Lockenkopf erschien in dem geschaffenen Spalt, begleitet von einer seiner Schulterkappen, wie er sich hindurch zwängte. „Sie wollten mich sprechen, Professor?“ fragte er.

Der dickliche Mann in seiner bestickten Seidenweste schaute von den aufgerollten Pergamentrollen auf, die er über einem Knie und der Armlehne seines pompösen Ohrensessels ausgebreitet hatte. Einen goldenen Zwicker trug er auf der Nase, und der fiel beinahe herunter, wenn er so die Stirn kräuselte. „Ah, Mr. Black!“ grüßte er und strahlte über das ganze, proppere Gesicht, dass die Schweinsäugelchen glänzten. Professor Slughorn legte die zu korrigierenden Essays auf einem niedrigen Tischchen zwischen seiner Sitzgelegenheit und dem ovalrunden Fenster aus speckigen Butzenscheiben hinter sich ab, drehte sich herum und erhob sich ein wenig, ohne ganz aufzustehen. Mit einer ausgebreiteten Hand deutete er auf einen Schemel vor dem Kamin, schräg gegenüber von sich. „Kommen Sie herein, setzen Sie sich!“ bat er den Schüler, und Sirius Black nickte schwach und schlüpfte ganz in den Raum.

Das Büro und gleichzeitig auch das private Wohnzimmer des Hauslehrers von Slytherin war so ganz anders als die Räumlichkeiten von Professor McGonagall oben im siebten Stock des hohen Turms von Gryffindor. Nicht weniger gemütlich oder behaglich, das keinesfalls, aber in einem komplett anderen Stil gehalten. Das lag sicherlich auch mit daran, dass sich das Zimmer hier in den Verliesen befand. Die Decke war wesentlich niedriger, was den Eindruck einer Bärenhöhle vermitteln konnte, und Licht konnte nicht so klar und ungefiltert herein fallen wie durch die gut 2 Yards messenden Rautenscheiben oben. Obendrein sorgten die von Slughorn aufgestellten Möbel in ihrer dunklen Färbung aus gebeiztem Rüster für zusätzliche Abschwächung der Helligkeit.

Die aus grobem Gestein gemauerten Wände konnten nicht so gut abgedeckt oder behangen werden wie in McGonagalls Heimstatt, und dennoch hatte der Tränkemeister dafür gesorgt, dass Bilder und Regale angebracht werden konnten. Hauptsächlich Fläschchen und Amphoren, Kistchen und Schatullen waren darauf in dekorativer Anordnung zu finden, nichts vollgestellt, nichts provisorisch oder unordentlich. Horace Slughorn legte großen Wert auf eine repräsentative Umgebung, das war völlig klar. Und dazu gehörte eben auch dieses immens große Porträt über seinem wuchtigen Schreibtisch aus massivem Erlenholz: Salazar Slytherin höchstpersönlich, gekleidet in sein altbekanntes grünes Wams mit den silbernen Verzierungen und glitzernden Silberknöpfen, die Brust herausgestreckt und die Hände an die Achseln gelegt, den Zauberstab demonstrativ in der einen, während der schmale Kopf mit dem steifen, grau-weißen Spitzbart und den grimmig leuchtenden Stahlaugen über einer eindrucksvollen Mühlsteinkrause aufragte. Und er bewegte sich nicht.

Auf einem zweiten Tischchen mit gedrechselten Füßen hatte Slughorn eine dampfende Kanne aus feinstem asiatischem Porzellan aufgebaut, eine volle, eine leere Tasse daneben, und offenbar hatte er seinem Tee einen Schuss Brandy hinzugefügt. Die kleine Karaffe in Form eines Schwans stand noch daneben. Nicht recht wissend, ob er seine Hände in die Hosentaschen stecken sollte oder lieber nicht, duckte Sirius sich in die eigenen Schultern und machte ein paar Schritte über den runden Perserteppich, der seine klappernden Ledersohlen abdämpfte. Direkt vor dem offenen Kamin stand der Schemel für ihn, bezogen mit einem dunkelgrünen Samtstoff, und am liebsten hätte er abgelehnt, sich darauf zu setzen, aber das wäre wohl mehr als unhöflich gewesen.

Das flackernde, knisternde Feuer tanzte und warf spielende Schattenlichter durch das Funkengitter, dass winzige, springende Sterne auf seinen Hosenbeinen entstanden, wie er sich auf den dreibeinigen Stuhl ohne Lehne sinken ließ, sich eine Strähne aus den Augen wischte und dem Lehrer für Zaubertränke ins Gesicht sah. Slughorn lächelte immer noch, freundlich und fast großväterlich wie immer, und das verwirrte Sirius nur umso mehr. Er hatte ihn zu sich herunter gerufen, wofür ein armer Erstklässler aus Slytherin hinauf geschickt worden war, und dem hatten so dermaßen die Hosen geschlackert, wie er da oben vor der Fetten Dame gestanden und nach „Mr. Black“ gefragt hatte, dass er einem beinahe hätte leid tun können. Stebbins hatte ausgesehen, als wolle er dem Knirps sämtliche Gräten heraus reißen, und nur Präfekt Lupin hatte ihn davon abhalten können. Moony war scheißnett zu dem Kleinen gewesen. Der hatte jetzt vermutlich ein völlig falsches Bild von Gryffindor und seinen Schülern. Am liebsten hätte Sirius breit gegrinst, verkniff es sich aber.

Sich weit vorlehnend auf dem Schemel, stützte der 16jährige sich mit den Ellbogen auf beiden Oberschenkeln ab, um die Hände falten zu können, ehe er zu Sluggy aufschauen konnte, der sich gnädigerweise den albernen Zwicker von der Nase rupfte und in der Brusttasche seiner Weste verschwinden ließ. „Was gibt es, Professor?“ eröffnete der junge Mann die Runde, fühlte sich wohl nicht besonders wohl im Büro des Hauslehrers von Slytherin, den Erzfeinden seiner eigenen Schulfamilie, und ein mildes Lächeln huschte über die dicken Backen des Tränkemeisters. Das konnte er gut verstehen. Er hätte sich als Schüler auch nicht wohl dabei gefühlt, ins hohe Turmzimmer gerufen zu werden.
„Ist was mit meiner ...“ Sirius deutete mit den Zeigefingern auf den Stapel an Pergamentrollen auf dem zweiten Tisch am Fenster, ohne die Hände auseinander zu ziehen.

Hausaufgaben waren das, ziemlich umfangreiche Recherchen über bestimmte Zutaten für die schwierigen Tränke der NEWT-Klassen, und noch bevor der Professor geantwortet hatte, wünschte er sich, er hätte den Schund abgewählt, so wie Peter. Mal ganz im Ernst: So toll war dieses Fach eh nicht. Expectations Exceeded war schon OK, aber das Lernen dafür war der reinste Krampf gewesen. Vielleicht übertrieb er da aber auch, und darin fühlte er sich bestätigt, als Slughorn etwas irritiert die Stirn runzelte. Dem Finger folgend, begriff der beleibte Herr, und sofort winkte er ab. „Oh, nein nein, alles in Ordnung damit!“ klopfte er beruhigend auf die zusammensinternden Papiere.

Jetzt war Black allerdings erst recht ganz durcheinander. Was für einen anderen Grund konnte der Hauslehrer von Slytherin haben, ausgerechnet ihn zu sich kommen zu lassen? Was konnte denn so wichtig sein, dass er es nicht beim Abendessen in der Großen Halle mit ihm hatte besprechen können und ihn statt dessen hier, unter vier Augen sehen wollte? Sich die Lippen leckend, schob Sirius die Brauen fest ineinander und machte ein missmutig nachdenkliches Geräusch. „Sir, habe ich etwas falsch gemacht?“ erkundigte er sich, und endlich schien Slughorn ihn aus seiner Grübelei befreien zu wollen und seufzte.

Sich in seinem Sessel aufrichtend, legte der Professor die Fingerspitzen seiner knubbligen Hände aufeinander und ließ sie zaghaft tappen. „Nicht falsch, Mr. Black, aber ich habe mich gewundert über Ihr Verhalten,“ eröffnete er, und fast hätte Sirius geprustet oder zumindest gegrunzt. Was, das fiel ihm jetzt erst auf, dass er eine große Klappe hatte und nie still sitzen konnte, auch wenn er die dritte Klasse längst hinter sich gelassen hatte? Das meinte Slughorn aber wohl nicht.

„Es ist nur seltsam, Mr. Black,“ sagte er, legte den runden Kopf schief und beobachtete den jungen Mann. „Sehen Sie, es ist nun schon Ende Oktober. Sie waren weder krank noch standen außerordentlich fordernde Prüfungen an,“ erklärte der Tränkemeister mit fast leidiger, irgendwie trauriger Stimme, und Sirius traute sich kaum, den fragenden Gesichtsausdruck zu ändern. „Abgesehen von Ihrem Apparier-Test, den Sie, wie ich höre, mit Bravur bestanden haben.“ Für einen langen Moment verbreiterte sich Slughorns Lächeln zu einem anerkennenden Lob, und er klopfte dem Schüler fest auf den Oberarm. Ja, der war wirklich gut gelaufen, darüber freute sich niemand mehr als Sirius selbst, und er senkte beinahe ein wenig verlegen den Blick und zuckte die Achseln.

Das Lächeln rutschte aus dem Gesicht des Professors, und diese bekümmerte Falte erschien wieder zwischen den dünnen, weichen Brauen. „Und dennoch haben Sie alle Einladungen zu unseren Treffen in diesem Jahr ausgeschlagen.“ Ah, da lag der Hase also im Pfeffer! Mist. James hatte doch Recht gehabt. 'Er wird das nicht einfach hinnehmen, Tatzilein,' hatte er gesagt und den Kopf geschüttelt, eindringlicher, je öfter er vom Slug-Club zurückkam und seinen besten Freund nicht dabei gehabt hatte. Sirius hatte gehofft, die kleinen Röllchen mit dem lilafarbenen Bändchen dran einfach ignorieren zu können und so zu tun, als wäre er genau so wenig eingeladen wie Pete und Remus, und er musste zugeben, dass die Abende im Gemeinschaftsraum mit den Jungs mal wieder wesentlich angenehmer gewesen waren als mit irgendwelchen arroganten Spinnern zusammen zu hocken, die sich für was Besseres hielten und 'hochintelligente' Konversation betrieben. Wieso James da weiterhin hinrannte, das konnte er nicht begreifen.

„Nun frage ich mich natürlich, woran das wohl liegen könnte,“ fuhr Slughorn fort, beugte sich noch ein wenig weiter vor, um den gesenkten Blick des jungen Mannes auszugleichen, wie der sich nun auf der Zunge herumkaute und nachzudenken schien. Es war ihm sichtlich peinlich, danach gefragt zu werden, aber der Tränkemeister gehörte nicht gerade zu der Art von Zauberer, die sich gerne versetzen ließ. Und locker lassen würde er auch nicht. „Können Sie es mir erklären, Mr. Black?“ hakte er extra noch einmal nach, damit der Schüler über seinem Grübeln nicht das Antworten vergaß.

Wie könnte er das am besten ausdrücken, ohne dem dicken Zausel den Abend nicht nur komplett zu verderben, sondern auch nicht unbedingt einen schlechten Eindruck zu vermitteln, der ihn seine guten Noten in Zaubertränke kosten mochte? Es war nicht gerade ratsam, am Anfang der NEWT-Klassen einem wichtigen Lehrer auf den Schlips zu treten. Verdammt. Er hätte hingehen sollen zu diesen blöden Treffen. Dann hätte er diesen Schlamassel jetzt nicht am Hacken. Aber dann wieder fiel Sirius ein, wieso er tatsächlich nicht mehr hingegangen war. Das hatte nichts der Tatsache zu tun, dass es stinklangweilige Zeitverschwendung war, die er jedes Mal nur schwer hatte ertragen können. Und als könne er es ihm aus den Gedanken ziehen und wolle unbedingt darauf hinaus, ging Slughorn genau darauf ein: „Ihr Bruder konnte mir keinerlei Auskunft geben.“

Alleine die Erwähnung, dieses Wort, drückte Sirius ein grollendes Geräusch aus der Kehle heraus, und er sackte noch etwas mehr in sich zusammen, aber nicht schwach oder geduckt, sondern resigniert, frustriert. Seine Augen rollten in ihren Sockeln, und er zog die Oberlippe bis unter die Nasenflügel. Na gut, wenn er es denn wirklich so genau wissen wollte, dann sollte er es halt hören. „Das verblüfft mich nicht,“ sagte Sirius Black, und das raue Kratzen seiner Stimme brachte die Ohren des Hauslehrers dazu, sich aufmerksam aufzustellen. Er hatte sich so etwas gedacht, was jetzt kommen würde, denn auch Regulus, der Jüngere, der unter seiner Obhut stand, hatte sich ausgesprochen ausweichend und abweisend verhalten bei diesem Thema. Sich nicht bewegend, wartete Slughorn nur. „Wir sprechen nicht mehr miteinander,“ erklärte der junge Mann, ohne ihn anzusehen.

Wie kleine Kohlen glühten die Augen dort unten, noch verstärkt dieser Eindruck durch den flimmernden Feuerschein des Kamins, auf dessen Höhe sich sein Lockenkopf befand, und der Professor hob verstehend das Kinn. Eine Entfremdung der beiden Brüder, wie er sie seit jeher hatte kommen sehen. Solche Dinge passierten im System von Hogwarts, selten zwar, aber gehäuft durch die abseitige Stellung von Slytherin, wie es immer gewesen war, seit Salazar und Godric sich zerstritten hatten. „Ich nehme an,“ offenbarte Slughorn seine Meinung, erstaunlich leise und sanft sprechend dabei, „dass dies der Grund ist, wieso Sie nicht mehr in den Club kommen wollen?“ Der Schüler schloss langsam die Lider, und der Lehrer führte seine Gedanken zuende. „Um Ihrem Bruder nicht begegnen zu müssen?“ Sirius nickte stumm, und die Muskeln an seinen Kieferwinkeln traten wie harte Klumpen hervor.

Für einige Augenblicke rührte sich keiner von ihnen, ehe Professor Slughorn traurig seufzte und bedächtig den Kopf schüttelte. Er richtete sich ein wenig auf, stützte sich mit einer Hand auf dem rechten Knie ab und öffnete damit seine ganze Körperhaltung in Richtung des jungen Mannes. „Wissen Sie, Mr. Black, ich habe mir von Anfang an gewünscht, Sie beide in meinem Haus zu haben.“ Die Abwehrhaltung, die in den Gryffindor zu fahren gedachte, blockte er mit einer offenen Handfläche ab. Ihm war durchaus bewusst, wie sehr er sich innerlich dagegen sträubte. Sirius Orion Black war schon jetzt genau so stolz und stur wie ein jedes Mitglied seiner geschätzten Familie. „Und immer habe ich befürchtet, dass die Zugehörigkeit zu so verfeindeten Häusern Sie eines Tages entzweien würde.“

Die Reaktion des Schülers war unerwartet. Seine Hände ballten sich zu weißen Fäusten, und das Rückgrat drückte sich durch, als habe er einen Stock durch die schwarze Robe mit dem roten Innenfutter gesteckt bekommen. Die soeben noch so fest zusammengepressten Kiefer knirschten lautstark, wie er die Zähne übereinander mahlen ließ, und er warf dem Tränkemeister einen vernichtenden Blick zu, ohne den Kopf zu heben. Erstaunt, fast ein wenig erschrocken, zuckte der Lehrer zurück. „Das hat überhaupt nichts mit unseren Häusern zu tun,“ behauptete Sirius, das Knurren in der Stimme nun offen und nicht mehr im Geringsten unterdrückt. Irgendwie hatte er einen Nerv getroffen, und Slughorn wusste genau, dass er diese Tatsache nur verdrängte. Und wie es damit zu tun hatte. Vielleicht nicht alleinig, aber es gehörte dazu.

„Nun, nun,“ stammelte der Professor und hob nun beide Hände in beschwichtigender Gestik, sorgte dafür, in seinem Sessel immer noch über dem mittlerweile sehr aufgeschossenen Jungen aufzuragen. „Welcherlei Streitigkeiten da auch immer zwischen Ihnen stehen mögen, ich bin sicher ...“ Er durfte nicht ausreden. Sirius ließ ihn nicht. Es gab da nichts zu lösen, und es würde keine Versöhnung geben! Der fette Idiot sollte nicht von Dingen reden, von denen er nichts verstand, und er sollte sich gefälligst heraus halten! Sirius hatte keine Lust mehr auf dieses Gespräch. Er hatte Slughorn gesagt, wieso er nicht mehr zum Club kam, er wollte seinen Bruder dort nicht sehen, und er wollte auch nicht so tun, als wäre er nicht vorhanden. Ob ihm das passte oder nicht, er würde nicht mehr kommen.

Ihm mit einer hastigen, fast brutalen Handbewegung das Wort abschneidend, würgte der Schüler ein abschätziges Geräusch hervor. „Falls Sie es nicht gehört haben, Professor, ich habe das Haus seiner Eltern verlassen,“ setzte er Slughorn in Kenntnis und stemmte sich von dem Schemel, die geballten Hände leicht angewinkelt, dass sie zum Ausholen bereit in Höhe seiner Gürtellinie schwebten. Nein, er hatte es bisher nicht gewusst. Das sagten die so hellen, beinahe so wässrigen Augen wie die von Peter, so wie der Lehrer im Sessel zurück rutschte und ihn verwundert, bestürzt nahezu anschaute. 'Seine Eltern' hatte er gesagt. Es ging nicht nur um Regulus. Das begriff Horace Slughorn so schlagartig, dass er darauf keine Antwort geben konnte.

„Für Ihren 'kleinen Club' bin ich damit reichlich uninteressant geworden, nicht wahr?“ Die Verhältnisse hatten sich so massiv geändert, wie der Lehrer immer noch im Sessel versunken war, dessen Sitzfläche zu weich war, um darin eindrucksvoll wirken zu können, während der junge Mann mit den breiten Schultern und dem dunklen Bartschatten im Gesicht in voller Größe aufragte, dass er auch die Scheu davor verlor, einem Professor gegenüber mehr als nur frech zu werden. Das hier war Privatssache, seine eigene kleine Welt, in die niemand ungefragt eindringen durfte, schon gar kein völlig Fremder, und erst recht kein Slytherin! „Ich bin nicht mehr reich, Professor,“ betonte er den Titel so verächtlich, dass er spuckte, „und ich werde auch keinen Einfluss mehr auf die Zaubererschaft haben, den ich mir nicht selbst erarbeite.“ Mit dem Fuß ausholend, als wolle er den Schemel beiseite kicken, trat Sirius Black aus der Sitzgruppe heraus und zog sich vom Feuer zurück in die Schatten vor der Tür.

Für ihn war das Gespräch beendet. Nie wieder würde er mit Professor Slughorn über irgendetwas Anderes reden als Noten und Zutaten in Zaubertränke, und sie beide wussten das. Erstaunlich, wie ähnlich er ihm war. Fast hätte Horace gelächelt. Fest nach der Türklinke greifend, drehte Sirius sich noch einmal um, das Gesicht noch immer in Zorn und Bitterkeit verzogen, dass Tränen in den dunklen Augen stehen mochten. „Bitte, schicken Sie mir keine Einladungen mehr,“ drückte er sich so höflich aus, wie es unter diesen Umständen möglich war, wartete eine Antwort gar nicht erst ab, sondern öffnete die Tür mit Gewalt, dass sie über den Boden schrammte, und schlüpfte hinaus auf den dunklen Gang.

Die Tür fiel ins Schloss, aber Horace Slughorn nickte trotzdem noch. Es mochte dem jungen Mann nicht klar sein, doch er hatte keinerlei Zweifel daran: Auch ohne seinen Clan im Rücken, auch ohne die Unterstützung eines Netzwerks wie dem Slug-Club, hatte Sirius Orion Black das volle Potential, einen Weg zu gehen, der höher hinaus führen mochte als der eines jeden Mitglieds dieser kleinen Vereinigung, und mehr bewegen zu können als bloß Geld und Einfluss und ein kleinliches Hin- und Herschieben von Ministeriumsposten. Der Professor lächelte, zog den Zwicker aus seiner Brusttasche und griff seufzend nach dem nächsten Essay.

Draußen auf dem Flur musste Sirius erst einmal stehen bleiben und seine Wirbelsäule ganz gerade durchdrücken, bis jeder einzelne Wirbel lautstark knöchern knackte. Oh Mann. Seine Hände zitterten jetzt, egal wie fest er die Fäuste ballte, und sein Atem ging stoßweise und abgehackt. Ja, er war wütend. Aber nicht nur das. Ein ganz merkwürdiges Gefühl, eine sich in Wellen überschlagende Emulsion aus Zorn, Enttäuschung, Trauer und Einsamkeit, ja, Einsamkeit, keine Ahnung wieso, stob wie eine Wolke durch seinen Bauch und breitete sich in Brust und Kopf aus, und es war ihm ein absolutes Rätsel, wieso dieses kurze, gar nicht so intensive Gespräch das hatte hervorrufen können. Er konnte nicht hier stehen bleiben, in den Verliesen, keine 50 Yards um die Ecke vom Gemeinschaftsraum der Slytherins entfernt. Sich einen Ruck gebend, schritt Sirius eilig davon, auf die nun leere Nische zu, in der einstmals die unvorteilhafteste Büste von Salazar gestanden hatte, die jemals existiert hatte, die Treppe hinauf und in die Eingangshalle.

Seine Füße trugen ihn von allein, ohne dass sein Hirn darauf Einfluss hatte, wohin sie gehen wollten. Aufwärts, einfach hinauf, aber nicht auf geradem Weg und nicht so schnell und zielstrebig nach oben zu den Jungs, wie er sich das vorgestellt hatte. Kein einziger klarer Gedanke wollte sich herausbilden in seinem verwirrten Schädel, und während er lief und dabei merkte, welch abstrusen Weg er ging, konnte er nicht einmal darüber wirklich sinnieren. Den langen Gang hinunter von der Ballustrade auf die Hauptkreuzung zu, wo vor einem Jahr zum letzten Mal die berühmte 'Filch stinkt!' - Lampe geglüht hatte, stolperte er Schritt für Schritt, hielt sich links, statt rechts, und die Helligkeit des großen Treppenhauses, aus dem das rumpelnde Verrücken der Fluchten zu ihm herüber drang, ließ er tiefer und tiefer hinter sich zurück.

Die Klassenzimmer lagen an diesen Fluren, und die Fackeln waren herunter gebrannt und hüllten ihn rasch in tröstende Dunkelheit, wie er, die Hände in die Hosentaschen stopfend, seinen Schritt verlangsamte und sich schließlich vor dem schmalen Aufgang wieder fand, der sich bald in engen Schrauben zum Astronomieturm aufschwingen wollte. Ja, wieso eigentlich nicht? Niemand würde dort sein. Die Patrouille der Lehrer führte zwar hier vorbei, aber Schülerinnen und Schüler waren nun in den Gemeinschaftsräumen, und sobald er erst einmal um die ersten ein, zwei Biegungen herum war, würde man ihn weder sehen noch hören können. Allein sein konnte man dort oben. Ob das einer dieser Orte war, an die Remus manchmal verschwand? Darüber hatte Sirius sich nie zuvor Gedanken gemacht. Denn er wollte nie alleine sein. Niemals. Heute schon.

Er liebte den Turm. Er liebte die winzige Treppe, er liebte die kleinen Fenster, die über das Tal schauten, und er liebte die frische Luft und die immer kräftige Brise auf dem weiten Platz an der Spitze, auf den er nun hinaus krabbelte, die Luke ganz zurück geworfen. Nichts sollte der Beobachtung im Weg stehen, gar nichts, deshalb gab es keine Fahnenmasten, keinen Unterstand. Nur die steinernen Bänke auf dem Innenwall der hohen Brüstung, die Schießscharten des mittelalterlichen Turmes als Lücken für die Teleskope gedacht. Auch wenn ihm nicht danach war, brachte der Anblick ihn zum Lächeln, und nur mit sanfter Gänsehaut auf den Armen unter der Robe trotzte der 16jährige der herbstlichen Kühle der Nacht.

Kurz vor Halloween. In den Bergen hatte es schon das erste Mal geschneit, und auch wenn die weiße Pracht wieder getaut war, beschleunigt durch lange Schauer aus gleichförmigem Landregen, so blieb doch der Eindruck des heraufziehenden Winters bestehen. Die Bäume erstrahlten in glühenden Farben, wenn die goldene Sonne sie traf, und das Gras, noch von Sommerhitze ausgebleicht, begann zu sterben, während große Falter darüber zogen und nach Fallobst suchten. Tagsüber. Nun, zu später Stunde, wo der zunehmende Mond in sauber abgeschnittener Hälfte über dem See stand und die zerklüfteten Felsen, die Wiesen und Waldwipfel in dunkle Blau- und Grautöne tauchte, war alles verblasst zu friedlicher Ruhe und melancholischem Kummer. Die schönste Jahreszeit eigentlich.

An die Brüstung heran tretend, die Hände in die Taschen gestopft, verharrte Sirius Black für einen Moment und betrachtete nur die stille Landschaft unter beinahe sternklarem Himmel. Die Gestirne waren überdeckt von der Helligkeit des Erdtrabanten, nur ganz entfernt am Horizont im Osten noch konnte man einzelne von ihnen erkennen, und er konnte jedem von ihnen einen Namen geben. Astronomie, sein Lieblingsfach. So klar strukturiert, so beherrschbar und dennoch voller Abenteuer, immer etwas Neues zu sehen und noch so viel zu erfahren, zu erforschen. Aber es hatte Regeln, Gesetzmäßigkeiten, berechenbar und nicht durchsetzt von Gefühlen und den unverständlichen Regungen einer menschlichen Seele. Sirius seufzte. Viel zu kompliziert das alles.

Wie er wieder angefangen hatte, Gedankensträngen zu folgen, hatte er gar nicht richtig bemerkt. Das war schon irgendwie merkwürdig. Denkwürdig traf es noch besser. Sich auf die breite Steinbank setzend, dass seine Oberschenkel fast schockgefrostet wurden, lehnte Sirius sich zurück und kreuzte die Arme hinter dem Kopf, bis er flach auf dem Rücken lag und über sich nichts weiter sehen konnte als den samtigen Teppich der Nacht, überquert und durchzogenen von gemächlich wandernden Wolken. Silbern leuchteten sie, wie das Mondlicht auf sie traf, und er hätte Stunden damit verbringen können, sie zu beobachten.

Andromeda, direkt über ihm, das Sternbild, dessen Namen seine Lieblingscousine trug, einer von drei Menschen mit Black'schem Blut, die er noch als Teil seiner Seele bezeichnen wollte. Wunderschön da oben, dieses glitzernde Glimmen in der endlosen Dunkelheit. So sein zu können, das wäre genau das Richtige!

Der hellste Stern am Himmel, das war der große Hundsstern. Sirius. Er hatte das immer gemocht, das fühlte sich gut an, aber es war Ende Oktober, sein ganz persönliches Nachtlicht noch nicht wieder zu sehen, und er hatte das Gefühl, selbst nicht vorhanden zu sein. Er war doch frei. Er war sie los, nie wieder zurück zum Grimmauld Place, alles war gut! Wieso dann nur kam er sich vor wie der Große Hund? Wieso leuchtete er nicht? Seine Augen suchten von ganz allein, fanden diese Stelle da zwischen all den Sternen, die er so gut kannte durch das Objektiv seines Teleskops. Mit bloßem Auge nicht zu sehen, das wusste er, und dennoch kam es ihm vor, als entdeckte er den Schweif des Kometen, den er selbst entdeckt hatte. Oh ja, zwischen Kepheus und dem Drachen, dort war er.

Lange hatte er gerätselt, wie er ihn nennen sollte. Und obwohl die Prüfung, die zu diesem wunderbaren Ereignis geführt hatte, bereits im Juni absolviert worden war, war die Entscheidung längst nicht gefallen. Wie oft er abgewogen hatte. Wie er hin und her überlegt hatte. Ein Name verrückter als der andere, manche albern und kindisch, andere hochtrabend und komplett übertrieben, niemals etwas dabei, was man wirklich hätte verwenden oder auch nur erwähnen können. Als 'Tatzes Schweif' hatten sie das Ding scherzeshalber bezeichnet, und hier und heute, auf dem dunklen, zugigen Turm in einer kühlen, bibbernden Oktobernacht, kam ihm genau das gar nicht mehr so bekloppt vor. 'Tatzes Schweif', das stimmte schon. Nur anders.

Sirius nickte, streckte einen Finger aus und fuhr diese imaginäre Linie dort am Nachthimmel entlang, die der Komet beschreiben musste, auch wenn er ihn nicht sehen konnte. Nicht der Hundsstern fehlte, sondern das eigene Licht, das ihm erst Glanz verlieh. „Xeros,“ murmelte Sirius bestimmt und nickte erneut, kräftig und bestimmt. Ja. Xeros sollte er heißen. Auch wenn niemand verstehen würde, warum. Außer vielleicht Remus. Und der würde niemals etwas sagen. Sirius Black seufzte, verschränkte die Arme wieder hinter dem Kopf und lächelte. Allein, aber nie wieder so ganz.


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