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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Feuer im Salon

von Teekon

Vorsichtig setzte er die Schere an den Tagespropheten an, die Zunge dabei zwischen den Zähnen vor angestrengter Aufmerksamkeit, und es war ihm vollkommen egal, ob er auf der anderen Seite Fotos zerschnitt. Kreischend versuchten die Personen in den Bildern, sich für eine der beiden Seiten zu entscheiden, bevor es zum Überwechseln zu spät war, und man kam sich glatt ein wenig an die Titanic erinnert vor. Es war ein ziemlich großer Artikel vorne auf dem Titelblatt, so ungefähr die längste und ausführlichste Reportage, an die er bisher seine Finger hatte legen können.

Besonders musste er darauf aufpassen, dass er Vater dabei nicht in die Quere kam. Erstens war es ausgesprochen ratsam zu warten, bis Orion Black seine Zeitung zuende gelesen hatte (was bei ihm nicht hieß, dass sie nach dem Frühstück ad acta gelegt war), und zweitens sollte er sich besser nicht dabei erwischen lassen, wie er diese Schnippselchen überhaupt in sein Zimmer hochschleppte. Offenbar hatte das Sippenoberhaupt generell eine Abneigung gegen Teile aus Tagespropheten oder anderen Zeitschriften und Magazinen entwickelt. Aber das war ja auch kein Wunder für jedermann, der jemals auch nur einen winzigen Blick in Sirius' Schlafraum geworfen hatte.

Regulus rollte innerlich mit den Augen, während sein Blick eigentlich starr auf die schneidenden Blätter der Schere gerichtet waren. Mal wieder so eine Sache, in der es die rebellische Ader seines Bruders ihm schwieriger machte als unbedingt notwendig. Die leise Wut herunter schluckend, konzentrierte sich der Jüngere auf die Arbeit in seinen Händen, so gut es eben ging, und bemerkte dabei kaum, wie eben jemand die Stufen hinunter donnerte und schwungvoll mit einer Hand am Türrahmen in den Salon hinein flog.

Die wippenden Locken von Sirius flogen von dem Fahrtwind, dem er sich ausgesetzt hatte, und er stoppte nicht einmal auf irgendeine Weise ab, als er den Kleineren dort am Kaffeetischchen entdecken konnte. Weder überrascht, noch irgendwie in seiner Stimmung beeinträchtigt schien er davon, durchquerte nur leise summend und zufrieden beschwingt mit einer Hand in der Hosentasche den repräsentativen Raum. Dass er selbst dabei eher leger gekleidet war und fast peinliche Ausmaße annahm, das fiel ihm wohl entweder nicht auf, oder – was wahrscheinlicher war – es interessierte ihn nicht die Bohne. Vermutlich war das sogar pure Absicht, um die ganze Familie Stück für Stück zu provozieren.

Die Hosen, die Sirius trug, besaßen ein unglaublich weit gestelltes Bein, dass er unterhalb des Knies beinahe aussah, als habe ihn ein Amboss getroffen und seine Unterschenkel komplett geplättet. Hätten die weißen Schösse des Hemdes nicht so eklatant aus dem Pullunder mit V-Kragen unten heraus geschaut, wäre Mutter längst aufgefallen, wie sagenhaft tief der Bund dieser Beinkleider auf seinen schmalen Hüften hing, und sie hätte auch die leeren Gürtelschlaufen bemerkt, deren Nutzen sie sich kaum hätte vorstellen können. Woher er sowas überhaupt hatte, daran mochte Regulus nicht denken. Wenigstens bei den Schuhen hatte er wohl niemanden gefunden, der ihm was aus irgendeinem Muggelladen besorgt hatte, und so kontrastierte das auf Hochglanz polierte Oxford Leder ziemlich harsch mit seiner lässigen Erscheinung.

So zu tun als habe er ihn nicht bemerkt, fiel dem Jüngeren der Black-Brüder erstaunlich schwer. Mit fest ineinander geschobenen Brauen stierte er nur noch verbissener auf die sauberen Ränder seines langsam aus der Zeitung gelösten Artikels, zwang sich, nicht einmal aus dem Augenwinkel zu beobachten, was Sirius aus dem sicheren Hafen seines Zimmers herunter in den Salon getrieben haben mochte. Mal abgesehen davon, dass der Älteste seine Taktik in diesem Sommer sowieso völlig geändert hatte. Wo er sich sonst in den Ferien regelrecht dort oben verschanzte und nur zum Essen in den Speisesaal herunter kam (nicht einmal Gäste beehrte er mit seiner Anwesenheit), benahm er sich in diesem Jahr äußerst offensiv. Er bewegte sich frei und ungezwungen im ganzen Haus, scheute sich nicht, den Mitgliedern seines unmittelbaren Clans zu begegnen und scheuchte mit besonderem Vergnügen den armen Kreacher durch die Flure.

Und das war wirklich unfair. Mochte ja angehen, dass Mrs. Black nicht gerade die mütterlichste Frau war, und dass Vater einem wandelnden Eisklotz mit Schnauzer fatale Ähnlichkeit entgegen brachte. Ja, vielleicht war auch sein kleiner Bruder in letzter Zeit nicht gerade freundlich gewesen, aber der greise Hauself konnte nun wirklich nichts dafür. Geduldig und akkurat führte er jeden Befehl aus und tat, was man ihm sagte, und auch die absurdesten Aufträge von Sirius nahm er ohne Murren entgegen. Ob es vielleicht Kreacher gewesen war, der ihm diese merkwürdigen Hosen hatte besorgen müssen? Regulus grübelte nur einen Moment lang darüber nach, weil es hilfreich war, sich von dem lauten, aggressiven Verhalten des anderen Jugendlichen in dem Raum abzulenken.

Mittlerweile fast singend, hüpfte Sirius bis an die hohen Fenster vor, verdeckte damit nicht nur fast alles Licht, das sowieso schwierig durch die großen, dicht stehenden Blätter der Platanen fallen konnte, und beugte sich mit diesem ganz speziellen Knick in der Hüfte über das Canapé. Die ordentlich zurecht gelegten Kissen völlig zerpflückend, wühlte er irgendwo dort herum, gab schließlich ein entzücktes „aha!“ von sich und langte irgendwo zwischen die Polster, um einen kleinen, runden Gegenstand heraus zu ziehen. Keine Ahnung, was das war, und Sirius hatte es so blitzartig rotierend in die Luft geworfen, wieder aufgefangen und in den Taschen seiner tief hängenden Hosen versenkt, dass Regulus keine Möglichkeit hatte, einen näheren Blick darauf zu werfen. Was er statt dessen zu Gesicht bekam, war die bunte, schreiend bedruckte Unterwäsche seines großen Bruders. Schnaubend, fast grunzend, schüttelte der Jüngere den Kopf.

Und damit hatte er augenblicklich die volle Aufmerksamkeit des Stammhalters. Ein fast boshaftes Grinsen spielte um Sirius' Mundwinkel, wie er sich aufrichtete zu voller Größe und das Rückgrat durchdrückte. Mit vier Fingern jeweils in den Hosentaschen, trottete er in Richtung des niedrigen Tischchens, an dem Regulus mit dem Tagespropheten saß, und beinahe wie zufällig schaute er ihm über die Schulter, um sofort in heilloses, prustendes Kichern auszubrechen. Der mittlerweile 15jährige schloss die Lider und zwang sich, tief durchzuatmen. Jetzt ganz ruhig bleiben, bloß keinen Blödsinn machen. „Wie süß!“ lachte Sirius sein übliches Bellen und schlug sich fest auf den Oberschenkel, drehte so schnell das Kinn hin und her, dass sein Anblick vor den Augen verschwomm.

„Du bist ja ein richtiger Fan, Regulus!“ flötete der Ältere, legte die Hände aufeinander wie ein betender Gläubiger vor einer Ikone und klimperte übertrieben mit den langen, gebogenen Wimpern, um dabei wie ein Mädchen albern zu kichern. Seine Geschütze waren diesen Sommer übrigens ebenfalls wesentlich größer, und er fing gar nicht erst mit Haubitzen an, wenn er gleich Kanonen haben konnte. Wie der Einschlag eines Fünfpfünders fühlte sich das an für den Jüngeren, und er musste sich davon abhalten, nicht real einzuknicken davon. Genau diese Reaktion hatte er befürchtet, und leider zog sie noch viel besser, als er sich das ausgemalt hatte. Ein beleidigtes, gepresstes Geräusch entkam seiner Kehle, wie er abschätzig schnaufte.

„Das musst du gerade sagen, du mit deinen lächerlichen, halbnackten Mädchen da oben, die sich nicht mal bewegen!“ versuchte er, ein ebenso bitterböses Grienen aufzulegen wie sein Bruder, was ihm allerdings weniger gut gelang. Und treffen konnte er Sirius damit offenbar auch nicht gerade. Der Ältere grinste einfach weiter, jetzt noch einen Tick amüsierter, und er verharrte einfach dort schräg hinter ihm, immer noch ein Auge auf den Tagespropheten werfend. Regulus konnte sich so nicht konzentrieren. Er wollte diesen Artikel haben, und zwar sorgfältig ausgeschnitten, und damit das auch so blieb, verlangsamte er sein Tempo. Aufhören konnte er nicht, damit würde er sich Blöße geben.

Den Kopf schief legend, senkte Sirius die Stimme nur sehr leicht, ein merkwürdig wissendes Klingeln in seiner Stimme, wie von zitterndem Atemholen. „Mit denen, mein kleiner Bruder, kann man wenigstens was anfangen,“ wisperte er, und die Brauen des jungen Slytherin türmten sich zu hohen Pyramiden auf. Was meinte er damit? Und warum sagte er sowas Seltsames? Ach, völlig egal, er wollte ihn bloß ärgern und so tun, als wäre er der große erwachsene Mann, der von allem eine Ahnung hatte. Missmutig nur wiederholte Regulus dieses Geräusch und murmelte ein leises, verächtliches „Muggelfreund“.

Sirius brüllte fast vor spontanem Lachen, als habe er auf genau so ein Wort gewartet, und die Ohren seines Bruders spitzten sich in hellem Schrecken wie die eines Hasen auf weiter Flur. Musste er so furchtbar laut sein? Sie würden ihn noch hören und heraufkommen, wenn er nicht acht gab! Dieser blöde Kerl, der versaute ihm noch den ganzen Tag, das sah er schon kommen. Mal wieder. Am liebsten hätte Regulus sich einfach verdrückt, aber damit würde er ihm nicht nur das Feld überlassen, sondern sich auch einmal mehr unterbuttern lassen. Irgendwann musste das doch mal aufhören, eines schönen Tages musste er doch mal der Gewinner in diesen Gefechten sein, oder nicht? So wie Sirius niemals aufgegeben hatte, gegen seine Mutter aufzumucken, bis er mittlerweile fast jedes Mal derjenige war, der erhobenen Hauptes die Szenerie der Schlacht verließ.

Schon wieder halb in die Knie gestemmt, schüttelte der Ältere wieder den Kopf und wischte sich ein paar Lachtränchen aus den Augenwinkeln. „Wenn ich's nicht besser wüsste, würd' ich denken, das war gerade ein Kompliment,“ bemerkte er glucksend, wurde schlagartig wesentlich ernster und stemmte sich wieder in die Vertikale. „Aber das kann nicht sein, also ist es wohl kompletter Schwachsinn.“ Darüber nachdenkend, wie viele Muggel er eigentlich wirklich kannte, wollte Sirius gar nicht so recht jemand einfallen. Oh doch, halt! Edward Lupin! Professor für Anglistik und Geschichte an einem College (was immer das war) in York. Ja, den mochte er gern als eine Art Freund bezeichnen. Aber darum ging es hier nicht, und weder ging es Regulus etwas an, noch konnte er überhaupt ein Wort darüber verlieren. Denn seine Familie hatte keine Ahnung von seinen Sommererlebnissen. „Wie immer,“ fügte er also nur schneidend an und machte Anstalten, sich aus dem Salon zu verziehen.

Keinen Schimmer, wieso er das jetzt vom Zaun brechen musste. Manchmal wusste Regulus selbst nicht, woher dieses Bedürfnis kam, sich zu streiten. Nein, das war es gar nicht, er wollte sich nicht zoffen mit ihm, sondern einfach reden. Und wenn sie keine anderen gemeinsamen Themen hatten, dann war das eben so. Und eigentlich musste doch auch erst diese Sache aus dem Weg geräumt werden, bevor sie wieder so sein konnten wie früher, oder nicht? Bevor all diese Dinge dazwischen gekommen waren. Politik und Hausfeindschaft und unterschiedliche Freundskreise und all das. Wie sollte das anders gehen als über hitzige Worte? In dieser Stadtvilla in Bloomsbury, im Stadtteil Camden, regelte man Angelegenheiten eben so.

„Weißt du, wenn du dir die Mühe gegeben hättest, diesen Artikel mal zu lesen, dann wüsstest du, dass er eigentlich nur gute Absichten hat,“ schaute Regulus seinen großen Bruder nicht einmal an, knippste endlich die letzte Ecke ab und entledigte sich der schweren, altmodischen Schneiderschere. Ungerührt versuchte er zu bleiben, faltete das gelbliche Papier des Tagespropheten sorgsam und fast liebevoll, bildete eine perfekte Abschlusskante und zog den Knick glatt mit zwei Fingernägeln. Für einen Moment schien es so, als habe es Sirius in seinem Rücken die Sprache verschlagen, wo er ihn nicht sehen konnte, doch war dem nicht wirklich so. Die eine Braue so steil nach oben gezogen, dass man sie kaum noch vom Haaransatz unterscheiden konnte, verkniff der Ältere fassungslos die Lippe. „Zu deiner Information: Ich habe diesen Schund gelesen, und nur ein Hohlkopf wie du kann das für bare Münze nehmen.“

Sirius lachte nicht mehr. Da war deutliche Besorgnis in seiner Stimme. Wenn selbst ein Junge, der eigentlich gar nicht so blöd und begriffsstutzig war, auf dieses Geschreibe hereinfallen konnte, wie wirkte sich das erst auf dümmere Gestalten aus? Crabbe und Goyle fielen ihm dabei ein, die beiden Begleitschränke von Neu-Cousin Lucius Malfoy, und da wurde ihm ganz anders. Viel zu viele von solchen Idioten gab es, auch unter den Jüngsten, auch an der Schule. Selbst in seinem eigenen Haus. Erschreckend war das. Aber bei Regulus machte es ihn auch noch wütend. Denn sein kleiner Bruder musste dieses Zeug nicht schlucken, er brauchte das nicht zu glauben, er hatte mehr Verstand. Nein, er suchte es sich aus, es zu glauben! Und das war es, was Sirius nicht begreifen wollte, und was ihn so sagenhaft zur Weißglut trieb.

Schnaubend schüttelte Regulus den Kopf, ließ eine Hand geräuschvoll auf den nun zerschnibbelten Tagespropheten fallen und drehte sich halbwegs zu ihm herum, damit sie ein echtes Gespräch führen konnten. „Was ist so schlimm daran, wenn Muggelgeborene eine besondere Förderung in eigenen Schulen bekämen?“ wagte er tatsächlich, seinen Bruder zu fragen, der immerhin mit mehreren Schülerinnen und Schülern nicht-magischer Abstammung befreundet war. „Das kann doch für uns alle nur gut sein, oder nicht?“ Merlin, er konnte das nicht ernst meinen. Sirius entgleisten fast die Gesichtszüge, und er wusste nicht, ob er ihm eine runterhauen sollte, damit er erkannte, was für einen Dreck er da redete, oder ob er am besten lauthals lachte. Letzteres war einfach und führte zu weniger Problemen. „Raffts du das nicht?“ blaffte er ihm bellend entgegen und wirkte dadurch nicht besonders seriös. „Es geht dabei um Ausgrenzung und systematische Kontrolle, sonst gar nichts!“

Die heftige Handbewegung, die Sirius dabei vollführte, war vielleicht nur ein Abklatsch dessen, was er eigentlich für sinnvoll erachtet hätte als Antwort. Mit dem ausgestreckten Zeigefinger fest auf das ausgeschnittene Stück Papier drückend, hob Regulus eine Zeile hervor, die er in dem doch recht langen Absatz problemlos wiedergefunden hatte. „Da steht, dass er damit ihre speziellen Bedürfnisse berücksichtigen will, nicht, dass er ...“ Weiter kam er gar nicht. Fast hysterisch jetzt brüllte Sirius und wollte sich am liebsten hin setzen, um sich nicht vor Lachen in die Hosen zu machen. Stehenbleiben war allerdings besser, damit überragte er seinen sitzenden Bruder auch körperlich. „Bist du bescheuert?“ quietschte er regelrecht und musste sich auf die Lippe beißen, damit er überhaupt weitersprechen konnte.

„Kannst du mir mal verraten, in welcher Hinsicht ausgerechnet Dirk Cresswell, oder noch besser Lily Evans 'besondere Förderung' ihrer ach so bemitleidenswerten Talente bräuchten?“ verlangte er so ironisch nach Erklärung, dass es fast wie ein echtes Messer ins Fleisch schnitt, und der Finger von Regulus auf der Reportage zuckte zurück, als habe er ihm mit der übrigen, zusammengerollten Zeitung darauf geschlagen. Natürlich fiel ihm darauf nichts ein. Es gab nichts Vernünftiges, was man dazu sagen konnte, denn genau da lag der Hase im Pfeffer. Drei hervorragende Schüler hatte der Jahrgang, der im Sommer 1978 abschließen würde. Und keiner davon war ein Reinblüter. Im Gegenteil. Zwei Muggelstämmige und der Sohn eines nicht-magisch Geborenen. „Das einzige 'spezielle Bedürfnis', das Dirk hat, nennt sich FC Chelsea, und da treten elf Jungs einen Ball durch die Gegend, was gar nicht so großartig anders ist als Quidditch,“ pfefferte Sirius seinem Bruder an den Kopf, deutlich gezielt auf den Stolz eines erfolgreichen Suchers.

Immer noch nach Worten ringend, kaute sich Regulus auf der Lippe herum. Man konnte richtiggehend zusehen, wie es hinter seiner Stirn ratterte, wie er nach einem Argument suchte, das die Forderung Voldemorts sinnvoll unterstützen konnte und nicht den faden Beigeschmack von Ständedünkel und Vorurteilen besaß. Doch während ihm immer noch kein einziger guter Gedanke kommen wollte, fuhr Sirius fort. „Und Lily, da fällt einem nicht mal was zu ein! Die ist mehr Hexe als deiner werten Mutter glorreiches Kaffeekränzchen zusammen!“ schnaubte er, den Kopf heftigst schüttelnd und daran denkend, wie der regelmäßige Sonntagsnachmittagsbesuch im Hause Black den Zauberstab benutzte, um Keksdosen herbei schweben zu lassen, oder wie sie sich kichernd über Schönheitssälbchen mit Krötenlaich unterhielten, während Evans Sidonius Averys Hose in Brand steckte in einem offenen Kampf im dunklen Geheimgang, auf Stöckelschuhen und im Galakleid.

Na klar verteidigte er die rothaarige Gryffindor. Die war ja dabei gewesen, wie sie sich fast die Köpfe hatten wegblassen lassen, er und seine bescheuerten Zimmergenossen. Oh ja, großartige Leistung, einen jungen Mann umzubringen! Fabelhaft. Dieses hässliche Beißen aus tiefsitzender Schuld, das konnte Regulus nicht mehr ertragen. Er musste es zerkauen und runterschlucken und als irgendwas Anderes wieder hochwürgen, sonst würde er das irgendwann nicht mehr aushalten und einfach nur noch schreien. Wut war immer leichter. Das hatte er hier gelernt. Durch die Nase prustend, zog er das Kinn zurück und stierte mehr neben Sirius auf den dunklen Parkettboden, als dass er ihn ansah dabei. „Natürlich. Ist ja deine Freundin. So wie der Rest von der sauberen Bande,“ murrte er, als wüsste er nicht genau, was er damit heraufbeschwor, wenn er Potter, Lupin und Pettigrew ins Spiel brachte. Das war Sirius' wahre Familie. Und an diese Jungs ließ er nichts kommen.

Noch bevor Regulus weiter gesprochen hatte, ballten sich bereits die Fäuste so heftig, dass die Finger aus den Hosentaschen rutschten. „Falls du's schon vergessen hast,“ sagte Regulus merkwürdig anklagend und hob den Blick unter seinen dunklen Locken, „aber Aleksandr ist tot.“ Das Blut schoss Sirius in den Kopf, und selbst gegen das Licht des geachtelten Fensters zur Straße hinaus war die enorme Röte seiner Wangen, seiner Stirn, deutlich sichtbar. Das war keine Scham, sondern mächtiger Zorn, und Regulus begriff das rasch und zog sich auf seinem gepolsterten Stuhl zurück. Zu weit gegangen, das war ihm nun bewusst, doch es war zu spät.

Der hatte ja keine Ahnung, dieser kriecherische, verräterische Knirps. Was wusste der schon davon, was es hieß, in Lebensgefahr zu schweben, diesen instinktiven Überlebenswillen zu spüren? Gar nichts wusste der. Und erst recht hatte er keinen blassen Schimmer davon, wie sich das anfühlte, für den Tod eines Menschen mitverantwortlich zu sein. Denn Regulus Black machte sich keinen Kopf darum, wie es zu all dem dort unten auf der Stiege gekommen war. Dass er die Gelegenheit geboten hatte, und dass Aleksandr Dolohov niemals dort gewesen wäre ohne seine Informationen.

„Er war selbst schuld. Er und sein durchgeknallter Alter,“ quetschte Sirius aus der Kehle und knirschte dabei so fest mit den Zähnen, dass man ihn kaum verstehen konnte. Der fast gespiegelte, aber wesentlich weniger eindrucksvolle Ausdruck auf Regulus' Gesicht blieb starr und ungerührt. Dagegen kroch ein seltsam helles, bleiches Licht in die Augen seines älteren Bruders, und die so fest hervortretenden Fingerknöchel an seinen Fäusten wurden wieder weicher. Nicht vor Entspannung. Erkenntnis war das, was sich da in Sirius' Herz bohrte wie ein eisiger Pfeil von der Seite, quer durch die Rippen, und seine Augen weiteten sich, bis man beinahe die Rundungen erkennen konnte. Die Kiefer noch immer auf einander gepresst, brummte er mehr, als dass er sprach: „Aber wahrscheinlich wünscht du dir, dass ich an seiner Stelle gestorben wäre, nicht wahr? Dann wärst du jetzt der Stammhalter, ist es nicht so?“

Dieser Vorwurf kam so überraschend und so bitter, dass Regulus nicht antworten konnte. Woher nahm er sowas? Wie konnte er das nur denken? Hatte er nicht die Tränen gesehen, die er noch an seinem Bett geweint hatte, als es ihm schon besser gegangen war? Was sollte er denn ohne seinen Bruder anstellen? Glaubte er das wirklich oder sagte er das nur, um ihn zu provozieren, um ihn aus der Reserve zu locken, damit er das vehement verneinte und ihm ein für alle mal sagte, was er wirklich fühlte und dachte und – besonders für ihn – empfand? Was immer die Gründe dafür waren, Regulus gefiel das nicht. Ganz und gar nicht. Das war bösartig und gemein und einfach nicht wahr, und die Vorstellung, dass sein großer Bruder, der einzige Verbündete, den er hier je gehabt hatte, solche Gedanken über ihn hatte, die trieben nun auch ihm den Zorn ins Gesicht.

Giftig, fast ein bisschen wie Walpurga, zog er die Oberlippe hoch und zischte durch die Zähne, dass man einen feinen Sprühnebel aus Speichel erkennen konnte. „Wär' besser als einen Blutsverräter wie dich als Oberhaupt!“ Sirius rutschte alles aus dem Gesicht. Es war nicht das Wort, nicht diese Titulierung. Die kratzte ihn nicht, das war er gewohnt, es gehörte zum Standardrepertoire seiner wahnsinnigen Mutter, und auch Kreacher murmelte es hin und wieder, wenn er hier oben im Salon den Wandteppich abklopfte. Aber Regulus hatte das gesagt. Noch nie zuvor hatte er es aus seinem Mund gehört, nicht mal im Spaß. Denn das war kein Spaß, das war ihre gemeinsam ertragene, schmerzliche Realität, dass jeder Black, der auch nur im Entferntesten wagte, von traditionellen Regeln abzuweichen, Anfeindung, Ausgrenzung, Verbannung riskierte. An Andromeda musste er denken, dieses wundervolle, fürsorgliche Mädchen mit dem aufbrausenden Temperament und dem unbändigen magischen Talent ihrer Vorfahren, und an ihr völlig verquollenes und verweintes Gesicht auf dem Muggelsofa der Familie Tonks in einem Londoner Vorort. War sie das jetzt auch für ihn, ja? Eine 'Blutsverräterin'? Am liebsten hätte Sirius vor ihm auf den Boden gekotzt.

Als wäre das nicht genug. Als gäbe es irgendwo jemanden, der die Daumenschrauben noch enger ziehen musste, verschlimmerte sich die Situation von einem Herzschlag auf den anderen. Sie hatten nicht gemerkt, wie hitzig und laut ihre Debatte geworden war, hatten die Schritte nicht gehört, erst klackernd auf dem Mosaik im Flur unten im Erdgeschoss, dann langsam, polternd, auf der Treppe immer näher kommend. Jetzt war es zu spät. Ihre Worte waren vielleicht nicht verstanden worden, aber der Tonfall war unverkennbar gewesen. Mit den Händen in die Hüften gestemmt, dass der bauschige Rock sich nur noch mehr aufblähte, rauschte Walpurga Black um die Ecke in den großen Salon und keifte ohne Luft zu holen los: „Was geht hier vor? Was soll dieses Geschrei? Könnt ihr euch nicht benehmen?“

Die Versuchung war enorm, sich sofort – und beide Brüder machten Anstalten dazu – heftigst zu ihr herum zu drehen und ihr übers Maul zu fahren. Es ging sie nichts an, rein gar nichts. Und gerade dieses Weib musste sich über Lautstärke, Wortwahl oder mangelndes Taktgefühl beschweren. Dafür fehlten ihr eindeutig jegliche Kompetenzen. Doch während Regulus nur den Mund auf und zu klappen konnte, sich nicht sicher, ob er aufmucken oder konform gehen sollte in seiner gegenwärtigen Stimmung und dieser ganzen, seltsamen Situation, rollte Sirius mit den Augen und ließ resigniert stöhnend beide Handrücken gegen die Nähte seiner Schlaghosen fallen. „Oh, toll!“ befand er langgezogen und voller triefendem Sarkasmus. „Das wird ja immer besser! Die Sabberhexe vom Dienst ist auch dabei!“

Die Chance nutzend, spontan, einfach so, tat Regulus etwas, das er noch niemals zuvor in seinem Leben getan hatte. Das kam einfach so, er wusste nicht, warum oder wieso ausgerechnet jetzt, aber es schien ihm ein Ausweg. Wie sonst könnte er diesen vertrackten Moment auflösen? Er wusste es nicht, und er war sich auch gar nicht mehr sicher, ob er das wirklich wollte. Vielleicht hatte es so geschehen müssen, vielleicht war das vorprogrammiert und nur eine Frage der Zeit gewesen. Und eigentlich, wenn man ehrlich war, legte Sirius es doch in jedem einzelnen Augenblick darauf an. Oder etwa nicht? Erst recht in diesem Sommer. Erst recht, seit er diese Auszeichnung dort oben auf seinem Nachtschrank stehen hatte, seit er sich bewiesen hatte im Kampf gegen angebliche Schwarzmagier.

Den Finger ausstreckend wie ein petzendes Kind auf einem Schulhof, deutete Regulus anklagend auf seinen Bruder und sagte nur mit vorwurfsvoller Stimme: „Er hat Witze gemacht über den Dunklen Lord!“ als hätte er in der Kirche ins Weihwasser gepinkelt oder eine alte Dame auf die Straße geschubst, und fast gleichzeitig beugten sich Mutter und älterer Sohn in seine Richtung vor, das selbe Entsetzen und den gleichen erschrockenen Unglauben in den Zügen. Erstaunlich, das so etwas ging, auch wenn es aus unterschiedlichen Motiven heraus passierte. Sirius drückte die Schultern durch und stemmte seine Hände in die eigenen Taillen, wie er nur flüsternd, fast hochfrequent „was?“ hauchte. Das war ein Scherz. Regulus tat das nicht gerade. Er schlug sich nicht auf die Seite der verhassten Mutter, holte sich nicht tatsächlich Unterstützung bei ihr gegen ihn, gegen seinen Bruder! Doch, das war es. Genau das. Und sie, diese zickige Gans, sie merkte das nicht einmal, so wenig Affektionen besaß sie für ihre eigenen Kinder.

Sie schnappte nach Luft, ihr missgestalteter Kehldeckel schnappte zu dabei und die Luftröhre schob sich sichtbar im Hals nach oben. „Du wagst es?“ schien sie wirklich mal entsetzt zu sein über eine Eskapade ihres Ältesten, und diese Tatsache richtete Sirius gleich wieder auf. Oh, super! Je mehr es sie zur Raserei trieb, umso besser! Mal abgesehen davon, dass er niemals von seiner Meinung abwich, würde er es in diesem Falle mit Sicherheit erst recht nicht tun. Voldemort war kein Hirngespinst. Er war kein unangenehmer Zeitgenosse auf den Fluren mehr wie noch vor ein paar Jahren, und er war längst nicht mehr bloß das Schreckgespenst der alten Tages des Albus Dumbledore. Denn Sirius hatte am eigenen Leib erfahren, was die Ideen und die Triebkraft dieses Mannes anrichten konnten. Die Schulter stach in einem elektrischen Kribbeln, als müsse sie ihn daran körperlich erinnern.

„Du wagst es, dich über den Dunklen Lord lustig zu machen, du unverständiger, einfältiger Bengel?“ Ihre Stimme war nicht laut wie sonst. Zischen, das tat sie immer. Aber dieses Mal wisperte sie, flüsterte fast, ein raues Kratzen zwischen den dünnen Lippen hervorpressend, als habe sie Angst, man könne sie davon reden hören. Ihre schlaff herunterhängenden Tränensäcke zuckten asthmatisch in raschem Takt, und die ausgestreckten Finger mit den angespitzten Nägeln zitterten unter einem Schütteln des ganzen Armes, nein, der ganzen Frau. Sirius runzelte die Stirn deutlich sichtbar, obwohl er das nicht tun wollte. Fürchtete sie sich etwa? Nein, das konnte es nicht sein. „Hast du überhaupt eine Ahnung, was du da sagst?“ drückte sie hervor, glasig die braunen Augen, deren Regenbogenhäute wesentlich dunkler und nicht von dem streifigen Grau durchzogen waren, das ihr Gatte an die Söhne weiter vererbt hatte.

Die alten Pfade siegten. Sirius konnte sich diese rachsüchtige und widerwärtige Kuh nicht ängstlich vorstellen, es funktionierte einfach nicht. Walpurga Irma Black hielt sich für etwas Besseres, das war schon immer so gewesen und würde so bleiben bis zu dem Tag, an dem der Teufel sie zurück nach Hause holen würde. Er entschied sich für die wahrscheinlichere Deutung ihrer Worte, und die brachte ihn erneut zu einem prustenden Lachen. Von hier an konnte Sirius nur gewinnen. Sich aufrichtend, schüttelte er den Kopf und machte eine abschätzige Handbewegung in ihre Richtung. „Kaum zu fassen!“ grinste er breit. „Mutti hat auf ihre Altjungfrauentage noch ein Idol gefunden!“ Fast jede einzelne Silbe daran war schneidend und beleidigend, eigentlich so wie alles, was er jemals zu ihr gesagt hatte, seit er verständig und mutig genug gewesen war, und es verfehlte seine Wirkung nicht.

Eine Art brodelnder Gelbsucht kochte in dem fahlen Gesicht der Hexe hoch, die wesentlich älter ausschaute als sie tatsächlich war, und die soeben noch lang gestreckten Finger krallten sich zusammen, als wolle sie einen Tiger imitieren. Ein ziemlich verhungertes Vieh allerdings, das man dringend mal erlösen sollte, wie Sirius sich das vorstellte. Ihre überkronten Zähne mahlten übereinander, wie sie ihn anstarrte, und das war so ein herrliches Gefühl, diese geschlagene Sprachlosigkeit, dass er noch eins oben drauf setzen musste: „Wie passend! Genau wie du hat der Kerl nicht mehr alle Murmeln bei einander!“ triumphierte der 16jährige, kreuzte die Arme vor der Brust und reckte das Kinn hoch hinaus, ein Gewinnerlächeln im Gesicht.

Sie platzte nicht wie erwartet. Sie stand noch immer stocksteif da, und Regulus hockte auf seinem Stuhl und glotzte von einem zum anderen, als könne er ebenso wenig glauben, von was er da gerade Zeuge wurde. So überlegen hatte Sirius diese Gefechte noch nie überstanden. Keine noch so winzige Erwiderung schien ihr einzufallen, außer einem keuchenden: „Was sagst du da?“ Die Betonungen in ihren Worten verschmolzen und verwischten in dem Ton aus Schrecken und Unglauben, aber Sirius wusste genau die Richtung. Oder dachte es zumindest. „Wenn's nach dir ginge, sähen wir bald alle so aus wie der, nicht wahr? Dann würdest du leichter mit der Masse verschwimmen,“ grinste der Jugendliche frech und reckte sich noch weiter hinauf. „So als wär' die halbe Welt in das selbe zu heiße Käsefondue gefallen, was?“

Es reichte. Das war der kleine Funken, der zu viel war, und Walpurga Black war sich selbst nicht sicher, welcher Teil von diesem Schwall an übelster Beschimpfung den Ausschlag gab. Vielleicht war es auch gar nicht das. Es war diese unfassbare Überheblichkeit, die der Junge dabei an den Tag legte, diese Selbstüberzeugtheit, so gefährlich und dreist, wie er es sich nicht einmal vorstellen konnte. Und es kam ihr so bekannt vor. Nein, das war nicht aus dem Nichts in seinen Adern aufgetaucht, das hatte er nicht erst in der Schule bekommen, unterstützt durch seine Erfolge oder die offensichtliche Anerkennung, die er dort genoss. Schon einmal in ihrem Leben hatte sie so jemanden gekannt, und es schnürte ihr kalt und reißend die Kehle und den Brustkorb zu, dass nicht sie selbst es gewesen war, die aus diesem rücksichtlosen Egoisten einen sanftmütigen Beschützer hatte machen können. Walpurga spuckte regelrecht, wenn sie nur an dieses Gesicht dachte, an diese Bank unten am See, an diese mondhelle Nacht.

„Du widerlicher kleiner Nichtswisser!“ fauchte sie, den bohrenden Kampfgeist wieder in den Augen, nun vermischt mit blitzendem Hass, schlimmer als jemals zuvor. Es prallte so schön an Sirius ab wie ein Fluch an einem Scutum invisibile, man konnte dabei fast zusehen. Nur noch mehr drückte er davon die Wirbelsäule in den passenden Knick, der die Brust betonte und ihm einen Anstrich der von seiner Sippe so hinausgetragenen Aristokratie verlieh. Nichts und niemand nun konnte ihm noch in die Suppe spucken. Ihre Augen verengten sich zu glühenden Schlitzen, unter denen Regulus, der völlig unbeachtet immer tiefer in den Hintergrund gerückt war, bereits zusammen zu brechen drohte. Er mochte das hier nicht, ganz und überhaupt nicht. Da lief etwas fürchterlich schief. Und dann spuckte sie es aus: „Du bist genau so dumm und arrogant wie dein Vater!“ Patsch! Das saß. Wie ein Schlag ins Gesicht.

Der Vergleich mit dem so verabscheuten Sippenoberhaupt rammte Sirius den üblichen Bolzen aus heißer Glut vertikal durch den Körper, so als beginne sein ganzes Inneres, sich wie um einen schmilzenden Block aus Eisen zu drehen. Davon wurde ihm schwindlig, es raubte ihm seine Würde und seine Integrität, und es tat besonders weh, weil es stimmte. Wieso er das nun, ausgerechnet jetzt und bei diesen Worten verstand, das wollte Sirius nicht in den Kopf, aber er versuchte, die Erkenntnis mit allen Mitteln zu verdrängen. Nein, das war er nicht! Er war nicht wie er! Vielleicht dumm, vielleicht arrogant, aber nicht so wie er! Und wieso ... Warum sagte sie das? Wieso machte sie dem nicht einmal anwesenden O.A.B diese Vorwürfe?

Natürlich stritten sich die Eltern oft. Und nie sorgten sie dafür, dass die beiden Jungen diese Duelle nicht mitbekamen. Schon als sie noch Kinder gewesen waren, hatte sich niemand darum geschert. Die Streitpunkte kannten Regulus und Sirius, auch die bevorzugten Schimpfwörter für einander, doch niemals, nie zuvor hatte Walpurga offenbart, dass es dabei nicht bloß um herbeigezogene und frisch erdachte Argumente in ihren Rangkämpfen innerhalb der eigenen Familie ging. Sie meinte es so. Und das verwirrte Sirius fast noch mehr als die für ihn mehr als kränkende Gegenüberstellung.

Nicht darüber nachdenken. Nicht an sich ranlassen, was das alles bedeuten konnte. Später vielleicht, wenn er den Mut dazu fand, wenn er Gelegenheit hatte zu reflektieren und zu erinnern, falls er das überhaupt wollte. Bedrohlicher als Kampfzauber im Dunkeln war das für ihn, zerrte an den Grundfesten seines Charakters und allem, auf dem er aufbaute. Nur raus aus dieser Situation nun. Knurrend vor Wut und mit den deutlichen Zeichen, dass es ihm nun zu viel wurde (worüber Regulus ein hoffnungsvolles Leuchten in den Augen bekam), ließ Sirius die Arme aus der Verschränkung vor seiner Brust fallen. „Ihr sei das Letzte, alle beide!“ betonte er besonders den Satzgegenstand und verzog angewidert den Mund. „Du,“ er deutete salopp, wie nebenbei nur, auf seinen kleinen Bruder, „bist bloß ein armes Würstchen ohne echte Freunde und ohne den geringsten Schneid, und deshalb möchtest du gern Muggelherrchen werden, damit du auch mal wen unterbuttern kannst.“

Regulus klappte entgeistert der Kiefer herunter, und er konnte nichts weiter tun, als den Älteren voller Bestürzung anzuglotzen. Seine eigenen Gedanken überschlugen sich in Angst, in Scham, in Zorn und Verzweiflung gleichzeitig. Merlin. Sirius hatte recht.

„Und warum du,“ der Finger des Jungen sprang regelrecht in Richtung der Frau, die sich seine Mutter nannte, „auf Typen wie Voldemort stehst,“ hatte sie da gezuckt, als er diesen Namen ausgesprochen hatte? Merkwürdig. Das hatte er nun schon öfter gesehen, aber er konnte es nicht verstehen. „Ist ja wohl hinreichend klar,“ fuhr Sirius trotzdem ungerührt fort und zog die Oberlippe hoch wie ein flämender Gaul. Die gespannte Stille, nicht mal mehr unterbrochen von Kreachers schlurfendem Pseudoputzen auf der Galerie (wo der Hauself nun mit Sicherheit mit weit ausgestreckten Öhrchen verharrte, um ja nichts zu verpassen), legte sich dumpf auf jedes Ohr, wartete beinahe als körperliches Wesen darauf, dass Sirius seine Gedanken in Worte fasste. Und er peinigte sie nicht mit Zögerlichkeiten. „Da kann so eine hässliche Pute mal getrost ihre sadistischen Fantasien ausleben, was?“

Die flache Hand landete mit einem solchen Schwung mitten im Gesicht des jungen Mannes, dass nur die gute Vorbereitung auf eine derartige Reaktion ihrerseits ihn davon abhielt, sich mehr zu bewegen als unbedingt notwendig. Die Augen noch geschlossen, die Wange pulsierend von Schmerz und Druck, presste Sirius die Kiefer aufeinander und musste gerade mal das Kinn wieder in die vorherige Position rücken, während Regulus erschrocken die Hände vor das Gesicht geschlagen hatte. Schnippisch, frustriert, und gleichzeitig nur bestätigt, zuckte der Ältere die Achseln und gab ein schnaubendes Geräusch von sich.

„Danke für diese eindrucksvolle Untermalung meiner These.“ Hätte Walpurga sich jemals die Mühe gemacht, ihren Sohn kennenzulernen, hätte sie in diesem Moment begriffen, wo sie nun angelangt waren. Regulus erinnerte sich augenblicklich daran, wann sein Bruder diese hochgestochene Ausdrucksweise wählte. Sie gab ihm zurück, was man ihm genommen hatte: Seine hochheilige Ehre.

„Ein wunderschönes letztes Argument, liebste Mutter.“ Obwohl man es ihm ansehen konnte, dass er sich an den Kiefer greifen und das Stechen damit unterdrücken wollte, vielleicht auch rasch und heimlich eine Träne fortwischen mochte, verdrängte Sirius diesen Impuls und lachte statt dessen heiser und leise mit einem sanften Schütteln seines breiten, kräftigen Oberkörpers. „Damit unterscheidest du dich, ganz deinem Niveau entsprechend, ungefähr ein Sandkorn breit von dem Muggelsäufer im Pub unten an der Ecke.“ Sie bleckte die Zähne. Er lernte nicht daraus! Nicht einmal Gewalt konnte ihn davon abhalten, sich so unglaublich frevelhaft und ungebührlich aufzuführen, so verbal entgleisend ihre Stellung untergraben zu wollen. Walpurga sah aus, als wolle sie jeden Moment aus geduckter Haltung aufspringen und ihren eigenen Sohn würgend an der Kehle packen, doch so weit kam es nicht.

Ganz anders als sie zuvor war Orion Arcturus Black leise die Stufen hinauf oder hinunter gestiegen, keine Ahnung, woher er gekommen war. Vielleicht aus dem Wintergarten am anderen Ende der Galerie, wo er saß, wenn er allein sein wollte, wenn er seine Zigarren rauchte und Tee trank und über Verträgen brütete. Oder was auch immer. „Was ist hier los?“ fragte er, ruhig, fast gelassen, wie er da aufrecht in dem türlosen Rahmen stand, die Hände hoch an den Revers, und hätte Sirius sich in diesem Moment sehen können, er hätte sofort und augenblicklich die eigene Körperhaltung geändert. Die geschwungenen, schweren Brauen des Hausherren türmten sich schlangenförmig auf, ringelten sich an den äußeren Enden der Schläfen ein und verliehen ihm einen merkwürdig besorgten Ausdruck. Es passte nicht recht zu ihm, und dennoch war es da.

Drei gegen Einen, das war der erste Eindruck, den Sirius von dieser veränderten Situation bekam, aber er würde nicht weichen. Auch der großartige O.A.B konnte dieser Diskussion nichts Neues hinzufügen oder ein Argument bringen, dass irgendwen überzeugt hätte. Die Augen ganz dunkel geworden, musterte der Vater nur prüfend jede einzelne anwesende Person, verriet dabei nicht einmal mit dem geringsten Zucken irgendeines Muskels, zu welchen Schlüssen er gekommen war. Und dennoch blieb die Zornesfalte auf seiner Stirn aus, während Walpurga ein brennendes, boshaftes Lächeln über die Lippen spielte. 'Na, versucht's halt mal zusammen!' dachte der älteste Sohn, und die Verblüffung traf ihn umso mehr, wie sich die Wut seiner Mutter von ihm abzuwenden und aufzuteilen schien.

„Dein Sohn benimmt sich wieder mal wie ein dreckiger Halbblüter!“ verließ sie die sonst so abschätzige Höflichkeitsform und fauchte ihren Ehegatten mit der selben Inbrunst an, die sie vorhin noch Sirius gegenüber an den Tag gelegt hatte.

Nur kurz schnellte Orions Braue hoch. Hatte er nun einen Blick über ihre knochige Schulter in seine Richtung geworfen oder nicht? Sirius war sich nicht sicher. Irgendwas sagte ihm, dass dieser Streit, dieser Kampf hier und heute anders war als sonst. Vielleicht lag das an der Art und Weise, wie er sich diese Ferien über benommen hatte, so völlig neu und ungewohnt für sie alle hier. Vielleicht auch an was Anderem. Irgendwas Anderem, keine Ahnung was. Er konnte es nicht einschätzen. Das Kopfschütteln unterdrückend, beobachtete er nur aufmerksam diese Konfrontation, und nicht nur in sein Gesicht, auch in das seines Bruders, kroch ein irritiertes Flackern. „Aber das wolltest du doch so haben, hab' ich recht?“ Verblüffung. Das war das Einzige, wie man das nennen konnte, was dieser abstruse Satz in einem hervorrief.

Was hatte er so haben gewollt? Dass er sich 'wie ein Halbblüter' benahm? Mal abgesehen davon, dass es unmöglich zu definieren war, was das überhaupt bedeuten sollte, begriff keiner der beiden Jungen diesen Vorwurf. Alleine schon, Orion Black und irgendwas nicht Reinblütiges in einem Satz zu nennen war das reinste Oxymoron, und trotzdem hatte sie es gerade getan. Und aus irgendeinem Grund entlockte es ihm zumindest ein rasches, verstörtes Brauenhochziehen, ungemein verdächtig, und langsam rutschten seine Hände von den Revers seines Jackets. „Vielleicht solltest du besser den Mund halten. Bevor du es bereuen kannst.“ Immer noch hob er die Stimme nicht, doch nun war da etwas in feinstem Unterton, das schlimmer war als Brüllen und Schreien. Eine eisige, gefährliche Drohung. Und Sirius hielt es nicht mehr aus.

Sich schüttelnd, von Kopf bis Fuß, wollte er die Gänsehaut loswerden. Egal wie warm es draußen vor den Fenstern war, egal wie schön die Sonne heute geschienen hatte und längst wie Feuer im Westen untergegangen war, hier drin war Polargebiet. Und er konnte es nicht mehr ertragen. Es war zu viel. Zu lange gespielt, zu viele Jahre so getan, als ginge es ihm hintenrum vorbei, als wäre er gleichgültig und abgestumpft. Die waren alle verrückt. Alle! Das war doch keine Familie, das war doch nichts! Sie sollten einander respektieren, sie sollten sich lieben und sich das auch zeigen! So wie die Potters, so wie die Lupins, so herrlich schön und warm und strahlend und zärtlich und glücksbeseelt! Aber nein. Nein, nur Eis. Nichts weiter. Es reichte.

„Ich muss hier raus!“ hörte Sirius sich selbst sagen, wie er die Hände ausstreckte, als wolle er Bruder und Mutter zuerst beiseite schaufeln, um sich dann auch an O.A.B vorbei auf den Flur zu kämpfen, damit er nach oben in sein Zimmer laufen konnte. Aber auch das reichte nicht mehr aus. Er brauchte mehr. Er musste weg, weg, einfach nur fort. Irgendwohin, egal wohin. Nichts konnte schlimmer sein als das hier. Tränen schoben sich als dicker Klos seinen Hals hinauf. Nicht vor diesen Monstern hier, diesen Tieren.

Regulus auf seinem Stuhl konnte sowieso nicht ausweichen, ohne über den Boden zu schrammen, und Walpurga war viel zu perplex von dieser unerwarteten Wendung. Sirius stahl sich nie aus der Affäre. Er beendete einen Streit, indem er die Oberhand gewann und dann verschwand, nicht vorher. Doch wo sie es nicht fertig brachte, in ihrer aufgebrachten Rage ein einziges Wort heraus zu bekommen, schaltete ihr Gatte rasant und versperrte mit seinen breiten Schultern den Durchgang. „Wo willst du hin?“ Wieso fragte er das? Das tat er nie, es war ihm egal. Wenn einer der Schreihälse die Arena verließ, konnte das für ihn nur endlich wieder Ruhe bedeuten. Er hinderte sie nicht daran, auseinander zu gehen. Aber wahrscheinlich lag es an diesem mysteriösen, fast gehetzten Unterton in seiner tiefen, eigentlich doch recht wohlklingenden Stimme.

Ein gequetschtes Geräusch machend, zuckte Sirius erst in die eine, dann in die andere Richtung, einen Ausweg an ihm vorbei suchend, doch sein Vater bewegte sich immer mit ihm. „Wohin gehst du?“ Dieses unruhige Knistern darin wurde intensiver, so als könne Orion mit einem Mal Gedanken lesen, wo er früher nicht einmal in der Lage gewesen war, Körpersprache oder Mimik entsprechend zu deuten. Das irritierte Sirius nur noch mehr, aber er konnte sich damit jetzt nicht befassen. Zu aufgewühlt, zu durcheinander war er dafür. Er brauchte Abgeschiedenheit, er musste hier raus und aus dieser Gesellschaft entwischen, bevor er platzte wie eine überreife Frucht, wenn sie vom Baum fiel. Fiel. Einfach fiel. „Weg!“ presste er heraus und streckte nun die Arme aus, um sie zwischen den Rahmen und die großgewachsene Gestalt zu bekommen, die ihn immer noch um einen halben Kopf überragte. Und als hätte er damit einen exakten Aufenthaltsort mitsamt Adresse und Apartmentnummer hinterlassen, schien Orion endgültig sicher zu sein, was genau sein Ältester meinte.

Da draußen auf dem Treppenabsatz stand Kreacher, noch immer einen Wischmob in den Händchen, doch längst war der lange Stiel zu Boden geglitten, und die Spitzen seiner Ohren berührten beinahe das Parkett unter ihm. Die Arme hingen schlaff, die Schnauze war ganz bleich und die kugelrunden, schwarzen Augen matt und starrend, wie er dort auf der oberste Stufe verharrte und Meister Sirius beobachtete, wie er sich seinen Weg frei zu kämpfen versuchte. Aber Mr. Black ließ ihn nicht. In einer einzigen, hastigen und kraftvollen Bewegung, schnellte seine Hand an die Außenkante des leeren Türrahmens, so dass es unmöglich war, auf einer der beiden Seiten an ihm vorbei zu gelangen. „Nein!“ bestimmte er, längst nicht so streng und gebieterisch, wie er es wohl gewollt hätte. Aus dem Augenwinkel nur, weil er sich zum ersten Mal in seinem Leben nicht traute, ihm direkt ins Gesicht zu sehen, erkannte Sirius dieses befremdliche Glimmen und tatsächlich so etwas wie ... Panik.

Erst recht trieb ihn das an. Sich duckend und gleichzeitig nach vorne werfend, wollte der älteste Sohn unter dem ausgestreckten Arm des Vaters hindurch schlüpfen, doch auch dieses Mal reagierte Orion blitzschnell und ging in die Knie. „Sirius, du bleibst!“ verlangte er nachdrücklich, aber der Junge krächzte, quietschte angestrengt und schüttelte sich nur noch heftiger. Der Blick, bettelnd, fast um Hilfe anflehend, den Walpurga von ihrem Mann zugeworfen bekam, ließ sie begreifen, was der Junge vorhatte, und es setzte aus bei ihr. Kreischend schlug sie die Hände über dem Kopf zusammen, vertrieb damit Regulus in die hinterste Ecke des Salons und brachte Kreacher dazu, entsetzt und krachend den Mob fallen zu lassen und ebenfalls wild im Kreis herum zu tanzen.

„Lass – mich – gehen!“ forderte Sirius mit geballten Fäusten und jetzt rot unterlaufenen Augen, in deren Bindehäuten jede Ader heftigst anschwoll und zu platzen drohte. „Wenn du das wagst ... Wenn du dir das anmaßt ...!“ schrie seine Mutter in einem Tobsuchtsanfall, das kindliche Wimmern des Jüngeren da hinten zwischen Canapé und Schmuckvitrine vollkommen übertönend, aber die beiden Männer an der Tür unterbrachen ihr erregtes Gespräch nicht. „Du bist erst 16, Sirius!“ erinnerte ihn sein Vater daran, dass er die Volljährigkeit nicht erreicht hatte, dass er nicht fortgehen konnte, egal wie sehr er wollte, aber dem Jungen war es gleich. „Ich – will – hier – weg!“ protestierte er erneut, aufstampfend jetzt wie ein Fünfjähriger, während hinter ihm nur wieder das krakelnde „Blutsverräter! Abschaum! Abtrünniger, treulos deiner eigenen Familie! Schande!“ in einem Fort weiter ging.

Mit beiden kräftigen Händen packte Orion zu, hielt ihn an den Oberarmen fest und drückte mit unwahrscheinlicher Kraft den ganzen 16jährigen zusammen wie in einem Schraubstock. Dieser so plötzlich realisierten Wucht hatte Sirius nichts entgegen zu setzen, wie sehr er sich auch immer anzustrengen versuchte. „Du verlässt dieses Haus nicht!“ bestimmte das Sippenoberhaupt ein letztes Mal mit absoluter Dringlichkeit und schüttelte dabei ununterbrochen den Kopf. „Lass das nicht zu! Er geht, wenn ich es sage oder gar nicht!“ schrillte Mrs. Black weiter, die Augen so weit aufgerissen, die zum strengen Dutt aufgesteckten Haare aus der Verankerung gezogen, so sah sie beinahe aus wie eine wildgewordene Medusa, und niemand schenkte ihr die Aufmerksamkeit, die sie wollte.

Schwungvoll beförderte Sirius die starken Arme von sich herunter, wischte sie beiseite wie lästige Kakerlaken und presste dabei ein Geräusch durch die Zähne, als wolle er ein ganzes Gebäude allein verschieben oder Hagrid den steilen Hang von seiner Hütte zum Menhirfeld hinaufrollen. „Und wie willst du mich daran hindern, huh?“ brüllte er jetzt selbst seinem Vater entgegen und griff so hastig und eindeutig an die Gesäßtasche seiner Muggelhosen, dass Orion mit abwehrenden Händen zurücksprang. Er jedoch zog seinen Zauberstab nicht. Der Weg war jetzt frei. Und dennoch blieb Sirius stehen, denn jetzt hatte er wieder etwas zu sagen. „Vielleicht versuchst du's mal wie dein alter Freund Dolohov, wie wär's?“

Die Erwähnung des Namens allein ließ Walpurga aufheulen wie einen verwundeten Drachen, und Kreacher zog immer größere Kreise auf dem Treppenabsatz, die ihn schon in gewaltige Schräglage brachten. Sobald seine Herrin jaulte, winselte der greise Hauself und rollte grotesk mit den Augen, als wolle er ihr ein Spiegelbild sein. Nun halb im Flur, halb noch im Salon, verlor Sirius seinen Bruder aus den Augen, der sich dort hinten die Robe in die Ohren stopfte und sie gleichzeitig über das Gesicht mit den fest geschlossenen Lidern geworfen hatte. Nichts mehr hören davon, nichts mehr sehen, das alles ungeschehen machen! Und nur wegen eines Zeitungsartikels, nur wegen einer Schlagzeile und einer blöden, vollkommen nutzlosen Reportage!

„Na, mach' schon, oder kannst du's nicht, huh? Ist ganz simpel, so'n Fulguratus, probier's mal!“ forderte Sirius seinen Vater heraus, den eigenen Zauberstab kampfbereit erhoben, bemerkte nicht mit dem vor Tränen verschwommenen Blick, wie die Farbe aus dem Gesicht seines Gegenübers glitt. „Dolohov ist nicht mein Freund.“ Warum er das sagte, wusste Orion selbst nicht. Es trug nichts zu einer Lösung dieses Konflikts bei, es war unwichtig und irrelevant, aber er wollte es sagen, und er tat es. Tonlos. Einfach so. Und Sirius lachte bellend auf, nicht amüsiert, nur bitterlich. „Hör' auf zu lügen! Ich weiß genau, dass ihr zusammen auf der Schule wart, ich habe Bilder gesehen!“ Die Kiefermuskeln des Vaters zuckten heftigst, und das war Antwort genug für den Jungen. Bestätigt schnaubend, renkte er sich die Schultern ein, behielt seine Waffe vorsichtshalber in der Hand und machte einen langen Schritt hinaus auf die Galerie, um endlich nach oben laufen zu können.

Ein letzter Versuch. Keine Ahnung, wie das funktionieren sollte, ob es überhaupt etwas gab, was er sagen könnte, damit das alles hier nicht geschah (doch, natürlich war da etwas, sehr einfach sogar, aber das ging nicht, nein, niemals, wie denn?). „Sirius, bleib.“ Keine Forderung dieses Mal, kein Befehl und keine Anordnung. Fast eine Form der Bitte, so leise vorgetragen, beinahe mit einem sanften Brummen, das Sirius von sich selbst kannte (au, das tat weh, nicht jetzt das, das konnte er nicht gebrauchen, nicht in diesem Moment), aber der Junge war zu aufgebracht. „Wieso?“ schrie er bloß. „Wieso sollte ich hierbleiben, nur einen Grund, nur einen!“ Das war der Moment. Er kam und er ging.

Orion stand nur da und sagte nichts. Gab auf. Vielleicht hatte er recht, vielleicht gab es einfach keinen Grund. Zumindest keinen Guten. Resigniert den Blick senkend, streckte er beide Arme halb von sich und präsentierte die offenen Hände, rückte beiseite, dass er nun mit dem Rücken zur offenen Treppe nach unten stand, die Bahn komplett frei, abgesehen vom hysterischen Kreacher, dass er auf sein Zimmer gehen konnte. Hatte sich Sirius gedacht, dass ihm darauf nichts einfiel. Konnte es auch nicht. Schnaubend wie ein wütender Stier, eilte der Junge voraus, wollte die Chance nutzen, sich endlich frei zu machen. Nie wieder hierher zurück, nie mehr die gedrückte Stille, die Beschimpfungen, die Demütigungen, nie wieder das alles hier! Noch war der Zorn zu groß, um die Freiheit, die Erleichterung zu spüren, aber das machte nichts. Nur schnell weg hier!

Der Hauself befand sich in einem permanenten 45°-Winkel, wie er rotierend im Kreise rannte, und Sirius störte sich nicht an ihm, kickte den knochigen, alten Körper in dem schäbigen, löchrigen Geschirrtuch einfach beiseite, dass Kreacher kreischend gegen die Geländerpfosten über dem offenen Treppenhaus donnerte und sich die Nase anschlug. Jammernd vor Schmerz, fiel das magische Wesen zu Boden und bedeckte die blutige Schnauze, doch niemand kümmerte sich um ihn. Einfach weiter rannte Sirius, nahm drei Stufen auf einmal nach oben, und dann verschwand er im Dachgeschoss, und die Tür seines Zimmers donnerte zu.

Für einen Moment nur verharrte Orion auf der Galerie und lauschte hinaus auf das laute Poltern der Schritte, das klappernde Aufschlagen des Schrankkoffers und dem Knallen von mit Hilfe von Magie geöffneten Schubladen. Er verlor keine Zeit da oben. Ein einfaches Convaso, das dauerte nicht lange, und er fragte sich, was er wohl mitnehmen würde. Kleidung, Bücher, Schulzeug, irgendwas Anderes? Gab es Erinnerungsstücke, die er würde haben wollen? Sicher nicht. Er hätte ebenfalls nichts davon behalten, und O.A.B drehte gedankenverloren den schweren, goldenen Siegelring an seinem Finger. Wie festgewachsen war der dort immer gewesen. Aber heute war er locker.

Er konnte ihn nicht mehr hören, je lauter und unbändiger Walpurga zu schreien begann, jetzt bereits ihren eigenen Zauberstab in den Händen, und wild damit herumfuchtelnd eine Gefahr für sich und andere. Der Junge war noch da drin. Sie musste damit aufhören. Er hasste sie dafür, umso mehr noch als je zuvor, dass sie ihn in diesem Augenblick dazu zwang, sich um sie zu kümmern, ihr nicht mal einen Moment des Abschieds gewähren würde. Der Zorn nahm überhand, und mit verzerrtem Gesicht und steigender Röte in den Wangen, packte Orion den Türrahmen, um sich wieder in den Salon zu ziehen. „Mrs. Black!“ schallte seine Stimme, jetzt wieder fest und befehlend durch das ganze Haus, echote von den Wänden und zwang jedes Gemälde, sich erschrocken zu ducken. „Aufhören! Sofort!“ bellte er sie an, doch sie ignorierte ihn vollkommen, fuhr einfach fort, ihre Schimpfwörter zu kreischen, fuchtelte mit den Armen herum und ließ sich nicht beruhigen.

Ein eindringlicher Blick, ein Kopfnicken, und schon verstand Regulus den Wink, und er rannte am Rücken seines Vaters vorbei und hinaus auf die Galerie, bückte sich nach dem verletzten Hauself und hob ihn auf, ohne auch nur inne zu halten oder sein Tempo zu verlangsamen.

Nur rauf, auch nur weg von denen! So hatte Mutter sich noch nie gebärdet, so außer sich, so entsetzlich, und er wollte das nicht mehr sehen. Sirius meinte das nicht so, er war wütend, ja, aber er würde da oben eine Weile toben und rumbrüllen und dann wäre alles wieder gut, ganz bestimmt! Den oberen Absatz erreichend, den heulenden und strampelnden Kreacher im Arm, den er einfach aus der Schusslinie hatte zerren müssen (was dem aber gar nicht gefiel – seine Herrschaft trug ihn!), versuchte Regulus, einen Blick durch die nur angelehnte Tür in das Zimmer seines Bruders zu erhaschen, doch alles, was er erkennen konnte, waren wirre Schatten und das von Walpurgas Anfall übertönte Poltern von chaotisch durcheinander geworfenen Gegenständen. Er wusste nicht, wohin. In sein eigenes Zimmer? Zu ihm? Irgendwas machen, sich entschuldigen, ihn zu beschwichtigen suchen? Ging das denn?

Die Entscheidung wurde ihm abgenommen durch den Schrecken, der ihm durch die Glieder fuhr, und sein Herz machte zuerst einen sagenhaften Sprung in seiner Brust, drückte ihm die Lungen gegen die obere Brustapertur und verhinderte das Atmen, bevor der 15jährige selbst einen Satz vollführte, instinktiv hinein in sein eigenes Zimmer und lautstark die Tür zu donnerte, als könne ihn das bisschen Holz vor Magie schützen. Auch ohne ihren Zauberspruch gehört haben zu müssen, war ihm klar, was geschehen war, und nicht nur der orange-rote Feuerschein, gepaart mit rauschender Flammenzunge, tanzenden, grässlichen Schattenfratzen an der Wand, sondern auch das knurrende Aufheulen von Vater bestätigten ihn in der Annahme. Von nun an würde es einen neuen, ausgebrannten Fleck geben dort unten auf der Tapete, und die Endgültigkeit dessen bohrte Regulus auch die realen Folgen tief in die Seele. Noch immer den sich wehrenden Hauselfen in seinen Armen, das Blut des Dieners auf der Robe, sackte er auf seinem Bett zusammen und brach in einen unaufhaltsamen Weinkrampf aus, der augenblicklich Kreacher besänftigte.

Der Lärm ließ nicht nach, und nur, weil er näher dran war, konnte er es überhaupt wahrnehmen. Splitternd donnerte Holz gegen Holz, wie Sirius nebenan die Tür erneut aufstieß, und mit knallenden, schabenden Geräuschen beförderte er seinen schweren Schrankkoffer quer über den obersten Treppenabsatz. Ohne anzuhalten, ohne zurück zu sehen oder auch nur sein Reich wie immer sorgfältig vor neugierigen Eindringlingen zu verschließen, stampfte der Älteste die Stufen hinunter, figurativer Dampf von seinem Kopf aufsteigend, als würde er wieder innerlich schmauchen von dem fürchterlichen Fluch, der ihn getroffen hatte. Er ignorierte die Schmerzen im Arm, er überhörte das Gezeter und Geschrei seiner ausrastenden Mutter, das brüllende Entgegenhalten seines Vaters, achtete nicht auf das pulsierende Pochen seines Schädels, wie ihm die Amplitude eines enormen Bluthochdrucks die Schlagadern an den Schläfen weitete.

Keinen einzigen Gedanken fasste Sirius Black mehr, hielt nur schnurstracks auf das Foyer dort unten zu, und jede Gaslaterne, an der er in der Dunkelheit vorbei hastete, entzündete ein funzliges Licht, das ihm den Weg wies. Niemand folgte ihm, keiner hielt ihn mehr auf, viel zu beschäftigt mit sich selbst – wie immer. Wo er hingehen wollte? Keine Ahnung. Hatte er nicht drüber nachgedacht, war jetzt auch nicht wichtig. Weg. Das war vorrangig. Den Flur im Erdgeschoss erreichte Sirius, nur begleitet vom aufgeregten Wispern der Bilder, eine Stimme darunter lauter, krampfhaft bemüht, über das viele Flüstern hinweg zu sprechen, doch er hörte nicht hin. Genau wissend, wer das war, seine Worte auch erahnen könnend, ohne sie wirklich akustisch verstehen zu müssen, war das nur ein weiterer Ansporn, sich zu beeilen.

Der Schrankkoffer prallte so heftig von der letzten Stufe herunter auf die schwarzen und weißen Fliesen des Mosaiks, dass eine ganze Ecke mit schepperndem Pling abbrach und klirrend im hohen Bogen davon flog, irgendwo in die Dunkelheit hinter dem Vorhang, hinter dem es abwärts ging zur Küche. Über die vielen Fugen und Rillen im Boden hüpfte das Gepäck, wie Sirius es hinter sich herzog, die Treppenverkleidung hinter sich ließ und endlich die pechschwarz lackierte Haustür erreichte. Die silberne Schlange hisste unzufrieden, wie er sie am Schwanz packte, um zu so später Stunde zu öffnen, doch auch das war ihm egal. Nur raus! An die Luft!

Als er endlich hinaus trat in den lauen Sommerabend, der Geruch von gegrilltem Fleisch und blühenden Rabatten, das herrliche Rauschen von freiem Wind in den Blättern der Platanen rund um den Grimmauld Place überall um ihn herum, da musste Sirius Orion Black auf den Stufen stehen bleiben und seine Lungen bis tief in die hintersten Winkel mit diesem wunderbaren Duft füllen. Warm und sacht strich ihm die Luft um die nun wieder stechende Wange und die verquollenen Augen, wie tröstende Hände, der ganze Mief und der Dreck hinter ihm zurück gelassen. Und trotzdem: Während er die Stufen hinunter eilte auf den betonierten Gehsteig und sich krampfhaft zu freuen versuchte, nie wieder herkommen zu müssen, so blieb das Gefühl von Milderung, von Unabhängigkeit, schmerzlich aus.

Das sah man ihm nicht an. Von dort oben war er nur noch ein sehr kleiner Mensch in merkwürdig weit ausgeschlagenen Hosen, die zu tief auf seinen Hüften hingen, einem einfachen weißen Hemd mit heraushängenden Schössen und einem dunklen Pullover mit dem rot-goldenen Zeichen des steigenden Löwen darauf, wie er den schweren Koffer an der einen Hand mit der anderen den kaum sichtbaren Zauberstab ausstreckte. Mit einem Knall erschien der dreistöckige Bus wie aus dem Nichts und stoppte ab, und ein alter Kerl stolperte aus der Tür, um dem Fahrgast behilflich zu sein. So schnell geschah alles. So unaufhaltsam.

Sich selbst im Arm, die Tränen wie an Perlschnuren im Gesicht, starrte Regulus aus dem Fenster. Er hatte nicht mitbekommen, wie es stiller geworden war im Haus, wie das Schreien verebbt war und nur noch dumpfes Pochen das Geschoss unter ihm ausfüllte. Wie er die Stufen hinauf gestiegen war, das hatte Regulus nicht gehört, und die Tür quietschte nur sehr leise. Kreacher quietschte erschrocken und sprang sofort von dem Bett herunter, auf das sein junger Herr ihn liebevoll abgesetzt hatte, wollte nicht, dass die Herrschaften ihn dabei entdeckten. Das würde nur Ärger geben. Aber Meister Orion sah ihn nicht an.

Nur Augen für den Jungen hatte er, wie er sich an der Türklinke festhielt und ihn ansah, weit weg, ihm nicht zu nahe kommend. „Willst du dich nicht von deinem Bruder verabschieden?“ fragte er leise, die Stimmbänder noch ganz rau vom Schreien, doch der jüngere Sohn in seinem Slytherin-grünen Zimmer schüttelte hastig die schwarzen Locken. Nein, er wollte nicht runtergehen, bevor der Fahrende Ritter davon brauste. Er wollte ihn nicht noch mal sehen oder mit ihm reden. Das da war Sirius. Da war das doch sowieso sinnlos. Wie bei jedem von ihnen. „Nein,“ flüsterte Regulus und schloss die Lider so fest er konnte, damit man nicht die Tropfen hören konnte, die dabei auf seine Lippen fielen.

Der 16jährige auf der Straße verschwand im Inneren des Busses, und das Gefährt verharrte nur noch für Bruchteile von Sekunden da draußen auf dem Grimmauld Place, bevor es anfuhr mit einer Geschwindigkeit, die kein Muggelfahrzeug jemals hätte erreichen können. Ein knallendes Geräusch, wie ein explodierter Feuerwerkskörper, und nichts blieb zurück außer glitzernd goldig purpurfarbenem Staub aus Magie, der noch einen Moment in Schlieren schwebte und dann verwischte. Fort. Es kam einfach so über die Lippen, und Orion verstand und hakte nicht weiter nach, bevor er vorsichtig, sacht die Tür schloss: „Ich habe keinen Bruder mehr.“


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