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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Der Zorn des Orion

von Teekon

In dem kleineren Salon im Erdgeschoss tickte eine so alte Standuhr lautstark vor sich hin, dass der Lack an mehreren Stellen abzublättern begann. Zerschrammt und unansehnlich sah sie davon aus, war aber wohl schon viel zu lange in Familienbesitz, um sie wegzuwerfen oder zu verkaufen. Wenn man genauer hinschaute, verstand man auch, wieso, denn auf dem dreigeteilten Ziffernblatt mit Mondphasen und Sonnenstand befanden sich deutlich die silbernen Wappen des Clans. So wie fast überall und erschlagend offensichtlich.

Wie die meisten Räume in dem großen Stadthaus war auch dieser hier in einem Grünton gehalten, ein wenig heller, die Tapeten mit schnörkeligen Efeublättern berankt, bis sie oben von feinem Putz abgelöst wurden. Obwohl die Decke weiß gestrichen war, brachte sie kaum Helligkeit herein, die hohen Platanen draußen auf dem alleeartig angelegten Platz verwehrten der Sonne Einlass. Der Blick jedoch war frei auf den mittlerweile betonierten Bürgersteig, die schwarz asphaltierte Straße und den leuchtend roten Briefkasten auf der anderen Seite. Gleich dahinter erhob sich das gusseiserne Gitter, das den Park nach außen umschloss.

Selten wurde dieses Empfangszimmer genutzt, auch wenn das kaum auffiel, so sauber, ordentlich und wie geleckt die gesamte Einrichtung eigentlich grundsätzlich gepflegt wurde, besonders während der Schulzeit. Dennoch trug der Salon deutliche Spuren von Vernachlässigung seitens der Bewohner der Villa, denn die Asche im Kamin war kalt, und auch kein neues Feuer war entzündet worden. Zu wenig besessen schauten die Sessel und das zweisitzige Sofa aus, bespannt mit feinem, minzgrünem Stoff im Biedermeier-Stil, zu sorgfältig gruppiert um einen langgestreckten Nussbaumtisch. Direkt vor Kopf, der mit Verschalung geschmückten Feuerstelle zugewandt, thronte regelrecht ein Ohrensessel, auf dem sich der Hausherr niederließ, sollte er jemals hier herunter kommen.

Das dunkle Parkett war fast vollständig von blau und wollweißen Teppichen im Stil von Heriz bedeckt, eingerahmt von Vitrinen und Sekretären aus dem gleichen, hochpolierten Holz wie das Kaffeetischchen in der Sitzgruppe. Nach hinten heraus verbarg sich eine kleinere, schmale Tür zwischen den Möbeln, führte hinaus in das hintere Treppenhaus, auf dem sich für gewöhnlich die Dienerschaft im Hause vorwärts bewegte. Oder aber die Herrschaft nutzte es, um nicht gesehen zu werden oder vor unliebsamem Besuch rasch flüchten zu können. Hätte sie nicht als Kind hier gespielt, sie hätte davon genau so wenig gewusst wie jeder andere Gast, der in die feudale Villa am Grimmauld Place Nr. 12 kam.

Der Hauself hatte sie schnurstracks hierher geführt, statt nach oben in den großen Empfangssalon mit dem Stammbaum der Blacks an den Wänden, wo sonst jegliche Visite abgehalten wurde. Schon ein wenig merkwürdig hatte sie das gefunden, und noch immer die eine Braue misstrauisch hochgezogen, stand Bellatrix unbeweglich zwischen der nun geschlossenen Tür, die unter der Treppe hindurch ins Foyer öffnete, und dem vordersten Sessel, ohne etwas anzufassen, ohne Anstalten zu machen, sich zu setzen. Nicht heute. An diesem Tag musste sie, egal wie sehr ihr das widerstrebte und wie heiß davon der Zorn hochkochte, absolut perfekte Manieren an den Tag legen. Sie konnte es sich nicht leisten, ihren Onkel zu verärgern, wenn seine Hilfe so sehr von Nöten war.

Die Zeichen standen auf Sturm, das sagte ihr jede Faser ihres Körpers, obwohl Kreacher sich nicht anders verhalten hatte als sonst. Die verstohlenen, halb missbilligenden, halb bewundernden Blicke des Hauselfen waren genau so regelmäßig aus seinen tiefschwarzen Kulleraugen zu ihr herauf geflogen wie immer, und er hatte sich kriecherisch verbeugt, bis ihm die Schlappohren auf den nackten Füßen gehangen hatten. Und dennoch war auch bei ihm eine gewisse Unruhe deutlich zu spüren gewesen. Manchmal offenbarte er solches Verhalten. Besonders dann, wenn es sowieso sehr still im Haus war, stiller als gewöhnlich. Wenn Onkel und Tante mal wieder kein Wort miteinander wechselten. Vielleicht war das gerade wieder einmal so. Meist war es ihr gleichgültig, interessierte sie nicht, doch heute bedeutete eine Unstimmigkeit zwischen Hausherr und Gattin nichts Gutes für sie und ihr Anliegen.

Es kam auch nicht selten vor, dass Gäste im Grimmauld Place Nr. 12 ihrem unterschiedlichen Rang entsprechend in mehrere Klassen eingeteilt und so anders behandelt wurden, die einen mit mehr, die anderen mit weniger Respekt, aber noch nie zuvor hatte sie es erlebt, dass ihre Begleiter draußen auf dem Flur hatten warten müssen. Weder hatte Kreacher ihnen Getränke angeboten, noch ihnen überhaupt die Roben abgenommen. Auch Bellatrix trug ihren Mantel noch, und grübelnd sann sie darüber nach, was das heißen konnte für sie. Die angenehmste Lösung wäre, dass Onkel Orion keine Zeit hatte und sie deshalb nicht durch solche Gesten dazu verleiten wollte, länger als unbedingt nötig zu verweilen. Aber die gegebenen Umstände ihres Besuchs ließen sie da wenig Hoffnung haben.

Sorgfältig hatte der greise Hauself darauf geachtet, dass niemand auch nur einen Blick den langen, schmalen Korridor hinunter hatte werfen können, über den man zu den Wirtschaftsräumen im hinteren Bereich des Hauses und zu der breiten Treppe gelangte, die in die oberen Stockwerke führte. Wie ein Poller am Anfang einer Fußgängerzone war er mitten im Gang stehen geblieben und hatte den einen Arm ausgestreckt in Richtung des so wenig beachteten Empfangszimmers gleich links hinter der Eingangstür. „Bitte hier entlang, Madame!“ hatte er blökend gequakt und sich kaum getraut dabei, sie direkt anzusehen. Sie war eine Black von Geburt, er respektierte ihre Wünsche und beantwortete ihre Fragen, sofern er nicht von einem höher gestellten Mitglied des Clans einen anderweitig lautenden Befehl erhalten hatte.

Kreacher blieb heute vollkommen stumm. Und auch das stimmte Bellatrix wenig zuversichtlich. Dennoch hatte sie kaum eine Wahl, sie musste ihn fragen. Die beiden Männer dort draußen im Foyer konnten nicht im Vereinigten Königreich bleiben, sie mussten fort und ans Festland, aber das war schwierig, jetzt wo alles abgeriegelt war und man nach ihnen suchte. Mit den Zähnen knirschend, ballte die schöne junge Frau die Faust und hätte am liebsten die Lehne des Sessels vor sich geschlagen, doch das war sinnlos. Wie hatten sie nur so dumm sein können? Sich von Kindern aufhalten zu lassen, von Kindern, von ihrem kleinen Cousin und seinen widerlichen Freunden! Der Meister war nicht erfreut, nein, ganz und gar nicht. Schlimmer noch: Sie hatten sich fangen lassen! Mulciber und Avery und Rosier und Nott im Gefängnis von Azkaban, vier Männer. Jetzt war man alarmiert, jetzt schrillten überall die Glocken und das ganze Land war wieder auf der Hut vor schwarzer Magie. Ein höchst ungünstiger Zeitpunkt. Schlechter hätte es kaum kommen können.

Es war nicht zu ändern. Was geschehen war, das war geschehen. Und Aleksandr tot. Ihre Kiefer schlugen so fest aufeinander bei dem Gedanken an die erloschenen blauen Augen, dass ein Knall davon entstand, als hätte man eine schwere, volle Porzellanschüssel auf einen hölzernen Esstisch fallen lassen. Sie hatten das erste Blut vergossen, sie hatten den talentierten Jungen auf dem Gewissen, alles schrie nach Vergeltung. Aber Geduld. Ruhe. Das war es, was der Dunkle Lord verlangte, und so schwierig das auch war für Bellatrix, so sehr ihre Pläne gestört und alles durcheinander geworfen worden war, so voller Zuversicht vertraute sie auf seinen Rat und sein Urteil. Er würde sie schon nicht davon kommen lassen mit dieser schmachvollen Tat. Sich aufrichtend, das Kreuz durchdrückend und die Augen schließend, zwang sie sich dazu, sich zu entspannen. Es konnte nicht mehr lange dauern, und er sollte ihren aufkeimenden Hass nicht spüren, nicht einmal erahnen, wenn er hereinkam.

Schritte von gamaschenbestückten Lederschuhen polterten in langsamem, aber nicht zögerlichem Tempo über die hintere Treppe, ganz so, wie sie es erwartet hatte. Der Hausherr hatte nicht vor, durch das Foyer herein zu kommen oder sich dort überhaupt nur blicken zu lassen, viel zu beschäftigt mit irgendetwas Anderem. Vermutlich ging es ums Geschäft, irgendein kurz bevor stehender Handelsabschluss, so wie sie ihn kannte.

Familienangelegenheiten wie die derzeitigen entlocktem ihm für gewöhnlich nicht einmal ein Brauenheben. Dafür hatte er keinerlei Sinn, für solche Sentimentalitäten. Aufrecht und stolz und stark, wie immer. Bellatrix frohlockte nun doch ein wenig, freute sich fast darauf, ihren Onkel zu sehen, egal wie pikant die Situation war. Könnte ihr eigener Vater doch nur ebenso imponierend sein wie er! Aber Cygnus Black, Walpurgas jüngster Bruder, war still und verschlossen, besonders seit ...

Das Auf und Ab ihrer Gefühle ging ihr auf die Nerven! Seit dieser Niederlage dort oben in Hogwarts, schwankte sie so stark zwischen Wut, Enttäuschung, Bitterkeit und süßer Erinnerung, dass sie sich kaum beherrschen konnte. Und Bellatrix mochte das nicht. Es war ihr im Weg, äußerst hinderlich, und mit aller Gewalt unterdrückte sie dieses Chaos in ihrem Inneren, wie die Klinke herunter gedrückt wurde und das Sippenoberhaupt der alteingesessenen Zaubererfamilie wie eh und je in den kleinen Salon trat.

Orion Arcturus Black war in einen seiner dunklen Samtanzüge gekleidet, perfekt und eindrucksvoll zurecht gemacht, wie immer. Das gestreifte Hemd verbarg sich sorgfältig unter einer bestickten Weste, das Einstecktuch in seinem Kragen wunderbar darauf abgestimmt, und die Taschenuhr klimperte leise, wenn er sich so elegant bewegte. Der stattliche Schnauzbart zuckte nicht einmal, als er sie dort stehen sah, wie sie ihre Hände vor dem Unterkörper faltete und sich ihm zuwandte, ein viel zu freundliches Lächeln auf ihrem strengen, aber hübschen Gesicht. Drei Schwestern, eine schöner als die andere, jede auf ihre Weise. Der Hausherr verharrte für einen musternden Moment im Rahmen, die eine Hand mit dem Siegelring noch immer an der Klinke, dann trat er endgültig ein und schloss die Tür, ohne sich umzudrehen.

„Bellatrix,“ grüßte er, klang dabei halbwegs überrascht, doch die Heuchelei darin erkannte man so rasch, dass man sie eher als Hohn bezeichnen konnte. „Was verschafft mir die zweifelhafte Ehre?“ Oh. Ja, seine Laune war mehr als miserabel, wenn er so offen feindselig und beleidigend wurde, noch bevor sie überhaupt den Mund aufgemacht hatte. Mit zwei Fingern der einen Hand in den winzigen Taschen seiner Weste vergraben, hob Orion den Kopf, sie nur mit dem Kinn zum Sprechen auffordernd. Aber Bellatrix starrte ihn nur an. Das lag nicht an seinen demütigenden Worten oder dieser fast noch mehr als gewöhnlich überheblichen Haltung seines noch immer sehnigen und kräftigen Körpers, sondern an einer Veränderung in seinem Gesicht.

Obwohl er sehr viel Zeit im Haus verbrachte, bei Geschäftskonferenzen, in einem Herrenclub oder höchstens mal im Wintergarten auf der Rückseite des Hauses im dritten Stock, war Orion Black immer gebräunt und sah sehr gesund aus. Aber nicht heute. Egal wie sehr er sich herausputzte und dafür sorgte, seine übliche, beeindruckende Gestalt abzugeben, spielte eine unverkennbare, kränkliche Blässe um seine Augen, und tiefe Ringe hatten sich in seine Wangen, gleich unter dem Lid, eingebrannt. Müde. Er sah müde aus, abgekämpft, fast ... Ja, besorgt. Konnte er das überhaupt? Sich Sorgen machen? Verunsichert davon, rührte Bellatrix sich erst einmal nicht, bis sie schließlich wach zu werden schien.

Übermäßiger als sie es eigentlich selbst wollte, klatschte sie fast in die von halblangen, den Unterarm einschließenden Handschuhen bedeckten Finger, wie sie Luft holte und über seine schneidende Bemerkung hinweg sah. „Onkel!“ rief sie aus, freudig quieksend, dass sie sich fast überschlug. Täuschungsversuch, aber eben nicht mehr als ein Versuch. Orion schnaubte schon bitter lachend, bevor sie überhaupt geendet hatte. „Du siehst ... fabelhaft aus!“ Etwas Dümmeres hätte sie kaum sagen können, und Bellatrix wusste das, schon bevor der Hausherr die Nase rümpfend so heftig abwinkte, dass die Taschenuhr lautstark klirrte. „Behalt' dein falsches Mitleid für dich!“

Sie zuckte wie ein Hase im Scheinwerferlicht eines heranrasenden Wagens, und ihre großen dunklen Augen weiteten sich noch mehr, bis alle Farbe aus ihrem stolzen Gesicht gewaschen war. Hatte er das wirklich gesagt? Gab er damit nicht zu, sich tatsächliches Mitleid verdient zu haben? Das war vollkommen unmöglich, sie musste sich verhört haben. Verletzlich machte er sich damit, offenbarte eine vorhandene Gefühlswelt, die man ihm immer abgesprochen hatte. Aber anstatt ihr ein machtvolles Instrument in die Hand zu geben, fühlte Bellatrix Black sich davon nur noch tiefer herabgedrückt und unterlegen, spürte ein feines, unangenehmes Zittern in den Fingerspitzen. Nur noch stolzer und unangreifbarer wurde der Hausherr durch dieses Eingeständnis.

„Also? Was willst du?“ forderte er sie auf, zur Sache zu kommen, blieb wo er war, beinahe am anderen Ende des Raumes, weit genug entfernt von ihr, um ihr ja nicht die Hand reichen zu müssen oder auch nur das schwere Parfum riechen zu können, dass sie unter dem engen Rüschenkragen ihres hochgeschlossenen Kleides trug. Lang einstudiert hatte sie diese Rede, musste ihn erst einstimmen auf die Bitte, die sie an ihn zu richten gedachte, und dafür musste sein Sinn für die Angelegenheit geweckt werden, sein Stolz, sein Stand, das traditionelle Verständnis von Zauberertum und Loyalität.

Luft holend, verdrehte die junge Frau ihre Hände ineinander und machte den Mund auf. „Ich bin gekommen, um dir Grüße auszurichten vom Dunklen Lord! Er bittet mich, dich daran zu erinnern, welcher gemeinsamen Sache wir dienen, guter Onkel, und dass auch du deinen Teil beitragen kannst zu ...“ einer besseren Gesellschaft unter Führung derer, die zur Macht geboren wurden. Das hatte sie sagen wollen, auswendig gelernt diese pathetische Ansprache, aber Orion unterbrach sie mit schallendem, galligem Lachen.

Den Kopf schüttelnd beruhigte er sich nur schwer und wischte sich schließlich ein Anstandslachtränchen aus dem Augenwinkel. „Rührend, Kindchen, wie du dich engagierst!“ spottete er mit großväterlicher Stimme, und während ihr das Lächeln gründlich verging, versteinerte seine Miene erneut. „Sag' endlich, warum du meine Zeit verschwendest! Ich habe weder Nerven noch Geduld, um mich mit dir und den apraktikablen Träumereien eines grauhäutigen Spinners wie Voldemort zu beschäftigen!“ Als habe er ihr hier und auf der Stelle ohne Vorwarnung genau so hart und gellend ins Gesicht geschlagen wie Regulus noch vor wenigen Tagen, so duckte sie sich unter diesen Worten und glotzte ihren Onkel fassungslos an.

Wie konnte er es wagen? Wie konnte er den Dunklen Lord so unflätig beleidigen, so herablassend von ihm sprechen, dem großen Meister? Fast genau so grau wie Voldemort selbst schaute Bellatrix aus, wie sie mit feuchten Augen blinzelnd in die Richtung starrte, aus der diese Worte gekommen waren.

Man konnte es ihr ansehen, wie gern sie geschrien hätte, wie leidenschaftlich sie ihren verehrten Schwarzmagier zu verteidigen gedachte, und wie hasserfüllt und schlangenartig ihre Zunge die Lippen leckte. Er hätte schwören können, dass sie gespalten war, aber Orion hatte keine Angst. Nicht vor ihr, nicht vor Voldemort, vor nichts und niemandem. Es war ihm egal. Sollte sie doch zu ihm rennen und die kleine Petze aus dem Kindergarten spielen. Aber Bellatrix tat nichts von all dem. Die Gesichtszüge noch immer von Zuckungen erschüttert, versteckte sie die geballten Fäuste in den Ärmeln ihres Mantels, so gut das eben ging, und dann richtete sie sich wieder auf. Sie hatte keine Wahl, sie brauchte seine Hilfe, um die beiden Männer außer Landes zu bringen. Also gut.

Den Zorn, die Scham, die Demütigung herunter schluckend, zwang sie sich zu einem erneuten, freundlichen Lächeln, und sie war froh, dass er so weit weg stand und ihre Augen nicht sehen konnte. „Der Dunkle Lord, oder wenn dir das lieber ist, ich, muss dich um einen Gefallen bitten. Für die Familie,“ spuckte ihre bebende Stimme endlich aus, weshalb sie hergekommen war, und irgendetwas sagte ihr bereits jetzt, dass Orion Black 'nein' antworten würde. Es war nicht mehr wichtig, ob es etwas mit seiner Sippe zu tun hatte, ob er als ihr Oberhaupt zu irgendwas verpflichtet war oder nicht. Es war ihm völlig gleichgültig. Für einen Moment lang konnte sie sich nicht erklären, wie das hatte geschehen können, doch dann dachte sie wieder an Aleksandr. Und an ihren Cousin. Und langsam, auch wenn es nicht zu glauben war, dämmerte ihr der Grund für die rätselhafte Veränderung des unbeugsamen Fels in der Brandung.

Mit zusammengekniffenen Lidern stand er da, ihr Onkel, die eine Hand an der eigenen Taille und das Jacket darüber zurückgeworfen, wie er den Kopf schieflegte. „Einen Gefallen also?“ erkundigte er sich, wollte zumindest hören, was sie sich erhoffte und was er da für den 'Dunklen Lord' leisten sollte, um der 'Sache' dienlich zu sein, aber Bellatrix schwieg. Ihre vollen Lippen zitterten nun, und eigentlich machte sie mehr den Eindruck, als wolle sie die Bitte zurücknehmen und sofort auf dem Hacken kehrtmachen, um das Haus ihrer Väter zu verlassen. Es war keine gute Idee gewesen, her zu kommen. Egal, wie wenig andere Möglichkeiten sie hatten, diese war erledigt, aus, vorbei, machte die Lage nur noch schlimmer für die beiden Männer da draußen im Foyer. Ihre Augen weiteten sich erneut, und sie schluckte trocken und schüttelte den Kopf.

Wie er nun Verdacht schöpfte, als wäre er Legilimentiker, die Lider noch immer weit unten, die Kiefer nun vorgeschoben und ein deutlich sichtbares Pochen an der Seite seines Halses, rutschte die Nichte Schritt für Schritt zurück, während er immer näher auf sie zukam. Was könnte er denn wohl für einen Haufen Todesser tun, hm? Den Leuten, die ihn in diese Situation gebracht hatten? Die ihn so schwach gemacht und so tief verletzt hatten, dass er sich vor der Sippe Blöße gab. Todesser wie denen, die eine Form der Wut in sein Herz gepflanzt hatten, die er schon so viele Jahre, bald 27 waren es, nicht mehr gespürt hatte. Heiß und brennend und bohrend und gemischt mit Trauer und Schmerz und Hoffnungslosigkeit. Und dann verstand er es, und die kräftigen, braun gebrannten Hände von Orion Black schnellten vor und packten Bellatrix grob an beiden Armen, dass sie aufschrie.

„Wo ist er?“ presste er zwischen den übereinander reibenden Zähnen hindurch, bog das Mädchen, obwohl groß gewachsen noch immer einen ganzen Kopf über ihr, fast nach hinten über, und Bellatrix versuchte, dem festen Griff irgendwie zu entkommen. Es ging nicht. „Du tust mir weh!“ wollte sie sich beschweren, wollte selbstbewusst und aufrecht klingen, aber sie war zu schockiert darüber, wie sie angegangen wurde. „Wo – ist – er?“ wiederholte Orion leise, zischend, und seine Kiefer quietschten, so fest mahlten sie. Sie wusste genau, dass er von Antonin Dolohov sprach, und ihr war genau so klar, dass es keine Möglichkeit gab, ihm zu verheimlichen, was er wissen wollte. In eine hübsche Mausefalle gelaufen war sie da. Oh, das würde dem Dunklen Lord nicht gefallen, ganz und gar nicht. Sie hatte ihren Onkel vollkommen falsch eingeschätzt, und das konnte sie nun in seinen grau-braunen Augen brennen sehen.

Lügen wollte sie, die einzige, schwindend geringe Chance nutzen, hier irgendwie heil und vernünftig wieder hinaus zu kommen, aber sie verriet sich unbeabsichtigt. Nur für Sekundenbruchteile zuckten ihre Pupillen in Richtung der breiteren Tür zum Flur hinüber, und er hatte das deutlich gesehen und begriff. Er war hier! Dieses dumme Miststück hatte ihn mitgebracht, den großen Dolohov, den Versager, den Feigling, der qualvolle Folterflüche auf Kinder abfeuerte. „Du,“ fauchte er langgezogen, die Augen fast aus den Höhlen tretend und ihre zierlichen Arme fester greifend, dass Bellatrix einen leisen Schmerzenslaut nicht unterdrücken konnte. „Du hast ihn hierher gebracht? In mein Haus?“ konnte er es nicht fassen, dass man so dämlich und so dreist zur selben Zeit sein konnte. „Onkel!“ flehte das Mädchen nur, aber als wäre das sein Stichwort gewesen, ließ Orion sie nicht nur los, sondern warf sie regelrecht angeekelt von sich, so wie man ein Stück schimmliges Brot entsorgte, in das man beinahe gebissen hätte.

Damit hatte Bellatrix Black nicht gerechnet, und wie ein steifes Brett fiel sie einfach hinten rüber und konnte sich noch so gerade herumreißen, um statt auf dem harten Boden in einem Sessel zu landen, während sie gleichzeitig schon wieder versuchte, sich aufzustemmen, um sein Jacket zu greifen und ihn fest zu halten. „Onkel, nein!“ rief sie in heller Panik, aber er ließ sich nicht aufhalten. Mit einer Hand in der Innentasche seiner Anzugjacke aus Nadelstreifensamt, mit der anderen an der Türklinke, stürmte das Sippenoberhaupt los, das Gesicht wutverzerrt und mit einem gefährlichen Grollen irgendwo ganz tief aus der Kehle. Ihr blieb nur noch die gellende Warnung: „Antonin, lauf!“

Viel zu überrumpelt war der große blonde Mann mit dem Vollbart draußen im Foyer, und auch sein Begleiter, der drahtige Orestes Selwin, konnte sich nur noch rasch ducken. Nicht mal mehr dazu, seinen Zauberstab zu zücken, kam er, so mächtig und blitzschnell überrollte ihn der Zorn des Orion Arcturus Black. Kreacher kreischte entsetzt auf, schlug die Hände über dem Kopf zusammen und begann, hektisch im Flur im Kreis herum zu laufen, während Dolohov mit einem beherzten Satz um die Ecke sprang und sich hinter der Treppenverkleidung verbarg. Der Fluch, der Selwin außer Gefecht setzte und ihn mit dem Hinterkopf dumpf gegen die Haustür schlagen ließ, sprengte ein großes Loch in den geschnitzten Mahagoni-Rahmen.

Der Lärm, das krakelende Schreien von Bellatrix, die sich aufgerappelt hatte und nun in der offenen Tür stand, die mehrfach polternd mit der Klinke gegen die Wand schlug, weckte das ganze Haus aus seinem sonst so düsteren Schlummer. Bilder begannen, laut und empört miteinander zu reden, die Insassen huschten umher und drängten sich auf den Leinwänden, von denen aus man am besten sehen konnte, was geschah, während der Hauself ein entsetztes und sorgenvolles „Meister!“ rief. Donnernde Schritte von hochhackigen Schnürstiefeln rauschten über ihnen den Treppensockel entlang, und dann wurde der angehobene Rock von Walpurga auf den Stufen zu ihnen herunter durch das Geländer sichtbar.

Alles, was die Hexe von ihrem Standpunkt aus sehen konnte, war ein hysterisch umherirrender Hauself und ein gegen die Wand gleich unter ihr gepresster Gast mit dem gezogenen Zauberholz in der Hand, der nun, wo er sie bemerkte, panisch zwischen den Stufen über sich und dem offenen Foyer vor sich hin und her schielte. Gefangen. Mitten zwischen ihnen, und die rettende Haustür keine vier Yards entfernt, nur leider quer durch Orions Schussfeld. Und hier drin war Apparieren unmöglich, dafür hatten die Blacks gesorgt. „Mr. Dolohov!“ rief Walpurga aus, raffte ihren Rock erneut und lief die Stufen schneller herunter. „Was ist das für ein Radau?“ Und er begriff: Sie wollte ihn nicht angreifen. Das war einzig und allein Sache ihres Gatten.

Das errettete Lächeln kam zu früh, denn das Sippenoberhaupt nutzte den winzigen Moment der Abgelenktheit, entwaffnete den Gegner mit einem non-verbalen Expelliarmus und schützte damit seine kostbaren Besitztümer vor weiterem Schaden, sprang vorwärts und donnerte den kräftigen, breitschultrigen Körper seines früheren Freundes mit der vollen Wucht seines eigenen Gewichts gegen die Vertäfelung in seinem Rücken. Keuchend entwich Dolohov Luft, wie sein Zauberstab klirrend und klickend und schlitternd auf dem weiß-schwarzen Mosaik des Black'schen Hausflurs zum Liegen kam, direkt vor Walpurgas Füßen. „Was geht hier vor?“ verlangte sie zu erfahren, was dieser Ausbruch an physischer (ihgitt, wie widerlich!) Gewalt in ihrer Villa sollte, bückte sich rasch und hob den Zauberstab auf.

Antonin rang nach Atem, der Kehlkopf schmerzhaft zusammengepresst von dem hart und brutal geführten Unterarm, der ihn an die Wand hinter sich pinnte, und alles, was er tun konnte, war, nach Ellbogen und Handgelenk zu greifen, um ihn einigermaßen von sich weg halten zu können. „Orion!“ krächzte er, die Augäpfel hervorquellend von dem enormen Druck, der auf ihm lastete. Der Hausherr war kein schmächtiger Mann. Und auch kein Schwächling. Und seine glühenden Augen, wie dunkle Brickets in einem sehr heißen Feuer, loderten ihm direkt ins Gesicht wie Dämonenlampen. „Du wagst es?“ zischte der alte Schulkamerad, löste seinen eisernen Griff nur kurz, um ihn erneut heftig gegen die Vertäfelung zu werfen, dass es nur so schepperte im ganzen Haus.

„Du wagst es, dich hier blicken zu lassen, nach allem, was du getan hast?“ brüllte das Clans-Oberhaupt der Blacks, der Kopf hochrot vor unglaublicher Raserei, und der unbewaffnete Mann zuckte vor dem ausgestreckten Zauberstab zurück, der sich beinahe in seine Wange bohrte. Dolohov antwortete nicht. Entsetzt, ohne ihren typisch schnippischen Unterton zu verlieren, stampfte Walpurga auf. „Mr. Black!“ schollt sie ihren außer sich geratenen Gatten, doch er hörte ihr nicht zu, ignorierte sie komplett. „Einen Fulguratus, Tonda? Auf ein Kind?“ musste er ihn offenbar daran erinnern, worum es hier ging. Anscheinend hatte er das vergessen innerhalb der vergangenen paar Tage, wo es doch so nebenbei geschehen war. Dieser Gedanke jagte Orion erneut hitziges Blut in harten Pulsschlägen in den Kopf, und die Adern pochten sichtbar am Kragen seines Samtjackets.

Fast lachend jetzt, obwohl noch immer in dem würgenden Griff des Hausherrn, legte Antonin Dolohov beide Hände flach auf das Holz in seinem Rücken und kippte den Kopf auf die eine Schulter, damit er ihn besser ansehen konnte. „Es war ein fairer Kampf, Orion, das kannst du ihn fragen!“ kicherte er, halb belustigt, halb erstaunt darüber, wie gerade dieser sonst gern so gefühlskalte Mann derartig ausrasten konnte. Hatte er nicht gesagt, der Älteste wäre ein kompletter Nichtsnutz? Seine eigenen Worte? Eine Schande für die Familie, in Gryffindor, aufmüpfig, vorlaut, nicht zu bändigen und lauter Flausen im Kopf, keine Ahnung, woher diese Ideen stammten. Aus der Schule könnten sie nicht sein, er hatte sie schon vorher gehabt. Muggelfreund, Blutsverräter, Abschaum! Und nun das hier? Es war wirklich zum Lachen!

„Er ist mein Sohn!“ grollte Orion Black und drückte seinen Arm fester gegen Dolohovs Kehle, und dessen Finger krallten sich regelrecht in den Ärmel des Jackets und des darunter liegenden Hemdes. Auch wenn er fast blau anlief von diesem Gewürge, rutschte deutlich alle Farbe frisch eintreffenden Blutes aus Antonins Gesicht, und ein kreidebleiches, leichenartiges Schimmern ersetzte es, wie seine so hell strahlenden blauen Augen zu erlöschen schienen, und Mrs. Black schrie auf und machte Anstalten, Kreacher aus dem Weg zu prügeln, um ihren Ehemann davon abzuhalten, den ehemaligen Schulfreund umzubringen, wenn er so weiter machte. Doch sie kam nicht dazu. Denn er erstickte nicht.

Mit einem Mal voller Kraft, ob er Luft kriegte oder nicht, stemmte Dolohov die Füße in den Boden, holte mit beiden Armen aus, dass die Ellbogen dumpf gegen die Treppenverkleidung schlugen und dort tiefe Dellen hinterließen, bevor er Orion selbst packte und von sich weg drückte. Es half nicht viel, gerade einmal einen Fuß bekam er so zwischen sie, und die gleiche, hasserfüllte Röte schoss ihm in den Kopf, wie er die Zähne bleckte und die Fäuste ballte. „Und mein Sohn ist tot!“ schrie er hinaus, als wäre das hier eine Wette, wer bietet mehr, doch Mr. Black schüttelte augenblicklich den Kopf. Oh nein, nein, nein! Das war nicht dasselbe, das konnte er mit ihm nicht machen. Er hatte sich dabei nichts vorzuwerfen. Die Augen ganz klein, die Nasenflügel gebläht, senkte er die Stimme zu einem grausamen Wispern: „Es war nicht ich, der Aleksandr in den Tod führte.“

Stille. Eine Stille breitete sich aus in dem hohen Flur und dem weiten Treppenhaus von Grimmauld Place Nr. 12, die nicht einmal von Atemgeräuschen unterbrochen wurde. Kreacher verharrte auf einem Bein, das andere noch zum Stampfen erhoben, die Händchen über das schnauzenartige Gesicht gelegt, und er starrte zwischen den Fingern hervor. Walpurga hielt noch immer ihren Rock fest, starrte die beiden Kontrahenten nur an, ohne das geringste Anzeichen von Gefühl zu zeigen. Auf der anderen Seite lag Selwin weiterhin am Boden, ein winziges Rinnsal Blut sickerte ihm über das Ohrläppchen und in den Kragen, der Fleck der Wundschlagung noch hinter ihm an der Tür. Und Bellatrix' Augen waren so weit, dass man die Muskeln dahinter und an den Seiten zucken sehen konnte.

Und dann knurrte Antonin auf in seinem Schmerz und sprang seinem alten Freund entgegen, kam aber nicht so weit, dass er ihm an die Kehle hätte greifen können. Der nach oben schnellende Zauberstab, den er ihm in voller Pracht präsentierte, reichte aus, um ihn abzustoppen. Orion würde nicht zögern, Magie gegen ihn einzusetzen, auch wenn er wehrlos war, nicht in dieser Stimmung. Noch immer hob und senkte sich sein Brustkorb wie ein Blasebalg. „Willst du sagen, es war meine Schuld? Ist es das, was du damit sagen willst: Es war meine eigene Schuld?“ brüllte Dolohov, immer noch jederzeit bereit, auf ihn los zu gehen, doch immer wieder hielt er sich selbst zurück, den Blick starr auf das Mooreichenholz gerichtet. Abschätzig, ohne das geringste Mitleid (ja, das war wieder er) zuckte Orion gleichgültig die Achseln und zog in einem verzerrten Grinsen die Oberlippe hoch, dass sein Schnauzbart kerzengerade abstand. „Man nimmt nicht seine größten Schätze auf einen Raubzug mit, Tonda. Das sollte ein Dieb am besten wissen.“

Erneut verstummte Antonin Dolohov, wie er dort mitten in dem langen Foyer stand, die Arme herabhängend wie die eines Gorillas, der ganze Mann bebend vor Qual und Zorn und tiefer werdendem Hass, jeder Muskel angespannt. „Wie hast du mich genannt?“ flüsterte er, so gut er konnte, und je mehr er sich in Rage brachte, desto ruhiger und gelöster wurde Orion Black. Sein Herzschlag verlangsamte sich zusehends, und er drückte die Wirbelsäule durch zu diesem ganz speziellen Knick, der die Brust heraus hob. Stolz und gelassen, von nichts berührt. Das Gesicht entkrampfte sich, wie er tiefer zu atmen begann und das Feuer seiner dunklen Augen zu einem unterschwelligen Glimmen werden ließ. Die Oberhand gehörte ihm. Dolohov hatte alles verloren. Er konnte und brauchte ihm nichts weiter zu nehmen.

„War es nicht das, was ihr in Hogwarts wolltet, Tonda?“ nannte er ihn weiterhin bei seinem russischen Spitznamen, freundschaftlich fast, familiär, so als verbinde sie noch irgendetwas. „Stehlen?“ Es war nicht Antonin, der protestierte, sondern das Mädchen mit den wilden schwarzen Locken zwischen Eingangstür und kleinem Salon. Regelrecht aufjaulend, setzte sie zu einem Satz nach vorne an, doch auch sie stoppte der in ihre Richtung zuckende Zauberstab. Sie hatte ihren Onkel noch nie in Aktion damit erlebt, aber wenn selbst Dolohov vor einer offenen Konfrontation mit ihm zurückschreckte, dann hielt sie sich besser zurück und verschwand wieder im Hintergrund. „Oder wolltet ihr Erinnerungen auffrischen?“

Den Kopf schüttelnd, die Zähne fest aufeinander gepresst, leugnete der russischstämmige Zauberer diese Vorwürfe nicht. „Antonin!“ rief Walpurga entsetzt aus, wie sie begriff, dass ihr Gatte mitten ins Schwarze getroffen hatte, und sie schlug die Hände vor dem Gesicht zusammen. Wie konnte er sich nur so herablassen? Ihgitt, ein einfacher Dieb! Und sowas in ihrem Haus! Sie hätte am liebsten selbst zum Besen gegriffen, um diesen Dreck aus ihrem Flur zu fegen, oder es zumindest Kreacher befohlen, doch noch immer ließ niemand zu, dass sie sich in das Gespräch mischte. Und das war Walpurga weder gewohnt, noch gefiel es ihr besonders. Trotzdem beließ sie es dabei.

Fast als wäre er enttäuscht, schnaubte Dolohov und zog sich ebenfalls aus dieser Tobsucht hinaus. Das brachte rein gar nichts. Es war nicht Orions Schuld, nicht mal im Ansatz, er konnte es ihm nicht anlasten. Und nach allem, was ihm selbst nun bitterlich widerfahren war, durfte er auch nicht verwundert sein über diese so ungewohnte, so heftige, und dennoch irgendwie vertraute Reaktion. Als Junge, damals auf der Schule, da hatte es Momente wie diesen gegeben. Bevor aus Orion Arcturus Black das stille, kühle, berechnende Familienoberhaupt geworden war. Es hätte genau so gut sein Sohn sterben können. Durch seine Hand. „Wir waren doch mal Freunde,“ hörte Antonin sich selbst sagen, ohne es richtig zu wollen, und alles, was er erntete, war ein kurzes, bellendes Lachen.

„Freunde? Nein, du bist nicht mehr mein Freund,“ schüttelte Orion so heftig den Kopf, dass seine langen Locken flogen. „Ein Freund würde niemals meinen Sohn mit einem tödlichen Fluch belegen.“ Das Gespräch war für ihn beendet. Er wollte diese Visage nicht mehr sehen. Diese ganze Ansammlung von kriecherischen, kuschenden Speichelleckern, er wollte nie wieder auch nur einen von ihnen in seinem Hause haben. Heftig den Arm in Richtung seiner Gattin ausstreckend, winkte Orion mit den Fingern der nach oben gedrehten Handfläche, und als sie nicht verstand und sich nicht bewegte, rollte er genervt mit den Augen. „Seinen Zauberstab, Mrs. Black!“ verlangte er ungeduldig, und endlich schien Walpurga zu merken, dass sie das 14'' lange Stück Holz noch immer in den Händen drehte.

Ohne Worte (erstaunlich), legte sie ihm den Stab in die Hand, und Orion zog genauso zackig den Arm wieder heran und reichte dem Geschlagenen seine Waffe zurück, bevor er mit der Spitze des eigenen Stabes in Richtung Ausgang deutete, wo Orestes Selwin noch immer blutend, aber mittlerweile aufwachend, am Boden lag und stöhnte. „Raus hier!“ befahl der Hausherr. Antonin zögerte nicht. Mit dem Blick starr auf seinen früheren Schulfreund gerichtet, setzte er sich in Bewegung, gebeugt, schlurfend, bis er die Ecke erreichte, wo der Durchgang zum kleinen Salon begann und Bellatrix bebend auf ihn wartete.

Er gab auf! Er wollte einfach gehen! Das konnte er doch nicht machen, er musste doch protestieren, er musste doch dafür einstehen, was er getan hatte! Im Auftrag des Dunklen Lords hatte er in Hogwarts gehandelt, keine größere Ehre konnte es geben, und jetzt zog er ab wie ein geprügelter Hund und ließ sich und die tapferen Männer, die in Azkaban saßen, als Diebe beschimpfen? Und wie wollte er mit Selwin das Land verlassen, wenn nicht mit ihres Onkels Hilfe? Wie sollte das gehen? Nach Luft schnappend, erhob Bellatrix Black eben selbst Einspruch und fing an, heftig zu gestikulieren. „Was ist mit der Sache, Onkel? Was ist damit, wieso hilfst du ihnen nicht? Du hast doch die selben Ziele!“ erinnerte sie ihn halb zornig, halb bettelnd, dass er das doch nicht vergessen möge.

Eine Braue in Orions Gesicht schnellte nach oben und zog den Bart gleich mit, wie er ihre Anwesenheit zu bemerken schien und diese lächerlichen Worte an sein Hirn drangen. Auch das reichte endgültig. Das impertinente und altkluge Geseier seiner Nichte hatte er satt, es stand ihm bis an den Mundboden. Die Rivalität all die Jahre, das Intrigantentum, das Cygnus' Töchter in sein Haus gebracht hatten, wollte er nie wieder erleben müssen. Er war das Familienoberhaupt. Und nach ihm würde es Sirius sein. Basta. Niemand sonst. Es musste ein für allemal Schluss sein mit diesen Hahnenkämpfen und diesen ständigen, dreisten Versuchen, ihm und seinem Familienzweig diese Stellung streitig machen zu wollen. Mit einer einzelnen Handbewegung verbot er ihr den Mund. „Sei still, du dummes Kind!“

Als habe er ihr einen Silencio auf den Hals gehetzt, griff sich Bellatrix an den Hals und klappte die Kiefer auf und zu. Es kam nichts mehr heraus. Nur noch die zunehmende Wut auf ihren Onkel war in ihren Augen zu lesen, während Antonin sich bückte, um dem benommenen Orestes auf die Füße zu helfen. Dolohov kämpfte nicht dagegen an, kannte Orion zu gut, um darin irgendeinen Erfolg zu sehen. Opposition zu Black trieb den stolzen Mann nur tiefer in seine Schützengräben, wie es deutlicher nicht sein konnte: „Du kannst deinem Lord Voldemort etwas ausrichten von mir, wo dir das doch so viel Freude bereitet, seine Eule zu sein.“

Dieses fast boshafte Grinsen in Orions Gesicht verschwand sofort wieder, denn er meinte das hier ernst und wollte auch, dass es so und nicht anders aufgenommen wurde. Egal, ob Walpurga hinter ihm nach Luft schnappte und ihre abweichende Meinung kundtun wollte. Hier war immer noch er der Herr im Hause. Das galt auch für sie. Und wenn sie nicht wollte, dass er ihr das beibrachte, sollte sie sich besser zurückhalten. Der Seitenblick in ihre Richtung zeigte ihr das unumstößlich.

„Ich will nie wieder einen von seinen Stiefelküssern in meinem Haus sehen, hast du mich verstanden?“ Das Mädchen duckte sich wie unter Schlägen, nickte aber sofort hastig mit riesengroßen Rehaugen und schaute aus, als wolle sie sich hinter Dolohovs breitem Rücken verstecken. Ja, sie hatte in einer Sache vielleicht recht: Auch Orion Black hielt die Vorherrschaft der reinblütigen Zauberer und Hexen für ihr Geburtsrecht. Auch er gestand Schlammblütern und Muggeln nicht die gleiche Stellung zu wie seinesgleichen. Und er hätte vieles dafür gegeben, wenn sich einige Dinge geändert hätten, wenn er sich nicht mehr hätte verbergen müssen draußen auf der Straße, wo Muggelkinder sich über seine Kleidung lustig machten oder über seine Frisur, wo es ihm verboten war, sich seinen Weg mit den gottgegebenen Talenten der Magie zu bahnen. Aber nicht so. Nicht auf diese Art. „Mit Einbrechern, Räubern und Kindermördern will ich nichts zu tun haben. Gar nichts,“ presste er heiser heraus und starrte Dolohov unter den langen Haaren hervor anklagend an.

Das war zu viel für das arme dusslige Ding. Ihren Zauberstab zückend, noch immer stumm geschlagen, sprang Bellatrix endgültig nach vorne und machte eine ausholende Bewegung in Richtung ihres Onkels, doch der ausgestreckte Arm von Antonin Dolohov hielt sie zurück, noch bevor sie sich eine Antwort einfangen konnte. „Lass das, Bella,“ schüttelte er resigniert den Kopf und zog sie beiseite, auch wenn sie sich heftigst dagegen wehrte, ohne das kleinste Geräusch von sich geben zu können. „Es hat keinen Sinn!“ wurde Antonin ein wenig lauter, wie sie auf den Stab in seiner Hand mit bebendem Kinn deutete. Er könnte ihr helfen! Zusammen könnten sie ihm das Maul stopfen für diesen Frevel!

Dolohov fuhr einfach fort, langsam und bedächtig zu verneinen. „Er ist zu gut. Das war er schon immer. Er ist besser als wir alle zusammen.“ Warum er das eigentlich sagte, konnte sich in diesem Moment nur Orion denken. Bellatrix im Zaum zu halten, erforderte kein solches Lob, und trotzdem wussten beide Männer, dass es stimmte. In vielen reinblütigen Familien mochte es viel zu wenige Talente geben, mittelmäßiges Herumhexen ausgebreitet wie eine Krankheit, doch nicht im Stamm der Blacks. Keiner von ihnen war zu unterschätzen. Am allerwenigsten Orion. Und daran erinnerte sich Antonin nur zu gut. Mit einem warmen Lächeln im Gesicht.

Sich Selwin halb auf die Schulter ziehend, öffnete Dolohov die Tür und stolperte hinaus auf die oberste Stufe, schaute dabei die ganze Zeit zurück, grüßte nur mit den Augen zum Abschied. Und dann war er draußen, und Bellatrix starrte ihren Onkel so voller Hass an, so kindlich zornig und verletzt, wie sie es nur fertig brachte. Er zuckte nicht einmal mit der Wimper. „Das gilt auch für dich!“ deutete er hinter den beiden Männern her, und endlich brach sie den Augenkontakt und machte sich davon.

Die Tür fiel knallend ins Schloss. Augenblicklich begann Kreacher zu schluchzen, und Walpurga schüttelte entgeistert den Kopf und fuchtelte wild mit den Armen herum in Frustration. So aufgewühlt und aufgebracht vergaß sie sogar, ihren Gatten auf diese ihr so eigen gewordene, herablassende Art in der Höflichkeitsform anzusprechen, stetig zu ignorieren, dass er einen Vornamen besaß, und wie als junges Mädchen, als sie bloß Cousin und Cousine auf Familienfeiern gewesen waren, die nichts von ihrem arrangierten Schicksal wussten, fauchte sie ihn an: „Was hast du da getan?“

Es war ihm alles egal. Orion Black, O.A.B, schloss für einen Moment die Augen, in seinen eigenen Gedanken versunken, berührte fast zärtlich mit den von Dolohovs Kragen schwitzigen Fingern die edle Holzvertäfelung mit den Dellen vor sich. Sich nur bestätigt darin sehend, dass er langsam das Ausmaß seines Anfalls zu erkennen begann, fuhr Walpurga gestikulierend fort. „Du hast dich mit Dolohov und dem Dunklen angelegt, Merlins Bart, Orion, ist dir das klar?“ Er stellte das Atmen abrupt ein, doch ihr triumphierendes Lächeln blieb ihr im Halse stecken, wie er sich mit zusammengepressten Kiefern zu ihr umwandte.

Den Mund aufmachend, leckte er sich die Lippen, als müsse er überlegen, und dann hob der Hausherr beide offenen Hände, den Zauberstab noch zwischen den Fingern, und seufzte. Fabelhaft sah das aus, wie sie glotzte, als er ohne Wut, ohne Spott, einfach nur völlig normal und anständig diese Worte zu ihr sagte:
„Kannst du nicht einmal in deinem Leben die Klappe halten?“


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