Forum | Chat | Galerie
 
Startseite | Favoriten
Harry Potter Xperts
Harry Potter Xperts
Startseite
Newsarchiv
Link us
Sitemap
Specials
Shop
Buch 7
Buch 6
Buch 5
Buch 4
Buch 3
Buch 2
Buch 1
Lexikon
Lustige Zitate
Gurkensalat
Hörbücher
Harry, A History
Steckbrief
Biographie
Werke
Erfolgsgeschichte
Interviews
Bilder
Harry Potter & Ich
JKRowling.com
Film 7, Teil 1 & 2
Film 6
Film 5
Film 4
Film 3
Film 2
Film 1
Schauspieler
Autogramme
Galerie
Musik
Videospiele
Downloads
Lesetipps
eBay-Auktionen
Webmaster
RSS-Feed
Geburtstage
Gewinnspiele
Twitter
Fanart
Fanfiction
User-CP
Quiz
Währungsrechner
Forum
F.A.Q.
Ãœber uns
Geschichte
Impressum

Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Die Valentinskarte

von Teekon

Am besten wäre eine riesengroße Kiste oder so eine den Inhalt verkleinernde Truhe wie die von Professor Al-Harani. Ein Esel wäre vielleicht auch nicht schlecht gewesen, um den ganzen Kram aus dem Gemeinschaftsraum raufzuschaffen ins Turmzimmer. Aber wohin dann damit? War's unhöflich, die Karten alle einzeln in aller Ruhe im Ofen abzuflämmen? Hinterher fragte mal jemand Jahre später danach, und dann hatte man sie nicht mehr. Ach, was sollte der Blödsinn? In den vergangenen Schuljahren hatten sie es doch genau so gemacht! Und es wurde nicht plötzlich taktloser, nur weil man mittlerweile 15 oder 16 Jahre alt war!

Lachend schüttelte James Potter den Kopf und wuchtete den enormen Karton eben einfach mit Hilfe seines Knies hoch, umrundete eine Sitzgruppe voller frierender und von Schneeregen patschnasser Drittklässler und machte sich auf den Weg nach oben. Man gewöhnte sich ja irgendwann dran, und wenn er sich diesen Haufen Paketchen anschaute, der noch unten bei Filch auf den guten Sirius wartete, dann kam er eigentlich ganz gut weg. Gerade als er den ersten Schritt auf die enge Treppe tat, huschte schon wieder eine Eule heran, ließ sich auf seiner Schulter nieder und huhte müde. Bestimmt ein bescheidener Tag für einen Postausträger.

Grinsend berührte der Junge den flauschigen Bauch des Tieres zärtlich mit der Schläfe, wo er keine Hand frei hatte. „Lass einfach fallen,“ bat er liebevoll, und der Kauz kam dieser Aufforderung liebend gern nach. Die bunt bedruckte Karte mit darauf tanzenden Buchstaben plumpste auf den bereits vorhandenen Berg, und der Vogel erhob sich mit ausgebreiteten Schwingen.

Jedes Mädchen aus dem Hause Gryffindor musste ihm da eine Valentinskarte geschrieben haben! Und ein Paar aus Hufflepuff und Ravenclaw waren dabei, und sogar zwei Slytherins hatten diesen Verrat gewagt! Und wenn er das da richtig sah, war eine Karte tatsächlich von einem Jungen. Herrje. Gut, dass man die nicht alle beantworten musste. Abgesehen davon hatte er nicht eine einzige geschrieben, weil es sowieso nur ein Mädchen gab, das einen solchen Aufwand wert war. Und die hätte hysterisch gelacht oder einen wutentbrannten Anfall bekommen, wenn er sich das getraut hätte. Lily Evans mochte ihn eben nicht, und das war nun mal so. Deshalb hatte er sie auch bis heute nicht gefragt, ob sie im Mai mit ihm zum Ball gehen würde. Die riss ihm eher den Kopf ab, als diese Szene öffentlich werden zu lassen. Und dabei war die Ankündigung der McGonagall mittlerweile sechs Wochen her. Die Stirn runzelnd, seufzte James, stieß mit dem Fuß die schwere Tür auf und zwängte sich durch den engen Spalt in das schwach erleuchtete Zimmer, in dem er und seine Freunde schliefen.

Samstag war's, ein Valentinstag an einem Samstag, und selbstverständlich war daraus prompt das Hogsmeade-Wochenende des Monats geworden. Den Lehrern war es wahrscheinlich ausgesprochen recht, die ganzen schrecklichen Pärchen aus dem Schloss zu treiben, denn es war dazu noch extrem ungemütlich bei diesem matschigen Spätwinterwetter. Das Personal schickte sich gegenseitig alberne Kärtchen und Pralinen, um auf die typische Partnerlosigkeit hin Witze zu machen und sich damit aufzuziehen, und in Verwandlung am Vortag hatte die McGonagall einen so gepflegten Lachkrampf bekommen, dass der Rest der Stunde völlig untergegangen war. Die Sprout hatte ihr einen Kaktus geschickt mit dem netten Kommentar:
„Liebste Minerva! Erinnerte mich an dich! Reichlich stachlig! Sanfte Grüße, Pomona!“

Der hatte der Hauslehrerin von Gryffindor so gut gefallen, dass sie ihn an die Tafel geschrieben hatte. Herrlich! Und Madame Hooch hatte Professor Kesselbrand einen Korb voller Titbits für Trolle und Goodies für Ghule zukommen lassen, einer erlesenen Mischung von Weinbrand-Karamels, an denen der sonst so griesgrämige alte Kauz genüsslich herumgekaut hatte. Der Schulleiter allerdings hatte seine Aufgabe sehr ernst genommen und dafür gesorgt, dass kleine Geschenke, verpackt in schreiend pinke Herzchenpakete, zum Frühstück vor jedem Lehrer und jeder Lehrerin auf dem Tisch gewartet hatten. Professor Pellyn, der Wahrsager, kriegte sich auch am Abend immer noch nicht ein über das Fledermaushütchen, das die Twynham aus ihrem Präsent gezogen hatte.

Immer noch selbst darüber lachen müssend, stolperte James beinahe über einen ganzen Haufen Schuhe und Klamotten von Sirius, die in einem heillosen Durcheinander zwischen dem Ofen und der Bettkante aufgestapelt waren. Wah, was war das denn? Das sah ja wieder aus ... Potter hatte sich heute geflissentlich ferngehalten von Hogsmeade, denn er hatte keine Lust darauf, ständig angebaggert zu werden und mit irgendwelchen weiteren Kärtchen und Geschenken eingedeckt und damit genötigt zu werden, sich mit Umarmungen oder gar Küssen (ihgittigitt, brrrr) zu bedanken. Quidditch-Training hatte er abgehalten, allein, denn sein Team war vollkommen aufgegangen in diesem grässlichen Ritus der Verpaarung und Verbandelung. Und in diesem Jahr war es besonders schlimm wegen dieses unsäglichen Balls.

Die Jungs hatten es verstanden. Zusammen abgezogen waren sie wohl, aber so wie sich dieses Schlachtfeld hier präsentierte, nicht ohne eine handfeste Modenschau á la Black. Merlins Unterhosen, da war er saufroh, dass er sich das erspart hatte! Sowas war entsetzlich. Da gebärdete Sirius sich zwanghaft wie ein eingebildetes Mädchen, testete Hosen im Jive-Schritt und meckerte darüber, wie „fett sein Hintern“ in Cord aussähe. Vielleicht wären seine Ausführungen über die Vorzüge von Schleifen und Tüchern gegenüber der üblichen Schuluniformskrawatte nur halb so lang ausgefallen, wenn Remus ihn nicht blöderweise so ernst nähme dabei. James konnte nicht anders: Er musste lachen.

Die Kiste einfach fallen lassend, entledigte sich der nun fast 16jährige seiner Last, und es schepperte laut, wie Döschen und Kästen darin übereinander purzelten. Ach, Mann, musste er das wirklich alles lesen? Oder war das OK, wenn er ein paar raussuchte, die irgendwie ansprechend wirkten? Naja, was die Süßigkeiten betraf, würden die sowieso brüderlich geteilt werden hier oben im Turmzimmer. Denn Peter bekam niemals Valentinskarten, und erst recht keine Geschenke, und Remus war in der wunderbaren Lage, handverlesene Nachrichten von netten, gebildeten und zumeist auch noch hübschen Damen aus höheren Klassen entgegen nehmen zu dürfen. Persönlich überreicht auf dem Flur oder im Gemeinschaftsraum, nicht so peinlich öffentlich und kichernd beim Essen von irgendwelchen Freundinnen. Hatte schon seine Vorteile, der „arme kranke, süße Junge von nebenan“ zu sein. Hmpf.

Seufzend ließ James sich rückwärts auf das Fußende seines Bettes fallen und stierte gedankenverloren in diesen unglaublichen Berg von Zuneigungsbekundungen. Man beneidete ihn darum, das wusste er ganz genau. Dafür musste niemand gelb werden und platzen, das sah man auch so. Aber die hatten echt keine Ahnung. Sicher, es schmeichelte dem Ego (als wenn er das nötig gehabt hätte), aber das war's dann auch schon. Vor allem, wenn man keines von diesen Mädchen wollte. Sondern nur die eine, die eben diese Gefühle nicht erwiderte. Prustend kratzte er sich unter dem Ohr und am Nacken, wodurch er den Kopf ein wenig zur Seite nehmen musste.

Da sah er es. Und sofort musste er wieder lächeln. Genau das hatte er gemeint. Eine einzelne, simple und offenbar selbst gemachte Valentinskarte lag direkt auf Remus' Kopfkissen, nicht so grausig kitschig überladen und mit einem blamablen, kindischen Spruch versehen. Nicht mal magisch animiert, bloß ganz einfach gehalten, aber das war vermutlich absichtlich, denn die Symbolik war einem Jungen aus so traditionsreichem und altem Hause wie dem der Potters durchaus verständlich und bekannt: Die zarten Knospen von roten Rosen! „Hach!“ seufzte er und hielt sich theatralisch die Herzgegend, auch wenn das niemand sehen konnte. So wie er Mädchen kannte, die Remus Valentinskarten schickten, hatte eben diese Dame auch genau das ausdrücken wollen: Unschuldige Liebe und stille Hoffnung. Sagenhaft trivial! Aber irgendwie wunderbar romantisch.

Aber verdächtig war das ja schon. Was nöhlte der Gute immer rum wegen dieser Verabrederei für den Gründungsball, dass er doch nie eine abkriegen würde und überhaupt! Erst heute Morgen hatte er wieder gestöhnt, als Sirius vom vierten Mädchen gefragt worden war. Und dann kriegte er eine Karte mit so eindeutigen Sinnbildern? Na, also da musste doch irgendwas im Busch sein. Welche junge Frau ihm das wohl hierher gelegt hatte? Es musste eine Gryffindor gewesen sein, denn aus den anderen Häusern kannte niemand das Passwort für die Fette Dame. Ganz abgesehen davon, dass man schon reichlich dreist sein musste, sich hier in einen Jungenschlafsaal hochzuschleichen.

Sich auf die Lippe beißend, hockte James da, die Knie fest zusammen, ganz nach vorn gerutscht und unruhig mit den Beinen schlotternd. Sollte er's wagen? OK war das ja eigentlich nicht. Aber Remus war mit den Jungs in Hogsmeade. Und da würde er sicher so bald nicht zurück sein.

Ach, er würd's einfach machen! Moony würde nicht böse sein, wieso denn auch? Sie schauten sich doch immer zusammen ihre Karten an, das hatten sie von Anfang an gemacht! Allein schon deshalb, weil Sirius und er selbst von Jahr zu Jahr mehr damit überschüttet worden waren und es ohne die Hilfe von fleißigen Sekretären gar nicht schafften, sich durch den ganzen Wust zu arbeiten. Scherzhaft nannten sie es schon das „Potter & Black Fanclub Büro“, wenn sie sich hier auf dem Boden zusammen fanden, um die Kartons auszuschütten und Stapel zu bilden. Also konnte er doch einen einzelnen Gruß an Remus mal lesen, oder?

Immer noch unangenehm war es ihm, und er spürte ein richtig hässliches Ziehen, wie er sich mit auf einem Mal schwitzigen Händen aufstemmte und einen hastigen Satz quer über die Lücke zwischen ihren beiden Betten vollführte.
Nur mit zwei Fingern berührte er das ordentlich gefaltete Duvet, um ja keine Spuren zu hinterlassen, klares Zeichen für sein zwickendes Gewissen, aber James war zu neugierig. Wirklich schön gemacht war das, ein echtes Muggelfoto auf rotem und weißem Tonkarton mit einer dünnen Kordel zwischen den Seiten, und die Schrift mit schwarzer Tusche und gutem Federkiel auf transparentem Japanpapier aufgetragen. Da hatte sich jemand große Mühe gegeben, und die geschwungenen Buchstaben waren extrem sorgfältig, fast liebevoll aufgetragen. Sich wieder auf das eigene Bett, dieses Mal auf die Seite setzend, ohne hinzuschauen, schlug James vorsichtig die Deckel auf und warf einen Blick hinein, und je weiter er las, desto wärmer wurde ihm. Nicht heiß, einfach herrlich warm, und schlimmes Herzklopfen kriegte er auch davon. Bis zum letzten Wort.

„Guter Remus,
ich weiß! Sag's nicht, denk' nichtmal dran! Nimm's einfach hin. Für mich. Nur wissen sollst du's: Du bist mir näher als meine eigenen Träume, und deine Freundschaft bedeutet mehr als ein bisschen Papier fassen könnte. Ich freu' mich auf jeden Mittwoch.
Krattlerbiss bansai!
Lily“


Dann stand es still. Und die Gedanken brachen so wirr los in seinem Kopf, dass sie sich überschlugen und stolperten und fielen, aber nicht in einen geraden Zusammenhang gebracht werden konnten. Seine Augen huschten von links nach rechts und von rechts nach links über das Papier in seiner Hand, das nun bebte von seinen zitternden Fingern, ohne wirklich zu sehen, und er musste die Trockenheit aus dem Mund schlucken. Lily. Die Karte war von Lily. Er konnte sich nicht vormachen, dass sie die Symbolik der Blumen nicht bewusst gewählt hatte. Und er war auch nicht in der Lage, die geschriebenen Worte unschuldig zu deuten, so sehr er sich das auch wünschte. Sich eine Hand vor den Mund legend, dass der Daumen die Nase umfasste, keuchte James, als habe ihm jemand körperlich mit der Faust in den Magen geboxt.

Er musste das weglegen. Weil's zu sehr brannte in den Augen und zu sehr klingelte in den Ohren, weil er ihre Stimme sagen hören konnte, was da stand. Jeden Mittwoch. Lily. Dieser vertraute Scherz am Ende. Lily. Näher als Träume.
Lily.

Sich hochstemmend mit wackligen Knien, beugte James sich vor und legte die Karte vorsichtig zurück auf das Kissen, von dem er sie genommen hatte. Wie lange er dort hockte auf der Matratze und in leere Luft starrte, die nassgeschwitzten Finger ineinander verdreht, das konnte er hinterher nicht mehr sagen. Dunkel war es geworden draußen vor den Fenstern, und das knirschende Geräusch von gegen die Scheiben prasselndem Schneegraupel begleitete jeden Atemzug. Er war nicht wütend. Nicht mal enttäuscht. Was er spürte war eine Mischung aus reißendem Seelenschmerz und liebevoller Trauer. Wie konnte man da böse sein? Das hatte sich doch niemand ausgesucht, oder? Nur ... Jeden Mittwoch. Verwirrt schüttelte James sich, aber die Gedanken waren noch immer mehr Wirbel aus Wind und Worten als fassbare Realität.

Wie die Tür aufgestoßen wurde, das bekam er gar nicht so richtig mit, selbst als ausgerechnet Remus „Hey, James!“ rief, so fröhlich wie man nur nach einem gelungenen Hogsmeade-Ausflug (oder nach einem Mittwoch?) klingen konnte. Er saß nur da und brauchte einen Moment, bevor er aufschauen konnte mit fest ineinander geschobenen Brauen und dem Ausdruck eines erwachsenen Mannes im Gesicht, der soeben von einer Bestattung zurück gekehrt war.

Moonys Wangen waren ganz rot von der Kälte und vom Laufen den steilen Berg und die vielen Stufen hinauf, und er strahlte von einem Ohr zum anderen. In der einen Hand hielt er einen kleinen Sack mit dem Zeichen vom Honigtopf darauf gedruckt, in der anderen sein übliches, bescheidenes Bündel an Valentinskarten, und James hätte es fast nicht geschafft, die Arme auszustrecken, um seine Bestellung aus dem Süßwarengeschäft aufzufangen.

„Hallo, Remus,“ murmelte er nur und starrte etwas unsicher auf den Leinenbeutel, in dem Bonbons und Schokofrösche raschelten, aber dann begriff er und setzte das ganze Ding unangetastet neben sich auf dem Duvet ab. Während Moony sich aus seiner Robe und dem dicken Schal pellte, deutete er auf dessen Bett und kam sich mit einem Mal furchtbar müde vor. Der Tag war anstrengend gewesen. Irgendwie. „Hast 'ne Karte bekommen,“ sagte er tonlos und senkte die Augen wieder, unterdrückte das laute Ausatmen, das ihm entkommen wollte. „Vier!“ hörte er die Stimme des Ältesten zufrieden unter seinem Pullover sagen, den er sich über die Schultern zog, und sein Kopf kam wieder zum Vorschein, die hellbraunen Haare ganz wuschlig und zerzaust. Offenbar meinte er die, die er mitgebracht und fast lieblos auf den Nachttisch befördert hatte, und James verneinte so sacht er konnte, als wäre sein Schädel schwer mit Blei gefüllt. „Nein. Da,“ korrigierte er ihn.

Hinüber schauend in die Richtung, auf die Potter gedeutet hatte, verdunkelte sich Remus' Gesicht nur für einen Moment, um danach nur noch mehr zu leuchten. „Oh! Dann fünf!“ freute er sich, hüpfte näher an sein Bett heran und ließ sich schwer darauf fallen, dass die Federn nur so knarzten. Fast summend, beugte Remus sich darüber, hob die Karte auf und lehnte sich ein wenig nach hinten, um sie zu lesen, und James spürte die Übelkeit in seiner Kehle aufsteigen. Er mochte nicht hingucken. Er wollte das Leuchten in seinen silbernen Augen nicht sehen, wenn er sie verstand, wenn er in Erinnerungen an jeden Mittwoch schwelgte. Es würde ihn auf der Stelle entzwei schneiden, da war er sich hundertprozentig sicher. Aber in seinem Augenwinkel pulsierte das tiefe Blutrot der Rosenknospen und des inneren Einbands so sehr, dass es seinen Blick regelrecht anzog. Remus lächelte bloß. Nicht verklärt, nicht träumerisch. Einfach nur berührt.

Er hielt sich fast komplett zurückgelehnt, die eine Hand hinter dem Kopf und nur gehalten von den eigenen Bauchmuskeln, bevor er seufzte und sich wieder aufsetzte. Mit zusammengekniffenen Lippen nickte Moony zufrieden und stellte die Karte von Lily Evans aufrecht hinter seinen Wecker auf das Nachttischchen, während die anderen vier Valentinsgrüße unbeachtet darunter lagen, wie Untertanen vor der Queen auf die Knie gingen. „Schön,“ sagte er halb gehaucht, halb feststellend, und dann rieb er sich die Hände und ließ die Brauen hüpfen in Vorfreude, direkt gegenüber von James auf der Bettkante sitzend. „Also?“ fragte er auffordernd. „Machen wir Kitschstapel?“ Mit einem breiten Grinsen deutete er auf die unordentliche Kiste voller Pralinenschachteln und Briefchen, die extrem und unangenehm nach zu viel blumigen Parfum rochen. Aber James antwortete nicht, sondern zuckte nur gleichgültig die Achseln.

Nun fiel es ihm auf. Was war denn mit Potter? Er sah niedergeschlagen aus, ja, richtig herunter gedrückt und deprimiert. Matt waren die sonst so glühenden braunen Augen, und ein nachdenklicher Schatten spielte um seine Nase, kaum verdeckt von der runden Brille, und er legte den Kopf halb auf die eigene Schulter, ohne Remus richtig zu beachten. „Hast du was?“ erkundigte der Älteste sich und versuchte, seinen Blick einzufangen, indem er sich vorbeugte und von unten herauf schaute. Nur kurz ließ James das zu, machte ein kleines „hm?“ - Geräusch und schüttelte dann erneut achselzuckend den Kopf. Peter hätte das geschluckt. Und auch Sirius hätte es dabei bewenden lassen, aber nicht Remus. Erst recht beunruhigt, ging er in die Offensive.

Sich vom eigenen Bett erhebend, kam Moony zu ihm herüber und setzte sich links direkt neben ihn, kickte die dämliche Kiste einfach beiseite und verdeutlichte damit, was sie alle eigentlich davon hielten. Recht so. Nur dummes Zeug, bescheuerte Liebesschwüre von kleinen Mädchen, die keine Ahnung von echten Gefühlen hatten. Eben das, was für ihn abfiel. Endlich spürte James so etwas wie ein körperliches Echo seines Schmerzes, wie sich irgendwas gleich hinter dem Schwertfortsatz seines Brustbeins zusammen zu knüllen schien, und er musste mit einem kleinen Stöhnen daran greifen. Damit verriet er sich endgültig.

„James, was ist los?“ fragte Remus' so raue Stimme mit dem weichsten Unterton der Sorge, den er hinein zu legen in der Lage war. James mochte das. Am liebsten hätte er die Augen geschlossen und es wirken lassen, aber irgendwas in ihm wehrte sich dagegen. Und während er damit kämpfte, hatte er keine Kontrolle über seine Zunge. „Wo bist du mittwochs?“ hörte er sich selbst sagen und wollte sich am liebsten gleich den Mund verbieten. Zu spät. Remus hatte verstanden. Aber er verlor weder Farbe, noch zog er sich zurück oder gab irgendein Anzeichen von Verlegenheit oder Scham. Ganz und gar nicht. Bekümmert nur, fuhr er sanft mit einer Hand über James' Schulterblatt und schaute ihn aufmerksam von der Seite her an. Dieses Bärtchen ließ ihn so erwachsen erscheinen. Das hatte James nie zuvor bemerkt.

Mit dem Kinn nur deutete Remus auf die leuchtend rote Karte auf seinem Nachtschrank. „Du hast das gelesen?“ Kein Vorwurf, kein verletzter Unterton, einfach nur eine fragende Feststellung, die es James sehr leicht machte, darauf zu nicken, auch wenn er die Lider schließen musste. Ein winziges Lächeln huschte über Remus' Mundwinkel, das konnte er nicht leugnen, der Jüngere hatte es gesehen. Niemand von ihnen ging darauf ein. „Du triffst dich mit ihr?“ wollte er wissen und schluckte das herunter, was da nun langsam in ihm hochquoll. Auf der Stelle bestätigte Moony mit einem gehauchten „ja.“ Ein gequältes Zucken fuhr durch die Braue über dem Brillenrand, wie er abgehackt nach Luft schnappte. Die schlimmsten Befürchtungen wurden da wahr.

„Wir geben uns Nachhilfe,“ sagte Remus, immer noch seinen Rücken streichelnd wie bei einem Krankenbesuch, und James ließ es sich gefallen. Weil es gut tat. Etwas irritiert kippte der dunkelhaarige 15jährige den Kopf beiseite, damit er ihn anschauen konnte. „Nachhilfe?“ wiederholte er, war sich nicht sicher, ob er das glauben konnte oder wollte. Moony nickte bedächtig, und es schwamm keine Lüge in seinen Augen. „Zaubertränke und Verteidigung,“ erklärte er. Das machte Sinn, musste James zugeben, wenn es auch vollkommen verrückt war. Aber er wollte wenigstens dort ansetzen. „Warum hast du nichts gesagt?“ Von den anderen hatte es doch auch keiner gewusst, oder? Peter sicherlich nicht, dem konnte man keine Dinge anvertrauen, die privat bleiben sollten, da verplapperte er sich in angenehmer Gesellschaft zu gerne und zu leicht. Und Sirius hätte es ihm nicht verschwiegen. Zumindest nicht ohne lautstarken Protest.

Dieses Mal war das Lächeln dauerhaft, und Remus' Blick glitt ab, ohne den Körperkontakt zu unterbrechen. „Einmal, weil,“ fing er an und wog den Kopf hin und her, leise prustend, „weil es total albern ist.“ Ihn anschauend, brauchte er nicht zu zwinkern, um ebenfalls ein kurzes Hochziehen der Mundwinkel zu provozieren. Mehr als albern, ja. Die Jahrgangsbesten und Nachhilfe. Lächerlich. Vermessen nahezu. James nickte verständnisvoll. „Und dann,“ fuhr Remus fort, „weil ich wusste, dass du so reagieren würdest.“ Keine Ahnung, wieso er das jetzt tun musste, aber James schloss die Augen und lehnte sich rücklings gegen die Schulter des Größeren, obwohl er sein eigenes Verhalten nicht begriff. Das war der Kerl, der ihm diesen Schmerz bereitete, oder etwa nicht? Und da suchte er gerade bei ihm Trost? Klar. Denn er war der Einzige, der dieses Gefühl nachvollziehen konnte. Und es war nicht seine Schuld.

„James, da ist nichts zwischen uns,“ versicherte Remus, und seine Stimme übertrug sich mehr brummend von seinem Brustkorb über das Schädeldach des Freundes in dessen Ohren, als dass er sie wie sonst hören konnte. Den Arm um seinen Rücken herum schiebend, hielt er ihn am Oberarm fest und drückte ihn an sich. Wie meinte er das? Zwischen wem? Zwischen ihm und James, etwas, das ihre Freundschaft blockierte? Oder redete er von sich und Lily? Von eben diesen Dingen, die James fürchtete? Oder vielleicht von beidem? Damit fuhr er gut, entschied der Jüngere und nickte.

Nachhilfe also, ja? Zaubertränke und Verteidigung. Krattlerbiss bansai. Am liebsten hätte James sich mit der flachen Hand vor die Stirn geschlagen. Das machte wirklich Sinn dadurch. Ein Schlachtruf aus den zusätzlichen Stunden, die er ihr gab, so wie er ihnen all diese Zauber beibrachte. Und trotzdem ... „Sie liebt dich,“ flüsterte James leise und musste schlucken, weil die Tränen jetzt sehr rasch aufstiegen und ihm regelrecht in die Augen schossen. Hastig schloss er die Lider, aber ein winziger Tropfen blieb auf Remus' Hemd hängen und saugte sich bis auf die Haut durch. Er musste das spüren. Den Kopf schüttelnd, war Moony froh, dass James sein Gesicht nicht sehen konnte, wie sich die dunklen Ringe einen Moment lang tiefer eingruben. „Sie denkt nur, dass sie's tut,“ verneinte er. So ein Blödsinn. Hatte er das nicht gelesen? Hatte er das nicht verstanden? Am liebsten hätte James geprustet, aber es ging irgendwie nicht. Das war nicht zu begreifen. So ein tolles Mädchen. Und Remus ließ sich nicht darauf ein. Und dann fühlte er die kleinen, knubbeligen Narben an seinem Ohr, wie er die Schläfe gegen seine Brust presste, und ihm blieb wieder das Herz stehen, wie es ihm dämmerte.

Seinen Oberarm fester drückend, rüttelte Remus ihn ein wenig und schaute ihm wieder ins Gesicht, so gut es ging, längst wieder lächelnd, auch wenn da ein winziger Schatten zurückblieb. „Du kannst das hinkriegen, James, ich weiß das, ich kenne euch beide,“ ermutigte er ihn und zwinkerte, aber da rollte der Jüngere nur mit den Augen. „Sie hasst mich wie die Pest, hab' ich recht?“ Augenblicklich nickte Remus fast verzweifelt und grinste dabei nur umso breiter. „Wie ein Furunkel am Arsch!“ Sie beide mussten lachen, halb traurig, halb tatsächlich amüsiert, und James wischte sich nun offen schniefend über die Nase.

Seufzend schüttelte Potter den Kopf und warf Remus von schräg unten einen leidenden Blick zu. „Wie nur, Moony, wie?“ fragte er völlig hilflos und machte ein Geräusch ohne die geringste Hoffnung auf Antwort, doch sein älterer Freund lächelte bloß weiter und rieb ihm die Schulter. „Indem du James Potter bist,“ gab er ihm ein viel zu einfach klingendes Patentrezept, das der 15jährige obendrein absolut nicht verstand. „So wie bei uns,“ präzisierte Remus und stubste ihn liebevoll an. „Nur einmal, ein einziges Mal müsste sie dich so sehen, und sie würde sich sofort in dich verlieben,“ behauptete er dreist und schloss für einen verlängerten Reflex die Lider dabei. Toll gesagt. Sehr poetisch. Rührend. Aber James glaubte ihm kein Wort und schnaubte lautstark.

Die schwere Eichentür flog regelrecht auf, wie Peter hineinstürmte und keckernd lachte, sich weder darum scherte, dass seine beiden Zimmergenossen dort richtiggehend aneinander gekuschelt auf dem Bett saßen, noch überhaupt von etwas anderem Notiz nahm als seinem eigenen Spaß. Quietschend sprang er in voller Montur auf seine Matratze und lachte einfach weiter, rollte sich herum auf den Rücken und wieder auf die Knie, um weiter zu hüpfen. Sie beide, Remus und James, starrten ihn nur an wie einen ausgebrochenen Irren, bevor sie die Köpfe schüttelten und sich einander zuwandten, um wenigstens einen einigermaßen befriedigenden Abschluss für dieses Gespräch zu finden. Ihn drückend, schaute Remus dem Jüngeren fest in die jetzt verweinten, braunen Augen.

„Wieder gut?“ fragte er, und James nickte zuversichtlich und nahm sich die Brille ab, um sich die letzten Tränen abzuwischen. Ja, es fühlte sich wirklich erheblich besser an, das musste er schon zugeben.

Peter quiekte wie ein glückliches Ferkel im Schlamm und schien endlich mitzukriegen, dass er nicht alleine war. „Ey, Leute! Leute!“ kicherte er und musste sich eine Hand vor den Mund halten. „Ratet, wo Sirius gerade sitzt!“ verlangte er, unterdrückte den Lachanfall und schaute sie beide fordernd nickend an, die Hasenzähne auf der Unterlippe. Aber keiner von ihnen antwortete. James zuckte die Achseln und Remus rotierte die Hand um das eigene Gelenk. „Wo sitzt er, Peter?“ Und da brach es aus Pettigrew heraus, schreiend, lachend wie wahnsinnig: „Bei Madame Puddifoot!“ Schockierend.


Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.

Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel

Twitter
HPXperts-Shop
Soundtrack: Der Hobbit 3
Top-News
Suche
Updates
Samstag, 01.07.
Neue FF von SarahGranger
Freitag, 02.06.
Neue FF von Laurien87
Mittwoch, 24.05.
Neue FF von Lily Potter
Zitat
Meine größte Angst ist es, dass man mich immer mit meiner Rolle identifiziert. Ich möchte noch andere Dinge tun.
Emma Watson