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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - In Blacks Folterkeller

von Teekon

Mit zusammengepressten Kiefern knirschte Sirius mit den Zähnen und schaute ihn aus grübelnden, zu Schlitzen verengten Augen eindringlich an. Das waren keine guten Nachrichten, absolut nicht. Er seufzte und suchte die weicheren, blasseren Züge des anderen Jungen lange und sorgfältig ab. Das Kinn gesenkt, aber dennoch seinen Blick standhaft erwidernd, hatte er die Stirn in unzählige Falten gelegt, und die dunklen, geschwungenen Brauen kräuselten sich davon in Sorge auf wie der Faden eines abgeribbelten Strickpullovers. Die Zungenspitze ganz fein nur zwischen den Lippen, kaute Regulus darauf herum, und seine fast schwarzen Augen glitzerten unruhig.

Vorsichtig, sehr langsam, schüttelte Sirius Black den Kopf und seufzte schon wieder, ohne auch nur die Augen aus denen seines jüngeren Bruders zu nehmen. Man konnte regelrecht zuschauen, wie die Verzweiflung in die Miene und die ganze Körperhaltung des 14jährigen einkehrte. Seine Schultern sackten ein, auch wenn er das Rückgrat durchdrückte, um ein wenig größer zu erscheinen, und er machte den Mund auf und atmete abgehackt durch die Nase ein, aber der Ältere hob abwehrend die Hände, bevor er etwas sagen konnte. „Mir gefällt das überhaupt nicht, Reg,“ benutzte er den Kosenamen, damit er verstand, worum es ihm ging.

Erneut nach Luft schnappend, schüttelte Regulus seine wesentlich längeren Locken und wedelte mit dem aufgerollten Stück Pergament herum, das er heute morgen beim Frühstück von der riesigen Sperbereule erhalten hatte, der sonst in einem goldenen Käfig im Salon von Grimmauld Place Nr. 12 hockte. „Das gibt Riesenärger, wenn du nicht mitkommst!“ bettelte er richtiggehend und schaute seinen Bruder an, als ginge es um seine Henkersmahlzeit. Noch ehe er ganz zuende gesprochen hatte, rollte Sirius mit den Augen und wackelte mit dem Kopf hin und her. „Ja, Reg, ich weiß!“ bestätigte er diese Annahme. Wäre dem nicht so gewesen, würde er sich schließlich keinerlei Gedanken machen.

Anderen Eltern hätte man sagen können: „Sorry, Ma, hab' keine Lust, schaffst du's auch ohne meine geschätzte Anwesenheit?“ Aber Vätern und Müttern, mit denen man auf diese Weise reden konnte, wollte man auch nicht so intensiv aus dem Weg gehen, dass man eine solche Bitte abgeschlagen hätte. Aber hier konnte man nicht einmal von einer Bitte sprechen. Ein Befehl war es. Und dann auch noch durch einen Boten überbracht, statt direkt vorgetragen. Wieso konnten sie nicht ihm selbst einen Brief schreiben, in dem sie seine Heimkehr über die Weihnachts- und Neujahrsfeiertage verlangten? Warum mussten sie dafür den Kleinen missbrauchen? Wie unangenehm ihm das war! Wie gehetzt er ausschaute, die Wangen ganz rot und die Augen schon voller Tränchen, bevor er überhaupt davon angefangen hatte.

Die Wut, die sich darüber in Sirius' Magen angesammelt hatte, konnte nicht einmal richtig heraus, denn er wollte es nicht noch schlimmer machen für ihn. Versteckt im Ärmel seiner Robe ballte er die Faust und ließ erneut die Zähne lautstark übereinander gleiten, bis ihm Schmerz in die Wurzeln schoss und er es sein lassen musste. Regulus sah ihn so bittend an, dass er es ihm kaum abschlagen konnte. Eigentlich war es ihm herzlich scheißegal, ob die alten Herrschaften sich aufregen wollten, ob sie tobten und schrien, wenn er einfach hier blieb und so tat, als habe er entweder nicht verstanden oder schlicht und ergreifend die Wahrheit sagte: Kein Bock auf heile Familie spielen, bloß weil irgendwelche Verwandtschaft reinschneite, die sich sonst das ganze Jahr nicht drum scherte.

Aber es ging nicht. Er konnte das nicht bringen. Nicht wegen ihm selbst, sondern wegen Reg. „Die reißen mir den Kopf ab,“ flüsterte der Junge verzweifelt und biss sich auf die Unterlippe, wie er mit jedem Wort heiserer wurde. Genau das war das Problem an dieser Angelegenheit. Es wäre seine Schuld, wenn Sirius nicht nach Hause kam, denn schließlich war er der Überbringer dieser deprimierenden Nachrichten. Und das war einfach nicht fair. Pure Absicht war das, sie so gegeneinander auszuspielen. Ein weiterer Grund nur in einer endlosen Litanei, wieso er sie verabscheute, verachtete, hassen konnte. „Ich weiß,“ sagte Sirius nur tonlos und seufzte.

„Also, kommst du?“ fragte Regulus leise hoffnungsvoll und faltete die Hände unter seiner Nase wie zum Gebet, die Zähne bleckend wie ein ängstlicher Jack Russel Terrier, wenn er dem großen schwarzen Wolfhound begegnete, der öfter mal durch Hogsmeade lief. Sirius schwieg und starrte sich auf die flach auf die Oberschenkel gelegten Finger, wie er da in der verborgenen Nische hockte und sich mit geradem Rücken gegen die kühle, feuchte Steinwand lehnte. Die Beine taten ihm weh, und er konnte spüren, wie ihm das abgequetschte Blut in den Kniekehlen stockte, und der Puls versuchte, hart dagegen anzupumpen. Die Knöchel schmerzten, und die Zehen begannen zu kribbeln, so unbequem war es hier unten.

Leider war das die einzige Möglichkeit, die sie hatten, um sich zu treffen, wollte Sirius ihm nicht unbedingt einen der vielen Geheimgänge preisgeben, die er und seine Freunde regelmäßig benutzten. Das mochte einem Außenstehenden vielleicht furchtbar erscheinen (wenn es denn irgendwer gewusst hätte), aber da vertrat Sirius eine ganz pragmatische Ansicht: Vertraue niemandem außerhalb deines eingeschworenen Kreises! Und da gehörte Regulus nunmal nicht dazu, Fleisch und Blut hin oder her. Und wenn sie tausendfach die gleichen Augen, die gleichen Haare, die selbe Art, sich zu bewegen hatten, so war sein kleiner Bruder eben immer noch ein Slytherin.

Und weil Sirius mehr Schneid hatte, größer, älter und mittlerweile sagenhaft berühmt-berüchtigt war ob seiner Fähigkeiten mit dem Zauberstab (nicht ganz unschuldig daran die prestige-trächtige Aktion im vergangenen Winter, nach der Domenikus Wilkes zwei Wochen bei Madame Pomfrey verbracht hatte, bevor er sich dem Strafkommando hatte anschließen dürfen), trafen sie sich eben besser hier unten in den Verließen als in der Nähe des Gryffindor'schen Gemeinschaftsraums. Niemand hier unten würde es wagen, Black anzugreifen oder auch nur das Maul frech aufzureißen. Damit riskierte man zu viel. Regulus allerdings oben im siebten Stock, das würde nicht nur Gerede geben, sondern auch ernsthafte Schwierigkeiten. Sirius nahm man es ab, dass er aus reiner Provokation hier unten herumschlich.

Im Schneidersitz auf den eigenen Füßen hockend, blinzelte der Jüngere der Brüder und versuchte zu warten, bis Sirius seine Gedanken zuende geordnet hatte. Er konnte ihn einfach nicht im Stich lassen, das konnte er ihm nicht antun, das durfte er nicht. Sie würden ihn anschreien und furchtbar zu ihm sein, wenn er ihn nicht mitbrachte, und Regulus mochte sowas gar nicht. Wie der Große das jedes Mal aushielt – keine Ahnung. Mit so stoischer Ruhe nahm Sirius die Beleidigungen und Demütigungen hin, summte dabei meist noch und beschäftigte sich so demonstrativ mit etwas Anderem, als perle jedes schneidende Wort an ihm ab. Niemals zeigte er Schwäche gegenüber der Gefühlskälte von O.A.B., nie und nimmer ließ er sich von den Erniedrigungen der Mutter einschüchtern. Im Gegenteil: Ihre Schreiduelle gewann er mittlerweile sogar immer häufiger, was Walpurga Black erst recht in den Wahnsinn trieb und sich nur noch schlimmer gebärden ließ. Sirius kratzte es nicht.

Ach, könnte er doch auch nur so stark, so unabhängig, so dickhäutig sein! Aber so war es eben nicht. Regulus kam nicht auf Großvater Arcturus heraus. Ihm tat es weh, von den eigenen Eltern schlecht behandelt zu werden. Und seine einzige Waffe war es, eben konform zu gehen.

Die Erkenntnis traf ihn wie ein Schlag, wie er da in die grübelnden, hin und her huschenden Augen seines großen Bruders schaute, und Regulus zuckte zusammen. „Du wirst mich doch sowieso bald verlassen, stimmt's?“ fragte er, murmelnd, krächzend, und er fixierte den Blick, den Sirius nun hob. Der Ältere sagte kein Wort, bewegte keinen einzigen Muskel in seinem Gesicht. Und Regulus begriff auch so und schnaubte halb lachend, halb niedergeschlagen. Natürlich. Sobald Sirius das 17. Lebensjahr vollendet hatte, von Ende der Woche an in einem Jahr, würde er aus seinem Elternhaus ausziehen und niemals zurückkehren. Das war so klar wie Veritaserum. Dieses haltlose Schwanken ganz tief in ihm drin, das diese Einsicht hervorgerufen hatte, das wollte sich nicht unterdrücken lassen, und hätte er jetzt aufstehen müssen, Regulus Black wäre umgefallen, als habe er Stämme statt Füßen.

Einen Arm ausstreckend, griff Sirius nach seiner Halsbeuge und drückte ihn fest unter dem grünen Kragen seiner Schuluniform. „Ich komme mit,“ erlöste er ihn aus dieser schwindeligen Einsamkeit, auch wenn der Jüngere das in diesem Moment nicht so richtig mitbekam. Denn gleichzeitig bestätigte er damit seine Befürchtungen. Anderthalb Jahre allein im Hause Black, bevor er selbst würde gehen können. Wenn er das denn überhaupt wollte. Und wie würden sie darauf reagieren, wenn Sirius fortging? Vor seinem geistigen Auge sah er die winzigen Brandflecken in der Wandvertäfelung, wo einstmals gestandene Mitglieder der Familie verewigt gewesen waren. Nur war das auch möglich? Sirius war der Stammhalter, er war das zukünftige Oberhaupt des Clans. Ob sie sich das wirklich traute? Und was würde Vater dazu sagen? Er wusste es nicht.

„Mach' dir keine Sorgen, Reg, es wird alles gut,“ versprach Sirius und stemmte sich mit einer Hand ab, um sich an der Wand hinauf zu ziehen. Es war spät, und Filch würde durch die Gänge stromern und nach herumlaufenden Schülern suchen (oder nach Peeves, den er seit der Sache mit dem Küchenraub letztens noch mehr hasste als sonst, bei dem sämtliche Töpfe abhanden gekommen waren und es deshalb zum Frühstück nur Kaltes und Gebratenes gegeben hatte), und ehrlich gesagt hatte Sirius keine Lust, ganz allein auf ihn zu treffen. Na, nur hier den Korridor vor dem Klassenzimmer für Zaubertränke hinunter und dann die Treppe hoch, und von da aus konnte er durch den Geheimgang der langen Wendeltreppe bis direkt vor seinen eigenen Gemeinschaftsraum gelangen. Und Regulus brauchte nur gut 100 Yards schnurstracks geradeaus zu laufen.

Der Jüngere konnte gar nicht antworten, ließ sich von seinem Bruder aber aufhelfen und schlang kurz, aber impulsiv einen Arm um seinen Hals. Überrascht, ein wenig langsam, reagierte Sirius darauf und drückte ihn zurück, während er hinter seinem Rücken ein richtig erschrockenes Gesicht machte. Gut, dass das hier keiner sehen konnte. Dafür waren sie doch mittlerweile wirklich ein bisschen zu alt, oder?

Ohne ein weiteres Wort, schlüpften die Black-Brüder aus der winzigen Nische heraus und schlichen vorsichtig an der Wand entlang, strengstens darauf bedacht, keinerlei Geräusche mit den Sohlen ihrer Lederschuhe zu verursachen. Sirius ging voran, presste sich gegen die Steine und lugte bedacht um die Ecke herum. Nichts und niemand zu sehen, die Luft rein bis zu der hässlichen Büste von Salazar Slytherin im Eingang zur Stiege, und keine Schatten auf dem Absatz der breiten Marmortreppen zum Foyer.

Fackeln flackernden sacht im Zug, beleuchteten gespenstisch grünlich irgendwie die klammen Wände des Ganges, aber die Tür zu Slughorns Büro war verschlossen, und in den Buchten voller Vasen und Statuen rührte sich nichts.

Ihm ein Zeichen mit dem Kinn und zwei aufeinander gelegten Fingern machend, gab Sirius den Weg frei, und Regulus nickte ihm zu und klopfte ihm zum Abschied brüderlich auf den Oberarm. Auf Zehenspitzen, dennoch erstaunlich schnell, eilte er über die offene T-Kreuzung hinweg und erreichte problemlos die Deckung dort, bevor er sich noch einmal umdrehte. Zwinkernd mit beiden Augen, salutierend, verabschiedeten sich die Blacks von einander, und dann stob Regulus so rasch wie möglich den langen Gang hinunter zu den drei von Säulen umschlossenen Stufen, über denen sich die mit Passwort geschützte Tür zum Gemeinschaftsraum der Slytherins befand. Er murmelte dort hinten, und schon war er dahinter verschwunden, und Sirius war allein.

Er seufzte und verharrte einen Augenblick an dieser Stelle, lehnte sich gegen die kühlen Steine, bis der Hinterkopf ganz kalt geworden war, und schloss die Lider. Das würde die Hölle werden. Er hatte keine Wahl, es wäre nicht richtig gewesen, doch wie geplant in Hogwarts zu bleiben. Und Regulus konnte nichts dafür, dass ihrer beider Eltern entsetzliche Widerlinge waren. Das musste er nicht für ihn ausbaden. Es würde schon irgendwie gehen. Es musste. Aber jetzt war es Zeit, das aus dem Kopf zu verbannen. Er konnte mit den Jungs darüber reden, oben im Turmzimmer, denn so langsam würden sie sich alle dort wieder eingefunden haben. Also weg hier.

Den Zauberstab zückend, leerte Sirius seine Gedanken, so gut er konnte, wenn auch die unterschwellige Wut und dieses bittere Gefühl aus falschem Hass sich nicht vertreiben ließen. Seine eigenen Eltern verabscheuen. Das war nicht richtig, das fühlte sich nicht in Ordnung an. Und trotzdem wusste er, dass er jeden Grund und jedes Recht dazu hatte. Für diese Berechtigung, die sie ihm zu einer solchen Empfindung gaben, hasste er sie gleich noch mal so sehr. Seine Finger schlossen sich fest um das kunstvoll geschnitzte Buchenholz, bis die Knöchel weiß hervortraten.

Ein bisschen mehr Vorsicht musste er auf seinem Heimweg walten lassen. Direkt vor dem eigenen Gemeinschaftsraum herumzuhampeln, war nicht so tragisch, aber das bordeauxrote Innenfutter seiner Robe wies ihn, auch ohne sein bekanntes Gesicht, als einen Gryffindor aus, und sein Platz um diese Uhrzeit befand sich unglücklicherweise genau am anderen Ende des Schlosses, acht Stockwerke höher. Also sollte man sich sicher sein, dass niemand da draußen herumschlich, bevor man sich aus der Deckung wagte. „Hominis revellio,“ murmelte Sirius und deutete blindlings den offenbar leeren Korridor hinunter, ohne wirklich etwas zu erwarten. Viel zu still und viel zu friedlich lagen die Verließe da.

Ein Schub eiskalter Hitze schoss ihm deshalb den Nacken hinauf und mitten in die Schaltzentrale seines Hirns, als das gelbe Pulsieren sich in den dunklen Schatten zwischen Slughorns Tür und einer steinernen Trollkeule bemerkbar machte. Merlins Bart! Da stand jemand! Eine Person versteckte sich halb hinter der Statue von Gondoline Oliphant in der Finsternis und rührte sich nicht. Filch? Nein, der konnte sich nicht angeschlichen haben, sie hätten ihn gehört! Das hieß dann wohl, dass dieser jemand dort schon gehockt hatte, als er und Regulus hier herunter gekommen waren! Sirius schwitzte, Sirius konnte kaum seine Atemfrequenz herunter schrauben. Es gab keinen anderen Weg, er musste dort vorbei, er ...

Das war nicht Filch. Zu groß. Zu schlank, zu schlacksig, das war auch in der gebückten Haltung deutlich zu erkennen. Und dann dämmerte es ihm, begriff er, wen er da mit Hilfe seines Aufspür-Zaubers entdeckt hatte. Natürlich, klar. War ja nicht das erste Mal, dass er ihn dabei erwischte, auch wenn er ihn nie darauf angesprochen hatte. War auch nie nötig gewesen. Denn für gewöhnlich flüsterten sich die Jungs entsprechend etwas zu, teilten sich auf, huschten rasch um Ecken und sofort in einen Geheimgang oder hinter einen der vielen illusionären Wandteppiche, bis der Trottel dann strunzdumm und blöd dreinschauend auf dem Korridor erschien und sich nicht erklären konnte, wo sie hin waren. Schnüffler! Genau passend zu seinem Spitznamen – Snivellus!

'Klogriff, Sniffy!' dachte Sirius und grinste grimmig. Nicht der passende Zeitpunkt, um ihm in die Quere zu kommen. Seine Laune war mies. Er war zornig und verletzt und hatte gar nichts einzuwenden gegen ein passendes Ventil. Und er hatte sowieso die Schnauze voll davon. Was bildete der sich eigentlich ein, huh? Ihnen nachlaufen wie eine billige Dreckstöle, wie eine streunende Straßenkatze! Ging ihn überhaupt nichts an, wo sie hingingen, was sie taten. Sollte sich besser da raus halten. War sowieso zu hoch für ihn, und Muttis Lieblinge gehörten ins Bettchen um diese Zeit. Sich die Lippen leckend, setzte Sirius zum Angriff an, und er hätte vermutlich einen extrem gemeinen Treffer gelandet, wenn ihn nicht die nächste Überraschung umgehauen hätte.

Gerade als Black einen Fuß um die Ecke in den langen Schenkel des Ts setzen wollte, knarrte die Klinke der niedrigen, rundbogigen Tür gegenüber von Professor Slughorns Privatgemächern, und während sich die Eichenpforte in den abgedunkelten Klassenraum öffnete, drangen schon leise flüsternde Stimmen auf den Flur hinaus. Augenblicklich zog Sirius sich zurück und spähte nur noch vorsichtig um die gemauerten Steine herum, noch ehe er die Schülerin und ihren Begleiter erkannt hatte.

„Schockierend!“ kicherte Lily Evans und schüttelte ihre schönen roten Haare (Mann, da hatte James schon recht, die waren 'ne Wucht), wie sie im Gehen über ihre Schulter schaute. Mit zwei Büchern unter dem Arm trat sie aus dem Unterrichtssaal für Zaubertränke heraus, dicht gefolgt von einem jungen Mann, der so groß war, dass er sich unter dem Schlag bücken musste.

„Tschuldige!“ grinste Remus Lupin, richtete sich wieder auf und zog die Tür hinter ihnen beiden zu. Im ersten Moment spitzte Sirius die Lippen wie ein dussliger Goldfisch im Glas und zog die Brauen so hoch, dass sie mit seinem Haaransatz zu verschmelzen drohten. Oh la la, was war denn das für eine Aktion? Fast hätte er laut gepfiffen, ließ das aber doch lieber sein und schaute sich das genau so interessiert an wie Snape, der sich nun, wo das Paar sich ohne großartige Vorsicht in Richtung Treppe wandte, aus seinem Versteck zu trauen schien.

Die Spitze der langen, gebogenen Hakennase zuerst, dann ein Vorhang aus schwarzem, glänzendem Haar lugte hinter dem ausgestreckten Arm der Oliphant hervor, und wie er sich eine Strähne davon langsam aus dem Gesicht strich, wurden die verkniffenen, wütend verengten dunklen Augen sichtbar. Und Sirius verstand: Er war nicht wegen Reg und ihm hier gewesen. Das war reiner Zufall, dass er ihn zu sehen bekommen hatte auf seinem Weg zu dem Treffen mit seinem kleinen Bruder. Wegen dieser Zwei hatte er sich hier verborgen gehalten, weil er, aus Versehen oder mit Absicht, mitbekommen hatte, wie sie sich hier in diesem Klassenraum verschanzten. Klar gefiel ihm das nicht. Sirius grinste und schüttelte den Kopf. Ganz ehrlich: Wenn James sich schon so blöd anstellte, dass er bei Evans keine Chance haben konnte, brauchte Snapeylein sich doch nun wirklich nichts vormachen. Der baggerte doch schon seit Jahren an ihr rum, und es brachte rein gar nichts. Manche lernten es eben nicht.

Die Bücher unter ihrem Arm sortierend, schaute Lily zu Remus auf und lachte immer noch völlig sorglos ob der späten Stunde mit schrecklich glitzernden Augen. Schien keinem von ihnen beiden was auszumachen, dass Slughorn direkt gegenüber sicherlich vor seinem Kamin hockte, Essays korrigierte und Unterricht vorbereitete, und taub war der Dicke nun wirklich nicht. Das und die Tatsache, dass Lily „Zaubertränke für Fortgeschrittene“ von Borage fast schon demonstrativ mit dem Deckel nach außen präsentierte, ließ bei Sirius ein verstehendes Licht angehen. Ah, die zwei alten Streberleichen übten heimlich, was? Und Slughorn wusste davon, hatte dem Mädchen wahrscheinlich anstandslos einen Zweitschlüssel zukommen lassen. Kein Wunder, dass Remus davon kein Wort erwähnt hatte! Zaubertränke! Da drin war er mindestens genau so grottig wie seine Freunde. Und ihm war das superpeinlich. Und obendrein ... Natürlich ließ er sich da von Lily helfen, die war nunmal gut darin. Befreundet, wie die beiden Präfekten waren, sollte das doch keine Schwierigkeit darstellen. Außer für James, bestimmt. Und für Snape.

Ganz ernsthaft: Das sah auch total verfänglich aus. Sirius musste fürchterlich grinsen und sich eine Hand vor den Mund halten, um nicht brüllend und bellend loszulachen. Remus hatte ganz verlegen die Fäuste in den Hosentaschen versenkt, wie er lächelnd in ihre Richtung einknickte. „Warst toll heute!“ flüsterte er ganz heiser und busselte sie mit seinem fussligen Bart sacht wie eine Fliege auf den Jochbogen. Quietschend kicherte Lily los, weil das einfach kitzeln musste. „Ach, du!“ lachte sie und winkte ab, bevor sie ebenfalls ganz vertraut wurde und ihm mit Daumen und Zeigefinger ans Kinn griff. „Warst selber gut,“ hauchte das Mädchen und zwinkerte, und wie sie sich in Bewegung setzten, schlug Sirius die Hände vor Mund und Nase zusammen und hielt die Luft an, bis sein Kopf rot wie ein Hummer in heißem Wasser wurde. Ah, klasse! Diese unglaubliche Zweideutigkeit trieb etwas wie Farbe in Snapes Gesicht, wenn das bei ihm auch eher den Eindruck von akuter Gelbsucht erzeugte.

Leise plaudernd, unbeschwert und ohne Angst, von Filch entdeckt zu werden (kein Wunder mit einer schriftlichen Erlaubnis von Sluggy in der Tasche), schlenderten die beiden Gryffindors gemeinsam den Korridor hinunter, bogen vor der Büste nach links ab, und ihre Schritte, Lilys klackernd, Remus' schlurfend, verhallten auf der Treppe. Erst jetzt sprang der spindeldürre Slytherin aus seinem Versteck, und da stand er nun. Die Fäuste ballend, entspannend und wieder zusammenführend, die Arme lang und steif an den Seiten herunter hängen lassend, beugte er den Kopf auf dem Hals unter seinen mehr und mehr zunehmenden Buckel, und der ganze Kerl bebte, so heftig atmete er. Sirius konnte sein Gesicht nicht mehr sehen, aber das war auch nicht notwendig, um die gleißende Wut und die stechende Eifersucht zu spüren. Snape schwitzte diese Gefühle regelrecht aus.

Das war der richtige Zeitpunkt. Das freche Grinsen unterdrückend, trat Black hinter der Ecke hervor und tat gekonnt so, als wäre er auf einem völlig normalen Abendspaziergang auf der Promenade von Brighton, als flaniere er nur im Sonnenuntergang eines herrlichen südenglischen Kurortes. Die eigenen Fingernägel betrachtend, wie nach einer frischen Maniküre, den Zauberstab weggesteckt, die zweite Hand lässig in der Hosentasche mit zurückgeschlagener Robe, summte er vor sich hin und spielte den Erschrockenen, als er direkt hinter Snapes zitternden Fersen innehielt. „Huch!“ rief er wie eine alte Jungfer, und sofort schwang die ganze Bohnenstange herum.

Er hatte ihn wohl wirklich erst jetzt bemerkt. So vertieft in seine verwirrten, konfusen Gedanken über diese Szene, derer er gerade Zeuge geworden war, hatte Severus alles um sich herum vergessen. Und jetzt das. Sirius Black. Gewachsen in den vergangenen Monaten ragte Black nun, trotz Snapes eigener, nicht gerade durchschnittlicher Größe, einen guten halben Kopf über ihm auf, und er grinste süffisant auf den dürren Jugendlichen herab. Die gelblich angelaufene Gesichtsfarbe bekam einen rötlichen Touch, und Snapes dunkle Augen glühten auf in der von Fackeln beschienenen Dunkelheit. Das hatte ihm gerade noch gefehlt zu einem rundum versauten Tag. Es war so offensichtlich, was da drin passiert war! So entsetzlich deutlich! Ihm war schlecht. Richtig körperlich übel. Und was tat Black?

„Wundervoller Abend, was, Snivellus?“ befand er mit dem breitesten Zähneblecken, und wäre Severus nicht so durcheinander gewesen, dann hätte er vielleicht etwas gemerkt, etwas geahnt. Aber es ging nicht. Sein sonst messerscharfer Verstand arbeitete nicht richtig, wenn es sich um Lily drehte, das war immer so. Und heute, heute funktionierte gar nichts mehr. Wieso Black weder seinen Zauberstab zückte, noch zu verbalen Attacken überging oder auch nur irgendwie abweisend und wie üblich aggressiv auf ihn reagierte, das wollte ihm nicht mal auffallen. Er selbst jedoch sah keinen Grund für diese übermäßige Freundlichkeit, sondern begriff den Gruß zumindest ironisch. „Hau einfach ab, Black!“ spuckte er ihm regelrecht vor die Füße.

Augenblicklich huschte ein Schatten über Sirius' Augen, aber er betrachtete wieder nur seine Nägel, spielte an der Falz herum und streckte dann die Finger aus. „Na na, Sniffy, was sind wir denn so unhöflich?“ grinste er noch immer, und Severus blähte die Nasenflügel. Dieser blöde Arsch! Der Slytherin antwortete nicht. Dafür war ihm mit einem Mal der Kragen zu eng. Und dann schaute Black auf, das Grinsen zu einem boshaften Hohnlächeln wandelnd, direkt in seine Augen voller geplatzter Äderchen. „Oder ist's dir etwa peinlich, beim Rumschnüffeln erwischt zu werden, Snivellus?“ betonte er den so verhassten Hänselnamen besonders stark, brauchte nicht zu erklären, wieso er das tat.

Snape lief hochrot an. Vor Scham versank er regelrecht im Boden, man konnte ihm dabei zuschauen, wie er kleiner und kleiner wurde, der doch immer der zweitgrößte im Jahrgang gewesen war. Wie symbolisch. Immer kürzer als Remus, immer irgendwie unter ihm. Dieser Gedanke ließ Severus mit den Zähnen knirschen. Im Unterricht, in der Gunst von Freunden und Mitschülern, bei Lily. Schlimmer als je zuvor jetzt. Und Black stand nur da und betrachtete ihn wie einen kuriosen niedlichen Hamster bei einem Experiment im Laufrad. Auf links tippen – Futter. Auf rechts tippen – Finger verbrannt. Verbrannt, verbrannt, verbrannt.

Und er wartete auf eine Antwort. Severus fiel keine ein. Was sollte man darauf auch erwidern? Es stimmte. Er „schnüffelte“. Es gefiel ihm selbst nicht, aber was sollte er schon machen? Keine andere Wahl, oder? Außer darüber zu reden. Aber das konnte er nicht. Dann müsste er's ihr sagen. Nein. Auf keinen Fall. Und diese Blöße würde er sich Black gegenüber sicher nicht geben. Für einen Moment war da ein unglaublich komisches Gefühl in seiner Brust, eine merkwürdige Stimme in seinem Kopf. Einen Freund. Dem er das erzählen könnte. Das wär' doch schön, oder? Wär' das nicht toll? So wie diese vier Jungen? Die einfach alles hatten. Alles! Und jetzt auch noch das, was ihm ganz allein gehört hatte. Es zerfetzte sich von selbst und machte Platz für mehr Wut.

Sirius seufzte, nahm endlich die Augen aus seinen und schüttelte den Kopf, so gespielt mitleidig, dass Severus sich fest auf die Zunge beißen musste, um ihm nicht auf der Stelle eine reinzuhauen. „Tragisch, Sniffy, tragisch,“ bettete Black in einen Ausatmer und presste die Lippen zusammen. „Wenn's denn wenigstens was Interessantes zu sehen gäb', nicht? Statt Süßholzgeraspel und Küsschen hier und Küsschen da, hm?“ Er wusste genau, dass es eben das war, was Snape so in Rage trieb. Und trotzdem tat er es ab wie nichts. Das Wasser herunterschluckend, unterdrückte der Slytherin das Keuchen, ballte nur die Finger fester zusammen und starrte ihn an. Wieso ging er nicht einfach? Warum ließ er diesen Dreckskerl nicht stehen? Weil er hören wollte, was er zu sagen hatte.

Und Black begriff das. Ein geübter Pokerspieler, lächelte er wieder, nun halb herausfordernd, halb tatsächlich wohlwollend. Alarmierend hätte das sein müssen. War es aber nicht. „Weißt du,“ fing er also an und schaute auf seine eigenen Schuhspitzen hinunter, „nächsten Donnerstag zum Beispiel, da könnte ein interessierter junger Mann viel spannendere Dinge zu Gesicht bekommen.“ Blitze zuckten durch seine Augen, aber vielleicht waren das nur die Reflexionen der Flammen an den Wänden ringsum und die winzige grünliche Funzel von Slughorns Türpfosten. „Wenn er ein ganzer Mann ist und sich traut, natürlich nur.“ Sirius hatte keine Ahnung, wieso er das sagte. Es kam einfach so raus. Unüberlegt, unbewusst, als benütze jemand Anderes seinen Mund und seine Zunge, und es war immer noch bloß er selbst.

Eine Braue in Snapes Gesicht zuckte nach oben, fragend, verlangend, dass er weiter spräche. Und Sirius tat das. „Man könnte dann,“ brachte er Wort für Wort in aller Ruhe wie einen gut gemeinten Ratschlag vor, „zur Peitschenden Weide gehen und ...“ Jetzt schnappte Severus nach Luft und warf den Kopf so heftig zurück, dass seine schweren Haare flogen. „Sicher, Black!“ lachte er bitter. „Damit du dich totlachen kannst, wenn mir das Teil eine reinhaut, was?“ Er schnaubte, sauer auf sich selbst, dass er sich solchen Quatsch so lange angehört hatte, und er schüttelte den Kopf und machte einen Schritt an Sirius vorbei, um ihn aus dem Weg zu schieben und zu seinem Gemeinschaftsraum zu gelangen.

Black streckte beide Arme aus und stieß ihn fest wieder zurück, dabei abwehrende und verneinende Geräusch aus der Kehle drückend. „Nein, nein, nein, Snivelly, wie kannst du nur sowas von mir denken?“ spielte er den beleidigten Freund und bewegte das Kinn hin und her. „Glaubst du denn, ich weiß keinen Weg, das zu verhindern?“ Er wollte ihm nicht mehr zuhören. Er wollte jetzt gehen, das war doch alles Schwachsinn! Aber Severus war wie festgewachsen. Diese Jungs wussten irgendwas. Sie wussten was, sie kannten dieses Schloss wie ihre Westentaschen, sie kannten Möglichkeiten, urplötzlich zu verschwinden und woanders wieder aufzutauchen. Wieso dann nicht auch sowas?

„Es ist ganz einfach,“ flüsterte Black verschwörerisch und lachte fast dabei. „Ein simples Immobilus, das kannst du doch, Snivelly! Oder du drückst den Knopf an der großen Wurzel ...“ Er zwinkerte, als habe er ihm gerade verraten, wie man den Weg in die Küche zu den Hauselfen fand, die einem mit Vorliebe süße Sachen herausreichten und dabei noch glücklich und zufrieden dreinschauten. „Und schon,“ grinste Sirius, „ist man ... Naja, aber vielleicht ist das nichts für dich,“ winkte er ab und drehte dabei eine Hand um das eigene Gelenk, ließ die schmächtigen Schultern los und seufzte, wie er nun seinerseits einen Schritt an Severus vorbei und den Gang hinunter machte.

Snape starrte ihm nach. Er hatte es gefressen. Er würde jetzt darüber nachdenken und sich den Kopf zerbrechen und dann doch viel zu feige sein, Sirius wusste das einfach. Schleichen, Schnüffeln, Lauschen, das konnte Snivellus. Aber keinen Arsch in der Hose. Wie alle anderen Slytherins auch, kleinherzig, angstschlotternd, ohne den geringsten Mannesmut. Am liebsten hätte er auf den Boden gespuckt, aber er tat es nicht, sondern hob im Davonschlendern summend eine Hand. „Vergiss, was ich gesagt habe, Snivellus!“ meinte er und schüttelte den Kopf, heiser lachend. „Da geht dir bloß die Muffe!“ Und dann begann er zu singen, das Motto der Slytherins, ihren Schlachtruf, und aus Sirius Orion Blacks Mund klang es wie blanker Hohn und schneidende Ironie:

„Lieber fünf Minuten feige als ein Leben lang tot!“

Aber Severus vergaß es nicht. Im Gegenteil. Es kreiste ihm im Kopf herum, die ganze Woche. Donnerstag – die Peitschende Weide – Immobilus – Lily – Lupin – Küsse im Dunkeln – lieber fünf Minuten feige als ein Leben lang tot.


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