Forum | Chat | Galerie
 
Startseite | Favoriten
Harry Potter Xperts
Harry Potter Xperts
Startseite
Newsarchiv
Link us
Sitemap
Specials
Shop
Buch 7
Buch 6
Buch 5
Buch 4
Buch 3
Buch 2
Buch 1
Lexikon
Lustige Zitate
Gurkensalat
Hörbücher
Harry, A History
Steckbrief
Biographie
Werke
Erfolgsgeschichte
Interviews
Bilder
Harry Potter & Ich
JKRowling.com
Film 7, Teil 1 & 2
Film 6
Film 5
Film 4
Film 3
Film 2
Film 1
Schauspieler
Autogramme
Galerie
Musik
Videospiele
Downloads
Lesetipps
eBay-Auktionen
Webmaster
RSS-Feed
Geburtstage
Gewinnspiele
Twitter
Fanart
Fanfiction
User-CP
Quiz
Währungsrechner
Forum
F.A.Q.
Ãœber uns
Geschichte
Impressum

Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Des Irrlichts tanzendes Geflimme ...

von Teekon

„Wir seh'n uns dann morgen in Kräuterkunde!“ grüßte Caradoc Dearborn, der ältere Bruder von Serena, noch winkend, bevor er sich nach rechts hielt und mit dem Mädchen aus seinem Haus in Richtung Kellertreppe verschwand. Die beiden Schülersprecher verblieben noch etwas länger im Klassenraum für Arithmantik, den ihnen Professor Gauss netterweise für diese Treffen regelmäßig zur Verfügung stellte. Die beiden Ravenclaws, Meredith und Honorius, unterhielten sich mit den Siebtklässlern, lachten leise, während die Slytherins schon hinter den beiden Hufflepuffs her liefen, um in die Verließe zu gelangen.

„Ja, bis dann!“ verabschiedete sich Remus ebenfalls, drückte seine ausgebeulte Robe etwas fester an sich und beäugte ganz genau, wer sich mit was beschäftigte, bevor er seine Kollegin am Ärmel zupfte und ihr mit einer Geste zu verstehen gab, dass der perfekte Zeitpunkt gekommen war.
Lily Evans nickte nur hastig, klemmte sich die prall gefüllte Schultasche unter den Arm und huschte hinter dem großen jungen Mann aus dem angenehm erleuchteten Zimmer hinaus auf den kühlen, dunkleren Flur.

Ohne auch nur ein weiteres Wort setzten sie sich in Bewegung, eilten den Gang hinunter und bogen bei nächster Gelegenheit wie selbstverständlich einfach in eine Nische voller hässlicher Wandteppiche ab. Und schon befanden sie sich in unsichtbarer Sicherheit, auf eng geschraubten Stufen, die von hier aus direkt hinauf in den dritten Stock führten, noch ehe die Ravenclaws ihnen folgen konnten.

Hier konnten sie zwar nur eine nach dem anderen vorwärts und aufwärts gehen, aber das machte nichts. Sie brauchten sich hier nicht zu verstecken, denn die einzigen anderen Personen, die diese hübsche kleine Abkürzung kannten, waren verhindert. James Potter befand sich auf dem Quidditch-Feld, Peter Pettigrew hatte Nachsitzen bei Slughorn wegen „erschreckend und selbst für Sie, Mr. Pettigrew, ungewöhnlich schlechter Leistungen“ in der letzten Zaubertränke-Stunde (er hatte den unverzeihlichen Fehler begangen, Thymian nicht von Salbei unterscheiden zu können, weshalb sein Gebräu grässlich geschmeckt hatte), während Sirius sich bereit erklärt hatte, ein paar Mädchen aus Regulus' Jahr die Sache mit den Ringen des Saturn noch mal zu erklären. Also hatten sie freie Bahn, und augenblicklich kicherte Lily erleichtert.

„Wo gehen wir hin?“ fragte sie, von unten aufschauend, gleichzeitig mit schnellen Schritten den langen Beinen von Remus die Treppen hinauf folgend. Im Laufen drehte er sich herum und grinste sie von oben her an, vorsichtig darauf bedacht, mit dem ausladenden Teil seiner Robe nirgendswo anzuecken. „Die McGonagall hat mir erlaubt, ihr Klassenzimmer zu benutzen!“ zog er verschwörerisch die Augenbrauen hoch, und Lily lachte mit einem triumphalen „ho ho!“ Offenbar war die Hauslehrerin genauso angetan von der Idee, gleich zwei Schüler mit kompletten Outstanding-Zeugnissen in ihren OWLs in den Reihen ihrer Schützlinge zu haben. Und die würde absolut dicht halten, darüber mussten sie sich keine Gedanken machen.

Praktisch war das, denn im dritten Stock waren sie von allen Gemeinschaftsräumen weit genug entfernt, und der Gang lag nicht auf dem Weg zu irgendeiner wirklich wichtigen Institution, irgendwelchen besonderen Waschräumen oder sonst was, und da konnten sie ganz ungestört zu später Stunde rote Blitze zaubern und Gegenstände poltern lassen, und wenn Lily mal kreischte wegen eines besonders ekligen Tierchens, dann schreckte das auch niemanden auf. Remus grinste und wiegte das Ding unter seinem Arm, bis es leise grunzend darin klackerte.

Aber wieso zum Teufel Lily die ganze Tasche mit in die Präfekten-Versammlung geschleppt hatte, die einen perfekten Rahmen für ein gemeinsames Verschwinden um diese Uhrzeit darstellte, konnte er sich beim besten Willen nicht erklären. Die Stirn runzelnd, deutete er mit dem Kinn darauf, wie sie das obere Ende der Wendeltreppe erreichten, und während er vorsichtig hinter dem angelehnten Bild von Ulrich dem komischen Kauz hervorlugte, holte das Mädchen dicht auf, bis sie auf dem schmalen Absatz genau hinter ihm stand. Der Ranzen war so schwer, dass sie ihn sich gegen die Brust pressen musste, um ihn überhaupt tragen zu können. „Ich dachte, ich bringe vielleicht etwas hilfreiche Literatur mit,“ meinte sie, schaute sich die Reflexion der Lampen draußen auf dem Korridor in Remus' glänzenden Augen an. Offenbar war die Luft rein.

Nur einen kurzen, halb belustigt grinsenden, halb schnalzend kopfschüttelnden Seitenblick riskierend, drückte Remus den Rücken an die Wand, um besser um die Ecken schielen zu können. „Brauchst du nicht,“ klärte er das gleich und entschied, dass sie gehen konnten. Mit einer winkenden Geste gab er ihr das zu verstehen, schlüpfte aus dem Geheimgang in den Korridor und wandte sich nach links, wo es um eine weitere Ecke zum Klassenzimmer für Verwandlung ging. „Wieso nicht?“ fragte Lily ganz verwirrt, während der zweite Präfekt von Gryffindor einen kurzen, schwarzen Schlüssel aus der Innentasche seiner Robe klaubte. „Wenn wir was nachschlagen müssen ...“ versuchte sie, sich zu rechtfertigen, aber Remus grinste schon wieder und schüttelte den Kopf mit wackelndem Bärtchen. Der Schlüssel drehte sich im Schloss, das schnappend aufsprang, und er drückte die schwere Eichentür in den dunklen Raum hinein. „Müssen wir nicht,“ befand er mit solch überzeugender Sicherheit, dass Lily für eine Sekunde schwankte, bevor sie an seinem ausgestreckten Arm vorbei in das Klassenzimmer huschte.

Durch die hohen, rundbogigen Fenster, die nicht in Bodenhöhe sondern ein gutes Stück darüber angebracht waren, fiel nur schwaches Licht von einem klaren Sternenhimmel in feinen Balken über die ordentlich aufgereihten Pulte, und im Vorübergehen entzündete Remus eine einzelne Wandlaterne gleich neben dem Eingang, bevor er die Tür schloss. Angenehm war es hier drin, nicht zu kalt, und die vollkommene Stille eines friedlichen Abends in Hogwarts legte sich dumpf auf ihre Ohren. Hier würden sie wirklich in aller Ruhe arbeiten können. Wunderbar. Der perfekte Rahmen.

Noch immer nicht ganz überzeugt, legte Lily ihre schwere Tasche auf einen der beschienenen Tische, und das knarrende Poltern verdeutlichte erst einmal, wie verdammt schwer dieser Ranzen sein musste. Das hörte sich an, als purzele ein ganzes Bibliotheksregal übereinander, und Remus zog eine Braue steil nach oben. „Ich mein' ja nur, vielleicht ...“ fing das Mädchen wieder an, aber er unterbrach sie sofort und wischte diese Zweifel an seinem Lehrprinzip mit einer Hand beiseite, als wären sie Schmeißfliegen. „Hey, die Methoden musst du schon mir überlassen!“ zwinkerte er und zeigte die Zähne, und Lily gab sich geschlagen. Na gut, immerhin schaffte dieser Junge hier es, Peter Pettigrew Kampfzauber beizubringen, die aus Valdrin Mulciber ein zu Boden rutschendes Brett machen konnten. Nicht, dass die Ähnlichkeit nicht von vornherein bestand. Die beiden Astlöcher im Gesicht standen eben nur ein wenig weit auseinander – in der Vertikalen.

Und als wolle er bestätigen, dass auch sie bei ihm etwas lernen konnte, zog Remus wie ein stolzer Illusionist einen hohen Glaszylinder aus seiner Robe und hob ihn präsentierend in die Höhe. Sich vorbeugend, versuchte Lily krampfhaft, in der schummrigen Düsternis des schwach erleuchteten Zimmers überhaupt etwas zu erkennen, aber da war nur ein dunkler, unförmiger Klumpen auf dem Grund des Gefässes, und Lupin stellte das Glas stabil auf den Tisch vor ihnen, langte nach hinten und griff sich einen Stuhl. Mit einer schwungvollen Drehung aus dem Handgelenk schwenkte er die Sitzfläche herum und schwang ein Bein darüber, um sich niederzulassen und mit den gekreuzten Armen auf die Rückenlehne zu stützen. „Und hiermit fangen wir an,“ eröffnete er ihre erste gemeinsame Nachhilfestunde, deutete einladend auf den zweiten Stuhl neben ihr und wartete ab, bis Lily sich, etwas irritiert, nervös und zögerlich ebenfalls hinsetzte.

Der Boden des Zylinders war mit Rindenmulch ausgelegt, und kleine, fluffige Ansammlungen von Moos vervollständigten den Eindruck eines Terrariums oder eines anderen Habitats für irgendein Lebewesen, das dort zumindest für kurze Zeit gefangen gehalten werden sollte. Ein Schüsselchen mit Wasser und eines mit gehackten Würfelchen irgendeiner Wurzel bildeten offenbar die Futterecke für das Tier oder was auch immer es war, und Lily drückte fast ihr Gesicht gegen das Glas, um es zu entdecken. Aber sie war sich absolut nicht sicher, ob sie da überhaupt etwas ausmachen konnte. Wie groß mochte denn das sein, was er da mitgebracht hatte? „Was ist das?“ fragte sie also und klang dabei ein wenig misstrauisch, so wie ein kleines Muggelmädchen im Zoo vor einem Arachnorarium. Anstatt ihr zu antworten, deutete Remus nur mit offener Handfläche erneut auf das Glas. Das sollte sie wohl selbst herausfinden. Erst den Mund öffnend, setzte er zum Sprechen an und schmunzelte: „Ein ... wie hast du das genannt? Ein Viech.“

Lily musste leise lächeln. Dass er sich daran erinnerte. Also ein dunkles Geschöpf, die Art von Unterrichtsstoff, die sie am wenigsten verstand, da sie nicht besonders viel mit Zauberei, sondern viel mehr mit magischer Biologie zu tun hatte. Sie hatte sich das zwar etwas anders vorgestellt, lesen, erklären, über die Tiere sprechen, aber das hier war natürlich viel spannender, wenn auch ein bisschen unangenehm, das musste sie schon zugeben. Na gut, dann wollte sie das mal suchen. Sich erneut dem Glas zuwendend, strengte Lily ihre grünen Augen an und tastete das Behältnis regelrecht ab. Und dann war sie sich sicher. Da bewegte sich was!

Mit einem ausgestreckten Finger an die Außenseite tippend, zeigte sie ihm, was sie gefunden hatte, und die winzigen Äugelchen auf der Oberseite eines flachen, stämmigen Körpers, der langgezogen gegen den Untergrund gepresst lag, blinzelten blinkend. „Da,“ sagte sie nur und überlegte schon fieberhaft. Ach herrje, sie hatte keine Ahnung! „Sehr gut,“ lobte Remus, denn das Exemplar war wirklich außerordentlich gut getarnt. „Und was kann das sein?“ fragte er. „Welche magischen Wesen tarnen sich als Hölzer?“ Nur kurz grübelnd, zuckte Lily die Achseln. „Bowtruckles,“ fielen ihr als erstes ein, und Remus nickte, halb anerkennend, halb brummelnd. „Ja, und ist das ein Bowtruckle?“ Darüber brauchte sie nicht nachzudenken. Ohne geringstes Zögern, schüttelte sie den Kopf. „Nein, das ist zu dick.“ Fast hätte er lauthals losgelacht. Das stimmte voll und ganz, aber es klang doch ziemlich lächerlich. Gut, dass das Tierchen sie nicht verstehen konnte. Es war nämlich ein Weibchen.

„Was könnte es dann sein?“ wollte er also, dass sie weiter nachdachte, denn diese Wesen hatten sie durchgenommen bei Professor Keigwin im dritten Jahr, auch wenn sie sich daran vielleicht nicht mehr erinnerte. Lily schnaubte und pustete Luft aus ihren aufgeblasenen Wangen, wie sie sich eine Hand zur Faust geballt vor den Mund legte. Sie hatte es auf der Zunge, sie wusste das. Es lebte offenbar im Sumpf oder sowas, wie es da zwischen feuchtem Holz und Moos ganz zufrieden eingebettet war. Ja, natürlich! Strahlend richtete Lily sich auf. „Ein Sumpfkrattler!“ Und Remus schnippste mit den Fingern. „Bingo! Ein Sumpfkrattler! Und was macht der?“ Das Mädchen stöhnte auf, wie sie sich an die Stirn fasste. Wie war denn das noch gewesen? Die waren klein, aber sie hatten ziemlich scharfe Klauen und ... „Die beißen Wanderer in die Knöchel!“ fiel es ihr wieder ein.

Zufrieden damit, legte Remus sein Kinn auf die zusammengefalteten Arme auf der Stuhllehne, wie er die Augen kurz schloss und nickte, und dann fuhr er fort, sie auszuquetschen darüber, was Sumpfkrattler fraßen und wo genau sie lebten, wie man sie im Moor erkannte und was man tun konnte, wenn man einem begegnete, und darüber leitete er sie zu anderen Geschöpfen dieses Lebensraums. Über Hinkepanks und ihre seltsame Eigenart, auf ihrem einen Bein herumzuhüpfen, sprachen sie, über Glumbumble und was man aus ihrem deprimierenden Sekret machen konnte, unterhielten sich über die Möglichkeiten, einer Banshee das Schreien zu verbieten und wie man am allerbesten einen lästigen Schwarm Cornischer Wichtel wieder loswurde. Dabei achtete Remus peinlichst darauf, allerhöchstens drei Antworten selbst zu geben, während Lily sich den Rest herleiten musste und nur über kleine Tipps zu den entsprechenden Erkenntnissen kam. Das war eben sein Stil: Man brauchte es nicht tatsächlich zu wissen, um die Wahrheit zu erkennen. Auf diese Weise, kreatives, innovatives Denken, wurde jedes Problem lösbar und jede Aufgabe zum Abenteuer.

Das Klassenzimmer war mittlerweile irgendwie heller geworden, denn nicht nur ihre Augen hatten sich an die angenehme Düsternis gewöhnt, sondern auch der Mond im dritten Viertel war aufgegangen über dem tief eingeschnittenen Tal von Hogwarts, und silberne Streifen aus Licht brachen durch die unterteilten Scheiben in immer breiter werdender Intensität, wie sie über die Pulte und Stühle fielen. Wieviel Uhr es war, das war ihnen recht egal, denn sie hatten die Erlaubnis von Professor McGonagall, und obendrein war Remus volljährig und musste sich so nicht allzu streng an die Auflagen des Zapfenstreiches halten wie jüngere Schüler. Das P auf seiner wie auf ihrer Brust war nur zusätzliche Sicherheit vor Filchs aggressiven Schnüffeleien und voreiliger Bestrafungsandrohung. Das juckte einen echten Rumtreiber nicht. Zum Gähnen, das.

Irgendwann jedoch griff Remus, während Lily noch philosophierte, ob es ausreichte, einem Grindeloh einfach mitten in die breite Schnauze zu treten, mit einer Hand nach dem hohen Glaszylinder, in dem der Sumpfkrattler mittlerweile eingeschlafen war, und er nickte zustimmend. „Aber solange man einen Zauberstab hat ist das ja relativ egal,“ befand sie schließlich, lächelte zufrieden und bemerkte, dass er tatsächlich gerade den Deckel abschraubte. Was wurde das denn? Brauchte das Ding frische Luft oder was sollte das? „Wo hast du den überhaupt her?“ wollte sie wissen, wo er offenbar die Stunde als so gut wie beendet ansah, und deutete mit einem vorsichtigen Finger darauf. „Hagrid!“ grinste Remus breit und legte den Deckel beiseite. Ein feiner, modriger Geruch strömte aus dem Behälter heraus, aber der Krattler verhielt sich absolut ruhig.

Klar. Dumme Frage. Hagrid und seine Monster. Mit den Augen rollend, aber ganz sanft lächelnd, schickte sie dem großen, gemütlichen Wildhüter ein paar liebevolle Gedanken. „Für's nächste Mal hab' ich ihn schon auf eine Überraschung angesetzt,“ schob Remus kurz die Zunge zwischen die Zähne und bückte sich, um das Glas zu kippen und auf den Boden zu legen. Eigentlich hatte Lily fragen wollen, was für eine Scheußlichkeit denn da auf sie warten würde, aber diese Idee wurde augenblicklich verworfen, wie sie in steigender Panik die Beine rasch anzog und auf der Kante ihres Stuhles abstellte. „Was machst du da? Du kannst das doch nicht freilassen!“ quietschte sie fast kreischend, und Remus nickte heftig, verkeilte aber ebenfalls die Beine in den Streben seiner Sitzgelegenheit. „Oh doch! Kann ich!“ Und mit einem Ruck beförderte er den schlafenden Krattler aus seinem Gefängnis.

Ganz verdutzt, aus süßen Träumen von frischen Alraunwurzeln gerissen, klimperte das Geschöpf mit den winzigen, schwarzen Augen und schaute sich irritiert um, bevor es begriff. Freiheit! Yay! Man hätte schwören können, dass es ein triumphierend keckerndes Lachen von sich gab und dabei eine Miene aufsetzte wie Flitwick, wenn er seine geringe Größe ausgetrickst hatte, und dann stob es los und huschte in atemberaubender Geschwindigkeit über den steinernen Boden des Klassenzimmers für Verwandlung. Entsetzt entkam Lily ein ängstliches Geräusch, wie sie sich fast auf den Stuhl stellte. Er hatte das wirklich getan! Da lief ein Sumpfkrattler frei herum in der Schule! War der verrückt? Aber dann erklärte er ihr, was das sollte, und auffordernd deutete er hinter dem flitzenden Schatten hinterher. „Du weißt wie es geht,“ nickte er ihr zu. „Also, wenn du hier raus willst ...“

Oh! Sie sollte den Zauber anwenden, den sie besprochen hatten! Aber das war doch jetzt schon wieder Ewigkeiten her. Ganz am Anfang dieser Nachhilfestunde hatten sie darüber geredet. Ach herrje, wie ging der denn nun wieder? Angestrengt nachdenkend versuchte sie, sich auszumalen, wie ein Krattler angriff, und dann fielen ihr die Klauen ein, und vor ihrem inneren Auge sah sie ein feines, kordelartiges Seil, das diese Ärmchen an den stämmigen Körper band. „Vincire!“ rief sie, und aus dem Zauberstab schoss eben eine solche Fessel. Der Sumpfkrattler purzelte auf der Stelle darüber, als wäre er beim Seilchenspringen hängen geblieben, und in Sekundenbruchteilen war er so eng und wunderbar verschnürt, dass er nur noch die enttäuscht und angeätzt leuchtenden Äugelchen bewegen konnte.

Remus klatschte Applaus. „Sehr gut!“ lobte er, stand auf und eilte ein paar Schritte hinüber zu dem eingefangenen Geschöpf, während Lily mit sich zufrieden über das ganze Gesicht grinste und die Wirbelsäule durchdrückte. Hey, das war ja wirklich gut gelungen! Offenbar zeigte der zusätzliche Unterricht schon Wirkung. Piepsend sprang sie auf und strich sich den grauen Faltenrock glatt. Sich bückend hob Remus das Bündelchen aus vermeintlichem Holzklotz in weichem Hanfseil auf und kehrte damit zu ihr zurück. Der Krattler knurrte mit seinem hohen Stimmchen und funkelte Lily mit einem fixierenden Blick wütend an. Gemein war das gewesen. „Fabelhaft außer Gefecht gesetzt,“ befand Lupin und hielt ihr das Tierchen direkt vor die Nase, wedelte es dort herum und produzierte mit Zunge und Kehlkopf die gleichen, schnarrenden Geräusche, die ein solches Wesen von sich gab, wenn es in Angriffsstellung ging. Halb erschrocken, halb lachend, wehrte Lily mit herumfuchtelnder Hand ab und spürte eine kleine Gänsehaut.

„Ich denke, das reicht für heute,“ zwinkerte Remus, während das Mädchen sich noch die Hand vor das Brustbein hielt und kichernd nickte, und er legte den kleinen Krattler vorsichtig zurück auf Moos und Rindenmulch in seinem Glas. Ein kurzes Berühren mit dem Zauberstab, ein leises „Libere“, und das Seil verschwand. Augenblicklich schlüpfte das magische Tierchen so rasch es ging unter eine größere Wurzel und blieb dort liegen, und nur die schwarzen Augen reflektierten das einfallende Mondlicht von draußen. „Morgen bring' ich dich zurück in den Sumpf,“ beruhigte Remus, obwohl das Versuchstier auch das nicht verstehen konnte. „Versprochen.“

Zwischen den von Pulten eingekeilten Stühlen stehend, beobachtete Lily, wie Remus den Deckel auf den Zylinder schraubte und für sorgfältigen Verschluss sorgte, damit das beißende und kneifende Wesen nicht plötzlich heute Nacht im Bett eines seiner Freunde auftauchte. Peter würde einen hysterischen Schreikrampf kriegen, und Sirius hatte (wenn er das auch nie, nie, niemals zugegeben hatte) panische Angst vor Krattlern. Irgendwas von „schlechten Erfahrungen“ hatte er gemurmelt, und ob man wirklich so genau wissen wollte, was da passiert war, das überlegte man sich besser zweimal. An James wollte er, weniger als einen Fuß von Lily Evans entfernt, lieber nicht denken.

Dem armen Krattler Ruhe gönnend, zog Remus seine Robe aus und wickelte das Glas darin ein, damit er Dunkelheit und Stille haben konnte, auch wenn es dann ein wenig kühl in seiner schwarzen Uniform war. Auch auf dem Jacket trug er neben dem Wahrzeichen der Schule das stilisierte silberne P, und die Arme überkreuzend, ließ er sich mit dem Hintern auf die Rückenlehne sinken, auf die er sich vorhin noch gestützt hatte. Hinter sich greifend, zog Lily ihren Stuhl herum und ebenfalls etwas näher, damit sie es ihm gleich tun konnte. Wenn sie sich ein wenig gerader hielt als er, brauchte sie auch nicht mehr so furchtbar hoch zu gucken. Immerhin ragte Remus in seiner ausgewachsenen vollen Größe anderthalb Köpfe über ihr auf. So aber waren sie fast auf einer Höhe.

„Und?“ erkundigte er sich. „Meinst du, das hat dir was gebracht?“ Das Mädchen nickte so rasch und so heftig, dass er schon lächeln musste. „Total!“ zog sie das Wort in die Länge und wischte sich figurativ über die Stirn, als wäre sie wirklich ins Schwitzen gekommen. „Und Spaß gemacht hat's auch noch!“ knuffte sie ihn grinsend in die Rippen, und Remus knickte, kitzelig, zu der Seite ein, die sie erwischt hatte. „Na, dann bin ich schon sehr gespannt auf meinen Zaubertränke-Unterricht nächste Woche!“ rieb er sich die Hände, und Lily zog die Brauen hoch, die Lippen ein stummes „oh“ formend. „Das kannst du auch sein!“ behauptete sie mit erhobenem Zeigefinger und biss sich auf die Unterlippe.

„Ich hab' Professor Slughorn überredet, mich in unser Klassenzimmer zu lassen, dann brauchen wir das ganze Zeug nicht ständig hin und her zu tragen.“ Remus prustete. Das war bestimmt superschwer gewesen für Lily Evans, Sluggys Engel, Sluggys absoluter und unangetasteter Lieblingsschülerin! Worauf er hinaus wollte mit dieser Geste begriff die 15jährige sofort und lachte ein wenig verlegen. „Kunststück!“ grinste Lupin. „Wenn du da mit deinen hübschen grünen Äuglein klimperst, dann liegt der dir doch zu Füßen!“

In der schummrigen Dunkelheit des hohen Unterrichtsraumes von Minerva McGonagall konnte man es nicht gleich erkennen, aber Lily senkte trotzdem das Kinn, um die aufschießende Röte ihrer Wangen vor ihm zu verbergen. Die Ellenbogengelenke überstreckend, faltete sie die Hände umständlich und verwickelt ineinander und drehte sich mit schwingendem Rock leicht hin und her. „Findest du wirklich?“ fragte sie, mit einem Mal sehr leise geworden, und an dieser überdeutlichen Körpersprache erkannte Remus, welchen Teil dieser Aussage sie meinte. Ihm wurde selbst für einen Moment so warm, dass er das brennende Bedürfnis bekam, seine Krawatte zu lösen. Das hatte er gar nicht so direkt sagen wollen. Zu spät, es war raus.

Sich räuspernd, fixierte er die glänzend polierten Spitzen seiner Schuhe, die nur einen halben Zoll von ihren Riemchenslippern entfernt auf den Steinen herum zu tippen begannen. Noch bevor er sich dazu äußerte, nickte er schon vorsichtig. „Das finden alle, Lily,“ spielte er herunter und zuckte die Achseln, wie sich seine Arme lösten und die Hände flach angelegt an den Oberschenkelaußenseiten herunter glitten, um in den Hosentaschen zu verschwinden.

Jetzt konnte auch die Düsternis das Glühen ihres Gesichts nicht mehr verstecken, und ganz verlegen duckte sie sich in ihre eigenen Schultern hinunter. Ein kleines Geräusch rutschte ihr heraus. „Und übrigens sagt auch jeder, dass du ganz wunderschöne Haare hast,“ setzte Remus noch oben drauf und wunderte sich selbst darüber. Ah, gerade rausmanövriert, um dann im Rückwartsgang volle Kanne in den Schlamm zurück zu rauschen? Genial. „Ach!“ winkte Lily hastig ab und hatte offenbar Schwierigkeiten, irgendwas mit ihren Händen anstellen zu müssen. Ihr Rock hatte nunmal keine so praktischen Taschen wie seine Hose, in denen er seine ausgestreckten Finger verbarg und die Schösse seiner offenen Uniformjacke über die Unterarme zurückgeschlagen hatte. Aber ihr so schwacher Protest führte nur dazu, dass er das Bedürfnis hatte, dem entgegen zu stehen. „Doch!“ nickte er heftig, ihr nur einen winzigkleinen Blick zuwerfend. „Alle Jungs sagen das, Lily, du bist das hübscheste Mädchen von ganz Gryffindor!“

Fast im Boden versinkend, schrumpfte die rothaarige 15jährige immer mehr zusammen mit jedem Wort, das er von sich gab mit diesem heiseren, gar nicht mehr so jungenhaften Kratzen in der Stimme, und sie hatte das Gefühl, ihr schlage das Herz im selben Tempo, das die Flügel eines Kolibri vorlegten. Einzelne Töne waren da kaum noch herauszuhören, obwohl sie bis in die Ohren drangen. Und als sie es kaum noch aushielt, zuckte Remus die Achseln und schnaufte. „Naja, außer Sirius. Der steht auf Serena,“ schränkte er ein und grinste, und Lily musste furchtbar lachen und konnte endlich wieder auf- und ihn ansehen. Das brach diese seltsame, elektrisch anmutende Spannung zwischen ihnen, und sie konnten wieder durchatmen.

Seufzend zog er noch mal die Schultern hoch, ließ die Hände in den Taschen und knickte fast lässig in der Hüfte ein, legte damit noch mehr Gewicht auf die Stuhllehne, während Lily ein kleines Quieksen von sich gab und sich ebenfalls für einen langen Moment dem Blinken ihrer Schuhschnallen widmete, wie sie beide in Gedanken versanken. Die Brauen ineinander schiebend, war es Remus, der die Stille unterbrach, und er zog kurz die Nase hoch. „Und das war wirklich 'ne gute Stunde?“ Als könne er nicht glauben, dass er in seinem Lieblingsfach irgendwas richtig machen könnte. Am liebsten hätte Lily mit den Augen gerollt, aber sie verkniff es sich und nickte nur lächelnd. „Wirklich sehr gut,“ bestätigte sie nochmal und berührte mit einer Hand seinen Arm. „Du hast mich doch noch nie enttäuscht.“

Als hätte sie ihm eine Ohrfeige gegeben, senkte er rasch das ganze Gesicht und schien fast zu schmollen, und Lily konnte sich das nicht erklären. Den Nacken beugend, versuchte sie, ihn direkter anzusehen, aber er stierte so angestrengt auf sein eigenes Brustbein, dass es kaum möglich war. Was hatte er denn jetzt? Hatte sie was Falsches gesagt? „Einmal schon,“ murmelte er und knirschte mit den Zähnen, aber das Mädchen konnte sich partout nicht erinnern, wann eine solche Begebenheit stattgefunden haben sollte. Nicht verstehend schüttelte sie den Kopf, und endlich hob Remus wieder den Blick und grinste ganz gequält und schief. „Dein Geburtstag,“ meinte er, damit alles zu sagen, aber die Runzeln auf Lilys Stirn nahmen nur noch zu. „Dass ich nicht kommen konnte, tut mir sehr leid,“ brummte er, als habe er ihre Matratze in Brand gesteckt oder ihrem Knuddelmuff eine Dauerwelle verpasst.

Es dämmerte ihr, wovon er da überhaupt sprach, und augenblicklich zeigte sich ein halb belustigtes, halb ungläubiges Lächeln auf ihren Lippen, wie sie schnaufte und immer noch den Kopf schüttelte. „Meine Güte, Remus, das ist fast vier Jahre her!“ konnte sie nicht fassen, dass er sich deshalb immer noch so schlecht fühlen konnte. In ihrem ersten gemeinsamen Schuljahr hatte sie ihn zur ihrer Feier eingeladen und er war nicht erschienen. Weil er krank geworden war. Ja, OK, mit den Informationen, die sie heute hatte, war ihr schon klar, dass er erst gar nicht hätte zusagen sollen, weil er das hätte ahnen, sogar wissen müssen. Aber mal ehrlich: So schrecklich war das nun nicht.

Remus zuckte die Achseln und erzeugte damit ein klatschendes Geräusch, wie seine Hände davon gegen seine Hüftknochen stießen, so eingeknickt stand er mittlerweile. Das „trotzdem“ brauchte er nicht einmal zu sagen. Immer noch die Spitzen von Zeige-, Mittel- und Ringfinger auf seinem Unterarm, schnalzte Lily und rollte doch noch mit den Augen. „Du warst krank,“ musste sie ihm offenbar erklären, dass er nichts dafür gekonnt hatte. Das Flackern, das über seine Miene huschte, interpretierte sie richtig. Vielleicht musste sie etwas konkreter werden, um ihm zu helfen. „Sieh' mal, Remus, ich weiß, du denkst, du hättest es mir eher sagen sollen, weil du wusstest, dass es an eben dem Tag sein würde, aber ich versteh', dass das nicht ging, OK?“ brachte sie in einem Rutsch vor und hielt dann inne, um ihm einen Moment zum Überlegen und Verarbeiten zu geben.

Wie erwartet hob er rasch den Kopf, die Augen ganz weit und der Mund überrascht geöffnet. Er setzte zum Sprechen an, aber mehr als „woher ...?“ kam nicht heraus, bis Lily abblockend die Hände hob. „Hey, ich hab' ein Outstanding in Arithmantik, weißt du? Ich kann bis 29 zählen!“ zwinkerte sie und lachte ein bisschen, damit er begriff, wie wenig offensiv sie das meinte, allerdings kam das wohl bei ihm nicht ganz an. Fast rutschte er von seiner Stuhllehne herunter wie er sie voller Entsetzen anstarrte und nur unartikulierte Laute von sich gab, während sein Kiefer auf und zu klappte. Manchmal stellte Remus Lupin sich wirklich fürchterlich an ob so simpler Dinge, bemerkte Lily und schüttelte innerlich den Kopf.

Aber vielleicht meinte er ... Ein leicht genervtes Geräusch machend, griff sie nach seinen Handgelenken und schüttelte ihn ein wenig, obwohl das kaum ging mit den Fingerspitzen in den Taschen, und beruhigend stellte sie sicher, seinen Blick einzufangen. „Keine Panik, Remus! Ich hab' keinen Schimmer, was du hast, und es ist mir auch egal!“ erklärte sie, wo ihre Gedankengänge zu diesem Thema aufgehört hatten, und sofort entspannte er sich und sank wieder ein wenig aus dieser aufrecht steifen Haltung zurück. Da waren ganz kleine Schweißperlchen an seinen Schläfen, und sein Adamsapfel hüpfte asthmatisch, um diese Uhrzeit von winzigen Stoppeln bedeckt. Lily grübelte und spürte für einige Herzschläge die Versuchung, sich doch wieder damit zu befassen. Wieso versetzte ihn jegliches Anzeichen an Entdeckung seines Geheimnisses in einen solchen emotionalen Aufruhr, während er sich einem Lord Voldemort entgegen stellte, ohne mit der jugendlichen Wimper zu zucken? Komisch war das schon.

„Es ist mir vollkommen egal, hörst du?“ bekräftigte sie noch mal, ihre Stimme ganz ruhig und weich wie die flauschige Unterwolle eines Lämmchens, dabei die Innenseiten der ihr präsentierten Arme vorsichtig streichelnd. „Und du musst es mir auch nicht sagen.“ Er blinzelte nur, ohne zu antworten, und schaute dabei aus wie ein 5jähriger, der etwas ausgefressen hatte. „Wenn du das irgendwann mal möchtest, dann hör' ich dir zu. Aber wenn nicht, ist das auch OK.“ Das hatten die Jungs damals auch gesagt. In fast dem gleichen Wortlaut. Remus reagierte nicht. „Ich bin für dich da, hörst du?“ OK, so exakt hatten sie sich dann doch nicht ausgedrückt. Das wär' echt total unmännlich gewesen. Er wusste, wieso er sich plötzlich so alberner Sprache bediente, selbst im eigenen Kopf. Weil's ganz schön nahe ging, wenn jemand sowas sagte. Und sie hatte ja keine Ahnung, wovon sie da redete. „Ganz gleich, was es ist.“

Sie meinte das nicht so, auch wenn sie glaubte, dass es so sei. Aber das konnte er ihr kaum klar machen. Dieses schiefe, gequälte Lächeln kroch wieder auf sein Gesicht und fraß sich da fest, wie er schnaubend die Achseln zuckte. „Du würdest das nicht sagen, wenn du's wüsstest,“ behauptete er, laut denkend, ihre flachen, ununterbrochen leicht reibenden Finger auf den Oberarmen. Die Ellbogen eingeknickt, brachte sie das erschreckend nah. Er hatte gar nicht bemerkt, wie sie so aufgerückt war, und als er nun den Kopf hob, berührte seine Braue die zarte, in Sorgenfalten gelegte Stirn. Schlucken musste er. Ihre Nasenspitze streifte den Flügel seiner eigenen, und die schwungvoll gebogenen Wimpern verursachten einen fast spürbaren Wind, wie sie sich nicht entscheiden zu können schien, ob sie ihm nun in die Augen oder irgendwo in Höhe seines Bärtchens schauen sollte.

„Du solltest dir eins ganz dringend merken, Remus Lupin,“ flüsterte Lily Evans ihm mitten auf die Lippen, und das Mondlicht spiegelte sich auf ihren blendend weißen Zähnen, wie sie lächelte. Ihm schwitzten die Hände. „Eine Frau lässt sich durch niemanden und nichts, gar nichts, von einem Mann fernhalten, den sie liebt.“ Vielleicht begriff er das deswegen nicht so richtig, weil er nur noch ein hochfrequentes Summen in den Ohren hatte von diesen letzten Worten. Die Augen schließend, musste er den Atem anhalten. 'Entscheide dich. Jetzt. Ist es das wert?' raunte ihm etwas in seinem Kopf zu. Nach Frühlingsblumen roch sie. Nur Nanozoll seiner Barthärchen wischten über die weichen Lippen.

Und dann legte er ihr beide Hände auf die Schlüsselbeine und hielt sie dort, nur einen flüchtigen Gedanken weit von sich entfernt. „Bitte nicht,“ murmelte er eindringlich, aber so vorsichtig, dass sich sein Mund kaum bewegte, um nicht unbeabsichtigt doch noch diese gefährliche Berührung herbeizuführen und damit die Folgen unabwendbar zu machen. Denn das würden sie dann werden. Unglaublich, welche Kraft man aufwenden musste. Die Finger zitterten ihm davon, und er hob die Lider, um sie anschauen zu können. Ja, die Augen waren ganz matt geworden. Aber keiner zog sich zurück. Keine peinlich berührte Panik, keine verletzte Flucht. „Ich kann nicht,“ versuchte er zu erklären, heiser und leise und hatte gleich das Gefühl, dass es gar nichts bringen konnte.

Lily nickte ganz langsam und bedacht, zog weder die Hände von seinen Oberarmen, noch machte sie einen Schritt zurück. Sie blieb, wo sie war, so dicht auf, dass die Knöpfe ihrer Bluse die abstehenden Wollflusen seines Pullovers berührten, wenn sie einatmete. „Das versteh' ich,“ wisperte sie, und wieder kitzelte ihr warmer Atem sein Kinn dabei. „Nein, tust du nicht,“ sagte Remus ganz automatisch, immer noch flüsternd, die Lider fast vollkommen geschlossen, einfach diese Nähe, diese herrliche Wärme genießend. Den Kopf ganz leicht vorbeugend, stutzte Lily ob dieser Antwort, und sie wusste nicht, wieso, aber sie musste lachen. Das hier war nicht komisch, gar nicht komisch, aber sie war erleichtert, irgendwie, obwohl das hier gerade gar nicht so lief, wie sie sich das vorgestellt hatte.

„Doch, tu' ich,“ widersprach sie ihm und richtete sich ein bisschen auf, dass sie in dieser Position sogar größer erschien als er und schob die eine Hand etwas höher auf seine Schulter. Irritiert, aber nicht hektisch, drückte auch Remus das Rückgrat durch und stellte damit wieder einigermaßen korrekte Verhältnisse her. Nach unten gleitend, legte er beide Hände auf ihre schlanke Taille, damit er sie besser anschauen konnte. Ein schelmisches Leuchten war in ihren grünen Augen, die in diesem Licht einen hellen Glanz bekamen, und sie biss sich kichernd auf die Lippe, als wisse sie schon, was er sagen wollte. Gespielt patzig schüttelte Remus den Kopf. „Nein, tust du nicht!“ wiederholte er sich und musste ebenfalls ein bisschen lachen. Kein Schaden angerichtet. Alles gut. Das musste keiner sagen.

Erleichtert darüber, über alles, reckte Remus den Hals ein wenig und drückte ihr einen winzigkleinen Kuss auf die Stirn. Zufrieden damit lächelte Lily und wischte ihm vorsichtig eine schwitzige Haarsträhne aus der Schläfe, bevor sie jeden einzelnen seiner Züge achtsam betrachtete und schließlich ein achselzuckendes, schnaufendes Geräusch machte. „Vielleicht später,“ flüsterte sie, die Finger, über das große Ohr wischen lassend, auf die Schulter zurückziehend. Remus antwortete nicht darauf.

Wahrscheinlich hätten sie dort noch ewig gestanden, wenn in diesem Moment da draußen auf dem Korridor nicht ein ungeheuerlicher Lärm eingesetzt hätte. Sich nicht einmal erschreckend, drehten sie nur beide die Köpfe in jene Richtung und runzelten die Stirn, er ein stummes „hö?“ formend, sie die Lippe hochziehend und die Zunge herausstreckend. Es klang, als nehme jemand ein Hauswarengeschäft auseinander, oder als explodiere die Küche, und das irre, keckernde Lachen eines Poltergeists mit Echo schallte über den ganzen Krach hinweg. „Peeves!“ stöhnten die beiden Gryffindor'schen Präfekten gleichzeitig und rollten mit den Augen, und dann mussten sie fürchterlich lachen.

Es machte gar nichts, dass er sie dabei immer noch hielt wie zum Tanzen, oder dass sie dabei ihre Stirn gegen seine Schulter lehnte und sich die Tränen abwischen musste. Am besten war es wohl, sich hier schnellstens zu verabschieden und die Ablenkung zu nutzen, die der Poltergeist ihnen so wunderbar bescherte, denn ein winziger Blick auf die Uhr zeigte kurz nach halb 1, und das übertraf auch die Ausgehzeit eines volljährigen Hogwarts-Schülers bei Weitem. Ohne sich absprechen zu müssen, griffen die beiden nach ihrem Gepäck, Remus nach der schweren Tasche und Lily nach dem gut eingewickelten Glas, aus dem ein friedliches, zirpendes Schnarchen drang.

„Oh, Merlin, was ist da drin? Deine Backsteinsammlung?“ konnte Remus nicht fassen, was für ein sauschweres Arsenal das Mädchen da offenbar angeschleppt hatte, und ein rascher Blick unter die nicht mehr schließbare Kappe zeigte ihm, dass er mit einer solchen Vermutung kaum daneben lag. Es waren zwar keine Backsteine, sondern Buchwälzer, aber die hatten in etwa das gleiche Gewicht. Ganz verlegen grinsend, zuckte Lily die Achseln, drückte den Krattler-Zylinder an ihre Brust. Remus schüttelte den Kopf, öffnete die Tür und spähte hinaus.

Es war unbeschreiblich laut. Was auch immer Peeves da angestellt hatte, es hörte sich an, als polterten und purzelten hunderte, tausende von Kupfer-, Zinn- und Blechtöpfen in einer Art metallenem Wasserfall jede einzelne Stufe im großen Treppenhaus hinunter, und mittlerweile schrie dazu Argus Filchs wütende, verzweifelte, aber hilflose Stimme bösartige Verwünschungen und schreckliche Schimpfwörter, und man konnte irgendwo dort hinten seine zerzauste Gestalt mit einem Wischmob in der Hand herum springen sehen, wie er den Poltergeist damit zu erwischen versuchte. Peeves brüllte vor Lachen und flog in ausladenden Schleifen über den Kopf des Hausmeisters hinweg. Ah, köstlich! Zu schade, dass das hier niemand so richtig mitbekommen würde!

Kichernd schüttelte Remus den Kopf und entschied sich für die kleine Treppe am Ausgang der Bibliothek, langte hinter sich und winkte Lily heran. Das Mädchen löschte rasch die fast komplett heruntergebrannte Laterne, ergriff seine Hand und schlüpfte mit ihm hinaus auf den dunklen Korridor. Und dann eilten sie, flink und auf Zehenspitzen den langen Gang hinunter, fort von Peeves und Filch und all dem Radau.


Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.

Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel

Twitter
HPXperts-Shop
Buch: The World of Ice & Fire: The Untold History of Westeros and the Game of Thrones
Top-News
Suche
Updates
Samstag, 01.07.
Neue FF von SarahGranger
Freitag, 02.06.
Neue FF von Laurien87
Mittwoch, 24.05.
Neue FF von Lily Potter
Zitat
Wie genau ich auf das Denkarium, eine Verbindung von "denken" und "Aquarium" gekommen bin, lässt sich schwer rekonstruieren, das geschieht nur zum Teil bewusst, manchmal muss man drüber schlafen. Aber in diesem Fall bin ich mit dem Ergebnis zufrieden.
Klaus Fritz