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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Im Angesicht des Werwolfs

von Teekon

Hier war es am schlimmsten, hatten sie das Gefühl. Nicht ein Möbelstück war unbeschädigt, jede einzelne Fußboden-Diele und jedes Brett der Wandvertäfelung zerschlitzt, aufgerissen, regelrecht ausgehöhlt bis runter auf den darunter liegenden Steingrund. Und dort kein Weiterkommen, und dennoch zeigten sich kurze, gesplitterte Oberflächenrisse, als habe man es mit ungeeignetem Material, vielleicht einer stumpfen Spitzhacke, doch noch versucht.

Über den halb aus den verstärkten Bohlen gerissenen Fenstern hingen in Streifen geschnittene Überreste von Gardinen, halb aus den hölzernen Ringen ihrer Stangen gezogen, und von Staub und Feuchtigkeit verblasst, bewegten sie sich traurig in einem unablässigen Zug durch die winzigen, als Angriffspunkte genutzten Spalten.

Ein Tisch in der hinteren Ecke war zunächst offenbar von den beiden vorderen Beinen befreit worden, daraufhin umgekippt wie ein betrunkener Stadtstreicher, um anschließend mit einem einzigen Hieb auf die Platte geworfen zu werden. Die Glasscheiben in den ausgeräumten Vitrinen waren zur Gänze zerschlagen und wohl Stück für Stück ihre Scherben aus den Rahmen gebrochen worden, und die langen Schnitte und scharfen Wunden sprangen ihnen aus der Erinnerung entgegen. Die schief von der Decke baumelnde Lampe, auch hier der Schirm in spitze Splitter gebrochen, verriet ihnen, wie hoch hinaus das Tier reichen konnte. Wie? Gesprungen? Aufgerichtet? Sie wussten es nicht. Aber sie würden es bald wissen.

Ein Teppich lag tatsächlich noch immer so auf dem Boden, wie sich das ein normaler Verstand vorstellte, jede Franse an den Enden ausgerissen und von gelangweilten Zähnen aus dem Verbund gezogen, Teile der Muster aufgeribbelt und zerstört. Was von zwei Stühlen noch übrig war, bestand aus wie zu Feuerholz zerlegten Rücken, Sitzflächen und angenagten Beinen und Kissen. Nieten von Stoffbezügen verteilten sich in all den vielen Ritzen der zerkratzten Dielen, Stücke von aus der Wand gesprengten Türrahmen lagen überall herum. Und um die kalte, kahle Feuerstelle eines nach oben zugemauerten Kamins fanden sich in Asche getränkte Spuren von riesigen Pfoten.

In der vorderen Ecke stehend, beäugte Peter mit gehetztem Blick die backformgroßen Prankenabdrücke, die den unmissverständlichen Unterschied zu Hunde- oder Wolfsspuren deutlich trugen. In einer Linie direkt hintereinander, wo eine längere, ungestörte Laufspur zu erkennen war, die dünn ausgezogenen Krallen jederzeit sichtbar, doch was sie wirklich anders machte, war die ganz und gar nicht natürliche fünfte Zehe des Biests.

Menschenhände. Grotesk verändert zu reißenden Mordwerkzeugen. Ihm wurde schwindelig, und der kalte Schweiß brach ihm aus, wie er dort, halb verdeckt vom schlanken James und nach links abgeschirmt von Sirius' breiten Schultern, eine Hand ausstreckte, um sich an der Wand abzustützen. Jetzt nur keine Schwäche zeigen. Er wollte kein Feigling sein. Es war zu einem Teil seine Idee gewesen, und er hatte Remus genau so helfen wollen. Und dafür hatten sie das hier doch alles gemacht, oder nicht? Nein, Peter wollte keine Schande sein. Irgendwie würde er das schon durchstehen.

Nur ein Schrank stand aufrecht in all diesem Chaos, ein großer, breiter Kasten aus blankem Gusseisen mit kompliziertem Verschluss, der die feine Fingerfertigkeit eines Menschen benötigte, direkt an der Wand zwischen den verrammelten Fenstern in Richtung des Schlosses, hier im Erdgeschoss der Heulenden Hütte, inmitten dieses Schlachtfeldes von einem Raum. Und während sich die drei stumm geschlagenen Jungen in ihrer Ecke völlig still verhielten und mit unruhigen Augen diese verheerte Einrichtung betrachteten, verbarg sich Remus hinter der geöffneten, schwarz glänzenden Tür mit den Löckchen aus zerkratztem Metall daran. Ganz ähnlich wie die Luke unten im Keller schaute das aus, genau so angegriffen und zu zerfetzen versucht. Ohne Erfolg.

Ihre für den nächsten Morgen schon gepackten Ranzen hatte er ihnen abgenommen und dort unten in einem der leeren Fächer verstaut. Nahrungsmittel hatte er mitgebracht, Getränke und den kleinen Korb, den Madame Pomfrey ihm auch als Erwachsenem noch regelmäßig packte, den niedrigen Rundkolben mit seinem Stärketrank zwischen karierte Tücher gesteckt. Was genau er nun noch dort tat, das wussten sie nicht, und niemand traute sich zu fragen. Selbst Sirius war so eingeschüchtert von diesem doch so lang herbeigesehnten Moment, dass er kein Wort über die blutleeren Lippen bekam.

War das nicht merkwürdig? Immer hatten sie geglaubt, das Animagus-Ritual würde ihre größte Bewährungsprobe werden. Entfesselte Magie, von ihren jugendlichen Händen gebändigt, wilde Geister von lebenden Tieren in ihre Herzen aufgenommen, was gestandene Zauberer von beinahe 100 Jahren Erfahrung sich nicht getrauten. Und nun? Es erschien ihnen wie ein Spaziergang über den Rummel, verglichen mit dieser tiefer und tiefer herabsinkenden Vollmondnacht.

Herum rumorend, sprach Remus wieder, weil er selbst die Stille nicht ertrug, und das Zittern des Atmens war in seiner Stimme zu hören. Dumpf klang sie, jeglichen Echos beraubt, das ein fast vollkommen leeres Zimmer doch eigentlich hervorrufen müsste. Doch er redete in den Schrank hinein, und der schluckte sämtliche Resonanz, die seine hohe Stirn produzieren konnte. „Morgen früh müsst' ihr einfach nur alles hier heraus holen,“ erklärte er überflüssigerweise, und trotzdem machte keiner Witze darüber, sondern sie alle nickten nur dümmlich. „Ich weiß nicht, ob ich dann bei euch sein werde. Wach, meine ich,“ fuhr er fort, und es hörte sich an, als bücke er sich. Das klickende Geräusch von geöffneten Klammern und das unverkennbare Fallen von Stoff trieb Runzeln auf ihre Gesichter.

Zuerst an die rechte Tür greifend, kam ein Ellbogen aus dem offenen Schrank heraus, und erst war James sich gar nicht so sicher, was er da sah. Die dunkle Uniform-Jacke war verschwunden, eingetauscht offenbar gegen ein einfaches, wollweißes Hemd ohne Knöpfe an den Ärmeln, und wie Remus dann auch mit seinen heute so entsetzlich blassen Fingern die linke Seite der Türen schloss, kam zum Vorschein, was er dort getan hatte. Er hatte sich umgezogen, trug nun weder seine Hosen noch Jacke, Pullunder, Krawatte oder auch nur Unterhemd seiner üblichen Kleidung. In eine Art schweres Nachthemd gehüllt, vollkommen barfüßig, die langen, dünnen Beine präsentierend, griffen seine nackten Zehen vorsichtig ineinander. Sirius schluckte die enorme Hitze herunter, die ihm in den Kopf schießen wollte. Keine Schuhe. Auf diesen nur noch aus Widerhaken tragenden Holzsplittern bestehenden Planken.

Sorgfältig wie eh und je, langsam und aufmerksam, verriegelte Remus den Verschlussmechanismus, dessen winzige Kügelchen und Schlösser sich ineinander drehten und dabei ein ratterndes, rumpelndes Geräusch erzeugten, ganz ähnlich wie eine überdimensionale Uhr, die sich auf das Läuten zur Mitternachtsstunde vorbereitete. Mit festem Griff zog er an den Klinken, doch nichts rührte sich, und der Schrank war so schwer, dass er von seiner eigenen Kraft fast nach hinten über fiel und sich mit einem Ausfallschritt retten musste. Erst dann gab er sich, sacht nickend, zufrieden und wandte sich den drei Jungen zu, deren Gesichter seines heute so erschreckend, und doch so warm und schön widerspiegelten. Blässe. Die zarten Ringe unter den Augen. Das Wasser auf den Hornhäuten. Das Beben der Lippen. Am liebsten hätte er sie jetzt sofort zurück gebracht in den Keller und sie wieder hinauf geschickt zum Schloss. Aber egal wie sehr er sich das wünschte nun, es war zu spät. Er durfte diese Barriere nun nicht mehr verrücken. Dafür war dieses schwirrende Drehen tief in seinem Bauch schon zu intensiv.

Sich ein Lächeln abringend, versuchte Remus, dieses Verwirrspiel an unterschiedlichsten Gefühlen in seinem Inneren zu verbergen, aber es gelang nicht sonderlich gut. Die Falten zwischen seinen Brauen waren steil und senkrecht zu seinem Haaransatz, noch ganz verwuschelt vom Darüberziehen seines Pullunders, den er ordentlich gefaltet in den Schrank gelegt hatte. Er schluckte sichtbar, und die ersten Anzeichen von gespürter Kälte breiteten sich über seinen Körper aus. So fiel es nur noch schwerer, die ängstliche Sorge zu verbergen. Es musste gut gehen. Wenn er sie als Menschen erkennen würde, wenn ihm klar war, dass es sich um Animagi handelte und nicht um echte Tiere ... Er mochte daran nicht denken, es musste alles glatt gehen, es musste einfach. Und wenn sich nun einer aus Versehen, in Furcht, in Panik zurückverwandelte? Nein, auch das nicht, nicht darüber nachgrübeln, das einfach ausschalten!

Wie sie ihn anschauten. So ähnlich wie Madame Pomfrey damals, als sie ihn das erste Mal bis hinauf in das kleine Schlafzimmer gebracht hatte, dessen Boden nun für alle Zeit von verwischter und abgewaschener Zauberkreide in Gelb und Rot verfärbt bleiben würde. Traurig, furchtsam, voller Mitleid. Und auch dieses Mal konnte er sich nicht entscheiden, ob er das mögen oder hassen sollte. Peter hatte Tränen in den Augen, er hatte sie gesehen, auch wenn er sie zu verstecken suchte, und wie sich der pummelige 15jährige abwandte, entkam ihm ein winziges Schniefen. Hinter sich greifend, drückte ihm James die Hand, damit er sich beruhige und es Remus nicht noch schwerer machte, als es ohnehin schon sein musste. Und Sirius schluckte so fest, dass es durch den ganzen von massiver Gewalt zerstörten Raum hallte.

Die zugenagelten Fenster ließen keinen Blick zu auf das Tal dort draußen oder auch nur auf einen winzigen Zipfel des Himmels, und durch die Ritzen der unbrechbaren Mauern drang nur der kühle Dunst aus Dämmerung herein, der schon ihren Weg zur Peitschenden Weide unter James' Tarnumhang neben einem jederzeit sichtbaren Lupin begleitet hatte. Wie weit die Sonne mittlerweile gesunken war, wie sehr die Dunkelheit bereits die Wipfel der Bäume und die Straßen von Hogsmeade verschluckt hatte, wussten die vier jungen Männer im Inneren der Hütte nicht. Lange konnte es nicht mehr dauern, bis der volle Mond in seiner klaren Schönheit, aber auch in seiner den Fluch enthemmenden Kraft über die Rücken der Berge kriechen würde. Es war an der Zeit, noch ein letztes Mal Warnungen auszusprechen.

Remus seufzte und ballte die Fäuste in den weiten Ärmeln für einen kurzen Augenblick. „Also, Jungs, ihr wisst Bescheid,“ fing er wieder an, und sie alle nickten sofort, wollten ihn nicht wieder mit Fragen nerven oder irgendein Anzeichen davon geben, wie heftig ihnen die Herzen in der Brust schlugen. Man sah es dennoch. An James' schmächtige Rippen wummerte die Pumpe so stark, dass Moony sie aus der Entfernung von gut zwei Yards deutlich erkennen konnte, der Spitzenstoß seinen Pullover ausbeulend. Wieder musste er lächeln darüber, ein wenig gequält, aber echt, bis er das Blut in den Ohren rauschen hören konnte, und es floss nicht im Rhythmus seines eigenen Herzens. Schneller, aufgeregter, so herrlich angsterfüllt. Schön. Herausfordernd. Ihm rutschten die Mundwinkel nach unten und er zwang es zurück. Rauf musste er.

„Ich möchte, dass ihr euch verwandelt und so bleibt, bis die Sonne aufgegangen ist,“ wurde er mit einem Mal sehr eindringlich, und Sirius hätte beeiden können, einen Anflug von aufsteigender Röte an seinem Hals entdeckt zu haben. Eilige Hektik, seine Finger zitterten, wie er sie gestikulierend ausstreckte und jeden von ihnen dabei ansah, als wolle er sie daran erinnern, wie wichtig es war, für die OWLs zu büffeln. „Seid euch ganz sicher, bevor ihr wieder ihr selbst werdet!“ schwor er sie ein, die Hände wie zum Gebet bettelnd erhoben und ineinander verwoben, aber niemand war in der Lage, wirklich vernünftig zu antworten. Sie konnten nur hastig mit den Köpfen nicken, und James öffnete den Mund und hauchte ein heiseres „ja“, als wolle er es versprechen.

Dichter aufrückend, befand sich Peter nun fast direkt zwischen den Schultern der größeren Jungen, und Sirius konnte seinen rasch gehenden Atem an seinem Arm spüren, wie der Zweitjüngste durch die schmale Lücke zwischen den beiden besten Freunden hindurch lugte. Seine wässrig-blauen Augen waren nun groß und rund wie der Mond da draußen in den Wolken, und er starrte Remus an wie einen Fremden. Erst verstand Black das nicht, runzelte die Stirn und verspürte das merkwürdige Bedürfnis, den dicken Jungen neben sich fest zu schlagen, doch dann entdeckte er aus dem Augenwinkel, was auch Peter gesehen haben musste: Innerhalb von Sekunden hatte sich auf dem wollweißen Hemd ein rasch wachsender, dunkler Fleck aus Schweiß auf Remus' Brustbein gebildet, und die nackten, eigentlich doch frieren müssenden Beine glitzerten nass. Die Kiefermuskulatur war hart gespannt und deutlich als derbe Knoten sichtbar, und die Nasenflügel ihres Freundes blähten sich unwillkürlich in beschleunigtem Atmen. Es fing an.

Sich über die trockenen Lippen leckend, wurde Remus' Stimme rauchiger, und er sprach schneller nun. „Ich geh' rauf,“ flüsterte er so laut er konnte, die Hände aufeinander gelegt. „Ihr rührt euch nicht von der Stelle, hört ihr? Ihr bleibt wo ihr seid!“ Halb Befehl, halb verzweifeltes Anliegen, beugte er sich leicht vor, damit sie ihm besser in die Augen schauen konnten, und ein dicker Tropfen rollte an seiner Schläfe hinunter und blieb an seinem Kiefer hängen. Niemand widersprach. Wer könnte auch schon so unglaublich bescheuert sein wollen, dort hinauf zu gehen, wenn er ... während er ...? Wer wollte sowas sehen?

Sie nickten wieder nur heftig, und Peter zupfte von unten her an James' Ärmel. Es war nicht nötig, es auszusprechen, was er dachte. Er war so klein in seiner Tiergestalt! So winzig! Er wollte nicht dort unten auf dem Boden hocken, wenn ein Wesen hereinkam, das Pranken hatte so groß wie Frühstücksteller, und das nach Blut und Fleisch gierte.
Nur leicht beugte James sich zur Seite und nach hinten, gönnte Peter einen knappen Seitenblick, ließ Remus aber nie ganz aus den Augen. „Du kannst auf meinem Geweih sitzen, Pete,“ raunte er ihm beruhigend zu, und Pettigrew kniff dankbar die Augen zu und biss sich auf die Lippe. So wie er ausschaute, mindestens so sehr schwitzend wie der so angestrengt die ziehenden, schiebenden Schmerzen unterdrückende Remus, wäre er am liebsten jetzt schon auf Potters Kopf geklettert.

Schon seltsam. Dabei war er der Einzige, der eine Chance zum Entkommen hatte, sollte das hier auch nur in irgendeiner Weise schief gehen. Einen einzigen Vertreibezauber beherrschten sie, keine wirkliche Waffe gegen die Bestie, und der Vorsprung, bevor sie sich zurückverwandeln konnten in Zauberstab-tragende Hexer war so minimal, dass nur ein gezielter Sprung in einen dieser minimalen Risse im Mauerwerk einen Zeugen hinterlassen würde.

Sirius konnte ihn einfach nur anstarren und sich schämen dafür. Nie zuvor in seinem Leben, nicht einmal unter den Augen von Lord Voldemort oben auf der Ballustrade über der Eingangshalle, hatte er sich so sehr gefürchtet. Das hier war etwas Anderes. Es hatte nichts damit zu tun, dass es Remus war, ihr Remus, ihr Freund, dieser liebenswürdige Streber, sondern war viel ursprünglicher. Eine Furcht aus der Kindheit, noch tiefer verwurzelt in den angeborenen Instinkten eines so schwachen Lebewesens wie einem kleinen Menschen. Auf diese so reine, ungeschminkte Art ängstigten sich nur bibbernde Jungen und Mädchen, die aus einem Alptraum von Monstern mit Zähnen und Klauen aufwachten. Oder ein erwachsener Mann, egal wie groß und stark und mutig sonst, der einem solchen Ding tatsächlich mit einem Mal in einem nebligen Moor gegenüberstand. Aber das war es nicht, weshalb er sich schämte.

So offensichtlich war es nun, dass Remus jeden Augenblick den ersten Schlag gegen seine körperliche Intigrität, gegen seine Würde erwartete, dass er bereits leicht vornüber gebeugt da stand und oberflächlich atmete, das Keuchen zurückhaltend. Als wäre dieses lächerliche, demütigende Hemdchen nicht schon schlimm genug. Nach Ravenclaw gehöre er, hatten so viele so oft gesagt, konnte Sirius ihre Stimmen in seinem Kopf hören, wie sie von seinem schnellen, flinken Verstand sprachen, der um die Ecke sah, einer Auffassungsgabe, mit der sich keine andere messen konnte. Aber die hatten alle keine Ahnung. Das hier erforderte mehr als Wissen und Weisheit und Raffinesse im Denken. Remus John Lupin konnte nur ein Gryffindor sein. Nur Tapferkeit konnte dieses Leid ertragen.

„Ihr bleibt einfach hier,“ waren es nur noch in Ausatmen gebettete Worte, wie er sich mit einem Mal entspannte, die Augen schloss und die Wirbelsäule durchdrückte. Den Kopf auf dem Hals seltsam verdrehend, als müsse er sich die Gelenke einrenken, presste Remus fest die Kiefer aufeinander, doch während Peter leicht in sich zusammensackte, fühlte Sirius jeden einzelnen Muskel vibrieren, und ein Schub Hitze aus eingeschaltetem vegetativem Nervensystem raste in enormer Geschwindigkeit bis rauf in sein Hirn. Das hier war nicht gut.

„Ich werde von ganz allein herunterkommen,“ Seine Stimme, wieder klarer und besser verständlich werdend mit jeder Silbe, zu hören tat gut, beruhigte ein wenig, und dennoch blieben beide, Sirius und James, in höchster Alarmbereitschaft. „Wollte sowieso da vorn weitermachen. Bin sicher, das löst sich, mit ein klein wenig Arbeit und Ehrgeiz, ja, sicherlich.“

Sie schalteten rasch. Mit in Peters Richtung ausgestreckten, überkreuzten Armen schoben sich die beiden größeren Jungen einen hastigen Schritt rückwärts und zückten in einer einzigen, synchronen Bewegung die Zauberstäbe, als ihnen der Schweiß aus den Poren schoss, und Pettigrew quietschte auf, sobald die Worte an seinen Verstand drangen. Das war nicht der Auslöser für ihre Kampfbereitschaft. Es waren die für einige wenige, fast schmerzhafte Herzschläge sichtbaren Augen unter fast geschlossenen Lidern, nicht mehr blendend silbern mit grünen Glitzersternen, die im Sonnenlicht funkelten. Mitisgrün, arseniertes Kupfer, schillernd und glimmend wie von einem dahinter brennenden Feuer erhellt, und darin schwammen, wie losgelöst, bikonvexe Pupillen, so schwarz wie die der Erde zugewandte Seite des Mondes in einer Totalen Eklipse.

Die Lider zusammenkneifend, schüttelte sich die Gestalt in dem Hemdchen da vor ihnen und ging sofort in die vorgebeugte Stellung über, wie er sich an die Schläfe fasste. Es war wieder vorbei, aber keiner rührte sich. Jetzt keuchte er offen, bekam nicht mehr wirklich mit, dass er nicht allein war, oder es störte ihn nicht mehr. Keinen Gedanken mehr übrig dafür. Die eine Hand abwehrend in ihre Richtung ausstreckend, schüttelte Remus den Kopf und setzte sich in Bewegung, stolperte vorwärts und raus, durch den zersplitterten Rahmen in den Flur, die zerstörten Treppen hinauf, so schnell er nur konnte. Sie konnten ihm nur nachschauen und sich am Riemen reißen, sich mit blutig gebissenen Lippen zurückhalten, als er auf den obersten Stufen auf die Knie stürzte. Mit einem Unterarm wischte er sich über die schweißnasse Stirn, die Finger der Linken griffen krallend in Höhe des Schwertfortsatzes in das zerknitternde Hemd, und er drückte ein merkwürdig unmenschliches Geräusch aus seiner Kehle. Es gab nichts zu tun. Gar nichts. Der Zorn, das Mitleid, die Hilflosigkeit, brannten jedem von ihnen ein Loch in die Seele.

Sich aufraffend, stemmte Remus sich auf die Füße und zog sich die letzten beiden Stufen hinauf und um die Ecke, und über sich hörten sie nur noch das Poltern und Schleifen, wie er sich in den Raum mit dem Bett schleppte. Und dann – Stille. Absolute Stille.

Drei Jungen standen da, zwei mit gezogenen Zauberstäben, und lauschten hinaus, doch alles, was an ihre Sinne drang, war das unablässige feine Knarzen der ewig schwankenden Hütte. Keiner traute sich zu atmen. Mit angehaltener Luft verharrten sie, die Ohren gespitzt, dass sie alle wie die von Peter aussehen mochten. Das unvermittelte, betäubend dröhnende Krachen unmittelbar über ihren Köpfen, ließ sie alle zusammenzucken, und obwohl sie keine Ahnung hatten, was da passiert war, weckte es sie endlich aus ihrer Starre. Merlin, sie mussten sich verwandeln! Ohne einen weiteren Moment zu zögern, stopften James und Sirius Mahagoni und Rotbuche in ihre Innentaschen, und keinen Puls später huschte die quietschende Ratte am gebeugten Vorderlauf des stattlichen Zwölfenders hinauf. Gerade rechtzeitig.

Ein Schatten bewegte sich im oberen Stockwerk. Die flackernden Lichter der winzigen, hoch angebrachten Lämpchen, so vereinzelt nur noch funktionstüchtig, warfen tanzende Dunkelheit an die Wand im Treppenhaus gegenüber der aus den Angeln gerissenen Tür, und die guten Ohren des Wolfshundes drehten sich in diese Richtung. Klickende, unruhig unregelmäßige Geräusche auf dem hölzernen Boden. Ein feines Schniefen durch kühle Nasenlöcher, und ein unzufriedenes, missmutiges Knurren. Da waren Fremde im Haus. Das war noch nie passiert. Das ging nicht. Wie konnten sie hereingekommen sein? Wer war das? Wieso waren die hier? Drei nahm er wahr, drei. Und er wollte sehen, wen er da hatte zur Gesellschaft, so plötzlich.

Und der Wolf trat hervor, riesig, zerzaust und von der auch für die Bestie reißend schmerzhaften Verwandlung gezeichnet. Der steile Rist, gekrönt von einem steifen Streifen aus abstehendem Haar, ragte genau so weit hinauf wie eben noch der Kopf des auf dem Boden halb kriechenden jungen Mannes, und das Tier senkte den Nacken, um mit glitzernd reflektierenden Augen in den unteren Raum spähen zu können. Es schien sich nicht entscheiden zu wollen, ob es die über zwei Zoll langen Reizähne blecken sollte oder nicht, doch die Rute blieb aufrecht in seinem eigenen Revier. Das hier war sein Zuhause. Er mochte es hassen mit jeder Faser seiner so vergänglichen Existenz, aber hier regierte er ganz allein.

Aus tiefster Kehle grollend, meldete er diesen Anspruch an und zeigte keinerlei Anzeichen von Zurückhaltung, wie er ohne zu zögern die Stufen hinunter kam, mit so sanftem Tritt, dass nur das Klackern der nicht einziehbaren Krallen sein Näherkommen verraten hätte, wären seine Beobachter nicht ebenso wie er mit nachtsehenden Augen ausgestattet gewesen. Die Ratte im hohen Geweih des Hirsches quietschte und drehte sich in ihrer Unruhe immer wieder um sich selbst, bis sie dem bestimmten Schwung des starken Halses folgte und sich mit dem langen Schwanz in den Enden festhielt. Der große, schwarze Hund blieb ungerührt und schaute das auf sie zutrabende Ungetier aufmerksam an.

Im Rahmen blieb er, die breite Schnauze zu einem ungewöhnlichen Grinsen verzogen. Interessante Versammlung hier. Nicht natürlichen Ursprungs, das stand fest. Man musste nicht den so herrlich schnellen, gewitzten Verstand des Jungen haben, um das einzusehen. Minimaler Zugriff darauf reichte vollkommen. Zu schade, jedes Mal. Aber er kam nicht umhin, der Wolf, einen Schuss ernsthafter Neugier zu verspüren irgendwo zwischen den Vorderläufen. Ein Hund, ein Hirsch und eine Ratte. Schöneres Spielzeug als Möbel und Teppiche, ja, mit schlagenden Herzen und pulsierendem Blut. Trotzdem. Nein. Zu interessant, zu außergewöhnlich. Mehr erfahren.

Der Nager hatte Panik. Aber der Hirsch war ganz ruhig, scharrte nicht mal mit den Hufen. Und der Hund, der war dreist. Kam ihm entgegen, langsam, vorsichtig geduckt, die Rute leicht gesenkt, und der alte Verhaltenskodex, fast vergessen in all den Jahren der Einsamkeit in dunklen Kellern und diesem grässlichen muffig-modrigen Bau, aber nicht verlernt, griff einwandfrei. Es stimmte ihn merkwürdig milde, und der Wolf rollte mit den Augen. Roch vertraut. Roch nicht unangenehm. Roch wie ...

Der schwarze Hund erreichte ihn mit angemessenem Respekt, ein wenig heruntergebeugt, und schaute ihn dabei abwechselnd an oder auf den Boden. Gut so. Es wirkte wie es sollte. Noch darüber nachgrübelnd, was er denn nun mit diesen ungewöhnlichen Gästen anstellen sollte, spürte der Wolf es kaum, diese Veränderung, dieses helle Fenster, das sich ungefragt in seinen Geist schnitt. Also, dieser Hund, der roch ... Wie Sirius! Sirius? Ein Name, wer war das? Dieser Junge doch, oder? Der große, dunkelhaarige Kerl mit den breiten Schultern, ja, das musste er sein, aber wieso ...?

Die Sicht verschwamm nur kurz, wurde ein wenig dunkler, farbiger, rote und blaue und braune Töne nahmen zu, nur das Grün ein wenig schwach und gräulich, und erstaunt hob der Wolf den Blick. Er konnte nicht sehen, was die anderen Tiere im Raum wahr nehmen konnten, denn es gab keine Spiegel, er sah sich nicht selbst. Das war James. Und das Peter. Ihm klappte ungewollt der lange Unterkiefer herunter, und die hechelnde Zunge rollte heraus. Die Rute begann, vorsichtig hin und her zu schlagen, und er stellte die Ohren auf und richtete sie nach vorn, begriff noch während es geschah, dass er das Freudengesicht des Rudeljägers auflegte. Aber das ergab keinen Sinn! Das hatte er noch nie getan, dafür hatte er keinen Grund, er war ein Werwolf! Und er war nicht mehr allein in seinem eigenen Kopf.

Nur für Sekundenbruchteile wartete der Hund ab, bevor er diese Körpersprache widerspiegelte und ohne Angst einen weiteren Schritt auf ihn zutrat. Kurz aufjaulend, berührte er ihn mit der Schnauze, schien den Geruch seines Gegenübers aufzunehmen und ließ es sich anstandslos gefallen, wie der Wolf beide Pranken auf seinen Rist hob und ihn regelrecht ein Stück vor sich her schob. Fast lachen musste Sirius davon. Wer hätte das gedacht? Die giftig grünen Augen des Ungeheuers waren durchzogen von blendend hellem Silber, die schlitzförmigen Pupillen zusammengepresst zu halbrunden Elipsen, und fast schief grinste der Wolf ganz genau so wie ihr guter alter Remus.

Hüpfend bellte Sirius und bekam augenblicklich eine Antwort in Form eines abgehackten Heulens, und James polterte mit einem Vorderhuf scharrend auf die Dielen, wie er den Kopf zurück nahm. Offensichtlich hatte er das auch gesehen. Da geschah irgendwas mit der Bestie. Sie war nicht sie selbst, sie war durchsetzt von dem jungen Menschen, in dem sie sich verbarg. Wie der elegante und gefährliche Räuber, der er nunmal war, schlich er in ganz charakteristisch einspurigem Lauf um den riesigen Hirsch herum, als wolle er ihn genau betrachten, und dennoch zeigte er dabei stetig die Haltung eines Wolfes, der von erfolgreichem Ausflug zu seinem Rudel zurückgekehrt war.

Unfassbar und unerwartet, und niemand hätte es je kommen sehen. Wer wusste schon, dass eine solche Wandlung möglich war? Wer hatte es je gewagt, einem Freund in dieser Gestalt entgegen zu treten, egal in welcher Form? Niemand jemals! Niemand außer ihnen, den Rumtreibern! Wo Fenrir Greyback Tag für Tag in menschlicher Gestalt von den Launen, der Aggressivität und der blutrünstigen Gier des Tieres beseelt war, so drangen Freundlichkeit, Neugier und ja, tatsächlich eine liebevolle Sanftmut in den Kopf dieser Bestie hier ein. Die Ratte namens Peter auf dem Geweih quiekte und schien in die Pfoten zu klatschen, sauste an den Enden hinauf und hinunter und sprang so nervtötend auf James' flachem Kopf herum, dass der seinen kräftigen Hals beugen musste.

Remus war mitten unter ihnen stehen geblieben, hechelte und sog so voller neuentdeckter Freude an diesen immens erweiterten Sinnen seine Umwelt in sich auf, das Flirren der Luft, den Geruch seiner Freunde, die grobe, aber trotzdem seltsam verlangsamte Sicht, dass er sich sogar das ewige Knuffen von Sirius gefallen ließ. Der Hund winselte richtig vor Freude, stubste ihn mit der Schnauze an und rieb seinen Kopf an seiner Schulter. Zu nicht viel mehr direkter Konversation fähig, zwinkerte James, sobald er tief genug herab gesunken war, um auf Höhe mit den beiden halben Kälbern angelangt zu sein, aber die wirkliche Krone setzte Peter diesem Moment auf.

Seine Angst komplett abgestreift, stürzte er regelrecht von seinem Aussichtspunkt am obersten Ende des Kopfschmucks herunter, plumpste auf seinem Rattenhintern auf James' Nase und lehnte sich nach vorne, bis er mit winzigen, rötlich durchscheinenden Fingerchen Remus' grau tingierte Wolfsschnauze berühren konnte. Und dem riesigen Ungeheuer mit der heraushängenden Zunge zwischen messerscharfen, tödlichen Waffen, entkam ein heiseres, zufriedenes Lachen.


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