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Im Silberlicht bis Nimmermehr - Ma'assalama, Telmied!

von Teekon

Natürlich war alles gut, noch bevor der Zug in Hogsmeade einlief. Schon als Remus von der Besprechung der Präfekten zurückkehrte, war seine Wut komplett verflogen gewesen, und er hatte schon ein wenig Mitleid mit James gehabt, der völlig bedröppelt in seinem Sitz am Fenster gehockt hatte. Das war schon ganz schön peinlich, wie er sich benahm, wenn Lily Evans auch nur in die Nähe kam, dagegen konnte er schlecht etwas sagen. Und dass die Jungs den Grund dafür auch noch einfach so durchschaut hatten, machte es nicht wirklich besser.

Als die vier Jungen in ihren mal wieder nagelneuen Hogwarts-Uniformen von ihrem Wagen hüpften und sich dem großen Tross in Richtung der Eingangshalle den gekiesten Weg hinauf begaben, lachten sie schon alle darüber, neckten sich gegenseitig mit den jeweiligen Neuigkeiten und freuten sich riesig auf ein gemeinsames Festessen an der langen Tafel von Gryffindor. James war also hoffnungslos verknallt, Moony hatte ein bescheuertes – wie hatte er das noch gleich genannt – Menjou-Bärtchen, Sirius' Frisur war absolut daneben und Peter ... Naja, Peter war eben immer noch klein, fett und blöd. Und trotzdem klopften sie ihm alle ermutigend auf die Schultern, denn „Outstanding, Mr. Pettigrew!“ war ein fast schon legendärer Spruch geworden.

Wie herrlich die Eingangshalle im Licht der hoch angebrachten Laternen erstrahlte, das war jedes Mal wieder ein erhebendes Erlebnis, wenn man durch die breiten Tore die Stufen hinauf schritt. Ganz besonders, wenn es sich um ein neues Schuljahr handelte, wenn hunderte von fröhlich redenden, kichernden und scherzenden Jugendlichen und Kindern wie eine Einheit durch das Nadelöhr strömten und sich ein Pulk bildete, bevor man in den Großen Saal am rechten Ende des Foyers schlüpfen konnte. Jedes Auge glänzte davon, und sogar die mürrischsten Slytherins oder so unsentimentale Leute wie Dennis Meadowes in seinem letzten Jahr, konnten sich dem nicht entziehen.

Wo sich alles in eine Richtung bewegte, fiel es sofort auf, und der kleine Knirps, der mit wehender Robe wieder zurück rannte und dabei schon eine winzige Schriftrolle schwenkte, fing jeden Blick ein. „Mr. Lupin! Mr. Lupin, Sir!“ schrie er mit quietschender, noch nicht gebrochener Stimme und winkte mit beiden Armen, und sobald Remus seinen Namen hörte, blieb er mitten im Eingangstor stehen. Wie ein Fluss rollte die Menge an ihm und seinen wartenden Freunden vorbei, und der höchstens 12jährige Junge stoppte ab und keuchte fürchterlich.

Die Brauen ineinander schiebend, musste Remus sich zu ihm herunter beugen und sich halb in die Knie stützen, damit er den Zweitklässler mit den braunen Haaren überhaupt ansehen konnte. „Sind Sie Mr. Lupin, Sir?“ presste er stockend hervor, immer noch so schwer atmend, dass sich der ganze Brustkorb wie ein Blasebalg hob und senkte, und der Kleine musste schlucken, weil sein Mund so trocken war. „Ja, das bin ich, um was geht es denn?“ erkundigte sich Remus, und Peter neben ihm gähnte, während die anderen Zwei schon sehnsüchtig in Richtung der Großen Halle schielten. Hunger.

Oh sehr gut, er hatte ihn gefunden! Darüber war Barty wirklich sehr froh, denn Professor Dumbledore hatte ihn von seinem Tisch der Ravenclaws weg gerufen, direkt zu sich herauf auf den Podest, auf dem die Lehrer saßen und speisten. Toll war das schon gewesen, aber er hatte ein bisschen Angst gehabt, musste er zugeben, weil er sich nicht hatte vorstellen können, wieso gerade er und wieso gerade jetzt. „Lauf hinaus für mich, Bartemius, sei so gut, und gib' das Mr. Lupin,“ hatte der Schulleiter gesagt und ihm zwinkernd diese kleine Rolle aus Pergament gegeben, gebunden mit einer violett-goldenen Kordel, und noch bevor der Knirps ganz verwirrt hatte fragen können, hatte er es ihm erklärt: „Der Gryffindor-Präfekt mit den Narben im Gesicht. Du wirst ihn finden, lauf' schnell!“

Jetzt wirklich stolz auf sich, dass er ihn gleich gefunden hatte, überreichte Bartemius Crouch dem jungen Mann mit den wirklich ganz schön schauerlichen Striemen quer über die Nase die mitgebrachte Botschaft. „Das ist für Sie, Sir! Von Professor Dumbledore, Sir, glaub' ich ...“ zuckte er verlegen die Achseln, und Remus nahm das Pergament entgegen und runzelte erst recht die Stirn. Was konnte denn so wichtig sein, dass er noch vor der Eröffnungsrede und vor dem Festmahl davon in Kenntnis gesetzt werden musste? „Ich danke Dir,“ murmelte er dem Zweitklässler zu und klopfte ihm von oben her auf die Schultern, dass das Kind beinahe in den Boden gedrückt wurde. Aber Barty grinste nur zufrieden, machte auf dem Absatz kehrt und rannte zurück zum Tisch der Ravenclaws.

Sich wieder aufrichtend, kratzte Remus sich am Kopf und zog dann vorsichtig die Kordel ab, die ihm so gar nicht zu einer Nachricht von Dumbledore passen wollte. Rote Bänder benutzte der, und ganz anderes Pergament, helleres, gebleichtes, während dieses sehr grobfaserig und fast körnig war. Ihm einen Ellbogen in die Seite rammend, lugte Sirius über seine Schulter hinweg und verlangte damit stumm, in Kenntnis gesetzt zu werden, doch Remus musste erst einmal selbst lesen. Wie er es sich gedacht hatte: Es war nicht von Dumbledore.

Salam aleikum, Telmied!
Bitte kommen Sie herauf zu mir in mein Büro! Jetzt gleich!
Salah ah-Din Ibn Ahmad al-Harani


Die Unterschrift, ebenso wie die Grußformel, romanisiert und gleichzeitig in Kufi, verrieten den Absender und auch den Adressaten, und mit immer noch gerunzelter Stirn zögerte Remus keine Sekunde lang, auch wenn er keine Ahnung hatte, wieso er nun dort hinauf sollte. Ohne sich umzusehen, schlug er dem nächsstehenden James mit dem flachen Handrücken vor die Brust und machte gleichzeitig eine Geste mit dem Kinn, dass er nachkommen würde. Und während Sirius noch „was zum Geier ist ein Telmied?!“ brummte, eilte er schon weg von der sich windenden Raupe aus Schülern und die breite Marmortreppe hinauf.

Das war seltsam, durch ein so leeres Schloss zu laufen, und Remus nahm zwei Stufen auf einmal, weil er es schneller hinter sich bringen wollte. Schon bald verblassten die lauten Stimmen und die vielen Schritte auf dem steinernen Boden irgendwo hinter und unter ihm, wie er den langen Korridor ins Innere der Schule hinunter rannte. Es war nicht weit, er kannte eine Abkürzung, und das Klassenzimmer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste befand sich im dritten Stock, ebenso die daran angeschlossenen Privaträume des jeweiligen Lehrers.

Was konnte Professor Al-Harani so Dringendes von ihm wollen? Ging es um eines seiner Geschenke, um ihren gemeinsamen Deal oder hatte er ... Nein, er hatte ihn doch immer unterstützt und bestärkt, er hatte wissen müssen, was Remus wirklich vorhatte! Da würde er doch jetzt nicht ... Das Gepäck war doch schon oben, oder? Konnte irgendein Lehrer an die Koffer heran? Oder wurden die Sachen der Schüler eigentlich überprüft? Wieso hatte er daran nie zuvor gedacht?

Jetzt war es zu spät, egal, was war, er musste hinauf. Schlitternd kam Remus vor der recht niedrigen Tür zum Klassenraum für Verteidigung zum Stehen, richtete sich noch einmal rasch die Robe und die ganz durcheinander geratenen Haare, und dann drückte er noch immer keuchend von dem hastigen Lauf die Klinke herunter.

Es war dunkel in dem hohen, langen Saal, nicht so wie sonst. Keine Laterne brannte, nur das silberne Licht des abnehmenden Mondes sickerte durch die rundbogigen Fenster und warf lange Schatten über die ordentlichen Reihen der Pulte und Stühle. „Professor?“ fragte Remus leise, wie er den Kopf durch den Türspalt steckte. Nichts rührte sich. Noch ein wenig nervöser schob der Schüler das Eichenholz in den Raum und schlüpfte hinein, traute sich jedoch nicht, die Tür auch wieder zu schließen. „Professor Al-Harani?“ wiederholte er etwas lauter und präziser, und da bewegte sich etwas dort oben in der Dunkelheit auf der kleinen Empore, zu der die gewundenen Stufen hinauf führten.

Ein Strahl aus warmem, weichem Licht fiel die Treppe herunter und beleuchtete die ausgewischte, grüne Tafel neben dem Schreibtisch des Lehrers, vollkommen leer und aufgeräumt, und erst jetzt bemerkte Remus, wie seltsam das hier war. Wo waren die Bilder hin? Die Kalligraphien und Ebru-Kunstwerke hingen nicht mehr zwischen den Fenstern und die vielen schönen Lampen baumelten nicht mehr von der Decke. Kein gemusterter Teppich, keine Truhe mit Hieroglyphen, die Wände, der Boden, alles war kahl. Irritiert machte der junge Mann ein paar Schritte zwischen die Stuhlreihen. „Professor?“

„Hier herauf, Mr. Lupin, hier!“ bekam er endlich Antwort von der so bekannten und gewohnten Stimme des arabischen Lehrers, genauso volltönend und weich wie eh und je. Er klang weder wütend noch in irgendeiner Form aufgebracht, und das brachte Remus nur noch mehr ins Grübeln, wenn es ihm auch gleichzeitig das Herzklopfen nahm. Es war etwas Anderes, weshalb er ihn gerufen hatte, da war er sich nun sicher. Beschleunigend durchquerte der Schüler den Saal, griff nach dem Geländer und zog sich daran empor, bis er oben angekommen war.

Die Tür zum Büro stand offen, und der bereits ausgesprochenen Einladung folgend, zeigte Remus zunächst einmal nur sein Gesicht, hielt sich draußen an der Mauer und an den schmiedeeisernen Beschlägen des Eingangs fest. „Sir?“ Noch bevor er den Professor selbst entdecken konnte, rutschte ihm mehr als nur Farbe aus dem Kopf. Der junge Mann schob die Brauen jetzt so fest ineinander, dass es schmerzte, und er klappte den Kiefer herunter, als wolle er etwas sagen, konnte aber nicht. Es war nicht nur im Klassenraum so.

Das Erkerzimmer war vollkommen leer geräumt. Wo die kleine Stufe mit dem Baldachin überdacht gewesen war, prankte nun so ungeheures Nichts, dass es einen fast erschlug. Der Boden offenbarte nackten Stein, wo Perser und Kelims Weichheit und Farbe gebracht hatten. Keine der aberhundert Kisten stapelte sich mehr an der Wand, die hübsche Apotheker-Kommode war fort, und die vielen Tücher, die Mosaiktischchen und die Sisha waren nicht mehr da. Selbst der Geruch von Weihrauch hing nur noch schwach in der Luft, wie eine Erinnerung an so viele geistreiche und fruchtbare Gespräche im Diwan.

„Kommen Sie, kommen Sie herein, Mr. Lupin!“ bat Professor Al-Harani mit winkender Hand, während er einen zusammengerollten Läufer aufhob, der gegen die riesige Truhe gelehnt war, aus der er in seiner ersten Stunde die Salzbecherchen präsentiert hatte. Mit so vielen Fragen im Kopf, als wäre das hier einer ihrer ganz normalen Abende, trat Remus ein und hielt sich dicht an der Wand, wollte immer noch nicht so richtig glauben, was er da sah. Nur noch den höchsten seiner Tische mit den hübschen Mustern aus Glassteinchen hatte Al-Harani aufgestellt, und darauf befanden sich ein paar Gegenstände, die er wohl zuletzt einpacken wollte.

Wenn man einen Blick hinein warf in das Innere der Truhe aus dunklem, rötlich schimmerndem Holz, erahnte man, wohin sein Hausrat verschwunden war. Sich darüber beugend, verstaute der Professor den Läufer ebenfalls tief zwischen all diesen verkleinerten Kleinodien seiner Einrichtung, und der Schweiß stand ihm auf der Stirn von dem Tempo, das er dabei vorgelegt haben musste.

Endlich kriegte Remus es heraus, und das traurige, fast verzweifelte Entsetzen bekam er nicht aus der Stimme: „Sie verlassen uns?“ konnte er es nicht begreifen und starrte seinen Lehrer aus mit einem Mal sehr wässrigen Augen an. Aber er war doch ... Zauberlehrling! Zauberlehrling, er hatte es selbst gesagt, Telmied, er konnte doch jetzt nicht gehen! Als habe er ihm wieder bis hinunter ins Herz geschaut, richtete Al-Harani sich auf, die so stolze Miene voller Mitleid und eigenem Schmerz. Trotzdem lächelte er und nickte so bestimmt, dass er sich dabei halb verbeugte. „So ist es, Mr. Lupin, ich muss fort,“ bestätigte er, die großen Hände noch immer auf dem geöffneten Deckel seiner Truhe.

Es war die Wahrheit. Er trug einen langen, dunklen Reisemantel über seiner Kleidung, bereits geschlossen, und schwarze Reitstiefel schauten unten heraus anstelle der gebundenen Stoffschuhe, die er im Haus bevorzugte. Eine mit goldenen Fäden bestickte Kappe bedeckte die eng gelockten, ergrauten Haare, und nur die schweren Glieder einer schützenden Kette schauten unter dem Kragen hervor. Er würde gehen, jetzt gleich. „Es ist sehr kurzfristig, und das tut mir sehr leid. Doch von Ihnen wenigstens wollte ich mich persönlich verabschieden,“ erklärte sich der Professor, bevor er sich noch einmal bückte, um einen winzigen Schemel aufzuheben und zu verstauen.

Unruhig, fieberhaft nach Argumenten suchend, wieso er ihn jetzt nicht verlassen konnte, drehte Remus den ganzen Oberkörper hin und her und fuchtelte gestikulierend mit den Händen, und es half alles nichts. „Aber,“ fing er an und drückte sich stammelnd Luft durch den Kehldeckel, „wohin gehen Sie? Wieso gehen Sie?“ wollte er nicht verstehen und bat nur mit Blicken aus plötzlich wieder so kindlich gewordenen Augen um Antworten. Weiter seine Besitztümer verstauend, so eilig hatte es Al-Harani, erläuterte er so viel, wie er für nötig hielt und in einem Maße, das er diesem vielversprechenden jungen Schüler schuldig war. „Mein Heimatland braucht mich, Mr. Lupin, ich muss dorthin zurückgehen, wo ich gelehrt habe, bevor ich nach Hogwarts kam.“

Das war nicht fair! Er hatte hier auch Schüler! Man brauchte sein Wissen hier genau so, niemand hatte ein größeres Anrecht auf ihn als ... Remus' Gesicht wurde zornig, und er wollte aufstampfen, doch er unterdrückte es, so rasch, wie der Professor sich aufrichtete und ihn ansah, als habe er dieses Gefühl gespürt. „Ich muss zurück in die Bibliothek,“ fuhr Al-Harani fort, ohne darauf einzugehen. „Nach Alexandria.“ Und sofort verlosch die Wut und wurde ersetzt von einem Staunen, das einem das Herz in der Brust ganz weit machte. Die Bibliothek von Alexandria! Das war wie ein Märchen! Das war wie der Himmel auf Erden!

Der Professor lächelte ein so väterliches und zufriedenes Lächeln, wie er dieses Strahlen und diese Verzückung sah, und es war wieder zurück, dieses Gefühl, das ihm dieser Junge immer bescherte. Er erinnerte ihn an sich selbst. In einer Jugend, die so viele endlose Jahre und so viele Kämpfe lang zurück lag. Genau deshalb mochte er ihn so gerne. Weil er die Begeisterung dafür hatte. Er konnte der Richtige dafür sein, und es wäre Verschwendung gewesen, ihn nicht her zu rufen. „Ja, ich stamme aus Alexandria, Mr. Lupin. Und ich muss Ihnen nicht erklären, welche Schätze dort lagern.“

Nein, das musste er nicht. So viel Wissen, so viel Reichtum an Erlebtem und Getanem von so vielen Menschen vor ihnen, geschrieben in Büchern, auf Pergament und sogar noch in Tontafeln geritzt und gedrückt, aufgestapelt und sortiert und verwaltet und immer noch nutzbar. Gesammelt und zusammengetragen aus den Händen von Astronomen von Babylon, von weisen Druiden in alten Hainen aus Menhiren und Weißdorn, chinesischen Feuermachern und Drachenbändigern und Schamanen der Alten wie der Neuen Welt, aus Zeiten, in denen Magier und Nicht-Magier noch offen und frei zusammengelebt hatten. Alles da. In den Mauern der Bibliothek. Das raubte Remus fast den Atem.

„Verstehen Sie nun, wieso ich zurück muss?“ senkte der Professor die Stimme und schaute ihn wie von unten her an, obwohl sie einander in Größe nicht übertrafen. Der Schüler nickte bereits, hatte noch im Kopf, was besprochen worden war, unten in dem umgebauten Keller hinter McGonagalls Kamin. „Der Dunkle sucht etwas und darf es nicht finden, und es sind Bücher, die er sucht, Wissen,“ flüsterte Al-Harani nun und schaute sich dabei vorsichtig um in dem fast vollkommen dunkel gewordenen Büro. Nur eine einzige Lampe brannte noch, hing von der Decke über dem Mosaiktischchen, und das warme Licht warf Schatten auf das Gesicht des Arabers. „Ich muss es schützen.“

Ihn nicht ansehen könnend, presste Remus nur fest die Kiefer auf einander und ballte die Fäuste versteckt in den langen, weiten Ärmeln seiner Robe. Das war wichtiger als ein Zauberlehrling, das verstand er schon, aber das musste ihm dennoch nicht gefallen. „Ein Ordensmitglied wird doch keine Einwände haben?“ So hastig schüttelte Remus den Kopf, wollte nicht trotzig erscheinen oder albern und bemerkte erst dann, was der Professor gesagt hatte. Ihm schoss das Blut in den Kopf, und er schaute erschrocken auf. Woher wusste er ...? Al-Harani lächelte nur weiter und betrachtete das immer blasse Gesicht des jungen Mannes, als müsse er sich die Züge aufmerksam einprägen.

Den Mund aufmachend, atmete Saladin tief ein und hob einen ausgestreckten Zeigefinger, der Zeit eingedenk, die schon wieder verstrichen war. Mr. Lupin hier war nun Präfekt und hatte Pflichten, und es wäre höchst ungebührlich, ihn vom Festmahl abzuhalten. Und dennoch hatte Al-Harani noch ein paar Dinge zu sagen und ein paar Dinge zu tun. „Aber ich habe Sie nicht hergerufen, um Sie in Verlegenheit zu bringen, Mr. Lupin,“ sagte er und drehte sich suchend herum zu dem einzigen Möbelstück, das nun noch in dem sonst leeren Erkerzimmer stand.

Auf den blanken Steinchen aus Glas lag ein kleines, gebundenes Buch, reich verziert mit orientalischen Ornamenten und stilisierten Schriftzeichen in Rot und Grün und Gold, mit Stoff bezogen und so kunstvoll gestaltet, dass es bereits ohne den Inhalt der vielen dünnen, weichen Seiten ein Schatz gewesen wäre. Mit den kräftigen, olivbraunen Fingern seiner gepflegten Hand hob der Professor es auf, und dabei schloss er den Daumen fest über die Mitte, hielt etwas fest, was noch darauf geruht hatte. Dieses winzige, glänzende Etwas nahm er zuerst herunter und hielt es gegen das Licht der Laterne.

Ein Schlüssel, vergoldet, kaum einen Finger lang und leicht an einer Schnur oder einer Kette zu tragen, glitzerte seltsam magisch, sobald die Strahlen darauf trafen. Der Bart war ganz einfach, drei Kanten von unterschiedlicher Größe nur, während die Reide in Form eines zweidimensionalen Baumes verschlungene und verwobene Zeichen zeigte, deren optische Täuschung einmal ägyptischen Hieroglyphen ähnelte, dann wieder arabischen Schriftzeichen. „Dies hier, Mr. Lupin, ist einer der 70 Schlüssel zur Bibliothek von Alexandria,“ erklärte Al-Harani und schaute zu, wie dem Jungen fast die Augen aus dem Kopf fielen und der Adamsapfel gegen den Mundboden hüpfte, so fest schluckte Remus. Oh, ein solches Wunder! „Er wird Ihnen nicht die Tore der Hallen öffnen, noch wird er Ihnen die Geheimnisse der Schriften enthüllen.“ Was meinte er denn mit 'Ihnen'? „Aber er wird Ihnen bei beidem behilflich sein.“ Und der Professor streckte den Arm aus und hielt dem Schüler den blinkenden Schlüssel entgegen. „Er gehört Ihnen.“

Nein. Nein, nein. Das konnte einfach nicht sein. Das konnte er ihm nicht schenken, nicht einen Schlüssel zu allem gesammeltem Wissen der Zaubererschaft aus Jahrtausenden! Aber er tat es. Mit zittrigen Fingern klaubte Remus den goldenen Gegenstand aus den Händen des Professors und starrte die Zeichen darauf an, wie sie sich als glänzend-grüne Schlieren um sein Handgelenk zu schlingen schienen. „Bewahren Sie ihn gut,“ flüsterte Al-Harani, bevor er ihm auch das zweite Abschiedsgeschenk entgegen hielt. Das Buch wirkte klein und blass dagegen, aber Remus kannte die Macht von Geschriebenem, und er ließ es sich in die zweite Hand legen. Zufrieden lächelnd wartete der Araber, bis der junge Mann ihm gegenüber seine Sprache wiederfand. „D ... danke, Sir ...“ stammelte Mr. Lupin und verneigte sich so, wie er es von dem Professor gelernt hatte, worauf dieser die Geste erwiderte.

„Wie kann ich das alles jemals wieder zurückgeben?“ fragte Remus mit einem Mal, richtete sich zu voller Größe auf und schaute Saladin Al-Harani mit flehentlichem Blick an, erntete aber nur ein halb belustigtes, halb belehrendes Lächeln. „Nicht zurück, Mr. Lupin!“ tippte er sich mit zwei Fingern an die Stirn, um sie dann von ihnen beiden weg in eine unbekannte Richtung deuten zu lassen. „Weiter, Mr. Lupin, weitergeben! Nicht zurück!“ Natürlich. Fast musste Remus selbst darüber lachen, wie einfach diese Frage beantwortet wurde, und während der Professor sein letztes Kleinod zusammenpackte und den Tisch in der Truhe versenkte, streichelten seine jugendlichen Finger den wunderbar gewebten Stoff, der den Einband des Buches bedeckte.

Wirklich schön. Ob er schon hinein sehen sollte? Oder ob er lieber wartete, bis Al-Harani fort war? Er wollte nicht, dass er ging. Er hatte ihn gern, er war ein hervorragender Lehrer. Sein Blickwinkel auf die Welt war so anders, als er es gewohnt war und als man ihn oder die anderen Schülerinnen und Schüler gelehrt hatte. Fehlen würde ihm das. „Ich wollte noch so viel von Ihnen lernen, Sir,“ murmelte er seinen Gedanken laut heraus, ohne das richtig mitzubekommen. Innehaltend mit beiden Händen am Deckel der Truhe, lächelte der Professor abwesend. „Oh, das können Sie, Mr. Lupin.“ Vielleicht war das der richtige Augenblick für das Kernstück dieses Gesprächs, für den wahren Grund, wieso er ihn hergerufen hatte. „Machen Sie's auf,“ bat der ältere Zauberer mit den grauen Locken und deutete auf das Büchlein.

Ein wenig irritiert schaute Remus zwischen dem Einband und dem Gesicht des Lehrers hin und her, bis dieser erneut aufmunternd nickte, und dann schlug er den Deckel um und war erst recht ganz durcheinander. „Das ist die letzte Seite,“ schmunzelte Al-Harani, trat näher und drehte das ganze Buch in seiner Hand, und dann sah auch Remus, dass er die ganze Zeit über die Rückseite der Decke betrachtet hatte. Dieser Text las sich von Rechts nach Links, doch leider konnte er nichts davon lesen. Mit fest ineinander geschobenen Brauen schüttelte er den Kopf und schaute den Lehrer entschuldigend an. „Ich verstehe kein Arabisch.“ Das Lächeln blieb, während Saladin den Deckel der Truhe senkte und die Verschlüsse einrasten ließ. Das Erkerzimmer war leer. „Dann lernen Sie es,“ schlug er vor und zückte seinen Zauberstab, nicht mehr als einen knorrigen Ast.

Eine winzige Berührung, ein non-verbaler Spruch, und alle Habseligkeiten von Saladin Ibn Ahmad Al-Harani schrumpften zusammen auf die Größe einer Walnuss, die er nur vom Boden aufheben und mit seinem Zauberstab in der Innentasche seines Reisemantels verschwinden lassen musste. Die schiere Verzweiflung, mit der dieser Junge ihn gerade bedachte bei dem Gedanken daran, sein wunderliches Abschiedsgeschenk vielleicht niemals entziffern zu können, ließ ihn nur noch breiter lächeln, und er nahm einen tiefen Atemzug. „Albus ... Professor Dumbledore sagte mir, es sei schwierig, für jemanden in Ihrer Kondition, eine geeignete Arbeit zu finden,“ erklärte der Lehrer, wieso es für ihn ein nicht ganz so schmerzlicher Abschied sein würde, auch wenn der junge Mr. Lupin hier das womöglich nicht sofort verstehen würde.

Auf ihn zu tretend, brachte Al-Harani Remus dazu, von dem Buch und dem Schlüssel in seinen Händen aufzusehen und den Blick zu erwidern, bevor er nickte. Mehr als schwierig. So gut wie unmöglich, ja. Er verdrängte es meist, dachte nicht mehr so oft daran wie noch vor einem Jahr, als der Slug-Club ihn ausgeschlossen hatte, eben weil er niemals würde von Nutzen sein können. Es nun aus dem Mund dieses Mannes zu hören, der ihn trotz allem immer so wunderbar unterstützt hatte, der ihn mit offener Neugier, nicht mit angeekelter Furcht betrachtete, tat doppelt weh, und dennoch lächelte der Araber weiter.

„Sollten Sie jemals das Bedürfnis verspüren, dem erbärmlichen und widerlichen Wetter dieser Inseln zu entfliehen, Mr. Lupin,“ machte er einen seiner liebenswürdigen Scherze über das für ihn fremde Britannien, und der Kniff in den Mundwinkeln beider Männer war für eine Sekunde wie ein Spiegelbild, „so wird es in Alexandria immer genug zu tun geben für einen Telmied von Saladin Ibn Ahmad Al-Harani.“ Und während er das noch aussprach, tat er etwas, das er nie zuvor gemacht hatte: Einen Arm ausstreckend, legte er seine kräftigen, warmen Finger auf Remus' Wange und tätschelte nur mit den äußersten Spitzen den Kieferwinkel des jungen Mannes, und dabei lächelte er mit aufeinander gepressten Lippen.

Und Remus begriff. Er konnte nur dastehen mit offenem Mund und großen Augen, das Buch in der einen, den Schlüssel in der anderen Hand, während Al-Harani den Arm zurückzog und den weiten Ärmel seines Mantels darüber schüttelte. Sich die langen Schösse zurecht raffend, nickte er, noch immer mit diesem besonderen Lächeln im Gesicht. „In drei Jahren, Mr. Lupin, können wir wieder voneinander lernen, wenn Sie es wünschen,“ sagte er nun wieder laut und ohne den flüsternden Beiklang des Heimlichen. „Schneller, wenn Sie Arabisch lernen!“ deutete er auf das Buch und zwinkerte, und nun öffnete er die Tür und blieb ein letztes Mal stehen, seufzend, unzufrieden, hoffnungsvoll.

Mit einer Hand an der Tür wartete er ab, bis der Junge sich zu ihm umsah. Die Finger nur leicht vor dem Gesicht faltend, küsste er die Spitze des Mittelfingers und beugte das Haupt. „Ma'assalama, Telmied. Ich gehe in Frieden.“ Und Remus legte die linke Hand auf die Brust und erwiderte den Gruß des gesenkten Kopfes, so wie er es von diesem Mann gelernt hatte. „Fi aman allah, Salah ah-Din. Er schütze Euch, Meister.“

Saladin Ibn Ahmad Al-Harani ging fort, und erst viele Jahre später kam das Gerücht auf, er sei der Erste gewesen, der dem Fluch desjenigen zum Opfer gefallen sei, dessen Name nicht genannt wird. Der Letzte sein sollte er nicht. Und Remus Lupin blieb allein zurück, traurig zwar, aber mit einem Licht im Herzen, wie es seine Zukunft nie zuvor erhellt hatte.


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