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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Der schwarze Hund

von Teekon

„Whow!“ rief Hagrid aus und lachte so schallend, dass die halbe Bank wackelte, wie er nach Colin Creeveys Knöchel griff und den kreischenden Jungen aus dem Wind heraus wieder in die Ränge zog. „Musst' mehr essen, Junge!“ mahnte der Wildhüter spielerisch und hob schon wieder das Omniocular an die kleinen Käferaugen, um besser sehen zu können. Aber das war sowieso vergebliche Liebesmüh. Man konnte einfach nichts erkennen!

Die Arme vor der Brust verschränkend und dabei die abgegriffene Robe enger um den Körper ziehend, grinste Remus Lupin und schüttelte den Kopf. Ein wirklich sagenhaft mieses Wetter für ein Quidditch-Spiel! So richtig typisch für Hogwarts. Als wolle das Schloss und das Tal dafür sorgen, dass es wenigstens irgendwie spannend bleiben konnte. Gryffindor gegen Hufflepuff, ein klassisches Massaker für gewöhnlich. In einem solchen Sturm jedoch musste jeder Spieler da oben froh sein, überhaupt auf dem Besen zu bleiben, bevor er oder sie überhaupt daran denken konnte, Tore zu schießen, den Quaffel zu halten, einen Klatscher kommen zu sehen oder den Schnatz auch nur entfernt irgendwo zu erkennen.

Schon bei guten Lichtverhältnissen war der winzige und unglaublich flinke goldene Ball sagenhaft schwer auszumachen, aber wenn Blitze über den Horizont zuckten in einer Frequenz, die an Stroboskop erinnerte, und dazu der Regen in einem so unaufhörlichen Schwall fiel, als habe der liebe Gott da oben einen Wasserhahn von der Größe Irlands über dem Stadion geöffnet, war es so gut wie unmöglich. Und ihn dann auch noch zu fangen, sollte man das unglaubliche Glück haben, den Schnatz doch noch zu entdecken, glich einer herkulischen Aufgabe. Der Sturm peitschte in sich ständig drehenden Böen und schlug Roben, Regenschirme und Bandenverkleidungen hoch. Und manchmal hob der Wind sogar einen kleinen Jungen aus den Bänken.

Eine verschwommene Gestalt in Kanarienvogel-Gelb rauschte recht knapp an den Nasen der Zuschauer vorbei, doch das erschrockene Raunen wurde keine zwei Yards weit getragen, bevor es sich im Sturm verlor und komplett unterging, genau wie jeder Ausruf der Freude oder die Warnschreie, die heute häufiger waren als sonst irgendwas. Nur ein echter Quidditch-Fan konnte das hier genießen. Remus seufzte glücklich, streckte die langen Beine aus und kreuzte die Knöchel. Herrlich. James hätte diesen Tag mehr als genossen. Den Kopf ein wenig in den Kragen seiner Robe zurückziehend, stopfte der Lehrer für Verteidigung gegen die Dunklen Künste sein halbes Gesicht in Deckung und muckelte sich richtiggehend ein. Kalt. Nass. Aber schön. Auch die Erinnerung.

Sich zu dem Berg von Mann herüber beugend, der wenigstens seine linke Seite abschirmte (weswegen er einen relativen trockenen Fleck unter der Achsel und am Brustkorb hatte), brüllte er so gut es ging gegen all den Lärm von schlagendem Donner und knallenden Blitzen an, und beinahe wurde er komplett übertönt von dem aus der Verankerung gerissenen Tribünenschild. Sich mehrfach überschlagend, hob das emaillierte Blech ab und stob über all die Köpfe davon, um oben über die letzten, heute aus Sicherheitsgründen leeren Sitzlehnen zu taumeln, und dann war es verschwunden. „Wie viel steht's?“ wollte Remus wissen, und Hagrids Blick schwenkte mit dem Omniocular in Richtung der Anzeige.

„70:30 für Gryffindor!“ donnerte Hagrid zurück, und seine trompetenartige Stimme überbrückte die kurze Distanz wesentlich besser. Das Lächeln, das sich unter seinem langen Bart ausbreitete, war nahezu göttlich, und am liebsten hätte Remus sich an seine Schulter gelehnt und den alten Torfkopf einmal fest gedrückt. Aber das war nicht machbar. Man musste eine gewisse Autorität wahren gegenüber all den vielen Schülerinnen und Schülern, die um sie herum saßen, und das waren nicht gerade wenige. Sie waren eben beide sehr beliebte Lehrkräfte, und Remus brauchte nur zu seiner anderen Seite zu blicken, um die fröhlich glänzenden Augen von Marietta Edgecombes kleinem Bruder zu sehen, der sich offenbar diesen Platz neben seinem Lieblingsprofessor hart erkämpft hatte.

Dabei hatten sich beide, Hagrid und Lupin, recht nah an den Ausgang gesetzt, um bei Notwendigkeit schnellstmöglich und ohne Aufsehen das Stadion verlassen zu können. Der Wildhüter hatte Angst, bei diesem unglaublichen Regenguss könnten eventuell die Entwässerungsmaßnahmen nicht funktionieren, die er für Kürbis- und Kohlfelder, aber auch für eine ganze Farm von Flubberwürmern angelegt hatte, und es wäre erstens zu schade und zweitens unverantwortlich gewesen, die armen Viecher ersaufen zu lassen. Die Gesichter der Kinder ringsherum hatten eine andere Meinung widergespiegelt, aber das war Hagrid nicht aufgefallen, und Remus hatte so herrlich für sie alle „entsetzlich!“ geantwortet, dass er nicht weiter danach geschaut hatte.

Professor Lupin hingegen hätte von vornherein eine Wette darauf abschließen mögen, dass sich das Spiel bei diesen miserablen Bedingungen ewig hinziehen würde, und so kurz nach einem weiteren Schub seines allseits bei den Schülern als „mysteriöse Muggelseuche“ anerkannten Leidens mochte er nicht bis Einbruch der Nacht oder noch länger in einem solchen Wetter ausharren. Ganz ausfallen lassen wollen hatte er das Spektakel nicht, dazu schaute er viel zu gern beim Quidditch zu, und Madame Pomfrey hatte ihn ganz tadelnd angesehen, den Kopf geschüttelt und etwas gemurmelt, das ähnlich geklungen hatte wie: „Nie erwachsen geworden, wird es auch nicht, ach, schrecklich, was ein Jammer.“ Remus musste wieder lächeln und für einen Moment die Augen zu machen.

Eine Art statisch unterbrochenes Crescendo rumorte über die Tribüne auf der linken Seite, wo es in Richtung der Hauptloge des Schulleiters und des Kommentators ging, und Hagrid reckte eine Faust. „Tor für Gryffindor!“ verkündete er für alle Umstehenden und Sitzenden, die weniger weit schauen konnten und das Jubeln nicht als solches zu interpretieren in der Lage waren. 80:30 jetzt also, 50 Punkte Vorsprung, das war nicht übel bei einer so schlechten Sicht, und Remus nickte anerkennend. Trotzdem wäre es toll gewesen, wenn Harry langsam mal den Schnatz gefangen hätte. Ein heißer Tee, vielleicht eine schöne Badewanne im Lehrerbad und danach mummelige Decken vor dem Kamin, das wäre nicht verkehrt gewesen. Der Regen wurde so heftig zerrissen und geschlagen vom Wind, dass man an manchen Stellen der Haut richtige Seen aufwies, während an anderen fast trockene Härchen in Gänsehaut empor standen. Und das gegen die Schwerkraft und senkrecht.

Hier oben konnte man das noch schlechter hören als den allgemeinen Geräuschpegel der immer noch fast vollständig anwesenden Schülerschaft, aber das war die Pfeife von Madame Hooch, die zur Auszeit rief, und einer nach dem anderen landeten winzige Pünktchen auf dem Rasen, deren Roben so nass waren, dass man nur noch an „dunkel“ und „ein bisschen heller als dunkel“ unterscheiden konnte, wer überhaupt zu welchem Team gehörte. Die Mannschaften zogen sich unter ein paar Unterstände zurück, um sich beraten zu können. Der richtige Augenblick für eine kleine Aufwärmung, entschied Remus, seufzte und griff unter seine Robe.

Mit dem Handrücken Hagrids massigen Ellbogen anstubsend, machte er auch den Kollegen darauf aufmerksam, dass er etwas mitgebracht hatte, und sich von seiner Beobachtung losreißend, wie Hermine Granger in den Unterstand gekrochen war, lugte der Wildhüter an seinem Omniocular vorbei. Augenblicklich schnellten seine Brauen hoch, und der Mund formte ein stummes „oh!“, als er den Becher in seiner Größe erhaschte, aus dem es wunderbar dampfte, und er nahm den Grog dankbar und breit lächelnd entgegen. Man musste recht schnell trinken, denn der Regen verwässerte selbst den stärksten heißen Rum und kühlte ihn obendrein noch ab, aber trotzdem tat das unheimlich gut, und Remus fühlte schon, wie sein Inneres wieder in Wärme erstrahlte. Er fror nicht mehr so schrecklich, zog die Nase hoch und setzte sich etwas aufrechter hin. Viel besser.

Und dann sah er es. Ihn. Sofort zog Remus Lupin die Beine an und stützte sich mit beiden Händen darauf, kerzengerade und jeder Muskel zum Zerreißen gespannt. Die aufreißenden Wolken warfen besseres Licht auf die oberen Ränge direkt gegenüber, und in der obersten Reihe stand ein Tier auf der Bank und beobachtete das Spiel, wie sich kein echtes Tier jemals für einen Sport hätte interessieren können. Unruhig wischte er sich die patschnassen Haare aus der Stirn und blinzelte den Regen von den Hornhäuten wie mit Scheibenwischern an einem Auto, aber es ging nicht weg. Es war keine Sinnestäuschung. Ein riesiger, schwarzer Hund mit enormer Schulterhöhe und kleinen, eng anliegenden Ohren, ausgemergelt und stumpf das raue Fell, selbst von hier deutlich zu erkennen. Es gab keinen Zweifel. Er war es.

Remus zögerte keinen einzigen Moment. Schon mit einer Hand in der Innentasche seiner Robe, drückte er sich aus der Bank und machte einen langen Schritt über den Erstklässler neben sich hinweg in Richtung der nach unten führenden Treppen. Die plötzlich entstandene Leere bemerkte selbst Hagrid, der sich vom wieder begonnenen Spiel abwandte und ganz verdutzt auf den nun unbesetzten Platz an seiner Rechten stierte. Noch bevor er fragen oder Bescheid sagen konnte, dass Remus den schönen Becher vergessen hatte, war von dem jüngeren Mann nur noch die letzte Ecke seiner verschwindenden Robe zu erkennen. Merkwürdig. Wo wollte er denn so schnell hin? Er hatte nicht gerade ausgesehen, als habe er die Schnauze schon voll von dem Spiel, und schlecht gegangen war es ihm auch nicht. Wenigstens verabschieden können hätte er sich doch, oder? Manchmal war Remus immer noch komisch, so wie früher. Hagrid zuckte die Achseln und wandte sich wieder dem Spielfeld zu.

In dem hoch aufragenden, engen Treppenhaus der Tribünen legte sich gleich ein dumpfes Vakuum auf die Ohren, so ausgesperrt war mit einem Mal der heulende Wind, und der hölzerne Bau wackelte und zitterte im Sturm. Remus hatte keine Sinne dafür. Mit schnellen Schritten nahm er gleich mehrere Stufen auf einmal, rutschte richtiggehend am Geländer entlang und nutzte es als Drehmoment für die zahlreichen Kurven, wenn er den nächsten Absatz erreichte. Glücklicherweise war Quidditch gerade viel zu spannend, als dass irgendeiner der Schülerinnen und Schüler die Ränge hätte verlassen wollen, und so hatte er freie Bahn und musste keine lästigen Fragereien abwehren. Nicht jetzt, er hatte es eilig, panisch eilig, und das würde die Kinder nur verunsichern.

Mit dem gezückten Zauberstab in der Rechten ließ Remus sich von der Öffnung nach draußen nicht irritieren, sprang einfach mit einem furchtbar jugendlichen Satz über die Absperrung von Filch hinweg und tiefer hinunter in die unterirdische Etage des Treppenhauses, wusste genau, wie er am schnellsten dorthin kommen würde, wohin er wollte: Auf die gegenüberliegende Seite der Tribüne. Die Quer- und Längsverstrebungen der vielen Balken, die hier das Fundament des Stadions bildeten, lagen in relativer Dunkelheit vor ihm, und das Rollen des Donners verstärkte sich vielfach durch die Weite. Ein rasches „Lumos!“ half ihm, den altbekannten aber lang nicht genutzten Weg zu finden, und Professor Lupin schlug sich durch all die Spinnweben und den aufwirbelnden Staub hindurch unter dem Quidditch-Feld über seinem Kopf her.

An jedem der Türme aus Holz und Verkleidungen aus Stoff befand sich ein solcher Aufgang wie der, durch den er hier herunter gekommen war, und das geometrische Muster sandte ihn genau an die Stufen, die er hatte erreichen wollen. Erneut nach dem Geländer greifend, zog Remus sich daran empor und wieder in die benutzten Bereiche, duckte sich rasch unter die provisorische Schranke des Hausmeisters und richtete sich sofort wieder auf, wo er fast in ein Pärchen hinein gerannt wäre, das kichernd und plaudernd von den Rängen herunter kam. Ohne auch nur ein Wort zu sagen, scheuchte er Mr. Weasley und Miss Clearwater aus dem Weg, und der Präfekt rief ihm noch „Professor Lupin? Ist alles in Ordnung?“ hinterher, aber er hörte ihm weder zu, noch schaute er zu dem Jungen herunter. Keine Zeit. Als Percy sich noch wunderte und Penelope die Achseln zuckte, war er schon drei Stockwerke höher.

Als Remus den Wind und den Regen wieder spürte, hatte er den obersten Absatz erreicht, und hier saß niemand, denn die Böen zogen so heftig an seiner Robe, dass selbst ein so großer und nicht gerade schmächtiger Mann davon fast von den Füßen gefegt wurde. Ein Schub Hitze schoss ihm in den Kopf bei dem Gedanken daran, sich in dieser Höhe über die Bänke vorwagen zu müssen, doch er machte sich unnötig Sorgen. Eine grelle Forke aus berstendem Blitz schoss über den Himmel und beleuchtete hervorragend, wie der große Hund sich rasch von ihm entfernte und in den nächstgelegenen Holzturm sprang. Nicht folgen. Sie waren gleich auf. Ohne noch darüber nachzudenken machte Remus auf den Fersen kehrt und stürzte regelrecht wieder die vielen Stufen abwärts.

Seine Ledersohlen verursachten ein Stakkato-Geräusch auf dem unbearbeiteten Untergrund, und lose Bretter klapperten so laut, dass es in den Ohren weh tat. Die vollen Ränge hinter den Öffnungen in den Innenraum des Stadions flogen an ihm vorbei, und er hatte Glück: Die beiden Schüler waren nicht mehr hier, hatten sich bereits auf den Weg den Hügel hinauf und zurück zum Schloss gemacht, und ungehindert konnte der Lehrer sich aus dem Ausgang katapultieren und raus auf die triefend nasse Wiese gelangen. Es platschte unter seinen Füßen, und er hatte keine Zeit sich zu fragen, wieso er nicht einmal keuchte. Sein Herz arbeitete auf perfekter Höchstleistung, hervorragend abgestimmt auf den Bedarf seiner Muskeln, und Remus rannte ohne Innehalten nach links, weg vom Weg, auf den Wald zu, denn in dieser Richtung musste der Hund aus dem Stadion kommen oder schon gekommen sein.

Bei jedem Schritt mit den langen Beinen spritzten halbe Seen von ihm weg, und schon bald war seine Hose selbst unter der schützenden Robe patschnass, und Wasser tropfte in schneller Folge von der Spitze seines nun erloschenen Zauberstabs und von seiner großen Nase, wie er mit gehetztem Blick die Umgebung absuchte. Er hätte schwören können, das Ende einer langen Rute mit angedeuteter Quaste erhascht zu haben, wie sie um die größte Rundung des ovalen Baus herum außer Sicht geriet, und er beschleunigte noch ein wenig mehr, ohne Rücksicht darauf, wie einfach es war, hier auszurutschen und sich jeden einzelnen Knochen im Körper zu brechen. Und da war er wieder: Mit einem enormen Satz hastete ein hechelnder Wolfshund quer über die Wiese, aus der Deckung der Außenbande heraus und in das dichte Unterholz des Waldes hinein, und hätte es in diesem Moment nicht wieder geblitzt, Remus hätte ihn nicht gesehen.

Er konnte ihm nicht entkommen. Sie beide kannten dieses Gelände, das sollte der Hund besser nicht vergessen, aus etwa der selben Perspektive und unter dem Eindruck ähnlich erweiterter Sinne, und auch wenn er diese Hilfe zur Zeit nicht hatte, wusste Remus Lupin dennoch, dass hinter diesem langen Bruch aus roten Heckenkirschen, Haselsträuchern und aufschießenden Schwarzerlen ein breiter, mindestens 50 Yards messender Graben die Wiese von den unteren Hängen des Verbotenen Waldes trennte. Die Hatz war zuende. Ab jetzt wurde daraus eine Pirsch, und Remus stoppte so rasch ab, wie er konnte, um in strömendem Regen und auf windgeschütztem Terrain zum Stillstand zu kommen.

Den gezückten Zauberstab unruhig zwischen den Fingern drehend, versuchte der junge Mann, die Geräusche des trommelnden Niederschlags und das Rauschen der höher gelegenen, dem Sturm ausgesetzten Bäumen auszublenden. Donner grollte nun näher und näher mit jedem heftigen Blitz, der über den fast schwarzen Horizont schlug, und dennoch glaubte er, ein ausgezehrtes Hecheln wahrnehmen zu können. Das Tier war außer Atem. Schlimmer als er, denn Remus keuchte nicht einmal. Sein Herzschlag blieb hochfrequent, doch verhielt sich leise, gab ihm antrainiert aus vielen Vollmondnächten die Möglichkeit, zu lauschen, zu jagen.

Ganz starr und dennoch jederzeit bereit, verharrte Remus in unmittelbarer Nähe des dunkel aufragenden Waldrandes, die einzelnen grauen Stämme der Bäume in der düsteren Atmosphäre verschwimmend vor seinen rasterartig arbeitenden Augen, die aufglühten, sobald erneut eine Zacke aus Starkstrom über den Himmel zuckte. Seine wenigen Bewegungen erfolgten so abgestimmt, dass der Hund, sollte er freie Sicht auf ihn haben, zu größerer Ruhe angespornt sein musste.

Nichts rührte sich. Kein Rascheln von Blättern, kein Knistern von sich bewegenden Zweigen im Unterholz, kein sachtes Knurren, nichts. Er verhielt sich vollkommen still jetzt, und dennoch spürte Remus seine Gegenwart, fühlte die hungrigen Augen, die auf ihn gerichtet waren, und er brauchte ihn nicht zu sehen, um den Blick darin erraten zu können. „Ich weiß, dass du hier bist ...“ flüsterte der ehemalige Schüler gegen den Sturm an, die hervorragenden Ohren des Tieres bedenkend. Kein Grund zu schreien. Mit lauernd erhobenem Kopf und einer steilen Falte zwischen den Brauen, an der das fließende Wasser herunter lief, presste er die Kiefer auf einander. „Du kannst dich vor mir nicht verstecken, Tatze, ich kenne hier jeden Stein genau so gut wie du,“ sagte er etwas lauter und eindringlicher, und da war ein schwankender Unterton von unterdrücktem Zorn dabei.

Nicht noch einmal. Er würde das nicht zulassen, er würde ihm diese Chance nicht geben. Das Zögern an Halloween, das war einmalig gewesen, das würde kein zweites Mal geschehen. Sentimentalitäten, die Remus Lupin sich nicht leisten konnte. Bei nächster Gelegenheit würde er keine Gnade mehr walten lassen. Sein Zauberstab hörte zu zittern auf und lag ganz ruhig in seiner Hand, und im gleichen Maße drang stille Kälte in seine Brust ein, die nicht von Sturm und Regen herrührte.

„Du wirst ihm nicht zu nahe kommen, hörst du, Tatze?“ drohte der aufrecht da stehende Zauberer nun laut, dass es durch den kleinen Einschnitt im Tal hallte, und auch wenn er wusste, dass der Hund sich davon nicht würde provozieren lassen, wollte er ihn zumindest warnen. „Wenn du ihm auch nur ein Haar krümmst,“ Remus holte tief Luft, bevor er diesen Satz beendete, und dieses Eis sickerte aus seinem Herzen hinunter in die Finger, so kräftig, dass sein Zauberstab ohne sein Zutun winzige Fünkchen aus hellblauem Feuer sprühte. Seine Stimme wurde wieder leise, heiser, so rau und fast stumm, dass niemand ihn hätte verstehen können, der nicht die Sinne eines Tieres besaß: „Dann lasse ich meine Tür unverschlossen.“

Der Hund begriff. Niemand sonst hätte verstanden, was er damit meinte, dieser so herrlich wohlbekannt riechende Mann da draußen auf der Wiese. Fast wäre er zusammengezuckt in seinem Versteck hinter den nassen Blättern der Geißblattpflanze, die nur langsam die Farben des Herbstes annahm, und vor allem die Dunkelheit war es, die ihn schützte. Wie Stockschläge fühlte sich das an, was er da gesagt hatte. 'Ich lasse die Tür unverschlossen'. Bei Vollmond. Wenn er ihm nicht entkommen konnte in seinem Zustand. Wenn sie die selben Wege gehen konnten und er ihn finden würde, wo immer er hin liefe. Und dort, wo er ihn fand, egal ob auf dem Dorfplatz von Hogsmeade oder in irgendeinem stillen Moor hinter dem Verbotenen Wald, dort würde er ihn zerreißen.

Das Winseln unterdrückend, wollte er sich am liebsten niederlegen, auf der Stelle. Er hatte keine Angst, das war es nicht. Er war traurig, er war entsetzt, es tat weh. Denn das war keine lustige Drohung aus Spaß und keine leere Andeutung. Er würde das tun, er konnte es an seiner Stimme hören. Herr, mein Gott, er musste ihn so sehr hassen! Niemals hätte er geglaubt, dass dieser wunderbare, sanftmütige Zauberer so etwas würde empfinden können. Aber es musste so sein. Und er hatte es verdient. Aus anderen Gründen als er es vielleicht tat, aber ja, so war es. Und dennoch: Er wollte es ihm so gern sagen! Er wollte ihm erklären, was damals wirklich passiert war, er wollte aufstehen und dort hinaus treten und ihn ... ansehen. Einfach nur anschauen.

Dass er hier war, das hatte er nicht gewusst. Aber es machte Sinn, wunderschönen klaren Sinn, und als aus dem Hund in seiner Deckung ein zerlumpter Mann in zerrissener Sträflingskleidung wurde, stahl sich ein schrecklich melancholisches Lächeln auf die ausgedünnten Lippen. Mit seinen eigenen Augen wollte er ihn ansehen, nicht mit dem verzerrten, farblosen Blick eines Hundes. Wahnsinn. Er sah genau so aus, wie er es sich immer vorgestellt hatte, wenn auch die Kleidung unangenehm abgetragen und schäbig wirkte, und so kurz nach dem Vollmond war das blasse Gesicht gezeichnet von winzigen Kratzern und den tiefen, dunklen Ringen unter seinen silbergrauen Augen.

Groß, sehr groß und kräftig, kein Gramm zu viel, so stand Remus John Lupin auf der Wiese zwischen seinem Versteck und der Außenwand des Quidditch-Stadions, und er hatte keine Ahnung, wie nah er seinem Ziel tatsächlich gekommen war. Er mochte so gern aufstehen und rausgehen zu ihm! Er wollte ihn umarmen, er wollte heulen an seiner Schulter, schreien vor Einsamkeit und brennendem Verlust in den Adern, den er jetzt, befreit, erst so richtig begreifen konnte. Sirius Black hielt sich dennoch zurück, denn die Spitze des so bekannten Erlenstabes, aus dem er jeden Kampfzauber, den er je gelernt hatte, zuerst hatte erscheinen sehen, zuckte noch immer in Anspannung und kalter Vorfreude.

Und dann, er hatte es selbst übersehen und erschrak so sehr darüber, dass er beinahe in Panik rückwärts gestolpert und in den tiefen, matschigen Graben gerutscht wäre, der nun von Regenwasser voll rauschte. Ein paar Kinder, höchstens 13 die Ältesten, schoben sich langsam an der Wand entlang, und der zu vorderst gehende Junge traute sich, den Mund auf zu machen. „Professor Lupin? Sir?“ stammelte er halb flüsternd, halb laut sprechend, und er wischte sich ein paar Strähnen mausfarbenen Haares aus dem Gesicht. Remus rührte sich nicht, sondern hob nur eine Hand in Richtung der Kinder, und sie blieben augenblicklich stehen, ohne einer Aufforderung zu bedürfen.

Schubweise entkam Sirius Luft aus den Lungen, und er spürte jede einzelne Rippe gleiten dabei, so gerührt war er von diesem Anblick, aber vor allem von dieser Anrede. 'Professor Lupin'! Oh wie schön! Wie wundervoll das klang, wie fantastisch! Er war also Lehrer hier. Natürlich, was denn sonst? Sie hatten es ihm immer gesagt, das war genau das Richtige für ihn. Ein Gespür dafür, die Schwächen in Stärken zu wandeln, die richtigen Worte, um einen frustrierten Schüler zu motivieren, und ein unerschöpfliches Potential an neuen Ideen, die es niemals langweilig werden ließen. Das war eben Remus. Und obendrein war gerade er, den alle so sehr verachteten ob seiner Krankheit, ein Menschenfreund, wie niemand sonst es je hätte sein können, der so gern so aggressiv gemieden wurde. Sirius wischte sich mit einem dreckigen Ärmel ohne Bündchen über die Wange und konnte nicht fassen, dass er ausgerechnet dafür jetzt wirklich eine Träne hatte, wo solch offene Trauer doch schon vor Jahren versiegt war.

„Ist alles in Ordnung, Sir?“ wagte der kurz geratene Junge erneut zu fragen und schaute sich fast genauso ängstlich gehetzt um wie all die anderen Kinder in seinem Schlepptau, doch Sirius wollte nicht meckern, auch wenn er einen Schal von Gryffindor trug. Ob das ein Freund von Harry war? Er hatte bestimmt viele Freunde. Ganz bestimmt. Darüber nachdenkend, bemerkte er kaum, wie Remus seine gespannte Haltung zum Teil aufgab und sich zu den bibbernden Schülerinnen und Schülern herumdrehte. „Alles gut, Colin, was ist denn los?“ erkundigte sich der Lehrer, und trotzdem blieben seine großen Ohren regelrecht gespitzt. Der wohl 13jährige biss sich auf die Lippen und stotterte einen Moment, bevor er es heraus bekam: „D ... D ... Dementoren, Sir.“

Die Falten auf Remus' Stirn rutschten von der Vertikalen in die Horizontale, und hinter seiner Heckenkirsche musste Sirius wieder lächeln. Oh ja, er sorgte sich so schnell! „Dementoren?“ wiederholte Remus und schob den Kopf so charakteristisch auf dem Hals nach vorne, dass der Sträfling am liebsten gelacht und sich auf dem nassen Boden herum gerollt hätte. Eine solche Wohltat, ihn zu sehen! Die völlig verängstigten Kinder nickten alle gleichzeitig und schauten sich dabei nach allen Richtungen um, selbst nach oben, und ein kleines Mädchen verbarg ihr Gesichtchen in der Robe ihres Vordermannes. „Ja, Sir, und wir trauen uns nicht allein zum Schloss zurück ...“ erklärte der Junge, den er Colin genannt hatte. Remus reagierte augenblicklich.

Ohne den Zauberstab einzustecken, ihn sogar noch drohender hebend, trat er auf die kleine Schar zu und streckte die Arme aus, um sie wie in einem großen Corral einzufangen und vor sich her zu schieben. „Ich bringe euch, ihr braucht keine Angst zu haben,“ beruhigte er die Schüler und berührte vorsichtig die Haare der kleinen Erstklässlerin, die sich sofort unter dem Arm von Colin hindurch mogelte und sich an der Robe ihres Lehrers festhielt. Das Lächeln auf Remus' Gesicht war göttlich. „Gehen wir,“ forderte er sie alle auf und schob die kleine Meute auf einen geraden Weg in Richtung des erleuchtet aufragenden Schlosses. „Und bleibt dicht bei mir,“ fügte er noch an, so heiser und fast flüsternd, dass der Mann in seinem Versteck nur einen Schluss darauf hatte, was er meinte.

Heute Nacht war hier draußen noch etwas Anderes als unzählige Dementoren.


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