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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Folgenschwer

von Teekon

Fröstelnd schloss die junge Frau das Fenster und zog sogleich die blauen Vorhänge zu, und das Zimmer wurde düster. Der klamme November-Nebel von London hing in dicken, dichten Schwaden über der Themse, dass man kaum den Pier, geschweige denn das andere Ufer erkennen konnte. Wie losgelöst von ihrem Untergrund schwebten die bauchigen Schornsteine der wenigen angedockten Tanker in dem unwirklichen Licht, und nur vereinzelt schwappten zaghafte Quellwölkchen aus Dampf daraus hervor. Irgendwo dort unten im Bauch dieses riesigen Schiffes kochte jemand. Die orangefarbenen Straßenlaternen sprangen langsam an, und die Reflektion der fast sichtbaren Tropfen, die überall in der Luft hingen, tauchte die Docks in gleißend unangenehme Helligkeit. Doch die breitete sich nicht auf das Herz aus. Sie wusste, wieso das so war. Sie brüteten.

Sich selbst in den Arm nehmend, rieb sich Lily Potter ein bisschen wärmer, schaltete rasch die Heizung ein und drehte sich herum zu dem Wickeltischchen an der Wand mit der nicht besonders hübschen Blümchentapete. Naja. Sie hatten schon schlimmere Verstecke gehabt. Aber auch bessere. Die leerstehende Wohnung in Bermondsey machte eigentlich so gar nichts her, war offenbar zuletzt von einem älteren Ehepaar bewohnt gewesen, die seit dem Ende der 40er Jahre nichts mehr daran gemacht hatten. Und in der kurzen Zeit war es selbst ihr unmöglich gewesen, es irgendwie schöner, einladender zu gestalten. Egal. Bald würde es sowieso weiter gehen. Und vielleicht dann endlich mal an einen endgültigen Platz. Einen sicheren Ort. An dem sie sich nicht ständig Sorgen machen musste.

Ihm war das alles völlig gleichgültig. Er merkte nichts davon, die Bedrückung seiner Umgebung schien ihn nicht einmal zu berühren. Mit seinen hübschen, glänzend grünen Augen strahlte er nur an die Decke und war total begeistert von dem winzigen Mobile mit den sich daran drehenden Sternchen, und mehr als das brauchte er nicht, um den Nebel da draußen nicht wahrzunehmen. Lily musste selbst lächeln und sich irgendwie ein wenig besser fühlen, und gleichzeitig bohrte sich diese Angst um ihn in ihr Herz. Harry durfte einfach nichts geschehen.

Seufzend trat sie näher an die niedrige Kommode heran, die sie zu seinem kleinen Reich umgeformt hatte, und sie hoffte, dass ihre Hände nicht zu kalt für ihn waren. In seinem gestreiften Strampelanzug streckte er ihr sofort die kleinen Fingerchen entgegen, denn sie war eben immer noch interessanter als leuchtende Himmelskörper an vielen Fäden. „Hey, mein Schatz,“ flüsterte sie und hob den kleinen Jungen auf, der sich sogleich im Schreitreflex auf die viel zu wackeligen Beinchen stellte und sich in ihre Richtung lehnte, bis sie ihn auf den Arm nahm. Das Kind brabbelte nur vollkommen zufrieden, schloss die Augen und kuschelte sich in ihre Halsbeuge. Lily stockte der Atem davon, und auch sie musste die Lider senken. Das Lächeln auf ihrem Gesicht wurde nicht mehr weggewischt.

„Hast du Hunger?“ fragte sie ihn und wischte ihm eine Strähne seines absolut wirren und pechschwarzen Haares aus der makellosen Kinderstirn, und er richtete sich in ihrem Arm etwas auf, was sie als Antwort wertete, obwohl er dafür viel zu klein war. „Ja? Dann gehen wir runter, wollen wir?“ schlug die junge Mutter mit den endlos langen roten Haaren vor und streichelte die kleine Wange, bevor sie sich in Bewegung setzte. Es war sowieso viel zu kalt hier oben, und eine Kleinigkeit für ihn vor dem Schlafengehen wäre gar nicht schlecht. Im Moment bekam er einfach nicht regelmäßig genug seine Flasche, und das merkte sie schon. Er wuchs längst nicht mehr so schön wie in seinen ersten Lebenswochen.

Das winzige Köpfchen mit einer Hand umschließend, drückte Lily den Säugling etwas fester an sich und beugte die Knie, um mit zwei Fingern die kuschlig weiche Decke aufheben zu können, bevor sie endgültig das düstere, kühle Zimmer verließ und auf den Flur hinaus trat. Hier war es heller, denn es handelte sich um eine Galerie, von der aus die Sicht frei war in das untere Stockwerk der Maisonette-Wohnung, und die beiden Männer am Küchentisch hockten jetzt dicht beisammen, die Köpfe so nah, dass sich ihre Schläfen fast berührten. Ein Bild, das sie sonst so sehr genossen hatte, das ihr nun aber wieder dieses sorgenvolle Brennen hinter das Brustbein drückte, und Lily Potter versuchte, es einfach zu übersehen, indem sie sich voll und ganz dem Baby widmete.

Harry interessierte das alles nicht. Für ihn gab es nur die warme Schulter seiner Mutter und das blöde Knurren seines Bauches, und er quengelte ein kleines Bisschen. „Shhh,“ flüsterte Lily beruhigend und wiegte ihn ein wenig, damit er es nicht so spürte, bis sie endlich unten sein würden. Die knarzenden Stufen hinunter legte sie an Tempo zu, ohne die Erschütterungen zu vergrößern. Auch hier war es nur unwesentlich wärmer, fiel ihr dabei auf, und die zugezogenen Vorhänge nach draußen auf die schmale Gasse zu sorgten auch nicht gerade für angenehmere Lichtverhältnisse. Sie hasste das. Sie hasste das alles. Wieso sie? Wieso Harry? Lily biss die Zähne zusammen und unterdrückte das Knirschen, und nur ihre Brauen schoben sich kurz in Zorn und Verzweiflung zusammen, bevor sie sich rasch wieder entspannte. Er sollte das nicht sehen.

Ihr einen kurzen Blick unter den herabhängenden Locken zu werfend, übersah Sirius diesen Ausdruck geflissentlich und erwähnte ihm gegenüber seinem Gesprächspartner nicht. Auch wenn er am liebsten aufgestanden wäre, um das Mädchen in den Arm zu nehmen und zu trösten. Bald jetzt, nicht mehr lange, dann wären diese ewig wechselnden Verstecke in dunklen und kalten Löchern der Einsamkeit vorbei. Deshalb war er ja hier. Ebenfalls die äußerlichen Zeichen dieses drückenden Gefühls nicht zeigend, wandte er sich James wieder zu, der unruhig mit den eigenen Fingern spielte, während die zweite Hand auf seinem ausgestellten Oberschenkel ruhte. Die Muggeljeans sahen merkwürdig an ihm aus. So falsch, so ungewohnt. Es verstärkte das Bild nur.

Lily presste sich regelrecht gegen den warmen, gusseisernen Ofen in der Ecke, auf dem ein Teekessel vor sich hin dampfte. Daneben warmgehalten wurde der einfache Blechtopf, von dem ein Henkel abgerissen war, und in dem Harrys Milch auf für ihn schönere Temperaturen gebracht wurde. Das Baby hatte die Augen schon halb geschlossen, und das schwache Licht der Laterne auf dem kahlen Tisch spiegelte sich glitzernd in seinen Hornhäuten und verfing sich in den langen, dunklen Wimpern, wie er da mit dem Köpfchen über ihrer Schulter hing und sich mit einem seiner winzigen Fäustchen an ihrem Oberarm festhielt. Vielleicht hätte auch James ein wenig gelächelt davon, wenn er hingesehen hätte, doch er war mit seinen Gedanken ganz woanders.

Was Sirius da gesagt hatte entbehrte nicht einer gewissen Logik. Es war keine dumme Idee, ganz und gar nicht, und die Nachrichten, die er mitbrachte, waren auch nicht so schlecht wie man meinen konnte. Und dennoch gefiel es ihm nicht. Es war so kurzfristig, zu kurzfristig, aber so typisch für seinen besten Freund. Und trotzdem musste er diese Entscheidung rasch fällen. Lily zuliebe. Und für Harry. Sie beide würden das nicht mehr lange aushalten, dieses Versteckspiel, diese wilde Flucht, immer und immer wieder. Er war doch erst neun Wochen alt. Und wenn James Potter ehrlich war: Auch er würde das keine Ewigkeiten mehr durchstehen.

„Also? Was sagst du?“ fragte Sirius und schaute ihm in das bleiche, so hager gewordene Gesicht, zu dem der dunkle Sweater nicht passen wollte, und die runde Brille verschlimmerte den Eindruck eines kränkelnden Menschen noch. Es hatte nichts mit Feigheit zu tun, das wusste James. Sirius lehnte diese Aufgabe nicht ab, weil er Angst hatte. Sie würden ihn sowieso jagen, er war für sie immer noch der erste Kandidat. Doch sollten sie ihn dann wirklich bekommen, würde er ihnen nichts sagen können. Und auf ihn würden sie nun mal ihr Hauptaugenmerk legen, während der tatsächliche Geheimniswahrer sich in aller Ruhe in Sicherheit bringen konnte.

Dennoch mochte der junge Vater den Gedanken überhaupt nicht. Seine Freunde waren seine Stütze. Darauf baute sich alles für ihn auf, und gerade Sirius ... Ohne ihn ging es nicht. Irgendwann war das so geworden im Laufe all dieser Jahre, dass sie wie an der Hüfte zusammengewachsen waren und er sich ein Leben ohne ihn genauso wenig vorstellen konnte wie den Ring seiner Mutter an irgendeiner anderen Hand zu sehen als der von der kleinen, zickigen, frechen Lily Evans.

Zaghaft erst, dann bestimmter, nickte James, und die Muskeln an seinem Kieferwinkel traten fest und hart hervor dabei, und er schloss die Augen fast genau so wie sein winziger Sohn auf dem Arm seiner Frau. „Gut,“ sagte er. „Dann soll es so sein.“ Sirius richtete sich ein wenig mehr auf und stützte die eine Hand in seine Leiste, den ungewohnten Stoff der Cordhosen unter den Fingern. Ein rascher Blick zu Lily bestätigte ihn darin, dass sie ihnen gar nicht zuhörte, sondern sich vollkommen um Harrys Fläschchen kümmerte. Es war ihm auch ganz recht so. Ihr würde die nun notwendige Unterhaltung gar nicht gefallen. Aber es musste sein. „Bleibt also die Frage, wer es statt dir tun soll,“ ging James schon auf eben dieses Problem ein.

Das verkannte Oberhaupt des Black'schen Clans nickte sacht und holte tief Luft. „Wie gesagt: Dumbledore bietet es dir an,“ erinnerte er ihn daran, welche Nachrichten er sonst noch mitgebracht hatte hierher in dieses verlassene Haus in den leerstehenden Docks von Bermondsey, und er bemerkte auch sofort die steile Falte auf dem Gesicht seines besten Freundes. Es war noch nie leicht gewesen, mit James zu verhandeln. Besonders nicht, wenn es um Dinge wie Vertrauen ging. Irgendwie würden sie sich schon einigen. Das taten sie doch immer. „Es wäre eine gute Entscheidung,“ fügte er noch seine Meinung an, um das schon mal klar zu stellen. „An ihn käme Voldemort auf keinen Fall heran.“

Polternd kam der Blechtopf auf der Herdplatte auf, so fest donnerte Lily ihn dorthin, während sie gleichzeitig das Rückgrat durchdrückte und damit Harry erschreckte. Das Kind winselte auf und fing zu weinen an, und ihm schon zärtlich den Rücken streichelnd, fuhr seine Mutter herum und fauchte Sirius an: „Musst - du – unbedingt – diesen – Namen – sagen?“ Ihre so schönen grünen Augen funkelten vor Zorn und Trauer, Gefühlen, die dieser Titel mittlerweile in jedem Herzen hervorrief, und entgegen seiner sonstigen Art senkte Sirius voller Scham den Blick und präsentierte ihr nur noch den Scheitel. Er hatte die gleichen Bilder im Kopf. So viele. So viele Freunde. „Entschuldige, Lily,“ murmelte er.

Jetzt hatten sie zumindest ihre Aufmerksamkeit sicher, ein Umstand, der James gar nicht zu gefallen schien, so wie er von nun an erst recht die Stirn in unzählige Falten legte und sich gleich ein wenig weiter über den Tisch beugte und den Kopf schüttelte. „Das möchte ich nicht, Sirius,“ tat er seine Bedenken kund, worauf Black irritiert das Kinn zurück zog. Das machte nicht besonders viel Sinn, aber er kannte James' Einstellungen, und er hatte es erwartet. Das war nicht unbedingt gut jetzt. Aber Potter würde sich nicht in die Suppe spucken lassen, nicht in der Stimmung, in den dies alles ihn gebracht hatte.

„Ich möchte, dass es jemand macht, dem ich vollkommen vertraue, verstehst du? Ein Freund,“ erklärte James und trommelte mit den abgeknabberten Fingernägeln auf der Tischplatte herum. „Ich meine damit nicht, dass ich Dumbledore nicht vertraue, ich ...“ Richtig, das oder sowas Ähnliches hatte er damit impliziert. Remus wäre geplatzt. Im Moment konnte Sirius darüber nicht lachen. Statt dessen nickte er nur verständnisvoll. Es war James' Leben. Und das seiner Frau und seines Kindes. Da konnte Sirius nur beratend zu Seite stehen, aber er konnte ihm die Entscheidung nicht abnehmen. Die gespitzten Ohren der jungen Frau am Herd nahm er aus dem Augenwinkel wahr, und das beschleunigte seinen Herzschlag. „Dann hast du zwei Möglichkeiten,“ lächelte er mit plötzlich unglaublich belegter Stimme. Denn er hatte nur eine, und das wussten sie beide. Lily wusste es nicht.

Die Augen schließend und fest schluckend, senkte James den Kopf und nickte dabei unablässig, Sirius' Gedanken erratend. Beide. Und er wollte sie nicht ansehen. Sie würde ihn hassen dafür. Mit dem Baby auf dem Arm drehte Lily sich herum und lehnte sich im unteren Rücken gegen den herrlich warmen Herd, und das versteckte Leuchten in ihren Augen weckte so ein hässliches, zwiespältiges Gefühl in ihm, das sich rasch vom Herzen ausbreitete in jeden Winkel seines Körpers, und es bestätigte ihn nur in seiner bereits gefällten Entscheidung. „Dann musst du Remus für uns finden und herbringen, Sirius,“ sagte sie so unumstößlich, dass James den trockenen Mund öffnen musste, um atmen zu können.

Während Sirius sich keinen einzigen Zoll bewegte und nur halb zu ihr, halb zu ihm herüber schaute, begann der junge Vater ganz langsam, den Kopf zu schütteln. So unglaublich schwer war der mit einem Mal, obwohl er doch so viel an Gewicht verloren hatte. Wie mit Backsteinen gefüllt fühlte sich sein Schädel an dabei, und sobald dieser fragende Ausdruck in ihre Augen kroch, kamen diese Brocken ins Rollen. „Nein. Ich will das nicht,“ presste James zwischen den Lippen hervor und konnte es selbst kaum fassen, was er da sagte. Ihm war heiß, furchtbar heiß, und seine Ohren rauschten. 'Schrei mich an', dachte er. 'Mach schon, schrei mich an, sag mir, wie ich das nur denken kann.' Aber sie rührte sich nicht, und eine unangenehme Stille breitete sich zwischen den Dreien aus, wie sie niemals zuvor dagewesen war. Nur das leise saugende Geräusch des trinkenden Harry schallte laut wie ein Glockenschlag durch den trüben Raum.

„Wieso nicht?“ fragte Lily flüsternd und beugte sich leicht vor, doch Sirius wich augenblicklich ihrem forschenden Blick aus und James biss sich auf die Lippe und kratzte Spuren von altem Fett von der Tischplatte. Diese Reaktionen schlugen ihr die Antwort ohne Worte ins Gesicht und fühlten sich an wie Ohrfeigen. Alle Farbe, die das blasse Mädchengesicht noch gehabt hatte, rutschte sichtbar hinaus, und mit einem Mal hatte Lily die selben tiefen, dunklen Ringe unter den Augen, die sonst ihr alter Freund Lupin wie ein Markenzeichen trug. Ihr klappte nicht einmal der Mund auf. Die Nasenflügel blähten sich auf, wie sie noch weiter nach vorn kippte. „Ihr denkt, es ist Remus?“ konnte sie nicht fassen, und die sich schließenden Lider der beiden Männer sagten ihr alles.

Harry spürte die Erregung seiner Mutter und verstummte sofort, und endlos legte sich dumpfes Rauschen über alle Ohren, minutenlang fühlte es sich an, bis Lily explodierte wie ein Kessel über zu heißem Feuer. „Habt ihr ... den Verstand verloren?“ brüllte sie los, und nicht einmal das Baby traute sich, zu weinen. „Seid ihr vollkommen übergeschnappt? Habt ihr denn keinen ....“ Sie unterbrach sich selbst, weil sich die Worte in ihrem Kopf überschlugen und sie selbst kaum noch klar denken konnte. Das war vollkommener Blödsinn, das war hirnrissig, das war einfach ungeheuerlich! Remus, der Spion? Remus sollte derjenige sein, der Voldemort Informationen direkt aus dem Herzen des Ordens verriet? Nein, nein und nochmals nein, das glaubte sie nicht, das konnte sie einfach nicht glauben, das war wie Sonne und Mond zu vertauschen! Es war abwegig, einfach nicht wahr!

„Lily, wer soll ...“ weiter kam James nicht, denn sie fand sich wieder und ließ es nicht zu, dass er sowas Furchtbares wiederholte. Sie liebte James, aber nein, das konnte sie nicht verstehen. „Hör' auf, das ist so bescheuert! Remus würde das niemals tun, er ist mein ...“ Und sie sprach nicht weiter, verschluckte sich an dem, was sie hatte sagen wollen und starrte Sirius so voller Wut und Anklage an, als würde sie jeden Moment ihn beschuldigen. Aber Black protestierte nicht, sondern teilte nur dieses schreckliche Gefühl, dass der Dunkle Lord genau das erreichte, was er hatte erreichen wollen: Misstrauen und Feindschaft.

Was auch immer sie wirklich hatte sagen wollen, das wusste James nicht, doch konnte er sich genügend vorstellen, und diese steile Falte wanderte nun zwischen seine Brauen, wie er sich von der Tischkante abstieß und sich zu ihr herumdrehte. Dieses kalte Geschäftsgebahren überspielte sein eigenes aufsteigendes Temperament und die so merkwürdige Bitterkeit, die Sirius fest schlucken ließ. Er musste sich da raushalten. Er hatte ihm gesagt, was er davon hielt, und das musste eben reichen.

Mit ausdruckslosen, matten Augen, aber den Zorn unverhohlen im Gesicht, machte Potter regelrecht ein Statement in ihre Richtung. „Ich weiß, dass dir das nicht gefällt, Lily, aber die Tatsache bleibt nunmal, dass er ...“ Es ging nicht auf. Ganz im Gegenteil. Trotz des halb schlummernden Kindes in ihrem Arm machte die junge Frau den Eindruck einer kampfbereiten Amazone, und sie fuhr ihm regelrecht übers Maul. „Dass er ein Werwolf ist? Ist es das, was du als 'Beweis' anführen willst, James? Ist es das? Ist das alles?“

Es war so offensichtlich, dass James sich fest auf die Zunge biss und sich zusammenriss, um es nicht zu sagen, um ihr nicht entgegen zu schreien, was er wirklich dachte, und Sirius schloss die Lider und hoffte, dass er das schaffen würde. Er wollte das nicht hören, wie er zu Lily sowas sagte, und er wollte am liebsten jetzt sofort weg. Ein seltsamer Druck baute sich vor seinen Augen auf, den er im ersten Moment gar nicht verstand, bis es ihm klar wurde: Tränen sammelten sich da. Die durften nicht raus. Mit aller Gewalt hielt er sie zurück.

James antwortete nicht. Dieser eisige Blick war immer noch da, aber die Wangen wurden schon wieder hohl und blass, die Hitze daraus verschwunden, und er konnte ihre Augen nicht direkt fixieren, die jetzt fast brannten vor ... ja, sie war verletzt. Und das tat ihm noch mehr weh, weil es ihn zu bestätigen schien. „15 Jahre, James! So lange hat er das schon, so lange leidet er schon! Warum sollte er sich Ihm anschließen, wieso?“ Ihr Ehemann ging nicht darauf ein. Er schüttelte nur resolut den Kopf, der Quidditch-Kapitän auf seinem Feld, und nur sein Wort galt. Wie sie das hasste, wenn er das tat! „Ich vertraue ihm nicht, Lily,“ sagte er nur belegt und schaute sie endlich wieder richtig an. „Ich will, dass Peter es macht.“

Lily spuckte regelrecht ein patziges Quietschen aus und winkte ab. „Peter? Peter Pettigrew, der größte Feigling, den Hogwarts jemals hervorgebracht hat?“ kreischte sie halb lachend, halb verzweifelnd. „Er könnte es genau so gut sein, ja, ich glaube sogar eher, dass er's ist!“ Das war reiner Trotz, das wussten beide Männer, denn Lily mochte den pummeligen kleinen Kerl, der sich kaum traute, Baby Harry auf den Arm zu nehmen oder auch nur anzufassen, als könnte er ihn mit seinen tollpatschigen, tapsigen Fingern zerbrechen. Und jetzt schaltete sich Sirius doch noch ein. „Komm schon, Lily, sei nicht unfair! Pete hat viel zu viel Angst vor Vol ... Du-weißt-schon-wem, um zu Ihm zu gehen! Weißt du nicht mehr?“ erinnerte er sie daran, wie sie alle zusammen, fünf Kinder, den Dunklen Lord zum ersten Mal gesehen hatten, wie Peter zusammengebrochen war unter dem Eindruck.

Mit hochrotem Kopf griff Lily nach dem zweiten vorbereiteten Fläschchen hinter sich auf der Anrichte, hob Harry ein wenig höher in ihrem Arm und schnaubte wütend, bevor sie sich vom Herd abstieß. Es reichte, das war ihr zu viel. Diese beiden Kerle waren Idioten, laute, tumbe Dummköpfe, genau wie früher, und was sie sich in den Kopf setzten, das bekamen sie auch, und sie hatte keine Lust und längst keine Nerven mehr für dieses kindische Kräftemessen. „Genau deshalb, Sirius,“ sprach sie nur noch mit ihrem Trauzeugen und dem Patenonkel ihres winzigkleinen Sohnes, ignorierte James vollkommen, „deshalb vertraue ich ihm nicht.“ Und damit stob sie davon, einen solch heftigen Schwung in den Haaren, dass sie wie flüssiges Kupfer in einem nicht vorhandenen Sonnenlicht glitzerten.

'Ein tolles Mädchen' dachte Sirius Black und lächelte traurig, wie er ihr dabei zusah, wie sie die Treppe hinauf und über die Galerie rauschte und in dem winzigen Raum zu den Piers hinaus verschwand. Die Tür donnerte zu, während sie noch mit dem Baby flüsterte, und die beiden Männer blieben wieder allein mit ihren Plänen.

Am liebsten hätte Lily sofort zu weinen angefangen, aber die Tränen blieben ihr im Hals stecken, und sie hob Harry auf und drückte sich den kleinen Körper ins Gesicht, um seinen wunderbaren Geruch einzuatmen. Er quiekte vor Vergnügen davon und patschte ihr seine zierlichen Finger auf die Stirn und die Schläfe. „Hör' nicht auf diese blöden Kerle, Harry, hörst du?“ bat sie ihn eindringlich, als könne er sie verstehen, und der Säugling schaute sie aus seinen mandelförmigen grünen Augen ganz gebannt an. „Remus würde dir nie weh tun, weißt du das? Keinem von uns.“ Er nahm immer noch nicht den ein bisschen schielenden Blick von ihr, auch nicht, als sie ans Fenster herantrat und einen der langen Vorhänge ein Stück zur Seite zog.

Als würde er ihr wirklich zuhören. So ein hübscher kleiner Kerl. Sie lächelte ihn an und streichelte ihm sanft die Strähnchen von weichem, schwarzem Haar, das in alle Richtungen abstand, aus der Stirn, bevor sie sich über ihn beugte und ihn küsste. Das selige kleine Glucksen verleitete sie dazu, ihn ganz fest an sich zu drücken und gegen ihre Brust gepresst zu wiegen, und dann schaute sie hinaus auf den dunklen, nebelverhangenen Pier am Ufer der Themse.

Als hätte sie es gewusst. Lilys Lächeln wurde noch breiter beim Anblick des Mannes in dem billigen, triefend nassen Trenchcoat da unten in der Lücke zwischen der Telefonzelle und dem Laternenmast, der sich schniefend die Nase rieb.
James und Sirius hatten unrecht. Sie wusste es. Er war ihr bester Freund, so wie Sirius seiner war. Ob er das verstand oder nicht. Und nicht nur ihr Herz sagte ihr das. Wären sie nicht längst tot, wenn er derjenige wäre? Jetzt gerade stand er da unten, wusste genau wo sie sich befanden, schutzlos, allein, ohne Dumbledores Hilfe. Und er hatte jedes ihrer Verstecke gekannt, denn sie hatte es ihm gesagt. Aber damit konnte sie ihn nicht entlasten, das hätte James zur Weißglut getrieben. Sie hasste das. Das alles hier.

In dem Moment wischte sich der Beobachtungsposten in der Kälte ein paar angrauende Haare aus dem Gesicht und erhaschte dabei ihren Blick. Sofort zwinkerte er aufmunternd und gleichzeitig unglaublich vorsichtig, und sein Mundwinkel zuckte in einem Kniff nach oben, wie nur Remus Lupin lächeln konnte. Lily winkte ganz leicht zurück mit ihrem Sohn auf dem Arm, und sie streichelte Harrys Rücken. „Auf ihn kannst du dich immer verlassen, mein Schatz,“ flüsterte sie ihm ins Ohr. „Er passt auf dich auf.“ Und sie ließ die Gardine nicht los, sondern schaute noch eine ganze Weile hinaus in den kalten, klammen Novemberabend, an dem ihr bester Freund dort draußen Wache schob für sie.


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