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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Durch den Schornstein

von Teekon

„Vielen Dank, Madame!“ riefen die Jungen ihr noch zu und dann schlug die Tür zu, und Rosmerta blieb allein in ihrem Lokal zurück, wo sie die Gläser abspülte und ansonsten nicht mehr viel zu tun hatte. Die Stühle waren sowieso bereits in einander gestapelt und an die Wände gerückt, ebenso die Bänke und die Tische, und ein einfaches Ratzeputz hatte die unzähligen schmutzigen Fußabdrücke vom Boden entfernt, bevor auch der Letzte gegangen war. Was für eine Veranstaltung jedes Mal, wenn alle sechs Monate ein Tross plötzlich so furchtbar groß gewordener Kinder in ihre Gaststätte rauschte und irgendwie ein weniger erwachsener wieder von dannen zog. Die Wirtin lächelte und schüttelte den Kopf und widmete sich wieder ihrem Abwasch.

Draußen auf der Hauptstraße von Hogsmeade zogen die Jungen fröstelnd ihre Schultern hoch und mummelten sich etwas mehr in ihre Roben ein, bevor sie losstiefelten durch den Matsch und die letzten schmilzenden, grauen Schneemassen. Ein bisschen trostlos lag das Dorf in der zunehmenden Dunkelheit, so als könne es sich nicht richtig vom Winter loseisen und wollte doch so gern. Die winzigen Bündel an Schneeglöckchen verbargen sich noch in windgeschützten Ecken oder steckten ihre Köpfchen so gerade eben durch die auseinander brechende Decke aus überfrorenem Schnee. Am besten so schnell wie möglich den Berg hinauf und zurück ins Schloss. Immerhin gab es ja etwas zu feiern!

Mr. Twycross drehte sich schwungvoll zu ihnen herum und salutierte regelrecht, bevor er sich mit einer übertrieben eleganten Pirouette davon machte. Plop – und er war davon appariert, genau so, wie er es ihnen beigebracht hatte und wie sie alle es nun durften. Trotzdem war jeder von ihnen froh, diesen dussligen Kerl nie wieder sehen zu müssen. „Ziel, Wille und Bedacht,“ murmelte Archie Prittchard, und augenblicklich musste jeder um ihn herum kichern. Klang wie der perfekte Mordplan. Das war wirklich einfach zu bescheuert. Die Köpfe schüttelnd, stolperte die kleine Schar an Gryffindors hinter den anderen Jungen und Mädchen aus ihrem Jahrgang hinterher, und Remus Lupin schloss sich einfach an.

Dem großen Tag wieder einen Schritt näher. Die Lizenz in der Tasche und damit bald schon wesentlich beweglicher und mobiler, und er würde das brauchen, wenn er sich seine Pläne so anschaute. Erstmal die Spur loswerden, nicht mehr lange jetzt, keine zwei Wochen noch durchhalten, und dann konnte alles in die Tat umgesetzt werden. Ganz vertieft in seine Gedanken bekam er kaum mit, wie die Horde an Sechst- und Siebtklässlern die Straßen des Dorfes verließ und sich auf den langen Aufstieg nach Hogwarts hinauf begab.

„Jetzt werden sie dich alle beneiden bei dir,“ bemerkte Dennis Meadowes grinsend und knuffte Remus vorsichtig mit einem Ellbogen in die Seite, wovon der älteste Viertklässler aller Zeiten aufschreckte und ihn ganz fragend anschaute, bevor er verstand. „Hm? Oh ja!“ lächelte er darüber und rieb sich die kalte Nase am Kragen seines Mantels, den er über die Robe geworfen hatte. Damit war er schon wieder was Besonders unter seinen Klassenkameraden und Freunden, mit der offiziellen Ministeriumserlaubnis zum Apparieren. OK, ja, er musste noch warten, bis er wirklich 17 geworden war, bevor er das auch wirklich praktizieren durfte, aber es war eben schon was. „Hat sich schon einer von euch überlegt, wo's zuerst hingehen soll?“ machte er ein wenig Smalltalk mit den Jungen seines Alters, die er zwar aus dem Gemeinschaftsraum kannte, aber mit denen er sonst relativ wenig zu tun hatte.

Triumphierend hob Gilbert Dearborn, der Bruder des schussligen Caradoc aus Hufflepuff, eine gereckte Faust und grinste breit: „Jamaica!“ rief er aus und brachte damit alle zum Lachen, auch weil es vollkommen abwegig war. Er wusste ganz genau, dass man so weit nicht in einem Schwung apparieren konnte, und dennoch war das eine verlockende Idee. Weg aus dem widerlichen, schmuddeligen Spätwinter-Wetter von Schottland, irgendwo hin, wo es warm und schön war. „Du bist so blöd, Gil!“ grunzte Dennis und schlug ihm mit der flachen Hand vor die Brust, obwohl er selbst dabei immer noch lachte.

Ein wenig ernster, aber trotzdem lächelnd, stopfte Archie sich die Fäuste in die Taschen und schaute erwartungsfroh in die Runde. „Ich werd' als Erstes meine Schwester in London besuchen!“ verkündete er mit strahlenden Augen, und jeder von ihnen musste das einfach erwidern. Die Prittchards waren von jeher nahezu unzertrennliche Geschwister gewesen, und für den Jungen war es nicht leicht, ohne seine große Schwester durch die Korridore von Hogwarts zu streifen, auch wenn sie von Anfang an in getrennten Häusern untergebracht gewesen waren. Er war halt einfach stolz auf sie, und das durfte er auch getrost sein.

„Wie geht’s Alice?“ erkundigte sich Remus und bibberte schon wieder, wo sie aus dem kleinen Wäldchen hinaus traten und der See sich still und dunkel zu ihrer Rechten erstreckte. Die glitzernden Lichter des Schlosses spiegelten sich in der fast unbewegten Oberfläche, schimmerten heimrufend und verheißungsvoll in die Nacht hinaus. „Prächtig!“ freute sich Archie und warf sich richtiggehend in die Brust. „Sie kommt gut zurecht im Aurorenbüro, und ihr Vorgesetzter hat ihr gesagt, wenn sie so weiter macht, wird sie ganz groß!“ Anerkennend pfiff Dennis auf den Zähnen, und Gilbert schürzte die Lippen mit hochgezogenen Brauen. Das Mädchen war nicht nur wunderhübsch, sondern obendrein auch noch mächtig talentiert. Und sie erfüllte sich gerade einen Traum, den so manch anderer Schüler hier hegte.

Nickend, als müsse er noch mal bestätigen, fuhr Archie fort: „Und sie ist mit Frank zusammengezogen.“ Das Grinsen auf seinem Gesicht war nahezu göttlich, eine wunderbare Mischung aus kindisch versautem Gedankengut und dem ehrlichen Stolz eines kleinen Bruders. „Oh la la!“ rief der junge Mr. Meadowes aus. „Hört, hört!“ ahmte Gil einen Pfarrer nach, und sie alle mussten wieder lachen. Und um noch eins drauf zu setzen, ergänzte Archie: „Ich denke, sie werden bald heiraten!“

Ein bisschen erschrocken, obwohl sie doch alle damit gerechnet hatten, schüttelte sich die ganze Meute bei dem Gedanken, während sie den steilsten Anstieg bewältigten. Ein kalter, fisseliger Regen prasselte im Schwall auf sie herab und benetzte ihre Gesichter dabei. „Könnt ihr euch das vorstellen?“ fragte Gilbert ganz heiser und schaute ganz perplex von einem zum anderen. Gut, dass es so dunkel war. Da konnte man die Blässe und den furchtsamen Respekt in den Augen nicht erkennen, und sie alle schüttelten die Köpfe. „Nicht wirklich, nein,“ meinte Dennis, und auch Archie gab ein glucksendes Geräusch von sich. Nur Lupin stierte über die ovale, reflektierende Fläche des Sees hinweg, als könne er dort mehr sehen als die winzigen Kräuselungen des Wassers, die von der Riesenkrake verursacht worden waren. Er sagte kein Wort und verriet seine Gedanken mit keiner noch so kleinen Geste. Komisch war der manchmal, befand Dennis Meadowes und konnte nicht mehr damit aufhören, ihn zu betrachten.

Der Pfad wurde wieder ebener, wie sie den großen Vorplatz des Schlosses erreichten, und die breiten Tore öffneten sich schon einladend für sie. Ihre Schritte beschleunigten sich noch ein wenig mehr, wollten sie doch alle aus der Kälte heraus und in die Große Halle, wo das Abendessen und all ihre Freunde aus dem eigenen Haus warten würden, um sie zu beglückwünschen und mit ihnen zu feiern. Winterpastete und Pudding gab es heute, aber das Beste wäre eine heiße Rahmsuppe mit Pilzen und Kräutern, so richtig wunderbar zum Aufwärmen. Es wurde echt dringend Zeit für Frühling, befand Remus. Nicht nur, weil er dann endlich Geburtstag hatte, sondern vor allem wegen Vögelchen und Blumen und Sonne! Nichts wie rein!

Die ersten Stufen eilten die vier Gryffindors hinauf, als die letzten Hufflepuffs schon die Eingangshalle durchquerten und augenblicklich laut und plappernd zu reden anfingen, als könnten sie das erst ohne Wasser von oben. Die riesigen Laternen, die von der Decke hingen, verbreiteten ein ganz fantastisches Licht, und man mochte wirklich aufatmen und zum ersten Mal zufrieden begreifen, was man heute geschafft hatte. Eine Apparier-Lizenz! Ein Hauch von Freiheit! Remus zog die Fäuste aus den Taschen und rupfte sich die feuchten Handschuhe ab, um sie gegeneinander auszuschlagen, und winzige Tröpfchen stoben in alle Richtungen davon.

In die angenehme, nicht sofort zu heftige Wärme der Eingangshalle tretend, seufzte der 16jährige und wischte sich mit einer Hand die Strähnen seines hellbraunen Haares aus dem Gesicht, aber weiter kam er erst einmal nicht. Gilbert und Archie zogen leise miteinander sprechend und immer noch lachend an ihm vorbei, doch der Arm von Dennis legte sich wie eine Schranke vor ihn und hielt ihn ein wenig zurück, ohne grob dabei zu sein. „Hey, Lupin, hör' mal,“ murmelte er und klang äußerst merkwürdig für einen so selbstbewussten und für gewöhnlich recht derben Charakter wie den Neffen der bekannten Anwältin Dorcas Meadowes.

Erstaunt blieb Remus wie angewurzelt stehen und zog den Kopf auf seinem Hals zurück wie eine watschelnde Taube, und er verzog fragend den Mund, wie er sich zu dem Sechstklässler herum drehte, der eigentlich hätte sein Klassenkamerad sein sollen. Dennis hatte die Brauen fest und grüblerisch ineinander geschoben und druckste ein bisschen herum. Das war man von ihm wirklich nicht gerade gewohnt. Er war sonst sehr frei heraus und offen und so direkt, dass es weh tun konnte. Und Remus konnte sich absolut keinen Reim darauf machen. Diskret und offenbar nicht gewillt, jeden an diesem Augenblick teilhaben zu lassen, griff Dennis nach dem Ärmel seiner von winzigen Regentropfen glitzernden Robe und zog ihn ein wenig in den Schatten einer Säule.

Den Nacken beugend, damit der nun doch schon recht groß geratene Remus den wesentlich kürzeren Dennis anschauen konnte, runzelte Lupin die Stirn und wartete auf Eröffnung dessen, was das hier denn nun sollte. Es war Meadowes so offensichtlich peinlich, dass er mit den Zähnen knirschte und den Blick kaum erwidern könnte. „Hör' mal, das was ...“ fing er an und zuckte mit der Oberlippe. Wenn das Licht so von hinten schien, fiel es wieder besonders auf, wie fahl doch eigentlich die Haut des Viertklässlers unablässig war. Es war jetzt wieder gut drei Wochen her, dass er das letzte mal krank gewesen war, und trotzdem konnte man deutliche Spuren darauf erkennen. Immer noch, oder schon wieder?
„Was Podmore da letztens gesagt hat, das ...“

Dennis greinte wortlos und wog den Kopf hin und her, wie er Luft durch die geblähten Nüstern stieß und nur ganz kurz in die silbergrauen Augen über sich schaute, bevor er den Blick wieder senkte. „Das tut mir echt leid,“ brummte er und zuckte die Achseln, und das kleine Lächeln, das nur von Remus' Mundwinkel angedeutet wurde, konnte er so nicht mitkriegen. „Dennis, das ist OK,“ sagte Lupin ohne zu zögern. Und er meinte es auch so. Doch ein bisschen überrascht von einer so schnellen und positiven Reaktion hob Meadowes wieder den Kopf und sah ihm direkt ins Gesicht, und es stimmte. Remus war ganz entspannt, machte kein Stück den Eindruck, beleidigt oder verletzt zu sein, obwohl es an dem Abend doch so deutlich gewesen war. Den Mund öffnend, wollte Dennis etwas sagen, doch Remus klopfte ihm auf den Oberarm und unterbrach ihn sofort. „Und du kannst Podmore sagen, dass ich weder ihm noch sonst irgendwem den Gefallen tun werde.“

Lupin grinste so breit dabei, dass sämtliche seiner Zähne sichtbar waren, und am liebsten hätte Dennis jetzt schon gelacht. „Ich hab' nicht vor abzukratzen.“ Er zwinkerte fröhlich und schlug noch mal zu, und jetzt war sich der gleichalte Junge sicher, dass es erlaubt war, und er lachte laut und scherte sich nicht mehr um Heimlichkeiten. Lupin war schon ein fabelhafter Kerl! Da konnte man richtig neidisch werden auf diese Trottel Potter und Black und den hässlichen kleinen Pettigrew. Erleichtert und gelöst erwiderte Dennis die Geste, und die beiden jungen Männer verließen die Deckung und bewegten sich wieder auf die Tore zur Großen Halle zu.

Aber irgendwie wollte Remus heute niemand seine wohlverdiente Hühnerbrühe gönnen. Wie eine Statue oder ein drohender Wachtposten ragte die herbe Gestalt von Professor McGonagall an dem offenen Türflügel auf, und ihr strenges Gesicht mit den durchdringenden Augen suchte aufmerksam das Foyer und die auf- und abwärts führenden Treppen ab. Zwar konnte Remus seine Freunde von hier aus schon sehen, wie sie da hinten an der langen Tafel von Gryffindor zusammenhockten, Petes Beine von der Bank baumelnd, James mit einem Löffel herumfuchtelnd, und Sirius hatte ihn ebenfalls schon entdeckt und winkte ihn heran, doch er durfte nicht zu ihnen.

„Mr. Lupin,“ ertönte ihre Stimme so bestimmt und so ohne eine höfliche Frage, dass er gleich zusammen zucken wollte. Hatte er irgendwas angestellt? Oder war ihr noch was eingefallen, nachdem nun nicht mehr so viel Holz gebraucht wurde, wie sie die Vier anderweitig einspannen konnte? Die Hitze, die ihm in den Kopf schoss, manifestierte sich in Schweißperlen am Haaransatz im Nacken, und Remus duckte sich regelrecht, obwohl er nun nur noch von ihrem spitzen Hut, nicht aber mehr von ihrer Person überragt wurde. Dennis warf ihm nur einen mitleidigen Seitenblick zu und huschte so flink er konnte durch die Tür und in die sichere Große Halle.

Er blieb stehen, als habe ihn ein Dauerklebefluch an die Steinfliesen gebunden, und mit gleich wieder in die Taschen gestopften Händen schaute er wie von unten her zu seiner Hauslehrerin auf. „Ja, Ma'am?“ Ihr ausgestreckter Arm wies ihm wortlos den Weg, aufwärts die breite Marmortreppe empor, und dennoch rauschte sie voraus, den bauschigen Rock unter der offenen Robe mit beiden Händen raffend. Na prima. Kein Abendessen. Dafür irgendeine fiese Standpauke von der McGonagall oder irgendso eine Unterredung darüber, wie das nun mit seiner Volljährigkeit geregelt werden sollte, angesichts der Eigenverantwortlichkeit in Sachen „haariges kleines Problemchen“, die da auf ihn zu kam. Remus rollte heimlich mit den Augen, warf Sirius einen abwinkenden und resignierten Blick durch die Tür zu und folgte ihr, noch bevor der fragend die offenen Hände präsentieren konnte.

Jede Schülerin und jeder Schüler, die ihnen entgegen kamen, waren auf dem Weg in die Große Halle. Keine Schultaschen mehr dabei, keine Mäppchen, nichts, und sie alle redeten lustig miteinander, lachten und drehten sich nur selten zu dem ungleichen Paar um, das an ihnen vorbei stob. Trotz seiner langen Beine konnte Remus kaum mithalten, und der Hexenhut vor ihm hüpfte fast auf und ab, wie die Hauslehrerin sich in enormem Tempo vorwärts bewegte, tiefer hinein in das Schloss und zielstrebig den Weg entlang, den er mehrmals am Tag und jeden Abend als letzten benutzte. Ins Haupttreppenhaus ging es, wo die einzelnen Fluchten sich in unregelmäßigen Abständen bewegten, und immer rauf und rauf die Stufen hinauf, ohne Pause bis in den siebten Stock.

Wie sie den letzten langen Flur hinunter eilten, spürte Remus besonders, dass er noch viel zu viel anhatte und unter seiner Winterrobe fürchterlich schwitzte, und wahrscheinlich glühte sein Kopf von der Rennerei. Keine Ahnung wie eine Frau in dem Alter das so hinbekam, ohne auch nur außer Atem zu geraten. Schnurgerade flog sie regelrecht auf ihre altbekannte Bürotür zu, und der junge Mann seufzte innerlich. Vermutlich würde er sich niemals in seinem Leben entscheiden können, ob die schönen oder die schlechten Erinnerungen an diesen Raum überwogen. So viele Anschisse und Strafaufgaben hatte er hier kassiert, so viele Punkte verloren und so viele mehr dazugewonnen. Auf unerwartete Weise getröstet hatte man ihn hier, gelobt in den Himmel und wieder auf die Erde geholt, und er liebte jedes bisschen davon. Wamm – die Tür war auf, und er wunderte sich sofort.

Das sonst übliche weiche Licht einer milchigen Glaslaterne auf dem breiten Fenstersims war erloschen und entzündete sich auch nicht, sobald die Professorin die Schwelle überschritt. Statt dessen war das ganze Turmzimmer in ein flackerndes Leuchten aus gelbem und grünem Zauberfeuer getaucht, und jeder aus ihrer Welt wusste augenblicklich, worum es sich dabei handelte. Sie hatte ihren Kamin angelassen, nicht bloß ein prasselndes Feuerchen, sondern den Anschluss an das Flohnetzwerk, und das war furchtbar nachlässig und höchst ungewöhnlich. War ihr das aus Versehen ...?

Nein, war es nicht. Es war pure Absicht. Das war ihm klar, als sie in einen gewissen Radius darum herum trat und ein bisher unsichtbarer Effractor-Zauber als aufblitzende Linien erschien und wieder verschwand, sobald Professor McGonagall als der Heraufbeschwörende erkannt wurde. Eher schüchtern und zurückhaltend, schlich der junge Mann hinter ihr her und in das Büro hinein, was ihr nicht schnell genug zu gehen schien. Mit einer ungeduldigen, wischenden Bewegung schob sie die Brauen ineinander. „Tür zu, Mr. Lupin.“ Erneut zusammenzuckend drehte Remus sich umständlich hin und her, bis er den richtigen Winkel hatte und nach dem schweren Eichenholz greifend die Außenwelt von ihnen abschnitt. Oder umgekehrt, da war er sich nicht sicher.

Mit einem Schwung ihres Zauberstabes und einem non-verbalen Fluch verschloss die McGonagall die soeben ins Schloss gefallene Tür, und ein gutes Dutzend Klammern und Bolzen erschien über den ganzen Spalt verteilt, so dicht, dass kaum noch Licht dazwischen hindurch fiel, und jetzt erst recht beunruhigt machte Remus einen Satz nach vorne, der ihn in ihre Reichweite brachte. Sogleich griff sie nach seinem Ärmel und zog ihn noch ein Stück näher an den lodernden Kamin heran, vollkommen wortlos, aber dabei scheuchende Geräusche machend, und mit beiden Händen deutete sie auf die grünen Flammen.

Fast stolpernd musste Remus ausholen und sich am Kaminsims festhalten, weil er sonst umgefallen wäre (und zwar auf die Hauslehrerin, was höchst peinlich gewesen wäre), und er starrte sie nur völlig verzweifelt und ängstlich an. Was sollte denn das werden? Da rein? Wieso? Wohin? Quietschend und mit ganz wässrigen Augen kriegte er aber keine dieser Fragen heraus, und Professor McGonagall sah nicht so aus, als würde sie irgendeine davon beantworten. Sich aufrichtend, zeigte sie erneut unmissverständlich auf den brodelnden Strom des Flohnetzwerks, und Remus begriff, dass er keine andere Wahl hatte. Offenbar war „vorgewählt“, und er brauchte einfach nur einzusteigen.

Mit einem tiefen Atemzug schloss er die Augen und hob das eine Bein über den Grill, hielt sich dabei an den rußgeschwärzten Natursteinen fest und bückte sich, um in den Kamin hinein gelangen zu können. Sobald er aufrecht im Windfang stand, spürte er die altbekannte Wärme, und Asche flog ihm in die Nase, und schon ging die Reise los. Obwohl er ganz verwirrt war von dieser Aktion, versuchte Remus, unterwegs so viel wie möglich zu behalten, und dennoch dauerte es so entsetzlich lange, wie es noch nie gewesen war, und er schaute in so viele Wohnzimmer und Küchen und Arbeitsräume auf seinem Weg, dass er bald den Überblick verlor. Obendrein knockte er sich zwischendurch an irgendeinem rausstehenden Kläppchen für den Schornsteinfeger den Kopf an, und der Versuch, die Beule mit der Hand zu bedecken, führte zu einem aufgeschürften Ellbogen. Spätestens ab dem Zeitpunkt konnte Remus sich nicht mehr auf den Reiseweg konzentrieren.

Als er endlich mit den Füßen auf festem Boden aufkam, einerseits durchgefroren, andererseits mit einem schwelenden Loch in der Hose, an dem er noch hastig die Flammen ausschlagen musste, war ihm ganz schlecht und er musste furchtbar husten. Flohpulver war keine schöne Fortbewegungsart, nein! Jetzt erst war er richtig dankbar für die niegelnagelneue Apparier-Lizenz in der Innentasche seiner Robe. Und nun hatte Remus auch Gelegenheit, sich in diesem Kamin umzuschauen.

Das Feuer loderte immer noch. Natürlich, denn Professor McGonagall würde sicherlich bald folgen. Rasch, fast hastig, stapfte Remus aus der Feuerstelle heraus und tastete erst einmal über sich, ob er sich gefahrlos aufrichten konnte. Ja, das ging wohl, er konnte keine Decke erhaschen. Stockdunkel war es ansonsten in dem Raum, in dem er da angekommen war, genau wie vorhin noch im Büro der Hauslehrerin, mit dem Unterschied, dass hier auch die Fenster, falls vorhanden, völlig verhängt waren. Mit klopfendem Herzen und gerunzelter Stirn testete der junge Mr. Lupin den Boden mit einem Abklopfen seiner Schuhe. Backstein. Kahl. Kein Teppich, nichts.

Noch bevor er Gelegenheit dazu hatte, seine natürliche Neugier auszuleben, rauschte es erneut laut und deutlich hinter ihm, und er konnte die sich drehende Gestalt von Professor McGonagall ausmachen, und schon war sie vollends da und trat ebenfalls aus dem Kamin heraus, klopfte sich die schwarzen Kleider ab und langte nach einem Taschentuch, um die Rußflecken aus dem Gesicht zu bekommen. Immer noch sagte sie kein Wort, aber wenigstens scheuchte sie ihn jetzt nicht mehr vor sich her. Gerade als Remus allen Mut zusammen nehmen und sie fragen wollte, was denn all das hier sollte, verlosch das grüne Feuer, und vollkommene Finsternis legte sich über den Schüler und seine Lehrerin.

Weniger als einen Herzschlag später stand der ganze Raum in gleißendem Licht, und er war weder kahl noch leer, sondern sehr hübsch eingerichtet und obendrein vollkommen überfüllt mit Menschen! An einer langen Speisetafel, übersät mit Plänen und Bildern und Listen, saßen Hexen und Zauberer und schauten zu ihm und Minerva McGonagall hinüber, als hätten sie genau auf sie beide gewartet. Und vermutlich hatten sie das auch. Wo genau sie sich befanden, das konnte Remus nicht sagen, denn er war hier jedenfalls noch nie gewesen. Offenbar handelte es sich um das repräsentative Esszimmer einer reicheren Familie, aber er konnte weder Wappen noch sonstige Hinweise darauf finden, um welche Sippe es sich dabei drehen konnte. Nur an der fabelhaften Einrichtung aus blank gewienertem Mahagoni konnte er sich orientieren.

Mit offenem Mund starrte Remus den Tisch hinunter, an dem so viele bekannte Gesichter hockten und ihm teils aufmunternd, teils anerkennend zunickten. Da war Hagrid, der ihm fröhlich winkte, und Onkel Benjy, Benjy Fenwick grinste von einem Ohr zum anderen, wie er sich die Arme vor der Brust verschränkte und sich zurücklehnte. Ewig hatte er den nicht gesehen! Ein Herr mit einem lilafarbenen Zylinder auf dem Kopf beugte sich so weit vor, dass die Kopfbedeckung herunter segelte und quer über den Tisch kullerte, sehr zum Entzücken von zwei unverwechselbaren Rotschöpfen ihm gegenüber: Fabian und Gideon Prewett, die ewig lachenden Gesichter voller Sommersprossen, hoben grüßend die Hände. Viele andere hatten zumindest vom Sehen bekannte Köpfe, Edgar Bones zum Beispiel, und mitten unter all diesen Leuten lächelten zwei silbergraue Augen in seine Richtung, gleich neben Charlus Potter: John Lupin.

So perplex war Remus davon, dass er nur stumm stammeln und kein Wort sagen konnte, und eigentlich wusste er längst, was hier gespielt wurde. Vor Kopf sitzend erhob sich Albus Dumbledore dennoch, während die Hauslehrerin von Gryffindor bereits an ihren angestammten Platz huschte. „Willkommen, Mr. Lupin,“ sagte seine weiche, volltönende Stimme. „Im Orden des Phönix!“


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