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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Hätt' ich doch bloß nichts gesagt!

von Teekon

Der Schweiß stand ihm auf der Stirn und lief ihm den Nacken hinunter, rollte in dicken Perlen die Wirbelsäule entlang und hinterließ Flecken auf dem Hemd. Vor Anstrengung und gleichzeitig vor Wut hatte er das Gesicht ganz verzerrt, die Brauen so fest ineinander geschoben, dass sie eine dichte Barriere bildeten. Die dunklen Locken hingen in unansehnlichen Strähnen in die funkelnden Augen, und die Nasenflügel waren weiter gebläht als die eines zornigen Stiers auf einer Weide in Südspanien. Nur war es leider weder so hübsch warm wie dort, noch durfte man in der Sonne liegen und faulenzen.

Der schneidende Wind fegte über das offene Felsenplateau und schüttelte die Bäume am Rand des Verbotenen Waldes durch, so sehr, dass sogar die Peitschende Weide ihre Äste bibbernd aneinander gepresst hielt, so gut sie eben konnte. Erst vor zwei Tagen war so viel Neuschnee gefallen wie sonst in zwei Wochen nicht, und nur durch breite, von Hagrid mit ganzem Körpereinsatz gezogenen Schneisen konnte man sich überhaupt vorwärts bewegen. Nass und kalt tropfte es in diesen nach oben offenen Gängen von den Wänden aus zusammengedrücktem Schnee. Unangenehm und klamm fühlte sich das an, aber erst recht, wenn man dabei schwer körperlich arbeitete.

Es war weder die erste, noch die fieseste Strafe, die sie jemals abgesessen oder abgeleistet hatten, aber mit Abstand die härteste. Die Öfen von Hogwarts mussten geheizt werden, und ein so großes Schloss hatte nicht wenige Kamine und Feuerstellen. Holz wurde dafür benötigt, Unmengen von Holz, und das musste herangeschafft werden. Diese Aufgabe teilten sich sonst Hagrid, der Wildhüter, auf der einen Seite, und Filch, der Hausmeister auf der anderen. Nicht in diesem Januar. Zweimal die Woche raus in die eisige Kälte, egal ob es schneite oder taute, bei Wind und Eisregen und Tag und Nacht.

Den großen Schlitten, vollbepackt mit über einander gestapelten, frisch geschlagenen und zerteilten Scheiten, mühsam und ohne Magie den steilen Hang von Hagrids Hütte herauf schiebend, stemmte Sirius Black sich mit den Fersen seiner hohen Stiefel in den rutschigen Boden und schnaufte. Das Gesicht glühte, und sobald er stehenblieb, fror er erbärmlich, so sehr kühlte der Schweiß ihn aus. Peter direkt neben ihm schniefte und zog die Nase hoch, konnte sich jedoch den winzigen Tropfen Rotz nicht abwischen, weil ihm von dem Gewicht die Arme zitterten. Jetzt los zu lassen würde bedeuten, den ganzen Karren rückwärts den Berg hinunter und womöglich in die Klamm rauschen zu lassen.

Auf der anderen Seite zogen James und Remus, und auch sie hatten angestrengt die Stirn gerunzelt und konnten kein einziges Wort sagen. Stumm schnaubend und keuchend, lehnten sie sich in die zum Zerreißen gespannten Seile und machten einen mühseligen Schritt nach dem anderen auf die kleine Plattform unterhalb der Menhire. Durch den schmalen Gang der Brücke passte der enorme Schlitten nicht, und deshalb war der Übergabepunkt genau hier. Dumpfe Geräusche zeugten davon, dass Professor McGonagalls ausgeklügeltes System blendend funktionierte, und beide Parteien jeweils zur etwa gleichen Zeit wieder hier eintrafen, damit die Arbeit reibungslos und ohne Pausen erledigt werden konnte.

So schweißtreibend und erniedrigend diese Schlepperei auch sein mochte: Es war gleichzeitig unglaublich befriedigend, die roten und aufgedunsenen Gesichter der vier Slytherins zu sehen, wenn sie mit ihren mickrigen Karren auf klapprigen Rädern durch den tiefen Schnee auf dem Brunnenhof geeiert kamen und weiße Spuren auf dem nassen Holz hinterließen. Auch für sie war das hier alles andere als angenehm, und wenigstens konnte man auf der „Hagrid'schen Seite“ nicht von sämtlichen Schülerinnen und Schülern dabei gesehen werden, wie man sich zum Dienstboten machte und in jedes verdammte Zimmer stiefelte, um Scheite in die Vorratskisten zu lagern. Dann doch lieber hier draußen in der fast kompletten Dunkelheit, nur von den Fenstern der Hütte und der winzigen Laterne am Eingang zur Brücke beschienen.

Keine einzige Stichelei kam über die Lippen von irgendeinem der acht Jungen dort oben auf dem Vorplatz beim Steinkreis. Viel zu vertieft in ihre grübelnden Gedanken und zu beschäftigt damit, die schmerzenden Glieder und kalten Finger zu bewegen, warfen sie einander nur lauernde Blicke zu und verrichteten sonst ihre Strafarbeit. Jeder hievte sich drei oder vier Blöcke auf die Arme und stapfte los, um sie auf den kleineren Wägelchen aufzureihen. Es fühlte sich an, als ob die Bänder an den Ellenbogen immer länger und länger wurden und das Gelenk schon lange keinerlei Kontakt mehr hatte. Eine wirklich ausgezeichnete Art, Nachsitzen zu verbringen.

Und dennoch: So friedlich sie hier auch wirkten, die Feindschaft war nun tiefer als jemals zuvor, und dazu verdonnert zu werden, gemeinsam zu arbeiten, würde daran nichts ändern. Im Gegenteil. Auch wenn der erste Karren voll war, verließ der dazugehörige Junge das Feld nicht. Sie warteten, gaben sich keine Blöße, ließen niemals ein Ungleichgewicht der Kräfte zurück, und so stand einer nach dem anderen unbeweglich wie eine Statue aus schwankendem Granit in den Schatten und harrte aus, bis der Schlitten leer war und von Pettigrew festgehalten werden musste, dem seine Freunde einen Moment des Ausruhens gönnten. Erst dann griff jeder, Valdrin Mulciber, Evan Rosier, Domenikus Wilkes und Dragomir Avery, nach dem Henkel seines Wagens, und einer nach dem anderen zuckelte zurück durch den engen, finsteren Durchgang in Richtung des Schlosses.

Durchatmend streckte James sich aus, und Remus drückte sein Rückgrat durch, um den Schmerz des Vornübergebeugten zu lindern. Viel half es nicht. Aus seinen fast schwarzen Augen warf Sirius einen grimmigen Blick der Unterstützung zu ihnen beiden hinauf, während er halb in die Knie gestützt die Halteleinen aus dem Schnee klaubte und mit tauben Fingern zurück auf den Schlitten warf, und dann legte jeder eine Hand an einen der vier Pfosten auf dem Ladedeck, bevor sie gemeinsam sehr vorsichtig das schwere Gefährt den Hang hinunter bugsierten, um die nächste Runde dieser Sisyphos-Arbeit anzugehen.

Der Wind schlug ihnen mitten in die heiß glühenden Gesichter, wie er den Hang hinauf blies, und die verschwitzten Haare flogen ihnen um die Ohren. Selbst Peter hatte sich die sonst im Winter stets präsente Mütze abgezogen und sie in eine Tasche seiner Robe gestopft. Die Knie taten weh, wenn man dieses Gewicht halten musste, während es so entsetzlich steil abwärts ging, und der Untergrund war trotz der Massen an Neuschnee uneben und man stolperte hin und wieder. Immer noch sprach keiner von ihnen, sich so sehr auf die Aufgabe konzentrierend.

Hagrids Hütte stand wie ein dicker Klumpen Heimelichkeit als dunklerer Schatten zwischen dem Waldrand und dem Abgrund, und das warme Licht darin fiel durch die rautenförmigen Fensterscheiben hinaus auf den niedergetrampelten Schnee. Eine einladende Fahne schweren, quellenden Rauches floss aus dem Schornstein und überschlug sich hastig, sobald der schneidende Luftzug sie erfasste.

Es stimmte schon. Das war ein sehr heftiges Gefecht gewesen. Keine übliche Rauferei auf dem Schulhof, wie man es gewohnt war, kein kurzes Hin und Her von ein paar kleinlichen, albernen Flüchen, sondern ein waschechter Kampf. Lange gedauert hatte es nicht, denn die Herren aus Slytherin hatten keine Ahnung gehabt, worauf sie sich da einließen. Und Black, Pettigrew, Potter und Lupin hatten so rasch die alles umwerfende Oberhand gewonnen, dass sich keiner aus dem Haus der Schlange noch traute, allein in die Nähe des Turms zu gehen. Wenn alle Gryffindors auf diese Art ihren Gegnern entgegen traten, bildeten sie eine unschlagbare Armee. Impedimenta. Stupor. Petrificus totalis. Das Expelliarmus, das Mulciber getroffen hatte, war noch der harmloseste Spruch gewesen. Aber dumm, auf so offenem Gelände zu kämpfen, egal, wie genial und brillant diese Flüche und Kampfzauber aus ihren Stäben flossen. Der Ausdruck in Professor McGonagalls Gesicht war – erschreckend – gewesen. Und erschrocken.

Hätte Lily Evans nicht den Gryffindor'schen Mut besessen, sich sofort als Zeugin zu melden und den tatsächlichen Hergang zu schildern, wäre die Strafe vielleicht noch ganz anders ausgefallen. Wer wusste das schon? Und Snape hatte es gar nicht gefallen, dass er ihr hatte zustimmen müssen, und er hätte es sicherlich nicht in der Öffentlichkeit getan. Nur in McGonagalls Büro, mit gesenktem Kopf und fast geschlossenen Augen, hatte er es zugegeben. „Galant, meine Herren!“ hatte die Hauslehrerin gesagt, so funkelnd und wütend, dass selbst jemand wie Sirius Black am liebsten im Erdboden verschwunden wäre. Peter hatte geweint. Das hatte die anderen nur noch bitterer und zorniger gemacht, dass man ihm eine solche Entwürdigung antat. Aber gesagt hatte niemand der Vier auch nur ein Wort zu ihrer Verteidigung. Es war vollkommen sinnlos. Und trotzdem bereute keiner von ihnen auch nur einen Schwung des Zauberstabs.

Das Niedersausen der riesigen Axt hallte noch immer durch die junge Nacht, wie Hagrid in seinem langen Pelzmantel dort vorne einen Baumstamm nach dem anderen in handliche Scheiben zerlegte und auf einen Haufen warf, von dem die zwei 14jährigen, der 15- und der 16jährige sich zu bedienen hatten, um daraus brauchbare Scheite für die vielen Kamine von Hogwarts zu machen. Und noch immer war das eine halbe Cheops-Pyramide, die sich da auftürmte. Mit den Augen rollend, stöhnte Peter und wischte sich über die fliehende Stirn, während von Sirius beinahe sichtbarer Dampf aufstieg. Es reichte einfach. Es war genug. Und sie quälten sich weiter durch.

Der Zug des schweren Schlittens ließ nach, wo sie nun auf die ebenere Fläche vor der Hütte kamen, und es wurde etwas angenehmer, das leere Gefährt vorwärts zu bekommen. Jetzt etwas die Beine schonen und wieder die Schultern einsetzen, und keiner von ihnen zögerte. Je schneller sie eine bestimmte Menge hinter einander hatten, umso eher waren sie wieder hier weg und drinnen im warmen Gemeinschaftsraum, oder noch besser: In einer heißen Wanne. Und obendrein sollten sie wieder bei den Menhiren sein, wenn die Slytherins von ihrer peinlichen Hausierer-Tour zurück kehrten.

Alles, was man von James erkennen konnte, war sein wirrer Haarschopf und die runden Gläser seiner Brille, wie er nach seiner Axt griff, die wesentlich kleiner war als die von Hagrid, und die brütend gerunzelte Stirn von Sirius verhieß ein unterdrücktes Knurren wie von einem bissigen Hofhund. Remus stützte sich für einen Moment vollends gegen den unteren Griff seines Werkzeugs, das noch im Hauklotz steckte, so wie er es vorhin zurückgelassen hatte, und er pustete Luft durch aufgeblähte Wangen. Aber Peter konnte nicht mehr. So sehr er sich auch zusammenreißen und weitermachen wollte, er brauchte eine Pause, und er sackte vollkommen fertig auf der vorderen Kufe des Schlittens zusammen. Da saß er, blass und bleich und kopfschüttelnd und konnte die Wirbelsäule nicht mehr begradigen.

Das war schon in Ordnung, sie würden das schon rechtzeitig hinkriegen, auch für ihn mit, wenn es sein musste, aber noch bevor jeder von ihnen ausholen konnte, rammte Hagrid seine Axt fest in einen aufgebockten Baumstamm und drehte sich herum. Selbst unter dem mattenartigen Vollbart, der übergangslos zu langen Haaren an seinen Schläfen wurde, konnte man das Stirnrunzeln und den kleinen Kniff im Mundwinkel sehen. „Das reicht, Jungens, hört auf,“ sagte er, zog die Schultern hoch, um seinen Mantel in Form zu bringen und beugte sich über die Stufen zu seiner Hütte, damit er die Tür öffnen konnte. Sofort wallte herrliche Wärme nach draußen, und das einladende Licht von Kamin und Laterne fiel in einem breiten Streifen über die kleine Treppe. „Kommt erstmal mit rein.“

Zögernd sanken die Beile wieder, während Peter aus wässrigen Augen mit ungläubig geöffnetem Mund zu Hagrid aufsah und dabei immer noch keuchte wie eine Lokomotive mit Asthma. Einander einen Blick zuwerfend, entschieden die übrigen drei Jungen, dass es wohl ernst gemeint war, erst recht, als der Wildhüter eine wischende Geste mit einer seiner riesigen Pranken machte und mit dem Kinn erneut in Richtung seiner Behausung deutete. „Na, kommt schon.“ Einer nach dem anderen legte das Werkzeug beiseite, und Sirius half Peter auf die Füße, bevor sie alle hineinschlüpften in die wunderbar warme Hütte von Rubeus Hagrid.

In einem tropfenden Pulk rotteten sie sich mitten im Raum zusammen, wollten weder die Teppiche versauen noch sich irgendwo hinsetzen, während Hagrid hinter ihnen herein kam und die Tür schloss. Das Heulen des fürchterlichen Windes erstarb augenblicklich, und die aufgeheizte Luft umgab sie von allen Seiten, so urplötzlich, dass ihnen die Ohren und die Finger schmerzten und das Blut in die Wangen schoss. Das tat weh, aber es war auch schön. Sich die Hände reibend, die Schultern anziehend, drehten und wandten sie sich vor dem prasselnden Feuerchen, während sich um ihre Stiefel herum eine zunehmende Pfütze bildete.

„Setzt euch! Na, setzt euch!“ forderte Hagrid auf und scheuchte die Jungen regelrecht vor sich her, bis sie sich endlich jeder einen Platz gesucht hatten. Direkt auf einer wunderbar weich geschliffenen Bank an der Seite des Kamins ließen sich Sirius und Peter nieder, und Remus und James griffen sich je einen Stuhl mit geschnitzten Lehnen. Das war schon ein tolles Häuschen, auch wenn es von außen nicht sehr viel her machte. Urgemütlich eingerichtet mit Quilts und Decken überall und schönen Kissen, alles eine Nummer größer als man es gewohnt war. Naja, Hagrid war nunmal kein kleines Kerlchen. In seinem Bett hätten sie alle quer nebeneinander liegen können, und am liebsten hätten sie das jetzt auch gemacht.

Kessel und Töpfe und Pfannen hingen von der Decke, gleich neben Trockenkräutern und einem ganzen Haufen ausgesprochen seltsamer Gegenstände. Remus hätte schwören können, dass es sich bei diesem Schwall aus fallendem Silber um Einhornhaar handelte, und was für Klauen er da in einem Bündel zusammengebunden hatte, darüber mochte man gar nicht nachdenken. Einfach schön war's hier. Aber im Moment konnten sie das alle nicht so richtig würdigen. Sich fest die vor Kälte schmerzenden Oberschenkel reibend, schmollte Sirius so heftig vor sich hin, dass man es wirklich schmauchen sehen konnte. Gleichzeitig zitterte der pummelige Junge neben ihm so entsetzlich, dass die ganze Bankaufflage wackelte.

Die Sorge in Hagrids dunklen Käferäuglein war wirklich rührend und so deutlich zu erkennen wie Blacks miese Laune. Er pellte sich aus seinem Mantel und schritt schon auf seinen Teekessel zu, bevor er ihn überhaupt aufgehängt hatte. Die armen Jungs! Ja, gut, sie hatten da was nicht richtig gemacht, aber das war grausam, in diesem schlimmen Januar-Sturm da draußen solche Arbeit verrichten zu müssen. Er mochte Professor McGonagall, sehr sogar, aber sie musste sich das Elend ja auch nicht ansehen. Auf eines der Regale greifend, angelte der Wildhüter nach vier von seinen enormen Tassen aus grobem Steingut und platzierte sie schon mal auf dem Tisch, um dann den rosafarbenen Regenschirm aus seiner hinteren Hosentasche zu ziehen und die Tülle der Teekanne damit zu berühren.

In James' und Remus' Rücken blitzte eine kurze Stichflamme auf, und schon dampfte der Kessel wunderbar, und es roch nach bestem Earl Grey. Die Augen schließend, nahm der Älteste einen tiefen Atemzug und fühlte sich fast wie im siebten Himmel, nur weil er bald diese herrliche Hitze trinken durfte. Hagrid brummte, fuhrwerkte herum und schaute sie dabei alle Vier aus den Augenwinkeln an. Seine Brauen kräuselten sich S-förmig und bewegten sich wie kleine Schlangen, und er brummte erneut, bevor er endlich den Mund aufmachte. „Hab' geseh'n, wie ihr die Jungs da oben fertig gemacht habt,“ sagte er, und jetzt schloss auch James die Lider. Nicht schon wieder so eine Standpauke. Sie hatten's begriffen, OK? Das nächste Mal irgendwo, wo es keiner sah.

„'N paar fabelhafte Sprüche dabei,“ fuhr Hagrid fort, begleitet vom Plätschern des ausgegossenen Tees, wie er die Böden ihrer Tassen traf. Noch immer rührte sich keiner von ihnen, antwortete oder bewegte sich auch nur. Die Nase fest in seinen Schal gedrückt, lugte Sirius verstohlen aus seiner Deckung hervor, und die eine Braue zog sich vorsichtig nach oben. Er war sich nicht sicher, ob er den Ton in Hagrids Stimme richtig gedeutet hatte. Ganz anders als bei den Lehrern hörte sich das an. Ruhig, freundlich, fast ein bisschen anerkennend. Und genau deshalb suspekt.

Das Klappern der Tassen hinter ihnen und das Poltern der abgesetzten Kanne konnte einem fast das Herz in der Brust hüpfen lassen vor Freude, und als der Wildhüter zu ihnen herum stromerte und jedem einen für sie fast kelchartig anmutenden Becher in die Hände drückte, unterdrückte keiner von ihnen das selige Seufzen. „Oh, vielen Dank, Hagrid! Du bist ein Weihnachtswichtel!“ lobte James zufrieden und wärmte sich die Hände, während Remus schon die irgendwie von Jahr zu Jahr prominenter werdende Nase tief im Inneren der Tasse versenkte und mit geschlossenen Augen zu nippen begann, egal wie heiß.
Offenbar gefiel dem riesigen Gastgeber dieser Vergleich zwar, aber er lächelte nur sehr schwach, bevor er zu seiner Ansprache zurückfand.

„So'n Feuerwerk hab' ich nich' mehr geseh'n seit ... ach, weiß' nich' ... 'm Ende vom großen Krieg damals!“ winkte er fast kichernd ab und schüttelte den Kopf, und nun war es offensichtlich, dass er ihnen nicht böse war. Augenblicklich zog Sirius den Kopf aus seinem Kragen und stemmte eine Hand in die Leiste, wie er sich aufsetzte und den Wildhüter direkter ansah, während Peter sich bequemer in die Ecke am Kamin fletzte. Innehaltend hörte Remus zu schlürfen auf und schielte über den Rand des Bechers hinweg, und James lehnte sich zurück und klemmte die Schulterblätter in die hohe Tischkante. „Gelbe Funken und rote Blitze und bumm!“ lachte Hagrid jetzt offen, und Tränen traten ihm in die Augen, wie er das ganze mit ausladenden Gesten kommentierte. „Wie blöd der Rosier-Jung dreingeschaut hat!“ Und er schüttelte wieder den Kopf und schlug sich auf den Bauch, bevor er sich selbst dazu zwang, damit aufzuhören. Das war nicht gut, er wollte den Vieren damit doch eigentlich was ganz Anderes sagen.

Sich räuspernd, wischte der offensichtliche Halbriese sich eine Lachträne von den roten Pausbacken. „Also, was ich eigentlich damit sag'n wollt', Jungs, is' ...“ begann er und fuchtelte ein wenig mit den Pranken herum, verlegen, um Worte ringend, und sie hörten gleich auf zu grinsen und einander zu zuzwinkern. Die meisten Leute begriffen das vielleicht nicht, aber Hagrid war nicht so dumm, wie viele dachten. Einfach gestrickt vielleicht und nicht besonders gebildet, mochte alles hinhauen. Aber er war kein Squib, das war jedem klar, und er hatte Erfahrung und seine ganz spezielle Art von Weisheit. Ihm nicht zu zuhören, war echte Dummheit.

Erneut holte Hagrid tief Luft und streckte einen seiner dicken Zeigefinger in ihre Richtung aus. „Großartige Jungs seid ihr, un' bess're Zauberer als ihr selber denkt,“ hielt er jedem von ihnen diesen Nagel unter die Nase, der größer war als die Innenfläche von Peters ganzer Hand, und keiner wusste so recht, ob man das als Kompliment verstehen durfte. Seltsam, sowas zu sagen zu vier Jugendlichen, die hier bei ihm waren, um eine Strafarbeit für einen schweren Regelbruch abzusitzen. „Aber ihr müss' aufpass'n, hört ihr? Nich' alles, was man selber gut findet, is' auch für Andere so!“ Der ihm am nächsten Sitzende Lupin runzelte schon die Stirn und grübelte, was er damit sagen wollte und wieso er das so wichtig fand. Und während Sirius noch die Nase ganz kraus zog, dämmerte es ihm schon. Ein kurzer Blick auf den merkwürdigen Regenschirm, den Hagrid offenbar zum Zaubern benutzte, ließ es ihn erahnen.

Darauf deutend, setzte Remus sich die Tasse auf den Oberschenkel. „Was hast du gemacht, Hagrid, dass du ...?“ Deinen Zauberstab in einem alten Damenschirm verstecken musst, wollte er sagen, brauchte es aber gar nicht. Wie sich James' Miene aufhellte und Sirius die eine Braue immer höher zog, war es ihnen auch klar, was er meinte. Der Wildhüter errötete so plötzlich und so mächtig, dass sein Kopf einem der vielen Kürbisse glich, die hinter ihm auf einem Brett zum Überwintern gelagert waren. „Das tut nix zur Sache,“ wehrte er nur ab, und sie stocherten nicht weiter nach. Das machte man nicht mit Hagrid. Dafür war er viel zu gutmütig und heute Abend wieder viel zu nett zu ihnen. Und außerdem reichte dieser Satz, um ihm seine Sorge glaubwürdig abzunehmen und nicht als „weisen Ratschlag eines Älteren“ hinzunehmen. Hagrid wusste, wovon er sprach, das war kein bloßes Gerede. Sie hatten ihn rausgeworfen. Peter schluckte so fest, dass es laut hörbar war.

„Nu', wie auch immer, Jungens, die Slytherins mögen's ja herausfordern, aber passt auf, was ihr macht! Das kann ganz schnell schief geh'n!“ ermahnte Hagrid erneut und schaute jedem von ihnen bestimmt in die Augen, bevor er sich selbst zunickte und wieder herum drehte, um sich ebenfalls einen Tee einzuschütten. Er mochte ein dickes Fell haben, aber ihm war es auch wirklich saukalt heute Nacht. Sirius schnaubte, und zum ersten Mal seit McGonagalls Anschiss vor mittlerweile gut vier Wochen, noch vor den Weihnachtsferien, sprach er offen darüber. „Die hatten's einfach verdient, Hagrid!“ kotzte er es sich regelrecht vor die Füße und erntete dafür zustimmendes Nicken von Seiten seiner Freunde.

Ohne sich ihnen wieder zu zuwenden, fuhrwerkte der Wildhüter weiter und schüttelte seine enggelockte Mähne dabei, wie er vor sich hin zu murmeln begann. „Is' ja vielleicht so, Sirius, is' ja so,“ raunte er sich in den Bart und hob überrascht die Brauen, als er die kleine Dose mit Krümelkandis fand, die er gesucht hatte. „Sind halt Slytherins.“ Das breite Grinsen auf Potters Gesicht konnte er leider nicht sehen, und Black schmollte immer noch viel zu sehr, aber Peter setzte sich polternd auf, und seine Augen strahlten richtig. „Warst du ein Gryffindor?“ fragte er ganz erstaunt, und endlich wurde der Wildhüter wieder etwas wacher. „Was?“ erwiderte er noch im Umdrehen und verstand dann doch, ohne dass sich jemand wiederholen musste. „Ja klar!“ Hagrid warf sich so stolz in die Brust, dass sie alle lachen mussten. „Bin immer noch einer!“ Und flinker als man es einem so riesigen Mann zugetraut hätte, war er bei seinem Bett, zog das Duvet zurück und offenbarte darunter einen ordentlich ausgebreiteten Schal in den Farben Rot und Gold. Die vier Jungen gröhlten begeistert.

„Aber sagt's keinem, ja?“ legte Hagrid sich einen Finger auf die Lippen und lächelte wie jemand, der in glücklichen Erinnerungen schwelgt. „Muss doch für die ganze Schule sein.“ Zwinkernd hob er den für ihn winzigen Deckel von seiner Zuckerdose und fischte den Löffel heraus, damit er seinen Tee süßen konnte. Dankbar für die Auflockerung und schon wesentlich aufgewärmter und damit agiler, rutschten die Jugendlichen auf ihren Sitzen herum, und die Knochen taten längst nicht mehr so weh wie das Ego. Rubeus Hagrid war ein Gryffindor! Und zwar einer, der die Regeln gebrochen hatte, ohne Rücksicht auf Verluste! Das machte ihn zu einem von ihnen. Alles andere zählte nicht für die Rumtreiber.

Und deshalb fühlten sie sich vollkommen sicher bei ihm und hielten sich nicht mehr zurück, und ohne groß darüber nachzudenken, begann Sirius Black ein Gespräch, das sie sonst nur in dem kleinen Wachraum an der Stiege so offen geführt hätten. „Ich wünscht', ich hätt' Avery seine dümmliche Visage richtig polieren können!“ grollte er und schlug sich mit der geballten Faust in die andere Hand. Seine Freunde brummten zustimmend und nickten. „Ihr hättet den sehen sollen, wie dreckig der gegrinst hat, als er mit seinem Alten bei uns im Foyer stand.“ So düster wurde der ganze Ausdruck von Sirius, so zum Sprung bereit seine Körperhaltung, dass jeder von ihnen das mitfühlen konnte. Gänsehaut bekam man davon. Und trotzdem grinste Black mit einem Mal. „Hat sich aber wohl nicht getraut, mich zu verpfeifen beim guten Sidonius,“ spielte er auf den älteren Mr. Avery an. Heiseres, schadenfrohes Gelächter erfüllte die Runde, und Hagrid summte vor sich hin, beschäftigt mit dem Zucker.

Klar hatte Dragomir zuhause nichts gesagt von diesem Gefecht da oben vor dem Quidditch-Feld. Dann hätte er ja auch erklären müssen, wieso er nicht einmal einen Impedimenta-Zauber abwehren konnte, und dass er diese hübsche Platzwunde hatte, weil er mit erstarrten Beinchen umgekippt und auf die Fresse gefallen war. Und das war ihm offenbar unangenehmer als der Verzicht auf ein Gespräch von Vater zu Vater, bei dem Sirius extrem schlecht weggekommen wäre. Schade nur, dass es eh Briefe nach Hause gegeben hatte und O.A.B. nur unwesentlich auf die Tatsache reagiert hatte, sein Ältester hätte mal wieder richtig Mist gebaut. Eine Genugtuung, trotz dieser absolut heftigen Strafe.

Trotzdem: Sirius hätte sich übergeben können. Murrend schlug er sich auf das eigene Knie und schüttelte die vom Schnee nassen Locken aus. „Die ganze verfluchte Todesser-Baggage sollte man in der Themse ertränken!“ befand er, worauf die anderen auf das nächstbeste Holz klopften und einstimmig „yo-ho!“ ausriefen. „Obwohl der arme Fluss doch echt nichts dafür kann,“ fügte Black an und grinste von einem Ohr zum anderen, und in dem Moment fiel die Zuckerdose zu Boden, und der winzige Deckel zerschellte an einer Diele, wie sich der braune Kandis über den Teppich verteilte.

Ganz erschrocken richtete sich jeder von ihnen auf, Peter rutschte aus der Ecke an die Kante heran und stützte sich auf der Bank ab, und der kippelnde Stuhl von James knallte auf den Boden zurück. Merlins Bart, hatte der sie erschreckt! Aber als sie ihn ansahen, türmten sich gleich ihre Brauen auf, denn der ach so riesige Hagrid, dem sicherlich nichts und niemand auf dieser Welt Angst machen konnte, hatte ganz große Augen, und die winzigen Äderchen auf seinen vollen Wangen platzten fast. „Wo habt ihr das Wort her? Jungens, woher habt ihr das?“ stammelte er völlig außer sich und schüttelte dabei den ganzen Oberkörper. Irritiert, aber ganz unbeeindruckt, zuckte Sirius mit den Schultern. „Woher hast du's denn?“

Hagrid reagierte darauf gar nicht. Vielmehr verunsicherte ihn diese Gegenfrage so sehr, dass er ganz durcheinander zwischen dem angerichteten Malheur auf dem Boden und den so ruhig dasitzenden Kindern hin und her starren musste und sich mal in die eine, mal in die andere Richtung bewegte, als könne er sich nicht entscheiden, was nun zuerst erledigt werden musste. „Jungens,“ keuchte er regelrecht und raufte sich die Haare, „das is' gefährlich sowas, das dürft' ihr gar nich' wissen!“ Und endlich kriegte er es hin, sich hinzuknien und mit einer Hand den Berg aus Zucker aufzuschaufeln.

Die Lippen schürzend, zuckte Sirius zuerst die Achseln und gab ein kleines, ungerührtes Prusten von sich. Längst hatte Pettigrew sich wieder zurückgelehnt, und Remus hatte sich vorgebeugt, so weit, dass James halb auf den eigenen Beinen liegen musste, um Hagrid ebenfalls ansehen zu können. So erschrocken, wie der Wildhüter über ihr Wissen war, so überrascht waren sie doch von seinem. Interessant. „Ich bin ein Black, Hagrid, die rennen bei uns ständig rein und raus,“ erklärte er, wieso gerade er so locker damit umging, und der Halbriese stieß sich heftigst den Kopf an dem massiven Tisch, so sehr, dass er ihn glatt von den Dielen abhob. Zischend rieb er sich die Stelle und ließ Zucker eben Zucker sein, um statt dessen lieber seine kleinen Augen auf Sirius zu richten.

„Hast' welche von denen gesehen?“ erkundigte er sich, der Geistesblitz über seinem schmerzenden Schädel fast sichtbar, und der junge Mr. Black nickte augenblicklich. „Reichlich!“ Keine Skrupel, Hagrid davon zu erzählen. Wieso auch nicht? Die Todesser wussten, dass er ihre Gesichter kannte. Wäre das gutmütige Halbblut hier einer von denen gewesen, hätte er das zu diesem Zeitpunkt längst gewusst. Und niemand spielte so überzeugend den Überraschten. „Kreuzdonnerwetter, Sirius!“ fluchte der Wildhüter und verfiel sofort wieder in dieses abwesende Murmeln, dieses laute Denken, das man von ihm so gut kannte. Nur dieses Mal hörte ihm jemand zu.

„Müsst' es mir aufschreiben, vergess' es sons' gleich wieder,“ brabbelte Hagrid leise zu sich selbst und klopfte sich auf beide Taschen seiner braunen Weste, während er auf den Knien rückwärts rutschte, um unter dem Tisch hervor zu kommen. Mit einer hochgezogenen Braue warf James einen fragenden Blick in die Runde, aber Peter präsentierte nur ideenlose offene Hände, während Sirius den Mund verzog und Remus nicht einen Muskel zucken ließ. „'S wär' so wichtig, sie zu kennen,“ fuhr der Gastgeber fort und suchte immer noch fieberhaft nach einem Stück Pergament und irgendwas, mit dem man Schreiben konnte, aber das war bei ihm wohl nicht gerade Alltagsgegenstand. „'S wär' unschätzbar für den Orden.“

James grinste. Eine reine Augenweide, den Jäger Lupin zu beobachten, der Informationen jederzeit erkannte und sofort die Spreu vom Weizen trennte. Und sobald dieses letzte Wort gefallen war, schnappte seine Falle zu. Er hatte gleich erkannt, welchen Wert das für sie hatte, was Hagrid da soeben unabsichtlich offenbart hatte. Die linke Braue zuckte dreiecksförmig hoch, und er öffnete mit einem lauten Geräusch den Mund, bevor er einatmete und den Wildhüter aus seinen Gedanken riss: „Welcher Orden, Hagrid?“

Nicht mehr nur erschrocken, richtiggehend entsetzt, hörte der Halbriese auf zu atmen und verharrte stocksteif wie soeben an allen vier Gliedmaßen angewurzelt. Die Augen quollen ihm regelrecht über, wie er die Kiefer zusammenpresste unter dem buschigen Bart und wie ein gehetztes Tier beiseite schaute, als habe man ihn bei was Unanständigem erwischt. „Hätt' ich doch bloß nichts gesagt,“ murmelte er zu sich selbst und überlegte so fieberhaft, wie er sich heraus reden könnte, dass er es nur noch schlimmer machte. „'S gibt keinen Orden, Jungs, Dumbeldore würd' doch sowas nie machen und ...“ Er merkte es beinahe genau so schnell wie die vier Jugendlichen, die sich leise kichernd in ihren Sitzen zurecht rückten. „Dumbledores Orden, also, ja?“ hakte Remus sofort ein, und Hagrid fuhr sich durch das mit einem Mal schweißnasse Gesicht. „Ach, hätt' ich doch nichts ...“

Zu spät. Er hing schon mittendrin, und er hatte keine Ahnung, in was für einer Situation er wirklich steckte. Wohlweislich hielten Black, Potter und Pettigrew den Mund und überließen das Verhör ganz allein ihrem Ältesten, der um diese Uhrzeit einen so deutlichen Bartschatten hatte, man hätte ihn glatt für eine erwachsenere Ausgabe von sich halten können. „Seh' ich das richtig, Hagrid: Dumbledore hat einen Orden gegründet gegen die Todesser?“ Alles andere machte keinen Sinn. Und so schön, wie der riesige Mann da vorn auf seinem einen Knie davon errötete, hatte er ihn voll am Wickel. Und es bestätigte so viel mehr von ihren Theorien: Voldemort war wirklich eine Gefahr. Das war kein Hirngespinst von ihnen, keine Fata Morgana, kein Abenteuermärchen, das sich ein paar Jungen in ihrem Internatszimmer ausgedacht hatten. Denn Dumbledore formierte Widerstand. Dumbledore, der den Dunklen Zauberer Grindelwald zur Strecke gebracht hatte. Vor Aufregung schlugen ihnen allen die Herzen bis zum Hals.

„Bitte, Jungens, ich hab' euch davon nix erzählt, er wär' so enttäuscht von mir!“ jammerte Hagrid ganz herzzerreißend und faltete die Hände wie zum Gebet, aber Remus ließ nicht locker. „Dann sag' uns die Wahrheit, Hagrid! Was ist das für ein Orden?“ trommelte er ungeduldig auf der Tischplatte herum und sah ihn so fordernd und fast strafend an, dass er ihnen glatt leid tun konnte. Fast quietschend vor Unbehagen, dachte Hagrid einen Moment lang nach, wobei seine Augen von links nach rechts und wieder zurück kullerten, und dann raffte er sich auf und schaute sich vorsichtig nach allen Fenstern um. Nichts und niemand zu sehen, außer dem fallenden Schnee und dem heulenden Wind.

„Der Orden des Phönix,“ flüsterte er geheimnisvoll und wiederholte diese Geste der Vorsicht, sich einen Finger auf die Lippen legend. „Ja, Dumbledore hat ihn gegründet, um gegen Lord V ... na, gegen diesen Kerl halt vorzugehen.“ Ein zufriedenes Grinsen breitete sich in Remus' Gesicht aus und sprang auf die Mienen seiner Kameraden über wie ein Leuchtfeuer. „Wer ist da Mitglied?“ schaltete Sirius' Neugierde sich nun ein, und er sprach so leise, dass seine gebrochene Stimme sich überschlug. Sogleich winkte Hagrid ab, und sie waren sich nicht sicher, ob er es wirklich nicht wusste, oder es sich einfach nicht merken konnte. „Das kann ich euch nich' sagen! Wir sammeln bloß alles, was wir hör'n, es is' ja noch gar nix richtig passiert!“ Wenn er vor ihnen auf dem Boden kniete, waren sie auf einer Höhe mit ihm, und das war schon ein merkwürdiges Gefühl.

Wieder bis an die Kante der Bank vorgerutscht, beugte Peter sich vor, und sein Gesicht brannte regelrecht vor Eifer. Wie er sich das so anschaute, musste James darüber lächeln. Es kam nicht oft durch, aber diese Augenblicke bestätigten immer wieder, wieso der schreckhafte Pettigrew ins Haus von Gryffindor gehörte. „Wir können helfen, Hagrid, wir wissen ganz viel!“ bot er ihm genau das an, was sie alle dachten, und jeder von ihnen nickte hastig und bestimmt. Erschrocken Luft einsaugend, schüttelte Hagrid den Kopf. „Nein nein, das könnt' ihr nich'! Das is' viel zu gefährlich!“ weigerte er sich, dieses Angebot anzunehmen, und Sirius prustete abschätzig und fast beleidigt. „Wir können auch kämpfen, du hast es selbst gesehen und gesagt!“ erinnerte er an den Anfang dieses Gespräches, doch das wurde Hagrid zu viel.

Sich aufstemmend und sie damit wieder um fast ihre eigene Körpergröße noch einmal überragend, hob er die offenen Hände. „Nix da könnt' ihr! Das lasst ihr ma' schön bleib'n! Ihr seid Kinder!“ polterte er los und schaute sie nicht mehr an. Wie konnten die nur sowas sagen? Wie konnten die sowas überhaupt nur denken? Dass Dumbledore 14jährige Jungs in den Orden des Phönix aufnahm? Niemals, sowas! Aber die Antwort gefiel ihnen nicht, und sie gaben nicht klein bei. Das hätte er ahnen müssen. Und dennoch war er mehr als erstaunt, denn es war nicht Sirius Black, der aufmuckte, und es war nicht James Potter, der einen kühlen Kommentar abgab, und nicht Peter Pettigrew fiepste im Protest. Sich zu voller (und für einen reinen Menschen mittlerweile recht stattlichen) Größe aufrichtend, schlug Remus Lupin mit der flachen Hand auf den Tisch. „Ich werde in weniger als zwei Monaten volljährig, Hagrid!“

Der Halbriese hielt inne. Merlins Bart, das hatte er vergessen. In Gegenwart seiner jüngeren und unreiferen Freunde verhielt sich Remus wie einer von ihnen. Aber er war älter. Und seine Augen hatten diesen Glanz, den Hagrid selbst bei Leuten gesehen hatte, die vom Schlachtfeld zurückgekehrt waren. Tief einatmend, drehte er sich herum und beugte sich zu dem jungen Mann herunter. „Zieh' deine Freunde da nich' in was rein, was zu groß für sie is', Remus, du tus' ihn' damit kein' Gefall'n,“ schüttelte er vorsichtig den großen Kopf. Lupin erwiderte seinen Blick, ohne mit der Wimper zu zucken, denn er wusste bereits, was auf eine solche Bemerkung hin geschehen würde.

Von beiden Seiten wurde es wärmer, wie James sich an seiner rechten Schulter vorbeizwängte und den ganzen Arm um ihn schlang, und von der anderen berührte Peter seinen Rücken mit einer Hand, während Sirius den Platz an seinem linken Oberarm einnahm. „Er zieht uns in gar nichts rein,“ stellte Black vollkommen sicher fest, und Hagrid konnte kaum glauben, wie ungeheuer abgebrüht diese dunklen Augen dabei matt glänzten. Eine Mauer. Er hätte fast bitter gelacht. „Tapfere Jungens seid ihr, aber ihr wisst nich', wie das is'.“ Sein flüsterndes Brummen ging in Heiserkeit über, und dennoch blieben sie völlig ungerührt, alle Vier.

„Wir wollen dabei sein. Wir wollen kämpfen,“ erklärte ausgerechnet der kleine Pettigrew, und der Wildhüter konnte ihren Blicken kaum standhalten. „Das ist unsere Zukunft, Hagrid,“ sagte Remus und faltete die Arme vor der Brust, und James nickte und ergänzte: „Und die unserer Kinder.“ Mit einem verzweifelten Geräusch sackte der Halbriese rückwärts auf einen Stuhl und seufzte. Sie hatten recht. Wie konnte man es ihnen abschlagen? Aber sie waren zu jung, viel zu jung und unbeschwert um zu begreifen, was sie da verlangten, auf was sie da zusteuerten. Das war kein Spiel. Und trotzdem sagten ihm ihre Augen, dass ihnen das vollkommen bewusst war.

„Es geht nich',“ versuchte es Hagrid ein letztes Mal. „Ihr könnt' nich' kämpfen, es geht nich'.“ „Aber wir können helfen,“ widersprach Remus erneut, und noch bevor der Wildhüter etwas sagen konnte, zückte er ein gebundenes schwarzes Büchlein aus seiner Innentasche, öffnete gezielt und weltmännisch wie ein Verkäufer seine Produktliste eine bestimmte Seite und legte den aufgeschlagenen Rücken mitten auf den Tisch. Mit einer fast eleganten Bewegung drehte er das Buch herum und schob es Hagrid entgegen, und die Käferaugen wurden immer größer mit jedem gelesenen Wort. Da prankte eine vollständige Liste all jener, die irgendeines der Treffen im Hause Black oder im Eberkopf besucht hatten, sogar die markiert, deren linker Unterarm bereits tätowiert war.

Mit offenem Mund und glitzernden Hornhäuten starrte Hagrid die kleine Schar vor sich an, und sie wussten, dass sie gewonnen hatten. Auf jedes Gesicht huschte ein triumphierendes Lächeln, und zufrieden nickte Remus Lupin mit immer noch vor der Brust verschränkten Armen.


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Nur manche Wortspiele lassen sich nicht eins zu eins übertragen, aber das ist bei anderen Übersetzungen genauso.
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