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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Bommelmützen-Snape

von Teekon

Das Lachen von so vielen Kindern hallte von dem steilen Hang wider und prallte auf der anderen Seite gegen die hoch aufragenden Außenwände der Tribüne und von dort wieder zurück. Wie in einer riesigen Höhle schallte es dadurch und vervielfachte sich zu einem unglaublich schönen und fröhlichen Konzert. Die letzten Tage vor den Weihnachtsferien, die Hausaufgaben erledigt, die Zwischenprüfungen in weiter Ferne, wo die Feiertage dazwischen lagen, und dabei Unmengen von feinem, bestem Neuschnee weit und breit.

Die Bäume des Verbotenen Waldes bogen sich unter der Last, und die einzelnen Äste waren kaum zu erkennen, so dicht gefallen war die weiße Pracht. Die Wiesen und Felder der Umgebung strahlten in unberührtem Glanz, während rund um das Schloss alles aufgewühlt und verwirbelt war, wo die Schülerinnen und Schüler ständig hindurch stoben. Die Zinnen und Dächer von Hogwarts glitzerten wie von tausend winzigen Diamanten besetzt, wenn die schwache Wintersonne darauf fiel, und Professor McGonagall lächelte selig und seufzte, wie sie sich das Schauspiel aus ihrem hohen Turmfenster betrachtete.

Wie kleine Käfer oder Ameisen tobten die Kinder durch die Senke hinter der Gewächshäusern, bauten Schneemänner und gruben sich regelrechte Höhlen in die Verwehungen, während die etwas raueren Exemplare Wälle aus Schnee errichteten und sich dahinter verschanzten. Ganze Berge von aufgetürmten Schneebällen hatten sie sich zurecht gelegt. Wie Munition auf einer karibischen Trutzburg schaute das aus, von woaus sich das Commonwealth gegen Piraten verteidigte, und genau solchen Lärm veranstalteten sie auch dabei. Ihre Tasse Tee in der Hand, schüttelte die Hauslehrerin von Gryffindor ganz verzückt den Kopf und seufzte schon wieder, bis mit einem lauten Knall ein mindestens faustgroßer Ballen matschig-weichen Schnees mit voller Wucht gegen die Scheibe donnerte. Erschrocken hüpfte sie einen Schritt zurück und hielt sich die Brust, bevor sich ihre gestrengen Brauen zusammenzogen und sie entsetzt näher an das Fenster heran trat, um den Übeltäter eventuell noch zu Gesicht zu bekommen.

Von einem der kleineren Erker in den unteren Stockwerken rieselte feiner Pulverstaub hinab und genau in den winzigen Spalt zwischen ihrem Schal und der Robe, und Lily Evans fröstelte und schüttelte sich und versuchte, den Schnee so rasch wie möglich zum völligen Schmilzen zu bringen, bevor er in ihre Bluse oder noch tiefer rutschen konnte. Ui, das war unangenehm gewesen! Und trotzdem kribbelte es herrlich, und das Mädchen musste kichern, bevor sie sich wieder ihrem Buch widmen konnte. Auf einer vergänglichen, niedrigen Bank hockte sie direkt an dem Steilhang, der zur Burg hinauf zog, und links von ihr begann eine breite Spur, den üblichen Weg hinauf zu den Gewächshäusern und dahinter weiter zu einem der Seiteneingänge zu ziehen. Hier hatte sie sich niedergelassen, um ein wenig zu lernen, mit dem Rücken gegen den Hügel gelehnt, der an dieser Stelle beinahe senkrecht nach oben wies.

Drinnen wäre es zwar warm gewesen, aber die Luft war heute so klar und rein und schön, und es roch so fantastisch nach Schnee und eisiger Kälte. Außerdem war die Aussicht von hier einfach fabelhaft: Der zugefrorene See blinkte regelrecht, als wäre er mit unzähligen kleinen Lichtern bestückt wie sie in Muggelstädten nun in allen Fenster hingen. Und obwohl es heute dicht und tief bewölkt war und der weitere drohende Niederschlag schon so deutlich am Himmel prankte, war es nicht so furchtbar kalt, wie man es erwarten konnte. Es wehte kein schneidendes Lüftchen, und einfach nur gut eingepackt in einen warmen Mantel da zu sitzen und die Nase in den Gryffindor-Schal zu stecken, reichte vollkommen aus. Viel schöner als drinnen in der überfüllten und stickigen Bibliothek oder im überheizten Gemeinschaftsraum, in dem man keinerlei Ruhe finden würde.

Das aufgeschlagene Buch auf den ausgestreckten Beinen liegend, versuchte Lily, sich wieder in die Geheimnisse der Arithmantik zu vertiefen, die ihnen Professor Gauß für die Ferien aufgegeben hatte, und dennoch klappte es nicht so richtig. Es machte nichts, es hatte Zeit, und es gab keine Eile, aber ein wenig irritierend war das schon für eine so gute Schülerin wie sie. Aber es ging eben nicht. Denn überall rannten Schüler herum, duckten sich, wichen aus oder hielten inne, um selbst zu werfen, und in dem Moment kreischte Peter Pettigrew in einer solch eindringlichen Lautstärke und markerschütternder Frequenz, dass das Mädchen eine Gänsehaut bekam. Wahnsinn. Nicht mal Emmeline oder Falda konnten solche Töne von sich geben. Sie grinste und warf einen vorsichtigen Seitenblick unter den herabhängenden roten Haaren hervor, um nicht allzu sehr aufzufallen. Ein potentielles Opfer sollte sich möglichst still verhalten.

Die vier unzertrennlichen Jungs aus ihrem Haus hatten es sich natürlich nicht nehmen lassen, ebenfalls hier draußen zu sein und sich maßgeblich an umherfliegenden Geschossen zu beteiligen. Dass Sirius überhaupt noch etwas sehen konnte mit seinen ohrlangen Haaren im Gesicht, die er sich partout nicht zusammenbinden wollte, war ein reines Wunder. Und die Brille von Potter war total beschlagen. Wie ein Maulwurf krabbelte er gerade hinter einen besonders voluminösen Schneemann, um sich dahinter zu verstecken und erstmal für freie Sicht zu sorgen. Und während Pete mit Schwung ein wenig weiter kugelte, um wenigstens auf dem Hintern zu landen und aus eigener Kraft wieder aufstehen zu können, stemmte Remus sich keine 10 Yards von ihr entfernt in die Knie und holte keuchend und lachend Luft.

Das Lächeln, das von Lilys Lippen ausgehend über ihr ganzes Gesicht kroch, strahlte heller als die Sonne auf dem hohen Wetterhahn vom Turm von Gryffindor, und das Buch war vollends vergessen. Seine nun wieder (für einen Zauberer) sehr kurz geschnittenen Haare waren ganz durcheinander und standen in alle Richtungen ab, und die sonst so blassen Wangen glühten vor Anstrengung, dass ihm die Augen glitzerten. Dabei zu zusehen war wie Weihnachten und Geburtstag auf einmal, und sie bekam gar nicht mehr mit, wie jemand den ausgetretenen Pfad von den Gewächshäusern herunter geschlendert kam, so vertieft war sie in ihre Beobachtung.

Wie ein nasser Sack, der einem Bauarbeiter von der Schulter gefallen war, plumpste Severus Snape halb in ihr Blickfeld auf ihrer rechten Seite, packte sich die mitgebrachte Tasche dabei auf den Schoß und schnaubte unzufrieden. „Sag' jetzt ja nichts,“ mahnte er, noch bevor er sie überhaupt begrüßte oder sie einen einzigen Blick auf ihn geworfen hatte. Nur mit einem Ohr hatte das Mädchen ihn gehört, aber dieser Satz war so ungewöhnlich, dass sie darauf einfach reagieren musste. Die Brauen ineinander schiebend, riss Lily sich los und wandte sich ihrem Grundschulfreund zu. Und egal, worum er sie gebeten hatte, das konnte niemand übersehen! Es war absolut unmöglich, auch wenn man komplett taktvoll war, sich dazu nicht zu äußern.

Augenblicklich brach Lily in schallendes, hohes Gelächter aus und deutete mit einem ihrer behandschuhten Fingerchen auf Severus' Kopf. Es war nicht drin, sich gleichzeitig eine Hand vor den Mund zu halten, um nicht ganz so laut zu sein, und sich den Bauch zu reiben, weil es so weh tat vor Lachen. Severus hockte im Schnee und verzog genervt den Mundwinkel, eine Braue so weit hochgezogen, dass sie unter den Haaren verschwand. „Wirklich sehr witzig,“ meinte er nur murrend und beförderte den unteren Rand dieser einmaligen Kopfbedeckung noch etwas tiefer in seine Stirn. Vielleicht erkannte man ihn so wenigstens nicht sofort. Vergebliche Liebesmüh.

Auf dem schmalen, länglichen Kopf von Severus Snape thronte eine grob gestrickte, silber-grüne Wollmütze mit einem ungeheuer fusslig-fransigen Bommel genau oben drauf, schon ausgeleiert und leicht abgeknickt, was ihm den Eindruck eines zusammenbrechenden Baumhauses verlieh. In Verbindung mit dem griesgrämigen Gesichtsausdruck und der langen Hakennase zwischen den dunkel funkelnden Augen des 14jährigen schaute das einfach unglaublich verrückt aus. Es passte vorne und hinten nicht zusammen, und der perfekt geteilte Mittelscheitel, der zwei gardinenartige Ecken pechschwarzen Haares zwischen Stirn und Ohren hervorlugen ließ, erhöhte den Amusement-Faktor noch. Ein Bild zum Schießen! „Oh, mein Gott, Sev!“ kreischte Lily regelrecht und kugelte ein wenig rückwärts.

Knurrend reckte Snape das Kinn weit vor und biss sich auf die Zunge, schnaufte so heftig, dass sich eine Wolke aus kondensierendem Atem vor seinem Gesicht bildete und schlug mit einer Hand auf den Deckel seines Lederranzens. „Mir ist kalt, OK?“ erklärte er gereizt und konnte nicht fassen, wie ungeheuerlich das Mädchen lachte. „Meine Mutter hat sie mir geschickt, und ich habe nunmal nur die eine und ... Lily!“ protestierte er jetzt laut und ärgerte sich darüber, dass ihr Name keine Abkürzung für irgendetwas richtig Langes und Schreckliches wie Lieselotte oder Lillemor war, mit dem man ihr anständig hätte übers Maul fahren können. 'Lily' war nicht gerade sehr eindrucksvoll, wenn man strafend klingen wollte.

Nach Luft japsend, kämpfte sie damit, sich wieder gerade hin zu setzen und ihr Buch aufzusammeln, dass ihr herunter in den Schnee gefallen war, und sie hob abwehrend eine Hand, so gut das in dieser Situation ging. Sich räuspernd unterdrückte sie krampfhaft ihr Lachen und machte daraus ein schrecklich niedliches Kichern, wie sie sich eine Faust vor den Mund hielt und sich auf die Lippe biss. „Sie ist,“ fing sie an, konnte nicht und prustete, und Severus stöhnte genervt auf. „Sie ist wirklich,“ es ging einfach nicht! Es sah so unglaublich bescheuert aus und passte so überhaupt nicht zu dem schlacksigen, ernsten Slytherin, und trotzdem irgendwie ... Lily streckte eine Hand aus und schlug vorsichtig an den Bommel, worauf er schon rückwärts zuckte, und dann zupfte sie am Stirnbund. „Wirklich süß, Sev.“

Augenblicklich verpuffte sein Zorn, und so etwas wie Röte schoss ihm in die immer irgendwie hohlen Wangen. Snape murrte nur noch sehr leise und senkte rasch die Augen und das ganze Gesicht, damit sie nicht sehen konnte, wie verlegen er davon wurde, und sacht, aber bestimmt, wischte er ihre Hand von seiner Schläfe. OK, ja, das Ding machte ihn komplett lächerlich, und jeder würde ihn damit verarschen bis ans Ende seines Lebens, aber vielleicht war die Mütze doch gar nicht soooo schlimm.

Genau wissend, wie sehr ihn solche Sachen verunsicherten, lächelte Lily nur ein wenig und widmete sich wieder ihren Berechnungen zum Thema Pottasche und Soda, und Severus drückte zufrieden und dankbar die Lippen zusammen, bevor er sich selbst ein Buch aus seiner Tasche angelte und sich darin vertiefte. Es gab nicht viele Leute, die überhaupt so etwas zu ihm gesagt hätten. Seine Ma vielleicht, wenn sie in Stimmung dafür war und es ihr ausnahmsweise mal einigermaßen gut ging. Das wurde immer seltener, und er war ja auch nun ein bisschen zu alt dafür. Und es existierten noch weniger Menschen, die auch seine Reaktion verstehen konnten und sich, ganz problemlos, ohne große Worte und ohne irgendwelche Bekehrungsversuche entsprechend verhalten konnten. Lily kriegte das hin. Ohne zu zögern. Und immer wieder.

In bester Gesellschaft steckten beide, das Mädchen aus Gryffindor und der Junge aus Slytherin, ihre Nasen zwischen die Seiten und lasen so konzentriert, wie das bei dem derzeitigen Umfeld möglich war. Überall rannten andere Schülerinnen und vor allem Schüler herum, und es war wirklich kaum zu erklären, wieso sich die verschiedenen Grüppchen nicht ständig gegenseitig in die Quere kamen. Ein paar Kameraden von Snape aus den Verließen grüßten kurz, bevor sie sich wieder mit Schneebällen beschäftigten, nicht ohne die Stirn zu runzeln und angewidert die Oberlippe hoch zu ziehen, wenn sie so das Mädchen neben ihm betrachteten, aber Severus bekam das gar nicht mit und schaute auch kaum auf, wie er nur eine Hand hob und sowas wie „hallo, Dom“ in Richtung Wilkes murmelte. Das giftige Zungerausstrecken übernahm Lily ganz allein.

Es begann wieder leicht zu schneien, und große, dicke Flocken, denen man die Sternform beinahe so schon ansehen konnte, segelten in Abständen aus den tiefhängenden Wolken herunter. Schön war das, und das Licht bekam davon einen angenehm grauen Charakter, und die Geräusche wurden davon abgedämpft. Das 14jährige Mädchen merkte gar nicht so richtig, wie sie immer mehr abdriftete von ihren Formeln und Aufgaben, und sich statt dessen den fliegenden Wundern zuwandte. Und selbst die konnte sie gar nicht so richtig sehen, wie sie mit dem Anhänger ihrer Kette spielte und Löcher in die Luft starrte.

Severus grinste schwach, sobald er das aus dem Augenwinkel wahrnahm, und er richtete sich auf.
Ohne ein Wort beugte der Junge sich zu ihr herüber und hob fragend eine Augenbraue. Auch ohne dass er es aussprechen musste, konnte sie durchaus begreifen, worum es ging. Aufschreckend schüttelte Lily sich ein wenig und erwiderte diesen Blick mit genau so wenig Antworten darin. „Bist ein bisschen neben der Spur,“ bemerkte Severus und unterdrückte das erneute Grinsen, so gut er konnte. Klar war ihr das peinlich, und sie bekam ganz leicht roséfarbene Wangen, was nicht an der zunehmenden Kälte des Nachmittags lag.

Vorsichtig nickend senkte sie die hübschen grünen Augen wieder auf die Seiten ihres Buches. „Ja, irgendwie schon,“ bestätigte sie achselzuckend, aber er biss sich auf die Lippe und schaute ihr etwas aufmerksamer ins Gesicht. „Ziemlich oft in letzter Zeit.“ Das war ihm schon aufgefallen, und sicher nicht nur ihm, wie häufig Lily neuerdings den Faden verlor und ganz durcheinander war.

Ach herrje, musste er sie denn wirklich darauf ansprechen? Den Kopf herunter ziehend, bis sie mit den Ohren an ihren Schal stieß und dabei aussah wie eine Schildkröte, die sich erschreckt hatte, verbarg Lily so viel von ihrem Gesicht wie eben möglich. Das stimmte schon, da hatte er recht. Und wenn er sie jetzt fragen würde, woran das lag, würde sie ihm kaum noch ausweichen können. Dazu kannte Severus sie zu gut, als dass er ihr eine Lüge würde abnehmen können. Und eigentlich war sie sich gar nicht so sicher, ob sie ihm nicht die Wahrheit sagen wollte. Die Entscheidung wurde ihr abgenommen, als ein enormer Schneeball mitten in der Falz von „Theophrastus Bombastus von Hohenstein und seine Theorien“ landete und spritzend auseinander brach.

Noch bevor das Mädchen mehr tun konnte als die Hände von sich zu strecken und die Augen zu schließen, brüllte eine wohlbekannte Stimme ein „Tschuldigung! War keine Absicht!“ über die Wiese und klang dabei alles andere als ehrlich, und während sich bellendes Lachen dazu gesellte, schüttelte Lily sich die eisigkalten Tropfen aus halb geschmolzenem Schnee aus dem Gesicht. Genauso geschockt wie sie, vergaß Severus fast, ihr ein sauberes und trockenes Taschentuch zu reichen, mit dem sie sich abwischen konnte, was sie dankend annahm und dann endlich ihr empörtes „Potter, du Holzkopf!“ zurück kreischen konnte. War ja klar. Wer sonst sollte sowas fertig bringen?

Snape drehte sich zu den spielenden Jugendlichen herum und funkelte den bebrillten 14jährigen dort hinten böse an, doch der bekam das schon gar nicht mehr mit, weil er sich bereits den Vorbereitungen für seinen nächsten Schlag widmete. Angeätzt grunzte Severus und schüttelte den Kopf, und er konnte nur zustimmen, als Lily hinter ihm „der wird immer bescheuerter“ murmelte. „Wem sagst du das?“ seufzte er und erhaschte aus dem Augenwinkel eine weitere Szene auf dem provisorischen Schulhof von Hogwarts.

Auch das Mädchen aus seiner Heimatstadt neben ihm hatte das selbe bemerkt, und bereits genug in Rage über gedankenlose Rowdies rollte sie mit den Augen und stopfte sich zornig das Taschentuch in den Mantel, das eigentlich Severus gehörte. „Na, deine Freunde sind da auch nicht viel besser,“ meinte sie mit einem Kopfnicken in Richtung von Wilkes, Rosier, Mulciber und Avery, die gerade einen kreischenden und strampelnden Erstklässler professionell einseiften. Na gut, da mochte sie recht haben. Das ging wirklich etwas zu weit, befand auch Snape und atmete lang und forciert aus. Wenn er das auch normalerweise nicht zugegeben hätte. Der Kleine schrie vor Schmerzen und wehrte sich mit Händen und Füßen, aber die Jungs lachten bloß und hielten jeder ein Bein oder zwei Arme fest, während der Vierte im Bunde mehr Schnee herbeischaufelte. Trotzdem: Severus hatte keine Lust, jetzt dazwischen zu gehen und sich damit den Abend zu versauen.

Die Achseln zuckend, faltete der 14jährige seine langen Beine unter dem Körper. „So sind sie halt,“ resignierte er und wandte sich von dem Anblick ab. Aber für Lily war das Thema offenbar weder erledigt noch hatte sie vor, sich wieder ihrem Buch zu zuwenden. So unruhig wurde sie mit einem Mal, rutschte richtig im festgetretenen Schnee herum und mahlte mit den Kiefern, wie sie ihre kupferroten Brauen ineinander schob und sich ein wenig herumdrehte, damit sie Severus besser ansehen konnte. „Ich mag diese Typen nicht,“ flüsterte sie heiser und biss sich so fest auf die vom Winterwetter gesprungenen Lippen, dass sie ein wenig bluteten.

Es war der Ton, der die Musik machte, und das war auch jetzt so. Dass Lily keiner der Slytherins leiden konnte, das war Severus schon ewig bewusst, und das musste sie ja auch nicht, das war schon in Ordnung, solange sie ihm daraus keinen Strick drehte. Und das tat sie nicht. Das tat sie nie. Ihr wohnte die Begabung inne, ihn vollkommen losgelöst von seinem Umfeld zu betrachten. Vielleicht die einzig echte Freundschaft zwischen einer Gryffindor und einem Slytherin, die seit den Tagen von Godric und Salazar bestanden hatte, vor deren tragischem Ende. Da war etwas in ihrer Stimme, das nichts mit persönlicher oder politischer Abneigung zu tun hatte, sondern vielmehr mit Sorge und einem gewissen Maß an ängstlichem Unwohlsein, und das schreckte Snape auf.

Sein Buch komplett vergessend, schaute er sie wie von unten her an, und ihr Gesichtsausdruck mit zwar noch immer glühenden Wangen von dem Schneeball, aber trotzdem irgendwie bleich und leer, veranlasste ihn dazu, erst recht aufzuschauen. Was hatte sie denn nur? Das konnte sie doch nicht so sehr in Mitleidenschaft ziehen, was Drag, Dom, Evan und Vald da machten, das war doch nun nicht so ungewöhnlich. Er konnte das kaum ertragen, sie so zu sehen, und mit einem hastigen Rundumblick versicherte sich der Jugendliche, dass sie niemand beobachtete, bevor er mit den fingerlosen Handschuhen nach ihren zierlichen Händen griff. „Hey, Lily,“ sagte er beruhigend und wunderte sich nur einen Moment darüber, wie seltsam fremd ihm seine eigene Stimme dabei vorkam.

„Das sind doch bloß Jungs. In einem zugegeben grässlichen Alter,“ zwinkerte er und suchte unablässig ihren Blick. „Die ändern sich schon noch,“ machte er sie darauf aufmerksam, dass doch auch ihre Klassenkameraden aus anderen Häusern, selbst solche mondänen Weicheier wie Caradoc Dearborn aus Hufflepuff, gerade in einer ätzend vollpubertären Phase steckten, indem er mit dem Kinn über seine Schulter zuckte. Irgendwo da hinten schrie Pettigrew gerade mal wieder den halben Waldrand zusammen. Aber Lily schüttelte sofort den Kopf und bekam erst recht einen ganz grauen Anstrich. „Darum geht’s nicht, Sev,“ behauptete sie und warf einen richtig gehetzten Seitenblick in Richtung der vier Slytherins.

Jetzt doch halb neugierig, halb verwirrt mit einem guten Schuss Unbehagen, runzelte auch Snape die Stirn und zog sich nur ein wenig zurück, ließ ihre Hände aber nicht los. Was denn dann? Noch bevor er die Frage aussprechen konnte, versuchte sich Lily an einer passenden Antwort, aber sie stolperte über die eigenen Gedanken und stammelte deshalb ein wenig. „Sev, hör' mal, diese Kerle ...“ Sie schnaufte unzufrieden mit sich selbst. „Ihre Väter, also, weißt du ...“ Frustriert mit den Armen wackelnd, bewegte sie seine langen, dünnen Finger gleich mit, und weil er keinen Schimmer hatte, worauf sie hinaus wollte, schwieg Severus und schaute sie nur sehr sorgenvoll an. Da stimmte doch irgendwas nicht.

Merlins Bart, das war schon ein ganzes Jahr her, seit sie es wusste! Zumindest bei Mulciber, und auch Nott war dabei gewesen und Rosier. Und sie hatte sich damals schon vorgenommen, mit ihm darüber zu sprechen. Wieso hatte sie das bis jetzt nie über sich gebracht? Lily wusste es selbst nicht, aber eins stand fest: Sie konnte nicht dabei zusehen, wie Severus sich immer noch mit solchen Typen herum trieb. Das war viel zu gefährlich. Und man brauchte sie nicht dabei zu beobachten, wie sie einen kleinen, hilflosen Jungen quälten, um das zu begreifen. Nur wo anfangen, dass Sev auch den Ernst der Lage verstand?

Aufschauend biss Lily sich erneut auf die Lippe und kaute darauf herum. „Du hast doch,“ fing sie an und hielt noch einmal inne, schüttelte das Bild dieser grässlich blutunterlaufenen Augen ab, das ihr immer in den Kopf schoss, wenn sie an diesen Namen dachte, bevor sie weiter sprechen konnte, „von Lord Voldemort gehört, oder?“ Seine Brauen schoben sich nur noch mehr ineinander, aber Severus zuckte nicht nervös zusammen, wie sie es bei so vielen gesehen hatte, die diesen Titel im Tagespropheten lasen. Fast gleichgültig, als habe sie vom Gewinner eines Kürbiswettzüchtens geredet, zuckte er die Achseln und nickte verwirrt. Was hatte das nun damit zu tun? „Ja. Klar hab ich das,“ bestätigte er, und noch ehe Lily weiter erklären konnte, begriff er es.

„Du glaubst, dass ...?“ spotzte er regelrecht heraus, ohne dabei amüsiert zu sein oder auch nur zu klingen und deutete nur mit dem Kopf in Richtung seiner Kameraden, die sich mittlerweile zu einem Kreis zusammen gerottet hatten. Ein gepresstes Geräusch machend, hüpfte das Mädchen leicht auf, konnte aber das geplante „ich glaube nicht, ich weiß!“ nicht heraus bringen, so drückend war der Klos in ihrem Hals. Und Severus musste ein bisschen lächeln. Das war wirklich irgendwie ... süß. Ein wenig fester an ihren Händen ziehend, bekam er wieder diesen ganz seltsamen Unterton in die Stimme, gegen den er gar nichts machen konnte. „Du brauchst doch keine Angst zu haben, Lily, das ist doch bloß Gerede.“

Offenbar sah sie das ganz und gar nicht so, wie sich ihre Brauen in Empörung und Verzweiflung auftürmten und sie seine Finger schmerzhaft verdrehte. „Sev, diese Leute hassen Muggelgeborene wie mich!“ Wenn sie ihn auf dieser Schiene erwischen konnte, dann gerne. Augenblicklich grunzte Severus abwehrend und schüttelte hastig den Kopf. „Ehrlich, Lily, das ist nur dummes Gequatsche, reine Tradition in Slytherin, die meinen das gar nicht so!“ Sie glaubte ihm kein Wort, das erkannte er gleich. „Sieh' doch mal, Slughorn vergöttert dich!“ führte er sogleich Beweise für diese wirklich kühne Behauptung an, und zumindest was das betraf, konnte sie absolut keine Gegenargumente bringen. Denn es stimmte. Niemand war Professor Slughorn so wichtig wie Lily Evans, das Muggelmädchen.

„Er hat ...“ Severus musste kurz innehalten und sich fast ein wenig hohnlächelnd an diesen wirklich köstlichen Moment im Gemeinschaftsraum zurück entsinnen. Das hatte ehrlich gut getan, endlich einmal nicht nur rhetorisch als Sieger aus diesem ewigen Streit heraus zu kommen. „Er hat Dragomir 50 Punkte abgezogen, 50! Weil er,“ die Stimme senkend und dabei zwinkernd verdeutlichte Snape, wie scherzhaft er das meinte, „das Wort mit S benutzt hat!“ Lily klappte der Unterkiefer herunter, und ein wenig gerührt davon musste sie für einen Moment ganz fest und liebevoll an den dicken Tränkemeister denken.

Jetzt sah sie schon viel weniger bedrückt aus, fand er, und stolz darauf wollte er sie vollends aus dieser Stimmung heraus ziehen. „Und dieser,“ es war wirklich schwierig, das zu sagen, wieso war das so? „Dieser Voldemort,“ und dabei wackelte Severus theatralisch mit dem Kopf, wovon der dicke grüne Bommel seiner Mütze hin und her wackelte und Lily wieder lachen musste, „ist eben ein Slytherin. Ja, er hat ein paar echt seltsame Ideen, aber solche Leute gibt’s immer,“ freute Severus sich über die kleinen Fältchen an ihren Augen. „Deshalb rennt doch keiner gleich durch die Gegend und bewirft jeden Muggelgeborenen mit 'nem AK!“ traute er sich trotzdem nicht, den Namen des Unverzeihlichen Fluches auszusprechen, aber das tat seiner Ironie darin keinen Abbruch. Und trotzdem blieb Lily für einen Moment das Lachen im Hals stecken, und sie musste husten.

Sie wirkte viel ruhiger und nicht mehr so farblos, wie sie da im fallenden Schnee saß und sich kleine Flöckchen auf ihren schmalen Schultern und den lang herunter fallenden roten Haaren sammelten. Die verblassenden Sommersprossen aus der vergangenen Jahreszeit gaben ihr noch zusätzlich diesen verletzlichen Touch, und der Junge konnte gar nicht genug davon kriegen. Ihre Hände haltend und ein winziges bisschen über die Finger streichelnd, schaute er ihr auffordernd in die Augen, wollte jetzt hören, dass wieder alles gut war, und Lily tat ihm den Gefallen und seufzte ausgiebig. „Ach, Sev,“ sagte sie nur, die immer noch deutlich vorhandene Sorge in ihrer Miene definitiv überspielt von einem sehr angenehmen Hauch Zuneigung. „Ich will doch bloß nicht, dass du da in was reinschlitterst, was du später bitterlich bereust,“ erklärte sie ihre Vorbehalte, aber er rollte nur mit den Augen. „Das werd' ich schon nicht. Ich versprech's.“

So gern sie ihm auch glauben wollte, so blieb doch dieses merkwürdige Ziehen irgendwo ganz tief unten und in der Brust, aber Lily mochte jetzt nicht weiter darüber nachdenken. Sie war zu jung, um sich solche düsteren Gedanken zu machen, und es war zu schön hier draußen, und vielleicht konnte Sev wirklich selbst auf sich aufpassen. Immerhin war er ein Halbblut, also auch nicht gerade die bevorzugte Klientel von Voldemorts Club für Hirnrissige. Darauf musste sie eben vertrauen. „Das wär' auch viel zu schade,“ meinte sie und schenkte ihm einen so enormen Augenaufschlag, dass davon fast Wind erzeugt wurde. „Dazu hab' ich dich nämlich viel zu gern.“ Und sie berührte für den Bruchteil eines Herzschlags mit dem Zeigefinger seine Wange.

Ganz verlegen senkte Severus sofort den Blick und den ganzen Kopf und räusperte sich umständlich. Die Stelle da unter seinem linken Auge brannte regelrecht, obwohl es so kalt hier draußen war, als hätte man ein Stück Kohle direkt aus dem Feuer darauf gedrückt. Das hatte sie noch nie gemacht, jedenfalls nicht auf die Art. Und vielleicht war das hier der Moment. So unerwartet zwar, aber doch irgendwie richtig. Jedenfalls fühlte es sich so an. Bis zur Spitze seiner langen Hakennase in dem aufgebauschten grün-silbernen Schal von Slytherin verschwunden, murmelte er nur ein leises, heiseres: „Ich mag dich auch sehr.“

Aber Lily hörte ihm längst nicht mehr zu. Er merkte es erst gar nicht, bis sie darauf nichts sagte und gar nicht reagierte, in keinster Weise. Und als er aufschaute, starrte sie mit offenem Mund und sternenglänzenden Augen über seine gebeugten Schultern hinweg und hatte ein Lächeln im Gesicht, das so wunderschön war wie tanzendes Nordlicht. Und das war nicht wegen dem, was er gesagt hatte. Severus schluckte und zog die Bauchdecke ein, um das Gefühl zu unterdrücken, das da hochsteigen wollte, bevor er sich umdrehte. Seine Zähne fest gegeneinander pressend, traten die Muskeln am Kiefer wie kleine Klumpen hervor, und eine Mischung aus Enttäuschung, Traurigkeit und furchtbarer Wut auf diesen Dreckskerl sackte wie ein heißer Stein in seinen Magen. Ausgerechnet jetzt! Wieso jetzt?

Unter Anfeuerungen und Gelächter seiner beknackten Freunde balancierte Remus Lupin eine enorm große und knallorange-farbene Karotte mitten auf der Stirn, die er irgendeinem Schneemann aus dem Gesicht gezogen hatte, und dabei wackelte er mit den ausgestreckten Armen, als könne er davon das Gleichgewicht seines Kopfes besser halten. Bescheuert war das! Komplett unlustig und so völlig daneben für einen Zauberer, dass Severus die Faust ballte. Konnte der nicht wenigstens einen magischen Trick zeigen, wenn er sich schon zum Affen machen musste? Und wieso fesselte das Lily so sehr? Er mochte das nicht!

Sobald Lupin der Möhre einen Schubs aus dem Nacken heraus gab, flog das Gemüse herunter, und er fing es gekonnt auf und verbeugte sich schon einmal in Richtung von Pettigrew, Black und Potter, der sogar auf den Zähnen pfiff, und als er wahrnahm, dass auch Lily enthusiastisch klatschte und johlte, wandte er sich auch ihr zu wie einer von diesen Artisten im Muggelzirkus. Bis über den Arm beugte er sich herunter, so dass seine Haare fast den Schnee berührten, und Lily quietschte so entzückt, man hätte sich glatt übergeben können. Da war wieder dieses unglaublich widerlich schleimige Weichkeks-Grinsen im Gesicht des 16jährigen, und er wagte es, dem Mädchen mit einem Auge fest zu zu zwinkern, bevor er einen Schneeball an den Hinterkopf bekam und sich wieder mitten in der nächsten Welle einer Schlacht befand.

Den Kopf schüttelnd, schluckte Snape den Ärger herunter, so gut es eben ging, aber die festen Knoten an seinen Kieferwinkeln blieben ebenso bestehen wie die weiß heraustretenden Knöchel seiner Finger, die aus den Handschuhen heraus schauten. „Was sollte denn der Schwachsinn?“ murmelte er und hatte komplett vergessen, dass er nicht mit irgendwelchen Bekannten aus Slytherin zusammensaß, sondern mit Lily Evans, seiner besten Freundin. Das Brummen und den Zorn in seiner Stimme schien sie gar nicht zu bemerken, immer noch über seine Schulter hinweg lugend, und trotzdem hatte sie ihn gehört. „Wieso magst du Remus nicht?“ konnte sie nicht verstehen, und ein Schuss Hitze verpasste Severus unter seiner Mütze rote Ohren.

Peinlich berührt davon, dass er das in ihrer Gegenwart laut ausgesprochen hatte, schwante dem Jungen schon Grauenvolles, und er hätte sich am liebsten geohrfeigt. Sowas war immer schief gegangen, seit dem Tag auf ihrer ersten Zugfahrt, und wenn er gekonnt hätte, hätte er alles zurück genommen, nur damit Lily nicht in Opposition zu ihm stand. Aber das hier war mittlerweile etwas Anderes. Lupin war nicht mehr einfach nur ein fremder Kerl in einem Abteil, zu dem sich keiner setzen wollte. Lupin war ... Severus hatte kein passendes Wort dafür.

„Er ist doch immer so nett,“ musste sie auch unbedingt voll darauf eingehen, und er rollte schon mit den Augen und hoffte, dass sie das nicht auch noch mitgekriegt hatte. „Auch zu dir.“ Nett? Das nannte sie nett? Pah! Mochte ja sein, dass er ihn nicht ständig auf dem Gang verhexte, aber viel dagegen tat er auch nicht. Hinterher den Dreck seiner Freunde wegräumen, weil er ein schlechtes Gewissen hatte, das konnte er vielleicht, aber das machte ihn noch lange nicht 'nett'. Severus schnaufte. So leid es ihm tat, mit ihr nicht einer Meinung sein zu können, aber Lupin, nein, gegen den hegte er eine so tiefsitzende Antipathie, dass er sie selbst als anomal bezeichnen mochte. „Und lieb ist er,“ sagte Lily, und nur mit einem Ohr zuhörend, fiel ihm nicht auf, wie eingebettet in einen einzigen Ausatmer dieser Satz war.

Mit Verspätung kam es an Severus' Hirn an, und sein Kopf glühte mit einem Mal noch viel mehr, wie er sich, richtig erschrocken, ganz zu ihr herum drehte. Mittlerweile hatte sie ihre Beobachtung abgebrochen und spielte sich an den gestreiften Handschuhen in den Farben ihres Hauses herum, und dieses merkwürdig abwesende Lächeln auf ihren so blassroten Lippen jagte seinen Puls in ungeahnte Höhen. Oh nein, bitte nicht. Auch wenn sie es fast stumm murmelte, konnte er es von ihrem Mund ablesen: „Und süß.“ Nein.

Den Kopf schieflegend, weiteten sich Severus' Augen, wie diese lange befürchtete, aber nie ausgesprochene Erkenntnis ihm durch sämtliche Adern sickerte und wie zäher Gelee jeden Winkel seines Körpers ausfüllte. Das Herz schlug ihm spürbar in den hinteren Bereich seines Halses, so dass er so gerade noch atmen konnte, und seine Nasenflügel blähten sich. Sie meinte das nicht. Es konnte nicht das sein, was er dachte. Doch, das war es, er wusste es. Und es erklärte viel zu leicht viel zu viele Dinge, die sie tat, die sie sagte, wie sie sich verhielt, wie sie sich bewegte. Übelkeit stieg in ihm hoch, und er musste es trotzdem sagen, musste es von ihr hören und bestätigt bekommen. Mit so belegter Stimme, dass sie klang wie eine Geige, deren Saiten man festhielt, quetschte er es heraus: „Du hast ihn gern, hab' ich recht?“

So dankbar leuchteten ihre Augen, dass sie es nicht selbst hatte aussprechen müssen, als sie nur den Kopf in seine Richtung wandte und ganz verlegen lächelnd die Achseln zuckte. Im dunkler werdenden Nachmittag glühten ihre Wangen wieder, als hätte sie zu viel heißen Kirschwein gehabt, und Severus' Gesicht war vollkommen versteinert. Ihr fiel es nicht auf. Sie hatte das noch niemandem gesagt, nicht mal ansatzweise, sie hatte sich einfach nicht getraut. Aber das war gut so, jetzt, irgendwie, Sev kannte ihn auch und sie teilten sich oft einen Tisch im Unterricht.

„Du bist doch ein Junge!“ rief sie plötzlich aus, und weil das so unzusammenhängend war und ihn in einem solch ungünstigen Gemütszustand traf, prustete Severus durch die Nase. „Danke, dass dir das aufgefallen ist,“ rutschte ihm heraus, aber Lily konnte und wollte darauf gar nicht eingehen. Sie winkte nur ab und fuhr in ihren Gedankensprüngen fort. „Du kennst ihn, du könntest doch mal mit ihm ...“ Darüber reden, aushorchen, was er so von ihr dachte.

„Nein!“ lehnte Snape kategorisch ab, noch bevor sie richtig zuende geredet hatte. Quietschend faltete das Mädchen die Hände und hüpfte fast hysterisch auf und ab. „Oh warum nicht, Sev?“ „Nein!“ Er blieb dabei und schüttelte so heftig den Kopf, dass seine gestrickte Bommelmütze fast von ihm herunter fiel, und das wäre ihm vermutlich auch total egal gewesen in diesem Moment. Dass sie dann doch oben blieb, war vielleicht gar nicht so schlecht, denn noch während Lily greinte, schlug die ganze Salve Schneebälle zu und traf Severus an Schläfe, Ohr, Schulter, Arm und Rücken und pfefferte ihn mit der enormen Wucht fast vollkommen um, so dass selbst das halb von ihm verdeckte Mädchen genügend abbekam.

Noch bevor einer von ihnen richtig realisieren konnte, was da geschehen war, hob ein ungeheurer Lärm an, der zuerst aus dem schreienden Gelächter von Avery, Mulciber, Rosier und Wilkes bestand und augenblicklich zerrissen und übertönt wurde von Blacks und Potters empörten Ausrufen und dem kreischenden Protest von Pettigrew. Sich kaum wieder aufrichten könnend, nahm Severus nur die schnellen Schritte wahr, und da hockte sich Lupin schon hin, half Lily auf und klopfte ihr vorsichtig den pampigen Schnee von den Schultern. „Alles OK?“ erkundigte sich der 16jährige nach ihrem Befinden, und sie nickte nur und strahlte schon wieder.

Severus war die Lust auf Winteridylle gründlich vergangen. Sich die Mütze von den Ohren ziehend (seine fettigen Haare standen nicht mal ab, so platt lagen sie am Kopf), raffte er sich auf und klemmte sich die Tasche mit seinen Büchern unter den Arm, befreite sich rigoros und unsanft von den Überresten der Schneebälle, die seine ach so netten Freunde im Schwall auf ihn hatten niederprasseln lassen, und mit unbewegter, sauertöpfischer Miene seufzte er. „Falls mich jemand sucht, ich bin auf meinem Zimmer.“ Und damit stapfte er davon, den steilen Hang hinauf, ohne auch nur irgendjemanden noch eines Blickes zu würdigen. Nicht einmal Lily.

Niemand bewarf ungestraft eine Gryffindor! Schon gar kein Slytherin! Und außerdem gehörte Lily Evans selbst für Sirius Black zu einer Art erweitertem Rumtreiber-Kreis, und das stellte sie unter den Schutz einer Guerilla-Armee aus vier verflucht guten jungen Zauberern mit erstaunlich vielen Ideen und der sprichwörtlichen Kühnheit von Schwertmeister Godric. Während Remus sich noch vergewisserte, dass es dem Mädchen wirklich gut ging, entbrannte auf der Wiese bereits mehr als eine erbitterte Schneeballschlacht, und es war kaum aufzuhalten, was daraus werden würde. Scheißegal. Man musste Prioritäten setzen und offenbar mal wieder dringend ein Exempel statuieren. So schnell, wie da Zauberstäbe gezückt wurden, konnte man gar nicht gucken, und schon flogen die ersten Furunkulus- und Flederwicht-Flüche.

Zischend durch die Zähne einatmend, schüttelte Remus eine Hand aus, während die andere noch Lilys Rücken stützte. „Ich glaube, du haust jetzt besser ab,“ schlug er zwinkernd vor und wunderte sich kein bisschen darüber, wie unheimlich zerbrechlich das Mädchen eine Strähne ihres langen Haares aus ihrer Stirn wischte. Nickend stimmte sie zu. „Keine schlechte Idee,“ grinste sie und raffte sich mit seiner Hilfe auf. Schon halb mit einem Fuß auf der ersten provisorischen Stufe den Hügel hinauf war sie, und Remus hatte schon seinen Erlenstab aus der Innentasche seiner Robe gefingert und einen ganz seltsamen, grimmigen Ausdruck in den Augen, als sie sich noch mal umdrehte. „Bitte pass auf, ja?“ bat sie, und der Junge grinste breit. Das würde er mit Sicherheit nicht versprechen! Und dann stürzte er sich ins Getümmel.


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