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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Dicht auf den Fersen

von Teekon

Mit so geringem Abstand wie irgend möglich tapste James hinter Remus her, die Wendeltreppe hinunter und durch den leeren Gemeinschaftsraum, durch das Porträt der fetten Dame hinaus auf den Flur in der obersten Etage von Gryffindor Tower.

Als hätte er es geahnt: Der 14jährige blieb nicht vor dem Büro der Hauslehrerin stehen, um dort zu klopfen, nein, er nahm die erstbeste Treppe abwärts und hielt sich geschickt, wie absichtlich, am äußeren Wall. Niemand auf den sich bewegenden Fluchten in den darunter liegenden Stockwerken hätte ihn sehen können, bevor er denjenigen nicht hörte. Aber das war ja auch egal, denn dank der neu entflammten Fehde zwischen Gryffindor und Slytherin traute sich kaum jemand durch diesen Teil des Schlosses.

Wo ging der hin? Vielleicht direkt zu Dumbledore? Das wäre schon etwas komisch, die Hauslehrerin zu übergehen und sich gleich an den Schulleiter zu wenden wegen einer solchen Lapalie wie regelmäßigem, krankheitsbedingtem Fehlen. Oder vielleicht zu Madame Pomfrey in den Krankenflügel? Ja, das würde Sinn machen! Mit einem Mal fühlte James sich ganz mies und schollt sich selbst für dieses unverdiente Misstrauen gegenüber Remus. Sicher wollte er erst mit der Heilerin der Schule besprechen, ob er hier bleiben oder doch besser nach St. Mungos gehen sollte.

Gerade als James das dachte und bereit war, umzudrehen, jedoch, tat sein Kumpel etwas so Außergewöhnliches, dass er erst einmal wie angewurzelt stehen bleiben musste und fast umfiel.

Sich rasch nach allen Seiten umschauend, verlangsamte Remus seinen Schritt und trat dann einfach auf eine solide Wand zu und ... war mitten durch. Völlig perplex schüttelte James den Kopf und kniff dabei die Augen zu, aber als er sie aufmachte war sein Zimmergenosse immer noch wie vom Erdboden verschluckt und der Fels unverändert. Er hatte mit Sicherheit gesehen, dass er dort nicht abgebogen war oder sonstwas! Und dann fiel es ihm wieder ein, was eben dieser Junge am ersten Abend zu ihnen gesagt hatte, als sie verwirrt und durcheinander hinter Marlene McKinnon hergestolpert waren: 'Hogwarts hat mehr Geheimgänge als Mädchentoiletten!'

Tief einatmend nahm James allen Mut zusammen, schloss die Augen und trat auf die Wand zu, genau wie Remus es vor ihm getan hatte, genau wie man es in King's Cross machte, um auf Gleis 9 ¾ zu gelangen.

Augenblicklich verschluckte ihn die Dunkelheit des tatsächlich dahinter liegenden schmalen Ganges. Nur das Licht von winzigen Fackeln in gewissen Abständen rechts und links zeigte ihm, wie rasch der Pfad abfiel und dort drüben um eine Ecke verschwand und damit quasi direkt neben dem eigentlichen Korridor durch die Wände lief. Die Lederschuhe von Remus verursachten klappernde Geräusche irgendwo voraus, und es klang, als tapere er eine weitere Treppe hinunter. Sich beeilend trabte James schneller und holte rasch zu ihm auf.

Wieso hatte er ihnen nie von diesem Weg erzählt? Warum wussten sie nichts davon, wieso hatte Remus Geheimnisse vor ihnen? Erneut die Stirn runzelnd, knirschte der 12jährige mit den Zähnen und rollte mit den Schultern. Vom Hochhalten des Umhangs schmerzten seine Arme langsam, und er versuchte irgendwie, die überanstrengten Muskeln etwas zu entspannen. Es fiel ihm sehr schwer mit all den Gedanken, die in seinem Hirn kreisten. Gerade jetzt, wo man hinter jeder Säule mit einem Angriffskommando aus Slytherin rechnen musste, waren Geheimgänge wie dieser von unersätzlichem Wert! Es passte nicht zu Remus, so etwas für sich zu behalten. Für sie alle wäre das ein Fund des Jahrhunderts gewesen! Wie groß waren wohl die Chancen, über einen dieser unbekannten Wege zu stolpern?

Wo sie jetzt eigentlich waren, wusste er schon lange nicht mehr. Die Treppe, auf der er Remus schließlich wieder entdeckt hatte, schraubte sich in engen Schleifen abwärts, immer tiefer und tiefer durch die Stockwerke des Turms von Gryffindor, mindestens auf Erdgeschoss-Höhe hinunter.

Irgendwann, als James schon ganz anders war und Remus voraus sich mit einer Hand streichend an der Wand entlang bewegte, öffnete sich der Absatz zu einem halbrunden Raum mit einer einzelnen, schmalen Tür, und Licht von wohlbekannten Laternen fiel hinein, sobald Remus öffnete und hinaus spähte.

Offenbar war er sich sicher, von dort aus nicht gesehen werden zu können, und als er wohl entschied, dass die Luft rein sei, zwängte er sich durch den Spalt mit einer ungeheuren, unangemessen wirkenden Anstrengung. Erst als er selbst diesen Ausgang erreichte, begriff James warum: Die Tür war äußerst schwergängig und hatte obendrein ein enormes Gewicht, so dass es auch ihm schwer fiel, nicht davon zerquetscht zu werden. Dem Himmel sei Dank war Remus schon weiter gesprintet und bemerkte nichts davon, wie sich diese Öffnung in der Wand erneut aufschob und langsam wieder zurückfiel.

James hatte kaum Zeit, sich umzusehen, aber er begriff auch so recht schnell, wo sie sich befanden. Die winzige Tür, die er nun hinter sich nicht mehr entdecken konnte, öffnete sich in die hintere, kleinere Eingangshalle, die sich direkt an das eigentliche Foyer anschloss. Von hier kam man auf den Brunnenhof und zur hölzernen Brücke, die auf das Menhirfeld und zu Mr. Hagrids Hütte führte.

Genau auf diesen Ausgang hatte Remus zugehalten und war bereits durch das offene Tor hinaus und die Stufen hinunter in die Dämmerung des Abends. So rasch wie möglich eilte James hinterher und schluckte nicht mal, als er das Gebäude verließ.

Die Sonne hatte sich bereits so weit zum Horizont herabgesenkt, dass sie hinter den zahlreichen Bergen der Gegend verschwunden war. Nur noch das sacht orangefarbene Licht war zurück geblieben und schien durch die Lücken zwischen den Gipfeln hindurch, während die Schatten immer länger wurden und sich weiter und weiter vertieften. Die Frühlingsluft wurde schwerer und roch intensiver, und der strahlend hellblaue Himmel leuchtete von reflektiertem Sonnenschein. Ein herrlicher Abend! Oh, wieso war er noch nie hier draußen auf dem Brunnenhof gewesen, wenn sich die Nacht anmeldete?

Einen tiefen Atemzug nehmend, kämpfte James gegen das Verlangen an, sich einfach her zu setzen auf eine der Ballustraden des Bogenganges rundherum oder auf den Rand des Beckens, um nur da zu sitzen und den Eulen zu zu hören, die sich langsam von der Eulerei aus auf den Weg zur Jagd machten.

Keine Zeit jetzt, denn Remus huschte von einer Säule zur anderen, ohne sich auch nur umzuschauen, und schließlich erreichte er den gähnenden Eingang der überdachten Brücke. Und dort bewegte sich etwas, oder jemand.

Erschrocken blieb James unter seinem Tarnumhang wie angewurzelt stehen und hielt den Atem an, wie sich die winzige Lampe aus den tiefen Schatten erhob und die seltsam geformte Gestalt vortrat. Eine blütenweiße Haube auf dem Kopf, schlank und feingliedrig, erkannte er sie sofort: Madame Pomfrey!

Woher hatte Remus gewusst, dass er die Krankenschwester an einem so ungewöhnlichen Ort antreffen würde, statt im Hospitalsflügel? Er war so zielstrebig hergelaufen, er hatte es wissen müssen! War er überhaupt wegen ihr hier? Zumindest diese Frage wurde James augenblicklich beantwortet: Die Heilerin der Schule hob die Laterne höher, und das kein bisschen überraschte Lächeln wurde erfreuter, wie sie dem Jungen entgegen schritt, der endlich langsamer wurde. „Guten Abend, Mr. Lupin,“ sagte sie zufrieden und tätschelte sanft Remus' Wange, den das überhaupt nicht zu stören schien. Ebenfalls mit einem winzigen, schiefen Lächeln senkte er den Blick und versenkte fröstelnd die Hände in den langen Ärmeln seiner Robe. „Hallo, Madame,“ murmelte er verlegen.

Von Weitem beobachtete James heimlich diese merkwürdige Szene und runzelte die Stirn mehr und mehr. Das hier war definitiv abgesprochen. Keine zufällige Begegnung fiel so herzlich aus. Und er hatte keine Ahnung gehabt, dass Remus und Madame Pomfrey sich so gut kannten. „Wollen wir?“ fragte die Krankenschwester und hob einen angewinkelten Arm, den sie dem Schüler präsentierte, und Remus schien sofort zu verstehen. Jetzt fröhlicher lächelnd erwiderte er die Geste, damit die kleine Dame sich bei ihm einhaken konnte, und gemeinsam traten sie den Weg durch den langen, schmalen Gang der überdachten Holzbrücke an.

Ihm schlug jetzt das Herz bis zum Hals, und James' Hirn arbeitete fieberhaft. Wie reine Routine sah das aus, was die Zwei da veranstalteten! War das immer so, wenn Remus „krank“ wurde? Lief das immer so ab? Und wieso sah er dann am Tag darauf aus, als habe er mit einem Manticore gerungen? Das vordringlichere Problem jedoch war, wie er ihnen folgen konnte. Jeder Schritt hallte und schepperte, wenn man durch das Rohr aus Holz hindurch schritt, und die ganze Brücke war über 50 Yards lang. Entweder er wartete, bis Madame Pomfrey und der Junge hindurch waren und rannte ihnen dann nach, auf die Gefahr hin, sie zu verlieren, oder aber ...

Rasch hob James die Füße und zog sich die noch zugeschnürten Schuhe aus, um auf Socken die Verfolgung anzutreten.

Der Stoff blieb ständig an irgendwelchen Splittern der Bretter hängen, und ein ums andere Mal stieß James sich schmerzhaft einen Zeh an herausstehenden Querbalken, doch er biss sich auf die Zunge und fluchte sich nur leise in den nicht vorhandenen Bart. So kam er nicht schnell voran, aber er konnte in einem angemessenen Abstand bleiben. Die beiden Menschen dort vor ihm, deren Konturen mehr und mehr verschwammen, je weiter die Dämmerung zunahm und das Sonnenlicht verblasste, unterhielten sich offenbar miteinander, auch wenn er kein Wort auch nur wahrnehmen konnte. Doch hin und wieder kicherte Madame Pomfrey, oder Remus veränderte die Miene oder schüttelte den Kopf, während sie auf die andere Seite hinüber liefen.

Schließlich traten sie aus der schon recht tiefen Dunkelheit der Brücke hinaus und auf das Menhirfeld auf dem Bergplateau, von woaus sich mehrere Wege abzweigten. Zielstrebig verließen die Heilerin und der Schüler den weithin einsehbaren Hang des Berges, als in ihrem Rücken die ersten Lichter im Schloss entzündet wurden und die hohen Fenster von Hogwarts zu glühen begannen. Gleich rechts herum waren die schrägen Felsplatten in den Boden gerammt, ganz ähnlich wie auf dem Pfad zu den Gewächshäusern, und hier hinunter gelangte man zu Mr. Hagrid. Wollten sie vielleicht dort hin? Aber das machte keinen Sinn. Remus hatte genau so viel gehörigen Respekt vor dem riesigen Kerl wie alle anderen Erstklässler und zeigte tagsüber keinerlei größere Affinität zu ihm als irgendjemand sonst. Na gut, das machte er bei Madame Pomfrey auch nicht, aber wann traf man die schon mal auf den Gängen? Nie. Genau.

Sobald er auch aus dem Schatten der Brücke treten konnte, schlüpfte James wieder in seine Schuhe, einen nach dem anderen, und hüpfte dabei herum wie ein Hinkepank im Moor. Aber stehen bleiben oder sich gar hinsetzen wollte er auf keinen Fall, also bewegte er sich weiter fort, so gut es ging. Weil er nicht einmal die Schleifen öffnen konnte, schmerzten ihm Spann und Ferse, wie er sich in die geschlossenen, engen Schuhe kämpfte, und als er sie endlich wieder anhatte, zwickten die nun völlig schief liegenden Socken. Außerdem hatte er da offensichtlich einen Splitter mitgenommen, und der drückte ihm mitten ins Quergewölbe seines rechten Fußes. Ein widerliches Gefühl.

Von Mr. Hagrids Hütte stieg süßlich duftender, weißer Rauch auf, und aus den kleinen, halbrunden Fenster fiel warmes, angenehmes Licht auf den Gemüsegarten hinaus. Enorme Kohlköpfe standen dort in der aufziehenden Dunkelheit, direkt neben den langen, grünen Blättern von Mohrrüben, und die ebenfalls viel zu großen Erdbeerpflanzen verströmten ein unglaublich verlockendes Aroma. James' Sinn für intelligente Streiche mit gewinnbringendem Ausgang verzeichnete eine Notiz in seinem Unterbewusstsein, dass man doch unbedingt bei Gelegenheit hierher zurückkehren sollte, bevor diese wunderbar roten Beeren nicht mehr vorhanden waren.

Sie bogen ab. Madame Pomfrey und Remus hielten nicht auf die Behausung des Wildhüters zu, sondern ließen den ausgetretenen Pfad hinter sich und bewegten sich scheinbar quer über die gepflegte, aber nicht zu tief geschnittene Wiese. Erstaunt, beeilte James Potter sich etwas mehr, und sobald er die Abzweigung erreichte, fiel es ihm auf: Da war schon eine Art Trampelweg, ein häufiger benutzter, schnurgerader Strich, gut verborgen durch die hochstehenden Gräser.

Die Wiese war feucht und übersät von Maulwurfshügeln. Kühl und unangenehm war das, und James spürte, wie seine Hosen bis über die Knöchel Wasser zogen, und auch der Umhang wurde noch schwerer, als er es ohnehin schon war. Jetzt erst bemerkte er erneut, wie sehr ihm die Arme weh taten von der ewigen Hochhalterei. Aber er hatte keine Wahl. So weit weg vom Schloss waren sie jetzt, dass er nur noch mit Hilfe der erleuchteten Fenster den Weg zurück finden würde. Da konnte er auch weiterhin folgen und sichergehen, wohin Remus gebracht wurde. Das hier war so seltsam und unerklärlich, das mußte er einfach ergründen.

Ein bisschen war er wütend auf seinen Freund, ein wenig ärgerte er sich darüber, dass er ihnen nichts erzählt hatte, dass er offensichtlich so viel vor ihnen geheim hielt. Aber eigentlich waren es mehr die Sorgen. Beides trieb ihn an, immer weiter in das Gelände hinein, immer näher an den Verbotenen Wald heran. Dorthin konnte es doch wohl kaum gehen, oder? James hatte langsam keinerlei Vertrauen in seine eigenen Ideen mehr. Jede auf diesem Weg war bisher vereitelt worden.

Und da ragte das Ding auch schon in den Himmel. Groß und ausladend und mit drei sorgfältig beschnittenen Köpfen ausgestattet, bei denen James immer noch nicht fassen konnte, wie man das überhaupt hinbekam. Professor Sprout war entweder ein Genie oder komplett lebensmüde. Das war die Peitschende Weide, dieser monströse Baum, der völlig friedlich da stand wie jedes andere Gewächs seiner Art auch, bis ihm ein Lebewesen zu nahe kam. Warum das so war, wie viele dieser Geschöpfe es gab und woher man so etwas bekam, das wusste eigentlich kein Schüler so genau. Und den meisten Lehrern schien es auch unbekannt und das Ding an sich ausgesprochen suspekt zu sein. Und dennoch bewegten sich Remus und Madame Pomfrey an seinem Arm genau darauf zu.

Die ersten frischen Frühlingszweige sprossen aus den Köpfen der Weide empor, von woaus sie den Sommer über wachsen würden, bis im Herbst meterlange Äste daraus geworden wären, an denen abertausende von weichen, hellgrünen, lanzettenförmigen Blättern hängen würden. Nun aber sah das Ungetüm im Vergleich zu den dicht stehenden Bäumen des Verbotenen Waldes recht kahl und tot aus, doch sobald die Heilerin und der Schüler einen gewissen Dunstkreis überschritten hatten, kam Leben in die Pflanze. Mit quietschendem Knarren drehten und wanden sich die drei enormen Köpfe, als wollte sich die Weide nach einer eventuellen Bedrohung umschauen. Sie hielten nicht einmal an. Madame Pomfrey hielt sich nur etwas näher an Remus und flüsterte ihm etwas zu, doch so dicht am Wald und mittlerweile sehr nah bei ihnen verstand James sie zum ersten Mal: „Ich habe Ihnen eine Tafel Schokolade in den Korb gelegt, damit Sie sich besser fühlen,“ deutete sie mit ausgestrecktem Zeigefinger und Kinn auf das zugedeckte Behältnis, das an ihrem zweiten Arm baumelte, und Remus lächelte dankbar.

Ihren Zauberstab aus der Tracht ziehend, führte Madame Pomfrey einen nonverbalen Zauber aus, und zu James' großem Erstaunen versteinerten die zielgerichteten Bewegungen der Weide augenblicklich. Während er noch da stand und mit offenem Mund glotzte, steckte die Heilerin ihr Arbeitsgerät wieder ein und lief rasch unter den verhexten Armen des Baumes hindurch zu einer dicken, vortretenden Wurzel, und es schien, als fielen sie beide aus dem Blickfeld des Beobachters. Erst einmal verstand er das gar nicht. Wo waren sie denn nun hin? War das so wie am Gleis oder wie oben im siebten Stock, wo Remus vorhin durch die Wand gelaufen war? Oder aber ...

Hastig und ohne Rücksicht, ob man ihn denn nun sah, wo doch kein lebendes Wesen mit Augen mehr anwesend war, rannte James den Hügel hinauf auf den sonst so gemiedenen Stamm der Pflanze zu. Aus diesem Winkel konnte man normalerweise nicht dort hin, von hier herauf sah man nicht ein, was sich dort befand. Aber James konnte es nun erkennen: Nein, sie waren nicht verschwunden, jedoch vom Erdboden verschluckt. Im wahrsten Sinne des Wortes!

Ein Loch tat sich auf, eine vielleicht 4 Fuß durchmessende Öffnung im Boden, und dahinter ein paar in den Fels gehauene Stufen, umgeben von Wurzelmaterial der Peitschenden Weide. Für den Bruchteil einer Sekunde erhaschte er noch einen Blick auf die schwankende Laterne der Dame, und dann waren sie fort. Keine Zeit zu verlieren.
Die Arme endlich entspannend, den Tarnumhang damit auf die Schultern herab gelegt, so dass sein Kopf hinausschaute, beeilte James sich so sehr, dass er seine Umgebung nicht mehr richtig in Betracht zog. Vielleicht war es ganz gut so. Aber angenehm mit Sicherheit nicht. Ohne Vorwarnung traf ihn der immerhin kleinste und am niedrigsten heraus gesprossene Kopf der Weide an der Schulter und riss ihn von den Füßen.

Es war ihr erster Schlag gewesen, nachdem Madame Pomfreys Zauber allein durch ihre Abwesenheit aufgehoben worden war, und deshalb war sie wohl noch etwas benommen. Glück für James. Allerdings konnte er das gerade nicht zu schätzen wissen. Er fiel so unglücklich auf den Rücken, dass er im ersten Moment keine Luft mehr bekam. Sein ganzer Brustkorb schmerzte nicht einmal, doch fühlte es sich an, als hätte Hagrid sich aus Versehen auf ihn gesetzt. Japsend und keuchend griff James sich ans Brustbein und versuchte krampfhaft, sich irgendwie zu entspannen, aber das war gar nichts so einfach bei diesem Anblick.

Sobald die Weide bemerkt hatte, dass ihr Schlag etwas getroffen zu haben schien, verfiel sie in eine Art baumische Panik und drehte und wand sich wie ein Fisch auf dem Trockenen. Die jungen Triebe zischten dabei und zerrissen die Luft, und das Ganze machte so viel Wind, dass die Nadelbäume in unmittelbarer Reichweite rauschten und sich bogen und wiegten, als seien auch sie beweglich und lebendig. Jedoch konnte ihn der wütende Baum nun nicht mehr erreichen, denn er war den ganzen Hang wieder hinunter gepurzelt und lag nun, halb verheddert in seinen Umhang, im nassen Gras am Fuß des Hügels und hielt sich die Brust. Ein paar tiefe Atemzüge verschafften Abhilfe, und James presste die Kiefer aufeinander, um den nun aufkommenden Schmerz im Rücken auszuhalten.

Nein, das konnte er nicht noch einmal versuchen. Der Eingang zu dem Gang dort war vollkommen blockiert, und ihm war nun zumindest klar, wieso man einen so mörderischen Baum auf das Gelände einer Schule gestellt hatte: Um eben genau das zu erreichen. Offenbar sollte niemand dort hinunter gelangen können. Die Landschaft dahinter war so zeklüftet, der Verbotene Wald so ausgedehnt, dass unabsehbar war, wohin dieser Stollen führen mochte. Rein ökonomisch gedacht gab es nicht viele Möglichkeiten. Zurück zum Schloss war albern und überflüssig, und dann hätten sich Remus und die Heilerin die Mühe nicht gemacht. Zu den Ufern des Sees war ebenfalls sinnlos. Eigentlich gab es nur eine vernünftige Erklärung: Nach Hogsmeade, hinunter ins Dorf! Wozu man allerdings auf einem so umständlichen Weg dorthin gelangen wollte, wenn man doch die große Straße nehmen konnte, blieb James in diesem Augenblick ein Rätsel.

Er konnte sich überhaupt nicht aufraffen. Während die Dunkelheit mehr und mehr zunahm und das letzte Licht der Sonne dem des hellen Mondes wich, lag er nur im Gras und lehnte sich auf einen Ellbogen. Kühl war es, und feucht, aber James bemerkte das gar nicht, so sehr war er in Gedanken. Das Alles machte keinen Sinn und passte vorne und hinten nicht zusammen, und er wollte einfach keine zündende Idee bekommen. Außerdem tat ihm alles weh, und er hatte das Gefühl, die Peitschende Weide könne einfach erkennen, wo er sich befand und ihn dort vielleicht doch noch erwischen.

Aber es blieb ruhig unter dem verborgenen Hügel, von dem aus man in der Ferne die Lichter des Schlosses tanzen sehen konnte, und die sternklare Nacht war wunderschön und so hell, als wäre die Sonne nie untergegangen. Silberne Tautropfen hingen an jedem Grashalm unmittelbar vor James' Gesicht, rollten anmutig über die feinen Härchen hinab und tropften von den Spitzen. Schön sah das aus, wie der Vollmond sich darin spiegelte. Die Stille war so vollkommen und wunderbar, das leise Flüstern der ersten Blätter an den Bäumen des Waldes und das Gurren der frei fliegenden Eulen verhieß Frieden und Ruhe, und James war fast in Vesuchung, einfach hier zu bleiben und selbst in der kühlen Frühlingsluft unter dem Sternenhimmel zu schlafen.

Seine Schmerzen verschwanden, seine Gedanken lösten sich auf, und er betrachtete mit den Armen hinter dem Kopf verschränkt die jagenden Fledermäuse über den Wipfeln dort oben. Da waren der Große und der Kleine Bär direkt über ihm, nur getrennt vom Sternbild des Drachen, und westlich davon glühte Orion mit seinen leuchtenden Nebelfeldern aus blinkendem Sternenstaub. Genau so wie er es in Astronomie gelernt hatte (und dort niemals begriff).

Wie in der Ferne ein einsamer Wolf zu heulen begann, das spürte er zwar in jedem Knochen, doch die Angst blieb aus. James Charlus Potter fühlte sich in diesem Moment einfach nur pudelwohl.


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