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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Schauderschöne grüne Augen

von Teekon

Der Zug ratterte los, immer am Bahnsteig entlang und raus aus dem überdachten Bahnhof. Überall klebten Kinder und Jugendliche an den Fenstern, manche halb draußen bei heruntergezogenen Scheiben, schrien und winkten wie verrückt, während ihre Eltern am Gleis 9 ¾ zurückblieben. Mütter wischten sich die Tränen aus den Augen, die ihre Söhne und Töchter zum ersten Mal fortließen. Väter warfen sich stolz in die Brust, besonders zwei von ihnen, die relativ dicht bei einander standen und sich vorhin kurz mit einander unterhalten hatten.

Einer von ihnen war schon etwas älter als die meisten Eltern auf dem Bahnsteig, mit graumelliertem, wohl ehemals pechschwarzem Haar und einer runden Brille im Gesicht. Er hielt sich an seinen eigenen Revers fest und wackelte auf den Fersen vor und zurück und grinste so zufrieden mit sich selbst, dass seine Frau neben ihm nur mit dem Kopf schütteln konnte.

Der andere Vater war ein mittelgroßer Herr mit einem fein gestutzten Henriquatre mit Koteletten in hellem Braun und kurz geschnittenem Haar, das dem eines englischen Bankers der Jahrhundertwende ähnelte. Das Lächeln auf seinem Gesicht überstrahlte sogar die Sonne an diesem ersten September.

Beide Hände flach gegen die Scheibe seines Abteils gedrückt, quetschte Remus sich die Nase platt, bis der Zug um eine Kurve fuhr und er seinen Vater und seine Mutter nicht mehr sehen konnte. Wie aufregend das war! All die vielen Jugendlichen mit ihren riesigen Koffern, Käfigen mit Eulen, Katzen, Kröten, Ratten, Knieseln und was da sonst noch alles in den dunklen Ecken unter langen, schweren Decken lauerte. Noch immer rannten Schülerinnen und Schüler lachend und scherzend den Gang hinauf und hinunter, grüßten alte Freunde und steckten ihre Köpfe in jedes Abteil, wo sie ein bekanntes Gesicht erhaschten. Der Lärm war unbeschreiblich, wie sich die Stimmen mit dem Rauschen des Fahrtwindes und dem Rattern der Räder und dem Stampfen der Treibstangen vermischten. Sie hatten ihm von dem Wagen erzählt, der gegen Mittag durchkam, um Süßigkeiten und Pasteten zu verteilen, und irgendwo in seinem eigenen Koffer hatte er einen Sack voller Münzen. Zu genau der Gelegenheit würde er den hervorholen! Aber zuerst ...

Remus warf einen letzten Blick auf die vorbeihuschenden, verwischten Häuser der Vorstädte von Nord-London und sprang in seiner Aufregung so heftig von seinem Sitz herunter, dass der Wagon einen Satz machte und ein paar Mädchen nebenan kreischten. Das interessierte ihn gerade so gar nicht. Auf die Sitzfläche hinaufsteigend, angelte er nach seinem enorm großen, unglaublich schweren Koffer aus braunem Leder, eingewickelt in brandneue Gurte und mit frisch aufgetragenen, goldenen Lettern versehen, die den Namen 'R.J. Lupin' trugen. Niemand außer ihm war in dem Apartment. Es hatten mal kurz ein paar jüngere Kinder hineingeschaut, Elfjährige, Erstklässler wie er, aber er war eben ein bisschen älter, und sie hatten das bemerkt. Und außerdem, so glaubte er, ohne auch nur das geringste Bisschen an Bitterkeit zu fühlen, hatten sie sich etwas erschreckt, als er zu ihnen aufgeschaut hatte. Das war er so gewohnt, das machte ihm nicht allzu viel aus. Solange er hier alleine war, konnte er sich auch total quietschvergnügt aufführen und musste sich nicht zurückhalten.

Den Koffer auf zwei Sitze ihm gegenüber werfend, öffnete der Junge bereits die gold-glänzenden Schnallen der Gurte und klappte gut geölte Scharniere auf, damit er den Deckel zurückschlagen konnte. Obwohl er den Inhalt kannte, nahm es ihm erneut den Atem, was er da alles sehen konnte. Mutter hatte gepackt, ordentlich und sorgfältig wie immer (und wie er es niemals hingekriegt hätte), und deshalb schauten auf der einen Seite gestapelte Bücher zu ihm auf. Die meisten davon hatte er schon länger und hatte sie auch ein oder zweimal gelesen, aber trotzdem schienen sie jetzt wunderbarer und besonderer als irgendein mittelalterlicher Schinken über längst vergessene Magie je hätte sein können.

In der Mitte, gut eingepackt in ein Seidentuch, ragte der vorgeschriebene Standardkessel auf, gefüllt mit allen Zutaten, die er für den Zaubertränke-Unterricht brauchen würde. Dafür hatte er sich nie wirklich interessiert und auch nie großartig darum gebeten, dass man ihm etwas beibrachte. Es gehörte eben dazu. Aber schließlich gab es genug andere interessantere Fächer. Im Deckel, wo die meisten ihren Besen unterbrachten, gab es nur ein paar persönliche Gegenstände, Fotographien und Muggelbücher von Großvater, denn Remus flog nur höchst ungern. Davon bekam er Schmerzen im Rücken, und bei dem puren Gedanken daran zischte er und griff sich in die rechte Flanke. Schon wieder vorbei.

Und da, links, da war das Allerbeste zusammengelegt! Hastig machte Remus einen halben Sprung auf allen Vieren zur Abteilstür hinüber, um die roten Vorhänge zu zuziehen, und noch fast in der gleichen Bewegung fiel er wieder zurück. Seine Knie verursachten einen dumpfen Knall, aber das tat nicht mal weh. Sich in den Nacken greifend, zog er sich den grün und weiß gestreiften Muggelpullover über den Kopf, knöpfte das helle, karierte Hemd auf und brachte seine Haare damit vollkommen durcheinander. Es ging ihm völlig ab, dass vielleicht jemand hereinkommen könnte, und er ließ sich auf den Hintern plumpsen und entwirrte die Doppelknoten seiner Stoffturnschuhe. Sogar die Socken warf er von sich, bevor er die Jeans aufknöpfte und sie sich strampelnd von den Beinen schob. Nur in seiner Unterwäsche, wischte er sich eine widerspenstige Strähne aus dem Gesicht, beugte sich vor und rupfte ein niegelnagelneues Paar schwarzer Strümpfe aus dem Koffer.

Innerhalb weniger Herzschläge war er voll bekleidet: Schwarze, hochpolierte Lederschuhe im britischen Stil; hellgraue Hosen mit Haken und Ösen statt Knöpfen und Reißverschluss; ein weißes Hemd mit Tabkragen, darüber ein grauer Wollpullunder mit V-Ausschnitt und noch ohne jegliche Farbabgrenzung, eine schwarze Krawatte und die weitärmligen, ellbogenlangen Zaubererroben. Die Schuluniform von Hogwarts für noch nicht eingeteilte Erstklässler!

Noch bevor er den Wust seiner Klamotten aufgesammelt und verstaut hatte, richtete Remus sich vollständig auf und betrachtete seine schwache Reflexion in der sonnengefluteten Scheibe nach draußen. Nichtmal die Blässe der vergangenen Woche konnte er darin sehen. Nur einen bis über beide Ohren strahlenden Jungen, der sich nichts sehnlicher gewünscht hatte, als sich einmal so zu sehen. Liebevoll fast strich er sich den Pullunder über der Brust glatt, drehte sich wie bei einer Modenschau, so dass die Robe wippte, machte einen Freudenhüpfer und juchzte dabei. Endlich auf dem Weg nach Hogwarts!

Draußen vor dem Fenster zogen jetzt bereits weite Grünflächen, Kuhweiden und hohe Hecken vorbei, die Felder voneinander abtrennten, und hin und wieder rauschte der Zug über eine kurze Brücke, wenn ein Bach oder Fluss die Landschaft durchschnitt. Noch nie war Remus so weit im Süden Englands gewesen, außer in London natürlich, wenn er Pa im Ministerium besucht oder mit Ma in der Winkelgasse einkaufen gewesen war. Weniger harsch und verwittert war diese Gegend, grüner als seine Heimat und intensiver bestellt. Das war schon verrückt, dass er erst nach London hinunter hatte apparieren müssen mit seinen Eltern, um dann noch weiter hinauf in den Norden zu fahren als er heute morgen aufgewacht war.

Lächelnd, ohne die Zähne zu zeigen, genau wie sein Vater vorhin noch am Bahnsteig, machte er sich daran, die Turnschuhe, Socken, Jeans, das Hemd und den Pullover einzusammeln, sie ordentlich zusammen zu legen und an Stelle seiner ersten Robe im Koffer zu verstauen. Dabei bekam er etwas in die Hände, das ihm das Herz höherschlagen ließ.

Eine hellgelbe Kiste aus Pappmasché, sorgfältig bedruckt mit dem Firmenschild des Herstellers, hob Remus aus den am besten geschützten Tiefen seines Koffers heraus, ließ seine Finger zärtlich über die Buchstaben gleiten und wagte kaum zu atmen. Er hatte es nicht ein einziges Mal ausgepackt, seit er das Geschäft verlassen hatte, an dem Ort, wo es ihn auserwählt hatte, das wichtigste Instrument eines jeden Zauberers. Sein eigener, ganz allein sein Zauberstab. Halb über das Gepäckstück gebeugt, schloss er den Deckel des Koffers und verlagerte sein Gleichgewicht nach hinten, um auf seinem Sitz zu landen, die Kiste von Ollivanders in der Hand wie einen Degen. Nicht zu locker, sonst fiel er noch runter, das kostbare Stück. Nicht zu fest, vielleicht mochte er das nicht. Auf den Knien erst schüttelte er vorsichtig das obere Stück, bis das eigentliche Behältnis herausfiel. In Seidenpapier eingewickelt lag er da, 14 Zoll lang, aus geschlagenem Erlenholz und deshalb zart rot verfärbt, mit einem Kern aus Drachenherzfaser.

Sobald er seine Fingerspitzen darauf gelegt hatte, auf Mr. Ollivanders Theke in dem engen, dunklen Laden, waren bunte Funken daraus hervorgestoben, und Pa hatte so laut in die Hände geklatscht, dass Remus fast ein Trommelfell geplatzt wäre. „Ausgezeichnet! Wunderbar!“ hatte der Zauberstabmacher ausgerufen, sich zu ihm heruntergebeugt und gezwinkert. „Und ich dachte schon, Sie würden niemals herfinden, Mr. Lupin!“

Das irritierte den Jungen immer wieder, wenn man ihn so nannte, aber daran würde er sich jetzt wohl gewöhnen müssen. Seine Eltern hatten ihm gesagt, dass man als Schüler in Hogwarts immer mit dem Familiennamen angesprochen wurde. Doch das war nicht das Seltsamste an dem ganzen Gespräch mit Mr. Ollivander gewesen. Es war so ein wissendes Funkeln in seinen Augen gewesen, als er diesen Satz zu ihm gesagt hatte, dass es Remus eiskalt den Rücken herunter gelaufen war. Aber der Zauberstabmacher hatte gelächelt dabei. Warm und freundlich und angenehm. Während der Junge noch darüber gerätselt hatte, was das bedeuten könnte, hatte Mr. Ollivander etwas noch viel Seltsameres gesagt. „Ach, John, lieber Junge, ich freue mich immer wieder, wenn Du es in meinen Laden schaffst. Wie hälst Du es nur aus im Ministerium? Du warst der beste Geselle, den ich je hatte!“ Vater hatte gelächelt, gezwungen ein bisschen, gequält, und sie hatten das Geschäft verlassen, mit Remus' neuem Zauberstab in der Tasche.

„Du hast hier gearbeitet?“ hatte Remus ganz verdutzt gefragt. Er konnte sich nicht daran erinnern, dass sein Vater jemals irgendeine andere Stelle gehabt hatte als die in der Abteilung für Experimentelle Zauberei. John Lupin hatte das bestätigt, eine Hand zwischen den Schultern seines Sohnes, während sie die Winkelgasse hinunter gelaufen waren. „Warum hast du aufgehört?“ Erst jetzt, wo er allein und auf dem Weg nach Hogwarts war, fielen ihm die Worte so richtig ein und schienen an Bedeutung zu gewinnen. Vater hatte aufgelacht und die Lippen geschürzt und behauptet: „Oh, es wurde mir zu langweilig.“ Remus hatte es dabei belassen, weil er viel zu beschäftigt gewesen war mit seiner Buchliste und den vielen Auslagen in den Geschäften, den bunten Schildern vor Florean Fortescues Eiscafé und den unablässig gurrenden Eulen. Nun allerdings kam ihm diese Antwort äußerst seltsam vor. Vater hatte dutzende von Büchern über Zauberstablehre, und er laß ziemlich oft darin. Nach „langweilig“ sah das überhaupt nicht aus. Warum also hatte er das gesagt? Und wieso hatte er tatsächlich diese Stellung aufgegeben, wenn er es so gern gemacht und darin so gut gewesen war?

Grüblerisch und nachdenklich, aber gleichzeitig noch immer erfüllt von dem glückseligen Kribbeln in seinem Bauch, lehnte Remus sich mehr an die Scheibe und starrte hinaus in die vorbeiziehende englische Landschaft, den neuen Zauberstab fein säuberlich in die dafür vorgesehene Innentasche seiner pechschwarzen Robe gesteckt.

Weil es so ruhig geworden war im Zug, wo sich endlich alle Schülerinnen und Schüler einen Platz gesucht und sich in ihre Abteile zurückgezogen hatten, konnte man hin und wieder Gelächter oder besonders laut geführte Konversationen hören. Remus hörte nicht richtig hin, viel zu sehr in Gedanken, und deshalb bekam er kaum mit, wie gut zwei Türen weiter die Scharniere quietschten und eine freche, schon recht tiefe Jungenstimme etwas rief, während eine zweite, höhere und kichernde Stimme sich halb überschlug: „Bis später, Snivellus!“ Eine Tür knallte, und es wurde wieder still.

Leise, gedämpft, konnte Remus jetzt doch irgendwo am Rande seines Hörfelds ein Mädchen hören, das aufgebracht und trotzig vor sich hin schimpfte. Lauschen war nicht seine Art, das gehörte sich einfach nicht, und deshalb versuchte er, die gesagten Worte so gut wie möglich auszublenden. Die Schritte, ein Paar leicht, ein anderes schlurfend jedoch, die den Gang hinunter auf ihn zukamen, die überhörte er nicht. Durch die zugezogenen Vorhänge konnte er niemanden sehen, aber das war auch nicht nötig. „Lass es uns hier versuchen,“ schlug das Mädchen vor, und bevor ihr Begleiter irgend etwas darauf erwidern konnte, klopfte sie bereits mit feinen Knöcheln gegen das Glas. Schon ein wenig perplex, antwortete Remus nicht. Immerhin war die Sonne draußen wunderschön, und der neue Zauberstab in seiner Brusttasche fühlte sich fantastisch an, und wen interessierte das schon, ob jemand hereinkommen wollte?

Die Tür wurde aufgeschoben, der Vorhang hob sich ein Stück und das schmale, weiche Gesicht eines 11jährigen Mädchens, umgeben von endlos langen, flammend rotbraunen Haaren lugte um die Ecke. So überrascht wie sie aussah, hatte sie nicht damit gerechnet, jemanden in diesem Abteil vorzufinden. „Oh,“ machte sie, schaute sich rasch um und entdeckte außer dem Haarschopf am Fenster niemanden sonst. „Ist hier noch frei?“

Angesprochen schreckte Remus ein bisschen auf, schüttelte erst den Kopf, bevor er bemerkte, um was es eigentlich ging. Unter seinen halblangen, hellbraunen Haaren hervorschauend, warf er einen schüchternen Blick in ihre Richtung und nickte schließlich heftig und schnell. Offenbar zufrieden damit, schob das Mädchen die Tür ganz auf, und sie und der Junge, der mit ihr gekommen war, traten in das bisher fast leere Abteil. Schon an der Kleidung waren sie beide ebenfalls als Erstklässler zu erkennen, und zwar im dafür vorgesehenen Alter.

Er hatte langes, schwarzes, leicht fettiges Haar, das wie ein Vorhang den größten Teil seines Gesichtes verdeckte. Die Nase allerdings war schwer zu verstecken. Lang, gebogen, wie die eines Raubvogels, mogelte sie sich zwischen einzelnen Strähnen hervor, und wenn er ruckartig den Kopf bewegte, zeigte er außerdem zwei kleine, dunkle Augen. Nicht gerade vertrauenserweckend machte ihn das.

Dagegen das Mädchen war für ihr Alter schon ausgesprochen hübsch. Die langen Haare in der Farbe der aufgehenden Sonne waren gepflegt und hingen ihr in Wellen über die schmalen Schultern. Mandelförmige, unglaublich grüne Augen schauten sich neugierig um, wie sie sich auf den freien Sitz schräg gegenüber von Remus setzte und dazu ihre Hände auf der vorderen Kante aufstützte. „Das ist doch schon viel besser, Severus, oder?“ fragte sie den Jungen, der mit ihr hergekommen war, und den sie augenscheinlich kannte. Er grunzte nur ein wenig mürrisch und verschränkte die Arme vor der Brust. Anscheinend war der Grund für das Verlassen ihrer vorherigen Plätze nicht gerade angenehm gewesen, und es hatte mit ihm zu tun. Sicher. Remus hatte gehört, wie ein Junge „Snivellus“ gesagt hatte. Und sobald der Junge zwei Sitze neben ihm die Nase hochzog, verstand er.

„Und jetzt erzähl's mir nochmal: Es gibt also vier Häuser, ja?“ wollte das Mädchen an eine frühere Unterhaltung anknüpfen, die wohl unterbrochen worden war. Die krampfhaft abwehrende Haltung des Jungen namens Severus löste sich spürbar, wie er nickte und sich insgesamt öffnete. „Es gibt Slytherin, und ich sage Dir, wehe, Du kommst nicht da hin!“ drohte er ihr spielerisch mit erhobenem Finger, so dass das Mädchen sofort zu kichern anfing. „Da zählen List und Schläue. Und dann gibt es Ravenclaw, da sind die Scharfsinnigen und Buchverliebten,“ fuhr er fort, und dabei klang er schon gleich ein wenig genervt. Sie allerdings schürzte nur die Lippen und wog den Kopf hin und her. Für sie war das wohl keine so schlechte Wahl. „Hufflepuff, das ist total peinlich, da willst Du mit Sicherheit nicht hin,“ wehrte Severus gleich ab und schüttelte sich dabei so sehr, dass sogar seine fettigen Haare abhoben. „Wieso nicht?“ wollte sie wissen und warf ihre hübsche Stirn in Falten. „Sie sagen: Fleiß und Treue, aber eigentlich meinen sie: Was übrig bleibt,“ grinste der schwarzhaarige Elfjährige und zwinkerte dabei.

Verstehend zog das Mädchen die Brauen hoch und machte eine entsprechende Geste. „OK, das ist wirklich nicht erstrebenswert,“ stimmte sie ihm zu. „Und das Vierte? Was dieser grässliche Junge vorhin erwähnte? Gryffindor, richtig?“ Severus gab ein angeekeltes Geräusch von sich und wischte sich vor dem Gesicht entlang, als müsse er eine widerliche Fliege abwehren. „Hör' bloß auf! Tapferkeit, pah!“ Seine Lippe war so verzogen, dass der eine Mundwinkel halb aus seinem Gesicht herauszufallen schien. Das rothaarige Mädchen zuckte nur die Achseln. „Ich habe keine Ahnung, wo ich hinkommen werde,“ gab sie zu, und wichtig war es ihr offenbar auch nicht. Ein wenig darüber nachdenkend, nahm sie ihre strahlend grünen Augen von Severus und ließ ihren Blick durch das Abteil gleiten. Prompt entdeckte sie den weiteren Passagier, zwei Sitze links und einen gegenüber von ihr. „In welches Haus möchtest Du denn?“

Im ersten Moment war Remus, der es tatsächlich gewagt hatte zu lauschen, überhaupt nicht klar, dass sie ihn angesprochen hatte. Es dauerte ein, zwei Herzschläge, bis er das begriff und sich erschrocken aufsetzte. „Hm?“ machte er, räusperte sich und schielte unter seinem Haar hervor in ihre Richtung. Erwartungsvoll hatte sie sich noch mehr aufgesetzt und lächelte ihn an, schien nicht das geringste Problem damit zu haben, wie lange er für die Beantwortung dieser für die anderen Schüler doch so einfachen Frage brauchte. Aus dem Augenwinkel nur nahm Remus wahr, wie der dunkelhaarige Junge sich ihm ebenfalls zuwandte, dabei ein Bein anwinkelte und die Arme wieder verschränkte.

„Ich? Welches Haus?“ wiederholte er die Frage für sich selbst, bevor er hastig den Kopf schüttelte. Noch während er endlich antwortete, wandte Remus sich bereits wieder in Richtung Fenster. „Ist mir egal. Ich will nur nach Hogwarts.“

Mit jedem Wort wurde er heiserer als er ohnehin grundsätzlich schon war. Dem Mädchen schien das zu gefallen. Noch fröhlicher lächelnd rutschte sie vorwärts, die eine Hand auf ihrem Rock, die andere ausgestreckt in Richtung des fremden Jungen am Fenster, der schon wieder fortschaute. „Ich bin Lily,“ stellte sie sich vor und wartete wiederrum ebenso geduldig wie zuvor, bis er reagierte. „Und das ist Severus,“ fuhr sie fort, um es ihm leichter zu machen, und schließlich ließ er sich darauf ein. So einfach war das also, ja? Nun ebenfalls lächelnd streckte Remus die Hand aus und drückte die des Mädchens, schüttelte sie und strich sich gleichzeitig die Haare aus dem Gesicht.

Für einen Moment hörte Lily auf zu atmen, und eine Zuckung in ihrer freien Hand ließ erahnen, dass sie sich vor den Mund halten wollte. Jedoch unterdrückte sie den Impuls rasch und lächelte einfach weiter, was Severus weniger gut gelang. Er stemmte beide Füße auf den Boden und hob sein Hinterteil ein Stück an, um in seinem Sitz rückwärts zu rutschen, bis er gegen die Abteilstür stieß. Erst begriff Remus nicht. Alles war so herrlich heute, er hatte es ganz vergessen. Röte schoss ihm in die Wangen; er senkte rasch den Blick, um zu verbergen, was den beiden fremden Kindern so ins Auge gefallen war. Zwei lange, rissige Narben zogen sich quer über sein Gesicht. Die eine entsprang über der linken Augenbraue, kreuzte seinen Nasenrücken und grub sich in die rechte Wange; die andere verfehlte knapp sein linkes Auge, teilte seine Oberlippenfurche und spaltete sein Kinn. Auf der blassen Haut fielen sie umso stärker auf, vollkommen parallel zueinander, als habe man ihm einen Stahlträger auf den Kopf fallen lassen. Sie behinderten seine Mimik nicht, und für gewöhnlich spürte er sie auch nicht. Es sei denn, Menschen schauten ihn an, die ihn und dieses auffällige Merkmal nicht kannten. Dann jedoch brannten sie wie Feuer. So wie jetzt. „R ... Remus,“ murmelte er nur.

Lily verlor darüber kein Wort. Statt dessen wandte sie sich ihm noch mehr zu und deutete ungeniert auf die leere, hellgelbe Pappschachtel neben ihm auf der kleinen Ablage unter dem Fenster. „Dein Zauberstab?“ wollte sie interessiert wissen und griff sofort in ihre Innentasche, um den eigenen herauszuholen. Erstaunt darüber, wie gut das Mädchen entweder ihr Erschrecken überspielen konnte, oder wie wenig sie seine Narben wirklich störten, imitierte Remus diese Geste und zog seinen nagelneuen Erlenstab ans Tageslicht. Lilys war wesentlich heller, biegsamer, und auch ein gutes Stück kürzer, viel kürzer als er jemals zuvor einen gesehen hatte. „Wow!“ entfuhr es Remus, und ihm stand der Mund offen. „Meiner ist viel länger als Deiner!“ Ein paar Atemzüge lang starrte Lily ihn nur vollkommen verblüfft an, so dass er sich schon schämte, etwas absolut Bescheuertes gesagt zu haben. Schließlich richtete sie sich auf, stemmte die eine Hand in die Hüfte und sagte so unglaublich hochnäsig, dass es nur gespielt sein konnte: „Na, das will ich ja wohl hoffen!“

Augenblicklich begriff der schüchterne Junge am Fenster und brach in schallendes Gelächter aus, in das Lily sofort einfiel. Sie brüllten fast und klopften sich auf die Schenkel, Tränen liefen, während Severus nur da hockte, seinen eigenen Zauberstab hervorholte und ihn mit einer hochgezogenen Braue gewichtig betrachtete. Warum die Zwei so fürchterlich lachen mussten, wollte ihm nicht in den Sinn kommen. Und erst recht ging es ihm völlig ab, wieso sein Einwand das Ganze noch verschlimmerte: „Meiner ist aber noch länger.“ Lily plumpste von ihrem Sitz auf den Boden, und Remus warf sich nach vorn, bis er mit dem Kinn an sein eigenes Knie stieß.


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