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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Beinbrech und Frühlingsblumen

von Teekon

Besprenkelt mit Farbe, wie von einem ungestümen Kind gemalt mit geschwungenem Pinsel, präsentierte sich die Landschaft von Horizont zu Horizont, flache Hügelketten aneinander gereiht, unterbrochen von muldenförmigen Tälern und durchzogen von glitzernden Rinnsalen aus seichtem Wasserlauf. Überall glühte das lebendige Violett der blühenden Heide, in Gruppen wachsend und ganze Ebenen ausfüllend, Ginster und Gagelstrauch erhoben sich daraus mit dunkelgrünen Blättern und Rispen, und hier und da wiegte sich ein krüppeliges Bäumchen im sanften, lauen Wind, der vom Meer heraufzog.

Es duftete süß nach Blumen und salzig nach See, die schwelende Wärme des aufgeheizten Torfs waberte wie in einer scharf abgegrenzten Schicht über dem Boden, die Luft leise flackernd unter der rotgoldenen Sonne. Die Wolken waren nur Schleier aus faserigem Hochnebel, die über einen blassblauen Wunderhimmel zogen, landeinwärts über das Moor, die Gipfel der Tors nur gerade eben streifend, umspielend die aufgetürmten Felsen, die aus dem Fenn heraus ragten. Man hätte Stunden damit verbringen können, auf diesen Hängen zu stehen, auf den aufgewärmten Steinen zu sitzen und den Hals zu recken, um die Nase hinein zu halten in dieses Spätsommerglück.

Von Tau bedeckte Radnetze sponnen sich von Zweig zu Zweig in der niedrigen Weißdornhecke, fügten das beschnittene Menschenwerk in die Gegend ein, als könne die Natur sie so wachsen lassen, und lange Fäden schwebten mit freiem Ende in die Höhe, wo sich die frisch geschlüpften Spinnen von der Brise hatten forttragen lassen. Noch stoben Schwalben in rasantem Flug über die im Licht flirrenden Tümpel hinweg, auf der Jagd nach Mücken und Fliegen, tschilpend dabei vor Lust, wenn sie so gerade eben noch rechtzeitig die Richtung ändern konnten, um nicht mit der Erde zu kollidieren. Es war herrlich, das mit anzusehen.

Mit leuchtender Farbe bestrichene Findlinge, rund und schön, säumten den ungeteerten Weg in regelmäßigen Abständen, folgten seinen Windungen um den Fuß des Hügels herum und über in den Morast gedrückte Bohlen, trockenen Fußes immer weiter durch Moor und Sumpf, um irgendwo in der Ferne auf die Landstraße unter den Bäumen zu treffen, aufgeschüttet und geschützt vor der stehenden Nässe, die nun bald wieder aus dem Boden hervor gurgeln mochte, setzten erst einmal die ersten Herbstregenfälle ein. Doch noch brütete die Sonne über dem Land und verwandelte Devonshire in eine Vielfalt aus Rot und Braun und Grün.

Noch immer war jeder Tag der erste, denn nie zuvor hatte es einen Juli, einen August, einen September ohne sie gegeben. Und es blieb so merkwürdig, wie es gewesen war an jenem Morgen im Winter, als er sich aufgerafft hatte, die kalte, zugige Kaschemme zu verlassen und zurück zu kehren zu jenen, deren Leben weiterging. Weil etwas fehlte. Nicht ein Knopf an der Jacke, nicht ein zerschellter Teller im Küchenschrank. Wie ein gefällter Baum, der hunderte von Jahren an immer der selben Stelle gestanden hatte, die Lücke im Bild für immer irritierend, und dennoch gewöhnte man sich an den neuen Ausblick und nahm es nicht mehr so offensichtlich wahr.

Manchmal war es ihm, als könne er es körperlich spüren. Dann war dort eine Ecke, eine Stelle, ein weites, leeres Loch gleich links unter dem Rippenbogen, so als habe es sich in den Herzbeutel geschnitten, hinderte nicht daran, es pulsieren zu lassen, und dennoch war dort Dunkelheit. Nicht groß, fast lächerlich winzig in seiner Ausdehnung, doch genug, um sich bemerkbar zu machen. Als könne dort immer ein schmales Gerinne von so dringend notwendigem Blut heraus sickern und auf ewig schwächen, weil es niemals rechtzeitig ersetzt werden konnte. Er blieb stehen und griff sich an die Brust, rieb sie jedoch nicht, hielt nur die aufgenähte Tasche fest, als wolle er verhindern, dass etwas daraus heraus fallen könne.

Es ging nicht weg, musste es auch nicht. Es war OK geworden, ein Weggefährte, so wie der silberne, volle Mond einmal im Monat ein so verhasster und doch so geliebter Begleiter geworden war in all der langen Zeit. Ihn, es wegstoßen und es im selben Moment ganz eng an sich ziehen wollte er, es niemals loslassen oder auch nur von sich entfernen. Denn es bedeutete die Verbindung zu allem, was jemals gut gewesen war. Zu vergessen, gar zu leugnen, würde ihrer aller Andenken besudeln und beschmutzen, ihr Opfer schmälern, und das durfte nicht geschehen. Er war ihr lebendes Denkmal, und das würde er sein, mit Inbrunst, mit Leidenschaft.

Der Gedanke, gar nicht greifbar gedacht, nur ein behütender Schatten im Unterbewusstsein, so wie unter einer Säulenzypresse auf den Hügelkämmen der Toskana, gab ihm einen Ruck, und er stemmte sich aus dem eigenen Knie wieder in die Gerade. Das Klemmbrett in der einen Hand, den Federkiel hinter dem Ohr, runzelte er prüfend die Stirn und legte den Kopf leicht schief. Nur so konnte er richtig sehen, ob das Fachwerk wirklich perfekt gerade eingesetzt worden war. 90°, Winkel auf Winkel, ohne jeden Makel schlossen sich die Balken aneinander an, und das lehmfarbene Gefach dazwischen war tadellos.

Die Fensterrahmen glänzten vom Anstrich in dunklem Ebenholz, dahinter bereits die ersten Vorhänge sichtbar, wo nun auch der Innenausbau beinahe komplett abgeschlossen war und die junge Familie würde einziehen können. Das meiste war so geblieben, wie es vor Jahrhunderten geplant gewesen war, denn der gesamte vordere Bereich zum Haupteingang hin war unversehrt aus dem Gefecht heraus gekommen. Der enge Flur, die steile Treppe nach oben, daran hatte sich nichts geändert, doch der Salon und die Küche, genauso wie die Stube und die darüber liegenden Schlafzimmer, hatten erneuert werden müssen. Und wo man schon mal dabei war, hatte einer Modernisierung nichts mehr im Wege gestanden.

„Wow“, sagte sie plötzlich irgendwo links neben und über ihm, und er hatte gar nicht mitbekommen, wie sie den Hügel von der anderen Seite erklommen hatten und die grandiose Aussicht auf ihr Heim nun genauso ausnutzten wie er. Alice, die große Schwester von Archie Prittchard, richtete sich zu voller Größe auf und drückte das Rückgrat durch, dass ihre Robe kerzengerade an der schlanken Figur herunter fiel. Dabei zappelte und strampelte der kleine Junge auf ihrem Arm schon verzweifelt und gab winzige, gepresste Geräusche von sich. Sein Vater dagegen pfiff laut durch die Zähne. Es schallte nur so durch den weiten Tobel, echote von den Felsen und der Front des Longbottom'schen Anwesens zurück.

Es war perfekt. Einfach vollkommen. Jede Wunde, jeder Makel daraus beseitigt, sogar die verunzierenden Flecken im Rasen davor waren verschwunden, auch wenn der Garten in seiner Sommerpracht recht verwildert und ungepflegt wirkte. Ein wenig Ordnung, frische Rabatten und Pflanzungen, und alles würde wie neu aussehen. Oder auch wie alt. Wie vorher, wie vor dem Gefecht an jenem Februarabend, wie vor dem Krieg.

„Remus,“ schüttelte Frank ungläubig den Schädel, ohne seinen Blick vom Zuhause seiner Kindheit zu nehmen, „du hast dich mal wieder selbst übertroffen.“ Und der unlizensierte Architekt schmunzelte zufrieden und schielte dennoch ganz verlegen auf seine Zeichnung hinunter. Schon immer ein Händchen, schon immer ein Talent dafür gehabt. Und warum es dann nicht einsetzen, für Freunde? „Es ist noch nicht ganz fertig,“ beeilte er sich gleich zu sagen, aber entweder man hörte ihm nicht zu, oder es interessierte nicht so wirklich.

Den jetzt halb flehend, halb befehlend „Mama! Runter!“ krähenden Neville regelrecht aus ihrer Umarmung rutschen lassend, dass das Kind mit den krummen Beinchen auf dem unebenen Boden aufkam und sich selbst auf den Podex gleiten ließ, quietschte Alice auf und deutete mit wild fuchtelndem Arm auf den Giebel. „Du hast sogar an die Wetterfahne gedacht!“ freute sie sich unbändig darüber, dass dieses doch so belanglose Detail seiner Aufmerksamkeit nicht entgangen war: Ein dicker, kugelrunder Dachs mit breiten Streifen auf dem Rücken. Damit auch ein bisschen Hufflepuff die Familie begleiten konnte.

So als wäre es für sie wirklich anstrengender als für die jungen Leute, kämpfte sich schnaufend die alte Mrs. Longbottom, auf einen knallroten Regenschirm (heute wohl eher als Sonnenschutz gedacht) gestützt auf den kahlen, platten Gipfel ihres Hügels, ehe auch sie sich in die Vertikale drückte und einen langen, prüfenden Blick ins Tal hinunter warf. Eine großartige Inspektion brauchte sie offenbar nicht. „Mr. Lupin,“ proklamierte sie regelrecht, dass der Junge mit den narbigen Striemen im Gesicht zusammen zuckte wie bei einer Standpauke im Büro seiner Hauslehrerin. Sich in die eigenen Schultern verkriechend wie eine erschrockene Schildkröte, wollte er fast ein zittriges „ja, Ma'am?“ winseln.

„Ich bin entzückt!“ war jedoch alles, was sie zu sagen hatte, und Frank zog erst das Kinn zurück und dann eine Braue steil nach oben, wie er seine resolute Mutter von der Seite betrachtete und beinahe wieder gepfiffen hätte. Sprachlos geschlagen. Das musste man erst einmal hinbekommen. Zögerlich, doch bald überzeugt, keinen Rüffel zu bekommen, entspannte sich Remus Lupin und zauberte sogar ein mildes, sogar noch viel weicher gewordenes Lächeln auf sein Gesicht, als er es schon in der Schule gehabt hatte, wenn ein frecher Slyterin ihn zu beleidigen versucht hatte.

„Danke, Mrs. Longbottom, das freut mich sehr,“ verbeugte er sich richtiggehend vor ihr, und jetzt bekam er doch einen kurzen, vernichtenden Blitz aus ihren Augen zu spüren, wie sie mahnend den Zeigefinger ihrer freien Hand erhob. „Tante Augusta, Remus,“ griff sie auf seinen Vornamen zurück, damit er besser begriff. „Tante Augusta.“ Sich erklärend, wandte sie sich ihm mehr zu, und aus dem leisen Zorn wurde ein kleines Strahlen, wie es ihr zu eigen geworden war, seit der Krabbler mit den Hasenzähnchen, der zu ihren Füßen mit Grashalmen und Kleeblüten spielte, in ihr Leben getreten war. „Es mögen tausend Ecken sein, aber deine Mutter war eine von uns,“ erinnerte die alte Dame an Isabel Lupin, geborene Longbottom. „Und damit gehörst du zur Familie.“

Sie hatte ja keine Ahnung, wie sich das anfühlte. So als wäre die Sonne gerade hinter einer Wolke hervor getreten und hätte ihn mit ihrer sanften Wärme geflutet, und darunter errötend senkte Remus schon wieder die Augen und unterdrückte ein Prusten. „In Ordnung,“ gab er gleich auf und bewies das auch. „Tante Augusta.“ Und damit war das besiegelt, und Mrs. Longbottom nickte bestimmt und schickte sich an, den weniger steilen Hang auf dieser Seite des Hügels hinunter zu stiefeln, um ihr altes neues Haus aus der Nähe betrachten zu können.

Respekt. Mit seiner Mutter so umgehen zu können, das erforderte schon einiges, niemand wusste das besser als Frank, der einen Großteil seiner Jugend ausschließlich unter ihrer Fuchtel verbracht hatte, sein Vater im Dienst gefallen, ehe er auf die Schule gekommen war. Die Lippen anerkennend geschürzt, klopfte er dem Schulfreund und Waffenbruder auf die schmächtige, wenn auch breite Schulter und holte aus, um seiner Frau Mama zu folgen.

Remus ließ ihn nicht sofort. Die Geste erwidernd, schlang er seine kräftigen Finger um Franks Oberarm und hielt ihn mit einem geflüsterten „hey, Frank“ noch zurück. Ein fragendes Geräusch produzierend, während Alice in die Hocke ging, um Neville die Schnürsenkel zu zubinden, die der sich schon wieder mit großer Lust aus den Schuhen zu ziehen begonnen hatte, blieb der junge Auror stehen und drehte sich halb herum, um dem Baumeister ins Gesicht sehen zu können. Einen Moment verdunkelte sich seine eigene Miene dabei. Das war immer noch da. Beinahe ein Jahr her nun, und noch immer schwamm auf den silberhellen Regenbogenhäuten ein Schleier aus unstillbarer Trauer.

Sich auf der eigenen Lippe herum kauend, die Zähne und die Zunge übereinander und gegeneinander arbeiten lassend, druckste Lupin kurz herum, ehe er es ausspuckte und einfach „danke“ sagte. Etwas verwirrt, aber nicht beunruhigt, grunzte Frank und zog den Kopf zurück, diesen bereits sacht schüttelnd, zum Zeichen, dass er nicht recht verstand. Hey, er hatte das hier geschafft, niemand sonst! „Für den Auftrag,“ erläuterte Remus belegt und wog den eigenen Schädel schwer hin und her, als könne er dessen Gewicht, angefüllt mit lauter Wissen kaum tragen.

Longbottom schnaubte. Nicht wütend oder verärgert, sondern fast beschwichtigend. Er begriff augenblicklich, warum er das sagte, was er damit meinte, und am liebsten hätte er eine ganze Menge andere Sachen dazu gesagt. Aber das würde weder Remus helfen, noch an der Situation irgendetwas ändern oder ihm gerade in diesem Moment Erleichterung verschaffen. Ihm war auch so klar, dass „Gryffindors Bester“ ihm würde folgen können.

„Es wird andere geben wie uns,“ behauptete Frank, sprach nicht laut, aber laut genug, dass Remus ihn gut verstehen konnte, und dabei streckte er nun selbst eine Hand aus und legte sie vorsichtig auf Lupins sehnigen Bizeps, angespannt, um das Klemmbrett zu halten, auf dem noch die magischen Komponenten des neuen Hauses verzeichnet waren. Andere, die ihm Arbeit geben würden, wenn auch nur inoffiziell vielleicht, unter der Hand eben, die ihm Vertrauen schenken würden wie es diese Familie hier getan hatte. Weil jeder möglicherweise jemals vorhandene Verdacht gegen ihn so vernichtend ausgelöscht worden war wie sein eigenes Lebensgerüst.

Zweifel blühten in Remus' Augen auf, deutlich sichtbar wie Rußflecken auf der Hornhaut, wenn man zu nah am Johannisfeuer gestanden hatte, doch er schüttelte sie heraus und wischte sie fort, weil er Frank damit nicht belasten wollte, der sie dennoch sah. „Ihr wisst nicht, was mir das hier bedeutete hat,“ fuhr Lupin fort, ohne ihn noch wirklich anzusehen. In Übersprungshandlung begann er, einen Knopf an seinem ausgewaschenen Hemd hin und her zu drehen, dass der Zauberstab aus rotem Erlenholz, den er zwischen die Verschlüsse geschoben hatte, damit er an dem murmelartigen Ausgleichsgewicht an seinem unteren Ende hängen bleiben konnte, warm und gleichzeitig kitzlig über das Brustbein schabte.

Den Blick so gesenkt fiel er auf das Kind am Boden, auf seinem Po sitzend mit gespreizten Beinchen, die kurzen Hosen über die knubbligen Knie hochgeschoben und die mittlerweile völlig verdreckten Fingerchen in den Mund gesteckt. Und er bezog es auch auf ihn, auch auf den kleinen Neville, der seinen Fuß schlackern ließ, damit seine Mutter aufhörte, ihn zu betüddeln, wie Remus fast lachen musste. „Ihr habt mir,“ und rasch schwächte er es ab, um es nicht zu sentimental klingen zu lassen, weil Alice mit ihrem herrlich schönen braunen Augen von da unten jetzt zu ihm aufschaute, „ein bisschen Hoffnung gegeben.“

Für eine kleine Weile. Eine Aufgabe, ein Ziel, ein Zuhause fast. Einen Grund, morgens aufzustehen, sich seinen Tee aufzubrühen und mittels Flohpulver hierher nach Dartmoor zu reisen, nicht ohne vorher im Vorbeigehen das Foto vom Schulabschluss mit sanften Fingerkuppen zu streifen, das auf dem Kaminsims stand. Es war nun wirklich beinahe fertig, und obwohl der Krieg vorüber war, obwohl wieder Frieden und Eintracht herrschten im magischen Großbritannien, war dieses Anwesen nun vorbereitet auf jeglichen Angriff, auf alle Eventualitäten. Solange sie sich hier aufhielten, waren die Longbottoms sicher.

Sie antworteten beide nicht, mit keinem Wort. Frank ließ nur erneut, noch zaghafter dieses Mal, die Hand auf Lupins Oberarm tätscheln, ehe er sich schwungvoll zum Gehen wandte, dass seine kurze Sommerrobe einen eleganten Bogen schlug, während Alice ihrem Sohn eine Hand auf den dunklen Haarschopf legte und ihm ein bisschen die Frisur versaute. Dem einzigen, das an Neville Longbottom zumindest irgendwie adrett ausgesehen hatte in diesem Moment. Obwohl er schon ganz gut einzelne Sätze sprechen konnte, schien sich der Junge gerade nicht so recht daran erinnern zu wollen und drückte statt dessen ein langgezogenes Trillern aus seiner kleinen Kehle, so eine Art schmunzelndes Lachen, wie er an dem langen, staksigen Bein von Remus hochschaute.

Davon musste der verkappte Architekt, der mit seinen Hosenträgern und den selben alten braunen Oxford-Schuhen wie früher auf dem Bahnsteig in King's Cross ein bisschen aussah wie ein Hilfsprofessor am College, selbst fast lachen, und als Frank schon seine Mutter auf dem schmalen Weg zum Gartentor eingeholt hatte, stemmte Alice sich wieder hoch und seufzte. Immer noch schaute sie ihren Sohn dabei an, ein halb verklärtes, halb sorgenvolles Lächeln auf ihrem hübschen, herzförmigen Gesicht. Mann, sie war immer noch eine verfluchte Granate, befand Remus, nur sehr still und heimlich neidisch. Verklärt und sorgenvoll. Ja. Das war's, was Kinder machten.

Keine Ahnung, wie sie jetzt darauf kam, oder warum sie diese doch so unwichtige und sinnlose Angst ausgerechnet in seiner Gegenwart aussprechen musste, aber Alice türmte ihre Brauen auf und schüttelte den Kopf, die Hände in die Hüften gestemmt. „Er hat immer noch nicht gezaubert,“ wisperte sie in einem einzelnen Ausatmer und zuckte die Achseln, irgendwie entschuldigend und gleichzeitig ratlos. Meine Güte, er war gerade einmal zwei Jahre und ein paar Wochen alt, das hatte doch Zeit. Darüber irritiert und fast ein wenig pikiert, presste Remus die Zunge geräuschvoll gegen den Gaumen, dass er die Nasenhöhle von innen verschloss. „Gib ihm Zeit, Alice, er ist noch so klein,“ erinnerte er sie.

Und dann war es da, das Mobile, vor seinem geistigen Auge, so präsent mit einem Mal der ganze Raum, das gedämpfte Licht, der Duft nach Tee und Bettwärme und Baby und nach ihr, dass es ihn traf wie ein gut gezielter Klatscher, mitten in die Magengrube, und alles, was Remus tun konnte, um nicht zusammen zu brechen und sich und seine Gefühle zu verraten, war, augenblicklich rasch in die Knie zu gehen, als müsse er nur mal die Beine ausruhen. Whamm. Genau so. So passierte das immer wieder.

Es hatte sich gedreht. Wolken und Sterne, ausgeschnitten aus ganz einfachem buntem Tonpapier und mit Fäden aneinander befestigt, gänzlich ohne Magie. Und dennoch hatte es sich bewegt in einem nicht vorhandenen Lüftchen, rund und rund, dass die flirrenden Himmelskörper daran nur so tanzten. Weil Harry es so gewollt hatte. Keine Woche nach seinem ersten Geburtstag. Die Sonne war fort und die wabernde Hitze über dem torfigen Untergrund und die Blumen und der pfeifende Wind, und er war wieder dort und erzählte die Geschichte vom Riesen und dem kleinen Jungen, der draußen vergessen worden war, und der Schmerz brach mit aller Gewalt seine Bahn von unten gegen den Mundboden.

Und Alice seufzte wieder und schlug sich mit beiden Händen gegen die eigenen Hüften. „Wahrscheinlich hast du recht, Remus,“ gestand sie, „wie immer.“ Und damit strich sie ihrem Sohn ums Kinn, zärtlich wie eine Brise, und machte sich davon, um Frank und ihre Schwiegermutter bei der Hausbesichtigung zu begleiten. Der Fluch zerbrach, und die Hitze kehrte zurück und verdrängte die so furchtbar reale, so endlos schöne und schauderhaft schreckliche Erinnerung, bannte sie zurück, irgendwo zwischen seine Ohren.

Nevilles Quietschen weckte ihn endgültig, das Kind seine Mama mit den Augen verfolgend, die er fast exakt von ihr kopiert zu haben schien, und darin flackerte die verständnislose Erkenntnis auf, dass man enttäuscht von ihm war. Schon immer auch dafür ein Gespür gehabt, reagierte Remus instinktiv und fasste dem kleinen Kerl sofort sanft an den schmalen Kieferknochen. „Hey hey,“ beruhigte er ihn, die Hauspläne eingeklemmt zwischen der eigenen Brust und dem Oberschenkel, wie er ihm schon zuzwinkerte. Verflucht noch eins, er liebte so winzige Würmer wie diesen hier!

„Lass dich nicht hetzen, Neville, hörst du?“ riet er dem Zwerg, der wahrscheinlich überhaupt keine Ahnung hatte, was der Freund seiner Eltern da bloß faselte. „Na und? Dann zauberst du eben noch nicht, vielleicht auch nie, wer weiß?“ Remus prustete abschätzig, als wäre das wirklich so schrecklich egal und nicht echt ein Grund zum Traurigsein. „Es hat Zeit, kleiner Mann, mach es in deinem Tempo,“ und obwohl er es doch gar nicht begreifen konnte, stahl sich ein befreites Leuchten in das Kindergesichtchen. „Du wirst deinen Weg schon finden, Neville, deinen eigenen, deinen ganz allein.“ Sich aufrichtend bei diesen Worten, halb an den Jungen, halb an sich selbst gerichtet, nahm Remus den Blick von ihm und schaute seiner Familie hinterher, die nun die Haustür erreicht hatte und ganz verzückt das schöne Schnitzdekor in rabenschwarzem Ebenholz bewunderte.

Glucksend, quieksend, den Kopf so weit in den Nacken gelegt, dass er ihn kaum halten konnte, schaute Neville noch immer zu ihm hoch, während er gleichzeitig die rechte Hand fast komplett in den Mund steckte und den Zeigefinger der Linken kerzengerade in den morastigen Boden bohrte. Remus sah es nicht, beschäftigt mit seiner Aufgabe, letzte Kniffe und Tricks auf das Anwesen der Dartmoor-Longbottoms zu legen, keine Ahnung habend, wie wichtig dieses Heim schon bald sein würde für Tante Augusta und ihren kleinen Enkelsohn.

Aber direkt neben dem winzigen Fingerchen spross ein Pflänzchen aus der Erde, entfaltete seine Blätter und wuchs rasch heran zu einer wunderschönen Moorlilie. Die orange-gelben Blüten sprangen auf wie Wassertropfen, die vom Himmel fallen, und rings um die ausgestreckten Knie von Neville Longbottom blühte ein ganzer Teppich von leuchtendem Beinbrech. Zufrieden mit sich keckerte der Junge nur leise und fast verstohlen, als wolle er nicht, dass irgendwer sein Geheimnis entdeckte.


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Während der vier Stunden, die ich in dem verspäteten Zug verbrachte, sprudelten mir alle diese Ideen nur so im Kopf herum.
Joanne K. Rowling