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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Jubilee

von Teekon

Geschäftiges Treiben herrschte in der hohen Halle, und die Stimmen sprangen von Pfeiler zu Pfeiler, immer nach oben, bis sie sich an den gläsernen Dachkuppeln brachen und zurückgeworfen wurden, vermischt mit dem metallenen Hämmern und dem Klingen der Bolzen und Nieten, die eine nach der anderen befestigt wurden. Dazu knarzten Leitern, polterten Tritte und schepperten herunter gelassene Kartons und Kisten voll mit dem ganzen Zeug, und draußen, vor den weit geöffneten Toren, knatterten schmale Wagen vorbei, die all den Kram heran schafften.

Mild war es, eigentlich zu warm für die Jahreszeit, und dazu trocken, zurückgekehrt dieses so merkwürdig sanfte Wetter, das schon den Herbst bestimmt hatte, und wie getupft schaute der Himmel über der großen Stadt aus. Helles und dunkleres Grau wechselte sich ab, wie in kleinen Puffwellen gemalt, dass man kaum eine Bewegung der Luft darin wahrnehmen konnte. Irgendwo dort oben hinter dieser weichen Decke aus schützenden Wolken verbarg sich die blasse Scheibe der Sonne, und gelegentlich schaute sie hindurch und verriet, dass sie noch gar nicht lange aufgegangen war. Kein Regen in Sicht, kein Nebel, nur ruhiges, stilles Treiben.

Für die Arbeiter an diesem Morgen war das ein Segen, machte es ihnen vieles leichter, zerrte nicht der Sturm an ihnen und durchnässte kein trübes Wasser ihre Kleider, blieb ihnen aus den Augen, wo sie schon stundenlang nach oben schauen und die Arme recken mussten mit den schweren Stücken daran. Hinauf und hinunter sah man sie von den Leitern steigen und sich an den Stahlstreben hoch angeln, wo das einfacher war und sich anbot, Nägel und Zwecken und Haken zwischen die Lippen gesteckt, und Werkzeug stak in ihren Hosentaschen. Farbflecken und Leim zierten ihre derben Kleider, Latz und Cargohosen, Troyer und Jacken darüber geworfen und diese teilweise schon abgelegt. Gut, dass es nicht so kalt war wie im vergangenen Jahr.

Umeinander herum wuselnd, war es ein Wunder, dass nicht ständig einer den andere umrannte, hauptsächlich Männer, dazwischen ein paar Mädchen, die sich um die feineren Aspekte des Tages kümmerten. Wohl geordnet irgendwie, obwohl es doch ein solches Chaos war, hätte man meinen können, einem Ameisenhaufen dabei zu zusehen, wie er sich auf den Winter vorbereitete. Erst wenn man genauer hinsah, erkannte man unsichtbare Straßen und Wege, gewunden und dennoch von einem System geleitet, sogar mit Ampeln und wegweisenden Verkehrspolizisten versehen, waren das auch nur altgediente Herren, die dieses Tohuwabohu nur einfach schon seit ewigen Zeiten begleiteten. Sie deuteten mal hierhin, mal dorthin, ohne überhaupt nur gefragt worden zu sein, und dankbar wurde das von schnaufenden Kerlen angenommen, die schwere Gegenstände in Plastikfolie und Weichpapier durch die Gegend schleppten. Für viele Worte hatten sie sowieso weder Zeit noch Atem.

Festbeleuchtung, so früh am Morgen, das war eine Markthalle wie diese gewohnt, wenn es auch heute noch ein wenig schlimmer war als an gewöhnlichen Tagen, denn nicht nur die Stände mussten aufgebaut und bestückt werden, ehe die ersten Käufer ihren Weg hierher finden würden, entweder mit der U-Bahn oder mit dem Taxi Cab. Etwa alle drei Monate ereignete sich ein Auflauf wie dieser, wenn die Dekorationen der Jahreszeit und den Festlichkeiten angepasst wurden, doch nie war es so anstrengend und umfangreich wie zu Beginn der Adventszeit.

Der abenteuerlichste Arbeitsplatz heute war definitiv der ganz oben in den rechteckigen Kuppeln von Jubilee Market Hall, und teilweise standen die Männer draußen auf den Sparren, das Glas eröffnet, um von oben behilflich sein zu können, während andere, angeseilt und auf schwindelig hohen Holzstiegen balancierend von unten die unterschiedlich großen, bauchigen Kugeln an dicken Ketten befestigten. Die einen hingen höher als die anderen, kleinere dazwischen, kräftig rot und grün gefärbt, als stünde man in den Gängen darunter unter einem riesigen Weihnachtsbaum wie ein Wichtel oder eine Fee, und die Lichter, die sich wie in einem Netz quer unter dem Dach entlang zogen, verstärkten diesen Effekt noch.

Überall wurden geschlagene Tannen an den Stützen und Pfeilern festgezurrt, zog man Girlanden durch die Geländerstreben zur zweiten Ebene hinauf, und an allen Ecken und Enden kämpfte jemand mit verhedderten Lichterketten, die in so vielen Variationen angebracht wurden. Manche waren bunt, andere Lämpchen nur warm weiß, und die schlangen sich um Bäumchen, Pfosten und Balken, das jeder Stand und jedes Geschäft in lauter Glühwürmchen erstrahlte. Blind hätte man werden können, ließ man die Blicke durch die Halle gleiten, und es duftete überall nach dieser herrlichen Mischung aus Harz, Wachs und Muff von den Kammern und Containern, in denen die Dekorationen das ganze Jahr über gelagert worden waren.

Chris Mountebank hielt einen Moment inne an einem der wenigen Punkte, wo das möglich war, ohne umgerannt zu werden, und er lupfte seine Schirmmütze und rieb sich den Schweiß von der Stirn, wie er Luft durch die Backen blies und den Kopf schüttelte. Was für ein Durcheinander! Wie in jedem Jahr. Fast hätte er gegrinst, hätte er nicht so viel zu tun gehabt und sich nichts sehnlicher gewünscht, als bereits hinter seinem aufgefüllten Stand zu sitzen und die Kundschaft zu beobachten, die schnatternd und ganz aufgeregt mit glühenden Wangen seine Ware durch ging. Menschenmassen waren OK, solange man von ihr durch einen Bauchladen oder eine Auslage getrennt war, befand er wieder einmal.

Bei all den Leuten, die zwischen ihm und seiner üblichen Stelle auf dem Boden herumkrochen, um Kabel zu verlegen und Teppiche über die Stolperfallen zu werfen, konnte er kaum erkennen, wie weit sein Gehilfe und der Lehrling mittlerweile gekommen waren, seit er bei Öffnung der Halle vor gut zwei Stunden das letzte Mal hier gewesen war, und er hoffte inständig, sie wären mit dem Gestell fertig. Jetzt eine Palette gezogene Kerzen anzukarren, die dann nur im Weg herumstehen würde, weil man sie nicht ausräumen konnte, wäre eine Katastrophe. Nur leider konnte er sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass zwei Jungs alleine das geschafft haben konnten, und er stöhnte bereits, wie er sich wieder in Bewegung setzte.

Immer wieder erstaunlich, dass es so problemlos klappte, den Handwagen, übervoll mit Kästen und Rollen, schwankend vom Gewicht, in einer Art Riesenslalom durch Holz und Kunstpflanzen und ständig den Standort wechselnden Hintern hindurch zu bugsieren, ohne dass auch nur ein Einzelner seine Arbeit unterbrechen musste. Wie ein Schwarm Stare oder eine Schule Heringe, immer im Einklang, und Chris bewunderte es mit einem Schauer aus Liebe zu seinem Beruf, wie er sich seinen Weg hinüber bahnte zu dem Stand unter dem zweiten Bogen, wo er verdutzt und nun richtig staunend stehen bleiben durfte, dass die Schubkarre nur so über den betonierten Boden schrammte. „Donnerwetter!“ platzte er heraus und musste sich erst einmal aufrichten, um sich das anschauen zu können.

Das Erste, was er feststellen durfte, war, dass die Auslage nicht nur bereits aufgebaut und Stühle und Kasse dahinter fixiert worden waren, sondern dass Paul offenbar auch schon das dekorative Dach darüber in Angriff genommen hatte. Das Paket, das die komplette Staffierung sonst beinhaltete, war merklich geschrumpft und in den Hintergrund geschoben worden, Haken und Ösen an den Balken und Pfosten befestigt, und nur aus dem Augenwinkel nahm er wahr, dass der Junge mit einem Arm voll verpackter Leckereien vom nächsten Bäcker drüben am Covent Garden herüber wuselte. Sogar Frühstück war also bereits im Anmarsch.

Ihn wortlos, grußlos angrinsend, bückte Paul sich nach dem Sack voller unechter Schindeln und sortierte die beschädigten heraus, um sie an den weniger gut einsehbaren Stellen platzieren zu können, und dabei zwinkerte er halb nach oben, halb hinter sich, um seinem Chef den Mainzelmann zu präsentieren, ohne den sie sicherlich nicht so weit gekommen wären, und Chris hob den Blick. Gleich neben seinen Beinen begann die Leiter, und auf der dritten Stufe standen fleckige, ehemals hellbraune Oxfords, die Knöchel darin kaum bedeckt von einer flatterigen Cordhose, in der die langen Beine eines fleißigen Arbeiters steckten. Denn dort oben wurde schon die Tannengirlande mitsamt den darin verflochtenen Lichtern an der dekorativen Regenrinne des einem Haus ähnelnden Standes angetackert.

Fast hätte er gepfiffen, der Marktschreier vom Jubilee, doch statt dessen lachte er herzlich und langte hinauf, um dem wohl bekannten Mann gegen die Wade zu klopfen. „Lupin!“ rief er hinauf und zog sich erneut die Mütze vom Kopf, dass sein fussliges Haar zum Vorschein kam, und der Tagelöhner bedachte ihn mit einem wie immer schüchtern stummen Kopfnicken. Das war sein 'Hallo', mehr brauchte es nicht. „Lange nicht gesehen!“ freute sich Chris, tatsächlich sehr glücklich über eine solche Überraschung. Gute Arbeitskräfte zu kriegen war nicht leicht, schon gar nicht, wenn man nur hin und wieder jemanden benötigte. London war einfach zu groß, um sich all die Gesichter merken zu können.

Klar, ein paar von den Taugenichtsen sah man immer wieder, trieben sie sich an bestimmten Punkten herum, wo man sie auflesen konnte, hatte man mehr zu tun als sonst und brauchte einfach jemanden, der viel schleppen und wenig reden konnte, aber in letzter Zeit war das rar geworden, und das konnte eigentlich nicht an toller Wirtschaftslage liegen. Da hatte sich nichts geändert in den vergangenen Jahren, und schon gar nicht diesen Herbst. Aber irgendwie waren sie verschwunden, die grimmigen Kerle, die so furchtbar viel Kraft in eigentlich schrecklich dürren Armen hatten.

Und es stimmte: Lupin war schon ein paar Wochen nicht mehr auf den Märkten unterwegs gewesen, wo man ihn sonst immer mal hier, mal dort, zu Gesicht bekam, Gemüsekisten stapeln oder Nachschub besorgen, am Morgen bei den Aufbauten behilflich sein, so wie heute jetzt. Übersehen konnte man ihn nicht, einmal weil er so unglaublich groß war und über allen Köpfen zu sehen war, andererseits wegen seiner fiesen Narben quer über die Nase und durch die Oberlippe, die den Eindruck machten, als hätte er sich mal mit einem Rottweiler oder einem Pitbull angelegt. Wer gewonnen hatte? Irgendwie hatte Chris immer das Gefühl gehabt, dem Vieh ging es heute sicherlich nicht so gut.

In dem dunklen Gang unter der Zwischenebene, wo noch ständig Glitzerlämpchen ein und aus geschaltet wurden, huschte ein Schatten über Lupins Stirn, der schwer zu deuten war, wie er erneut nickte und leise mit „ja“ bestätigte, seine immer wieder so unerwartet rauchige Stimme genug Kraft entwickelnd, um es den gut fünf Zoll tiefer stehenden Chris verstehen zu lassen. Eine Erklärung gab er allerdings nicht von allein. „'Ne Menge von deinen Jungs nicht unterwegs,“ bemerkte Mountebank und rieb sich Dreck von der Schläfe, mit seinem Karren auf den verstärkten Schuhspitzen dastehend.

'Seine Jungs', das waren die anderen Kerle, die von den Docks heraufgekommen waren, mehr und mehr, nachdem die offiziellen Geschäfte dort geschlossen worden waren und die Binnenschiffer dort nicht mehr legal anlegten. Keine Ausbildung viele von denen, aber nicht alle, einige einfach nur vom Pech verfolgt und vom Schicksal irgendwie gebissen, und so recht wusste niemand über sie, wie es dazu gekommen war. Dieser hier war so einer, das hatte Chris schon mitbekommen, denn ein Dummkopf war er nicht, kamen immer mal wieder Bemerkungen, Kommentare, eingeworfene Tipps von ihm, die von Bildung und Verstand zeugten, und auf ihn verlassen konnte man sich auch.

Legal war das Stichwort, und Chris gab sich die Antwort selbst, wieso er so wenige dieser tatkräftigen, aber schweigsamen Typen in letzter Zeit zu Gesicht bekommen hatte. „Razzia?“ fragte er, sich dabei vor beugend und die Lautstärke senkend. Musste ja nicht jeder mitbekommen, das war ihm schon klar. Lupin stockte nicht mal in seiner Arbeit, keine verlegene Röte, die ihm in die Wangen schoss, höchstens eine Art gequältes Lächeln, das sofort unter seinem struppigen Bart verschwand. „Sowas in der Richtung,“ erklärte er und fingerte gewissenhaft eine kaputte Birne aus dem Verband.

War ja auch die einzig vernünftige Möglichkeit, wieso man sich die ertragreiche Adventszeit entgehen lassen würde, hatte man Geld so dringend nötig wie Stadtstreicher und Obdachlose. Konnten sich einfach nicht wirklich blicken lassen dieser Tage, und Chris zuckte die Achseln und seufzte. „Hast dich nicht erwischen lassen?“ feixte er, sich verstohlen nach einem Bobby umschauend, doch da war noch niemand zu dieser frühen Stunde. Die würden erst auftauchen, wenn Kundschaft und Touristen sich unter die Verkäufer und ihre Angestellten mischten, wenn Taschendiebe auf die Jagd gingen unter ihnen. Das hier, das war denen völlig egal. Lupin schüttelte den Kopf, und dieses Mal hätte Chris schwören können, beides zu sehen: Den Schatten und das Lächeln.

Für einen Moment dachte er darüber nach, blieb still dort stehen in all dem Lärm und dem Gedränge, und noch immer die Hand an der Schläfe, wo Schmutz vom Wagen abzukratzen gewesen war, rieb er sich die Stelle. Es hatte was von … So hatte sein Spiegelbild einmal ausgesehen, nur wann und wo? Und im Streiflicht erinnerte er sich in einem schwarzen Anzug, und das Grab seiner Mutter kam ihm in den Sinn, und weil er das noch immer so schlecht ertrug, wischte er es beiseite und presste den Kopf so fest in den Hals, wie er nur konnte, bis es leise knackte und der Lautsprecher rechts von ihm summend zum Leben erwachte. Schellen und Glöckchen begannen, ein Lied einzuleiten, und der Chor stimmte so fröhlich sein 'Sleigh Ride' an, dass er endgültig vergessen wollte.

Übertrieben vergnügt nahm Chris einen tiefen Atemzug und drückte die Wirbelsäule wieder durch, die Alben vertreibend, und er drängte es beiseite, wie Lupin gerade noch ausgesehen hatte, jetzt wieder einfach der ewig blasse, ein wenig vorgealterte Junge mit den grauen Strähnchen in all dem ungekämmten Rotbraun auf seinem Schädel, und er tätschelte fester das Bein, das er als einziges erreichen konnte. „Schön, dich zu sehen!“ freute er sich noch einmal, denn ohne ihn, den so zuverlässigen und arbeitsamen Helfer, könnte er nicht schon damit anfangen, Kerzen in allen nur erdenklichen Farben und Formen auf die Auslage zu verteilen und dekorativ aufzustellen, geschmückt mit kleinen Zweigen und Zapfen und Nüssen.

Der junge Mann auf der Leiter hielt nur innerlich inne, seine Hände noch immer flink damit beschäftigt, die beschädigten Teile der Lichterkette zu ersetzen, bevor er sie am Holz befestigte. Schon komisch, wie sehr es schmerzte und wie gut es gleichzeitig tat, wenn jemand wie Chris Mountebank, ein Fremder eigentlich, so etwas zu einem sagte. Noch nicht lange war das wieder da, ließ er das an sich heran, durfte das ein Teil seines Lebens sein, hatte er überhaupt etwas, das er Leben nennen mochte. Aber es gelang, irgendwie. Mit jedem Tag, mit jeder Stunde fast ein bisschen mehr.

Menschen, Lachen, Kinder, die durch Pfützen sprangen, Vögel auf den kahlen Bäumen, aber vor allem Dinge wie das hier, zu tun, auch wenn es eigentlich lächerlich war und keinerlei Qualifikationen verlangte, das waren die Motoren. Weil noch immer die Lichter brannten und immer wieder, weil sie alle summten und mitsangen, und der alte Fleischer und die Käsefrau legten ein kleines Tänzchen aufs Parkett zwischen Kisten und Eispaketen, bis alle ringsherum klatschten im Takt und gröhlten vor Spaß.

Er ertappte sich dabei, wie er das Gleiche tat, die traditionellen Liedertexte murmelte und den Rhythmus schunkelte, dass die Leiter unter ihm wie zum Steppen klapperte. Und dabei drückte er den Tacker alle zwei Zoll gegen die Regenrinne, bis die ganze Bude von einem grünen Schimmer umgeben war. Die Jubilee Market Hall verwandelte sich in ein einziges Weihnachtsmärchen mit falschem Schnee und Tannengrün und Sternen, während Paul ihm die Bündel von Spitzkerzen hinauf reichte, um sie aufzuhängen an den noch verbundenen Dochten, und Chris verteilte Stumpen und Windlichter und gedrehtes Bienenwachs auf den Brettchen und Ausstellungsbäumen, bis kein Platz mehr übrig blieb.

Schön sah das aus, befand er auf seiner Sprosse, die Hände in die Hüften gestemmt und sich das Werk betrachtend, das er im Warmen und unter so herrlicher Beschallung hatte verrichten dürfen, und am liebsten hätte er lauter gelacht, als er es tatsächlich tat. Noch bei Sonnenaufgang, als er hergestiefelt war durch die dunklen Gassen von London und Westminster, tief vergraben in seinen Trenchcoat, war es ihm zuwider gewesen, überhaupt irgendetwas anderes zu tun als an seinem zugigen Fenster zu hocken und hinaus zu starren auf den feuchten Asphalt der schmutzigen Straße. Und nun? Nicht allein sein. Nicht zu baden in der Verzweiflung, die grausige Erkältung, die er sich auf der Brücke geholt hatte, nun auch verraucht, es war, ja, einfach schön.

Nein, es war nicht leichter und würde es auch nicht werden. Was geschehen war, das war geschehen, das konnte er nicht rückgängig machen, und niemals würde er derselbe sein, nie mehr. Aber das hatte er vorher gewusst, als die Gefahr bestanden hatte, als ihnen allen bewusst gewesen war, was jederzeit passieren konnte und sich eigentlich unweigerlich hatte ereignen müssen. Gezeichnet. Vielleicht verstand er die Prophezeiung jetzt erst richtig, oder zumindest mehr davon als damals – oh Gott, so lange war das gar nicht her – und wenn es so sein musste, was konnte er dagegen schon tun?

Weiter machen. Stehen bleiben. Nein, aufstehen erst einmal, das war das Furchtbarste. Denn wie konnte man laufen, wenn die Schuhe durch waren, der Boden voller Scherben, auf gebrochenem Glas unterwegs? Wie ein Fakir, wie der Überlebenskünstler, der Remus Lupin schon zeitlebens gewesen war. Er kannte Schmerz, er kannte Verlust, das waren keine neuen Freunde, nur dieses Mal härter zugeschlagen als er es jemals für möglich gehalten hätte. Sie klebten an ihm, sie ließen ihn nicht los, doch er lernte, er lernte, sie zu akzeptieren, sie zu umarmen und sie genauso an sich zu binden, wie sie es ihm angedroht hatten von jeher. Und vielleicht mochten sie das gar nicht so sehr, wie sie vorgegeben hatten. Vielleicht würden sie sich eines Tages von ihm abkehren, wenn sie ihn nicht mehr ertragen könnten. Darauf spekulierte er und genoss ihre Gesellschaft.

So wie diese hier nun. Die Musik wechselte von einem Stück zum nächsten, sie alle erfüllt von der Glückseligkeit und der ganz speziellen Vorfreude der Jahreszeit. Man konnte sich dem nicht entziehen, der Atmosphäre, dem wundervollen Duft nach frischen Lebkuchen, die nun hereingetragen wurden, und rote Äpfel füllten die Kisten am Obststand. Holzspielzeuge, Aufziehautos aus Blech, Puppenkleidchen und Zuckerstangen brachten sie und verteilten all die Köstlichkeiten und kleinen Wunder in ihren Auslagen und Verkaufsräumen, und die ersten Kindernasen drückten sich gegen die Scheiben, um sich das Wasser im Mund zusammenlaufen zu lassen. Von seiner Leiter steigend, ließ er es endlich zu, dass es ihn genauso anfüllte, so wie man Punsch in ein Glas schüttete, von unten nach oben zunehmend, dieses Gefühl von Zauberei, für die man keinen Zauberstab brauchte.

Es würde weiterhin keine Jobs für ihn geben, die seiner würdig waren. Immer noch würde ihn niemand einstellen in seiner Welt, und sie würden ihn schneiden und fürchten, erst recht jetzt, wo so viele von seiner Art verhört wurden und ihre Verbindung zu dem Gefallenen nicht verleugnen konnten. Und ja, er würde einsam sein, er würde viel denken und grübeln und immer wieder suchen, wo er versagt hatte, wo sie alle Fehler gemacht hatten, wer die Schuld daran trug. Nur manchmal, da würde er einfach sitzen und erinnern, und er würde das Glück spüren wie silberne Tropfen Taus im Gras, das versprach er sich hier und jetzt, an jenem Tag, an dem das erste Mal mehr als vorausliegender Kampf und erneuter Krieg für Rache und endgültige Erlösung die Kraft und einen Grund gaben, aufrecht zu stehen.

Harry. Harry lebte. Und er würde ihn brauchen eines Tages. Aber nicht nur als Wächter, als Beschützer, als Soldaten. Sondern als Augenzeuge, als Berichterstatter und Geschichtenerzähler. Als Freund. Und wenn er das sein wollte, wenn er diesen Dienst erweisen wollte, ohne eine Gegenleistung zu verlangen, die ein kleiner Junge sowieso nicht erfüllen konnte, dann musste er mehr hinüber retten als nur seine unversehrten Knochen. Er musste sein Herz am Leben erhalten. Oh, das würde ihm nicht leicht fallen, oh nein. Es würde entsetzlich schwierig sein, und wenn er ehrlich war, hatte Remus keine Ahnung, wie das gehen sollte, und gleichzeitig nährte er es bereits wieder.

Zu Großvater. Ja, wieso nicht zu Weihnachten zu Großvater? Er war auch allein, sie beide übrig, und es war sinnlos und albern, nicht für einander da zu sein. Und diese Entscheidung zauberte endlich doch ein echtes Lächeln auf seine Züge, und er bückte sich, um die zu entsorgenden Glühbirnen in einen kleinen Karton abzulegen. Und während Paul und der Lehrling schon anfingen, sich mit übrig gebliebenen Zapfen zu bewerfen und dabei hysterisch zu lachen wie Mädchen auf dem Schulhof, grinste Chris breit und schüttelte den Kopf. Alles alberne Kinder.

Er würde ihn fragen, bald schon, ob er nicht was von Buchhaltung verstand, war doch auf 'ner guten Schule gewesen, hatte studiert oder sowas, nicht wahr? Und Lupin würde mit hochgezogener Braue überlegen, wie er das ausdrücken könnte, schließlich bestätigen würde, ja, er verstand was davon, und dann würden sie gemeinsam zum Büro hinüber gehen, denn ein bisschen Geld konnte man immer gebrauchen, oder nicht? Weil man auch morgen zu essen kaufen musste, einen großen Riegel allerbester Schokolade aus einem weit entfernten Laden namens 'Honeydukes' in einem Dörfchen, das Hogsmeade hieß, denn Herz und Seele mussten gefüttert werden.

Und wie sie hinaus schlenderten, die ersten Schlangen von Menschen vor der Markthalle, die einkaufen wollten, Geschenke und Accessoires und alles, was man für die festliche Tafel und das herrliche Drumherum benötigte, spielten sie noch immer ganz leise im Hintergrund, und Remus schloss die Augen und nahm es sich ganz fest vor. Genauso würde er es machen in diesem ersten Winter nach dem Ende der Welt, seiner Welt, der ersten Bewährungsprobe für seinen Willen zu überleben: 'Have yourself a merry little Christmas'.


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