Forum | Chat | Galerie
 
Startseite | Favoriten
Harry Potter Xperts
Harry Potter Xperts
Startseite
Newsarchiv
Link us
Sitemap
Specials
Shop
Buch 7
Buch 6
Buch 5
Buch 4
Buch 3
Buch 2
Buch 1
Lexikon
Lustige Zitate
Gurkensalat
Hörbücher
Harry, A History
Steckbrief
Biographie
Werke
Erfolgsgeschichte
Interviews
Bilder
Harry Potter & Ich
JKRowling.com
Film 7, Teil 1 & 2
Film 6
Film 5
Film 4
Film 3
Film 2
Film 1
Schauspieler
Autogramme
Galerie
Musik
Videospiele
Downloads
Lesetipps
eBay-Auktionen
Webmaster
RSS-Feed
Geburtstage
Gewinnspiele
Twitter
Fanart
Fanfiction
User-CP
Quiz
Währungsrechner
Forum
F.A.Q.
Ãœber uns
Geschichte
Impressum

Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Scherbenschwarz

von Teekon

Der Lärm der vielen Menschen, lachend, scherzend, sich lautstark miteinander unterhaltend, drang nur stark gedämpft um die Ecken der dicht an dicht stehenden Häuser herum und in die schmale Gasse hinein, eigentlich kaum mehr als ein Hinterhof, ein Zugangsweg für die Wartung von Heizungen und Klimaanlagen. Die bunten Lichter des belebten Platzes warfen flackernde Schatten in Rot und Grün und Blau auf das nasse Pflaster, spiegelten sich in tiefen, modrigen Pfützen und beleuchteten spukhaft die gruppierten Mülltonnen und Container.

Nur im Slalom konnte man um die herausstehenden Rohre und summenden Ventilatorenkästen herum kommen, wollte man weiter hinein in die Zeile aus Geschäften, Kinos und kleinen Theatern. Bühneneingänge verbargen sich hier, schummrige Funzeln darüber und Notausgänge, nur angelehnt, damit die Angestellten hier rauchen konnten. Doch niemand war dort, nicht jetzt, denn ununterbrochen rauschte ein gleichförmiges Band kräftigen Regens vom Londoner Nachthimmel, und wer nicht mit Schirm unterwegs war oder Unterschlupf an einem der Vordächer des Leicester Square gefunden hatte, der blieb im Geschützten.

So stürmisch war das Wetter umgeschlagen von einem Tag auf den anderen. Wo am Vorabend noch der Wind der einzige Vorbote eines nahenden Winters gewesen war, der den Herbst hatte überspringen wollen, bunte Blätter noch an den Bäumen, so prächtig ihr Kleid, als hätten sie niemals vor, sie abzuwerfen, war über Nacht das Unwetter gekommen. Die Temperaturen waren gefallen, dass am Morgen noch Reif auf den Büschen und den letzten Blumen in den großen Parks geglitzert hatte, ehe der Niederschlag begonnen hatte. Und nun: Grau und düster der Tag, kalt und schwarz die Nacht.

Niemals zuvor war sie ihm so endlos und mächtig vorgekommen, niemals in seinem Leben hatte er geglaubt, sie könne das Licht für immer verdrängen. Doch den Mond und die Sterne hatte sie geschluckt und gefressen, und sie würden nicht mehr aufgehen, nicht für ihn, nie wieder, das wusste er in Herz und Seele und auch Kopf, denn selbst die Rationalität war davon gefangen genommen worden. So musste das sein am Polarkreis, wenn die Sonne entschied, ein halbes Jahr lang ihr Gesicht nicht mehr zu zeigen, hinter dem Horizont zu bleiben und gerade einmal genügend Wärme auszusenden, dass das Leben nicht vergehen konnte. Der viel gerühmte Satz: Zu wenig zum Leben, zu viel zum Sterben.

Nass. Nass bis auf die Knochen war er, schützte sich nicht gegen den Unbill der Natur. Die Kleider, ehemals elegant und perfekt sitzend, troffen, hingen an ihm wie Schlingpflanzen im Urwald, die Aufschläge eines teuren Hemdes bis an die Sattelgelenke seiner Daumen gezogen, und die Manschetten darin schienen stumpf und matt. Genau wie seine Augen, tief in ihre Höhlen zurückgezogen und dort glimmend wie Briketts, nicht verloschen, sondern die letzte Glut eines lodernden Feuers haltend, vergraben unter zu Asche zerbröselnden Balken und Scheiten.

Schwer waren die Schösse, war das ganze Jacket aus gut geschnittenem Samt, ein dunkles Violett, in der Finsternis verschwommen zu trauerndem Schwarz, drückte die Schultern nach unten, dass die ganze Gestalt wie vornübergebeugt wirkte. Vielleicht war er es aber auch wirklich, trat er Schritt für Schritt vorwärts, lauschend, lauernd, wie ein schwarzer Panther im Monsun des Amazonas, auf der Pirsch, und der Zauberstab aus wenig verzierter Buche rotierte ununterbrochen in seinen Fingern wie ein Quirl. Feine Fünkchen stoben davon auf, knisternd wie an einer heruntergebrannten Wunderkerze, Ausdruck seiner inneren Anspannung.

Das Haar lag strähnig am Kopf, formte den darunter immer so gut verborgenen Schädel aus zu einem hohen, fast zylindrischen Knochen. Die Locken, so voller Schwung und Kraft, hatten jegliche Dynamik verloren, ihre Frische fort, dass sie kaum noch mehr als lahme Wellen waren, und sie bedeckten seine Schläfen, seine Ohren, sein Gesicht, verfingen sich im filzigen, steif abstehenden Bart, der sich sträubte auf seiner Oberlippe. Wie Schnurrhaare, wie borstige Tastorgane, die ihm behilflich sein wollten auf seiner Jagd.

Über ihm zog sich die Häuserschlucht weiter zusammen wie in einem Perspektivbild von Dürer, Schornsteine zu oberst, Dachpfannen und Giebel darunter, Regenrinnen und Fallrohre, Fensterbänke, Simse, Feuerleitern. Das alles stürzte auf ihn herunter, erdrückte, engte ein, doch im selben Maße, in dem es ihn zerquetschte, in dem es ihm diese zittrige Beklemmung auf die Brust presste, schaffte es doch auch ein abgeschlossenes Terrain, schenkte ihm den Vorteil, denn es gab keinen anderen Ausgang als den hinter ihm, wo flanierende Gruppen von Menschen herum liefen, die ihr Wochenende ausklingen ließen.

Links und rechts von dem schmalen Gang, in der Mitte durchzogen von zusammengeflickten Gittern über einer Ablaufrinne, schief gesetzt und zum Stolpern einladend, gab es genügend Verstecke. Schatten und Finsternis zwischen den schäbigen Türen und den Tonnen und Abfallkübeln, ein geparkter Motorroller, Unrat und gegen die unverputzten Wände gelehnte Bretter, zerfressen von zu viel Wasser und Schimmel. Aber seine Augen waren wach, seine Ohren gespitzt, nie zuvor waren seine Sinne so gestählt gewesen. Er würde nicht an ihm vorbeischlüpfen können, nicht einmal als Ratte.

Inne haltend, horchte er hinaus, blendete den monotonen Straßenverkehr wenige hundert Yards entfernt komplett aus, hörte nicht mehr die Schritte auf dem Asphalt, das ewige Trommeln des eintönig fallenden Regens. Starr schirmten die langen, so herrlich schön gebogenen Wimpern die Augen gegen das Wasser ab, dass ihm von den Haaren über die Brauen ungehindert über das Gesicht lief. Dort vermischte es sich mit Salz, das er kaum spürte, das ihn nicht einmal zum Blinzeln brachte. „Ich weiß, dass du hier bist,“ sagte er, nicht wispernd, nicht zischend, wie in einer Unterhaltung am Tresen im Tropfenden Kessel, eine Feststellung, nicht mehr.

Keine Antwort. Nicht einmal ein Quietschen, kein Rascheln von Kleidung. „Du kannst dich verstecken,“ fuhr er fort, keine Drohung in seiner Stimme, noch immer weich der Bass, wie sich sein Kopf vorsichtig bewegte, damit kein Geräusch an seinen Ohrmuscheln vorbei gelangen konnte. „Aber ich werde dich trotzdem finden, und das weißt du.“ Und dieses Mal war es keine bedeutungslose Anmerkung, dieses Mal war alles darin, was er dann tun würde, was er vorhatte, und das konnte den Flüchtigen nicht kalt lassen. Ein hochfrequentes Pfeifen entschlüpfte ihm, irgendwo voraus, und hastig wandte der Verfolger sich hin und her, um die Richtung ausfindig machen zu können, doch es gelang nicht.

Zu eng, die Gasse, das Echo, mochte es noch so schwach sein, konnte zu schnell von Wand zu Wand springen, und er hätte überall sein können. Über, unter, rechts oder links von ihm. Die Zähne knirschten, wie er sich das eingestehen musste, und die Faust schloss sich so fest um den Zauberstab, dass die Knöchel weiß und entsetzlich blass hervortraten. Als könnten sie noch blutleerer überhaupt werden. Machte nichts. Es zögerte das Unvermeidliche nur heraus. Er würde ihn kriegen.

„Sie werden bald hier sein!“ Ein durchdringendes Kreischen beinahe, meldete sich der Verborgene doch zu Wort, nun sicher, nicht direkt gesehen werden zu können, seine Position dadurch nicht verratend. Gefechtsfeuer, und war es auch noch so klein und unscheinbar, war derzeit nicht angeraten, schon gar nicht in dieser Gegend, so dicht am Ministerium, unter der kurzfristig ausgeweiteten Anti-Apparier-Glocke, doch das war ihm egal gewesen. Alles war gleichgültig, nichts hatte mehr irgendeinen Sinn und keine Konsequenz vermochte ihn mehr zu schrecken. Das sollte er eigentlich wissen.

Alles, was er erntete, war ein heiseres, freudloses Lachen, dass sich die Schultern des Suchenden schüttelten wie ein Baum im Sturm. „Die Auroren?“ fragte er ihn, wollte ihn am Reden halten. „Lass sie nur kommen,“ und selbst das Flüstern, listig nun, sickerte in jede dunkle Ecke in der Gasse. Er hatte keine Angst vor ihnen. Alle seine Ängste waren längst Wirklichkeit geworden. Keinen Schrecken konnte es mehr geben für Sirius Orion Black, der sich zwischen die Häuser duckte und den Verräter aufgespürt hatte, und wenn der seine Spuren noch so gut zu verwischen suchte.

Es war wieder da, mit einem Mal, dieses Bild, jedes Bild. Es brach über ihn herein, eingebrannt auf die Innenseiten seiner Lider, niederschmetternd, dass ihm tatsächlich die Knie wegzubrechen drohten. Weich mit einem Mal, erneut, so als habe ihm jemand ätzende Säure über die Unterschenkel gegossen, und dennoch blieb er stehen, ungebeugt wie der Hauptmast einer königlichen Karavelle. Nein, nicht zu ertragen, und dennoch musste er und zwang sich, biss sich vorwärts, versuchte es mit der bewährten Kälte seines altehrwürdigen Hauses, und doch hatte er nie gehört, dass Eis so schrecklich brennen konnte. Tot, tot, einfach tot. Alles in ihm und außen herum.

Die Brille. Zertreten. Zersplittert das Glas und verborgen das Metall. Der Stab, das wunderhübsche, goldglänzende Mahagoni, außer Reichweite, das Holz, die Steine, der glitzernde Quarzstaub, Regen, Rinnsal auf der Treppe. Wie Streiflichter, wie aufflammende Punkte in seinem Geist, das halb weggerissene Obergeschoss, ein abgebrochener Ast, noch mit Blättern bedeckt und geschmückt, auf das frei liegende Bett gestürzt. Die Seide, Brokat, das Duvet, verdreckt und feucht, als wäre das die wirkliche Schande, als wäre das ein Grund, darüber zu weinen. So unwichtig.

Als auch das hochkommen wollte, verbot er es, würgte es hinunter statt hinauf, die massive Übelkeit, die ihm ein heftiges Sodbrennen hinter dem Brustbein aufschießen ließ, sich übergeben müssen und es nicht zulassen können. Glühende Blitze blieben davon übrig, feuerten hoch in die Schläfen und blendeten ihn für Sekundenbruchteile, dass er sich daran greifen musste, um sie loszuwerden. Nein, nicht jetzt, nie mehr, das nicht noch einmal sehen. Und gleichzeitig musste er, am besten sofort.

„Du bist der Geheimniswahrer!“ quietschte die verfluchte Ratte in Menschengestalt, erinnerte ihn daran, wie die Welt es sah, wie sie es sehen würden, die Auroren, die bald hier erscheinen würden, um Kampfzauber zu untersuchen, die durch Londons Nacht flogen, keine 24 Stunden nach dem Sturz des Dunklen Lords. Sie feierten überall. Wer focht, der hatte damit zu tun, wer jetzt noch stritt, auf den warteten sie. Dort draußen, irgendwo im Meer. Und er knirschte erneut mit den Zähnen und kehrte zurück aus dieser grauenhaften Starre, fast dankbar dafür, dass er ihm einen Sinn gab, weiter zu laufen. Es kochte hoch.

In seiner Stimme klang das Vibrieren von Kehlkopf und Lippen mit, in Panik herausgepresst, sich an den Fingernägeln kauend, er konnte es nicht zurückdrängen. „Und sie werden denken, du warst es! Du bist Schuld, Sirius, du!“ Keine Schadenfreude. Nicht einmal Boshaftigkeit konnte Black darin erkennen, und doch traf es wie Pfeile, winzige Eiskristalle, sie bohrten sich ihm durch die Lücken zwischen den Rippen, wuchsen, wurden zu einem Panzer, der den Puls einengte. Weil es stimmte.

Und es wollte ihn wieder packen, wollte mit scharfen Klauen seine Knöchel greifen und sie ihm wegziehen, den Boden unter seinen Füßen aufrollen, bis nur noch ein schwarzer Abgrund dort unter ihm auf ihn warten würde. Doch Sirius Black zwang sich, aufrecht zu bleiben, das Rückgrat in steiler S-Form zu halten, und er schloss die Augen und atmete tief durch, dass ihm der schleimige Geruch von verrottendem Müll und das abgestandene Aroma eines schlecht gereinigten Gullys bis in die hintersten Winkel seiner Lungen drang. „Ja, es ist meine Schuld,“ sagte er, und dieses Mal wusste er nicht, ob Pettigrew ihn hören konnte, viel zu beschäftigt damit, so rasch wie möglich die Lider wieder hochschnellen zu lassen, weil es wieder da war. Das merkwürdig gefärbte Bild von Schuhspitzen, die wie Zeigefinger Gottes auf der dritten Stufe gen Himmel deuteten.

Denn er hatte ihn vorgeschlagen. Er hatte zu ihm geraten als tolldreiste Finte, als fabelhaften Coup, der perfekte Bluff, Ersatz für ihn, von dem sie alle annehmen würden, dass er diese Position inne gehabt hatte. Und sie hatten es ohne Fehl und Tadel gespielt. So meisterhaft, sie konnten niemandem das Gegenteil beweisen. Die Hitze, die ihm davon durch den Nacken in den Schädel drang, durch das anatomisch einzig vorhandene Loch darin, das groß genug war für ein solches Monstrum der Wahrheit, berührte ihn kaum. Peter hatte Recht. Sie würden es ihm anlasten und nur ihm, nicht dem mausezähnigen Feigling, der sich irgendwo in der Dunkelheit vor ihm versteckte. Nur ein Grund mehr, ihn selbst zur Strecke zu bringen. Ob sie ihn dann festnahmen? Ob sie ihn nicht nur verdächtigen, sondern vielleicht auch verurteilen würden? Spielte das noch irgendeine Rolle?

Es vergingen keine Minuten. Das alles schwappte über ihn hinweg, wie Wellen aus herrlichem Ozean, gischtschlagend, wenn die Brandung rollte, und im Regen verwuschen die Tränen, die nun endlich flossen. Bellendes Lachen und brüllendes, quietschendes und brummendes, wenn vier Jungen sich auf dem Rücken auf ihren Matratzen herum rollten, die Füße von sich gestreckt, sich die Bäuche haltend, weil sie es nicht aushalten konnten, so schön war es, gemeinsam Unfug angestellt zu haben. Die Wärme, damals noch oft so verlegen machend, längst eine so zärtliche Erinnerung, man wollte sie am liebsten täglich heraufbeschwören, wenn das Fell sich an die Haut schmiegte und das ruhige Atmen sie alle in den Schlaf wiegte.

Arm in Arm im Silberlicht. Auf feuchter, taubenetzter Wiese, unter dem Septembermond, waren sie gelaufen, keine Grenzen zwischen ihnen, keine Kluft, völlig unmöglich, so eins die vier Brüder mit anderen Müttern, und sein Gesicht sprang ihm besonders entgegen, der pummelige Junge, den alle nur hänselten, bei ihnen der liebste und treuste und beste Freund. Und er konnte ihn nicht in Verbindung bringen mit diesem sabbernden, wimmernden Wurm, der vor ihm davon lief, weil er das grauenhafteste, das fürchterlichste Verbrechen begangen hatte, unaussprechlich und immer noch unvorstellbar. Denn er hatte nicht nur die verraten, die immer für ihn da gewesen waren, die ihn getröstet und beschützt hatten. Er hatte auch die getötet, die noch übrig waren, auch wenn sie lebten. Freundschaft. Aufgespießt und aufgepflanzt wie einst vom Pfähler selbst.

Sie versiegten sogleich wieder, die Zeugen seiner Trauer, wie das Gefühl erneut umschlug, so übermächtig wie eine Schlammlawine, und was wie ein Geysir aus seinem Herzen schoss, war beißender Hass auf all das, auf die Jahre des Krieges, sogar auf all diejenigen, die verloren waren in diesem Strudel aus sinnloser Gewalt und widersinniger Lust an Folter und Tod. Nicht nur Marlene sah er vor seinen Augen, nicht nur Fabian und Gideon und die Bones-Familie, Isentung und die verhehrte Halle im fernen Ägypten, für Bruchteile von Sekunden das bleiche Gesicht mit den weit aufgerissenen, rehbraunen Augen seines besten Freundes, das ihm einen Stich durch den Brustkorb bohrte wie ein aus der Glut gezogenes, frisch geschmiedetes Breitschwert. Keine Ahnung, woher das kam, wieso er sich ausgerechnet jetzt mit einem die Luftröhre zerreißenden Schrei und hoch erhobenem Zauberstab ihrer entsann: Vater und Bruder. Drei Blacks, Seite an Seite auf den Stufen vor der schwarzen Tür. Alle zerstört.

Als hätte er den Angriff kommen gespürt, geahnt, dass Sirius instinktiv in die richtige Richtung zielen würde, der beste Duellant des Ordens des Phönix, kreischte Peter auf und sprang aus seinem Versteck, ehe der ungesagte Fluch in die Wand einschlage konnte. Backstein splitterte, Blech flog in hohem Bogen auseinander, und scheppernd donnerten die Mülltonnen und ihre Deckel über das unebene Pflaster. Und da stand er, für einen Moment, beleuchtet aschfahl von den im Winde schwankenden Glühbirnen in den Ästen der Bäume auf dem Leister Square, und er war nicht mehr der süße, übergewichtige Junge mit den hellblauen Augen voller Freude. Ausgezehrt, grau, die Haut überzogen von gelblichen Borken, und sein Gesicht war eingefallen, spitz geworden, als stände kein Mann vor ihm, sondern die Ratte. Wurmschwanz. Und Sirius holte erneut aus.

Er hatte keine Worte mehr. Nur noch Feuer und Flamme und Zorn, enttäuschte Kinderliebe, einmal mehr und dieses Mal nicht zu zudecken vom selben milden Schmerz in den so ähnlichen Augen eines gebrochenen Mannes. „Sirius!“ rief das Zerrbild eines Vertrauten aus und schlug die Hände vor dem Gesicht zusammen, die dürren, langgliedrigen Fingerchen zitternd. Es half ihm nicht. Stumm, die Zähne gefletscht, Black war gnadenlos in seiner verzweifelten Hoffnungslosigkeit. Kein Entkommen. Und das Bombarda zerschlug Tür und Stein und Wand so komplett, dass kein Zweifel mehr blieb.

Der Nager sprang über die Trümmer hinweg, hastig die Füßchen, steil der Schwanz, und die Menschen schrien. Eine Frau kreischte in Entsetzen auf, aber Black nahm es nur am Rande seiner Wahrnehmung auf. Er eilte ihm nach, erklomm regelrecht den selbstgeschaffenen Hügel aus Schutt, herausgerissenes Kupfer sprudelnd wie eine Quelle im Gebirge, und gleichzeitig stoben weißgelbe Funken aus zerfledderten Kabeln, wie ein Fulguratus in einem dunklen Gang unter der Großen Halle von Hogwarts. Den Weg freigemacht für die Flucht nach vorn, doch selbst darüber konnte Sirius sich nicht mehr weiter erzürnen. Er würde ihn trotzdem bekommen, und wenn es das Letzte war, was er tun würde. Für den kleinen Harry, für James, bester Freund, Seelenstück, für Lily. Und für Remus.

Auf die belebte Straße stürmten sie, und niemand bemerkte, wie der gedrungene Mann aus dem Erdboden zu wachsen schien, sich umsehend, unruhig, und Cabs und Autos traten in die Bremse, dem so plötzlich Erschienenen auszuweichen. Der Regen fiel immer noch, doch war er nur noch ein Statist in dem so grausam entsponnenen Chaos. Wo gerade noch nur sie beide beteiligt gewesen waren, in der engen, schmalen Gasse, befanden sie sich nun mitten in einem Pulk aus Theaterbesuchern, die aus dem Garrick strömten, die Vorstellung beendet, abgelenkt, in ihren teuren Mänteln und die Schirme erhoben über den Köpfen.

Mit einem Mal waren sie die Show, das Entertainment, und dutzende Gesichter richteten sich auf sie, zur Bühne geworden die Charing Cross Road. Makaberes Stück. Und am liebsten hätte Sirius gelacht, wie er sich so wiederfand, alles, jedes Gesetz nun in den Wind schießend. Geheimhaltung. Wen interessierte das? Er wollte nur eins. Und das war die kriecherische Figur dort, eine halbe Person unter ihm und vielleicht 20 Yards entfernt, sich windend, duckend, mit mümmelnder Nase und hochgezogener Lippe zu ihm herauf glotzend, und dabei dennoch immer im Auge behaltend, ob sich zwischen Verkehr und Auflauf eine Möglichkeit zum Entkommen auftat. Dass irgendwo hinter den Reihen und verborgen in Abzweigungen und hinter Laternenmasten Gestalten in schwarzen Roben ploppend auftauchten, das bemerkte er besser als sein Verfolger.

Er war ein Gespenst. Glühend, wie in Phosphor getaucht von den Neonreklamen, wie der Grimm der Sage aus dem Moor, so stand er da, mehr Wolfshund als Mann, und er streckte den Arm aus, verlängert durch das magische Holz. „Sirius!“ winselte Pettigrew erneut und verschwand regelrecht zwischen den eigenen Schultern, sein fussliges, blondes Haar gepeitscht vom Wind, wie Murmeln die Augen hin und her huschend. „Nicht auch noch ich! Hast du denn nicht genug getan?“

Die Kohlen glühten so heftig auf in dem von Wut und erbittertem Furor gezeichneten Gesicht, dass er zurückschreckte, beinahe über seine eigenen, schlurfenden Füße stolperte. „Du wagst es?“ Ein Bellen, scharf und drohend, dass ihm der Speichel vom Mund flog, konnte Sirius es nicht fassen, konnte er nicht begreifen, dass er tatsächlich tat, was er hier offenbarte, und nur noch tödlicher drang diese Desillusionierung in ihn ein, zerschnitt ihm förmlich die Lebensfäden, die ihn noch zusammenhielten. Denn das, das war die allerletzte Schmach. Er war nicht bloß ein Feigling, nicht bloß vor Angst hineingerutscht und nicht mehr in der Lage, sich daraus zu befreien. Er war mehr als das. Sich heraus zu ziehen, eine Falle zu stellen wie diese, die er hier nun offenbarte, das war eigener Antrieb. Selbsterhaltung. Und mehr nicht.

Peter wusste es, verstand es in diesem Augenblick, in dem Sirius für einen winzigen Lidschluss den Zauberstab senkte: Er war durchschaut. Gänzlich. Die Zunge zwischen den Zähnen, zwinkerte er ihm zu, hob er die beiden Hände, geschützt nur noch durch die Öffentlichkeit, die Anwesenheit von unschuldigen Muggeln und beobachtenden Auroren, die nicht einzugreifen wagten aus dem selben Grund. Seine Chance war gekommen. Und er führte seinen Plan aus, so skrupellos wie einen süßen, niedlichen Streich im dritten Schuljahr, wenn man Schnürsenkel eines Slytherin zusammenhexte, während die Pausenglocke läutete.

War das wirklich, was hier geschah? Konnte das sein oder war es nur ein Alptraum? Ein endloses Grauen, aus dem er – wieso auch immer – nicht aufwachte, nicht aufwachen konnte? Wieso schüttelte ihn niemand? Wieso warf ihm keiner ein Kissen an den Kopf – 'Black, wach auf, du kreischt im Schlaf wie ein Mädchen!' Nein. Es war Realität. Unmöglich und dennoch wahr. Stocksteif in Schock und Entsetzen, vielleicht auch die Schuld, die er sich gab, lähmend und versteinernd, stand er nur da, und die Streiflichter waren erneut präsent.

Das Büchlein über Okklumentik, eine Nachricht von einem Wolf, verborgene Instrumente in tiefen Taschen und niemals zuhause, wenn man ihn suchte. Ölflecken auf besten Pullovern, abgewiesene Nähe und Heimlichtuerei. Sirius kam das Lachen hoch, dieses erbärmliche, kalte Lachen, so zerdrückt von beiden Seiten durch Trauer und Scham und Wut und Enttäuschung, wie er daran dachte. Oh, Remus, er wünschte, er wäre hier. Er wünschte, er könnte ihm vergeben, ihnen beiden, diesen dummen Jungs, die ihn verdächtigt hatten, die ihn für den Verräter gehalten hatten, die ihm alles genommen hatten. Nein, James traf keine Schuld mehr. Er war es. Er allein. Ihm das Leben genauso zerstört wie das seiner eigenen kleinen Familie. Tot. Einfach alles tot.

Er wehrte sich nicht. Stand nur da auf den Trümmern der Hauswand, schaute zu, wie Peter das Unvorstellbare vollbrachte. Furcht, grauenhafte Furcht vor dem Zauberer-dessen-Name-ausradiert-sein-sollte, und dennoch bereit zu einer so merkwürdigen Form der Tapferkeit. Ein Secare vielleicht, dafür nicht gemacht, doch der Finger fiel und das Blut quoll in heftigem Puls, und er erschauerte unter dem Schmerz und schrie leise auf, doch in der Panik ringsherum, da war es nur, was er sagte: „Nein, Sirius, tu das nicht!“ Und wieso es niemand sah, dass Blacks Buchenholz sich nicht mehr hob, geschlagen, vernichtet wie die Spanische Armada, darüber grübelte er die vielen Jahre nach unter dem winzigen Fenster hoch über der See.

Die Explosion erschütterte den ganzen Straßenzug, dass Bäume knickten und ihr Laub in einem einzigen Schlag verloren. Die Wagen, die stehen geblieben waren, um das Opfer auf der Fahrbahn nicht zu überrollen, verbeulten und wurden rückwärts geschoben, und mindestens einer geriet unter die Reifen. Die anderen fielen einfach um, getroffen von hochwirbelnden Pflastersteinen, von umher spritzendem Mauerwerk umgeworfen, eine Spur der Verwüstung bis zu den in Millionen Glassplitter zerbombten Scheiben des Theaters. IRA. Sie rannten umher, schrien nach ihren Angehörigen, Sirenen heulten durch die Nacht, und die Flecken auf ihren so gut gewählten Kleidern für den Sonntagabendausflug waren Sprenkel und Spritzer von Blut und noch mehr.

Warum er nicht selbst von der Schockwelle erfasst worden war, das wusste Sirius Black nicht, und es interessierte ihn auch nicht. Er stand nur immer noch da, in die eigenen Knie gestützt, die Hände frei und unbewaffnet, lachend wie verrückt, laut und schrill und schrecklich, und das Bellen aus Fröhlichkeit und Lebenslust daraus verschwunden wie der Zauberstab aus seiner Hand, den er viele Jahre später dort wiederfinden würde, in einer Ritze zwischen den Backsteinen, keinen Schimmer, wieso er das tat. Wo doch keinerlei Hoffnung mehr bestand.

Und dort fanden sie ihn auch und banden ihm die Hände, der er immer noch nur den Kopf schüttelte und gackerte und prustete, als habe er gerade eben die beste Kabarett-Vorstellung seiner Zeit erlebt. Stumm führten sie ihn ab, der sich nicht dagegen stemmte, der nur auf diesen Fleck starrte, wo der abgerissene Finger des Peter Pettigrew in einer Blutlache auf dem Asphalt lag, keinen vollen Yard von dem offenen Rinnstein entfernt, und sie wussten nicht, wieso, doch ihn gefangen zu nehmen, den Todesser, den schlimmsten Schwarzmagier gleich hinter seinem Herrn, das befriedigte nicht. Nein, diese geisterhafte Szenerie, sie machte unendlich betroffen.


Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.

Zurück zur Übersicht

Twitter
HPXperts-Shop
Soundtrack: Der Hobbit 3
Top-News
Suche
Updates
Samstag, 01.07.
Neue FF von SarahGranger
Freitag, 02.06.
Neue FF von Laurien87
Mittwoch, 24.05.
Neue FF von Lily Potter
Zitat
Es gibt nichts Schöneres für mich als den Kindern zu begegnen, die meine Bücher lesen.
Joanne K. Rowling