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Im Silberlicht bis Nimmermehr - An der Flussbiegung

von Teekon

„Brillante Idee, ihm das Filum zuzustecken,“ bemerkte Remus heiser wispernd und klopfte dem Mann neben sich anerkennend auf das Schulterblatt, ohne auch nur den Kopf zur Seite zu wenden oder ihn aus dem Augenwinkel heraus zu betrachten. Das war auch nicht nötig. Die Geste wurde nicht erwidert, und Bill Weasley leckte sich gerade einmal über die Lippen, ein leise stolzes Glänzen über seine Hornhäute zuckend. „Fluchbrecher machen das so, wenn sie in unbekannte Labyrinthe hinabsteigen,“ erklärte er sein Fachwissen aus der eigenen Branche, und das besagte magische Hilfsmittel warf immer noch eine rote Spur über die dunkle Wiese, so als zöge der breitschultrige Kerl ein sich abribbelndes Wollknäuel hinter sich her oder als stecke ihm eine Rolle Klopapier in der Hose.

Genau diese Spur hatten sie quer durch England hindurch als Leitfaden benutzen können, im wahrsten Sinne des Wortes, an dem man sogar entlang apparieren konnte, und mit ein wenig Übung landete man nicht genau auf demjenigen, der den winzigen Aussender, zumeist ein kleiner, farbiger Edelstein, bei sich trug. Bill war darin ein Meister. Nicht umsonst verlangte man explizit nach ihm, wenn man ein besonders vielversprechendes Grab zu öffnen, eine Ruine zu erkunden hatte. Naja. Jedenfalls war das so gewesen, bevor er abgetaucht war. Und es würde wieder so sein, das schwor er sich hier und jetzt. Denn er liebte diesen Job viel zu sehr.

Am Nervenkitzel konnte das allerdings nicht liegen. Den hatte er als Ordensmitglied und Untergrundkämpfer gegen die marodierenden Banden des Zauberers-Ohne-Nase sicherlich genug. Und egal, wie brillant Remus diese Ausflugsmöglichkeit gefunden hatte, Fleur würde ihm dafür nachher den Schädel abreißen. Fast kopflos, einfach zu folgen, als sich das Gerät bemerkbar gemacht und eine offenbar längere Reise seines Trägers verkündet hatte. Keine Zeit, andere zu alarmieren oder auf sie zu warten. Und erst einmal war es ja auch wirklich nur eine Beobachtung. Konnte sein, dass dabei gar nichts heraus sprang. Nun aber waren sie hier, und ihre volle Aufmerksamkeit wurde gebraucht.

Nein, nicht mehr London, nicht die Docklands, zum großen Teil bereits hochmodern renoviert und herausgeputzt, nur noch an wenigen Stellen so marode und abweisend, wie sie es nach der Schließung des Binnenhafens geworden waren. Die verfallenen Backsteinhallen mit den herausgebrochenen Fenstern, sie konnten nicht mehr lange eine Heimat sein für ein angewachsenes Rudel versehrter Ausgestoßener. Die Enge tat ihnen nicht gut, konnte man es ihnen ansehen. Die vielen Wunden, Risse, Schnitte, die stammten nicht von häufigen Gefechten eines Guerillakrieges gegen sie, wenn sie in Greifertrupps mit unterwegs waren. Es waren Rang- und Revierstreitigkeiten.

Auch dem schmächtigeren Exemplar dort unten sah man es an, oder hätte man es erkennen können, wäre die Nacht nicht so ungemein finster gewesen mitten in der menschenleeren Walachei, wo kein Haus, kein Hof ein Licht aus einem noch so kleinen Fenster verbreitete. Einzig die Sterne an wolkenlosem Himmel spendeten einige winzige Strahlen und ließen gerade einmal Umrisse ausmachen, zwei nebeneinander her staksende Gestalten, die auf der ungepflegten und von noch immer halb gefrorenen Maulwurfshügeln übersäten Wiese einen Weg für sich suchten. Langsam schritten sie deshalb, so ausladend wie möglich, Störchen gleich, wären sie nicht ungemein massiger gewesen. Zumindest einer von ihnen.

Ein platschendes Geräusch, gefolgt von einem kurzen Aufschrei des Erschreckens und einem angeekelten und genervten „uach!“ brachte ihnen in ihrem Versteck die Kunde, dass einer von beiden in eine hübsche Pfütze getreten war und jetzt sicherlich einen eisigkalt nassen Fuß hatte, und grinsend rieb sich Remus den Mund, Bill ein feixendes Lachen unterdrückend. „Ich hasse diese ganze Scheiße!“ fluchte der Unglückliche, doch sein Kamerad schob ihn einfach weiter und schnaubte missmutig. Ob es daran lag, dass auch er keine Lust hatte, sich in einer kühlen Nacht wie dieser an irgendeiner Flussbiegung am Arsch der Welt herumtreiben zu müssen, oder ob es etwas Anderes war (und wenn das, was dann?), das konnten sie nicht erahnen.

„Hör auf zu jammern und geh weiter, Mait,“ befahl der kratzige Bass von Dragan Scabior, und hätte man ihn nicht schon an der Statur und dem kantigen Kopf in der Düsternis erkannt, hätte man spätestens jetzt gewusst, mit wem man es zu tun hatte. Und der bei ihm schlurfende Untergebene, das war Maitland Barrymore, Mr. Immer-mies-drauf. „Hättest du je gelernt, gezielter zu apparieren, hätten wir auch nicht so weit latschen müssen,“ erinnerte ihn sein Rudelführer an die Tatsachen. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Lackaffe wie Lestrange ein so großes Anti-Apparier-Zelt ganz allein werfen kann.“

Dieses Mal schauten sie einander doch an, obwohl das in den noch tieferen Schatten ihres Ginsterbusches kaum wirklich möglich war. Gleich drei Informationen auf einmal hatte Dragan ihnen damit gegeben, und die Eventualitäten des Abends hatten sich damit schon einmal eingeschränkt: Maitland hatte Scabior hierher gebracht, wahrscheinlich auf Geheiß des sie begleitenden Todessers, und dieser war irgendwo dort vorn, vielleicht um die Biegung herum, und es handelte sich um einen der Lestrange-Brüder. Offenbar hatte man ihrem kleinen Trupp jemand anderen zugeteilt nach den letzten Schlappen, die sie gegen die unbekannten, immer wiederkehrenden Befreier ihrer Gefangenen erlitten hatten. Ob sie sich darüber freuen oder diese Wendung fürchten sollten, konnten Bill und Remus nicht entscheiden.

Eins jedoch stand fest: Wohin die beiden Werwölfe in Menschengestalt auch unterwegs waren, sie würden ihnen folgen. Ohne sich groß absprechen zu müssen, die Freundschaft der beiden Männer mit dem doch nicht zu verachtenden Altersunterschied mittlerweile aufgeblüht wie eines der vielen Buschwindröschen im nahe gelegenen Wald, stemmten sie sich aus ihren hockenden Positionen und huschten vorwärts, immer parallel zu den Gegnern, doch nicht kontinuierlich, sondern von Strauch zu Strauch. Kornelkirschen und Kreuzdorn, noch blattlos, und deshalb hervorragende kurzfristige Verstecke. Zwischen den kahlen Zweigen mit ihren vielen Verästelungen konnte man die beiden Zauberer nicht entdecken.

Vorwärts ging es, immer am Ufer des träge dahin fließenden Stroms entlang, dessen Wasser kaum einen Laut verursachte in der Nacht. Eulen gurrten, ein Fuchs rief rau und sehnsüchtig nach seiner Gefährtin, und nur ein vorsichtiger Wind rüttelte sacht an winterlichen Bäumen, die sich auf dem flachen Strand gegenüber den steilen Hügel hinauf zogen und auf seinem Gipfel gegen den Himmel abzeichneten. Fast gespenstisch wirkte das, Skelette, Gerippe von Buche und Eiche in der dunkelsten Stunde zwischen den Dämmerungen. Sie hatten kein Auge dafür. Ihre Aufmerksamkeit galt den nun stumm Wandernden, und während diese in ebenem Gelände blieben, stieg ihr Weg langsam an und führte sie auf einen trockeneren Vorsprung, der wie eine Nase über die Windung des Flusses ragte. Von dort aus hatten sie einen fabelhaften Überblick über die Landschaft, den sie nun nicht genießen konnten. Dafür aber umso mehr den strategischen Überblick.

Niedrige Büsche aus wilden Scheinquitten, die Früchte des vergangenen Jahres noch zum Teil von Vögeln angepickt zwischen den Ästen und dornenartig abgebrochenen Zweigen, bildeten eine rundherum wachsende Krone am oberen Rand ihres Ausgucks, und sich halb darunter eingrabend, ignorierten Bill und Remus die Kälte, die ihnen in die Finger und klamm bis unter die Kleider kroch. Adrenalin hielt jetzt warm, denn die Herzen schlugen bis zum Hals, ohne dass es sie beeinträchtigt hätte. So gewohnt, dieses Spiel. Ein gutes Versteck obendrein, ihre Gesichter nicht zu entdecken, und sich bis an den bröckelnden Rand aus losem Lössboden heran ziehend mit steifen Händen, robbten sie vorwärts. Endlich mehr Licht. Gefallen tat es ihnen dennoch nicht, was sie sahen.

Dragan Scabior blieb zurück, in einem nun gut sichtbaren Kreis aus Wachtposten, die in zwei Bögen, einer im Westen, einer im Osten, um das Geschehen herum aufgebaut waren. Sie deckten das Land ab, die Erhebung und das Flussufer die beiden festen Begrenzungen, und dazwischen baute sich eines der Lager auf, die Gruppen von Greifern überall im Land an Orten wie diesen errichtet hatten. Nur sonst nicht unbedingt so üppig ausgestattet mit willigen Helfern und wachsamen Ohren. Ein Feuer in der Mitte, doch keine Zelte wie sonst, und darum war es ihnen gleich klar: Das hier war eher ein Provisorium, kein oft genutzter Stützpunkt. Und vielleicht lag es daran, dass er nicht von Todessern und Greifern aufgebaut worden war.

Maitland Barrymore trat in den von flackerndem Schein ausgeleuchteten Kreis, den das Lagerfeuer um sich herum warf, und das Wechselspiel aus kränklichen Schatten und ungesund orangefarbener Leichenblässe auf seinem Gesicht verbarg kaum das blaue Auge, die verkrustete Wunde an der Braue und die darunter zu engen Schlitzen verengten Lider, die seinen Unmut, seinen brodelnden Zorn zurückhalten sollten. Remus schnaufte lautlos und spürte fast ein wenig Mitleid mit dem Zausel. Schon immer zu viel zu schnell zu persönlich genommen. Vielleicht fehlte bald nicht mehr viel, ihn heraus brechen zu lassen, was in ihm schwelte.

Er trat an den unverkennbaren Todesser zwischen den verdreckten und wenig edlen Kollegen heran, Rabastan Lestrange, in einen seiner pompösen Samtanzüge gekleidet, sogar hier draußen, und selbst die obligatorischen Zeichen seiner Adelswürde – Fahrzylinder und Gehstock mit verziertem Knauf – hatte er nicht abgelegt. Unpassend an diesem Ort wirkte er, wie ein Monet, den man neben Fingerfarbbildern im Kindergarten aufgehängt hatte, wie eine viktorianische Villa zwischen 70er Jahre Mietskasernen, und er wandte sich kaum nennenswert in die Richtung des Neuankömmlings, der auf ihn zu kam. „Scabior ist jetzt da,“ gab Barrymore die Erfüllung seines Auftrags zu Protokoll, und die Miene von Lestrange hellte sich beinahe ein wenig auf.

„Ah, sehr schön,“ freute er sich übermäßig, und Remus konnte nicht anders. Er musste mit den Zähnen knirschen, laut genug, dass Bill neben ihm den Kopf wandte und ihn ansah, aber nicht mehr, und er stellte für einen Moment das Atmen ein. Lestrange. Dieser arrogante Saftsack. Dieses ekelerregende Miststück von einem … Nein, einen Mann konnte man das nicht nennen. Die Erinnerung an ihre letzte Begegnung, Auge in Auge, sie schmerzte, sie brannte, sie fühlte sich an wie ein glühendes Eisen, das man ihm unter das Brustbein drückte. 'Grüß mir mein hübsches Zuckerpüppchen.' Dafür hatte er noch einen gut. Eine Faust mitten ins Gesicht.

Den versilberten Kopf einer Kobra in die eine Hand schlagend, betrachtete Lestrange seine Fingernägel, somit von oben auf die mickrige Figur des Werwolfs hinab blickend, wie er ganz nebenbei anfügte: „Ich habe gern kompetente Leute in meinem Rücken, Butterchurn.“ Und damit wandte er sich endgültig von Barrymore ab und kümmerte sich nicht um das grollende Zähnefletschen, das dem Mann aus der Kehle quoll, die Fäuste geballt, doch furchtsam nicht in der Lage, auch nur einen drohenden Schritt in seine Richtung zu machen. Maitland war vielleicht nicht das schärfste Messer in der Schublade, aber selbst er merkte es, wenn jemand absichtlich seinen Namen verdrehte zu einem Behälter für abgestandenes Fett. Er ließ den Rücken des Todessers nicht eine Sekunde aus den Augen, und er konnte nichts dagegen tun.

Remus kümmerte sich nicht mehr um ihn, hatte nun wichtigere Dinge zu tun. Und auch William sondierte längst das Terrain, sog die Situation in sich auf, um zu erfassen, was hier geschah, was eventuell getan werden musste und wie man diese Ziele erreichen könnte. Es war nicht wie sonst. Hier hatte man nicht bereits Gefangene hergebracht, um sie zu sammeln und für den Abtransport nach Azkaban zusammen zu treiben. Vielleicht deshalb keine Dementoren dabei. Gut so. Die konnten sie nicht gebrauchen, nicht, wenn sie nur zu Zweit waren und sich um eine Herde unbewaffneter Geiseln sorgen mussten.

Nein, das hier war ein provisorisches Flüchtlingslager gewesen, die Niederlassung einiger gemeinsam Reisender, möglicherweise nicht für länger als eine Nacht geplant, eben einigermaßen wettergeschützt und in der Nähe von Wasser und einer Nahrungsquelle, in diesem Fall dem Fluss. Da lag noch ein umgeworfenes Gestänge, daran ein mittelgroßer Kupferkessel, in dem offensichtlich gekocht worden war. Fisch. Ein wenig Wintergemüse, Lauch und Kohl und Zwiebeln. Nicht viel, aber ausreichend. Und vor allem warm. Zusammengetragene Findlinge hatten als Sitzgelegenheiten gedient, und die Unterkünfte und Betten waren noch nicht aufgebaut gewesen. Rucksäcke und Bündel lagen noch übereinander gestapelt am Rand eines ausgetretenen Rondells rund um die Feuerstelle.

Wie viele es waren, das konnte weder Remus noch der jüngere Bill erkennen, doch das war auch nicht notwendig. Wer auch immer hier beisammen gesessen hatte, ohne Schutz, ohne einen der geheimen Fluchtpunkte, an denen sich Leute wie Angelina, Gilbert und Kingsley in dieser feuchtkalten Märzennacht aufhalten würden: Mindestens fünf von ihnen hatte man einfangen können, nachdem man sie aus dem Hinterhalt heraus überrascht hatte. Wie man sie gefunden hatte, ob sie schon hierher verfolgt worden waren oder man per Zufall über sie gestolpert war? Das war jetzt nicht wichtig.

Drei von ihnen waren Menschen, Männer wohl, sofern das von dem Vorsprung aus zu erkennen war, denn sie saßen Rücken an Rücken wie eine Art Mercedes-Stern beisammen, die Hände und Füße gebunden, und ob sie auch aneinander gefesselt waren, um möglichst gar nicht aufstehen zu können, das war zwischen ihnen verborgen. Den hintersten konnten sie nur durch eine lichte Stelle auf seinem blonden Kopf erkennen, die Schultern an den anderen beiden vorbei lugend, während ihnen der Jüngste seitlich zugewandt war und nur der eine direkt in ihre Richtung schaute. Hätte er das Kinn heben können und wäre es heller gewesen unter den Quitten, er hätte sie vielleicht gesehen. Aber so konnten nur sie beide das Gesicht erkennen.

Die Augen beider Beobachter weiteten sich in Schock und Wiedererkennen, und hastig nach dem Ärmel des anderen greifend, packten sie sich gleichzeitig an den Unterarmen, dass die Handgelenke verdreht wurden, ohne zu schmerzen. „Dirk Cresswell!“ entfuhr es ihnen tonlos geflüstert, und einander aus den Augenwinkeln, minimal die Drehung des Kopfes, anschauend, hätten sie die erschrockene Röte in den Wangen sehen können. „Ich kenne ihn von meiner Arbeit,“ wisperte Bill, und Remus nickte, dass er nicht weiter berichten brauchte. Dirk Cresswell arbeitete im Koboldverbindungsbüro, beherrschte perfekt ihre Sprache, das komplizierte, verächtlich als 'Koboldogack' bezeichnete Raunen und Zischen, und er durfte sich sicherlich zu einem der wenigen Zauberer zählen, der ein wahrhaftig gutes Verhältnis zu den Bankiers ihrer Welt pflegte. „Wir sind zusammen zur Schule gegangen,“ sagte Remus, und sein Schlucken war als lauter Anschlag des Kehldeckels darin zu hören.

Muggelgeboren, und deshalb ihre Lust am Quälen an ihm schon besonders ausgelebt, konnten sie mehrere, gleich lange Schnitte erkennen, die sich über Stirn und Wangen und Kiefer zogen. Ein bisschen blass, aber die Augen ungebrochen, hielt er den Nacken gerade und warf einen Blick auf Rabastan Lestrange aus seiner doch so unterlegenen Position, der dem von Maitland Barrymore gar nicht so unähnlich war. Beobachtend, lauernd beinahe, und dennoch die Verzweiflung des Todesmutigen darin. Nicht mehr viel zu verlieren. Und darum umso gefährlicher. Nicht nur für seine Geiselnehmer, auch für sich selbst, und Remus erinnerte sich mit einem Mal, halb stolz und liebevoll, halb entsetzlich und grausam erahnend, welchen Ausdruck er in einem wutverzerrten Gesicht gesehen hatte, damals, als sie Dirk zu Dritt aus dem Waschraum hatten schleifen müssen, in dem er Severus Snape ordentlich aufs Maul gehauen hatte. Weil er Lily Evans 'Schlammblut' geschimpft hatte.

Hätte er gekonnt, er hätte sich länger damit befasst, wäre ihm nicht auch der Zweite so bekannt gewesen, den er von der linken Seite betrachten konnte. Ganz zerzaust, die Locken, länger als bei ihrem letzten Aufeinandertreffen, und trotz seiner dunklen Hautfarbe war auch an ihm eine gewisse Blutleere auszumachen. „Dean,“ flüsterte Remus und schloss für einen Moment die Augen, um das unangenehme und störende Gefühl der Sorge hinunter zu quetschen in seinen Hals. Das konnte er jetzt nicht gebrauchen. „Thomas?“ ergänzte Bill, wie ihm ein Licht aufging, und erneut stierte er Lupin von der Seite an, dass seine eigenen Narben quer über die Nase nur umso kräftiger leuchteten im Schein des Feuers.

Remus nickte und nagte sich an der eigenen Mundschleimhaut herum, wie er versuchte, in den Zügen des jungen Mannes dort unten zu lesen. Gerade einmal 17 Jahre alt, im selben Jahr geboren wie Harry und Ron, ein halbes Jahr jünger als Hermine, Ginnys Ex-Freund, der Junge aus dem Turmzimmer von Gryffindor, den er unterrichtet hatte. Wie könnte er ihn vergessen, das freche Grinsen, wie er auf ihn zugestürmt war regelrecht nach jener Vollmondnacht, die ihn vor der ganzen Schule, vor all den Kindern enttarnt hatte, die ihn doch so gern gemocht und seine Stunden genossen hatten. 'Echt wahr, Sir, Sie sind 'n Werwolf?' hatte er gefragt. 'Wie cool ist das denn?' Er musste lächeln, dort unter seinem strauchigen Versteck. Sowas konnte nur ein Heranwachsender sagen, der unter Muggeln groß geworden war.

Ein bisschen mitgenommen, der Junge, ein wenig Angst in seiner Haltung, knickte ihm immer mal wieder der Hals ein, dass ihm das Kinn auf die Brust schlug, so als wäre er einfach hundemüde nach durchwachter Nacht und müsse jeden Moment einfach narkoleptisch zusammenfallen und einschlafen. Aber das war es nicht allein. Dennoch schien er einigermaßen in Ordnung zu sein, und damit musste Remus sich jetzt zufrieden geben. Nicht mehr lange müsste er aushalten, sie würden ihn da schon rausholen. Und schön zu wissen, dass er die vergangenen Wochen offenbar in der Gesellschaft eines so talentierten Mannes wie Dirk Cresswell verbracht hatte.

Die drei Zauberer waren nicht ihre einzigen Gefangenen. Mehr im Schatten, fast schon unter ihnen, außerhalb der warmen Zone des brennenden Feuers, hatten sie ein weiteres Bündel hingeworfen, doch dieses bestand nicht aus Socken und Schlafsack und klappernden Töpfen. Es waren Lebewesen. Klein, ihre ehemals blank geputzten Schuhe noch an den kurzen Füßen, waren die langen Finger ebenfalls hinter ihren Rücken zusammengebunden, und spitze Ohren und gebogene Nasen stachen aus ihren verhärmten Gesichtern hervor, verzogen in ihrer stillen Wut und beißenden Agonie. Zwei Kobolde, gekleidet wie die gut ausstaffierten Angestellten von Gringotts, und Bill krabbelte noch etwas weiter vorwärts, um sie eventuell identifizieren zu können, doch es war ihm nicht möglich. Zu dunkel die Nacht, und zu ähnlich einander die wenig hübschen Gestalten.

„So,“ begann Lestrange so bestimmt und kräftig, dass er die beiden Beobachter aus ihren Gedanken riss und sie daran erinnerte, dass seine ölige Anwesenheit nicht beendet worden war. „Und nun fragen wir doch noch einmal,“ seufzte er gelangweilt wie ein Lehrer in einer mühsamen Lateinstunde, arrhythmisch mit dem Gehstock die eigene Hand traktierend, und am liebsten hätte er sicherlich die Lederhandschuhe wieder übergestreift, die aus der Tasche seines Cutaways heraus lugten. Als könne bereits die Berührung mit der Luft ihm die widerliche Seuche der Schlammblütigkeit an die Haut hexen, ansteckend von denen da am Boden, und als müsse er sich gleich übergeben, rümpfte er die Nase. „Wer von euch scheußlichen kleinen Kreaturen weiß, wo sich Harry Potter aufhält?“

Fast hätten Bill und Remus dreckig gelacht auf ihrem natürlichen Hochsitz, doch statt dessen schüttelten sie nur die Köpfe. Sahen diese drei Jungs hier oder gar die Kobolde aus, als hätten sie davon eine Ahnung? Dirk übernahm die Reaktion für sie und spuckte regelrecht aus, so verächtlich bedachte er eine solche lächerliche Vermutung. „Selbst wenn wir es wüssten, Lestrange, würden wir's grad Ihnen auftischen!“ schüttelte er den Kopf, amüsiert und einmal mehr davon überzeugt, es mit einem Aufschneider par excellence zu tun zu haben. Und damit hatte er sicherlich nicht unrecht. Nur ratsam war die Zurschaustellung dessen gerade nicht unbedingt.

„Ts,“ machte der Todesser, als habe ein ungezogenes Kind am Teetisch gerülpst, und erneut überprüfte er abwesend seine Maniküre. „Dirk Cresswell,“ packte er in einen Ausatmer, so wie man über jemanden in der dritten Person redete, der gerade eben zum Stadtgespräch im neusten Skandal geworden war. „Muggelgeboren,“ begann er seine Tirade, doch weiter kam er nicht, denn Cresswell hatte nicht vor, sich noch so eine Show bieten zu lassen wie bei seiner ersten Verhaftung, bei der er sich ruhig und friedlich verhalten hatte. Nein, niemals mehr auf Knien leben. „Und stolz drauf!“ rief er ihm entgegen, das Kreuz durchgedrückt. „Und du, Lestrange, du kannst meine schlammblütigen Füße küssen, du talentloser, affektierter, blasierter Höhlentroll!“

So unvermittelt kam der Ausbruch von Gewalt, so nervenzerfetzend offenlegend, wie haarscharf auch Rabastan Lestrange sich auf dem Grad zwischen Verstand und Wahnsinn befand. Nicht nonverbal, jede Silbe, jeden Buchstaben förmlich auskostend, presste er den Fluch heraus, Schulter, Ellbogen und Handgelenk dazu verdreht, wie man es nur für diesen einen der Unverzeihlichen tat. „Crucio!“ Als habe man das Wort speziell für die Schlange erschaffen, zischelnd, bösartig pfeifend auf der Zunge und den Lippen, und Dirk Cresswell wurde steif und krümmte sich gleichzeitig S-förmig zusammen, die Wirbelsäule sowie der ganze Körper, und seine Zähne schlugen so fest aufeinander, dass ein Stück eines Eckzahns abbrach wie ein Splitter von einem Teller.

Fast gleichzeitig drückten sich Remus und Bill hoch, hoben regelrecht die niedrige Hecke aus Strauchwerk von sich ab, die Füße schon tretelnd, um sich vorwärts zu katapultieren, da war es auch schon wieder vorbei, und Dirk sackte in sich zusammen und blieb stumm, keuchend, nach Atem ringend, den Schmerz zittrig verebben lassend. Und Lestrange pustete einen Funken von seinem Eukalyptus-Holz, als wäre es eine hübsche Kerzenflamme, die er nicht verletzen wollte. „Sonst noch jemand?“ klimperte er regelrecht mit den Wimpern wie eine Kellnerin bei Fortescues, doch auch dort war der Tod zu Gast gewesen.

Niemand sagte ein Wort. So still war es geworden auf der Wiese an der Flussmündung zwischen den Weiden auf dem Hügel und dem Wald auf dem steilen Hang auf der anderen Seite, dass nicht mal dürre Zweige raschelten. Die Schatten der Wachen ringsherum standen stocksteif und schweigend, und man hätte schwören können, dass einige von ihnen noch immer geduckt verharrten, sich der eigenen Erfahrungen mit den Blitzen und den Flammen, dem Stechen und Nagen entsinnend. Auch die Zierquitten verursachten nicht das leiseste Geräusch, wie sich die beiden Männer auf dem Vorsprung entspannten und zurückglitten in liegende Habachtstellung.

Offenbar wollte niemand einen Nachschlag. Die Manifestation davon nicht erwähnend, wandte Rabastan sich von dem Elend ab und dem zweiten Pulk an Gefangenen zu. Auch wenn sie die beiden kaum sehen konnten, wussten Remus und Bill, dass sie sich nun genauso erstarren lassen würden wie alle ringsherum, und ihre winzigen, schwarzen Augen würden versuchen, den Zauberer zu fixieren, dem sie genauso wenig über den Weg trauten wie jedem anderen auch. Aber auch nicht mehr. „Was ist mit euch beiden?“ wollte Lestrange wissen, und dass es ihm hier nicht um Informationen ging, das musste er nicht sagen. „Eure Dienste wären dem Dunklen Lord eine Menge Gold wert,“ bot er statt dessen an, und vielleicht, ja, vielleicht meinte er das sogar ernst.

Gold. Mochte angehen, dass sich Kobolde von so etwas locken ließen, dass Reichtümer, Edelsteine, Geschmeide, ihre Leidenschaft, ihr Daseinsgrund sein mochten, doch mit ihnen zu handeln, zu verhandeln, das verlangte mehr als Spitzengefühl und Wissen über ihre Bräuche, ihre Eigenarten, ihren Charakter. Sie mochten gierig sein und wenig Verständnis für den Begriff von Besitztum unter Menschen haben, doch Ehre, das konnte ihnen niemand absprechen. Und war das nicht mit Sicherheit der Grund gewesen, wieso diese Zwei hier sich versteckt hatten, statt weiter bei Gringotts hinter den Tresen und Gittern zu stehen und Galleonen zu zählen?

Der eine von ihnen, die glänzenden Haare zurückgekämmt zwischen die langen Ohren, schon ergrauend hier und da, der Ältere womöglich, gab ein grunzendes Geräusch von sich, das in ihrer Sprache vielleicht sogar etwas bedeutet hätte. „Verzeiht, Mr. Lestrange,“ ergriff er das Wort und erntete damit zumindest ein Lächeln, wenn auch ein überhebliches, von Unterwürfigkeit geschmeichelt. Bis er fortfuhr. „Aber wir wissen sehr wohl, woher dieses Gold stammen würde, und wir verzichten dankend,“ klang es, als würde er sich im Sitzen verbeugen, wie er sonst bei einem guten Kunden getan hätte, und Rabastan fiel bereits alles aus dem Gesicht. „Mit Dieben und Räubern machen wir keine Geschäfte.“ Und er hatte das Urteil über sich selbst gefällt.

„Gornuk!“ murmelte sein Gefährte entsetzt, hätte fast vergessen, von ihm weg zu kriechen, so gut er in dieser gezwungenen Haltung konnte, und dicke Schweißperlen traten ihm auf die Stirn, während sein ehemaliger Vorgesetzter nur da saß und lächelte mit seinem verzerrten Koboldgesicht. Es war anders als gerade noch bei Cresswell. So viel Vergnügen es ihm auch bereitete, minderwertigeres Menschengut zu quälen, Schlammblüter für ihre Anmaßung zu bestrafen, so sein zu wollen wie seinesgleichen, es war nichts im Vergleich zu der tödlichen Verachtung für die Kreaturen ohne jeglichen Tropfen menschlichen Blutes. Kentauren, Meerleute, Kobolde. Tiere.

Was da auf Rabastan Lestranges Gesicht kroch, es auseinander riss zu einer grausigen Gargoyle-Fratze, grün und gelb und grau, die Augen mit einem Mal nicht mehr dicht bei einander und auf der selben Höhe, die Mundwinkel geifernd und die Zähne hervorstehend wie bei einer verwundeten Hyäne, es war purer Hass. Die selbe Emotion, so kalt wie Gletschereis am Winternordpol und gleichzeitig so unmöglich das Gefühl eines Menschenherzens, das in Tom Riddles seelenfreie Augen quoll in jedem Pulsschlag seiner verdorbenen Existenz. Und dann hob er den Stab und sagte es, erbrach diesen Horror: „Exos!“

Und der winzige Körper wurde aufgehoben, die Fesseln fielen rasch ab, wo sie nichts mehr hatten, an dem sie sich festhalten konnten, während es an den Zehen begann. In den Schuhen brachen sie, jeder Knochen einzeln, zerbröselnd wie alte Brötchen, auf die jemand getreten war, und ein Schrei, gequält und vom Ersterben abgehalten, langgezogen und immer länger wie ein brüchiges Gummiband, drang aus der kleinen Kehle, dass die spitzen Ohren vibrierten darunter.

Sie lagen da, steif vor Entsetzen, so wie sich die Wächter krampfhaft davon abwandten, um es ja nicht erleben zu müssen, wie viele davon einen Muffliato hinter sich warfen, sie wussten es nicht. Unerträglich, doch nicht möglich, den Blick davon abzuwenden, Schienbein, Wadenbein, Kniescheiben, starrten sie hinunter auf das wahre Ungeheuer, das Monster, das sich in den Augen des Rabastan Lestrange spiegelte, daraus hervorzubrechen drohte, als würde er jeden Moment seine Haut abschälen und zu einer Ausgeburt des Bösen mutieren, groß und schrecklich und mit allen Attributen seiner Grausamkeit.

Nur einer begehrte auf, nur einer schaute nicht zu und rührte sich. Der dritte Gefangene am Boden, keine fünf Yards entfernt von dem verendenden Kobold, Beckenschaufel, Lendenwirbel, einer, zwei, drei, vier, fünf, rutschte herum, so gut er konnte, stemmte sich mit den Fersen in den Dreck, um sich schlagend, so gut es ging mit gebundenen Händen. „Rabastan!“ schrie er, um lauter zu sein als Gornuks Sterben. „Bitte, Rabastan, hör auf! Bitte, hör auf!“ Und seine Stimme und sein Gesicht wurden erkennbar, die Flammen darauf tanzend, als wäre nur noch in ihm genügend Leben. Und Remus wachte auf aus seiner Starre und spürte, wie ihm das Herz in der Brust stillstand, aus rasendem Rennen heraus.

Es war Ted.


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