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Fanfiction

Im Silberlicht bis Nimmermehr - Partisanen

von Teekon

Merlins Paradeunterbuxe, was für ein unglaublicher Auflauf! Dabei wollten sie doch erst zum Bahnhof aufbrechen. Man kam sich allerdings locker so vor, als befände man sich bereits zwischen den Gleisen 9 und 10, umgeben von so vielen schnatternden Hexen und blubbernden Zauberern, verkeilt mit vollbepackten Koffern und Kisten und Käfigen irgendwelcher magischer Haustierchen, die auf keinen Fall zurückbleiben konnten. Die Lautstärke erinnerte stark an eine Probe von Klein-Dumbos Verwandtschaft im Zirkus. Das Stühlerücken, das Rauschen von ausgeschlagenen Tischdeckchen und das Geklapper das Geschirrs taten ihr Übriges dazu.

Nicht, dass es in diesem Hause nicht immer zugegangen wäre wie in einer Flussaue, wenn die Kraniche sich dort zur Wanderung nach Süden versammelten. Aber heute fiel es besonders monströs aus, befand sie und schüttelte entgeistert den Kopf. Wenn man aus einer Ein-Kind-Familie stammte, war die Frühstückszeit bei Weasleys einfach immer wieder schier überwältigend. Wie viele Teller das waren! Und erst das Besteck! Rührei, Pilze, Speck und Toastbrot, gebackene Bohnen und Marmelade und Tomatenscheiben, schön matschig und noch heiß, ganze Eimer voll frisch aufgebrühtem Earl Grey, und dazu noch Porridge und Cornflakes. Für … nein, sie zählte die Personen lieber nicht.

Die Zwillinge zwängten sich in ihre besten Jacken da vorn im Türrahmen zum Wohnzimmer, wo normalerweise abends die Sitzungen des Ordens abgehalten wurden, während ihre älteren anwesenden Brüder (also Percy ausgenommen, wusste der Teufel höchstpersönlich, wie's dem ging) schon wieder lauthals lachten und sich gegenseitig auf die Schultern klopften, dass es nur so schallte in der Küche. Fleur, so feingliedrig und schöngeistig man sie sich auch vorstellte, machte dazwischen keinen deplatzierten Eindruck. Ganz im Gegenteil. Leise summend faltete sie ihre Serviette zusammen und brachte unverfälschbare Eleganz in die Hütte.

Ihr selbst wäre das nie gelungen, dachte Tonks bei sich und rollte mit den Augen, kichernd dabei, weil ihr das nicht nur vollkommen schnurzpiep war, sondern weil es unmöglich war in diesem Gedränge, dass einem irgendwas am Arsch hätte vorbei gehen können. Zumindest tatsächlich gesprochen. Und darüber musste sie furchtbar grinsen und einen Schritt rückwärts tun, damit Remus eben genau das gerade nicht schaffte. „Ey,“ flüsterte er gespielt empört und piekste ihr von beiden Seiten in die Flanken, damit sie – ganz von allein – quieksend vorwärts hüpfte und ihn doch noch durchließ. Dafür hatten sie doch jetzt wirklich keine Zeit.

Im Flur stapelten sich bereits die üblichen Habseligkeiten, die zu diesem alljährlichen Trip gehörten, wenn auch die Zahl derer, die ihn antraten, mittlerweile deutlich geschrumpft war. Das hatte mehrere Gründe, nicht nur die unaufhaltsam voranschreitende Zeit. Nur zu Zweit dieses Jahr, von hier aus unterwegs. Umso wichtiger, dass man sich die kleine Truppe vornahm, ehe man sie entließ. Und das ging einfach nicht hier unten mit all den Augen und Ohren und wachsamen Mutterinstinkten ringsherum. Wie abgemacht, verstohlen, deutete Remus mit dem Kinn in ihre Richtung und ließ seine Augäpfel hinterher zucken.

Also war es soweit. Bestätigend nickend verstand Dora den Wink und stopfte sich die Fingerspitzen in den Gürtel, wischte sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht und schlüpfte zwischen Stuhl und Anrichte hindurch auf Molly zu. Ganz aufgeregt, einmal, weil sie das immer war, wenn sie ihrer Lieblingsbeschäftigung – dem Bemuttern – nachgehen konnte, andererseits auch als Nachklang einer noch immer schwelenden Diskussion, die sie mit jeder verstreichenden Minute mehr und mehr ohne Wortduell zu verlieren drohte, standen der Clanschefin hektische rote Flecken unter den Lidern rechts und links der Nase. Vor sowas hatte die Tochter einer Black keine Angst.

„Molly?“ fragte sie nur langgezogen und fast ein bisschen quengelig, wie sie es sonst bei Pop getan hatte als Kind, wollte sie unbedingt noch ein paar Schokofrösche, und den Tonfall eingeätzt in ihr Getriebe, reagierte Mrs. Weasley augenblicklich. Weiterhin geschäftig Schüsselchen stapelnd und Gläser voller Konfitüre sortierend, schenkte sie ihre Aufmerksamkeit der jungen, frisch verheirateten Frau an ihrer Seite. „Ja, Kindchen?“ Und die Falle schnappte zu: „Wie machst du diese fantastische Quittenmarmelade?“ Witsch! Sie fiel drauf rein, und mit einem Strahlen in den Augen stützte sie sich auf die Spüle, um sich der Beantwortung mit vollem Herzen und ganzem Verstand zu widmen.

Bingo. Fast hätte Remus laut gepfiffen, aber so grinste er nur hinter vorgehaltener Hand, als müsse er ein Gähnen unterdrücken, rieb sich fest den stoppeligen Bart und witterte seine Chance, als er genau die zwei Kids an der Garderobe entdeckte, die er jetzt unbedingt sprechen wollte. Sich breit machend, blockierte er die Sicht auf Neville Longbottom und Ginevra Weasley, die, missmutig und stumm, ihr Zeug zusammenwarfen und einigermaßen sicherten. So sollte kein 1. September beginnen. Schon gar nicht, wenn es, wie bei dem Jungen, der letzte dieser Art sein sollte.

Sie schauten zu ihm auf, wie er zu ihnen hinaustrat, und wortlos, nur mit eindringlichem Blick und einem unmissverständlichen Zucken seines Schädels gen wackliger Treppe forderte er sie auf, voraus zu gehen. Einander aus den Augenwinkeln betrachtend, verabredeten die beiden Gryffindors genauso karg, dass sie, was auch immer ihr ehemaliger Lehrer von ihnen wollte, diesem Aufruf nachkommen wollten. Und dabei achteten sie peinlichst darauf, weder Getöse noch zu hastige Bewegungen an den Tag zu legen, ahnten instinktiv, wie wenig Molly sie nun erwischen durfte. Am liebsten hätte er gleich wieder gegrinst. Großartige Mitverschwörer.

Der schlacksige Junge, der mit jedem Zoll, den er wuchs, die gleiche so klassische Figur eines früheren Quidditchspielers aus Ravenclaw annahm, griff zuerst nach dem Geländer, zog sich daran hoch und übersprang gezielt die knarzende dritte Stufe. Die fliegende rote Mähne des Mädchens folgte ihm halb geduckt, bis sie beide hinter der Decke des ersten Obergeschosses verschwanden und sich freier bewegen konnten. Den Platz im Flur nahmen Fred und George ein, der eine leise pfeifend, der andere mit seinem nicht vorhandenen Ohr spielend. Und damit fiel es nicht im geringsten auf, dass drei Leute weniger in dem riesigen Pulk anwesend waren.

Wie praktisch, dass Ginny ihr kleines Reich aus dem dritten in den ersten Stock verlegt hatte. Nicht nur, weil es hier im Winter am wärmsten war und meistens herrlich nach den vielen Köstlichkeiten duftete, die Molly auf den Tisch zaubern konnte mit einem Fingerschnippen (und nein, nicht mit dem Zauberstab), sondern vor allem, weil sie nicht mehr ewig Treppen laufen musste. Und weil es leichter war, auch ohne Besen unerlaubt das Haus zu verlassen. Einer nach dem anderen schlüpften sie in den Raum hinein, der auf die große Wiese neben dem Fuchsbau hinaus schaute, und wo noch immer verbrannte Sterne und offensichtlich magische Male von verrauchten Flüchen das Gras verunzierten.

Das Zelt war längst abgebaut, die zerstörten Stühle und die langen Wimpel beseitigt, die von der doch so schönen Hochzeit zurück geblieben waren. Langsam eroberte das alte Weasley'sche Tohuwabohu sein Territorium zurück. Erste Trampelpfade von fleißigen Gnomen zogen sich wieder durch das Grün und verschwanden halb unter Büschen und umgetretenen Pflanztöpfen, und sogar ein paar der altbewährten Dekorationen (ausgelatschte Schuhe, unnützes kaputtes Werkzeug) hatte auch schon seinen Weg zurück an den gewohnten Platz gefunden. Die Hühner und die brennende Sonne taten ihr Übriges dazu, dass hier sämtliche Steifigkeit und Ordnung in Vergessenheit gerieten. Schon wieder einen Monat her jetzt, dass sie sich an diesem so wunderbar gemütlichen Ort bis aufs Blut hatten verteidigen müssen.

Die Vorhänge, lange Bahnen aus wollweißem Stoff, waren zugezogen, um die Hitze des Tagesgestirns auszusperren und die empfindlichen, gescheckten Blätter von Fuchsknabenkraut zu schonen, und das brachte eine angenehme Düsternis in den quadratischen Raum über dem hinteren Salon hinein. Die Sommerbrise drang durch den Spalt eines gekippten Fensters, und das monotone Rattern eines Traktors auf den nahe liegenden Feldern vermischte sich mit dem Lärm der unten zusammengekommenen Familie, Arthurs Stimme darüber erhoben, der seinen Hut suchte. Doch das sperrten sie aus, wie sie die Tür schlossen, und eine gespannte Ruhe senkte sich dumpf auf die Ohren.

Noch nie war Remus hier gewesen, nicht mehr die privaten Zimmer der Weasleys betreten seit – ja, seit der Geburt von Fred und George, so viele, fast 20 Jahre nun schon her. Nur kurz schauten sich seine silbernen Augen um, das Terrain sondierend, und fast hätte er gelacht. Es sah fast ein bisschen aus wie in Doras Zimmer in der Chaffinch Lane hinter der Küche, die Hobbies und Vorlieben der beiden jungen Hexen so ähnlich, und er kam nicht umhin, auch in ihrer beider Verhalten gewisse Überschneidungen festzustellen, auch wenn er dafür nur wenige Sekunden erübrigen konnte. Die Weird Sisters auf der einen, die Holyhead Harpies auf der anderen Seite. Gnadenlose Entschlossenheit und unumstößliche Fürsorge.

Sitzgelegenheiten gab es nicht viele. Die wenigen Möglichkeiten jedoch entsprechend wählend, sanken Neville und Ginny direkt nebeneinander auf die Kante ihres sorgfältig gemachten Bettes, dass das Duvet sich nur ein wenig eindellte, während Remus auf einem mit Leder überzogenen Puff Platz nahm, ihnen direkt gegenüber, um sie geradeaus ansehen zu können. Man konnte regelrecht zuschauen, wie sein Ohr in Richtung der Treppe gespitzt wurde, doch anscheinend war er zufrieden mit der Entfernung der anderen Hausbewohner, und dann stützte er die Ellbogen in die Oberschenkel und seufzte.

Fast ein bisschen zum Schreien lustig, wie unterschiedlich die beiden Schüler da vor ihm saßen. Der groß geratene und noch immer nicht ausgewachsene Mr. Dartmoor-Longbottom in seinem obligatorischen Pullunder – noch immer so deutlich beeinflusst von seiner resoluten Großmutter – knickte die Schultern leicht ein und beugte sich nach vorn, die Finger ineinander verwoben, und in seinem herzförmigen Gesicht mit den dunklen Prittchard'schen Augen schwamm ungewisse Schüchternheit, als erwarte er eine Standpauke für etwas, das er noch gar nicht ausgefressen hatte. Ginevra dagegen, eine Prewett mehr als eine Weasley mit ihrem durchgedrückten Rückgrat, glomm förmlich in der so heimeligen Dunkelheit ihres Zimmers, wie ein halb schlafender Drache jederzeit bereit, sich gegen jedes Verbot zu stemmen. Gespannt wie eine Feder erwiderte sie seinen Blick, ohne zu blinzeln.

Er hatte mitbekommen, wie Molly es erneut versucht hatte, Ginny vom Besuch der Schule abzuhalten, wie sie es schon im vergangenen Sommer hatte tun wollen. Aber das Mädchen ließ sich nicht einsperren. Sie war nicht dumm oder unüberlegt, ging nicht selbstmörderisch sehenden Auges in tödliche Gefahr, nein, das nicht. Aber niemals würde sie es sich nehmen lassen, zu kämpfen und zu bluten für das, was ihr wichtig war. So gut kannte er das, nicht nur von den beiden Onkeln, die sie niemals hatte kennenlernen dürfen, und denen sie in mancher Situation so ähnlich sah. Wie in diesem Moment. Die Kiefer fest aufeinander gepresst, die Lider zusammengezogen, wie ein angreifendes Wiesel, das die Augen schützen will.

Dass Dean Thomas nicht kommen würde zu seinem siebten Schuljahr, genau wie Harry, Hermine und Ron, das war nur der Gipfel des Eisberges gewesen, der Mrs. Weasley mal wieder zur Verzweiflung getrieben hatte. Vielleicht hätte man es ihr nicht erzählen sollen. Nicht nachweisbar, ob sein verschollener Vater magischen Geblüts gewesen war, und deshalb einfach zu gefährlich. „Ich bin reinblütig!“ hatte Ginny ihre Mutter erinnert. Und außerdem waren da noch jede Menge andere Leute, die ein Auge auf sie haben konnten. Nicht nur ihr Ex-Freund.

Diese mittlerweile so vertraut gewordene Härte kroch in Lupins Gesicht, eine Kälte, die ihnen nicht gefiel, die sie – sogar das so toughe Ding da – auf dem Hosenboden herumrutschen ließ. So hatte er in jener Nacht geschaut, als sie Mad-Eye nicht hatten findne können. Die Erinnerung daran verpasste Ginny einen Schauer des Unbehagens, und Neville, der diesen Ausdruck noch gar nicht kannte, biss so fest auf seine eigene Zunge, dass er sich an den Kiefer greifen musste. Erst einatmend, dann den Mund öffnend, beugte Remus sich vor, sprach deutlich und dennoch gewispert, so rau wie nach Vollmondnächten: „Ich will, dass ihr mir jetzt gut zuhört.“

Augenblicklich sog Ginevra scharf Luft durch die Nase, doch dazu, ihren Einwand vorzubringen, ihren vorsorglichen Protest loszuwerden, kam sie nicht. Mit einer harschen Handbewegung, schneidende Kante durch die Luft, unterband der frühere Lehrer das rigoros, und halb eingeschüchtert, halb noch mehr angestachelt, ballten beide Gryffindors die Fäuste. „In Hogwarts,“ fuhr er ungerührt fort, ignorierte das Knacken ihrer Fingerknöchel, „seid ihr allein.“ Die Betonung des letzten Wortes glühte. „Das einzig verfügbare Mitglied des Ordens,“ und er erwähnte ihren Namen nicht, „steht als letztes Bollwerk zwischen jedem einzelnen Schüler und eurem neuen,“ er rollte mit den Augen, abschätzig und giftig, „Schulleiter.“

Snape. Severus Snape. Der Verräter. Der Doppelagent, der Dumbledores grenzenloses Vertrauen in ihn ausgenutzt hatte. Der ihn schlussendlich tötete. Ihre gemeinsame Verachtung, ein viel tiefer gehendes Gefühl als die Angst vor dem, dessen Name endlosen Schrecken bedeutete, heißer als Hass, waberte förmlich teilbar durch den Raum, und es drückte eine solch innige Einigkeit in alle Anwesenden, dass sie am liebsten gelacht und einander umarmt hätten. Egal, wie unpassend das gewesen wäre. Ginny und Neville nickten beide. Ja. Die McGonagall konnte ihnen nur sehr bedingt zur Hilfe eilen.

„Das Gerücht geht um (und es ist sehr wahrscheinlich, dass es wahr ist), dass weitere Todesser als Lehrer eingestellt wurden,“ eröffnete er ihnen, was er Molly geflissentlich und hoch alarmiert vorenthalten hatte. Es war ihnen genauso neu, er erkannte es an dem kurzen Flackern in ihrer beider Augenpaare. Die Hand auf seinem eigenen Knie verkrampfte sich, doch es war nicht Furcht, was das veranlasste, das erkannten sie gleich. Es war Zorn. Und Remus Lupins merkwürdig spitze Eckzähne blitzten in der sommerschweren Düsternis des Mädchenzimmers auf. „Solcher Abschaum verdient es nicht, den Titel 'Professor' zu tragen.“

Als hätte jemand ein Loch in die Vorhänge um ihr Herz geschnitten, ahnte sie es bereits. Es war eigentlich unmöglich, es war so unerwartet und so herbeigesehnt gleichzeitig, dass Ginevra Molly Weasley es nicht glauben wollte und doch schon musste, ehe er sich nach vorn beugte in seinem verletzten Berufsstolz, die Arbeit in Hogwarts so sehr geliebt, und mehr knurrend als sprechend, spuckte Remus es aus und brachte sie beide dazu, grimmig zu grinsen und hastig zu nicken: „Ich will, dass ihr denen die Hölle heiß macht.“

Das brauchte er ihnen nicht zwei mal zu sagen. Sein warnender Finger, den er nun erhob, war mit einem Mal nicht mehr so spießig und so viel leichter, seine Gebote nicht nur anzuhören, sondern auch zu verinnerlichen, sie hätten sie noch Tage später im gleichen Wortlaut herunter zitieren können. „Seid vorsichtig! Lasst euch nicht erwischen! Geht behutsam vor und geduldig!“ Es ging nicht um Schulstreiche, um dummes Zeug und Albernheiten. Das wussten sie, das wusste er. „Sucht euch Verbündete, denen ihr bedingungslos vertraut!“ Der matte Schleier, der über seine Hornhäute huschte, blieb ihnen ebenso wenig verborgen. 'Macht nicht den selben Fehler wie wir'.

Sie nickten fast ununterbrochen, fester mit jedem Satz, den sie teilen konnten, und Neville griff in seine Hosentasche und förderte die glitzernd goldene Galleone heraus, die er immer noch bei sich trug, seit zwei Schuljahren nun schon. „Dumbledores Armee,“ flüsterte er mit knirschenden Zähnen, und Ginny bestätigte stumm mit leuchtendem Gesicht. Jedem Mitglied könnten sie ihr Leben anvertrauen. Ohne den geringsten Zweifel. Und so viele waren noch da und würden dabei sein. Drei Häuser, vereint. Sie schloss ihre Hand über der offen auf seinen Fingern liegenden Münze.

Noch inbrünstiger, noch bedeutungsvoller wurde Remus' Appell, der Schmerz der eigenen Nichtbeachtung vor so langer Zeit und mit so entsetzlichen Konsequenzen in jeder Falte auf der Stirn, in jeder grauen Strähne auf dem Kopf, in jeder Narbe eines Kriegers deutlich: „Lasst nicht zu, dass sie Misstrauen zwischen euch säen.“ Ihm sprang der Adamsapfel bis an den Mundboden. Sie beide schluckten fest und schworen sich im Innern, sich an jedes seiner Worte zu halten. Das mussten sie ihm nicht sagen.

Nur einen Moment hielt Remus inne, schaute sie genau an, ihre Mienen, ihre klopfenden Herzen unter Pullunder und Bluse, ehe er sich aufrichtete, und seine Stimme wurde weicher, die Lautstärke klarer. „Wir werden einen Weg finden, mit euch in sicheren Kontakt treten zu können,“ versprach er und wusste selbst noch nicht so genau, wie das gehen sollte. „Bis dahin haltet absolute Funkstille.“ Natürlich würde ihnen das schwer fallen. Nicht nur, weil sie keinen Bericht erstatten konnten, weil es ihnen nicht möglich war, Hilfe zu erlangen. Viel schlimmer würde die Ungewissheit sein, und besonders in ihren Augen war das unübersehbar.

Ein Lächeln huschte ihm ins Gesicht, dem so jung gewordenen Professor für Verteidigung gegen die Dunklen Künste des Schuljahres 1993/94, wie er sanft, wie eine Feder aus Flitwicks Unterricht nur, ihre zweite Hand ergriff. „Aber sollten wir etwas erfahren, was auch immer,“ brauchte er nicht zu erwähnen, von welcher Art Neuigkeit er sprach, „bist du die Erste, die es weiß.“ Und sie konnte nicht anders. Ginny sprang von ihrer Bettkante herunter und schlang ihre zierlichen, aber kräftigen Arme um seinen Hals und quietschte so leise, dass Neville es bloß nicht hörte. Remus konnte nichts weiter tun, als das Mädchen kurz festzuhalten.

Ganz perplex, alle drei, Neville mit großen Augen glotzend, Remus von so viel Impulsivität wie erschlagen, Ginny fast ein bisschen peinlich berührt, hockten sie da für Bruchteile von Sekunden, bevor sie sich wieder von ihm löste und mit roten Wangen „Remus, du bist der Coolste!“ hauchte. Und dann hüpfte sie von dannen wie einer der Gnome im Garten, drehte sich auf der Schwelle ihres Kinderzimmers kurz herum und begann sofort ihre neue Mission: „Ich red' mit Freorge,“ fasste sie ihre Zwillingsbrüder zusammen, „die kennen jeden verfluchten Geheimgang in Hogwarts!“ Mit fliegendem Haar war sie die Stufen hinunter und fort.

Remus prustete. Noch immer den Kopf schüttelnd, schaute er zu Neville hinüber, wie von unten her, und zwinkerte ihm zu. „Du passt auf sie auf, ja?“ musste er ihn daran erinnern, dass Ginevras Ausbruch gerade keine ungewöhnliche Seltenheit darstellte. Augenblicklich grinsend, fatale Ähnlichkeit mit einem Typen in sein Gesicht schlagend, der einem Manticore in einem Wohngebiet den Hosenboden versohlt hatte, biss sich Mr. Longbottom auf die Lippe und nickte. „Klar.“ So waren die halt, die Weiber. Alle, die Remus gekannt hatte. Lily, Dora, Em, Ginny. Alles eine Mischpoke. Für einen Moment sah er sie alle nebeneinander.

Als hätte er in seinen Gedanken gelesen, griff Neville sich durch den Kragen unter den Pullunder und zog das Stück festen Papiers heraus, das er dort immer in der Brusttasche seines Hemdes verbarg. Es gehörte eigentlich nicht ihm. Es war Harry gegeben worden, ein letztes Geschenk seines geliebten Paten, doch in jenem fünften Schuljahr gemeinsam mit dem nur wenige Tage jüngeren Potter-Sohn war es in seine Hände gelangt. Und dafür war er dankbar. Aber er sah es auch als eine Art Talisman, als eine Belohnung für diejenigen, die nicht aufgaben. Und vielleicht war es besser, es jetzt nicht mitzunehmen nach Hogwarts, es in sicherer Verwahrung zu wissen, es Remus zu überlassen.

Mit liebenden Augen waren es immer diese Zwei dort vorn in der ersten Reihe, die er alleinig auf dem magischen Foto zu erkennen schien, auch wenn so viele andere um sie herum standen und genauso viel Signifikanz für das Gesamtgebilde hatten. Er musste kein Wort sagen. Sich halb von vorn, halb von der Seite darüber beugend, verstand Remus ihn auch ohne Worte. Der Orden des Phönix, 1977. Frank und Alice, Hagrid, Fab und Gid, Doge und Diggle, die Dumbledore-Brüder und die McG, James und Lily und Pete und Sirius, Marlene und Em gleich neben ihm. Und dazwischen seine eigene Visage mit einer unmöglichen Frisur. Das selbe zärtliche Lächeln huschte auf sein Gesicht. Ja, es hätte so sein können. Vielleicht nicht die ganz große Liebe, aber Liebe. Und davon konnte man nie genug haben.

Noch immer rumorten sie alle rum da unten, donnerten Schritte über die Dielen, sabbelten Stimmen durcheinander, doch sie drangen nur gedämpft herauf. Neville wusste von alldem wenig, nein, eigentlich gar nichts, dachte Remus, wie er einen Finger ausstreckte und vorsichtig das Papier berührte, dass die Personen darauf ein wenig hierhin und dahin rückten, um ihm spielerisch zu entkommen. Es war nicht fair, was mit ihnen geschehen war, aber es tat längst nicht mehr so weh. Weil sie etwas hinterlassen hatten. Einen kurzen Blick zu dem Jungen aufwerfend, der nun fast genauso lang war wie er selbst, schnaubte Remus.

„Weißt du,“ sagte er leise und hatte keine Skrupel mehr, es ihm zu erzählen. „Deine Eltern waren viel mehr als bloß die besten Jungauroren der Welt.“ Merlinsorden und Auszeichnungen, was bedeutete das schon? „Sie waren großartige Freunde.“ Wie viel mehr das zählte, das wusste ihr Sohn trotz seiner jungen Jahre nur zu gut. „Wären sie nicht gewesen nach dem Tod der Potters,“ und er wunderte sich, wie leichtfüßig auch diese Pein nun im Herzen umher trapste, „ich weiß nicht, ob ich hätte weitermachen können.“ Noch so viel mehr hatten sie getan. Nevilles Blick, längst nicht mehr am Foto klebend, sondern leuchtend vor Neugier und gleichzeitig ängstlich vor so viel Intimität auf Remus gerichtet, ließ ihn nicht mehr los.

„Sie haben mir Arbeit gegeben, einen Sinn, einen Grund, aufzustehen,“ erinnerte sich Remus an jenen so merkwürdig milden und melancholisch schönen Sommer nach dem Winter seiner ärgsten Verzweiflung, draußen in Dartmoor mit dem Federkiel hinterm Ohr und dem Pergament am Reißbrett. Ja, sicher, es war kein offiziell eingetragener Auftrag gewesen, aber sie hatten ihn gut bezahlt. Und sie hatten ihm vertraut. Für eine kleine Weile Ersatzfamilie, bis zu jenem grausamen Tag unter den Händen der Lestranges. Als hätte er es ausgesprochen, begriff Neville von allein, wieso das Haus, in dem er aufgewachsen war, zur Seite hüpfen konnte, wenn es Blitze regnete.

Neville Longbottom würde niemals vergessen, wie dieser Professor ihm beigestanden hatte. So schüchtern und so wenig selbstbewusst, nicht so einzigartig in der Lage wie sein Vater, den hohen Ansprüchen seiner Familie zu genügen und Kritik einfach wegzustecken, besonders und ausgerechnet in Verteidigung gegen die Dunklen Künste, wo seine Eltern so unschlagbar gewesen waren. Er hier, dieser Mann, der hatte an ihn geglaubt und ihm seine Ängste genommen, hatte ihn gelehrt, sich auf sich selbst zu verlassen und seinen eigenen Weg zu gehen. Das würde immer da sein, das würde ihn immer prägen, egal, was aus ihm einmal werden sollte, falls der Krieg es zuließe. Geduld und Kraft und Ruhe und Gelassenheit.

Er wusste nicht, wieso er ihn das fragen musste. Möglicherweise war es auch einfach ein Ummünzen, ein verstecktes Fischen nach seinen eigenen Gedanken. „Glauben Sie ...“ noch immer fiel es ihm schwer, ihn nicht in der Höflichkeitsform anzureden, doch er korrigierte sich selbst, „glaubst du, sie wären stolz auf mich?“

Wie er da hockte in seinen Cordhosen und seinem Pullunder, die noch am Morgen von Augusta verlangte Krawatte längst abgelegt in der Wärme des vergehenden Sommers, mit einem Mal so gerade der Rücken. Remus musste lächeln, so breit, es wäre fast ein Grinsen gewesen. „Nein,“ wisperte er sacht und schüttelte den Kopf, ließ Neville keine Zeit, enttäuscht oder auch nur verwirrt zu sein. „Ich weiß,“ verbesserte er, „sie sind sehr, sehr stolz auf dich, Neville.“ Dieses Mal jedoch wartete er lange genug, dass der junge Mann strahlen konnte über das ganze Gesicht, fast ein wenig pink die Wangen, sich noch ein bisschen mehr aufrichtend.

Und dann stemmte er sich vom Puff und griff nach der Schulter des Schülers, zog ihn in die Vertikale und vollführte eine kippende Bewegung mit dem Kopf. „Komm,“ sagte er und deutete nach unten, wo sie alle bereit standen und warteten, nach King's Cross aufzubrechen, um den scharlachroten Hogwarts-Express zu erreichen. „Es ist Zeit.“


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