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Fanfiction

Schuldig - Teil III

von synkona

Rumänien, 29.08.1998

Die Dämmerung war über das Land hereingefallen und hatte die weite Landschaft in ein fahles Licht getaucht. Die grünen Wiesen erstreckten sich bis zum Horizont und es gab kaum ein Zeichen dafür, dass hier Menschen lebten. Tatsächlich war das einzige, das darauf hindeutete, eine alte, halb verfallene Hütte, aus morschen Balken und mit Moos überwachsen. Sie stand am Rand eines kleinen Wäldchens mit hohen Kiefern und war jahrelang unbewohnt gewesen.

Ein Mann auf der Flucht hatte sie wieder als Wohnsitz eingenommen, doch sein Aufenthalt war nicht von Dauer. Alles, was von ihm übrig war, lag in einem Haufen vor seiner Hütte. Harry hatte etwas Eindrucksvolleres erwartet. Er hatte gedacht, Voldemort würde sich in Rauch auflösen oder in Flammen aufgehen, wenn er starb, aber nichts dergleichen war geschehen. Voldemort hatte den Tod so erlitten, wie er ihn vielen Unschuldigen selbst gebracht hatte - grausam, unbarmherzig, endgültig.

Harry fühlte sich seltsam leer, als er auf den Leichnam seines Feindes hinab blickte. Zu töten war etwas, was man niemals im Leben vergaß. Er wusste jetzt schon, dass ihn die vergangenen Stunden bis ans Ende seiner Tage verfolgen würden. Voldemort war böse gewesen, er hatte vielen Menschen Leid zugefügt, er hatte es verdient; aber all das trug nicht dazu bei, dass Harry sich besser fühlte.

Nur mühsam zwang er sich dazu, den Blick von seinem toten Gegner abzuwenden und sich von ihm zu entfernen. Er ging zu dem Rand des Wäldchens hinüber, wo Ron und Hermine bereits saßen. Rons Augen waren starr geradeaus gerichtet, sein Gesichtsausdruck ernst. Hermine hatte ihre Stirn gegen Rons Schulter gelehnt, ihre langen Haare verbargen ihre Gesichtszüge.

Harry setzte sich neben ihr auf den feuchten Boden, zog die Beine zu sich heran und legte den Kopf auf seine Knie. Er war so unglaublich müde. Wochenlang hatte er Voldemort gejagt, der auf der Flucht gewesen war, nachdem er erfuhr, dass all seine Horkruxe zerstört worden waren. Immer hatte er sich diesen Augenblick herbeigesehnt, den Moment des Triumphes - der Weg in die Freiheit. Es fühlte sich nicht so an, wie Harry erwartet hatte. Eigentlich hätten sie an Ort und Stelle jubeln und feiern müssen, hätten in der ganzen Welt die frohe Kunde verbreiten sollen. Und doch saßen sie schweigend unter rumänischen Kiefern.

Harrys rechtes Bein fühlte sich an, als stünde es in Flammen. Eine tiefe Wunde zog sich über seinen Oberschenkel. Hermine hatte die Blutung mit einem Zauber weitestgehend gestoppt, zumindest so sehr, dass er nicht verbluten würde. Eine professionelle Heilerin war sie natürlich nicht. Es wäre dumm gewesen zu erwarten, dass sie den Kampf unbeschadet überstehen würden. Sie waren alle drei verletzt, körperlich und auch geistig. Aber alles, was in diesem Moment zählte, war, dass sie überhaupt noch lebten. Es hätte auch anders kommen können.

Harry lächelte gequält, als er überlegte, was man wohl jetzt in England machte. Der Zaubereiminister traf sicher immer noch Schutzmaßnahmen, hatte immer noch einen Leibwächter, der ihm auf Schritt und Tritt folgte. Die Auroren suchten wahrscheinlich noch nach Voldemort, ohne zu wissen, dass er längst nicht mehr war. Harrys Gedanken schweiften weiter ab, hin zu Dingen, über die er auf seiner langen Reise stets nachgedacht hatte; die Frage, was danach kam.

Mit dem Ende des Kampfes hatte er immer Freiheit verbunden, nicht nur die der Zauberergemeinschaft sondern auch und vor allem seine eigene Freiheit. Sein Leben gehörte wieder ihm und stand nicht länger im Schatten irgendeiner Prophezeiung. Er fragte sich, was er jetzt tun würde, was er mit seinem Leben anfangen sollte und ehe er länger darüber nachgedacht hatte, kam ihm etwas ganz anderes in den Sinn - oder eher gesagt, jemand anderes.
Harry war nicht der einzige, der an diesem Tag in die Freiheit entlassen werden sollte. Es gab da noch jemanden, der in einer kleinen und kalten Zelle in Askaban saß und doch unschuldig war. Der Zeitpunkt war gekommen, zu dem die Welt erfahren sollte, dass Draco Malfoy nicht schuldig war. Er hatte ihm dieses Versprechen vor Monaten gegeben und er würde es einhalten.

„Wir sollten gehen“, sagte Harry leise und versuchte vorsichtig aufzustehen, wobei er sein Körpergewicht auf das gesunde Bein stützte. „Hier gibt es nichts mehr für uns zu tun.“

„Du hast Recht“ Hermine nickte, nachdem sie ihren Kopf von Rons Schulter genommen hatte. Sie verzog ihr Gesicht, als auch sie aufstand. „Am Besten disapparieren wir gleich nach St. Mungos …“

„Nein“, protestierte Harry, bevor er über seine Worte hatte nachdenken können. Er wollte nicht ins Krankenhaus, obwohl seine Verletzungen behandelt werden mussten, obwohl die Erschöpfung ihn zu überwältigen drohte. Er wollte sofort zu Draco, als würde eine unsichtbare Macht ihn dorthin ziehen. Er wollte wissen, wie es weitergehen würde, was als nächstes kam.

Hermine sah Harry irritiert an, bevor sie Ron auf die Beine half.

„Ich meine“, erklärte Harry, „ich muss erst noch etwas … anderes erledigen.“
Er wusste, dass das komisch klingen musste, dafür brauchte er nicht die verwirrten Blicke seiner Freunde oder Hermines vorwurfsvolle Antwort.

„Du bist verletzt, Harry! Was auch immer es ist, es kann warten, bis die Heiler dich versorgt haben!“

Wahrscheinlich hatte sie Recht, aber er wollte einfach nicht mehr warten. Es waren Monate vergangen. Vielleicht fürchtete Draco schon, er werde gar nicht mehr kommen.

„Nein“ Harry schüttelte den Kopf. „Nein, kann es nicht.“

„Aber Harry!“, erregte sich Hermine. „Du siehst schrecklich aus, als könntest du keinen einzigen Schritt mehr tun und ich wette, dir geht es auch so!“

„Tut es nicht“, log Harry zähneknirschend. „Und danke für das Kompliment“

„Wo willst du denn jetzt noch hin?“, fragte Ron müde.

„Ich muss …“, fing Harry an und zögerte. Immer noch wollte er seinen Freunden nichts von seinen Besuchen bei Draco erzählen. Er hatte so ein Gefühl, dass das nur ihn allein etwas anginge. „Etwas tun“, sagte er schließlich. „Und es ist wichtig. Geht ihr nur nach St. Mungos. Bitte.“

Hermine warf ihm einen flehenden Blick zu, doch Harry drehte sich von ihr fort und disapparierte.

Mit Händen und Knien schlug er auf hartem Stein auf, unfähig, sich auf den Beinen zu halten. Schwer atmend hob Harry den Kopf und sah sich um. Er war im Eingangsbereich Askabans, gleich hinter der großen, schweren Tür. Ihm war ein wenig schwindlig und ein kurzer Blick bestätigte ihm, dass seine Wunde wieder stärker blutete. Seine Hose war längst von Blut durchtränkt.

„Sir!“, hörte er den entsetzten Ausruf eines Mannes. „Was ist passiert, Sir? Ist alles in Ordnung? Geht es ihnen gut?“

Im nächsten Moment kniete ein Mann neben ihm, in der Uniform eines Wärters, aber es war nicht Rhymes. Besorgt musterte er Harry, der nun versuchte, aufzustehen. Der Wärter stützte ihn, um ihm auf die Beine zu helfen.

„Sie sind verletzt!“, stellte er fest, nachdem Harry unsicher vor ihm stand. „Sie sollten das versorgen lassen.“

Harry schüttelte nur den Kopf.

„Wie ist das passiert?“, fragte der Wärter weiter. „Soll ich Sie ins St. Mungos Hospital begleiten?“

„Nein“, flüsterte Harry und schloss für einen Moment die Augen.

„Aber …“

„Malfoy ... Draco Malfoy“, sagte Harry nur, aus Angst, seine Stimme könnte bald versagen und er würde kein Wort mehr hervorbringen.

„Mr Potter!“

Harry zwang sich dazu, aufzuschauen. Diese Stimme kannte er und sie entlockte ihm sogar ein Lächeln. Rhymes kam angelaufen, so wie er immer hier aufzutauchen schien - nach Luft ringend und eine Entschuldigung stammelnd.

„Mr Potter, was ist denn mit Ihnen geschehen? Sollten Sie nicht ins Krankenhaus gehen?“

Harry konnte diese Frage nicht mehr hören. Er schüttelte den Kopf.

„Draco“, wiederholte er. „Draco Malfoy … ich möchte … zu Draco …“

Rhymes zog überrascht die Augenbrauen hoch und öffnete den Mund, als wollte er etwas sagen, schwieg aber.

„Es ist wichtig“, fügte Harry hinzu, in der Hoffnung, dass wenigstens Rhymes das verstehen würde. Der Wärter hatte ihn schließlich schon zuvor zu Draco gelassen. Dieses Mal sagte er jedoch kein Wort.

„Warum … fragen Sie nach Mr Malfoy?“, wollte er schließlich wissen.

„Ich muss mit ihm sprechen!“, erklärte Harry mit Nachdruck. Er dachte, das wäre klar gewesen.

„Sprechen …“, wiederholte Rhymes abwesend, ehe er wieder in Schweigen verfiel. Harry wartete, bis jemand erneut die Stille brach. Es war unheimlich, wenn es in dieser dunklen Halle so still war. Schließlich schüttelte Rhymes den Kopf, langsam und bedauernd.

„Sie wissen es nicht …“, flüsterte er bestürzt.

Harry wollte ihn anschreien, ihn fragen, was er angeblich nicht wusste, doch er brachte kein Wort hervor. Stattdessen riefen Rhymes Worte eine Gänsehaut bei ihm hervor und er hielt unwillkürlich die Luft an. Er wollte, dass der Wärter weiter sprach und zugleich wollte er nicht hören, was als nächstes kam. Er fürchtete sich davor.

„Es tut mir leid“, sagte Rhymes leise.

Es fühlte sich so an, als hätte jemand ein schweres Gewicht auf Harrys Brust gelegt, das ihm die Luft aus den Lungen presste und ihn nach unten drückte, unaufhaltsam. Er knickte ein und verlor das Gleichgewicht, zu schwach, um sich länger auf den Beinen zu halten. Rhymes fing ihn auf, bevor er den Boden berührte.

Harry klammerte sich an dem Arm des Wärters fest. Er hatte Angst zu fallen, wenn er losließ. Weit nach unten, in einen tiefen, schwarzen Abgrund. Die letzte Kraft, die er noch gehabt hatte, war aus seinem Körper gewichen. Er konnte und wollte sich keinen Millimeter weit bewegen, nicht einmal sprechen.

Schwarze Punkte tanzten vor seinen Augen und in seinem Innern breitete sich eine Leere aus, die keine Gefühle mehr zuließ.

„Mr Potter“, sagte Rhymes sanft. „Alles in Ordnung?“

„Draco“, krächzte Harry mit brüchiger Stimme. Er musste es wissen, selbst wenn es dadurch nur noch schlimmer werden würde.

„Es war Selbstmord“, erklärte Rhymes in wenigen Worten, von denen jedes einzelne tief in Harrys Innerstes schnitt. „Vor ein paar Tagen. Ich hätte gedacht, Sie wüssten es …“

Rhymes Stimme entfernte sich mit jedem Ort, wurde leiser, schwächer. Die schwarzen Punkte vermehrten sich, bis Harry kaum noch etwas sehen konnte. Er versuchte gar nicht erst, dagegen anzukämpfen. Selbst wenn er noch die Kraft dazu gehabt hätte, er hätte es nicht gewollt. Nicht jetzt. Er ließ es zu, dass die Dunkelheit ihn mit sich zerrte. An einen Ort, an dem es keine Gedanken oder Gefühle gab.

* * *

St. Mungos Hospital, 31.08.1998

Licht drang durch seine geschlossenen Augenlider, als Harry allmählich wach wurde. Blinzelnd schlug er die Augen auf und kniff sie zusammen, als ihn Sonnenlicht blendete. Aus halb geöffneten Lidern versuchte er, seine Umgebung wahrzunehmen. Er konnte sich nicht erinnern, hier eingeschlafen zu sein. Er lag auf etwas Weichem und eine Decke war über ihm ausgebreitet - wahrscheinlich befand er sich in einem Bett.
Vorsichtig öffnete er die Augen weiter, bis er sich langsam an die Helligkeit gewöhnt hatte. Der Raum war ihm völlig unbekannt.

Er starrte hoch an eine weiße Decke und als er seinen Blick wandern ließ, stieß er auf weiße Wände. An der Wand gegenüber hing das Porträt eines alten Magiers, den Harry nicht so genau erkennen konnte. In eine weitere Wand war ein Fenster eingelassen, durch das die Sonne herein schien und hinter dem er einen blauen Himmel erkennen konnte.
Komisch - er erinnerte sich eigentlich nur an Dunkelheit.

„Harry!“ Die Stimme war viel zu laut und zu schrill. Sie dröhnte in seinen Ohren, als Harry den Kopf langsam zur Seite legte und dort einen Stuhl erblickte. In dem Stuhl saß Hermine mit einem strahlenden Lächeln auf den Lippen. Sie beugte sich zu ihm vor, nahm seine Hand in ihre und sagte: „Da bist du ja wieder!“

Harry blinzelte verwirrt. Er wusste ja nicht einmal, wo er war.
„Hermine …“, fing er an.

„Scht!“, machte sie und drückte seine Hand. „Es wird noch eine Weile dauern, bis du wieder bei Kräften bist, also ruh dich noch ein bisschen aus.“ Sie lächelte. „Dabei hast du ja schon fast zwei Tage lang geschlafen.“

Zwei Tage … Harry stöhnte. Er hatte furchtbare Kopfschmerzen, war immer noch nicht ganz wach und hatte das Gefühl, dass etwas fehlte. Dass er etwas vergessen hatte.

„Ich werde schnell gehen und Ron holen“, versprach Hermine eifrig. „Ich kann dich doch kurz allein lassen?“

Sie wartete gar nicht erst auf seine Antwort, sondern stand sofort auf und lief zur Tür hinüber. Noch einmal drehte sie sich um und sah ihn lächelnd an, dann verließ sie den Raum.

Harry starrte die verschlossene Tür an und versuchte sich zu konzentrieren. Die Erinnerung an die vergangenen Tage kehrte allmählich zurück. Zunächst waren es nur Bruchstücke. Bilder seines Kampfes gegen Voldemort. Sein toter Feind am Boden. Er selbst, in der Eingangshalle von Askaban. Rhymes. Draco. Draco … Langsam setzten sich die Teile zusammen und ergaben ein Ganzes.

Er erinnerte sich, erinnerte sich an alles und wollte im nächsten Moment nur wieder vergessen. Ruckartig setzte er sich auf und ignorierte den Schmerz, der durch sein Bein fuhr. Am liebsten hätte er geschrieen, so laut er nur konnte. Stattdessen saß er nur da und nahm wahr, wie sein Blick langsam verschwamm, als ihm Tränen in die Augen stiegen.

Er wusste selbst nicht genau warum er sich so elend fühlte. Es hatte etwas mit Draco zu tun, aber eigentlich hatten sie doch kaum etwas miteinander zu tun gehabt. Sie waren lange Zeit Feinde gewesen, nur zum Ende hin nicht mehr. Harry konnte nicht glauben, dass da viel gewesen war, dass sie verbunden hatte, aber etwas musste da gewesen sein. Sonst würde er sich jetzt nicht so fühlen, als würde die ganze Welt über ihm zusammenbrechen. Er wünschte nur, er hätte es irgendwie begreifen können.

Die Tür wurde aufgerissen und Hermine kam zurück, immer noch mit einem breiten Lächeln im Gesicht. Hinter ihr zwängte sich Ron in den Raum. Auch er sah hocherfreut aus.

„Harry!“, fing Ron an und lief auf ihn zu, erstarrte aber, als er Harrys Gesicht sah. „Harry!“

Auch Hermines Lächeln verschwand und sie eilte an Harrys Seite.

„Was ist los?“, fragte sie besorgt und griff erneut nach Harrys Hand. „Harry, du weinst!“

Harry wischte sich mit der freien Hand schnell die Tränen aus dem Gesicht, ehe er sich zu Hermine umwandte und sich zu einem Lächeln zwang.

„Es ist nichts“, log er. „Ich … ich bin nur froh, dass es vorbei ist.“

„Das sind wir alle“, erwiderte Hermine sanft.

„Ja, jetzt kann es nur noch besser werden!“, meinte Ron zuversichtlich.

Die beiden schienen wieder voller Energie zu sein, fröhlich und ausgelassen. Nichts deutete mehr darauf hin, dass sie vor wenigen Tagen erst verletzt und erschöpft vor einer einsamen Hütte gesessen hatten. Offensichtlich hatten sie sich schnell erholt.

„Alles wird gut“, sagte Hermine. „Jetzt wird alles gut.“

„Hermine“ Harry drückte ihre Hand und sah seine Freundin bittend an. „Ich würde gerne allein sein … bitte.“

Im ersten Moment schien Hermine widersprechen zu wollen, dann überlegte sie es sich wohl anders und nickte.

„Natürlich.“

Sie packte Rons Arm und zog ihn mit sich zur Tür. Ron schien ein wenig überrascht, folgte ihr aber bereitwillig nach draußen.

Harry sah ihnen nach, bis sie wieder verschwunden waren. Dann konnte er die Tränen nicht mehr zurückhalten. Er schluchzte leise, während er die weiße Wand anstarrte und sich fragte, warum ihn diese Sache so sehr mitnahm.
Er hatte nie darüber nachgedacht, in welchem Verhältnis er wirklich zu Draco stand. Vielleicht hätte er es nach ihrem letzten Gespräch tun sollen. Aber er hatte es beiseite gedrängt, um sich ganz auf seinen Kampf zu konzentrieren.

Er fragte sich, welche Rolle Draco in seinem Leben gehabt hatte. Je mehr er darüber nachdachte, desto befremdlicher war die Richtung, die seine Gedanken nahmen. Draco war mehr gewesen, als er es je zugegeben hätte.
Man sagt, erst wenn man etwas nicht mehr hat, weiß man, was es einem bedeutete. Vielleicht traf genau das auf ihn zu.
Es war die einzige Erklärung dafür, dass er sich so leer fühlte, wenn er an Draco dachte. Daran, dass er nicht mehr da war und dass es kein weiteres Gespräch mit ihm geben würde. Oder mehr. Harry fragte sich nicht länger, was als nächstes kommen würde. Er fragte sich, was hätte sein können und das war viel schlimmer. Es tat weh.

Nicht einmal sein Versprechen hatte Harry einhalten können. Er war einfach zu spät gekommen.

Kraftlos ließ Harry sich in sein Bett zurückfallen und wartete sehnsüchtig darauf, dass der Schlaf ihn erneut übermannte.

* * *

02.09.1998

Harry lächelte, als er Hermine zuhörte, die an seinem Bett saß und ihm berichtete, wie am Morgen die Weasleys da gewesen waren. Sie hatten Ron mit nach Hause genommen und waren auch bei Harry gewesen, doch er hätte geschlafen und sie hatten ihn nicht aufwecken wollen.

„Sie wollen wieder kommen“, versicherte Hermine. „So lange bleibe ich dann hier und erzähle dir alles, was passiert ist, während du geschlafen hast. Meine Güte, du hast wirklich ganz schön viel geschlafen!“

Da hatte sie Recht. Er hatte in den letzten beiden Tagen kaum etwas anderes getan. Er hatte einfach nicht wach bleiben wollen, damit er sich nicht der schmerzlichen Wahrheit stellen musste. Aber natürlich konnte er nicht davonlaufen und jetzt - zwei Tage nachdem er im St. Mungos aufgewacht war - fühlte er sich erstaunlicher Weise schon etwas besser.
Was nicht bedeutete, dass der Schmerz verschwunden war.

„Wir haben es dem Orden gesagt, Ron und ich. Wir haben ihnen erzählt, wie wir Voldemort gejagt haben und wie du ihn besiegt hast. Von den Horkruxen haben wir ihnen nichts erzählt, wir dachten, das solltest besser du machen, sofern du willst, dass sie es wissen“, erzählte Hermine eifrig. Es musste viel geschehen sein, während er hier in seinem Krankenzimmer gelegen hatte.

„Der Orden hat sich dann ans Ministerium gewandt“, fuhr Hermine fort. „Und jetzt wissen es alle! Es stand heute morgen in allen Zeitungen. Ich bin mir sicher, dass die da draußen jetzt alle feiern und dass haben sie dir zu verdanken!“ Sie lächelte. „Die Leute versuchen schon seit einer ganzen Weile, in dein Zimmer zu kommen, aber die Heiler lassen niemanden zu dir durch, außer mir oder Ron. Es sei denn, du möchtest gerne mit einem der Reporter sprechen …“

Harry winkte ab, dankbar dafür, dass man ihm den ganzen Trubel bislang erspart hatte.

„Rede du doch mit ihnen“, schlug er vor. Hermine grinste.

„Hab ich schon“, gab sie zu. „Sie haben mich abgefangen, als ich auf dem Weg zu dir war und mich gefragt, ob wir beide ein Paar wären.“ Sie fing an zu lachen. „Als ob das das Einzige wäre, was die interessiert!“

„Was hast du ihnen gesagt?“

„Was schon?“ Hermine zuckte mit den Schultern. „Wir sind Freunde. Das werden wir immer sein, richtig?“

„Ja“, erwiderte Harry leise. „Ja, das werden wir.“

Hermines Begeisterung schaffte es beinahe, Harry mitzureißen. Aber nur beinahe. Er hatte nicht über Draco gesprochen und er hatte es auch nicht vor. Er würde selbst damit fertig werden, auch wenn es vielleicht eine Weile dauern würde. Momentan quälten ihn die Gedanken an Draco noch. Für Hermine war alles perfekt, die Welt war in Ordnung, Voldemort besiegt, ihre Freunde lebten. Für Harry fehlte etwas, um diese Situation perfekt erscheinen zu lassen.

Als er damals angefangen hatte, darüber nachzudenken, was sein würde, wenn der Kampf vorüber war, hätte er nie gedacht, dass er um Draco Malfoy trauern würde. Es gab Dinge, die man nicht vorhersehen konnte. Dinge, auf die man nicht vorbereitet war.

Er hatte gehofft, irgendwo dort draußen sein Glück zu finden, wenn er es schaffen sollte, Voldemort zu besiegen. Und das hatte er tatsächlich. Mit dem Glück sah das jedoch anders aus.
Er hatte sich damals - bevor er aufgebrochen war, um die Horkruxe zu suchen - viele Gedanken darüber gemacht, was er tun würde, wenn er Erfolg hätte. Er hatte daran gedacht, zu Ginny zurückzukehren. Ginny, die ihm einst sehr wichtig war. Jetzt war er sich da nicht mehr so sicher. Natürlich mochte er Ginny, aber er wusste nicht mehr, ob er das Liebe nennen konnte. Er wusste nicht einmal, ob er nach allem, was geschehen war, überhaupt zu ihr zurückgehen wollte. Er wusste nicht, ob er es konnte. Er hatte das Gefühl, dass Ginny nicht das war, wonach er suchte.

Es war seltsam für Draco etwas anderes zu empfinden als Hass und mehr als Freundschaft. Vor allem jetzt, da Draco nicht mehr da war. Die Gefühle waren es. Vielleicht hatte genau dort sein Glück gelegen und er hatte es einfach nur zu spät begriffen. Allein dieser Gedanke schaffte es, dass Harry sich nicht nur miserabel, sondern auch noch schuldig fühlte. Er hasste diese Was-wäre-wenn-Fragen, aber er stellte sie sich immer wieder.

„Ist alles in Ordnung?“, fragte Hermine und Harry nickte schnell.

„Du siehst immer noch ein wenig blass aus“, meinte Hermine leicht besorgt. „Aber das wird schon wieder. Die Heiler sagen, dass es dir in ein paar Tagen besser geht und schon bald wirst du da raus gehen können, um dich der Meute zu stellen.“

„Alles wird gut?“, fragte Harry, einfach nur, weil er ihre Antwort hören wollte. Auch wenn sie nicht wusste, worauf sich die Frage wirklich bezog.

„Natürlich!“, erwiderte Hermine. „Es ist bereits gut! Du hast es geschafft, Harry, du hast uns alle gerettet!“

Gegen seinen Willen musste Harry nun doch lächeln. Ja, er hatte es geschafft. Und er war trotz allem, was ihn sonst beschäftigte, froh darüber, dass es vorbei war.

„Ab heute beginnt für uns alle eine neue Zeit“, sagte Hermine zuversichtlich.

Harry gab ihr im Stillen Recht - nichts würde mehr so sein, wie es einmal war. Oder so, wie es hätte sein können.


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Wenn Kinder an der Hand der Mutter gehen, aber etwas hinter ihr, dann heulen sie, wenn sie mich sehen, weil ich Petunia Dursley spiele. Und die Mutter hat keine Ahnung, warum das Kind weint. (lacht)
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