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Fanfiction

Schuldig - Teil I

von synkona

Drei Tage später.

Die Kälte hatte seine Glieder befallen und der beißende Wind schien sogar durch seinen dicken Wintermantel zu dringen. Auf der Insel lag nur vereinzelt Schnee, ein paar weiße Flecken auf einem kahlen und trostlosen Stück Land.

Askaban war eine riesige, steinerne Festung, aber ohne Mauern und Stacheldraht. Der Schutz, der die Gefangenen in ihren Zellen hielt, war magischer Natur. Harry hatte gelesen, dass man die Anzahl der Schutzbanne um das Zauberergefängnis um ein Vielfaches erhöht hatte, seit die Dementoren verschwunden waren. Es gab nun mehr Hexen und Zauberer, die an der Stelle der unheimlichen magischen Wesen die Gefangenen überwachten.

Askaban war auch ohne seine Dementoren ein Ort, dessen Anblick einem eine Gänsehaut bescherte. Harry wusste schon gar nicht mehr, ob allein die Kälte daran schuld war, dass er zitterte.

Er betrat das Gefängnis durch eine große, verriegelte Tür, die von zwei Zauberern bewacht wurde. Sie öffneten sie wortlos. Ihren Augen konnte Harry ablesen, dass sie ihn erkannt hatten, trotz der Mütze, die er sich in die Stirn gezogen hatte.

Drinnen war es kaum wärmer als draußen. Die Wände waren grau und kahl; er konnte nirgends einen Kamin oder eine andere Wärmequelle erkennen.
UnschlĂĽssig blieb er stehen. Harry war nie in Askaban gewesen, er wusste nicht, wie er sich zu verhalten hatte, ob er sich hier einfach umschauen konnte oder lieber wartete. Die Entscheidung wurde ihm abgenommen, als ein Mann den Gang entlang geeilt kam.
Etwas auĂźer Atem blieb er vor Harry stehen und schnappte nach Luft.

„Entschuldigen Sie … Nicht da gewesen … Gefangene …“, keuchte er.

„Kein Problem“, erwiderte Harry, auch wenn er nicht ganz sicher war, was der Mann damit hatte sagen wollen.

„Was kann ich für Sie tun, Sir?“, fragte der Mann mit ruhigerer Stimme, als sein Atem wieder langsamer ging. Er nahm eine gerade und etwas steife Haltung an.

„Oh ich … möchte jemanden besuchen“, antwortete Harry zögernd.

„Einen der Gefangenen, nehme ich an“, erwiderte der Mann. „Wenn Sie mir dann bitte zunächst Ihren Zauberstab aushändigen könnten.“

Ein wenig unschlĂĽssig griff Harry in seine Manteltasche und holte seinen Zauberstab hervor, reichte ihn aber noch nicht an den Mann weiter, der schon die Hand danach ausstreckte.

„Sir, ich habe dafür zu sorgen, das hier die Regeln eingehalten werden. Solange Sie mir nicht Ihren Zauberstab geben, bin ich nicht befugt, Sie in die Gefangenenbereiche zu lassen“, erklärte er. „Sie bekommen ihn wieder, wenn Sie die Einrichtung verlassen.“

Harry drĂĽckte dem Mann seinen Zauberstab in die Hand, auch wenn er sich nur ungern davon trennte.

„Danke, Sir.“
Der Mann lieĂź Harrys Zauberstab in seiner Umhangtasche verschwinden, dann sah er Harry aufmerksam an.
„Mein Name ist Edward Rhymes, Gefängniswärter“, stellte er sich knapp vor. „Ich bin dafür zuständig, darauf zu achten, dass Sie nichts Verbotenes tun, so lange Sie sich in Askaban aufhalten, Mr …“

„Potter“, sagte Harry, bevor er es verhindern konnte. Sein Gegenüber riss überrascht die Augen auf.

„Potter?“, wiederholte Rhymes fassungslos. „Harry Potter?“

Harry ärgerte sich ein wenig darüber, gleich seinen Namen genannt zu haben. Er hätte wissen müssen, was dabei herauskam. Rhymes schien ein Mensch von der neugierigen Sorte zu sein.

„Was führt Sie denn her?“, fragte der Wärter aufgeregt, in einem Versuch Konversation zu machen. „Ausgerechnet nach Askaban!“

„Wie ich bereits sagte, Mr Rhymes, bin ich hier, um einen der Gefangenen zu besuchen.“

„Entschuldigen Sie, wenn ich so direkt bin, Mr Potter“, fuhr Rhymes mit einem nervösen Lächeln fort. „Es ist nur so, dass es einem nicht alle Tage passiert, dass jemand wie Sie … Ich meine, wen wollen Sie denn hier besuchen? Ein paar von denen sitzen doch sicher dank Ihnen hier fest, was?“
Rhymes lachte herzhaft über seinen eigenen Scherz. Harry konnte sich nur mit Mühe ein Lächeln abringen.

„Mr Rhymes, ich habe leider nicht sehr viel Zeit“, erklärte er dem Wärter mit Nachdruck. „Und ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie mich gleich zu Malfoys Zelle führen würden.“

Rhymes hörte auf zu lachen und sah Harry mit noch größerem Interesse an.
„Der Malfoy-Junge, was? Mit dem wollen Sie reden! Verzeihen Sie, wenn ich frage, aber worum geht es denn da? Rein Interesses halber.“
Rhymes zwinkerte Harry zu.

„Gehört es zu den Regeln, dass ich Ihnen das sagen muss?“, entgegnete Harry. Er mochte die aufdringliche Art des Wärters nicht.

„Regeln … nein.“ Rhymes sah enttäuscht aus. „Ist vertraulich, hab ich Recht? Streng geheim und so.“

Harry seufzte.
„Ja“, log er. „Es geht um … aber das darf ich Ihnen eigentlich gar nicht sagen … Ich bin sozusagen in geheimer Mission hier.“
Harry war zu einem FlĂĽsterton ĂĽbergegangen. Er wĂĽrde das Spiel mitspielen und vielleicht war Rhymes dann zufrieden. Der Plan schien aufzugehen.

„Natürlich“, erwiderte der Wärter ebenso leise.

„Niemand darf erfahren, dass ich hier war“, fuhr Harry fort. Möglicherweise konnte er Rhymes Eigenarten für sich nutzen. Er hatte niemandem erzählt, dass er nach Askaban wollte, genauso wenig, wie er mit jemandem über den Brief gesprochen hatte. Er hatte das Gefühl gehabt, diese Sache besser erst einmal für sich zu behalten.

Rhymes nickte eifrig und deutete hinter sich, den Gang hinab.
„Sie sind hier, um ihn auszufragen, hab ich Recht?“, hakte Rhymes nach und stupste Harry in einer freundschaftlichen Geste an. „Die Auroren haben wohl Ihren Job nicht richtig gemacht! Unter uns gesagt“ Er beugte sich zu Harry vor und flüsterte so leise, dass er kaum noch zu verstehen war. „Ich glaub ja sowieso, dass da eine Menge unfähige Zauberer dabei sind …“

Rhymes richtete sich wieder auf und wechselte von seinem verschwörerischen Getue in einen geschäftigen Plauderton.
„Na dann kommen Sie mal mit, Mr Potter! Hier entlang bitte!“ Er deutete mit einer einladenden Handbewegung den weniger einladend wirkenden, dunklen Gang hinab, der tiefer in das Gefängnis hineinführte. „Folgen Sie mir!“

Harry tat wie ihm geheiĂźen und folgte Rhymes den Gang hinab.
Askaban war kein Ort, an dem Harry lange bleiben wollte. Es herrschte einen Totenstille, die geradezu erdrückend war. In den grauen Steinwänden schien es nirgendwo Fenster zu geben und die einzige Lichtquelle rührte von einigen Fackeln her, die in regelmäßigen Abständen an den Wänden hingen. Harry fühlte sich ein wenig an die Kerker von Hogwarts zurückerinnert, nur dass jenes Gefühl des Unwohlseins hier viel stärker war.

Das leiseste Geräusch klang in der Stille übertrieben laut und schien hier fehl am Platz. Daher zuckte Harry auch zusammen, als Rhymes nach einer Weile laut verkündete: „Da wären wir!“
Der Gefängniswärter deutete auf eine schwere und gut verriegelte Tür. Offensichtlich verließ man sich hier nicht nur auf magische Schutzbanne, denn mehrere Schlösser waren an der Tür angebracht worden.

„Das ist seine Zelle?“, fragte Harry leise.

„Oh nein, natürlich nicht!“, erwiderte Rhymes gut gelaunt und machte sich daran, die Schlösser zu entriegeln. Die vielen Schlüssel an seinem Schlüsselbund schlugen klirrend aneinander.
„Das ist einer unserer Besucherräume“, erklärte Rhymes. Es klickte leise, als er ein Schloss nach dem anderen öffnete und dann die Tür aufriss. „Die Besucher unserer Gefangenen können sich in diesen Räumen mit ihnen unterhalten. Es ist sicher und abgeschottet von den anderen Gefangenen.“ Er lächelte. „Immer hinein in die gute Stube!“

Der Wärter dirigierte Harry in den Besucherraum, als handle es sich dabei um ein Nobelrestaurant und nicht um das, was es wirklich war: Ein kleiner, einengender Raum, der in Harrys Augen mehr mit einer Folterkammer gemein hatte, als einem Besuchszimmer.

In der Mitte des Raumes stand ein heller Tisch auf stählernen Beinen, um ihn herum zwei Stühle. Es war leicht zu erkennen, welcher davon für den Besucher und welcher für den Gefangenen gedacht war. Der Gefangene würde mit dem Rücken zur Tür des Raumes sitzen, gegenüber seinem Besuch. Sein Stuhl war fest im Boden verankert und die zahlreichen Ketten deuteten darauf hin, dass er daran gefesselt sein würde, wenn er sich mit seinem Gast unterhielt.

„Ich werd' dann mal gehen und Malfoy herbeiholen lassen“, meinte Rhymes und nickte Harry freundlich zu. „Sie können so lange hier warten, Mr Potter. Machen Sie es sich ruhig bequem!“

Harry bezweifelte, dass er diesem Raum eine Bequemlichkeit abgewinnen konnte. Dennoch setzte er sich auf den Besucherstuhl und richtete seine Augen auf die Tür, die Rhymes hinter sich geschlossen hatte. In diesem Zimmer fühlte er sich beinahe schon selbst wie ein Gefangener. Auch hier gab es keine Fenster, nur einengende, graue Wände, die einem das Gefühl gaben, als wäre man tief unter der Erde eingemauert.

Es dauerte seine Zeit, aber irgendwann wurde die TĂĽr energisch aufgerissen und Rhymes kehrte zurĂĽck. Er trat in den Raum und blieb nach ein paar Schritten steif stehen.
„Der Gefangene“, erklärte er und nickte zur Tür hin.

Zwei Männer in dunklen Umhängen kamen herein, die einen dritten in ihrer Mitte festhielten. An beiden Armen umklammerten sie den jungen Mann und schleiften ihn eher, als das sie ihn führten, zu dem Stuhl mit den Ketten.

Draco sah nicht so aus, als würde ihm das etwas ausmachen. Er versuchte weder sich zu wehren, noch zeigte sein Gesicht irgendeine erkennbare Regung. Er ließ es wortlos mit sich geschehen, als die Männer ihn gewaltsam in den Stuhl zwängten und als sie ihm schweigend die eisernen Fesseln anlegten. Sein Kopf war leicht nach unten geneigt, seine Haltung kraftlos, als wäre ihm all dies gleichgültig, als habe Askaban ihn bereits gebrochen. Als die Männer fertig waren, verließen sie den Raum wieder.

„Sie werden draußen warten“, meinte Rhymes, der ihnen hinterher schaute. „Falls es zu einem Zwischenfall kommen sollte.“

Harry hätte am liebsten laut losgelacht. Es würde keinen Zwischenfall geben. Wie auch? Draco Malfoy war an seinen Stuhl gekettet; er dürfte sich eigentlich kaum bewegen können, geschweige denn, einen „Zwischenfall“ hervorrufen.

„Ich selbst werde hier bleiben und das Gespräch überwachen“, erklärte Rhymes.

„Es wäre mir lieber, wenn Sie das nicht täten“, erwiderte Harry.

Dracos Kopf hob sich nun, seine Augen huschten in ihren Höhlen umher, schienen Harry und den Wärter genau in den Blick nehmen zu wollen.

„Ich denke, es wäre …“, fing Rhymes an, doch Harry wollte ihn erst gar nicht zu Wort kommen lassen.

„Ich komme zurecht!“, sagte er mit Nachdruck. „Erinnern sie sich an unsere Unterhaltung von vorhin, Mr Rhymes? Denken Sie an das, was ich gesagt habe!“

Rhymes schien einen Moment nachzudenken, dann nickte er zögernd.
„In Ordnung, Mr Potter. Wie Sie wünschen. Sollte es Probleme geben oder wenn Sie dieses Gespräch beenden wollen, dann gehen sie hinüber und klopfen Sie an die Tür. Ich werde sie verriegeln, wenn ich den Raum verlasse.“

Harry war es egal, was der Wärter tat, solange er tatsächlich ging.
Rhymes nahm sich für seinen Weg zur Tür mehr Zeit, als nötig gewesen wäre. Seine Augen lagen auf Harry, auch dann noch, als er rückwärts auf den Gang hinaus trat. Einen kurzen Moment später hörte man die Schlösser einrasten.

Stille lag über dem Raum. Keiner der beiden jungen Männer, die sich nun allein gegenüber saßen, sagte ein Wort. Keiner von ihnen bewegte sich auch nur.
Schweigend saĂźen sie da und sahen einander an.

Draco schien nun nicht mehr so erschöpft wie zuvor. Er hatte die Schultern gestrafft und das Kinn stolz nach vorne gereckt. In seinen Gesichtszügen lag jener überhebliche Ausdruck, den er schon in Hogwarts stets zur Schau getragen hatte. Harry hatte sich geirrt. Draco war noch kein gebrochener Mann.

„Potter“ Dracos Mundwinkel zuckten. „Du bist tatsächlich gekommen.“

Seine Stimme hatte immer noch den gleichen Klang wie damals, dachte Harry. Selbstsicher und ein wenig arrogant, vor allem stolz. Manche Dinge änderten sich nie.

„Warum bin ich hier, Malfoy?“, fragte Harry. Er wollte keine unnötige Zeit vergeuden. Je schneller er seine Antworten bekam, desto besser.

„Müsstest du das nicht selbst am Besten wissen?“, entgegnete Draco.

„Du hast den Brief geschrieben“, sagte Harry zähneknirschend. „Du wolltest mich sehen, hier bin ich. Also, was willst du von mir?“

„Ja, du hast Recht, den Brief habe ich wohl tatsächlich geschrieben“, meinte Draco. „Warte, wie lange ist das jetzt her? Doch sicher schon ein paar Tage … Du hast dir reichlich viel Zeit gelassen, Potter.“

Harry ballte beide Hände unter dem Tisch zu Fäusten.

„Ich hab schon gedacht, du würdest gar nicht mehr hier auftauchen“, fuhr Draco gelassen fort. „Und dabei war ich mir meiner Sache sehr sicher, als ich den Brief geschrieben hat … und es sieht ja ganz so aus, als hätte ich am Ende Recht behalten.“

Ein Lächeln umspielte nun seine Lippen. Die Art Lächeln, die Harry immer hatte zu sehen bekommen, wenn Snape ihm in Zaubertränke eine schlechte Note verpasste oder wenn McGonagall ihn anfuhr, weil er zu spät kam. Immer hatte irgendwo in den hinteren Reihen Draco Malfoy gesessen und auf diese Art gelächelt.

„Wahrscheinlich bist du einfach zu unsicher, Potter. Du weißt einfach nicht, was du willst.“

Harrys Fingernägel gruben sich in seine Haut ein. Er war sich sehr sicher. In jedem Fall wusste er, warum er nicht hier war - um sich solche Kommentare anzuhören.

„Dann sag' mir doch einfach, warum zum Teufel du mir diesen Brief geschickt hast!“, schrie er Draco wütend an.

„Das wirst du schon noch früh genug erfahren. Wir sollten zuerst über etwas ganz anderes reden … Weiß jemand von dem Brief? Weiß jemand, dass du hier bist?“

Harry gefiel es nicht, in welche Richtung dieses Gespräch lief. Er selbst sollte derjenige sein, der hier die Fragen stellte. Er war nicht derjenige, der hilflos dasaß, weil er mit Händen und Füßen an einen Stuhl gekettet war. Warum also gelang es ihm nicht, die Fäden an sich zu reißen?

„Und?“, hakte Draco nach.

„Niemand“, erwiderte Harry. „Keiner weiß davon, nur du und ich.“

„Gut“, sagte Draco lang gezogen und nickte zufrieden.

„Malfoy, ich will dich das nicht noch einmal fragen …“, begann Harry.

„Warum du hier bist?“, vervollständigte Draco den Satz. „Ich nehme an, weil ich dich darum gebeten habe und weil du zu neugierig warst, um nicht zu kommen. Richtig oder falsch? Wie dem auch sei … ich hoffe, du hast auch genug Zeit für mich … du hast sicher unglaublich viel zu tun …“
Herausfordernd schaute er Harry an und neigte dabei seinen Kopf leicht zur Seite.

Harry versuchte sich zu beruhigen, die Wut zu ersticken, die in seinem Innern kochte. Aber er wollte Draco auf keinen Fall die Genugtuung geben und ihm zeigen, wie er auf seine Worte reagierte. Er wollte stärker sein als sein Gegenüber, seinen Zorn kontrollieren. Er durfte sich nicht provozieren lassen.

„Eine ganze Menge“, sagte er so gelassen wie es ihm möglich war. „Und du hast Recht: Viel Zeit habe ich nicht!“

„Ist ja auch verständlich. Wer bin ich, dass ich erwarte, der große Harry Potter hätte Zeit für mich? Einen einfachen Gefangenen … Einen verurteilten Mörder. Was ist, Potter? Glaubst du ihnen? Glaubst du, was sie über mich sagen?“

Harry sprang auf und hätte dabei beinahe seinen Stuhl umgeworfen.

„Du …“, zischte er, fand jedoch keine Worte, die Draco Malfoy in diesem Moment passend hätten beschreiben können. Natürlich glaubte er, was alle anderen auch sagten. Es war in allen Zeitungen gewesen und es hatte Zeugen gegeben. Es wäre schwierig, es nicht zu glauben.

„Hör zu Malfoy“, sagte Harry langsam. „Du bekommst nur diese eine Chance, klar? Du hast die Wahl: Entweder, du sagst mir auf der Stelle, warum ich hier bin oder ich werde durch diese Tür gehen und du siehst mich nie wieder.“

Draco schien einen Augenblick lang in Gedanken versunken und Harry stand kurz davor, seine Drohung wahr zu machen.
Er würde einfach hinüber zur Tür gehen, klopfen und darauf warten, dass …

„In Ordnung, Potter“, willigte Draco ein. „Du willst wissen, warum ich diesen Brief geschrieben habe? Ich will es dir sagen … Ich bin Schwierigkeiten und zwar in verdammt großen, wenn du verstehst, was ich meine.“

Und ob Harry das verstand. Gerade noch hatte er den dringenden Wunsch verspürt, laut zu schreien, nun hätte er am liebsten laut gelacht.

„Ich muss dich nur ansehen, um zu sehen, dass du Probleme hast“, sagte er und ließ sich wieder in seinen Stuhl fallen. „Wie du bereits sagtest: Du bist ein verurteilter Mörder und wirst noch eine ganze Weile hier festsitzen. Und wenn es nach mir ginge, kämst du bis an dein Lebensende nicht mehr hier raus!“

Draco schien nun derjenige zu sein, der MĂĽhe damit hatte, seine GefĂĽhle unter Kontrolle zu halten. Seine Finger bewegten sich unter den Fesseln, als wolle er sich befreien und auf Harry zustĂĽrzen.

„Nicht diese Art von Problem“, brachte er zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

Harry lehnte sich in seinem Stuhl zurück und runzelte irritiert die Stirn. Draco hatte also tatsächlich noch größere Probleme als die offensichtlichen?

„Über welche Art von Problem reden wir dann?“

Draco presste seine Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. Seine Augen wandten er von Harry ab und schaute auf die Handfesseln hinab.

„Ich brauche Hilfe“, murmelte er so leise, dass er fast gar nicht mehr zu verstehen war.

Harry zog seine Augenbrauen hoch.

„Niemand … niemand kann mir helfen“, flüsterte Draco. „Nur du … vielleicht …“

Er hob den Blick wieder und schielte zu Harry hinüber. Seine Augen forderten dazu auf, etwas zu sagen, doch Harry fiel beim besten Willen nichts ein, was er darauf entgegnen könnte. Für einen Moment lang war er sprachlos.
Draco Malfoy hatte ihn gerade wirklich um Hilfe gebeten. Was gab es dazu schon zu sagen?

„Ich?“, sagte Harry schließlich ungläubig und schüttelte langsam den Kopf. „Ganz sicher nicht. Was ist mit deinen Todesserfreunden? Lass dir von denen helfen!“

Die letzten Worte sprach er verächtlich aus. Für Draco konnte er ebenso wenig Sympathie aufbringen wie für die übrigen Diener Voldemorts. Sie waren seine Feinde, waren es immer gewesen.

„Ob du es mir glaubst oder nicht“, erwiderte Draco und seufzte. „So einfach ist das nicht. Ich bin auf mich allein gestellt, verstehst du? Erst recht nicht einer von denen.“

Er sah Harry fragend an. Harry nickte, zum Zeichen, dass er fortfahren solle. Seine Neugierde war einfach zu stark, um aufzustehen und zu gehen.

„Es geht um die Anklage gegen mich“, fuhr Draco fort. „Die Mordanklage.“

Weiter ließ Harry ihn nun doch nicht reden. Er sprang erneut auf und stützte sich mit beiden Händen auf dem Tisch ab, kurz davor, ihn einfach umzuwerfen.

„Also geht es doch um die Verurteilung“, zischte er wütend.

„Na ja, es …“

„Halt die Klappe!“, schrie Harry, stieß sich vom Tisch ab und ging zu Draco hinüber, bis er direkt neben ihm stand.

„Ich kannte sie, Malfoy“, erklärte er schwer atmend. „Ich kannte sie und du hast sie ermordet!“

„Wir reden über die Abbotts, richtig?“, fragte Draco so gelassen nach, dass er Harrys Wut damit nur noch steigerte.

„Ja, es geht um die Abbotts!“, entgegnete Harry. „Und du hast sie getötet.“

Dieses Mal sprach Harry ruhig. Es war eine einfache Feststellung. Alle wussten, was Draco getan hatte. Ein Hauself hatte die Todesser auf dem Wohnsitz der Abbotts gesehen und jeden von ihnen identifiziert.
Hannah war in seinem Jahrgang in Hogwarts gewesen. Nun war sie tot und der Mann, der hier neben ihm saĂź, war schuld daran.
Harry war drauf und dran, ihm einfach ins Gesicht zu schlagen, doch die Genugtuung wĂĽrde nicht lange anhalten und er hatte wenig Lust auf Rhymes Kommentare, wenn er den Gefangenen verprĂĽgelte.
Stattdessen ließ er von Draco ab und ging zur Tür hinüber. Er hätte schon längst gehen sollen. Mittlerweile bezweifelte Harry, dass Draco wirklich Hilfe brauchte. Seit er hier war, hatte er nur seine Spielchen mit ihm getrieben und ihn geradezu zur Weißglut getrieben. Wahrscheinlich war das alles, was Draco hatte erreichen wollen. Wie in alten Zeiten.

„Mach's gut, Malfoy“, sagte er tonlos, als er vor der Tür stand. Er wollte gerade dagegen klopfen, als Malfoy antwortete.

„Ich bin unschuldig.“

Harrys Hand hielt wenige Zentimeter vor der TĂĽr inne und er fuhr herum. Er konnte Dracos Gesicht nicht sehen, aber sein Kopf war nach unten gesenkt.

„Ich bin unschuldig“, wiederholte er. „Ich habe es nicht getan.“

Harry ging wieder hinüber zu seinem Stuhl, ganz langsam. Er setzte sich und unterzog Draco einem prüfenden Blick. Sein Gegenüber sah ihn aus funkelnden Augen heraus an. Sein Gesichtsausdruck war ernst, die Überheblichkeit schien sich in Luft aufgelöst zu haben.

„Warum sollte ich dir das glauben?“, entgegnete Harry. In der Tat glaubte er nicht ein Wort von dem, was Draco da sagte. Dennoch würde er hier bleiben und sich anhören, was er zu sagen hatte, auch wenn sich das wahrscheinlich als Fehler herausstellen würde.

„Ja, warum solltest du?“, bestätigte Draco.

„Es gab Zeugen“, erinnerte Harry. „Man hat dich gesehen.“

„Ich habe nicht gesagt, dass ich nicht da war“, erklärte Draco ruhig. „Und ich habe nicht vor, das zu leugnen. Ich war da, ja. Aber ich habe niemandem auch nur ein Haar gekrümmt.“

Harry schĂĽttelte nur den Kopf.
Was er da hörte, war nichts als der verzweifelte Versuch eines Verurteilten, sich aus dem Gefängnis herauszureden.
Er fragte sich nur, warum Draco scheinbar so dumm war, ausgerechnet jemanden einzuladen, von dem er eigentlich wissen musste, dass er ihm niemals glauben wĂĽrde.

„Ich habe niemanden getötet“, sagte Draco noch einmal. So langsam konnte Harry es nicht mehr hören.

„Und was hast du erwartet?“, fragte er fassungslos. „Dass ich da raus gehe und vor allen deine Unschuld beweise?“ Er schnaubte verächtlich. „So naiv kannst du nicht sein!“

Draco lächelte.

„Nein“, erwiderte ganz ruhig. „Du hast Recht - ich bin nicht so dumm, das wirklich zu erwarten. Ich brauche niemanden, der meine Unschuld beweist. Für den Moment reicht es mir, wenn jemand die Wahrheit kennt.“

„Wahrheit?“, wiederholte Harry. „Das ist nicht die Wahrheit!“ Er beugte sich ein Stück nach vorne. „Soll ich dir was sagen, Malfoy? Ich glaube dir nicht. Kein einziges Wort von dem, was du heute gesagt hast. Und weißt du warum? Weil du ein Todesser bist. Weil dabei warst, als die Abbotts ermordet wurden. Und weil du ein verdammter Lügner bist!“

Dracos Augen schimmerten, als er Harry nun ansah und fast hätte man meinen können, er bedauerte irgendetwas. Aber für diesen kurzen Moment schien Draco jemand anderes zu sein, auch wenn er das alles vielleicht nur vorgab.

„Erinnerst du dich, als wir uns das erste Mal begegnet sind?“, fragte er und wechselte damit so plötzlich das Thema, dass Harry zunächst nicht folgen konnte. „In der Winkelgasse, bei Madam Malkin?“

Harry antwortete nicht.

„Weißt du, damals habe ich wirklich gehofft, dass wir Freund werden würden, Potter …“ Draco seufzte. „Schätze, ich hab meine Chance verspielt, was?“

Einen Augenblick lang war Harry so verwirrt, dass er nicht wusste, was daraufhin sagen sollte.

„Das hast du“, erwiderte er dann schlicht.
Er fragte sich ernsthaft, wie dieses Gespräch noch enden sollte. Nach wie vor war er sich nicht vollkommen sicher, warum er hier war, warum Draco ihn herbestellt hatte. Fast alles, was gesagt worden war, schien so unsinnig, dass er es gar nicht glauben konnte.
Aber dann wiederum - was erwartete er eigentlich? Er hätte von Anfang an wissen müssen, dass es auf so etwas hinauslief. Dabei wusste Harry in diesem Moment nicht einmal, was er selbst wusste. Er kannte den Grund nicht, warum er sich immer noch in diesem engen Besucherraum befand und nicht schon längst wieder außerhalb von Askabans Mauern war. Er wusste, er würde wieder keine zufrieden stellende Antwort bekommen. Er fragte trotzdem.

„Was willst du von mir?“

Draco fing an zu lachen, als er Harry nun anschaute.

„Vertrauen, Potter“, antwortete er. „Das ist alles.“

„Du willst, dass ich dir vertraue? Wir wissen beide, dass das lächerlich ist“, erwiderte Harry kopfschüttelnd. Diese Unterhaltung war nicht ernst gemeint. Draco hatte ihn sicher nur herbestellt, um sich noch einmal über ihn lustig zu machen. Vielleicht hatte er in Askaban so wenig zu lachen, dass er seine Feinde einladen musste, um mal Spaß haben zu können.
„Nicht in einer Million Jahre, Malfoy.“

Draco zuckte mit den Schultern.
„Ich hatte es gehofft, aber da kann man wohl nichts machen. War in jedem Fall schön, dich mal wieder zu sehen.“

Nun reichte es Harry endgültig. Dieses Gespräch würde ohnehin zu nichts führen, dass ihm in irgendeiner Hinsicht etwas bringen würde. Zum wiederholten Mal ging er zur Tür hinüber, fest entschlossen, den Raum dieses Mal wirklich zu verlassen. Er klopfte an und wartete. Jemand im Gang hantierte mit den Schlössern herum.

„Weißt du, es spielt keine Rolle, ob du mir jetzt glaubst“, hörte er Dracos Stimme hinter sich. Ein Schloss nach dem anderen klickte vernehmlich. „Solange du es dann tust, wenn es darauf ankommt. Und eines Tages wird es das.“ Die Tür öffnete sich einen Spalt breit und Rhymes fröhlich lächelndes Gesicht erschien. „Eines Tages werde ich dich brauchen“, redete Draco weiter.

Rhymes zog verwirrt die Stirn in Falten und Harry drängte sich eilig an dem Wächter vorbei. Nach draußen.


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In der Filmgeschichte hat es derart viele Werwölfe gegeben, dass wir unbedingt etwas ins Bild bringen wollten, was es noch nie zu sehen gab. Wir zeigen also nicht den traditionell behaarten Werwolf, sondern einen unbehaarten.
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