Forum | Chat | Galerie
 
Startseite | Favoriten
Harry Potter Xperts
Harry Potter Xperts
Startseite
Newsarchiv
Link us
Sitemap
Specials
Shop
Buch 7
Buch 6
Buch 5
Buch 4
Buch 3
Buch 2
Buch 1
Lexikon
Lustige Zitate
Gurkensalat
Hörbücher
Harry, A History
Steckbrief
Biographie
Werke
Erfolgsgeschichte
Interviews
Bilder
Harry Potter & Ich
JKRowling.com
Film 7, Teil 1 & 2
Film 6
Film 5
Film 4
Film 3
Film 2
Film 1
Schauspieler
Autogramme
Galerie
Musik
Videospiele
Downloads
Lesetipps
eBay-Auktionen
Webmaster
RSS-Feed
Geburtstage
Gewinnspiele
Twitter
Fanart
Fanfiction
User-CP
Quiz
Währungsrechner
Forum
F.A.Q.
Ãœber uns
Geschichte
Impressum

Fanfiction

HP7-Spoiler - Harry Potter und der Blutige Dorn - Eine Erinnerung

von annj

Harrys Zeiger zeigte auf 'Verschollen'. Seit Ron die Küche im Haus seiner Eltern betreten hatte, hatte er ihn nicht aus den Augen gelassen. Als wolle er ihn mit reiner Willenskraft dazu bringen, von 'Verschollen' auf 'Fuchsbau' zu wechseln. Doch er rührte sich nicht.

„Wie ist das nur möglich, Arthur? Wie konnte das nur passieren?“, wiederholte seine Mutter zum hundertsten Mal. Noch immer trug sie ihr bestes Kleid. Seit der Ordensverleihung hatte sie sich nicht umgezogen. Doch inzwischen war die Jacke zerknittert und hatte Flecken auf der Vorderseite. Sie hatte sich vorhin aus lauter Gewohnheit die Küchenschürze umgebunden, bevor ihr eingefallen war, dass sie noch immer ihre Ausgehkleidung trug. Sie hatte sich umgedreht und zum neunzigsten Mal gefragt, wie das nur hatte passieren können. Schon Sekunden später hatte sie offenbar wieder vergessen, dass sie sich umziehen wollte.

Ihre Hände zitterten stark, als sie die Teekanne erhob und einen Schwall Tee in ihre eigene Tasse goss, die prompt überlief.

„Verzeihung, Hermine“, sagte sie und goss stattdessen der jungen Hexe ein, deren Tasse leer war.

„Wie konnte das nur passieren? Ich verstehe das nicht?“ Einhundert und eins.

„Molly, Schätzchen, bitte beruhige dich! Er ist vermutlich ins Atrium appariert und hat dort das Ministerium verlassen. Keiner hat ihn aufgehalten.“

„Warum auch?“, warf Ron wütend ein. „Es war Notwehr!“

„Ich meine nicht, wie er entkommen konnte, Arthur“, schluchzte Molly. „Wie konnte das alles nur passieren? Er hat doch alles... Ich versteh' das nicht!“

Kraftlos fiel sie zurück auf ihren Stuhl und Arthur stellte sich hinter sie, legte ihr beruhigend seine Hände auf die Schultern.

„Wir wissen es nicht“, sagte er leise. „Wir wissen nicht, was passiert ist.“

„Es war Notwehr!“, unterbrach Ron erneut mit lauter Stimme. „Hört ihr mir überhaupt zu? Dieser Schleimbeutel wollte ihn umbringen. Da hat er sich gewehrt.“

„Ron.“ Hermine umfasste sein Handgelenke mit klammen Fingern. „Harry hätte ihn auch einfach erstarren lassen können. Warum musste er ihn...“

„Du auch, Hermine?“ Rasend mit Zorn erhob sich Ron von seinem Stuhl, der mit einem lauten Klappern umkippte und Errol erschrocken vom Fensterbrett fallen ließ. „Wie kannst du ihm nur in den Rücken fallen?“

„Ronald, ich würde Harry nie in den Rücken fallen. Aber verstehst du denn nicht? Irgendetwas stimmte nicht mit Harry. Ich hab es doch gleich gesagt.“

Molly Weasley sah Hermine mit rotgeweinten Augen an, während Arthur ruckartig seinen Kopf hob.

„Jetzt gibst du also mir die Schuld, ja?“ Ron wusste sehr wohl, dass das nicht ihre Absicht war. Aber er konnte die Worte einfach nicht verhindern. Sie strömten aus seinem Mund heraus wie die Schnecken, die er in seinem zweiten Schuljahr aufgrund eines daneben gegangenen Zauber ausgespuckt hatte.

„Nein, Ron! Es ist nur... ich verstehe dich ja... im Gegensatz zu Harry. Ich verstehe Harry nicht. Ich verstehe nicht, warum er ihn getötet hat.“ Hermines Stimme überschlug sich und wütende Tränen rannen ihre Wange herab, die sie trotzig mit dem Ärmel ihres Pullovers wegwischte. „Ich WILL es ja verstehen, aber dazu müssen wir herausfinden, was ihn dazu getrieben hat.“

Ron biss sich auf die Zunge, um nicht etwas zu sagen, was er später ganz sicher bereuen würde. Allein der Anblick seiner halb hysterischen Freundin ließ die rasende Wut in ihm verdampfen wie eine Pfütze unter der heißen Sommersonne. Hermine hatte sich wieder einigermaßen gefangen und stumme Schluchzer schüttelten sie. Er streckte seine Arme aus und Hermines Körper schmiegte sich an den seinen, als er ihre Schultern fest umschlang und sein Kinn auf ihren Kopf legte. Über ihre buschigen Haare hinweg begegnete er den Blicken seiner Eltern und nickte kaum merklich.

„Wir werden herausfinden, was passiert ist. Und dann werden wir Harry helfen“, erklärte Ron entschlossen und wunderte sich noch im selben Moment, wie er es schaffte, seiner Stimme solch einen überzeugenden Klang zu verleihen. Doch seine Überzeugung schwand mit dem Besucher, der soeben durch das Wohnzimmer die Küche betrat und ein Gesicht machte, als wäre Voldemort soeben von den Toten auferstanden... schon wieder.

Kingsley Shacklebolt räusperte sich und fühlte sich sichtlich unwohl in seiner Haut. Trotzdem er die Aufmerksamkeit sämtlicher Anwesender hatte, schien er auf etwas zu warten.

„Kingsley?“, fragte Arthur schließlich mit beinahe hoffnungsvoller Miene, doch der Ausdruck im Gesicht des Zaubereiministers kündigte keine guten Neuigkeiten an.

Kingsleys Schultern sackten ab. „Der Tote zeigt eindeutig Anzeichen, vor seinem Tod mit dem Cruciatus gefoltert worden zu sein.“

Hermines Finger krallten sich fest in Rons Seite und sie gab einen wimmernden Laut von sich.

„Das ist unmöglich!“, begann Molly sofort zu protestieren. „Das ist HARRY. Wir reden hier von Harry Potter. Er würde niemals...“

„Molly, bitte“, unterbrach Arthur seine Frau, legte ihr wieder seine Hand auf die Schulter und wandte sich and Kingsley. „Wie hat Goyle es geschafft, Harry in die Höhle zu bekommen?“

„Er war vor einigen Tagen im Ministerium. Mildred Milliways hatte darauf bestanden, ihn zu dem Tod von seinem Freund Vincent Crabbe zu befragen.“ Er schüttelte traurig den Kopf. „Wir hätten Verdacht schöpfen sollen, als Goyle Harry in hohen Töne lobte für seinen Einsatz in der Rettung Mr Malfoys.“

Ron schnaubte und Kingsley fuhr fort. „Er wollte offenbar sicherstellen, dass Harry den Orden tatsächlich bekommt. Wir vermuten, dass er während seiner Befragung einen Imperius auf Mrs Milliways legte. Womöglich ist sie auch verantwortlich für die Verbreitung des Gerüchtes, dass ein Anschlag auf mich verübt werden sollte. So war es vorauszusehen, dass sie den Orden überreicht, nicht ich.“ Er räusperte sich und schluckte. „Weitreichende Sicherheitsvorkehrungen verhindern zwar ein wahlloses Apparieren oder Reisen via Portschlüssel aus dem Ministerium heraus, aber innerhalb des Ministeriums sind solche Sicherheitsvorkehrungen nach Lord Voldemorts Untergang aufgehoben worden. Es ist relativ problemlos, überall hin zu apparieren. Laut Aussagen von Sicherheitspersonal verließ Mr Potter das Ministerium ohne Zwischenfall über das Flohnetzwerk im Atrium.“

Die Weasley-Familie war stumm und nur das dünne Hicksen Mollys war zu hören.

„Wir haben einen großen Fehler gemacht, Arthur“, bemerkte Kingsley. „Wir hätten niemals die Sicherheitsvorkehrungen so rasch senken dürfen. Es ist meine Schuld.“

Diesmal war es Molly, die entschlossen aufstand und heftig mit dem Kopf schüttelte. Zu ihrer Unterstützung räusperte sich Arthur. „Nein, Kingsley. Das ist es ganz sicher nicht. Niemand hätte ahnen können, dass Harry...“

„Dass Harry was?“, unterbrach Ron erneut barsch.

„... offenbar unter fremden Einfluss steht“, beendete Hermine den Satz und wand sich aus seiner Umarmung. Sie schniefte und setzte ein entschlossenes Gesicht auf. „Als wir ihn in der Höhle vorfanden, sagte er etwas wie 'Ich war es nicht. Er hat es getan'.“

„Tatsächlich?“, fragte Ron etwas dümmlich, bereute es aber sofort.

„Ja, Ron!“, entgegnete Hermine scharf. „Und in Griechenland... er hat sich seltsam verhalten. Und ich glaube, ich habe nachts Stimmen gehört, als hätte er sich mit jemandem unterhalten.“

„Was noch?“, fragte Arthur und auch Kingsley sah interessiert auf.

„Nichts weiter. Ich fand es etwas seltsam, dass er einen langen Pullover getragen hat, denn es mussten mindestens 30°C gewesen sein. Und er war so... unbeherrscht. Alles hat ihn sofort aufgeregt“, erklärte sie eifrig, offenbar darauf aus, nicht nur die anderen, sondern auch sich selber zu überzeugen.

„Das klingt wie Percy“, murmelte Ron und schüttelte sich.

„Ich bin mir nicht sicher, ob das Anzeichen dafür sind, dass Harry tatsächlich unter dem Einfluss eines anderen steht, aber ich denke, es ist eine Untersuchung wert“, sagte Arthur und Kingsley nickte. „Vielleicht sollten wir uns noch mal in Griechenland umsehen.“

„Was ist mit Harry? Sollten wir nicht erst einmal nach Harry suchen?“, bemerkte Molly und in ihren Augen glitzerte das erste Mal seit Stunden ein Funken Hoffnung.

„Nein, ich denke, wir sollten ihn vorerst in Ruhe lassen, zumindest bis wir genau wissen, was mit ihm los ist.“ Er nickte Ron und Hermine zu. „Wir machen uns sofort los. Kingsley?“

Der Zaubereiminister nickte ebenfalls und pflichtete ihm bei. „Ich werde mich persönlich darum kümmern, dass ein Portschlüssel für Sie alle bereitgestellt wird. Er sollte in zehn Minuten fertig sein. Allerdings...“ Er verstummte und man sah ihm an, dass ihm die nächsten Wort schwer fielen. „Ich bin noch immer Leiter der Aurorenabteilung und als Zaubereiminister habe ich eine Verantwortung gegenüber den Menschen. Mr Potter hat aufs Schärfste gegen die Gesetze verstoßen.“

Ron machte den Mund auf, um eine protestierende Bemerkung einzuwerfen, doch Kingsley machte ihm mit einer erhobenen Hand zu verstehen, dass er noch nicht geendet hatte. „Ich hoffe, Sie verstehen den Konflikt, in dem ich mich befinde. Mr Potter, wenn er mir in die Arme laufen sollte, würde umgehend bis zu einer Verhandlung nach Azkaban geschickt werden müssen. So Leid es mir tut, aber meine erste Priorität liegt nach wie vor bei der Sicherheit aller Menschen in diesem Land.“

Molly Weasley hielt ihre Finger vor ihre zitternden Lippen.

„Deswegen möchte ich Sie alle inständig bitten, mich nicht über Ihre weiteren Erkenntnisse zu informieren. Ich sähe mich gezwungen, Maßnahmen zu ergreifen, die ich weder beeinflussen noch herbeiführen möchte. Haben Sie verstanden?“

Arthur nickte etwas gequält, während alle anderen den Zaubereiminister nur mit großen, angsterfüllten Augen ansahen.

„Danke, Arthur.“ Mit diesen Worten verabschiedete sich Kingsley und verließ die Küche. Kurz darauf war das laute Brausen des Kamins zu hören. Kaum war der Minister verschwunden, ließ sich Molly wieder auf den Küchenstuhl fallen und blickte hoffnungsvoll zu ihrem Mann.

„Keine Sorge, Molly“, versuchte er sie etwas zu beruhigen. „Soweit werden wir es nicht kommen lassen.“

„Jemand sollte es Ginny erzählen“, meinte Hermine leise und Molly gab einen leisen Schrei von sich. Sie drehte sich ihrem Mann zu und lehnte sich schluchzend an seine Brust, während Arthur ihr in Gedanken und ziemlich unbeholfen den Rücken rieb.

„Sie ist bei Fred und George im Laden“, schluchzte die ältere Frau und mit einem Mal herrschte eine explosionsartige Stille in der Küche, die der Ghul im Dachboden nutzte, um kräftig gegen die Heizungsrohre zu treten.

„Mum“, begann Ron etwas hilflos, doch der seltsame Ausdruck im Gesicht seines Vaters ließen ihn innehalten. „Dad, was meint Mum damit? Fred...“

Seine Eltern wurden, wenn überhaupt möglich, noch blasser und Arthur musste seine Frau mit vorsichtiger Gewalt zurück in ihren Stuhl setzen, da sie gefährlich zu wanken angefangen hatte.

„Nicht jetzt, Ron“, sagte er hart. „Wir sollten den Portschlüssel abholen. Zieht euch um, bevor wir aufbrechen.“ Seine Worte waren abschließend und Ron sah keine andere Möglichkeit, als seiner Aufforderung Folge zu leisten. Mit lauten, wütenden Schritten stampfte er die Treppen hinauf und in sein Zimmer, wo er begann, sich seinen Pullover über den Kopf zu ziehen.

„Ich fasse es nicht!“, schimpfte er und ließ dabei Hermine nicht aus den Augen, als sie im Türrahmen stehen blieb und ihn dabei beobachtete, wie er seine Hemd aufknöpfte.

„Ich bin erwachsen, ein Mann, sogar in der Muggelwelt! Ich war drei Wochen alleine mit dir in Australien!“

Er machte sich daran, seinen Hosenstall zu öffnen, als ihm auffiel, wie Hermine ihn mit großen Augen anstarrte. Er hielt inne und verschränkte hastig seine Arme vor seiner nackten Brust.

„Hermine, ich will mich hier umziehen!“

„Was?“, fragte Hermine mit einem etwas wässrigen Lächeln. „Du bist ein Mann und erwachsen. Und ich bin eine Frau und erwachsen.“

Sie kam näher und drängte ihre Arme unter seine, sodass er sie umarmte.

„Ja, aber wir sind hier im Haus meiner Eltern“, hauchte Ron, schob sie aber nicht weg. Einige Sekunden blieben sie so stehen, bis er Hermine an seiner Brust tief atmen spürte.

„So schön ich es hier auch finde...“, sagte sie. „Wir sollten uns beeilen. Dein Vater wartet bestimmt auf uns.“

Ron nickte und sah seiner Freundin hinterher, als sie das Zimmer verließ.

„Hermine“, rief er ihr im letzten Moment hinterher und sie lugte noch einmal um die Ecke.

„Ja?“

Ron zögerte. Er hatte sich diesen Augenblick nicht so vorgestellt. Er hatte gehofft, er würde an einem lauen Sommerabend stattfinden, mit dem Geräusch der musizierenden Grillen um sie herum. Mit einem Mond, der niedrig über dem Wäldchen hinter dem Haus stand. Und nicht mit einer Hermine, deren aufgequollene Augen ihn verzweifelt flehend anblickten.

„Ich liebe dich“, brachte er schließlich über die Lippen und vergaß zu atmen, als er mit wild schlagendem Herzen auf eine Reaktion seiner Freundin wartete. Die schien jedoch, ähnlich wie er, Probleme mit ihrer Atmung zu haben, denn sie schnappte unwillkürlich nach Luft und verzog ihr Gesicht zu einer zerknautschten Grimasse.

„Was ist?“, entgegnete Ron panisch. „Habe ich was Falsches gesagt?“ Und eine Sekunde später hatte er ihren halben Haarschopf zwischen den Lippen, als sie ihm im vollen Lauf um den Hals fiel.

„Oh Ron,“ schluchzte sie herzzerreißend und verwirrt wischte sich Ron die Haare aus dem Gesicht. „Oh Ron, ich weiß doch. Ich weiß.“

Ruckartig drehte sie sich um und rannte aus dem Zimmer. Verdutzt blieb Ron zurück und wünschte sich, Harry wäre hier, damit er ihm sagen konnte, was um Himmels Willen diese Reaktion zu bedeuten hatte.

„Ron? Hermine? Seid ihr soweit?“, kam die Stimme seines Vater aus dem Erdgeschoss und Ron blieb nichts anderes übrig, als sich fertig umzuziehen.

oooooooooooooooooo

Dass sie so bald erneut in dem kleinen Haus an den Klippen Griechenlands stehen würden, hätten Ron und Hermine nicht gedacht. Obwohl sie das kleine Cottage erst an diesem Morgen verlassen hatten, fühlte es sich an, als wären Jahre seitdem vergangen. Schweigend machten sich die drei Gestalten auf den Weg und kamen nur wenige Minuten später in dem verlassen wirkenden Gebäude an.

Stille umhüllte sie und ihre gedämpften Schritte hallten unnatürlich laut in den leeren Räumen. Doch ein plötzliches lautes Rumpeln hinter einer Zimmertür ließ alle drei in ihren Bewegungen erstarren.

„Kam das aus Harrys Schlafzimmer?“, flüsterte Ron und sein Vater hielt ihn zurück, als er nachsehen wollte, was es verursacht hatte.

Arthur schüttelte den Kopf. „Ihr wartet hier!“, befahl er leise und trat vorsichtig zu der Tür, bevor er sie öffnete. Hermine und Ron hatten die Luft angehalten und beide wünschten sich nichts weiter, als dass sie Harry dort finden würden, der ihnen die ganze Sache erklären würde. Doch sie mussten sich hastig auf den Boden fallen lassen, als etwas Großes durch die nun offene Tür geflogen kam und über ihre geduckten Köpfe hinweg durch die Haustür davonflog.

„Bei Merlin, was war das?“, rief Arthur, seine Augen noch immer vor Schreck weit aufgerissen.

Hermine ließ sich von Ron wieder nach oben ziehen. „Das sah aus wie Harrys Eule. Aber er hat sie heute Morgen frei gelassen, bevor wir gegangen sind“, sagte sie verwirrt.

„Vielleicht hat sie sich wieder rein geschlichen. Lila könnte sie reingelassen haben“, gab Ron als Erklärung ab und begann sofort nach dem Hauself zu rufen. Nach wenigen Sekunden ploppte es direkt zu seinen Füßen und Ron machte einen Satz nach hinten, begleitet von einem sehr unmännlichen Kieksen. Als er sah, dass es nur Lila war, erklärte er nuschelnd und mit hochrotem Kopf. „Sie hat auf meinem Fuß gestanden.“

Hermine lächelte mit einem Winken und ging vor dem Hauselfen in die Knie.

„Hallo Lila“, begann sie.

„Lila kann Sandwiches machen“, freute sich die kleine Elfin und nickte freudig mit ihrem runden Kopf.

„Nein, danke, Lila“, erwiderte Hermine, nachdem sie einen Einwand von Ron mit einem Winken unterband. „Wir wollen jetzt keine Sandwiches. Aber kannst du uns sagen, ob du vielleicht die Eule wieder reingelassen hast, nachdem wir heute Morgen gegangen sind?“

„Lila war in der Stadt“, sagte Lila, als würde es als Erklärung genügen.

„Die ganze Zeit?“, fragte Ron dazwischen.

„Lila Besorgungen machen müssen. Lila ist ein guter Hauself“, erklärte sie stolz und schon allein an ihrer Mimik war klar herauszulesen, dass aus ihr wohl keine weiteren Informationen herauszuholen waren.

Arthur war inzwischen bereits in Harrys Zimmer eingetreten und rief soeben: „Ron, Hermine? Kommt doch bitte mal hier rein.“

Hermine und Ron sahen einander an und folgten Rons Vater. Erst Stunden zuvor hatten sie es das letzte Mal gesehen, hatten Harrys Sachen in die Truhe gepackt und ein aufgeräumtes Zimmer hinterlassen. Doch nun war das Bettzeug durchwühlt und eine Vase, die auf dem Fensterbrett gestanden hatte, lag in Scherben auf dem Boden.

„Also ganz ehrlich“, begann Ron entgeistert. „Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Eule hier Eulenkekse gesucht hat.“

„Ganz sicher nicht!“, pflichtete Hermine bei und begann nun ebenfalls, sich akribisch genau in dem Zimmer umzusehen.

„Was suchst du?“, wollte Ron wissen und beobachtet Hermine, wie sie alle Schubfächer und Schränke öffnete und plötzlich auf alle Viere ging und ihren Kopf unter das Bettgestell steckte.

„Erinnerst du dich an gestern?“, fragte sie und hustete. Eine Staubwolke stob unter der anderen Seite des Bettes hervor und Lila, die in der Tür stand und das seltsame Trio mit zitternden Ohren beobachtet, formte ihren Mund zu einem betretenen O und begann sich hastig zu entschuldigen. „Lila hat vergessen unter dem Bett zu putzen.“ Ohne weiteren Kommentar begann sie, ihre Stirn gegen den Türrahmen zu schlagen, so dass Ron schnell seine Hand ausstreckte, um sie zwischen Holzrahmen und Elfen zu halten.

„Au!“, riefen beide aus. Ron, weil er sich einen Splitter in den Handballen gejagt hatte und Lila, weil sie statt mit der Stirn mit ihrer langen Nase gegen den Rahmen gestoßen war.

„Ha!“, rief Hermine soeben. Halb unter dem Bett verschwunden ragten nur ihre Füße hervor.

„Was war gestern?“, fragte Ron mit einem wütenden Blick zu Lila und rieb sich die schmerzende Hand.

Hermine klopfte sich den Schmutz von ihren Knien und hielt in der anderen Hand eine gläserne Phiole, die mit einer weißen, sich windenden Flüssigkeit gefüllt war. „Harrys Erinnerung. Er hat sie gestern hastig verschwinden lassen, als wir gekommen sind. Und heute früh habe ich sie nicht gesehen, als ich seine Truhe gepackt habe.“

„Eine Erinnerung von Harry?“, warf Mr Weasley äußerst verwirrt ein.

„Zu seinem Geburtstag hat Harry von Professor Dumbledore das Denkarium geschenkt bekommen. Gestern, als wir hier angekommen sind, hat sich Harry seltsam verhalten und diese Erinnerung...“ Sie hielt das durchsichtige Glasröhrchen in die Höhe. „... hastig verschwinden lassen. Und mir ist erst gerade eben eingefallen, dass die Phiole noch irgendwo im Haus gewesen sein musste. Als ich seine Truhe gepackt habe, war sie nicht dabei gewesen.“ Mit entschlossenen Schritten verließ Hermine das Schlafzimmer und lenkte zielstrebig in das Wohnzimmer, wo das Denkarium noch immer still und unbewegt neben dem Kamin stand.

„Du willst dir Harrys Erinnerung ANSEHEN?“, prustete Ron. „Was ist, wenn wir ihn mit Ginny knutschen sehen?“ Sein Gesicht drückte aus, dass er lieber von den Klippen springen würde, als in den Erinnerungen seines besten Freundes herumzuwühlen.

„Das müssen wir, Ron. Es könnte etwas Wichtiges sein“, erwiderte Hermine und entkorkte die Phiole. Nach einem Blick zu Ron und seinem Vater, die beide aussahen, als würden sie die Klippen eindeutig vorziehen, kippte sie die Mischung aus gasförmigem und flüssigem Elixier in die Steinschüssel. Sofort begannen milchige Fäden darin herumzuwirbeln und Hermine stand erwartungsvoll daneben.

„Ich warte hier“, erklärte Arthur mit einem Nicken. „Es scheint mir unpassend.“

„Kann ich nicht auch...?“

„Ronald! Komm jetzt sofort hier her!“, schimpfte Hermine und Ron fügte sich murrend in sein Schicksal. Sie hielten einander an der Hand und beugten sich mit den Nasen voran in Richtung Becken.

oooooooooooooooooo

Mit einem dumpfen Plumpsen landete Ron mit seinem Hintern zuerst auf dem Fußboden und Hermine stolperte mit einem überraschten Laut über seine Füße, sodass sie mit nach vorn gestreckten Armen direkt auf ihn fiel.

„Uff...“, stöhnte Ron, als Hermine auf seiner Brust landete.

„Verzeihung“, entschuldigte sich Hermine rasch und rollte seitwärts von ihm hinunter.

Ron rieb sich über das schmerzende Brustbein und schüttelte den Kopf. „Nein, kein Problem. Das sollten wir öfter machen.“ Er wackelte mit der Augenbraue und Hermine schlug ihm auf die Schulter. Doch sie kamen schnell auf andere Gedanken, als sie erkannten, wo sie sich befanden. Genau in dem Zimmer, aus dem sie gerade durch das Denkarium hinausgepurzelt waren. Doch der Raum war in dämmrige Dunkelheit gehüllt. Erst langsam gewöhnten sich ihre Augen an die Lichtverhältnisse. Eine kleine Lampe flackerte unruhig auf einem Fensterbrett und schickte lange, zitternde Schatten in den Raum.

Auf dem hohen Lehnstuhl neben dem Schachbrett saß Harry. Er hatte einen Fuß vor sich auf der Sitzfläche angewinkelt und sein Kopf stützte auf seinem Knie. Seine Haare schienen noch wirrer als sonst, als hätte er es an diesem Morgen nicht für nötig gehalten, sie zumindest mit der Hand in die richtige Richtung zu legen. Seine Augen waren unbeteiligt und leer auf das Schachbrett gerichtet, wo die Figuren erwartungsvoll in seine Richtung starrten. Doch was Ron und Hermine um einiges mehr überraschte, war die Tatsache, dass Harry nicht alleine war.

Ron bemerkte einen seltsamen Geschmack auf seiner Zunge, als er den Geist entdeckte, der seelenruhig, im wahrsten Sinne des Wortes, gegenüber seinem besten Freund saß.

„Harry, Harry. Wie willst du denn gegen mich gewinnen, wenn du dich nicht konzentrierst?“, fragte der Geist. Seine Stimme, so stellte Ron fest, klang kalt und schneidend und sie erinnerte ihn an den Hausgeist der Slytherins, den Blutigen Baron. Harry zuckte soeben mit den Schultern, streckte seine Hand aus und bewegte eine der Figuren, die prompt mit wüsten Beschimpfungen reagierte. Selbst Hermine konnte erkennen, dass dieser Zug mehr als unbedacht gewesen war. Denn der Geist erhob nun ebenfalls seine Hand und rückte eine seiner Figuren, den Turm um genau zu sein, einige Felder nach vorn.

„Wie ist das möglich?“, flüsterte Hermine neben ihm und Ron benötigte einen Augenblick, ehe er begriff, was Hermine meinte.

„Die Figur? Wie hat er die Figur bewegt?“, fragte Hermine weiter und starrte auf den milchig weißen Gast, der so aussah, als hätte er schon unendlich viele Stunden damit verbracht, mit Harry eine Partie nach der anderen zu spielen. „Und seit wann kann ein Geist in einem Sessel sitzen?“

Ron begann sich dem Geist zu nähern. Durch die halb durchsichtige Gestalt konnte er die Vorhänge sehen. „Denkst du, das könnte ein Traum von Harry sein?“

„Ich glaube nicht, dass ein Traum, so gut man sich auch an ihn erinnern kann, so realistisch und... solide sein kann“, erklärte Hermine, doch selbst sie klang nicht sonderlich überzeugt. „Aber ich gebe zu, die Erklärung scheint wahrscheinlicher, als ein Geist, der Schach mit Harry gespielt hat.“

„Ich will nicht gewinnen“, sagte Harry soeben und erhob sich von seinem Stuhl.

„Nun gut. Wenn das so ist.“ Der Geist bewegte mit seinem nächsten Zug seine triumphierende Königin zu Harrys König, der umkippte, noch bevor die Königin ihm nahe gekommen war. „Schachmatt!“

Im letzten Moment konnte Ron noch aus dem Weg springen, als Harry haarscharf an ihm vorbei lief, doch Hermine erklärte: „Es ist nur eine Erinnerung. Er kann dich nicht umrennen.“

„Das wusste ich“, verteidigte sich Ron, doch trotzdem glaubte er einen eisigen Hauch zu spüren, als er mit seiner Hand den Geist zu berühren versuchte.

Harry ließ sich soeben auf die Couch fallen und starrte auf das leere Bild über dem Kamin, welches ihnen schon bei ihrem ersten Besuch am Vormittag des gestrigen Tages aufgefallen war.

„Er wird nicht kommen, Harry“, begann der Geist mit genervtem Unterton. „Wie oft habe ich es dir schon gesagt? Er hat wichtigere Dinge zu tun, als sich um seinen „Auserwählten“ zu kümmern.“ Sarkasmus begleitete die Worte des Geistes und der Fremde begann vor Harry auf und ab zu laufen. Seit wann konnten Geister laufen? „Es ist ja nun auch nicht so, als wärst du noch wichtig, nicht wahr? Du hast deine Aufgabe erfüllt. Wozu einen Helden feiern, wenn er überflüssig geworden ist?“

„Sei still!“, quetschte Harry zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor und selbst Ron und Hermine zuckten unter dem feindseligen Tonfall zusammen. „Lass mich einfach in Ruhe!“

„Mitnichten, mein junger Herr!“, erklärte der Geist und Hermine nutzt die Zeit, in der der Geist still stand, und umrundete ihn, wobei sie jedes Detail aufzunehmen versuchte. „Seit Wochen hockst du schon alleine in diesem... Haus“, erklärte der Geist und machte eine abfällige Handbewegung. „Und ist schon mal irgendjemand vorbeigekommen und hat dir die Hand geschüttelt? Hat gesagt „Danke“ oder „Hier bitte, ein Früchtekuchen“? Nein!“

„Sie wollen mir einen Orden verleihen“, verteidigte sich Harry, klang davon aber selber mehr verärgert, als gerührt.

„Einen Orden! Bei Merlin!“, rief der Geist aus. „Einen Staubfänger wollen sie dir geben, um ihr schlechtes Gewissen zu beruhigen. Dass sie einen kleinen Jungen in die Schlacht geschickt haben. In einen Krieg, den sie selbst verloren hätten. Das ist keine Dankbarkeit. Das ist Heuchelei! Ich kann dir zeigen, wofür du wirklich geschaffen bist, mein Sohn.“ Diesmal war es keine Einbildung und Ron war sich ganz sicher: Die Temperatur war gefallen und eine hartnäckige Gänsehaut kroch über Rons Haut.

Hermine war ebenfalls plötzlich stehen geblieben und Ron spürte seinen Herzschlag heftig an Takt zulegen, als er den Ausdruck in ihrem Gesicht erkannte. Nur sah sie nicht zu Harry. Sie sah auch nicht zu dem Geist. Ihr Blick war über den Kamin auf das Portrait gerichtet, in dem Ron einen letzten Zipfel eines roten Gewandes erkennen konnte, das soeben aus dem Rahmen getreten war. Sie sah zurück auf den Geist und ihre Augen wurden noch größer. In diesem Moment begann ein weißer Nebel den Raum zu füllen, der einer undurchdringlichen Dunkelheit wich und ohne Vorwarnung... wurden Ron und Hermine aus dem Denkarium ausgespuckt, wie Kirschkerne aus einem von Mollys Kirschkuchen. Das Sonnenlicht schien noch greller und unfreundlicher als vor ihrem Besuch in Harrys Erinnerung. Hermine sah sofort nach oben zu dem leeren Portrait, während sich Ron umblickte, als erwartete er den Geist noch immer irgendwo in einer Ecke des Raumes zu finden.

„Dumbledore!“, platzte Hermine aufgeregt hervor und Ron und sein Vater, der genau dort auf der Stelle saß, die Harry in seiner Erinnerung besetzt hatte.

„Hast du dir bei dem holprigen Weg nach draußen den Kopf angestoßen?“, fragte Ron. „Das war niemals Dumbledore.“

„Nicht der Geist, das Portrait!“, erwiderte Hermine und deutete über den Kamin. „Ich habe ihn dort drinnen gesehen. Falls das tatsächlich eine Erinnerung war, dann hat Dumbledore sie auch gesehen.“

Rons Vater erhob sich. „G-Geist?“, fragte er etwas unsicher, fing sich aber schnell wieder. „Jetzt mal langsam, was genau habt ihr gesehen.“

Abwechselnd berichteten Hermine („Nicht unsichtbar, Ron! Wäre er unsichtbar, hätte man ihn wohl kaum sehen können.“) und Ron („Wams? Was ist das denn für ein Wort?“) von der Erinnerung und am Ende ihrer Erzählung war Arthur mit wackligen Beinen auf die Couch gesunken.

„Das ist... das ist unmöglich. Ein Geist ist nicht korporal“, erklärte er mit seltsam emotionaler Stimme. „Ein Geist ist nicht mehr als ein verbleibender Eindruck, ein Fußabdruck, ein Umriss einer Person, die einst gelebt hat.“ Rons Vater verstummte und sah dann auf. Zu Rons großem Entsetzen musste er erkennen, dass sich äußerst untypische Tränen in den Augen seines Vaters gesammelt, die der ältere Mann rasch weg blinzelte. „Ich kenne jemanden, den wir fragen können.“ Seine Stimme klang nun noch gepresster und vorsichtig merkte Hermine an, ob sie nicht doch vielleicht erst Dumbledore um Rat fragen sollten. Doch Arthur schüttelte den Kopf.

„Nein“, erwiderte er ziemlich schroff. „Nicht sofort.“ Er erhob und räusperte sich einige Male. „Wir besuchen jemanden in der Winkelgasse.“

oooooooooooooooooo

Schweigend betraten Hermine, Ron und Arthur Weasley die Winkelgasse durch den verborgenen Eingang in der Mauer und blieben einen Moment lang widerstrebend stehen, während sich die Backsteine hinter ihnen wieder zu einer soliden Mauer zusammensetzten.

Die Gasse war etwas abschüssig und lag deshalb gut übersichtlich zu ihren Füßen. Der schmale Streifen des Himmels, der zwischen den zueinanderstrebenden Giebeln der Häuser zu sehen war, nahm langsam eine violettfarbene Färbung an. Aber trotz des baldigen Schließens der Geschäfte herrschte eine gemütliche Stimmung entlang der Straße. Überall wuselten Menschen. Hexen und Zauberer, viele mit ihren Kindern im Schlepptau, schlenderten seelenruhig an den Schaufenstern vorbei und genossen den lang ersehnten Überfluss an Froschaugen („...sieben für den Preis von sechs und eine Hasenpfote dazu!“), Krakenfellen („...wasserabweisend, antiallergen und rissfest!“) und Sauberwasser („...beseitigt jeglichen Schmutz, Schimmel und Offendreck. Bei versehentlichem Schlucken hervorragend gegen Verstopfung!“) . Überall blitzten Sonderangebote hinter den geputzten Fenstern und eine Traube kleiner Jungen presste sich aufgeregt gegen die Glasscheibe von 'Qualität für Quidditch'. 'Bestellen Sie schon jetzt!' stand auf einem großen Banner, der abwechselnd den Schriftzug und die Zeichnung eines neuen, ungewöhnlich futuristischen Rennbesens zeigte.

Wäre ihr Besuch in der Winkelgasse nicht überschattet von den Ereignissen des Tages, Ron hätte sich schneller unter die Reihe der Bewunderer gereiht, als Hermine während des Unterrichts ihren Arm heben konnte. Doch jetzt trottete er betrübt hinter seinem Vater her und unterdrückte hastig den Wunsch, einen Blick auf das neue Wunderwerk der Besentechnologie zu werfen.

Seitdem sie Griechenland verlassen hatten, hatte sein Vater keinen Ton mehr von sich gegeben. Schon von sich aus ein äußerst seltsamer Zustand. Doch Ron begann sich ernsthafte Sorgen zu machen, als sein Vater vor dem Eingang zum Tropfenden Kessel kommentarlos an einem Straßenverkäufer vorbeigelaufen war, der schlechte Imitationen von Rolex-Uhren verkaufte.

Hermine hatte ihm einen verwirrten Blick zugeworfen und als ob sie bei ihm Halt suchte, fanden ihre Finger seine. Seitdem hatten sie einander nicht mehr losgelassen.

Mit pochendem Herzen versuchte Ron herauszufinden, wohin sie unterwegs waren. Sie liefen an Ollivanders vorbei, passierten das Eulenkaufhaus und die Apotheke und schließlich tauchte der Laden von Rons Bruder Weasleys Zauberhafte Zauberscherze vor ihnen auf.

„Was wollen wir hier?“, begann Ron schließlich und drängelte sich genervt an zwei Jungen vorbei, die sich mit explodierenden Knallfröschen bewarfen. „Wir haben keine Zeit für Feuerwerke.“

Der Laden war mehr als überfüllt. Eine Schlange hatte sich bis zur Tür hinaus und auf die Straße gebildet und die Wartenden hielten Pappkartons in der Hand, auf denen kleine Figuren abgebildet waren, die ihre neuen Besitzer herzlich für ihren Erwerb huldigten.

„Er hat angeblich eine Reichweite bis zu 100 Metern“, erklärte ein junger Mann seinem Freund und hielt den besagten Karton in die Höhe. Leider war nichts weiter zu erkennen und Ron war ohnehin zu nervös, um jetzt noch neugierig zu sein.

Das letzte Mal hatte er George gesehen, kurz bevor sie auf die Seychellen aufgebrochen waren und es war bei Weitem keine schöne Erinnerung gewesen. George hatte der Tod seines Bruder hart mitgenommen. Was noch etwas untertrieben war, wenn man bedachte, dass George tatsächlich daran gedacht hatte, seinen Laden aufzugeben.

„Wie soll ich einen Laden betreiben, der die Menschen zum Lachen bringen soll, wenn ich selbst es nicht mehr kann?“, hatte sein älterer Bruder mit emotionaler Stimme erklärt und Ron war ein kalter Schauer über den Rücken gekrochen. Noch nie zuvor hatte er einen der Zwillinge so erlebte. Ohne den aufblitzenden Schalk in seinen Augen, ohne zuckende Mundwinkel.

Dementsprechend angespannt fühlte er sich, als er den Laden endlich betreten hatte. Unbändiges Lachen kam von allen Seiten. Irgendwo in den hinteren Reihen explodierte etwas untermalt von triumphaler Musik. In den Schränken, die rechts und links die schmalen Gänge säumten, quillte es über von Extra-Sauren-Erbsen („Zum „Unter-das-Mittagessen-mischen“ oder einfach nur, um eure Zunge in eine Trockenpflaume zu verwandeln“), Voldemort-Wolle („Strickt sich von ganz alleine zu einer schicken Robe mit Totenkopf“ und auf dem Bild war eine pinkfarbener Totenkopf zu sehen, mit rosa Brille und einem breiten Grinsen) und für den Schulanfang die üblichen Kotzpastillen, Hustenpralinen und Tagtraumzauber.

Eine ausgelassene Stimmung herrschte in jeder Ecke und Hexen und Zauberer jeden Alters belagerten den gesamten Laden. Über die Köpfe einiger Mädchen hinweg sah Ron aufsteigende Seifenblasen, die in der Luft anfingen in allen Farben zu funkeln. Nach einigen Sekunden platzten sie und ließen einen feinen Regen aus buntem Glitzer auf die Kunden hinabregnen.

Noch nie hatte Ron in diesem Laden einen solchen Lärmpegel erlebt.

„Dad, Ron, Hermine!“, ertönte eine Stimme hinter dem Tresen und Ron erkannte George, ein breites Grinsen über seinem Gesicht. „Wir mussten zwei weitere Angestellte anheuern bei dem Ansturm.“ Er deutete zu seiner Rechten auf Lee Jordan und Angelina Johnson.

„Ich muss mit Ginny reden“, unterbrach Arthur mit lauter Stimme und Georges Gesicht wurde wieder ernst.

„Sie ist hinten und stockt unseren Vorrat an Kitzel-Kissen auf. Was ist passiert?“ Diesmal sah er eindeutig etwas grün um die Nase aus. „Wissen Ron und Hermine Bescheid?“

„Nein“, entgegnete Arthur knapp. „Das solltest du übernehmen. Ich warte hier. Schicke bitte Ginny her, ich muss mit ihr reden.“

George nickte ebenfalls knapp und ließ Lee an die Kasse, um einen aufgeregten, runden Jungen zu bedienen, der einen Strauß Nies-Natter-Blumen in der Hand hielt und sich seine juckende Nase rieb.

„Kommt mit!“, sagte George zu Ron und Hermine und öffnete eine Tür in den hinteren Bereich des Laden, der angenehm kühl und still war. Ginnys Stimme war zu hören und schien hinter einem hohen Stapel wackelnder Kisten herzukommen.

„Das funktioniert nicht, du Schaumschläger!“, schimpfte sie offenbar gerade mit jemanden, doch Ron konnte nichts erkennen.

„Ginny?“, rief George und Ginnys Kopf lugte um die Ecke. Ihr Blick wanderte überrascht zu Ron und ihre Augen wurden größer und größer, bis Ron glaubte, dass sie ihr jeden Moment aus dem Kopf fallen würden.

„Ron? Hermine? Schon zurück aus Australien?“ Ihr Lächeln schien etwas schief in ihrem Gesicht zu hängen und sie trat endlich hinter dem Stapel Kisten hervor, hievte einen davon in die Höhe und trat näher zu ihnen.

„Dad ist draußen, er will mit dir reden“, informierte George sie mit einem vielsagenden Unterton und nach einem letzten Blick auf Ron und Hermine verschwand sie durch die Tür im Laden.

„Was machen wir hier?“, fragte Hermine schließlich endlich, nur um die anbahnende Stille zu unterbrechen. „Wir sollten Harry...“ Doch sie verschluckte sich auf der Hälfte des Satzes und begann laut zu husten, als etwas durch die Kisten hindurch auf sie zu schwebte. Neben ihr tat Ron einen Schritt nach hinten und ein seltsamer Laut entkam ihm. Irgendetwas zwischen einem Fauchen und einem heiseren Röcheln. Er unterdrückte den Wunsch, sich auf der Stelle umzudrehen und wegzulaufen, doch hinter sich spürte er George, der ihn sanft aber entschlossen an der Schulter hielt.

„Hi, Ickle Ronnykins“, sagte der durchsichtige Geist, der etwa einen halben Meter über dem Boden schwebte. Er trug die Kleidung, die er bei seinem Tod getragen hatte. Einen Pullover, der noch immer eindeutige Spuren von Staub und Verschmutzung trug. Seine Jeans war an einigen Stellen gerissen und ihm fehlte ein Schuh.

Doch trotz allem trug der Geist das identische Grinsen seines Bruders auf den blassen Zügen und endlich schaffte Ron es, seine Atmung soweit unter Kontrolle zu bekommen, dass er ein einziges Wort verständlich zwischen seinen zitternden Lippen hervorbrachte.

„Fred?“

TBC


Wenn Du Lob, Anmerkungen, Kritik etc. über dieses Kapitel loswerden möchtest, kannst Du einen Kommentar verfassen.

Zurück zur Übersicht - Weiter zum nächsten Kapitel

Twitter
HPXperts-Shop
DVD: Der Hobbit 3
[DVD] [Blu-ray]
Top-News
Suche
Updates
Samstag, 01.07.
Neue FF von SarahGranger
Freitag, 02.06.
Neue FF von Laurien87
Mittwoch, 24.05.
Neue FF von Lily Potter
Zitat
Ich glaube, man hätte mich für geisteskrank erklärt, wenn ich mit all dem gerechnet hätte. Wer konnte das vorausahnen? Niemand. Ich jedenfalls nicht...
Joanne K. Rowling