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Fanfiction

HP7-Spoiler - Harry Potter und der Blutige Dorn - Orden des Merlin

von annj

Disclaimer: Siehe Kapitel 1

A/N: Ihr steht vor einer ziemlich drastischen 180° Wendung. Viel Spass und haltet euch fest, die Fahrt wird holprig.

A/N2: Mit dem morgigen Tag beginnt mein Informatikstudium. Ich weiß nicht, wieviel Zeit ich zum Schreiben haben werde. Trotzdem will ich versuchen, spätestens alle ein bis zwei Wochen ein neues Kapitel zu posten. Habt also etwas Geduld, falls es doch mal länger dauern sollte.

Reviews sind gerne gesehen und würden mir helfen, mein Schreibtempo beizubehalten *zwinker* :-).

Viel Spaß!

oooooooooooooooooooooooooooooooooooooooo

Ronald Weasley seufzte erleichtert, als er seinen Koffer mit einem lauten Rums neben sich auf dem Fußboden abstellte und sich kurz umsah. Die Küche sah genauso aus, wie er sie vor über einem Monat verlassen hatte. Überall knarrte und klirrte es und die Zeiger der Weasley-Uhr standen fast alle auf unterschiedlichen Positionen: Arbeit, Zuhause, einkaufen. Mit einem warmen Gefühl irgendwo in der Gegend um seinen Bauchnabel herum, bemerkte er den 'Harry'-Zeiger, der als einziger noch auf 'Urlaub' stand.

„Mom?“, rief er einmal laut und nur wenige Sekunden später kam seine Mutter durch die Tür zum Wohnzimmer in die Küche gelaufen und fiel ihm mit einem glücklichen Laut um den Hals.

„Oh Ronald, da bist du ja endlich.“ Sie blickte über seine Schulter hinweg und kniff die Augen zusammen. „Wo hast du denn Hermine gelassen?“

In diesem Moment ging die Tür hinter ihm auf und Hermine, ihre Haare durch das warm-feuchte Klima Australiens noch immer buschiger als sonst, trat ebenfalls ein.

„Hallo, Mrs Weasley“, begrüßte sie die ältere Frau.

„Jetzt lasst euer Gepäck erst einmal hier stehen und setzt euch!“, befahl Mrs Weasley aufgeregt, nachdem sie auch Hermine in ihre Arme geschlossen hatte, und begann sich eine Schürze um den rundlichen Leib zu binden. „Ihr müsst ja am Verhungern sein. Und während ich euch schnell etwas zu essen mache, könnt ihr mir ja alles berichten.“

Ron nickte eifrig und rieb sich den Bauch. Doch ein zurechtweisender Blick von Hermine ließ ihn den Kopf senken. Hatten sie doch erst kurz vor ihrer Abreise von Australien mit Hermines Eltern ein sehr langes und sättigendes Frühstück gehabt. Hermine schüttelte den Kopf, doch Ron konnte auf ihren Lippen ein verdächtiges Zucken erkennen.

„Wie geht es denn deinen Eltern, Hermine? Konntet ihr die letzten Erinnerungslücken schließen?“, fragte Mrs Weasley und dirigierte ihren Zauberstab, der drei lange Holzlöffel in Bewegung setzte die das Essen zu rühren begannen.

Ron hatte seinen Eltern während seines Aufenthaltes mehrere Briefe zukommen lassen, um sie zu beruhigen und zu sagen, dass sie noch viel Arbeit vor sich hatten. Doch vor knapp zehn Tagen hatte Hermine es endlich geschafft, den Bann auf ihren Eltern mit Hilfe eines komplizierten Zauberspruchs und eines noch komplizierteren Tranks aufzuheben. Eine langes und rührseliges Wiedersehen hatte stattgefunden, welches Ron noch heute Schauer über den Rücken jagte. Noch nie zuvor hatte er Hermine so nervös erlebt. Die Familie hatte sich stundenlang in den Armen gelegen. Unendliche Entschuldigungen von Hermine waren nötig gewesen, ehe ihre Eltern sich wieder einigermaßen beruhigt hatten.

Was folgte, waren Tage voller klärender und nervenzehrender Gespräche. Nicht selten hatte Hermine Ron mitleidig angesehen und ihm angeboten, er könne zurück nach England gehen, wenn er wollte. Doch Ron hatte immer den Kopf geschüttelt, ihre Hand genommen und ihr gesagt, dass er sie auf keinen Fall alleine lassen würde. Nie wieder! (Innerlich wäre er natürlich am liebsten sofort auf einen Besen gesprungen um den ganzen Weg zurück nach England in der Luft zurückzulegen. Gerne auch auf einem altersschwachen Sauberwisch.)

Hermines Gesicht leuchtete vor Freude, als sie soeben Mrs Weasley von dem Haus ihrer Eltern erzählte.

„Sie wissen allerdings noch nicht, ob sie zurückkommen werden“, sagte sie etwas bedrückt, als sie ihre Beschreibung beendet hatte. „Aber ich kann sie jederzeit besuchen kommen. Mit dem Flohnetzwerk bin ich ja innerhalb von ein paar Minuten bei ihnen. Die Aussicht von dort ist wunderschön...“

Ron beachtete ihre Worte nicht, betrachtete nur ihre roten Wangen und ihre Hände, die ausschweifend durch die Luft gestikulierten. Die letzten drei Wochen waren ein Wirrwarr aus Tränen und Freude gewesen und Ron war unheimlich froh, dass sein „Urlaub“ nun offiziell beendet war. Er wurde unsanft aus seinen Gedanken gerissen, als Mrs Weasley einen Teller mit Bohneneintopf vor ihm platzierte und ihm einen auffordernden Klaps auf die Schulter gab. Hermine begann ebenfalls, allerdings etwas weniger enthusiastisch als Ron, zu essen und warf hin und wieder ein paar Fragen ein, während Mrs Weasley ihr Schweigen nutzte, um ihrerseits zu erzählen, was sie alles verpasst hatten.

Mr Weasleys neuer Posten zog es mit sich, dass er mehrere Mitarbeiter unter sich hatte, die jedoch zum größtenteils noch sehr jung und unerfahren waren. Einer von ihnen hatte sich erst vor wenigen Tagen von einem verzauberten Muggel-Tacker die Finger zusammen tackern lassen. Ron bemühte sich dabei nicht in sein Essen zu prusten und auch Hermine hustete dezent.

„Wo ist Ginny“, wollte Hermine wissen und schob ihren leeren Teller von sich. Rons Mutter zögerte einen Augenblick und Ron bemerkte ein seltsames Glitzern in ihren Augen.

„Sie... sie... sie ist bei George im Laden. Hilft dort ein wenig aus.“

Ron verstummte, doch er vermutete, dass mehr dahinter steckte. Mrs Weasley beendete das Thema allerdings hastig und räumte mit auffällig zitternden Händen die Teller in die Spüle. Sie holte tief Luft und drehte sich mit fröhlicher Miene wieder um. „Was habt ihr zwei denn heute noch vor?“

Ron sah zu Hermine und sie antwortete vorsichtig: „Wir wollten noch heute Abend zu Harry.“

Mrs Weasley nickte zu ihrer beider Erleichterung aber zustimmend und wischte sich ihre Hände an ihrer Schürze ab. „Das ist eine gute Idee. So vergisst er zumindest nicht, dass er morgen im Ministerium erwartete wird.“

Ron kicherte hinter vorgehaltener Hand. Er hätte zu gerne Harrys Gesichtsausdruck gesehen, als dieser besagte Einladung für die Entgegennahme seines Ordens erhalten hatte. Hätte Arthur Weasley nicht davon erfahren, hätte Harry diese Neuigkeit vermutlich ganz für sich allein behalten und womöglich sogar vollkommen ignoriert. So konnte Ron wenigstens dabei sein, wenn sein bester Freund vor der gesamten Zauberergemeinschaft stand und den Orden überreicht bekam.

Bereits vor Tagen hatte Hermine geistesgegenwärtig einen Antrag an das Ministerium gestellt, einen Portschlüssel nach Griechenland zu bekommen. So war das Einzige, was jetzt noch zu tun war, ein paar Sachen zu packen und dann im Ministerium den Portschlüssel zu erhalten.

„Wir sehen uns dann morgen“, verabschiedete Mrs Weasley Ron und Hermine und drückte beide fest an sich. „Ihr könnt Harry sagen, dass Arthur und Kingsley Shacklebolt die Sicherheitsvorkehrungen für die Übergabe persönlich überwachen. Ich denke also nicht, dass es zu Zwischenfällen kommen wird.“

Ron und Hermine nickten und verschwanden nacheinander im Kamin.

Der Portschlüssel brachte sie genau zu der Stelle, an der Harry vor mehreren Wochen appariert war. Und genau wie vor mehreren Wochen strahlte die brennende Sonne unbarmherzig auf sie nieder. Das kleine Cottage war das einzige Gebäude in Sichtweite und so liefen Ron und Hermine darauf zu. Zwei Minuten später standen sie auf der schattigen Terrasse. Dicke Schweißperlen liefen Rons Schläfe hinab und Hermine wickelte außer Atem ein Haarband um ihre Haare und wirbelte sie zu einem Knoten.

Wenn sie nicht genau gewusst hätten, dass Harry hier seinen Urlaub verbrachte, hätten sie nicht gedacht, dass das Haus bewohnt war. Eine seltsame Stimmung umhüllte es wie eine unsichtbare Decke, die die Wärme draußen hielte. Es war ruhig und nur das Krähen der Möwen und das dumpfe Rauschen der Brandung drang an ihre Ohren.

„Es erinnert mich ein wenig an die Heulende Hütte“, bemerkte Ron mit gerunzelter Stirn und klopfte vorsichtig an der Tür, jedoch nicht ohne Hermine vorher einen ratlosen Blick zuzuwerfen. Sie hatten Harry schon vor Tagen Bescheid gesagt, dass sie ihn heute besuchen wollten und eigentlich hatte Ron erwartet, ihn schon sehnsüchtig wartend vor der Tür anzutreffen... am liebsten zusammen mit einem Tablett Sandwiches und kaltem Kürbissaft. Doch das Haus schien verlassen.

Als Ron dreimal angeklopft hatte und niemand öffnete, blickten sie sich an und umrundeten das Haus über die Veranda. Direkt über den herabfallenden Klippen endete die Veranda auf der Rückseite des Hauses und dort saß Harry, mit geschlossenen Augen, auf einem leise vor sich hin quietschenden Schaukelstuhl.

Beunruhigt musste Ron feststellen, dass Harry noch urlaubsreifer aussah, als vor ein paar Wochen, als sie ihn das letzte Mal gesehen hatten. Dunkle Ringe umrandete seine Augen und trotz einer gesunden Gesichtsfarbe schien seine Haut wächsern und mit einem grauen Film unterlegt. Ruhelos wanderten seine Augen unter den geschlossenen Lidern von einer Seite zu anderen und in seiner rechten Hand hielt er lax seinen Zauberstab, der auch prompt in dem Moment zu Boden fiel. Das leise Klacken ließ ihn von seinem Stuhl aufspringen und Ron und Hermine traten erschrocken einen Schritt nach hinten. Ein verdutzter Laut kam über Harrys Lippen doch es dauerte nicht lang, bis seine Lippen sich zu einem erfreuten Grinsen weiteten.

„Hermine, Ron“, rief er und schlang seine Arme zuerst um seine Freundin, dann um Ron. „Ich habe euch gar nicht so früh... nein, wartet. Vergesst das wieder! Ich habe verschlafen, oder?“ Er verzog sein Gesicht zu einer Grimasse, was Ron laut auflachen ließ.

„Mach dir nichts draus, Kumpel“, sagte er. „Wenn ich hier wochenlang rumsitzen müsste, würde ich auch ins Koma fallen.“

Harry schnaubte abfällig und schüttelte den Kopf, während er sich bückte, um seinen Zauberstab wieder aufzuheben. „Wird Zeit, dass ich hier verschwinde.“

„Harry?“, unterbrach Hermine mit leicht gepresster Stimme und wies mit weit aufgerissenen Augen auf den hüfthohen Gegenstand, den Ron bisher noch gar nicht bemerkt hatte. „Ist das Dumbledores Denkarium?“

„Uhm...“ Etwas betreten trat Harry darauf zu und wirbelte mit seinem Zauberstab darin herum, bis die daran schwimmende Erinnerung an der Spitze festklebte. Vorsichtig, doch sichtlich nervös, ließ er den silbrigen Faden in einem kleinen, gläsernen Gefäß verschwinden, welches er sich in die Hosentasche seiner Jeans steckte. „Ja, Dumbledore hat es mir zum Geburtstag geschenkt. Ich weiß ganz ehrlich nicht, was genau ich damit anstellen soll.“ Seine Wangen liefen rot an und er seufzte. „Wie oft ich mir unseren letzten Sieg im Quidditch angesehen habe, kann ich gar nicht mehr zählen.“

Hastig winkte er sie ins Haus und führte sie direkt zu dem versteckten Zimmer hinter dem Wandvorhang. „Ich denke nicht, dass es euch etwas ausmacht, in einem Zimmer zu schlafen?“, fragte er grinsend.

Ron schüttelte den Kopf und umschlang Hermines Schulter. „Ganz und gar nicht!“ Er duckte sich, als Hermine ihm einen entsetzten Blick zuwarf. Harry verschwand kurz darauf in der Küche und Ron sah sich in dem Zimmer um. Es standen ein großes Bett, ein Kleiderschrank und ein alter, dreibeiniger Hocker darin. Letzteren transfigurierte Hermine in ein zweites, bequem aussehendes Bett und stellte ihre Tasche darauf.

„Wozu denn das Bett, Mine?“ Sie warf ihm erneut einen bösen Blick zu, der aber rasch zu einer besorgten Miene wurde.

„Ist dir auch aufgefallen, wie furchtbar Harry aussah?“, begann sie und setzte sie auf ihr Bett, die Hände nervös in ihrem Schoß gefaltet. „Er hatte einen langen Pullover an.“

„Na und? Vielleicht war ihm kalt“, entgegnete Ron mit einem Schulterzucken. Doch Hermine schien seine sorglose Haltung nur noch mehr zu beunruhigen.

„Ron, das ist nicht... ach vergiss es.“ Sie stand abrupt auf. „Ich sehe nach, ob ich Harry bei irgendwas helfen kann.“ Mit diesen Worten verschwand sie aus dem Zimmer und kam ein paar Minuten später mit Harry wieder zurück, ein Tablett mit Saft bei sich.

Der Nachmittag und auch der Abend verliefen in bedrückter Stimmung. Woher diese kam, konnte sich Ron nicht erklären, doch er tippte zumindest ansatzweise auf Hermines lautstarke Missbilligung, als sie erfuhr, dass ein Hauself von Dumbledore in diesem Haus für Ordnung sorgte. Selbst Harrys Worte, dass Lila Gehalt und freie Tage zur Verfügung standen, entschärfte Hermines Laune nur geringfügig.

Sie hatten sich nach einem kleinen Imbiss auf die Veranda gesetzt und lange über Hermines und Rons Reise nach Australien geredet. Harry hatte genickt und war auf Rons ergänzende Bemerkungen hin jedes Mal in schallendes Gelächter verfallen, doch es erreichte nicht ein einziges Mal seine Augen. Unruhig verließ er alle paar Minuten das Wohnzimmer, um die Eule zu füttern, die Toilette aufzusuchen oder sich einen Apfel zu holen. Als Hermine ihn darauf hinwies, dass er ohne Apfel zurückgekommen war, lief Harry rot an und bot ihnen Zitronenbonbons an. Gegen Mitternacht gingen ihnen die Gesprächsthemen aus und da sie am nächsten Morgen ohnehin ziemlich früh aufbrechen mussten, verschwanden sie in ihren Schlafzimmern.

„Harry?“, sagte der Geist und wippte lässig mit seinem Fuß. Schon seit Stunden besetzte er den Sessel in Harrys Schlafzimmer und ließ ihn nicht für eine Sekunde lang die Augen schließen. Durch das Fenster erkannte er bereits einen rot-goldenen Streif am Horizont, der in absehbarer Zeit den neuen Tag einläuten würde. „Du könntest sie einfach ohne dich wieder losschicken, weißt du?“, fuhr der ungebetene Gast fort. „Ein einfaches Obliviate sollte genügen und sie haben vollkommen vergessen, warum sie überhaupt hier sind.“

Harry antwortete nicht, sondern drehte sich nur auf die andere Seite und kniff angestrengt die Augen zusammen. Der Geist war in den letzten Wochen sein ständiger Begleiter geworden. In den meisten Nächten gab er sich nicht zu erkennen, doch Harry spürte immer ganz genau, dass er da war. Ein unangenehmes Pochen in seiner Schläfe und eine zugeschnürte Kehle begleiteten ihn zu diesen Zeiten; dazu das andauernde Gefühl, beobachtet zu werden. Und nicht selten glaubte er fest daran, den Verstand zu verlieren. Eines Morgens war er aufgewacht und hatte das gesamte Mobiliar des Hauses auf veränderten Plätzen gefunden, obwohl Lila der festen Überzeugung war, dass sie es nicht getan hatte. 'Wahrscheinlich hat sie es nur vergessen', hatte Harry sich eingeredet. Doch je mehr er über diese Vorfälle nachdachte, desto unwichtiger wurden sie. Wie lästige Fliegen, die er mit einer Hand fortwedeln konnte. Und eine Kälte hatte sich in seinen Gliedern eingenistet. Selbst Abends am Kamin fror er, als hätte jemand irgendwo die Fenster zu einer winterlichen Nacht geöffnet.

Dumbledore war seit Harrys Geburtstag nur noch selten in seinem Portrait erschienen. Vermutlich hatte er viel zu tun, jetzt wo das nächste Schuljahr in knapp zwei Wochen wieder begann. 'Pah', schnaubte Harry in Gedanken. 'Was kann ein zweidimensionales Portrait schon groß helfen? Er kann ja mit dem Hut zusammen Reime bilden.' Bei dem Gedanken grinste Harry in sein Kopfkissen und stellte sich vor, wie Dumbledore und der Hut in einen lauten Streit verwickelt waren, was sich am besten auf Slytherin reimte. Doch schnell würde seine Wut wieder geschürt, als er eine kalte Welle unter seine Bettdecke seine Beine hinaufkroch.

„Hör auf! Du bist nicht real!“, rief Harry laut und klang dabei trotzig wie ein kleiner Junge, der seinen ersten Rennbesen haben wollte.

Dass der Geist nicht real war und nur in seinen Träumen umherspukte, das war eine Tatsache, die Harry einerseits bezweifelte, anderseits jedoch herbeiwünschte. Wie sonst war es zu erklären, dass der Geist vor drei Tagen Schach mit ihm gespielt hatte? Harry hatte gesehen, wie sich die Figuren bewegt hatten. Und ein Geist konnte so etwas ganz sicher nicht tun. Hinzu kam, dass diese Situationen nie wirklich endeten. Zumindest konnte sich Harry nie daran erinnern. Sie waren wie Träume, die real begannen und dann immer nebliger wurden, bis Harry sich am nächsten Morgen verschlafen und orientierungslos im Schlafanzug in seinem Bett wiederfand. Er musste es einfach träumen. Denn dass er den Verstand verlor, konnte er noch weniger akzeptieren.

Auch in dieser Nach konnte er sich nicht daran erinnern, eingeschlafen zu sein. Das nächste, was Harry hörte, als die Augen öffnete, war lautes Getrappel aus dem Wohnzimmer. Jemand klopfte an seine Zimmertür und rauschte dann, ohne eine Antwort abzuwarten, hinein, um Harry die warme Bettdecke wegzuziehen.

„Aufstehen, Harry!“, plärrte Ron laut und das, für Harrys Geschmack, viel zu fröhlich. Verzweifelt versuchte er nach seiner Decke zu greifen, doch als er die Augen öffnete, musste er erkennen, dass Ron sie mit einem Schwebezauber direkt an die Zimmerdecke manövriert hatte.

„Lass mich in Ruhe“, murmelte Harry und zog seine Beine an den Oberkörper.

„Das werde ich nicht. Sieh es mal so: Ich bin nur um dein Wohlergehen besorgt. Denn wenn Hermine mitbekommt, dass du noch nicht mal wach bist...“

„Harry!“, ertönte in dem Moment Hermines schriller Schrei und sie stand mit funkelnden Augen im Türrahmen. „Du hast ja noch nicht mal gepackt!“ Aufgeregt begann sie, ihren Zauberstab in der Luft herumzuwirbeln und die auf dem Boden verteilten Kleidungsstücke begannen sich ungestüm in der Truhe am Fußende des Bettes zusammenzufalten. Eine Gürtelschnalle sauste haarscharf an seiner Eule vorbei, die sich im letzten Moment duckte und eines ihrer beinahe menschlich empörten Schreie von sich gab.

„Hey, lass mir wenigstens noch was zum Anziehen, Hermine. Ich kann ja schlecht in meinem Schlafanzug meinen verfluchten Orden entgegennehmen... obwohl...“ Harry sah an sich herab. Sein Schlafanzug war um einige Nummern zu groß und die Hosenbeine knitterten unansehnlich auf dem Spann seiner Füße. „Bitte sagt mir, dass sie mich mit dem Outfit ganz schnell wieder rausschmeißen“, flehte er, doch Hermine kannte kein Erbarmen. Mit einem weiteren ihrer funkelnden Blicke ließ sie ihren Zauberstab erneut kreisen und murmelte etwas, das wie „Mutara“ klang. Etwas misstrauisch (er befürchtete, dass Hermine ihm einen dritten Arm angezaubert hatte) blickte Harry wieder an sich hinab und erkannte, dass sie seinen ausgewaschenen Pyjama in einen dunklen Anzug transfiguriert hatte. Ein dunkelroter Umhang zierte seine Schultern und er musste zugeben, dass Hermine mal wieder ganze Arbeit geleistet hatte.

Skeptisch sah Ron zwischen Hermine und ihm hin und her und fragte dann: „Bist du sicher, dass der Anzug auch bleibt? Wir wollen ja nicht, dass Harry mitten in seiner Dankesrede plötzlich wieder im Schlafanzug auf dem Podium steht.“

Hermine antwortete mit einem beleidigten Zucken der linken Augenbraue.

„Falls es dich beruhigt, kann Harry sich ja im Ministerium noch einmal umziehen.“

Doch Harry seufzte nur. „Schon gut, ich vertraue mal darauf, dass der Zauber anhält.“

Eilig packten sie die letzten Gegenstände zusammen. Nur das Denkarium ließen sie zurück, um es später abzuholen. Ein Zauber ließ Harrys Truhe auf Daumengröße zusammenschrumpfen und er steckte sie sich in die Brusttasche seines Jacketts. Lila wirbelte die ganze Zeit um sie herum und stolperte dabei mehrere Mal über Rons und Hermines Rucksäcke, die sie bereits neben der Eingangstür abgestellt hatten. Seine Eule hatte er losgeschickt, damit sie in den Fuchsbau fliegen konnte. Solange wie Harry unterwegs war, konnte sie ihn wohl kaum überall hin begleiten und Ginny würde sich gut um sie kümmern. Mit einer Grimasse fiel ihm ein, dass er doch wenigstens eine kleine Notiz hätte mitschicken können, damit Ginny nicht dachte, er hätte sie ganz vergessen.

„Bis dann, Lila“, verabschiedete sich Harry schließlich über seine Schulter hinweg von dem Hauselfen und trottete hinter Ron und Hermine hinterher, die bereits voraus gelaufen waren, um die Sicherheitsschilde um das Haus hinter sich zu lassen.

Lustlos holte Harry zu Ron und Hermine auf und sah auf den Portschlüssel, den Hermine gestern aus dem Ministerium mitgebracht hatte. Es war eine abgelaufene Zeitung des Tagespropheten und auf der Titelseite prangte das Bild von Kingsley Shacklebolt, der eine Stellungnahme abgab zu den Gerüchten, dass er dauerhaft den Posten des führenden Ministers bekommen sollte, obwohl er erst vor einigen Wochen die Stelle des Leiters des Aurorenbüros angenommen hatte.

„Habt ihr alles?“, fragte Hermine und die beiden Jungs nickten. „Seid ihr sicher? Wir haben zur Not noch etwas Zeit. Ich kann den Schlüssel selber aktivieren, sobald wir ihn brauchen...“

„Hermine“, unterbrach Harry scharf. „Jetzt mach schon, bevor ich es mir anders überlege.“

„Schon gut“, erwiderte Hermine und tippte mit ihrem Zauberstab auf die Zeitung. „Portus activus.“

Harry spürte das bekannte Ziehen in seiner Magengegend und fand sich einen Wimpernschlag später im Atrium des Zaubereiministeriums wieder. Noch bevor er sich wieder richtig gesammelt hatte, zog Hermine ihm am Ärmel seines Jacketts von der freien Fläche und manövrierte ihn in eine etwas dunklere Nische, wo Percy Weasley sie bereits erwartete.

„Hallo Harry, freut mich, dich wieder zu sehen“, begrüßte Percy ihn gewohnt förmlich und schüttelte Harrys Hand.

„Percy?“, erwiderte Harry noch etwas verdutzt und Hermine erklärte rasch: „Gestern haben wir mit Percy ausgemacht, dass wir uns hier treffen. Er wird sich darum kümmern, dass du weißt, wo du hin musst.“

„Wäre es zu viel verlangt gewesen, mir davon etwas zu erzählen?“, sagte Harry gereizt und funkelte Hermine an. Sie setzte sofort einen entschuldigenden Blick auf. „Tut mir Leid, Harry. Ich hätte nicht gedacht...“

„Ja, genau“, warf Harry ein und diesmal kam Ron beschützend an Hermines Seite.

„Harry, Kumpel? Was ist denn los? Lass Hermine in Ruhe! Wenn sie nicht...“

„Schon gut“, unterbrach Harry erneut und hob die Hände in einer entschuldigenden Geste. Er holte tief Luft bevor er antwortete: „Mir tut es Leid, dass ich dich so angeschnauzt habe, Hermine.“

Die junge Hexe nickte noch immer etwas gekränkt und sah Harry dabei nicht in die Augen.

„Ich bin nur etwas nervös“, fuhr Harry fort und sah sich um. Trotz seines kleinen Aufstandes schien niemand sonderlich auf sie zu achten. Ein Strom von Menschen lief an ihnen vorbei, alle in ihren besten Roben gekleidet und aufgeregt schnatternd. Ihre Worte wurden von den Wänden des Atriums wiedergegeben und so füllte eine ständige Lawine aus Worten die Halle. Trotz allem konnte Harry von allen Seiten seinen Namen hören. Geflüstert, gerufen... in einem Ausdruck grenzenloser Bewunderung oder arroganter Selbstgefälligkeit. Es war nicht schwer zu erraten, warum das Atrium überfüllt war mit Menschen, die alle in die selbe Richtung strebten. „Ist ja nicht so, als würde ich öfter mal ein Stück Metall vor versammelter Menschheit überreicht bekommen.“ Sein Blick fiel auf eine älteres Ehepaar asiatischer Herkunft, das in seltsame Kleidung - noch seltsamer als die herkömmliche Zaubererkleidung - gehüllt war. Die alte Frau trug einen Silber schimmernden Kimono und in ihren Haaren steckten graziös angeordnet mehrere Stäbchen, von denen mindestens einer ein Zauberstab sein musste.

„Ist das der japanische Zaubereiminister Hauruki?“, fragte Hermine hinter Harrys Rücken mit hauchdünner, viel zu hoher Stimme, und Harry zuckte unter ihren Worten zusammen.

Der japanische Zaubereiminister? Was machte der japanische Zaubereiminister hier?

„Ähm“, begann Percy etwas zurückhaltend, als er recht widerwillig eine Erklärung abgab. „Minister Shacklebolt und er sind privat befreundet.“

„Wird Shacklebolt den Posten des Zaubereiministers annehmen?“, fragte Ron. Percy verzog das Gesicht.

„Voraussichtlich.“

„Du scheinst darüber nicht sonderlich erfreut zu sein“, bemerkte Harry trocken und ließ sich schließlich von Percy aus dem Atrium hinausführen. Sie gingen durch eine Tür mit der Aufschrift 'Personal'. Kaum hatten sie den dahinter liegenden Flur betreten, klebten Namensschildchen auf Rons und Hermines Kleidung, während auf Harrys Anzug ein goldenes O klebte.

„O für Ordensempfänger“, erklärte Percy und warf einen Blick über seine Schulter zu Ron und Hermine. „Ihr zwei seid jetzt offizielle Besucher und könnt Harry hinter die Bühne begleiten, wenn ihr möchtet.“

Die zwei nickten. Harry jedoch hatte seine Unterhaltung mit Percy noch nicht vergessen und bohrte weiter. „Percy, du scheinst über Kingsley nicht sonderlich begeistert.“ Zu seiner Überraschung erkannte er auf Percys Gesicht einen leicht beschämten Ausdruck.

„Das ist es nicht“, gab der drittälteste Weasley zu und blieb vor einer Tür stehen. Nach einem kurzen Augenblick öffnete sie sich und die Vier traten in einen weiteren Flur, in dem es ziemlich hektisch aussah. Hexen und Zauberer huschten aufgeregt die Gänge entlang, verschwanden in Räumen zu Harrys Rechten, nur um um zehn Sekunden später mit einem Stapel Papiere aus einer Tür zu seiner Linken wieder herauszukommen.

Eine besonders nervös aussehende Hexe trat aus einer der Türen, flitzte in eine Gegenüberliegende und kam prompt in der ersten Tür wieder heraus.

„Verflixt, schon wieder eine falsche Abzweigung“, murmelte sie und warf einen mürrischen Blick auf Percy, der Harry an ihr vorbeiführte.

„Shacklebolt ist ein sehr fähiger Auror und ein respektiertes Mitglied im Ministerium.“ Bei diesen Worten wurde Percys Stimme immer leiser. Ron trat näher zu ihm heran und grinste dabei über beide Ohren.

„Was ist passiert?“, fragte Ron.

Percys Wangen liefen rot an und er schluckte. „Die letzte Besprechung vor dem heutigen Ereignis war eine Katastrophe. Barnaby Switch, Leiter der Abteilung Magische Unfälle, ist etwas ausfallend geworden und da hat es plötzlich mitten im Besprechungsraum angefangen zu regnen. Natürlich war Shacklebolt der Einzige mit Regenschirm.“ Percy strich sich bei der Erinnerung durch die Haare, als ob er testen wollte, dass sie inzwischen wieder getrocknet waren. „Unerhört.“

„Kingsley Shacklebolt ist wohl Stammkunde bei Weasleys Zauberhafte Zauberscherze?“, lachte Harry.

Percy nickte. „Leider! Merlin bewahre dieses Ministerium vor weiterem Unfug!“, brummte Percy und sie erreichten endlich einen letzten Gang. „So, wir sind da. Harry, Janine Dubbs wird sich von jetzt an um dich kümmern.“ Percy klopfte ihm etwas ungelenk auf die Schulter und trabte von dannen. Eine junge Frau, kaum älter als Harry selber, kam näher.

Sie führte ihn in einen kleinen Raum, wo er sich von Ron und Hermine verabschieden musste, da die zwei zusammen mit Rons Familie an einem Tisch im Saal platziert waren.

„Wir sehen uns gleich, Kumpel“, verabschiedete sich Ron und Hermine gab ihm einen aufmunternden Kuss auf die Wange, bevor ihn seine besten Freunde allein im Raum zurückließen. Wenige Minuten später kam Janine herein, um ihn zu informieren, dass er in einer Viertelstunde auf die Bühne geführt werden würde, wo er den Orden persönlich überreicht bekommen würde.

„Oh, Freude“, murmelte Harry frustrierte und ließ sich auf eine große Couch fallen, die genauso unbequem war, wie sie aussah.

„Wo hast du dich hier nur reinmanövriert?“, fragte eine ihm bekannte Stimme und Harry sah noch nicht einmal auf. Er wusste, dass er niemanden sehen würde.

„Ich sollte aufhören, mitten am Tage Nickerchen zu machen“, zischte er und ließ seinen Kopf gegen die Lehne fallen. Einen unsichtbaren Geist konnte er hier wirklich am wenigsten gebrauchen.

„Ich hab doch gesagt, ich würde mich um dich kümmern“, entgegnete die Stimme.

„Keinen Bedarf. Ich habe genug Leute, die sich um mich kümmern“, sagte Harry bitter und sah auf, als die Tür aufging und Kingsley Shacklebolt eintrat. Der schwarze Zauberer trug eine dunkelgrüne Robe mit schwarzen Einsätzen und einem unauffälligen Muster auf den Schultern.

„Mr Potter“, begrüßte er Harry warmherzig und Harry war dankbar, dass er ihm nicht auch noch aufgeregt die Hand zu schütteln begann.

„Mr Shacklebolt.“ Harry nickte zur Begrüßung und dachte an die Anekdote, die Percy gerade zum Besten gegeben hatte. „Nette Idee mit dem Regen.“

Der Mann lachte herzhaft und legte dabei den Kopf in den Nacken. „Ja, ich muss zugeben, das war das Lohnenswerteste, was mir in meiner momentanen Amtsperiode bisher passiert ist.“ Dabei sah er sich in dem fensterlosen Raum um. „Wird Zeit, dass das Ministerium die Dinge etwas lockerer angeht, findest du nicht auch, Harry?“

„Naja, Percy Weasley ist da nicht ganz Ihrer Meinung.“ Harry lächelte schief.

„Mr Weasley wird lernen müssen, mit mir umzugehen, wenn er mein Assistent bleiben möchte.“

„Könnten Sie wenn möglich hin und wieder Fotos von ihm machen? Vorzugsweise wenn er gerade in ein Würg-Zungen-Toffee gebissen hat?“

„Naja, wir wollen es nicht übertreiben“, bemerkte Kingsley, doch seine Miene blieb belustigt. „Du weißt, wie der Ablauf sein wird?“

„Ja, ich schnapp' mir den Orden und verschwinde durch den Hinterausgang.“

„Mehr oder weniger. Mildred Milliways wird dir den Orden überreichen. Du wirst ein paar Worte sagen müssen...“ Harry riss erschrocken seine Augen auf. „...aber zur Not bedankst du dich einfach freundlich und verlässt die Bühne. Es kann nichts passieren. Wir haben allerhöchste Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Ich wollte Ihnen das eigentlich nicht sagen, aber es gehen seit einigen Tagen hartnäckige Gerüchte um, dass ein Anschlag auf mich verübt werden soll. Ursprünglich sollte der Orden von mir überreicht werden, aber um unerwünschte Vorfälle zu vermeiden, werde ich mich größtenteils aus den heutigen Festivitäten zurückhalten außer einigen einleitenden Worten. Leider, wie ich zugeben muss. Denn es wäre mir eine Freude gewesen, Ihnen den Orden persönlich zu überreichen.“

Harry nickte als Antwort und Kingsley rückte etwas angespannt seine Robe zurecht.

„Nun gut, ich werde Sie jetzt wieder alleine lassen. Jemand wird sie gleich zur Bühne begleiten.“

Harry bedankte sich und begann seine schwitzigen Hände zu reiben, nachdem er Shacklebolt verabschiedet hatte.

„Das wird ein aufregender Tag, Harry“, sagte die Stimme und Harry lief kalter Schweiß den Rücken hinab. Wieso nur hatte er das Gefühl, dass sein unsichtbarer, nicht-existenter Stalker mehr wusste, als er selber?

Dumpfes Gemurmel aus dem großen Saal drang in den kleinen Raum und ganz deutlich war nun auch die magisch verstärkte Stimme von Shacklebolt zu hören, der die Gäste begrüßte und einige Worte zum Ablauf und den Themen des Abend sagte.

Mimi Canon, die den neuen Nimbus vorstellen wollte, ein Vertreter der „Rettet die Schachfiguren“-Vereinigung und als Überraschungsgäste zwei Mitglieder der Schwestern des Schicksals, die ihr neues Album „Frisch vom Schlachtfeld“ vorstellen wollten. Soviel zu „Harrys Großem Abend“. Er wurde zwischen einer Heavy Metal Band und einer Werbeveranstaltung abgefertigt wie jemand, der an der Kasse bezahlte und dann seine Ware mit nach Hause nehmen durfte.

„Was tue ich hier nur?“

Mit einem lauten Seufzen ließ er sein Kinn auf seine Brust fallen und hörte bereits Sekunden, bevor die Tür zu dem Raum geöffnet wurde, Schritte.

„Mr Potter?“, sagte Janine und forderte ihn mit einem Nicken auf, ihr zu folgen. Die Schritte auf die Bühne erschienen ihm endlos, doch als er schließlich zwei letzte Stufen hinauf stieg, um durch einen Vorhang die Bühne zu betreten, wurde sein innerer Drang, sich umzudrehen und weit weg zu laufen, beinahe übermächtig. Ein letzter Schubs von Janine und der Vorhang machte die Sicht frei auf eine Menschenmenge zu seinen Füßen. Der Saal war groß, nicht so groß wie die Halle in Hogwarts, aber groß genug, dass Harry sich klein fühlte. Die Menschen erblickten ihn und Pfiffe und laute Rufe begleiteten ihren Applaus. Etwas verschwommen nahm er rechts, ganz vorne, den Tisch mit der gesamten Weasley-Familie wahr.

Auf wackeligen Beinen trat er an das Podium heran. Percy Weasley stand ebenfalls auf der Bühne, jedoch eher abseits und in der Hand hielt er einige Karteikarten. In Harry stieg das lachhafte Bild Percys als wild gestikulierender Showmaster auf. Im letzten Moment verhinderte Harry ein lautes Lachen, indem er sich auf die Innenseite seiner Wange biss. Hunderte 'Harry'-Rufe ließen ihn vorsichtig zu der Menschenmenge blinzeln, während er sich immer mehr der älteren Dame näherte, die inmitten auf der Bühne auf einem kleinen Podium stand, eine kleine Schachtel vor sich auf der Podiumsablage. Sie hatte hochgesteckte, mit grauen Fäden durchzogene Haare, die unter einem altmodischen Spitzhut verschwanden. Ihr Lächeln schien kalt, unecht und je näher Harry trat, desto mehr hatte er das Gefühl, dass etwas nicht stimmte. Mit ihr, mit seiner ganzen Umgebung. Hilfesuchend sah er zu Percy, der jedoch gerade damit beschäftigt war, einen unsichtbaren Fusel von der Schulter seiner Robe zu wischen.

„Harry!“

„Harry Potter!“

„Sie sind ein Held, Mr Potter!“

Hunderte Stimmen jagten wie Speere durch den Raum, doch erst eine einzige Stimme ließ Harry blinzeln und er sah hinunter an den Rand der Bühne, wo Hermine mit weit aufgerissenen Augen seine Aufmerksamkeit zu bekommen versuchte. Als Harrys Blicke sie trafen, begann sie wild in den hinteren Teil des Saales zu zeigen. Harry ließ seinen Blick über die Menschenmasse gleiten. Ein unbekanntes Gesicht wurde zum nächsten unbekannten Gesicht, doch ganz hinten, inmitten einer Reportermasse, huschte eine bekannte Person, verfolgt von einem schlaksigen Rotschopf.

Harry brauchte einen Moment, ehe er verstand, was er sah. Es war Gregory Goyle. Und ganz offensichtlich glaubte Ron nicht, dass der rundliche Slytherin hier war, um Harrys Heldentat zu würdigen, denn wie von einem Doxy gebissen, rannte Ron hinter Goyle hinterher. Mehr Zeit zum Nachdenken hatte Harry jedoch nicht.

Eine Hand drückte seine und die magisch verstärkte Stimme der Frau, Mildred Milliways, soweit sich Harry an Kingsleys Erläuterungen erinnern konnte, dröhnte in seinem Ohr. Er zuckte kurz zusammen und fühlte, wie die Frau seine Hand ergriff, sie kräftig schüttelte und dann die Schachtel öffnete, in dem ein golden-glänzender Orden lag. Sie nahm ihn an dem Band heraus, ohne ihn zu berühren und hob ihn in die Höhe. Und kurz bevor Harry seinen Kopf senkte, damit sie ihm den Orden umhängen konnte, sah er in ihre Augen. Dumpfes Blau auf einem gräulichen Grund. Als ob sie seit Stunden nicht mehr geblinzelt hatte.

Als stünde sie...

Den Gedanken konnte Harry nicht mehr beenden und er spürte zum zweiten Mal an diesem Tag das unangenehme Ziehen in seinem Magen, als die Medaille seine Brust berührte. Er kniff die Augen zusammen, hoffte, dass das alles nur ein böser Traum war, den er endlich zu Ende geträumt hatte, um sich jetzt zurück auf seine Veranda irgendwo am Mittelmeer zu verziehen und dort die Ruhe zu genießen.

Unvorbereitet wie er war, knallte er mit den Knien voran auf kalten Stein. Um ihn herum herrschte Zwielicht und das Geräusch seines eigenen Atems rauschte laut in seinen Ohren. Ohne zu Zögern griff Harry nach seinem Zauberstab, den er unauffällig in den Ärmel seines Jacketts geschoben hatte, und drehte sich um seine eigene Achse.

Er befand sich in einer ihm sehr bekannten Höhle, die ihn entsetzt die Panik hinunterschlucken ließ, die seinen Verstand zu vernebeln drohte. Imposant und unscheinbar ragte vor ihm der Torbogen auf, durch den sein Patenonkel vor so langer Zeit verschwunden war. Der schwarze Schleier bewegte sich, als wäre er nichts weiter als eine Gardine in der leichten Brise eines Sommerabends.

„Da waren wir aber besonders einfallsreich, Goyle“, zischte Harry und tatsächlich trat der Slytherin aus einer schattigen Ecke in trübes Licht. Unsicher blieb er stehen, so dass sich Harry genau zwischen ihm und dem Torbogen befand.

„Was meinst du?“, fragte er mit einem beinahe unsicheren Tonfall, den Harry von ihm gar nicht gewohnt war.

„Die Idee. Mit dem Portschlüssel. Ehrlich mal, Goyle, hätte es nicht wenigstens etwas kreativer sein können?“ Wieder spürte Harry eine innerliche Wut aufsteigen, die ihm vollkommen fremd war, die er jedoch weitaus mehr bevorzugte, als die Panik, die er hastig in die hinterste Ecke seines Verstandes drängte. „Aber was habe ich denn erwartet? Ein lächerlicher Trittbrettfahrer!“, spuckte Harry aus.

„Trittbett?... Ich bin kein...“ Goyle fing sich schnell wieder und ihre beiden Zauberstäbe zeigten aufeinander. „Du hast meinen Freund getötet. Und mein Vater ist in Azkaban wegen dir.“

„Tatsächlich?“, erwiderte Harry, während er unauffällig versuchte, festen Halt unter seinen rutschigen Schuhsohlen zu bekommen. Hermines Zauber war zwar mehr als ansehnlich, doch zum Erklettern glitschiger Felsen denkbar ungeeignet. „Wirklich, Goyle, du hast mein aufrichtiges Beileid, dass dein Vater und deine Freunde solche Verlierer sind und ich deinen geliebten Oberverlierer ins Jenseits befördert habe. Ehrlich!“ betonte Harry sarkastisch und duckte sich, als ein dunkler Fluch an ihm vorbei schoss.

„Dafür wirst du sterben!“, rief Goyle und Harry musste sich sehr beherrschen, nicht laut loszulachen.

„Ich wusste gar nicht, dass du so redegewandt sein kannst.“

„Halt den Mund!“, schrie Goyle. Erneut zischte ein Fluch an Harry vorbei, dunkelrot und heiß, wie Harry auf seiner Haut spürte.Diesmal duckte sich Harry zur anderen Seite und musste sich mit der Hand an dem kalten Felsen abstützen, um nicht den Halt zu verlieren. Er hörte das schwere Atmen seines Gegners und ließ sich auf den Rücken fallen, so dass er einige Zentimeter weit auf der glatten Unterfläche weiter rutschte.

„Wie hast du es geschafft, die Ordenslady mit dem Imperius zu belegen?“, fragte er schließlich, als er Goyle wieder im Blick hatte. Der plumpe Kerl stand noch immer nahe der Höhlenwand und selbst aus dieser Entfernung konnte Harry sehen, dass seine Hand zitterte.

„Du solltest dich lieber um deine eigenen Probleme kümmern.“

„Oh, ich denke, damit komme ich schon klar.“ Harry murmelte in Gedanken Expelliarmus, zielte jedoch absichtlich beinahe eine Armlänge weit an Goyle vorbei. Der Fluch prallte gegen die dahinterliegende Wand und Harrys Gegner sah mit einem Mal um einiges selbstsicherer aus als noch vor wenigen Momenten.

„Was ist los? Hast du das Zielen verlernt, Auserwählter?“

„Du solltest dich lieber um deine eigenen Probleme kümmern, Goyle“, wiederholte Harry mit zuckersüßer Stimme, die der von Umbridge alle Ehre gemacht hätte. Noch immer befand er sich genau zwischen Goyle und dem Torbogen. Der Slytherin brauchte nur einen wohlgezielten Stupor auszusprechen und Harry würde ohne Wiederkehr mit seinem Patenonkel vereint sein. Zu Harrys Entsetzen schien der Gedanke ihn weniger zu berühren, als er tatsächlich sollte. „Und jetzt, da ich nur noch wenige Augenblicke zu leben habe...“ Er seufzte theatralisch. „Würde ich zu gerne wissen: Warum hier? Und warum steht Malfoy nicht hinter dir, um zuzusehen, wie du die Drecksarbeit für ihn erledigst?“

Goyle zuckte sichtlich wütend zusammen. „Ich erledige niemandem seine Drecksarbeit. Schon gar nicht für diesen Feigling Malfoy. Wenn er unserem Meister ehrlich gedient hätte, wäre nicht so ein Weichei aus ihm geworden. Und du wärst schon lange tot!“

„Ach so“, nickte Harry und ließ betont lässig seinen Zauberstab Richtung Boden deuten. „Also ist dir dieser brillante Plan tatsächlich ganz alleine eingefallen.“ Goyle grunzte und seine breite Brust schwoll noch mehr an, als es seine fettleibige Mitte ohnehin schon tat. „Der Dunkle Lord wäre unheimlich stolz auf dich, Gregory.“

Harry richtete seinen Zauberstab wieder in Richtung Goyle, murmelte diesmal ein sehr gezieltes Expelliarmus und Goyles Zauberstab flog in einem hohen Bogen durch die Luft und blieb mindesten zehn Meter von seinem Besitzer entfernt liegen. Goyle hatte sich wenig elegant durch die Kraft des Zaubers auf seinen Hosenboden gesetzt und krabbelte nun ziemlich unbeholfen im Krebsgang von Harry weg in Richtung seines Zauberstabes.

Harry indessen hatte seinen eigenen Stab noch immer hoch erhoben und ging langsam auf den Slytherin zu.

„Der Dunkle Lord hat den Fehler gemacht, sich auf Verlierer zu verlassen.“ Harry spürte, wie sie seine Gesichtszüge zu einem eiskalten Lächeln dehnten. Woher kamen diese Worte? „Aber wenn man etwas richtig machen will, muss man es selber machen. Das weiß ich leider aus eigener Erfahrung.“ Harrys Gedanken schwirrten. Woher kamen diese Gedanken? Warum ließ er Goyle nicht einfach erstarren und holte Hilfe? Warum stimmte ihn der panische Ausdruck auf dem wabbeligen Gesicht seines gehassten Gegners so euphorisch? „Das ist eine Tatsache...“

Zu spät merkte er, wie einige lose Steine unter seinen Füßen zu rollen begannen und mit den Armen rudernd versuchte Harry sein Gleichgewicht zu halten. Doch es war zu spät. Er prallte hart mit seiner rechten Schulter und dem Ellenbogen voran auf dem steinernen Boden auf und begann ein unaufhaltsames Rollen die Schräge hinunter. Schmerzhafte Aufschläge mit der Hüfte und seinem Kopf pressten ihm die Luft aus seiner Lunge und als er endlich zum Liegen kam, benötigte er einige Sekunden, ehe er wieder einigermaßen geradeaus sehen konnte.

Die Sekunden hatte Goyle genutzt, um seinen Zauberstab an sich zu nehmen. Harry spürte, noch bevor er die Augen öffnete, den auf ihn gerichteten Zauberstab und hätte am liebsten laut geflucht. Doch stattdessen biss er die Zähne zusammen und tastete nach seinem Zauberstab, der durch ein glückliche Fügung direkt unter ihm lag. Langsam und mit unauffälligen Bewegungen ließ er seine Hand dorthin wandern, ließ den Blick aber nicht von Goyle, der ihn hasserfüllt ansah.

„Malfoy war von Anfang an der Meinung gewesen, du wärst ein großer Slytherin geworden.“ Goyle schnaubte. „Ich hätte nie gedacht, dass er damit Recht gehabt hätte. Wenn dich deine Fans...“ Er spuckte das Wort aus, als hätte er soeben einen Riesenschluck Skele-Wachs zuviel genommen. „... dich jetzt so sehen könnten.“

Endlich fühlte Harrys Zeigefinger die schmale Spitze seines Zauberstabes und er hielt die Luft an. Nur wenige Millimeter hob er seinen Rücken an und mit einer Geschwindigkeit, die für einen menschlichen Körper nicht möglich sein sollte, schnellte sein Arm nach vorn.

„Crucio!“

Über seine Zehenspitzen hinweg jagte der Fluch auf den massigen Körper Goyles zu, der umkippte, als hätte Hagrid ihn gerade im schnellen Lauf angerempelte. Wieder flog der Zauberstab durch die Gegend und blieb in einer versteckten Felsenspalte liegen. Goyles unkoordinierten Gliedmaßen zuckten unter den unerträglichen Schmerzen und seine Augäpfel traten in seinem Dudley-mäßigen Gesicht hervor, als wäre die Augenhöhle zu klein für sie.

Harry setzte sich auf, hob den Zauber allerdings noch nicht auf. Langsam und gemächlich trat er zu dem Gefallenen. Ein innerer Kampf tobte in seinem Kopf. Angeekelt von seiner eigenen Tat wollte er den Blick abwenden, merkte aber schnell, dass etwas... oder jemand dies nicht zuließ.

„Ja, Harry. Erstaunlich, dieses Gefühl, nicht wahr?“, hallte die Stimme seines ungebetenen Stalkers in seinen Ohren und auch Goyle schien es gehört zu haben. Denn seine Augen wurden noch größer und ein unartikulierter, überraschter Laut kam über sein Lippen. Speichel lief seine Wange entlang, verschwand im Kragen seiner Robe. Der Cruciatus musste bereits einige Minuten dauern und Tränen liefen über Harrys Gesicht, so sehr strengte er sich an, den Zauberstab abzuwenden. Doch als hätte jemand seine Handgelenke in eiserne Griffe geschraubt, hielten seine Arme seinem eigenen Willen Stand.

„Hör auf!“, brüllte er und sein eigener Speichel nieselte vor ihm auf sein Opfer. „Hör auf! Bitte!“

„Oh Harry, komm schon. Er ist nur ein Slytherin“, schmeichelte die Stimme. „Und du hast dir ein wenig Spaß verdient, meinst du nicht?“

Schweißperlen nässten Harrys Stirn, ließen seine Kleidung unangenehm an seiner Haut kleben und ein Schmerz, tiefer als alle Wunden, die ein Körper ertragen könnte, erfasste sein Herz, seine Seele.

Und mit einem letzten, grauenerregenden Schrei schickte seine Hand den unausweichlichen Avada Kedavra zu seinem Opfer, das sofort erschlaffte.

Harry war erstarrt. Er spürte, dass er seine Arme wieder bewegen konnte, tat es aber nicht. Still wie eine Statue stand er da, starrte auf den toten Jungen, der bis eben noch seinen eigenen Tod angestrebt hatte.

„Oh Harry“, begann die Stimme leise zu summen. „Sieh es ein, er hatte Recht. Du würdest einen hervorragenden Slytherin abgeben. DU würdest mich stolz machen.“

Es war kalt. Harry spürte den Schweiß nicht mehr, fühlte nur die Eiseskälte, die sein Herz ergriff und er sah nicht auf, als ein lautes Plop in der Höhle erklang.

„Harry?“ Hermines Stimme drang besänftigend an sein Ohr und endlich schaffte er es, seinen Zauberstab zu senken. Die junge Hexe, gefolgt von Ron und Percy Weasley kam langsam auf ihn zu, die Hände in ergebener Geste in die Höhe gestreckt. „Ha-Harry, was ist passiert? Es tut mir Leid, d-dass wir so lange gebraucht haben, dich zu finden. Die- Die Spuren meines Wandlungszaubers waren aber...“, stammelte Hermine.

Und Hass erfüllte Harry aufs Neue. Dieses Mal war es ihm selbst gewidmet.

„Ich war es nicht“, flüsterte er hilflos. „Er hat es getan.“

„Keine Sorge, Kumpel, wir verstehen schon“, erklärte Ron mit zitternder Stimme. „Es war Notwehr.“

Doch Percy starrte nur entsetzt auf den Toten. Es war unabänderlich. Harry hatte einen Unverzeihlichen Fluch ausgesprochen und einen Menschen getötet. Im Ministerium. Und der Orden des Merlin, verliehen für überdurchschnittliche Tapferkeit und Mut, hing noch immer um seinen Hals.

„Lasst mich! Verschwindet!“, brüllte er in voller Lautstärke, riss sich die Medaille vom Hals und warf sie Hermine entgegen. „Lasst mich in Ruhe!“

Er kniff die Augen zusammen und disapparierte. Zurück blieben Ron, Hermine, Percy und ein toter Slytherin.

Kapitel 6: Hermine und Ron machen sich auf die Suche nach Erklärungen während Harry auf der Suche nach Abgeschiedenheit ist.


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Ich wünsche Joanne Rowling, dass sie es schafft, nach den sieben Potter-Bänden eine andere Art von Literatur zu schreiben und dass die jugendlichen Leser mit der Lektüre mitwachsen werden.
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