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Fanfiction

HP7-Spoiler - Harry Potter und der Blutige Dorn - Das leere Portrait

von annj

A/N: Danke für die lieben Reviews. Die haben mir immer den Tag gerettet.
@Pauline Potter: Jap, die Tiere sind tatsächlich nicht die einzigen, die sich seltsam benehmen :-) Es wird sich alles klären, versprochen.
@Miss Diggory: Spannung sollte schon ein wenig die Möglichkeit haben, sich zu entfalten *kicher* Deswegen sind meine Kapitel alle etwas länger, aber dafür sehr ausfühlich. Hoffe, dass es dir so gefällt.
@Emily Green: Lieben Dank für die Komplimente. Gebe mein bestes, den Bücher zumindest annähernd gerecht zu werden. :-) Freu mich, dass du in meiner FF gefunden hast, was du suchtest.

oooooooooooooooooooooooooooooooooooooooo

Als Harry am nächsten Morgen die Augen aufschlug, war das erste, was er sah, Pig, der auf dem Fensterbrett auf und ab hüpfte. Um sein kurzes Beinchen war ein kleines Stück Papier gebunden. Einen Moment lang spielte Harry mit dem Gedanken, sich einfach noch einmal auf die andere Seite zu drehen und weiter zu schlafen, doch das aufgeregte Piepsen des kleinen Briefboten durchbrach die Ruhe des Zimmer.

Noch lag eine lähmende Trägheit in der Luft und die Luft war über Nacht soweit abgekühlt, dass ein Frösteln über Harrys Haut kroch, als er unwillig einen Fuß unter der Decke herausstreckte. Das Haus um ihn herum knackte und röchelte, als würde es jederzeit unter ihnen zusammenbrachen, doch er hatte sich bereits daran gewöhnt. Ansonsten war es still und der Rest der Bewohner schlummerte vermutlich noch friedlich in ihren Betten. Als die Eule nervös begann, Runden unter der Decke des Zimmers zu drehen, quälte sich Harry schließlich vollends aus den Federn und griff härter als beabsichtigt nach dem Vogel. Durch das Fenster sah er, wie schwammiger Bodennebel die Felder um den Fuchsbau herum bedeckte. Bald würde die Sonne mit unbändiger Wucht die Feuchtigkeit verdunsten und die Luft brennen lassen. Das Grün der Rasenflächen lag schon jetzt braun und verdorrt.

„Schon gut, schon gut“, flüsterte Harry leise, um Ron nicht zu wecken. „Gib schon her!“ Einige Federn flogen durch die Luft, als Harry Pig geschnappt hatte und möglichst vorsichtig das Pergament von seinem Beinchen entknotete. Währenddessen hockte seine eigene Eule still und beinahe unbeteiligt in seinem offenen Käfig und beobachtete das Geschehen mit einem missbilligenden Ausdruck.

„Guck mich nicht so an“, sagte Harry zu ihr. „Wenn du da gewesen wärst, hätte ich dich nur zu gerne geschickt.“ Er ließ Pig los, der sofort in die Luft stieg und, nachdem er einige Male schmerzhaft gegen die Fensterrahmen gestoßen war, flink wie ein Feuerblitz in dem morgendlichen Zwielicht verschwand.

Hastig entrollte Harry das Stück Papier und flog über die Zeilen.

Treffen Sie mich heute früh um neun im Tropfenden Kessel. Bringen Sie Ihr Gepäck mit!

A. Dumbledore


Mehr stand nicht darauf. Doch Harry genügte es. Erleichterung erfüllte ihn, wurde jedoch sofort abgelöst von Scham und einem schlechten Gewissen, als er Ron schlafend in seinem Bett betrachtete. Sein bester Freund hatte während der Nacht seine Bettdecke weg gestrampelt und schnarchte seelenruhig seinem Poster entgegen. In ein paar Stunden würde er aufstehen und einen Tag beginnen, der gefüllt war mit hervorragendem Essen, den üblichen Stänkereien mit Hermine und jeder Menge Zeit auf seinem Besen. Harry drängte es danach, sofort zu verschwinden. Sich einfach klammheimlich aus dem Staub zu machen und fragende und enttäuschte Blicke zu umgehen. Doch auch wenn es für ihn die einfachste Methode gewesen wäre... er brachte es nicht übers Herz.

Da er seit gestern ohnehin nichts ausgepackt hatte, brachte er einfach alles runter in die Küche und stellte den Eulenkäfig neben die Hintertür. Dann setzte er sich an den Küchentisch und wartete. Eine innere Unruhe erfasste ihn, während er sich in der anheimelnden Küche umsah. Die Zeiger der Weasley-Uhr zeigten fast alle auf 'Schlaf'; Percys Zeiger auf Arbeit. Was den drittältesten Weasley wohl um diese Zeit bereits ins Ministerium trieb? Ein weiterer Zeiger, der Harry einen schmerzhaften Stich versetzte, war der von Fred Weasley, der allerdings abgebaut war und mit einem Nagel an die Wand neben der Uhr befestigt war. Worauf er wohl unmittelbar nach dem Tod des einen Zwillings gezeigt hatte? Es gab keinen Hinweis 'tot' auf der Uhrenskala und Harry wandte seinen Blick ab. Er wollte es eigentlich gar nicht wissen.

Es musste bereits auf Acht zugehen, als endlich Schritte auf der Treppe erklangen und Hermine Sekunden später mit einem Bademantel bekleidet die Küche betrat. Wortlos setzte sie sich zu ihm. Ihr Blick fiel auf sein Gepäck und Harry erwartete jeden Moment eine Schimpftirade. Doch sie blieb gelassen und beinahe so, als hätte sie sich damit abgefunden.

„Willst du mir nicht sagen, dass ich besser hier bleiben soll?“

Sie zuckte mit den Schultern. „Würde es denn etwas nützen?“

„Nein.“

„Also...“ Sie zuckte erneut mit den Schultern. „Ron hat gesagt, du hast Dumbledores Bruder eine Eule geschickt.“

Er musste etwas verdutzt ausgesehen haben, denn Hermine erklärte rasch. „Ich war eben bei ihm. Er hat sich nicht getraut, runter zu kommen.“ Sie grinste kurz.

„Du warst bei Ron im Zimmer? Alleine mit Ron?“, konnte sich Harry nicht verkneifen und grinste zurück. Er schaffte es tatsächlich noch, dass Hermine rot anlief.

„Ich wollte mit dir reden. Versuchen, dir deinen Plan auszureden. Aber ich denke, dass ist sinnlos. Ich werde dich nicht davon abbringen können.“

„Du warst schon immer die Intelligenteste von uns, Mine“, sagte er und in seinen Ohren klangen seine Worte erschreckend endgültig.

Sie schwiegen einen Moment und Hermine zupfte sich etwas ungeschickt den Kragen ihres Bademantels zurecht.

„Passt gut auf euch auf, ja?“, sagte Harry, wusste nicht, was er sonst sagen sollte und widerstand dem Drang, Hermine in die Arme zu nehmen.

„Aber natürlich“, erwiderte Hermine und Harry glaubte, einen wässrigen Glanz in ihren Augen zu erkennen. „Ich wollte dir noch...“, fuhr sie fort, stoppte aber.

„Was?“

„Es ist etwas, das Malfoy gesagt hat“, gab sie leise zu.

„Du hast doch selbst gesagt, Draco redet viel, wenn der Tag lang ist.“

„Ja, aber...“ Sie holte tief Luft. „Ich weiß auch nicht, er hat mich nachdenklich gemacht.“

„Hermine, du bist immer nachdenklich. Du tust nie etwas anderes. Vergiss einfach, was er gesagt hat. Es ist unwichtig.“

„Harry“, unterbrach sie, doch Harry wusste, dass sie sich geschmeichelt fühlte. „Das ist etwas anderes. Ich habe ein ungutes Gefühl dabei, dich alleine zu lassen.“

„Das musst du aber nicht. Ich will es so.“

„Genau das ist, was mir Sorgen macht.“ Sie schwiegen erneut und Harry suchte verzweifelt nach einem Thema, auf das er galant wechseln konnte, ohne Hermine noch trauriger zu stimmen.

„Versprich mir bitte eins, Harry“, begann sie nervös. „Wenn dir irgendetwas auffällt oder wenn du uns brauchst ... oder wenn du einfach nur reden willst...“ Sie schob ihm eine Münze entgegen, die Harry als eine von den Nachrichtenmünzen erkannte, die sie damals für die Mitglieder von Dumbledores Armee benutzt hatten. „Wir sind sofort zur Stelle, wenn du uns rufst, verstanden?“ Ihre Stimme zitterte leicht und mit einem Kloß im Hals nahm Harry die Münze an sich.

„Aber natürlich“, sagte er mit einen leichten Grinsen. „Ich vertraue darauf, dass ihr mich überfallen werdet, wenn ich es am wenigsten möchte, aber am meisten brauche.“ Er lachte leise und stand auf, um Hermine nun doch fest zu umarmen.

„Oh Mann, wir führen uns auf, als ob wir uns nie wieder sehen werden“, bemerkte Harry, als sie sich aus der Umarmung trennten.

„Hey, das ist meine Freundin!“, tönte eine heisere Stimme von der Tür zu Flur. Dort stand Ron, ebenfalls in einen Bademantel gehüllt. Er trat näher.

„Ich wollte mich nicht wegschleichen, ehrlich!“, beteuerte Harry, als er Rons bösen Blick auf sein Gepäck sah. „Allerdings hätte ich nichts dagegen, wenn der Rest deiner Familie nicht hier ist, wenn ich gehe. Noch mehr Tränen und Aufregung ertrage ich einfach nicht mehr.“ Er grinste schief und dachte mit Grausen an Mrs Weasleys Gesischt, wenn sie erfuhr, dass Harry verschwunden war... ohne Frühstück.

„Ich kann dich voll verstehen, Kumpel“, sagte Ron und klopfte ihm auf den Rücken. „Aber bist du sicher, dass du das Ginny antun möchtest?“ Es lag keine Strenge in Rons Stimme, nur Verwirrung und Sorge.

„Sie wird es verstehen“, sagte Harry und bezweifelte dies noch im selben Moment.

„Das wird sie sicherlich nicht. Aber vielleicht später...“, entgegnete Ron mit einer hoffnungsvollen Miene.

„Ja, später.“ Harry drückte Hermine ein letztes Mal und schnappte sich ohne weiteres Getue seine Truhe und den Käfig. Er blickte nicht zurück, als er sich vom Haus entfernte und apparierte. Hätte er es getan, wäre ihm das tränenverschmierte Gesicht aufgefallen, welches am Fenster von Ginnys Zimmer zu sehen war und die herzzerreißende Erkenntnis in ihren Augen: Dass er gegangen war, ohne sich von ihr zu verabschieden.

oooooooooooooooooo

Harry apparierte direkt im Tropfenden Kessel und stellte sein Gepäck ab. Ein Blick auf seine Uhr am Handgelenk, ein Überbleibsel seines Muggellebens, sagte ihm, dass er noch fast eine halbe Stunde Zeit hatte, ehe er hier mit Aberforth verabredet war. Außer ihm saßen nur zwei Hexen an einem Tisch und verspeisten ein paar Toastscheiben. Vermutlich waren sie Gäste von außerhalb und hatten ein Zimmer im oberen Stockwerk gebucht. Niemand sonst würde auf die Idee kommen, im Tropfenden Kessel zu frühstücken.

Er räumte sein Hab und Gut in eine dunkle Ecke des Pubs und ließ sich dann auf einen Hocker am Tresen fallen.

„Ist das nicht Harry Potter?“, hörte er eine der Frauen hinter sich wispern, doch er ignorierte sie.

„Hallo Tom“, begrüßte er stattdessen den Besitzer des Lokals, der soeben hinter dem Tresen erschienen war.

„Wenn das mal nicht der junge Mr Potter ist“, sagte Tom freundlich. „Was verschafft uns denn die Ehre Ihres Besuches?“

„Ich bin nur... auf der Durchreise, wenn man es so nennen will.“ Harry grinste entschuldigend. „Treffe mich mit Jemandem.“

„Schade. Es würde meinem Laden keinen Abbruch tun, eine so bekannte Persönlichkeit wie den berühmten Mr Harry Potter zu beherbergen“, sagte der greise Mann und zwischen seinen dünnen Lippen blitzten gelbliche Zähne hervor. Missmutig zuckte Harry mit den Schultern.

„Vielleicht beim nächsten Mal.“

„Schön, schön. Darf ich denn sonst etwas servieren?“, fragte der Wirt und Harry bestellte sich ein Butterbier. Einfach nur, um die Ausrede zu haben, nicht reden zu können, weil er etwas zu trinken im Mund hatte. Die nächsten zwanzig Minuten verbrachte er damit, alle paar Sekunden an seinem Glas zu nippen und konsequent die Besucher zu ignorieren, die ihn neugierig anstarrten und auf eine Reaktion von ihm hofften.

'Das nächste Mal werde ich öffentliche Plätze vermeiden', schwor er sich und unterdrückte seine aufsteigende Wut, als ein kleiner Junge, der soeben mit seiner Mutter herein gekommen war, auf und ab springend auf ihn deutete und seine Mutter fragte, ob er sich ein Autogramm auf seine Schokofroschkarte geben lassen durfte. Zu Harrys Erleichterung schien die Mutter etwas dagegen zu haben und so verschwand sie mit dem Jungen in einer Tür neben der Bar, die einen Gang entlang und direkt zur Winkelgasse führte.

Einige Minuten vor neun betrat Aberforth Dumbledore die Bar und kam in gebückter Haltung direkt auf ihn zu.

„Potter“, begrüßte er Harry ohne Umschweife.

„Mr. Dumbledore, vielen Dank dass Sie...“, begann Harry doch Dumbledore unterbrach mit einer unwirschen Handbewegung.

„Ja, ja. Das hätten wir geklärt. Wir müssen uns beeilen. Ich habe einen Portschlüssel organisiert, der in genau zwei Minuten aktiviert wird. Gibt es hier...?“ Er sah sich mit unruhigen Kopfbewegungen um und Harry winkte Tom heran. Der Wirt nickte und nachdem Harry seinen Koffer und die Eule geholt hatte, begaben sie sich in den kleinen Besprechungsraum hinter der Bar. Ein alter Holztisch mit unzähligen Wasserringen stand in der Mitte, umrundet von fünf alten Stühlen. Die Wände waren mit grauen Flecken und Spinnweben übersät.

Der alte Wirt zuckte mit den Schultern und murmelte:„Der Raum wurde schon sein Ewigkeiten nicht mehr genutzt. Die Leute ziehen es vor sich für ihre Besprechungen in Floreans Eissalon zurückzuziehen.“

„Verständlich“, antwortete Aberforth, holte einen Flachmann aus seiner Manteltasche und stellte ihn vor sich auf den Tisch. Harry umklammert inzwischen mit seiner rechten Hand seine Truhe und klemmte sich den Eulenkäfig unter. Seinen linken Zeigefinger legte er mit etwas Druck auf das kalte Gefäß und wartete. Kurz bevor er das bekannte Ziehen irgendwo hinter seinem Bauchnabel spürte, nickte er Tom zu und setzte zu einem Danke an. Doch da war es auch schon zu spät.

Seine Füße trafen auf harten Boden und wankend schlug er sich seinen Koffer gegen das Knie.

„Uff“, sagte er und ließ die Truhe fallen, während er den Käfig fest umklammert, damit nicht auch noch seine Eule zu Boden stürzte. Als er sich wieder gefangen hatte, sah er sich um.

Harry befand sich nahe der Klippen an einem Meer. Obwohl der Strand mindestens zwanzig Meter tief zu seinen Füßen lag, hörte er das röhrende Rauschen der Brandung, wie es gegen im Wasser stehende Felsen klatschte. Der Wind pfiff ihm um die Ohren und durch die Haare, sodass sie noch wirrer von seinem Kopf ab standen, als sonst. Trotz der angenehmen Brise knallte die Sonne unbarmherzig auf ihn hinab und er spürte schon nach wenigen Sekunden, wie sich die Haut auf seiner Nase spannte.

Ein schmaler Trampelpfad führte zu einem kleinen, einstöckigen Haus, welches auf dem höchsten Punkt der Klippen stand und aussah, als würde es sich jeden Moment in die Fluten stürzen wollen.

Ein einsamer, knorriger Baum stand vor dem Haus, seine Blätter weggefegt von den Windböen. Die salzige Luft hatte die gesamte Rinde weg geätzt und was zurückblieb war die nackte Haut einiger kahler Äste. Er sah nicht nur krank aus, sondern tot.

„Wollen wir?“, fragte Aberforth neben ihm und Harry nickte. Rasch legte er einen Schwebezauber auf seine Truhe, damit er sie nicht den Rest des Weges auf dem trockenen Gras hinter sich her ziehen musste. Gegen den Wind ankämpfend, folgte er dem alten Mann und atmete bereits schwer, als er schließlich vor dem Haus den Käfig absetzen konnte.

„Ich denke, Sie finden sich von hier aus zurecht?“, fragte Aberforth und reichte ihm einen alten, verrosteten Schlüssel, der schwer in Harrys Hand lag. „Das ist der Schlüssel. Zwei Meilen die Küste hinunter...“ Dabei zeigte er in die Richtung, aus der sie gerade gekommen waren. „... ist ein kleines Zaubererdorf. Dort sollte alles zu finden sein, was man hier so benötigt. Der Kamin ist funktionstüchtig, allerdings nicht mit dem Flohnetzwerk verbunden. Sollten Sie zu apparieren wünschen, tun Sie es außerhalb des Hauses. Nach Albus' Tod habe ich die Sicherheitsvorkehrung zwar etwas vernachlässigt, habe sie aber zumindest teilweise erneuert.“ Er räusperte sich und überlegte, ob er vielleicht noch etwas vergessen hatte.

„Das Haus kann von Muggeln nicht gesehen werden. Sie sind hier also vollkommen allein.“

Harry nickte und war froh darüber, dass Aberforth sich nun umdrehte und über seine Schulter zurief:

„Wenn Sie wieder gehen, legen Sie einfach den Schlüssel unter die Vase neben der Haustür. Aber ich habe nicht vor, hierher wiederzukommen.“

Mit diesen Worten drehte sich der alte Mann zu Harry um, hob die Hand zum letzten Gruß und apparierte mit einem vom Wind gedämpften Knall.

Erleichtert atmete Harry einen Moment lang tief die salzige Luft in seine Lungen und stieg dann die drei Stufen zur Veranda hinauf, die, soweit Harry es vermutete, einmal das Haus umrundete. Neben der Eingangstür stand ein alter Eimer, der mit viel Fantasie als Vase durchgehen konnte. Er brauchte einige Anläufe, ehe er es schaffte, den Schlüssel im Schloss herum zu drehen. Knarrend und quietschend ging sie einen Spalt weit auf und Harry musste ordentlich dagegen treten, ehe er hindurch gehen konnte.

Abgestandene Luft schlug ihm entgegen und nach dem Lärm vor der Haustür erschien ihm das Innere das Gebäudes wie in Watte gepackt. Er fand sich in einem quadratischen Flur, von dem aus zwei Türen abgingen, sowie zwei Türbogen. Durch die Bögen erkannte er Wohnzimmer und Küche. Die Fenster im gesamten Haus waren offensichtlich mit Gardinen verhangen und so lag ein trübes Zwielicht auf den altmodisch wirkenden Möbeln. Nachdem er seine Eule und den Koffer beiseite gestellt hatte, schloss er hinter sich die Tür und begann einen raschen Rundgang, um sich einen Überblick zu verschaffen.

Die zwei verschlossenen Türen führten zu einem Schlafzimmer und einem Badezimmer. Ein weiteres, etwas kleineres Schlafzimmer fand er hinter einer Tür, die er im Wohnzimmer beinahe übersehen hatte. Sie war zugehangen mit einem Wandteppich, auf dem ein alter Baum zu sehen war, der im Sekundentakt Blätter ließ.

Alles war ruhig, seltsam aufgeräumt und mit Erstaunen fiel Harry auf, dass nicht ein einziger Krümel Staub die Tischoberfläche oder den Kaminsims verschmutzte. Vielleicht kam jemand, der hier regelmäßig putzte? Das glaubte Harry jedoch nicht. Selbst wenn Professor Dumbledore kurz vor seinem Tod hier gewesen wäre, eine Putzaktion wäre bis zum heutigen Tag ganz sicher nicht sichtbar. Und Aberforth hatte ganz und gar nicht den Eindruck gemacht, als ob er dieses Haus genug schätzte, um sich regelmäßig darum zu kümmern. Wie auch immer, es ersparte Harry eine Menge Arbeit.

Zufrieden ließ sich Harry in einen Sessel fallen, der gegenüber vom Kamin stand und sein Blick fiel auf ein leeres Gemälde darüber. Niemand war darin zu sehen und ein langweiliger, schwarzer Hintergrund machte das Bild zu einem hässlichen Fleck an der terrakottafarbenen Wand. Wer auch immer es normalerweise bewohnte, es musste ein deprimierendes Leben sein, wenn er es in einer solcher Umgebung verbrachte. Mit neu erwachter Energie machte sich Harry daran, das Haus seinen Bedürfnissen anzupassen. Er riss die Gardinen zur Seite und die Fenster weit auf, sodass es im ganzen Haus nach Meerwasser roch. Sein Gepäck brachte er in das große Schlafzimmer und er warf einen Blick in die Küche, um zu sehen, ob er dort vielleicht sogar etwas Essbares fand.

Doch soviel Glück hatte er leider nicht. Mit knurrendem Magen musste er sich eingestehen, dass er wohl oder übel einen Besuch in dem nahe gelegenen Zaubererdorf planen musste. Und das ziemlich bald.

Im Flur lief er an seiner Eule vorbei, die ihm böse Blicke zuwarf.

„Tut mir Leid, natürlich“, sagte er und öffnete das Gitter, damit die Eule ihre Flügel etwas ausbreiten konnte.

Als er das gesamte Haus einmal durchsucht hatte und der Meinung war, alles Wichtige gesehen zu haben, trat er durch die Küche hinaus auf den hinteren Teil der Veranda. Ein kleiner Tisch und zwei sehr unstabil aussehende Stühle standen in einer Ecke. Da Harry es nicht wagte, sich darauf zu setzen, lehnte er sich gegen das Geländer und blickte hinaus auf das Meer. Die Mittagssonne brach sich glitzernd auf der Wasseroberfläche. Einige Muggelschiffe schipperten darauf herum und Harry spürte seine Spannung beinahe körperlich entweichen. Wenn nicht hier, wo sonst könnte er sich vollkommen entspannen und mit seinen Gedanken alleine sein?

Ein Lächeln umspielte seine Lippen, als er sich umdrehte, um ins Haus zurückzugehen. Gedankenlos öffnete er die Tür und fand sich einem kleinen Wesen gegenüber, das bei seinem Anblick die Augen weit auf riss und das Geschirr, das es in der Hand hielt, durch die Gegend schleuderte.

„Aaahh!“, brüllte es mit einer hohen Stimme und stolperte rückwärts. Harry hingegen blieb wie angewurzelt im Türrahmen stehen und starrte den kleinen Hauselfen an, der sich wimmernd vor ihm duckte und wie Espenlaub zitterte.

„Nicht der armen Lila weh tun, Sir“, flehte das Wesen und duckte sich noch weiter, als wolle es gleich unter dem Esstisch verschwinden. „Lila hier für ihren Herrn.“

Endlich hatte Harry seine Stimme wiedergefunden und versuchte seine Stimme so wenig bedrohlich wie möglich klingen zu lassen. „Hallo, Lila“, sagte er und trat näher zu dem Elfen. „Ich werde dir nicht weh tun. Aber was tust du hier?“

„Haus aufpassen vom Herrn“, antwortete Lila und blinzelte mit ihren großen Augen vorsichtig Harry an.

„Dein Herr? Ist das Dumbledore?“, fragte Harry weiter.

„Ja, Sir. Mr Dumbledore, Sir. Mr Dumbledore ist guter Herr. Hat gesagt, Lila muss sorgen für Mr Harry Potter, wenn er kommt.“

Harry prustete beinahe los. Er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, dass Aberforth ein guter Herr für einen Hauselfen war. Eigentlich konnte er sich nicht einmal vorstellen, dass Aberforth überhaupt einen Hauselfen beschäftigte.

„Ja sicher, Lila“, entgegnete Harry schließlich. „Dumbledore gleich guter Herr, ist angekommen. Aber was tust du hier? Jetzt?“

„Haus aufpassen, Sir. Und Gast bedienen von Herrn.“

„Aha, ich benötige aber keinen Hauselfen, Lila.“

Die Lippen des Hauselfen begann bedächtig zu zittern und große Tränenpfützen sammelten sich in ihren tennisballgroßen Augen. „Lila, guter Hauself. Lila muss Haus putzen. Muss für Gast von Herrn sorgen.“ Sie schluckte ihre Tränen hinunter und blickte hoffnungsvoll zu Harry. „Hat Mr. Potter Hunger, Sir? Lila kann machen was zu essen.“

Einen Moment lang überlegte Harry und nickte schließlich. Vielleicht war es nicht verkehrt, einen Hauselfen mit hier zu haben. Er könnte sie bestimmt auch wegschicken, wenn er sie nicht brauchte. Aber im Moment kam sie ihm und seinem Hunger sehr gelegen.

„Na gut, Lila. Vielleicht wäre ein Happen zu essen gar nicht so verkehrt.“

Lila nickte heftig und ihr weißes Häubchen wackelte verdächtig auf ihrem Kopf.

„Lila macht sofort, Essen. Essen ist bald fertig. Harry Potter Sir kann machen Mittagsschlaf bis Essen ist fertig.“ Sie schnippte mir ihren Fingern und das zerschlagene Geschirr zu ihren Füßen setzte sich wieder zusammen.

„Das ist eine gute Idee, Lila. Vielen Dank.“

Lila warf einen erneuten Blick auf Harry und ihre Augen wurden noch größer. „Mein Herr hat gesagt, Mr Potter guter Zauberer. Sehr guter Zauberer, Lila denkt.“

„Uhm, ja. Okay, danke Lila.“

Harry verkniff sich ein Augenrollen und trat zurück auf die Veranda, wo er einen der Stühle in einen gemütlichen Schaukelstuhl verwandelte. Er starrte seine Meisterwerk einen Augenblick lang an, bevor er sich darauf niederließ und sich grinsend für den gelungenen Zauber lobte.

„Hermine wäre so stolz auf mich“, murmelte er und schloss die Augen. Mit seinen Füßen wippte er vor und zurück und ließ sich so vom Rauschen des Meeres und dem Gekrächze der Möwen einlullen. Nur wenige Sekunden später träumte er.

oooooooooooooooooo

Eine hohe Rosenmauer hatte ihn eingeschlossen und die Blüten verströmten einen betörenden Duft. Die Lichtung schien kleiner, als er sie in Erinnerung hatte, und er lief los. Doch er schien sich nicht einen Zentimeter der Mauer nähern zu können. Es war, als würde ihn die Mauer wie ein Schutzschild umhüllen. Trotz der Entfernung sah er die ungetrübt weißen Blüten und ihr Duft wurde immer intensiver. Plötzlich spürte er eine Präsenz neben sich und wirbelte herum, fand sich jedoch nur einem Spiegel gegenüber, der sein eigenes Bild zurückwarf. Vorsichtig trat er näher, wollte mit den Fingern die kalte Oberfläche des Glases berühren. Sein Spiegelbild tat es ihm nach und schließlich trafen sich ihre ausgestreckten Fingerkuppen. Ein stechender Schmerz durchfuhr ihn, als würde ein schweres Gewicht seinen Brustkorb zusammenpressen und als er die Augen wieder öffnete, sah er Voldemort im Spiegel, der ihn mit großen Augen anstarrte. Und hätte er es nicht besser gewusst, Harry hätte schwören können, Angst in den Augen des verunstalteten Slytherin zu sehen. Angst, tiefe Scham und eine für Harry vollkommen unverständliche Reue. Konnte Voldemort Reue empfinden?

Doch bevor Harry diesen Gedanken fertig ausgesprochen hatte, hörte er erneut eine bekannte und ihm doch fremde Stimme durch den Äther hallen.

„Du hast mich enttäuscht, Tom“, sagte die Stimme unerbittlich und Harry wollte sich umdrehen, doch der Anblick von Voldemorts flehenden Augen ließ ihn nicht los.

„Ja, das habe ich“, sagte der Voldemort im Spiegel mit brüchiger Stimme und wurde immer blasser. Wurde ersetzt mit Harrys Spiegelbild, das trotzdem nicht sein eigenes war. Ein seltsamer Ausdruck stand in seinem Gesicht und er spürte, wie ein tiefes Grollen seiner Kehle entsprang, der als wütender Schrei durch seine Lippen brach. Sein eigenes, irres Lachen erfüllte seine Ohren und innerlich schrie er vor Panik.

„Das bin ich nicht! Das bin ich nicht!“, dachte er, wollte es aber in die Welt hinaus schreien. Mühsam kratzte er seinen gesamten Willen zusammen, der ihm geblieben war und kniff die Augen zusammen.

„Wach auf, Harry!“, versuchte er sich zu sagen. Doch nichts passierte. Er öffnete die Augen erneut und der Spiegel war verschwunden. Er lief los und dieses Mal war es, als ob die Rosenwand ihm entgegenkam, beinahe die Schallmauer durchbrach und sich so nach nur drei Schritten vor ihm auftürmte, wie unüberwindliche Gebirgszüge. Überall reckten sich ihm farblose Rosen entgegen, doch nur eine einzige schaffte es, seine Aufmerksamkeit zu erhaschen. Eine einzige Rose, mit einer tiefroten Färbung, durchbrach das grüne Dickicht und er streckte seine Finger aus, wollte sie berühren. Noch nie zuvor wollte er etwas so sehr, wie diese Rose zu berühren. Die spitzen Dornen ertasten und ihren Duft durch seine Nase einatmen.

Die Welt um ihn herum verblasste mit einem dumpfen Schrecken und er spürte Wind auf der erhitzten Haut seiner schweißgebadeten Stirn. Das Rauschen des Meeres und das Krächzen der schimpfenden Möwen.

„Mr Potter, Sir. Essen ist fertig, Sir. Lila hat...“

Harry sprang in die Luft, seinen Zauberstab weit vor sich gestreckt und gegen Lila gerichtet.

„Bitte nicht, Mr Potter, Sir. Lila ist ein guter Hauself. Lila hat nichts Unrechtes getan.“

„Lila?“ Hart mit seiner Wut ringend, kostete es ihn unendlich viel Überwindung, seinen Arm wieder zu senken und seine Beine knickten unter ihm ein. Er versuchte sich am morschen Geländer aufrecht zu halten, doch die Welt schien um ihn herum Purzelbäume zu schlagen.

„Lila, was ...“, flüsterte er und er hörte ein lautes Knacken von brechendem Holz. Dann erblickte er Dutzende Meter unter sich die Brandung. Dann nichts mehr.

oooooooooooooooooo

„Lila hat alles getan. Lila kann noch mehr Kissen machen?“

Stille.

„Soll Lila noch mehr Kissen machen?“

Wieder Stille, nur unterbrochen vom Knistern eines Feuers.

„Nein, Lila. Vielen Dank für deine Hilfe. Du könntest unserem Gast vielleicht Tee und ein paar Kekse bringen? Ich denke, er erwacht soeben.“ Die Stimme klang seltsam vertraut doch Harrys Verstand wollte sie noch nicht recht zuordnen. Seine Glieder fühlten sich schwer an. Mit seinen Händen ertastete er weichen Untergrund und als er die Augen öffnete, fand er sich im Wohnzimmer vor dem Kamin wieder. Der Hauself stand am Fußende der Couch und wirkte vollkommen aufgelöst. Sie hatte ihre knubbeligen Finger zwischen ihre Lippen geschoben und kaute nervös darauf herum.

„Braucht Mr Potter noch mehr Kissen? Lila kann machen mehr Kissen“, begann sie schnell und schnippte mit den Fingern. Etwas prasselte aus der Luft auf Harrys Kopf nieder und purzelte auf den Fußboden. Es waren drei weinrote Plüschkissen und eines davon blieb auf Harrys Gesicht liegen. Er wischte es zu den anderen nach unten und stützte sich etwas in die Höhe.

„Nein Danke, Lila. Keine Kissen mehr. Was ist passiert?“, fragte er und rappelte sich in eine sitzende Position.

„Mr Potter ist gestürzt, Sir. Lila hat nicht für Geländer gesorgt.“ Ihr Gesicht verzog sich zu einer unglücklichen Miene. „Lila hat Bestrafung verdient, Sir. Lila ist kein guter Hauself.“

Sie begann ihren Kopf gegen die gepolsterte Couchlehne zu schlagen, stellte jedoch fest, dass eine angebrachte Bestrafung etwas schmerzhafter sein sollte und wandte sich in Richtung Couchtisch, um ihre Stirn gegen die Tischkante zu schlagen.

„Nein, Lila!“, unterbrach Harry sie und schwang seine Beine auf den Boden. Für kurze Zeit sah er Sternchen und umfasste seinen Kopf. „Oh Mann, was habe ich getan? Mich mit Feuerwhiskey betrunken?“

„Nein, Sir. Sie sind gestürzt. Sie sind gefallen. Aber Lila hat sie aufgehalten, bevor Sie unten angekommen sind. Lila hat geholfen.“

„Das hast du, Lila“, sagte Harry und sah sich um. „Lila, ich habe hier eine Stimme gehört? Mit wem hast du gesprochen?“

„Oh, mein Herr hat mir gesagt, was ich tun muss. Hat gesagt ich muss Feuer machen. Er ist guter Herr.“

Harry horchte auf und verkniff sich ein Stöhnen.

„Dumbledore war hier?“

„Ja ja. Herr kommt gleich zurück.“

Kaum hatte der Elf das ausgesprochen, hörte Harry ein Räuspern vom Kamin und erwartete dort jemanden zu sehen, der aus dem Feuer getreten war. Doch noch im selben Moment fiel ihm ein, dass der Kamin angeblich nicht mit dem Flohnetzwerk verbunden war.

„Hallo Harry.“ Ein halb wohliger, halb panischer Schauer überkam Harry, als er seinen Blick hob und mit offenem Mund auf das Gemälde starrte, das vor einigen Stunden noch leer gewesen war. Nun jedoch wurde es bewohnt von niemand anderem als Albus Dumbledore, der mit gütigem Blick auf Harry schaute. Obwohl er ein Gemälde war, glaubte Harry ein verräterisches Blitzen in den Augen des alten Mannes zu sehen und er konnte nicht verhindern, dass Tränen ihm die Sicht verschleierten. „Es ist schön, dich wohlauf zu sehen. Ich konnte Poppy gerade noch daran hindern, hier jeden Moment mit ihrer gesamten Ausrüstung aufzutauchen.“ Er lächelte schalkhaft. „Lila hat sich offenbar sehr gut um dich gekümmert?“

Harry nickte. Er fühlte sich noch nicht bereit dazu, den Mund zu öffnen.

„Sie hat mir erzählt, du bist gestürzt, Harry?“

Wieder nickte er.

„Soll Poppy vielleicht doch vorbeikommen? Sie sollte sich deine Zunge anschauen, die du offenbar bei dem Sturz verschluckt hast.“

Endlich brachte Harry ein Quieken zustande, das einem „Bitte nicht“ zumindest ähnlich klang.

„Ahh, ich sehe, ein Zungenlockertrank ist nicht notwendig. Schön, schön.“ Harry hatte nur kurz geblinzelt und hätte schwören können, den alten Schulleiter in seinem Büro in Hogwarts zu sehen, die Hände in einer nachdenklichen Pose auf dem Revers seines nachtblauen Umhanges gefaltet.

„Professor Dumbledore?“, fragte er laut nach, nur um sicher zu gehen.

Der Mann in dem Portrait nickte nur.

„Was... wie ist das möglich? Was machen Sie denn hier?“

„Es ist mein Haus. Nun ja, es war mein Haus. Ich habe hier einen großen Teil meiner Jugend verbracht.“

Harry fühlte sich vollkommen überrumpelt und vergaß für einen Moment vollkommen den Grund dafür, dass er im Moment, am ganzen Körper schmerzend, auf der Couch saß.

„Oh, das wusste ich nicht. Ich dachte, es gehört Ihrem Bruder.“

„Das tut es auch zum Teil. Inzwischen natürlich ganz, denn offensichtlich benötige ich es nicht mehr.“

Wieder lächelte Dumbledore, als hätte er einen Witz gemacht. Doch Harry schwieg und starrte nur etwas dümmlich auf das Gemälde.

„Lila? Wie sieht es aus mit dem Tee und den Keksen?“

Der kleine Hauself sprang beinahe einen Meter weit in die Luft, als sie so unerwartet von ihrem Herrn angesprochen wurde und in geduckter Haltung huschte sie in die Küche, leise vor sich hin murmelnd „Schlechter Hauself, Lila, schlechter Hauself“.

„Sie ist... etwas vergesslich“, erklärte Dumbledore. „Und schreckhaft. Deswegen habe ich sie damals auch nicht nach Hogwarts geschickt. Sie ist mir seit Jahren eine treue Hilfe gewesen.“ Er lehnte sich in seinem Rahmen etwas nach vorne. „Und bevor du Miss Granger von meinen Untaten erzählst: Lila bekommt Gehalt und hat jeden Sonntag frei.“ Er richtete sich wieder auf und strich sich nachdenklich über seinen langen Bart. „Leider muss ich sie jeden Sonntag daran erinnern und habe dann viele Stunden damit zu tun, ihr eine Bestrafung auszureden, weil sie angeblich keinen Urlaub verdient hat.“ Dumbledore seufzte. „Und ich habe den Verdacht, dass sie ihre Galleone Gehalt dem Drachen unten am Riff in die Höhle wirft. Frag mich bitte nicht warum. Versuche einen Hauselfen zu verstehen und keine Medizin Poppys kann dir helfen.“

„Ein Drache?“, fragte Harry, der nun langsam begann, sich an seinen Gesprächspartner zu gewöhnen. Nur einmal hatte er, kurz nach seinem Sieg über Voldemort, mit seinem früheren Professor gesprochen. Und dieses Gespräch war nur verschwommen in seiner Erinnerung.

„Ja, ein Walisischer Grünling, wenn ich mich nicht irre“, erwiderte Dumbledore. „Wenn die Zauberer ihn nicht bereits vertrieben haben. Ich habe gehört, er war in den letzten Jahren verstärkt in der Stadt und hat den Einwohnern statt den vereinbarten Gnomen die Schafe von den Wiesen geholt. Unschöne Sache. Aber wie auch immer... Oh, einen Moment bitte, Harry.“ Er erhob sich und wanderte aus dem Bild, um nur wenige Sekunden später wieder aufzutauchen. „Ich habe nur Poppy und Minerva Bescheid gegeben, dass sie sich wieder um Hagrid kümmern können.“

„Hagrid? Was ist mit Hagrid?“

Der ehemalige Schuldirektor gluckste in seine Hand. „Hagrid... hatte die wunderbare Idee, Bumerang-Beller in das Lehrprogramm für die Siebtklässler im nächsten Schuljahr zu integrieren. Vorzügliche Idee, wenn man mich fragt. Das sind äußerst liebenswürdige Kreaturen. Sie können sehr nützlich sein im Umgang mit unerwünschten Gästen oder Gebäuden.“

„Oder Schülern...“, fügte Harry grinsend hinzu.

„Ja, Harry. Da hast du nicht ganz Unrecht. Aber im Grunde sind sie harmlos. Nur leider haben sie ein äußerst kräftiges Stimmorgan und seit Tagen bebt das Gelände um Hogwarts, weil sie Hunger haben.“ Dumbledore lachte herzhaft.

„Ist denn mit Hagrid alles in Ordnung?“

„Ja, aber sicher. Nur seine Hütte hat etwas gelitten.“ Wieder lachte Dumbledore und verstummte bald darauf, ohne seine Augen, die Harry über den Rand seiner Brille ansahen, abzuwenden.

„Professor Dumbledore?“, begann Harry vorsichtig und haderte mit seinen Gefühlen. Mit wem sonst könnte er über seinen Sorgen reden wenn nicht mit Dumbledore?

„Ja, Harry?“, erwiderte dieser erwartungsvoll und Harry fühlte sich etwas sicherer, als er versuchte, seine Gefühle in Worte zu fassen.

„Ist es... Ist es vielleicht möglich, dass der Horkrux, den ich in mir getragen habe, nicht vollständig... ähm... verschwunden ist?“

Dumbledore schien einen Moment lang zu überlegen und schüttele dann den Kopf. „Nein, das ist vollkommen unmöglich.“

„Oh“, erwiderte Harry und fühlte sich mit einem Mal hundeelend. War er es vielleicht selbst? Mutierte er tatsächlich zu einem Monster? „Aber was...?“

„Wenn du Sorgen hast, dann solltest du vielleicht mit deinen Freunden darüber reden, Harry.“

„Nein“, sagte Harry rasch. „Sie würden sich nur zu viele Sorgen machen. Ich brauche vielleicht nur etwas Schlaf und Ruhe.“

„Möchtest du mir vielleicht sagen, was genau dich beunruhigt?“, fragte Dumbledore nach einigen Sekunden Schweigen.

„Es ist albern. Ich hatte schon immer seltsame Träume. Es ist doch nur verständlich, dass sie nicht von heute auf morgen verschwinden.“

„Träume sind wie ein Spiegel deiner Seele. Und du solltest gut darauf achten, was sie dir mit den Bildern sagen will“, sagte Dumbledore.

„Irgendwie habe ich nie das Gefühl, dass es tatsächlich Träume sind. Sie scheinen so real. Ich bin mir ja noch nicht einmal sicher, dass es meine Seele ist, die mir diese Träume beschert.“ Er stand nun auf und begann vor dem Kamin auf und ab zu laufen. „Ich finde mich auf einer Wiese und um mich herum ist eine große Mauer aus Rosen. Dabei habe ich das Gefühl, nicht ich selbst zu sein. Als wäre da noch jemand anderes. Und es nicht Voldemort. Und dann eine Stimme, die sagt, Tom hätte ihn enttäuscht.“

Er blieb stehen und wartete darauf, was der ehemalige Schulleiter dazu zu sagen hatte.

„Nun Harry, das klingt nach sehr unangenehmen Träumen, nicht wahr?“, fragte Dumbledore und Harry nickte. „Hattest du in diesem Zusammenhang vielleicht Schmerzen in deiner Narbe?“

Unwillkürlich hob Harry seine Hand und legte sie auf seine Stirn, als ob er sich vergewissern wollte, dass die Narbe noch da war. „Nein“, sagte er etwas überrascht. „Meine Narbe hat schon seit Wochen nicht mehr weh getan.“

„Siehst du, Harry. Das ist der Beweis, dass der Horkrux offenbar nichts mit deinen Ängsten zu tun hat.“

Erleichtert ließ sich Harry wieder auf die Couch fallen. Es tat gut, Gewissheit zu haben. In diesem Moment kam Lila zurück in das Wohnzimmer getrottet und ein Tablett mit einer Tasse, einer dampfenden Kanne und einem Teller Kekse schwebte vor ihr durch den Raum und senkte sich klappernd auf den Couchtisch.

„Allerdings...“, fuhr Dumbledore fort und Harry riss seinen Kopf nach oben. „... wissen wir vermutlich nicht alles über Voldemort. Es gibt eine Vielzahl an Flüchen, uralte, verbotene Flüche, die Ursache sein könnten für deinen...“ Dumbledore zwinkerte mit den Augen, was aber in diesem Zusammenhang nicht als amüsante Geste auf Harry wirkte. „...Zustand.“

Harry schwieg und ließ sich noch tiefer in die flauschigen Kissen sinken.

„Ich bin also verflucht. Na klasse! Und ich hatte gedacht, meine Leben wäre bereits perfekt“, stöhnte er und setzte sich erschrocken auf, als etwas lautstark gegen das Fenster trommelte. Bisher war Harry noch gar nicht aufgefallen, dass schon vor geraumer Zeit die Dämmerung eingesetzt hatte. Er musste ziemlich lange bewusstlos gewesen sein. Jetzt konnte er kaum erkennen, was sich außerhalb des Fensters befand und nur dank des noch immer vor sich hin tanzenden Feuers sah er einen großen, braunen Uhu, der mit schlagenden Flügeln auf Einlass wartete. Harry trat näher und ließ das Tier herein, welches sich sofort elegant auf der Rückenlehne eines großen Ohrensessels niederließ und würdevoll seine Kralle herausstreckte, an der ein offiziell aussehender Brief angebracht war, der den eindeutigen Stempel des Zaubereriministeriums trug.

Harry unterdrückte ein Stöhnen und überlegte, den Vogel mitsamt der Post wieder zurück zu schicken, doch das Tier sah nicht so aus, als würde es sich zu solch einer Tat überreden lassen. Also nahm Harry den Brief, öffnete das wächserne Siegel und las vor.

Sehr geehrter Mister Potter,

im Namen des Zaubereiministerium und der gesamten Zauberergemeinschaft möchte ich mich persönlich bei Ihnen bedanken und Ihnen meine allerbesten Wünsche für die Zukunft mitgeben.

Um Ihre Verdienste um das Wohl der gesamten Bevölkerung respektvoll zu würdigen, wird Ihnen der Orden des Merlin Erster Klasse zuerkannt. Ein entsprechender Empfang findet Ihnen zu Ehren am 18. August im Konferenzsaal des Zaubergamots statt. Wir freuen uns überaus über Ihre Teilnahme und verbleiben

Mit allerherzlichsten Grüßen

Mildred Milliways
Leiterin des Komitees für die Vergabe besonderer Auszeichnungen


Harry las den Brief zweimal durch, ehe er glaubte, was er sah. Schließlich sah er mit einem gequälten Ausdruck auf zu Dumbledore und sagte: „Habe ich gesagt verflucht? Ich meinte verdammt.“

TBC


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