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Nach der Schlacht von Hogwarts - Ein paar freie Tage

von Krabbentaucher

Ron klickte noch einmal. Das Deckenlicht ging wieder an und erhellte drei enttäuschte Mienen und eine erstaunte. Ron klickte noch zweimal. Das Deckenlicht erlosch und leuchtete von neuem. Er blickte etwas ratlos auf seinen Deluminator hinab.
„Und jetzt?“ fragte Dudley.
„Ich habe eigentlich erwartet, daß das Deckenlicht beim zweiten Klicken nicht angeht, sondern daß wir eine blaue Lichtkugel sehen“, murmelte Ron.
„Dudley, mit diesem Ding kann man nicht nur Lichter an- und ausknipsen, man kann damit Verbindung mit Leuten aufnehmen. Du hast doch gehört, was Ron erzählt hat: Als wir damals seinen Namen genannt hatten, hatte er das aus seinem Deluminator heraus gehört, und dann hat er geklickt und konnte mit der Lichtkugel zu uns apparieren“, erläuterte Harry.
„Ich verstehe das nicht“, erwiderte Dudley.
Harry mußte seine gesamte Selbstbeherrschung aufbieten, um nicht zu seufzen und genervt mit den Augen zu rollen.
„Warum sollten Hermiones Eltern Rons Namen sagen?“ ergänzte Dudley.
„Darum geht es doch gar nicht“, erwiderte Ron ungeduldig. „Damals hatte ich nämlich Hermione und Harry verfehlt, und dann habe ich nochmal geklickt. Und es hat funktioniert, auch ohne daß sie noch einmal meinen Namen genannt haben.“
Er klickte noch zweimal. Nach einer sehr kurzen Dunkelzeit standen sie wieder jeweils im erleuchteten Zimmer. In Harry keimte der fürchterliche Verdacht, daß Dudley gerade eben etwas sehr entscheidendes ausgesprochen hatte.
„Kann ich mal haben, Ron?“ schaltete sich Hermione ein und nahm den Deluminator entgegen. „Vielleicht muß zwischen dem Benutzer und dem Gesuchten eine Verbindung bestehen.“
Sie klickte zweimal, doch an dem Erfolg änderte sich nichts. Ratlos gab sie Ron den Deluminator zurück. In Harry arbeitete es.
„Vielleicht sind sie zu weit weg“, sagte er, obwohl er ahnte, daß der Grund ihres Mißerfolgs ein anderer war. „Snape hatte mir während des Okklumentikunterrichts mal was darüber gesagt. Er meinte, daß in der Magie Entfernung eine Rolle spiele. Und vergeßt nicht: Je weiter ein Ziel entfernt ist, umso gefährlicher ist es, dorthin zu apparieren. Selbst Voldemort ist immer erst nach Großbritannien zurückgeflogen, bevor er appariert ist.“
„Das wird's sein“, sagte Ron. „Wir werden einfach zwischendurch immer wieder probieren, ob wir etwas damit erreichen. Jetzt sollten wir schlafen gehen.“
Sie kletterten zurück in ihre Betten. Harrys Blick traf kurz Hermiones Augen. Hermione Ausdruck veränderte sich: Es schlug um von einer Mischung aus Enttäuschung und Hoffnung in gelinde Verzweiflung. Offenbar hatte Harrys Miene seine Gedanken verraten.
Als das Licht gelöscht war, starrte er an die Decke. Er ließ Revue passieren, was eben geschehen war. Dudley hatte von magischen Dingen zwar nicht die geringste Ahnung, dachte Harry, aber er hatte diese sagenhafte Fähigkeit, wunde Punkte aufzuspüren und zu benennen, ohne sich wirklich darüber im Klaren zu sein. Ganz sicher ging es nicht darum, daß Hermiones Eltern Rons Namen aussprechen mußten. Aber was folgte aus dem, was Ron letzte Weihnachten erlebt hatte? Harry und Hermione hatten Ron vermißt, auch wenn sie die meiste Zeit nicht über ihn gesprochen hatten. Ron wiederum wollte zu ihnen zurück. Das war die Verbindung. Es hätte Dumbledore ähnlich gesehen, ein Gerät zu konstruieren, das nur dann funktioniert, wenn beide Seiten einander sehen wollten. Und er hätte ihnen wohl kaum ein Gerät auf die Suche mitgegeben, das es einem Todesser ermöglicht hätte, ihnen zu folgen, hätte er es jemals in die Finger bekommen. Daraus folgerte Harry, daß sie der Deluminator nur dann zu Hermiones Eltern leiten würde, wenn sie an Hermione dachten. Das wiederum war kaum möglich, denn ihre Eltern standen unter einem Verwirrungszauber, der ihnen sagte, daß sie gar keine Tochter hatten – und also auch Hermione nicht vermissen würden. Die einzige Möglichkeit, daß sie doch noch an ihre Tochter dachten, war, daß der Zauber brach oder sich abschwächte. Harry wußte, daß diese Möglichkeit unrealistisch war. Hermione war nicht als Pfuscherin bekannt.
Schließlich übermannte Harry doch die Müdigkeit und er schlief ein.
Er wachte in der Nacht einige Male auf, denn seine innere Uhr war völlig durcheinander. Einerseits war er müde von der langen Schlaflosigkeit, andererseits hatte er ständig das Gefühl, in Wahrheit sei es Tag und er würde verschlafen. Einmal träumte er, daß er in das Klassenzimmer gestürmt kam und Prof. McGonagall eine Entschuldigung vorstotterte, wonach er nach dem Frühstück unaufschiebbar einen Abstecher nach Australien habe machen müssen. Als er jedoch ein weiteres Mal erwachte, war er sich sicher, ein Geräusch gehört und eine Bewegung wahrgenommen zu haben. Tatsächlich – er hörte eine Art Schniefen oder Schnaufen, dann ging die Zimmertür auf, jemand ging hinaus und die Tür schloß sich leise. Harry kletterte von seinem Bett herunter und sah, daß Hermiones Bett leer war. Er schlich sich aus dem Zimmer und fand Hermione im schwach beleuchteten Flur an der Wand lehnend vor, das Gesicht in den Händen vergraben. Er ging zu ihr und legte seine Hand auf ihre Schulter. Hermione blickte auf. Ihre Augen waren feucht.
„Was dein Cousin da gesagt hat“, stammelte sie.
„Ich weiß“, sagte Harry.
„Du glaubst nicht, daß es nur mit der Entfernung zu tun hat, richtig? Das hast du nur gesagt, damit die Enttäuschung nicht so groß ist“, murmelte Hermione.
„Ähm -“
„Ich habe es an deinem Gesicht gesehen, als wir uns wieder hingelegt haben. Und dann habe ich darüber nachgedacht. Und dann...“
„Ich weiß, Hermione.“
„Ich bin gerade eben erst drauf gekommen, warum wir mit dem Deluminator nicht weiterkommen. Gerade eben, als ich wieder mal aufgewacht bin. Du hast es sofort gewußt oder geahnt oder so, nicht wahr?“
„Ähm -“
„Natürlich wußtest du es“, stellte Hermione fest, deren Stimme sich wieder gefestigt hatte. „Harry, darf ich dir mal was sagen?“
„Hm?“
„Du bist der größte Magier, den ich kenne.“
Harry hob überrascht die Augenbrauen. Dann sah er an seinem Schlafanzug hinunter auf seine nackten Füße. Große Magier stellte er sich eher wie Dumbledore vor, mit langem Bart und extravaganten Roben und Umhängen.
„Ich? Übertreibst du da nicht ein bißchen? Ich meine, wer kann denn die schwierigsten Zauber hinlegen? Wer hat denn werweißwieviele ZAGs? Wer ist denn die Beste des Jahrgangs? Ich bin vielleicht besser in Verteidigung gegen die dunklen Künste, aber allgemein besser zaubern kannst du.“
„Oh Harry, darum geht es doch nicht. Einzelne Zauber, okay, oder Schulwissen, auch gut. Aber verstehst du nicht? Du siehst die Zusammenhänge. Ich weiß nicht so recht, wie ich es sagen soll... Du hast einfach eine Ahnung, wie Magie funktioniert, wie das alles zusammenhängt, nicht nur einzelne Sprüche, sondern das Große und Ganze.“
„Ähm -“
„Du hast die Bedeutung von kleinen Gesten und Handlungen erkannt, weißt du noch? Du hast Voldemort besiegt, nicht weil du besser zaubern konntest als er, sondern weil du die Zusammenhänge begriffen hast. Und die Sache mit den Heiligtümern des Todes – du hast die richtigen Schlußfolgerungen gezogen, und ich war auf dem Holzweg. Du weißt mehr von der Macht, die uns innewohnt, als wir.“
„Ich habe vielleicht einiges von Dumbledore gelernt, aber er war auf jeden Fall -“
„Dumbledore ist tot. Vielleicht war er der größere Magier, Harry. Aber er war. War. Du hast Voldemort besiegt – und zwar nicht, weil du in der Schule besonders gut aufgepaßt hättest. Es ist doch so, wie du mal gesagt hast: Es geht nicht darum, irgendwelche Zaubersprüche auswendig zu lernen, es geht um das, was im Kopf ist, wie man handelt. Und du hast richtig gelegen, als du Ron das Medaillon hast zerstören lassen, als du gesagt hast, daß es besser sei, daß Voldemort den Elderstab bekäme. Wir haben, wie Remus es ausgedrückt hat, mit Magie zu tun bekommen, die kaum jemand kannte. Und du hast dich immer richtig entschieden.
Harry hoffte, daß die Flurbeleuchtung schummerig genug war, daß Hermione nicht sehen konnte, wie er vor Verlegenheit rot wurde.
„Komm, Hermione. Laß uns wieder schlafen gehen – wir haben eine anstrengende Zeit vor uns.“
„Ja, ist gut, Harry. Es ist nur – ich hatte wirklich gedacht, wir wären am Ziel und dann das. Erst Hoffnung und dann... zack! Nichts.“
„Hermione, wir haben doch schon so viel erreicht. Sieh mal, wir sind weniger als einen Tag in Australien und haben schon eine erste Spur deiner Eltern gefunden.“
„Eine ziemlich kalte Spur, schon fast ein Jahr alt“, gab Hermione zu bedenken.
„Die Spur ist besser als das, was wir von den Horkruxen hatten“, sagte Harry. „Deine Eltern sind Muggel, also müssen wir sie auf Muggelart suchen. Und einen Muggel haben wir praktischerweise dabei. Außerdem können wir beide denken und handeln wie Muggel.“
Hermione seufzte.
„Wahrscheinlich hast du recht. Laß uns wieder schlafen gehen.“

Am nächsten Morgen fühlte sich Harry zwar noch durcheinander von der Zeitumstellung, aber es ging ihm schon wesentlich besser. Er war weniger müde, und trotz der häufigen Unterbrechungen der Nachtruhe einigermaßen ausgeschlafen. Auch die anderen wirkten munterer. Hermione hatte ihre Enttäuschung bis auf eine winzige Spur aus ihrem Gesicht verbannt. Ron hatte zu seiner Begeisterung zurückgefunden und sprach davon, daß sie nur an jeder Ecke des Landes den Deluminator ausprobieren müßten, dann würden sie schon Erfolg haben. Dudley hatte sein übliches ausdrucksloses Gesicht aufgesetzt und mümmelte sein Frühstück in sich hinein. So saßen sie in dem kleinen bunten Frühstücksraum und besprachen, was sie unternehmen sollten. Harry sah sich währenddessen um. Das Publikum des Hotels war ziemlich jung – sie gehörten zwar zu den jüngsten, aber es gab noch viele andere ältere Teenager. Im großen und ganzen waren die Gäste bis etwa dreißig Jahre alt mit Ausnahme eines alten Schweden, der während des gestrigen Barbecue mitgeteilt hatte, daß er früher an verantwortlicher Stelle bei Saab gearbeitet habe, aber trotzdem auf Reisen lieber in Jugendherbergen oder ähnliche Hotels ginge, weil es dort lebendiger und weniger steif zuginge.
„Ich werde trotzdem noch die Zahnmedizinischen Behörden von Queensland, Victoria, Canberra und Tasmanien anrufen, auch wenn sie so wenig auskunftsfreudig sein sollten wie die, die weiter im Westen liegen“, verkündete Hermione und stand auf, als sie ihr Frühstück beendet hatten.

Sie war vorausgegangen zur Telefonzelle, und so sprach sie bereits, als Harry und die anderen Jungen ankamen. Sie sprach, verabschiedete sich, drückte die Gabel, wählte, sprach, verabschiedete sich, drückte die Gabel, wählte, warf auch einmal Geld nach. Schließlich hängte sie auf und seufzte.
„Ich habe den Eindruck, daß man mir telefonisch keine Auskunft erteilen will. Ich fürchte, wir müssen persönlich vorsprechen und Entschlossenheit zeigen. Wie ich dieses 'keine Sorge' inzwischen hasse.“
„Dann reisen wir doch hin“, schlug Ron vor.
Hermione wirkte einen Augenblick so, als wollte sie ihn darauf hinweisen, daß das ein ziemlich großer Aufwand sei, und daß Australien ein Kontinent und keine Insel sei, weshalb man nicht apparieren könne und stattdessen Kosten für Flüge, Mietautos oder Eisenbahnfahrten aufwenden müsse. Dann aber resignierte sie und murmelte nur: „Sieht so aus.“
„Wohin zuerst?“ wollte Dudley wissen, der sich auch in der Vergangenheit vor allem dafür interessiert hatte, wann man wohin zu fahren gedenke.
„Nach Queensland“, sagte Hermione. „Dieser Typ von dieser Agentur gestern meinte doch, daß besonders viele Zahnärzte in Gold Coast gesucht werden, das ist eine Boomregion dort. Wir werden erstmal persönlich bei der dortigen Zahnmedizinischen Behörde aufschlagen.“
„Wo ist die?“ fragte Harry.
Hermione sah in ihren Zetteln nach.
„Brisbane, Mary Street hundertsechzig, 19. Etage. Scheint ein großes Haus zu sein.“
„Wie weit ist das entfernt?“ fragte Ron. „Vielleicht ist das ja nah genug, um die Strecke apparieren zu können.“
Hermione schüttelte den Kopf.
„Mehr als achthundert Kilometer – Luftlinie, wohlgemerkt.“
Ron zuckte mit den Schultern.
„Geht wohl nicht. Bei mehr als achthundert Kilometern könnte ich mir gratulieren, wenn ich nachher alle meine Körperteile wiederfinde, in die ich mich auflösen würde.“
„Was machen wir jetzt?“ wollte Dudley wissen, der es nicht gewohnt war, Dinge langatmig zu beratschlagen.
„Hermione hatte doch gestern was von der Oper gesagt – jetzt haben wir dazu Zeit“, sagte Ron.
Niemand hatte etwas dagegen, am wenigsten Harry, für den Australien zu etwa einem Drittel aus der Oper von Sydney bestand. Die beiden anderen Drittel entfielen auf Ayers Rock und die Hafenbrücke von Sydney. Da zwei der Sehenswürdigkeiten nahe beieinander lagen, konnte man also zwei Drittel des roten Kontinents in einem Tag erschlagen.

Das Operngebäude wirkte überwältigend, als die vier darauf zugingen. Um hineinzugelangen, mußte man auf dem Vorplatz zahlreiche sehr breite Freitreppen hinaufgehen. Hoch und spitz ragten die Schalendächer auf, und es stellte sich heraus, daß das Opernhaus aus mehreren Gebäuden bestand. Tatsächlich waren es sogar drei Gebäude, wobei das vorn links stehende am kleinsten war. Harry näherte sich den Schalen und erkannte daß sie über und über mit Kacheln belegt waren – die Hälfte davon von war glasiert, die andere Hälfte matt. Die Wirkung war phantastisch, denn die Dächer reflektierten das Licht ohne daß wirklich störende Reflexe auftraten.
Hermione hatte inzwischen nicht nur herausgefunden, daß geführte Touren durch das Opernhaus angeboten wurden, sondern auch gleich vier Eintrittskarten besorgt. So folgten Harry, Hermione, Ron und Dudley schließlich einer Gruppe in das Gebäude. Innen dominierten grauer Sichtbeton und senkrechte Holzlattenverkleidungen. Harry fand den violetten Teppichboden gewöhnungsbedürftig. Die Zugangsbereiche, also Aufenthaltshallen und so dergleichen, lagen nach außen, weshalb ihre Form durch die Schalendächer, die der Führer „Segel“ nannte, beherrscht wurde. Die Innenwände waren vertikal, während die Außenwände sich auf diese zu bogen. Kürzlich habe, so der Führer, der dänische Architekt Jörn Utzon geäußert, daß er beim Entwurf nicht an Segel, sondern an Segmente einer aufgeschnittenen Orange gedacht habe.
Der Konzertsaal war sehr hoch und komplett mit hellem Holz verkleidet. Die Wände schienen in die Decke überzugehen und eine Art Gewölbe zu bilden. Im Konzertsaal erläuterte der Führer, daß es ungefähr nach der Hälfte der Bauzeit zu Differenzen zwischen der australischen Regierung und dem Architekten gekommen sei, die ihre Ursache einerseits in den explodierenden Baukosten – diese hatten sich gegenüber den ursprünglichen Schätzungen letztendlich mehr als vervierzehnfacht – und andererseits in unterschiedlichen künstlerischen Auffassungen hatten. Jedenfalls sei nach Utzons Demission der Bau mit erheblichen Kompromissen vollendet worden, die zu einiger Kritik vor allem wegen der mäßigen Akustik geführt hätten.
Tief beeindruckt von diesem architektonischen Meisterwerk verließen sie nach gut drei Stunden das Opernhaus und beschlossen, sich noch die Hafenbrücke anzusehen, worauf vor allem Harry bestanden hatte. Ron fand nach einem Blick auf die Karte, daß der Weg dorthin zu weit war, um ihn zu gehen und schlug vor, zu apparieren. So verabredeten sie sich in der Grünanlage an den Brückenpfeilern. Zuerst verschwanden Hermione und Ron jeweils mit einem „plopp“, dann nahm Harry Dudley an der Hand und apparierte selbst. An den Pfeilern angekommen, sah sich Harry den riesigen Widerlagern der Hauptbögen gegenüber. Die Brücke kam ihm sehr breit vor. Als er das ansprach, nahm Hermione ihren Reiseführer hervor und las nach.
„Das ist die breiteste Brücke mit großer Spannweite, sie hat sechs Autospuren, zwei Busspuren, zwei Eisenbahngleise und einen Fußgängerweg. Und die Sydneysider nennen sie 'Kleiderbügel', wegen ihrer Form“, unterrichtete sie Harry.
„Was ist – gehen wir mal rüber?“ schlug Ron vor.
Da niemand etwas dagegen hatte, suchten sie den Weg nach oben. Sie kamen an Arkaden unter der Fahrbahn entlang, wo darauf hingewiesen wurde, daß man ab dem ersten Oktober den Brückenbogen würde ersteigen können.
„Schade, daß wir zu früh sind“, sagte Harry, der es gerne einmal gemacht hätte.
„Naja, guck mal: Das soll 125 Dollar kosten“, sagte Hermione, „das sind knapp 65 Pfund.“
So machten sie sich auf den Weg und überquerten die Brücke. Alle waren sich einig, daß man von der Brücke aus einen sehr schönen Blick auf das Operhaus hatte. Dudley holte seine Digitalkamera heraus und machte ein paar Bilder.
„Vielleicht könntest du ein Foto von uns mit dem Opernhaus im Hintergrund machen“, schlug Hermione vor. „Wir machen auch eins von dir.“
So begann alsbald eine Rochade: Zuerst fotographierte Dudley Hermione und Ron Arm in Arm, dann Ron und Hermione jeweils allein, dann Harry, dann Harry mit Ron. Harry übernahm es nach einer kurzen Einweisung in die Technik, Dudley zu fotografieren, dann fotografierte Hermione – nach neuerlicher Einweisung – Harry und Dudley zusammen. Schließlich kamen noch zwei Fußgänger des Wegs, die gebeten wurden, alle vier abzulichten. An den Pylonen auf dem anderen Ufer angelangt, beschlossen sie umzukehren und noch einen Umweg durch das Altstadtviertel „The Rocks“ zu nehmen. Richtig spannend fanden sie es nicht, denn es sah einfach aus wie eine britische Kleinstadt.

Es war schon später Nachmittag, als ausgerechnet Dudley auf eine glorreiche Idee kam: „Ähm – müssen wir den Zug eigentlich buchen oder können wir eine Karte lösen, wenn wir abfahren?“
Harry sah Ron und Hermione erstaunt an.
„Das ist aber mal eine gute Frage“, murmelte er.
„Woher sollen wir eine Fahrkarte eigentlich...“, begann Ron, um sich dann selbst zu unterbrechen. „Im Zentralbahnhof, natürlich!“
„Also, nichts wie dorthin apparieren“, kommandierte Harry und ergriff Dudleys Hand, der unwillig stöhnte, denn diese Art des Reisens behagte ihm gar nicht.
Einen unangenehmen Augenblick später standen sie vor dem Turm des Zentralbahnhofs und strebten zum nächstgelegenen Eingang. In der Halle sahen sie sich nach einem Fahrkartenschalter um und liefen zunächst zur Bahnsteiginformation, von wo sie weiterverwiesen wurden. Schließlich betraten sie den Raum mit dem Fahrkartenschalter und stellten sich in eine Schlange.
„Ich habe mal nachgerechnet“, sagte Ron. „Der Hogwarts-Expreß braucht gut und gerne neun Stunden bis Hogwarts, und das liegt vielleicht sechshundert Kilometer Luftlinie von London entfernt. Und wenn Brisbane – oder Brisbie, wie die hier sagen – etwa achthundert Kilometer entfernt ist, dann dauert das bestimmt zwölf Stunden. Könnten wir nicht einfach ein Flugzeug nehmen?“
„Ron, der Hogwarts-Expreß wird von einer Dampflok gezogen – hier sind es Dieselloks oder Elloks. Das geht schneller“, belehrte ihn Hermione. „Außerdem haben wir jetzt ein wenig Zeit. Es ist Donnerstag, und es reicht, wenn wir Sonntag ankommen. Die Zahnmedizinische Behörde von Queensland öffnet erst am Montag.“
Als Harry Rons enttäuschtes Gesicht sah, kam ihm der Verdacht, daß es nicht die Zeitersparnis war, um die es seinem Freund ging. Ron hatte offensichtlich einen Narren an Flugzeugen gefressen.
„Vier Personen nach Brisbane?“ fragte die Ticketverkäuferin und tippte in ihren Computer. „Der Nachtzug heute Nacht ist schon voll, der Tageszug morgen auch. Und... auch der Nachtzug nächste Nacht. Aber am Samstag habe ich hier was auf dem Tageszug.“
„Gut, das nehmen wir“, sagte Hermione, nachdem sie sich kurz zu den Jungen umgedreht und ihr Schulterzucken gesehen hatte.
Sie zahlten ihre Fahrkarten und verließen den Bahnhof. Ron studierte die Zeiten und runzelte die Stirn.
„Von wegen schneller als der Hogwarts-Expreß: zwölfeinhalb Stunden, und der Zug fährt auch noch um viertel nach sieben morgens ab, seht euch das an.“
„Dann gehen wir eben zeitig ins Bett“, schnappte Hermione. „Und jetzt kaufen wir noch ein und kochen uns was. Dann könnt ihr, Ron und Dudley, mal zeigen, was ihr drauf habt. Und – Ron: Sag nicht wieder, daß ich besser zaubern könnte, in der Küche geht es ganz unmagisch zu, wenn du dich erinnerst.“
„Ja, ist ja gut. Aber wenn wir mit dem Flugzeug...“

Am nächsten Tag, den Harry, Hermione, Ron und Dudley wider Erwarten zur freien Verfügung hatten, beschlossen sie, eine Hafenrundfahrt zu machen, die ihm Muggelreiseführer so nachhaltig empfohlen wurde. So gingen sie nach einem ausgiebigen Frühstück hinunter zum Circular Quay, der in der Nähe der Oper lag. Zuerst mußte Ron jedoch noch einen Hotelangestellten erlösen, der in ihrem Zimmer erfolglos versuchte, die Deckenleuchte wieder in Betrieb zu setzen. Die Lampe war nämlich augenscheinlich in Ordnung, trotzdem leuchtete sie nicht. Ron hatte wieder einmal nach dem Zubettgehen das Licht mit dem Deluminator gelöscht, so daß das Lampenlicht schlicht in diesem silbernen Kästchen gefangen war. Unauffällig mußte er das Licht also freilassen und sagte dann aufmunternd zu dem entnervten Hotelangestellten: „Na prima, Sie haben das ja wieder hingekriegt.“
Schließlich standen sie am Circular Quay, wo schon mehrere Fähren lagen, anlegten oder ablegten. Hermione ging inzwischen in ihrer Rolle als Reiseleiterin auf und suchte die günstigste Tour heraus. Dann gingen sie zu ihrem Anleger, wo ein recht großes, modernes und schnittiges Schiffchen lag. Ron betrachtete es mit leichtem Argwohn.
„Ich bin echt noch nie auf einem Schiff gewesen“, sagte er. „War bisher nicht nötig.“
„Aber wir sind doch mit Hagrid über den See gefahren“, sagte Harry, „ganz zu Anfang, als wir nach Hogwarts kamen, erinnerst du dich nicht?“
„Das zählt ja irgendwie nicht. Magische kleine Boote... Aber das hier ist beinahe schon ein richtiges Schiff, so richtig schwer. Du warst bestimmt häufig auf so einem Ding.“
„Nein, war ich nicht.“
„Aber ich“, schaltete sich Dudley ein. „Im Urlaub mit Mom und Dad.“
Harry spürte einen leichten Stich. Er schluckte jedoch die Bemerkung runter, daß er von den Dursleys nie in den Urlaub mitgenommen worden war.
Auch Harry war neugierig, als er über den Steg an Bord ging. Sie gingen hinauf auf das oberste Deck, wo man draußen stehen konnte und eine recht gute Rundumsicht hatte.
Nachdem das Schiff abgelegt hatte, war er etwas enttäuscht, daß es gar nicht schaukelte. Aber dafür war es im Verhältnis zu den kleinen Hafenwellen zu groß.
Die Hochhausskyline von Sydney zog am Schiff vorbei, ebenso die Oper. Unter dem „Kleiderbügel“ ging es hindurch durch einen der schönsten Naturhäfen der Welt – auch wenn einer der Touristen meinte, er fände den Naturhafen von Valletta auf Malta schöner. Harry hatte das Gefühl, daß Hermione und Ron von dem Hafen und dem einzigen großen Frachtschiff dort immer weniger mitbekamen, da sie anderweitig miteinander beschäftigt waren. Dudleys Aufmerksamkeit war dadurch erheblich abgelenkt. Lächelnd wandte sich Harry wieder den Sehenswürdigkeiten zu und legte seinen Kopf auf seine Arme, die er wiederum auf die Reling gestützt hatte.

Am nächsten Morgen sorgte Hermione dafür, daß ihre Reisekameraden zeitig aufstanden. Harry stellte erleichtert fest, daß er seinen Jetlag offenbar überstanden hatte. Er fühlte sich, als ob er früh am Morgen aufgewacht war, und genau das war der Fall. Sie nahmen ein schnelles Frühstück ein und verließen das Hotel. Der Rezeptionist hatte zwar darauf hingewiesen, daß auch die Fahrt vom Hotel zum Bahnhof kostenlos sei, aber sie wollten apparieren. „Sie“ war vielleicht nicht das richtige Wort, denn Harry, Ron und Hermione hatten es entschieden, während Dudley nicht begeistert war von der Idee, durch die erdrückende Dunkelheit zu flutschen. Immerhin hatten sie ihm die Sache damit schmackhaft machen können, daß sie dadurch eine halbe Stunde sparten, die man länger schlafen konnte.
Sie apparierten zum Zentralbahnhof, gingen hinein und bestiegen schließlich auf Gleis zwei den XPT-Zug nach Brisbane. Ron war ein wenig irritiert, denn der einzige Zug, den er kannte, war der Hogwarts-Expreß – und der bestand aus Seitengangwagen, nicht aus Großraumwagen. Jeder nahm auf seinem reservierten Sitz Platz. In dem Großraumwagen war je ein Sitz auf der rechten und je zwei Sitze auf der linken Seite des Ganges montiert. Harry und Dudley saßen in der Reihe vor Hermione und Ron, wobei Harry feststellte, daß er wieder einmal den Fensterplatz erwischt hatte. Nun gut – es war Tag, da ließ sich das verschmerzen.
Schließlich fuhr der Zug an. Harry merkte, daß der Zug von einer Diesellok gezogen wurde. Er hatte sich an den Hogwarts-Expreß gewöhnt und vermißte den Rauch und die kräftigen Auspuffschläge, die die Scharlachrote Dampflok beim Verlassen von King's Cross immer produzierte. Nach einiger Zeit stellte er jedoch auch fest, was Ron schon beim Ablesen der Fahrzeiten bemerkt hatte: Dafür, daß „XPT“ für „Express Passenger Train“ stand, war der Zug auffallend langsam – er war nicht schneller als der magische Schulzug.
Unterdessen hatte Hermione wieder ihre beiden Reiseführer herausgeholt und blätterte darin. Harry machte sich schon darauf gefaßt, daß sie ihre Mitreisenden mit einem Vortrag beglücken würde. Er wurde nicht enttäuscht.
„Das hier ist interessant“, setzte sie in ihrem entschlossenen Dozententonfall an, den sie immer annahm, wenn sie auf ungeteilter Aufmerksamkeit bestand. „Australische Zauberer und Muggel haben nicht nur unterschiedliche Hauptstädte, sondern sie haben auch unterschiedliche Nationalhymnen. Hier im Muggelreiseführer jedenfalls steht, daß 'Advance, Australia fair' die australische Nationalhymne sei. Im magischen Reiseführer sagen sie, die Hymne sei 'Waltzing Mathilda'. Da wird die andere Hymne gar nicht erst erwähnt. Das haben sie wohl auch nicht mitbekommen, nach dem Muggelreiseführer wurde nämlich 1977 ein Referendum abgehalten. Davor hatten die Australier keine eigene Nationalhymne, sondern benutzten offiziell die britische. Aber 'Waltzing Mathilda' war damals die inoffizielle Hymne.“
„Aha – und was ist nun der Unterschied?“ wollte Ron wissen.
„In 'Advance, Australia fair' wird die Schönheit des Landes besungen, in 'Waltzing Mathilda' geht es um einen Wanderarbeiter oder Landstreicher, der ein Schaf stiehlt und sich der Verhaftung entzieht, indem er in ein Wasserloch springt.“
Ron lachte auf.
„Dann wäre 'Waltzing Mathilda' als Hymne viel lässiger.“
Der Tag zog sich hin. Der Zug kam nicht schnell voran. Zwar gab es Streckenabschnitte, auf denen er sehr schnell fuhr, dann mußte er aber immer wieder lange warten, um Güterzüge vorbeizulassen. Güterzüge schienen eindeutig den Vorrang zu haben, und speziell Kohlezüge waren besonders lang. Harry sah aus dem Fenster und schlief immer wieder in. Hinter ihm waren die Schlabbergeräusche verstummt, und als er sich umdrehte, sah er, daß Hermione und Ron aneinandergelehnt vor sich hin dösten. Die von Landwirtschaft geprägte Landschaft war zwar abwechslungsreich, doch wurde sie im Laufe der Stunden doch etwas fade.
Eine Unterbrechung gönnten sich Harry, Dudley, Hermione und Ron, als sie in den Büffetwagen gingen, um etwas Warmes zu essen. Harry schwelgte in Erinnerungen an den Schulzug.
„Wißt ihr – dann kommt doch immer diese Hexe mit dem Essenswagen durch den Zug mit den ganzen Süßigkeiten, dem Kesselkuchen, Schokofröschen und was weiß ich.“
„Jaah“, pflichtete Ron ihm bei, „und ich erinnere mich noch, wie wir uns im Zug kennengelernt haben – da hast du von allem etwas gekauft und wir haben uns dann drüber hergemacht.“
„Ich finde, so etwas wie einen Speisewagen oder Büffetwagen könnten die im Hogwarts-Expreß auch einführen. Dort gibt ja nichts Warmes.“
„Als ich letztes Jahr...“, Harry überlegte kurz, „nein, vorletztes Jahr – letztes Jahr sind wir ja nicht nach Hogwarts gefahren – als wir also vorletztes Jahr mit dem Zug gefahren sind, da bin ich doch von Slughorn in sein Abteil eingeladen worden. Der meinte, daß ihm der Verkaufswagen zu – ähm – wie sagte er? Ja, lakritzlastig sei.“
Ron sah Dudley an, der etwas unbeteiligt dabeisaß.
„Wie kommst du denn zur Schule? Oder kannst du zu Hause bleiben?“
Dudley war aufgeschreckt, weil er nicht damit gerechnet hatte, daß er ins Gespräch einbezogen werden würde.
„Ähm -“
„Dudley geht auf ein Internat. Das heißt Smeltings“, half ihm Harry aus.
„Dad fährt mich immer mit dem Auto hin“, sagte Dudley.

Es war bereits halb acht am Abend, die Sonne war vor mehr als zwei Stunden untergegangen, als eine Durchsage die Ankunft in Brisbane ankündigte. Der Zug fuhr an beleuchteten Häusern und Straßen auf einem hohen Bahndamm vorbei. Dann konnte Harry die strahlenden Fenster von Hochhäusern sehen, die sich in einem breiten Fluß spiegelten. Der Zug überquerte den Fluß langsam und dröhnend auf einer Eisenbogenbrücke. Etwas entfernt sah Harry eine Straßenbrücke mit drei halbkreisförmigen Betonbögen. Kurz darauf fuhr der Zug auf Gleis drei des Bahnhofs Roma Street in Brisbane ein.
Die vier Reisegefährten wurden von milder Abendluft empfangen. Obwohl es schon dunkel war, war es ungefähr so warm wie in Sydney am Mittag.
„Gut“, sagte Hermione mit ihrer Reiseleiterinnenmiene, „jetzt suchen wir zuerst eine Unterkunft, dann haben wir den Tag morgen frei, da können wir uns Brisbane ein wenig anschauen. Und am Montag statten wir der Zahnmedizinischen Behörde von Queensland einen Besuch ab.“
Sie schlug ihren Reiseführer auf. Dudley holte sein Mobiltelefon heraus, tippte die vierstellige Nummer ein und reichte ihr es.


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