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Fanfiction

Nach der Schlacht von Hogwarts - Den Blick nach vorne richten

von Krabbentaucher

Harry lag im Bett, nachdem er ein gutes Abendessen zu sich genommen hatte, das Kreacher kreiert worden war. Auf dem Nachttisch neben seinem Kopf lagen der Zauberstab seines Vaters und der rote Aktendeckel, die er aus seinem zerstörten Elternhaus mitgenommen hatte. Der Aktendeckel war aufgeklappt. Harry las die Schriftstücke, die darin lagen. Seine Geburtsurkunde hatte er beiseite gelegt. Ihm kam der Gedanke, daß es ganz klug wäre, die Urkunde mit einer Büroklammer am Paßformular zu befestigen. Dann fiel ihm ein, das es im Haus einer reinblütigen Familie vermutlich keine Büroklammern gab. Nun – das würde er alles bei Gelegenheit besorgen, wenn er seine Paßbilder machen lassen und einen schwarzen Kugelschreiber für das Formular kaufen würde.
Harry stöberte in den anderen Schriftstücken. Es waren Glückwunschkarten zu seiner Geburt. Ein Pergament mit einer auffallend engen und schrägen Handschrift war ihm aufgefallen.

Liebe Lily, lieber James,

mit großer Freude habe ich von der Geburt Eures ersten Kindes Harry gehört, und ganz besonders freut mich, daß die Geburt so problemlos verlaufen ist. Harry wurde leider in eine sehr schwierige Zeit hineingeboren, aber ich denke, daß Ihr ihm gute Eltern sein werdet und er glücklich sein wird. Hoffen wir also, daß es in diesen Zeiten Glück bringt, geboren zu sein, wenn der siebte Monat stirbt.

In diesem Sinne wünsche ich alles gute,
Albus Dumbldedore

Harry war unangenehm berührt. Dumbledore hatte auf die Prophezeihung angespielt und sich offensichtlich gefragt, auf wen sie zutraf.
Harry angelte sich eine Karte nach der nächsten. Da war ein Pergament in Hagrids Krakelschrift, eine weitere Karte mit launigen Bemerkungen von Sirius darüber, daß der neue Erdenbürger vielleicht in die Fußstapfen des Vaters steigen und ein großer Jäger in der Gryffindor-Mannschaft werden würde. Sogar ein Pergament von Wurmschwanz war dabei. Harry überwandt den Impuls, es zu zerreißen. Er ging davon aus, daß Wurmschwanz damals noch nicht zu Voldemorts Gefolgsleuten gehörte. Dann zog er eine Karte hervor, die offensichtlich in einem Muggelladen gekauft worden war. Harry hatte schon einfallsreichere Karten gesehen und fand, als er sie umdrehte, seine Vermutung bestätigt, wer sie geschrieben haben könnte.

Liebe Lily,

herzlichen Glückwunsch zur Geburt Deines Sohnes Harry. Wir haben etwa einen Monat früher auch einen Sohn bekommen. Er heißt Dudley.
Wir sind so beschäftigt, daß wir keinesfalls Besuch empfangen können. Außerdem haben wir Sorge, daß unserem Dudley etwas passieren könnte, wenn ein Zauberernachkomme in seine Nähe gelangt. Wer weiß, was da alles passieren kann.
Hier in unserer Gegend würdet Ihr sicher nur auffallen. Deswegen solltet Ihr vorerst davon absehen, hier vorbeizuschauen.

Petunia und Vernon

Harry starrte die Karte an. Die Glückwünsche konnten nicht darüber hinwegtäuschen, daß Tante Petunia hier nur der Konvention gefolgt war. Denn offensichtlich hatte sie es nicht für nötig befunden, ihre Schwester von der Geburt ihres Neffen Dudley in Kenntnis zu setzen. Die weiteren Bemerkungen sagten verklausuliert nichts anderes als: Bleibt uns vom Leibe. Und schließlich hatte Onkel Vernon die Karte nicht einmal selbst unterschrieben – sein Namenszug war in Tante Petunias Handschrift gehalten. Harry mußte an seine elfjährige Mutter denken, wie sie in Snapes Erinnerung weinend im Hogwarts-Expreß saß, nachdem sie von ihrer Schwester als Freak beschimpft worden war. War seine Mutter im Laufe der Zeit abgehärtet oder wurde sie sehr von dieser Karte getroffen? Immerhin hatte sie Tante Petunia von Harrys Geburt unterrichtet. Sie hatte also den Kontakt aufrechterhalten wollen. Harry sank angesichts der Ablehnung und Kälte, die Tante Petunia und Onkel Vernon in der Karte demonstrierten, ein wenig der Mut, als er daran dachte, daß er sie bitten wollte, das Paßformular gegenzuzeichnen. Wie sollte er das überhaupt einfädeln? Harry starrte die Decke an und überlegte. Hatte Hestia Jones nicht berichtet, Onkel Vernon habe etwas von „herkommen und aufräumen“ gesagt? Das wäre vielleicht ein Vorwand – Zimmer in besenreinem Zustand übergeben gegen Unterschrift und Paßnummern.
Harry löschte das Licht und drehte sich auf die Seite.

Als er am nächsten Morgen in die Küche kam, roch es schon verführerisch nach heißen Brötchen, Speck, Rührei und Tee. Kreacher hatte sich richtig ins Zeug gelegt.
„Guten Morgen, Meister Harry, das Frühstück ist angerichtet.“
„Guten Morgen, Kreacher. Danke.“
Harry ließ es sich schmecken. Er überlegte, ob er überhaupt genug Muggelgeld hatte, um das zu besorgen, was er sich am Abend zuvor vorgenommen hatte. Als er fertig gefrühstückt hatte, räumte Kreacher auf.
„Kommt der Meister am Mittag zurück?“
„Ich weiß noch nicht, Kreacher. Das findet sich.“
„Kreacher muß sich darauf einstellen.“
„Keine zu große Mühe, Kreacher. Wenn ich mittags wieder hier sein sollte, dann reicht mir auch eine Kleinigkeit, ein Sandwich oder so.“
In diesem Augenblick hörte Harry von oben die Geisterstimme „Severus Snape?“ krächzen und eine andere Stimme „Ich habe Dich nicht getötet“ erwidern. Harry wartete gespannt, wer ihn hier besuchen wollte. Es war jedenfalls weder die Stimme von Hermione noch die von Ron. Schließlich hörte er Schritte auf der Treppe.
„Guten Morgen, Bill! Was für eine Überraschung!“ begrüßte Harry den ältesten Weasley-Sproß.
„Guten Morgen, Harry! Kann ich mich setzen?“
„Bitte sehr“, sagte Harry und bot Bill einen Stuhl an.
Kreacher kam schon heran und fragte, ob er noch etwas für den Gast zubereiten solle.
„Nicht nötig“, sagte Bill, „ich bin quasi in offiziellem Auftrag hier. Du kannst Dir denken, warum, Harry, wegen Gringotts.“
Harrys Stimmung sackte deutlich ab. Der Einbruch und die Flucht mit dem Drachen waren ein Affront, wie ihn die Kobolde seit langem nicht erdulden mußten. Aus Hermiones Geschichtsaufzeichnungen wußte er, daß mit Kobolden nicht zu spaßen war. Er hatte keine Lust, sie als Gegner zu haben.
„Ich bringe Dir diesen Brief“, sagte Bill und übergab Harry einen Brief mit dem Siegel von Gringotts. „Ist nichts schlimmes.“
Harry sah Bill zweifelnd an und öffnete das Kuvert. Dann las er den Brief.

Sehr geehrter Mr Potter,

eine interne Kommission hat ihren Besuch in unserem Hause am Freitag, 15. Mai 1998, bewertet. Wie sich ergeben hat, wurden Sie maßgeblich von einem unserer Mitarbeiter, Griphook, unterstützt. In unsere Bewertung sind Ihr Sieg über Den, dessen Namen nicht genannt werden darf, sowie Ihre Äußerungen im Radiointerview von Samstag, 16. Mai 1998 eingeflossen.
Wir sind zu dem Ergebnis gekommen, daß eine Notwendigkeit bestand, einen nicht zugelassenen Gegenstand aus dem Verließ der Lestranges zu entfernen. Weiter sind wir zu dem Ergebnis gelangt, daß dieser Einbruch und die damit einhergehenden Beschädigungen sowie das Entweichen eines unserer Drachen dazu geführt haben, daß sich die Bank Gringotts wieder unter der alleinigen Kontrolle der Kobolde befindet.
Wir würden uns daher freuen, Sie weiterhin als unseren Kunden in unserer Bank begrüßen zu dürfen.

Mit freundlichen Grüßen
Grubbledoop
Kommissionsleiter

Harry war erleichtert. Das hieß, daß er keine Probleme mit den Kobolden haben würde und daß er auch wieder an sein Gold herankäme. Aber eine Frage blieb.
„Bill, was meinen die mit dem 'nicht zugelassenem Gegenstand'?“
„Den Becher von Hufflepuff, den Horkrux.“
Harry sah Bill verwirrt an. Bill lächelte.
„Das hast Du im Prinzip Fleur zu verdanken. Die hat nämlich in den Geschäftsbedingungen der Bank geblättert und eine Passage gefunden, wonach in den Verliesen keine schwarzmagischen Gegenstände gelagert werden dürfen. Und Horkruxe sind darin eindeutig als Gegenstände aufgeführt, die keinem Schutz der Bank unterliegen und sogar ohne Rücksprache mit dem Inhaber des Verlieses entfernt werden dürfen.“
„Da steht sogar was über Horkruxe drin?“
„Ja, das sind über zweihundert Jahre alte Bestimmungen. Die haben an alles gedacht. Jetzt sieht es Gringotts so, daß Du im Prinzip nur deren Job gemacht hast. Wie Du siehst, hat es sich ausgezahlt, daß Du Dich im Radio so zurückgehalten hast – was ja sonst nicht Deine Art ist...“
Bill schmunzelte. Harry mußte grinsen. Dann fiel ihm etwas ein.
„Bill – kann ich Dich um einen Gefallen bitten?“
„Welchen?“
„Naja – ich brauche Muggelgeld, für die Australienreise und so, Du weißt schon. Außerdem will ich endlich mal ein paar anständige Klamotten haben, nicht nur die übergroßen Sachen, die Dudley abgetragen hat. Aber wenn ich mir vorstelle, ich müßte durch die Winkelgasse gehen...“
„Mit anderen Worten: Ich soll Gold aus Deinem Verlies holen und es für Dich in Muggelgeld umtauschen?“
Harry war verlegen. Er bat normalerweise andere nicht um Botengänge. Aber er hatte die Befürchtung, daß er einen ganzen Tag brauchen würde, um vom Tropfenden Kessel zu Gringotts zu gelangen.
„Na gut, mache ich. Bin dann gleich zurück. Wieviel brauchst Du?“
Harry überlegte kurz. Es war eine ganze Menge, die er brauchte. Er hatte keine Ahnung, wie teuer das Flugticket sein würde. Und dann noch die anderen Besorgungen...
„Ich denke, ich werde so an die 275 Galleonen benötigen. Das dürften so etwa 1.300 oder 1.400 Pfund sein.“
Bill nickte kurz und sagte: „Bin gleich zurück.“

Harry mußte nur eine halbe Stunde warten, dann kehrte Bill zurück.
„So, Harry, Du mußt noch hier quittieren.“
Er breitete das Geld aus – es waren ziemlich viele Scheine. Harry zählte genau 1.375 Pfund. Er nahm eine Feder und setzte seinen Namen unter das Formular.
„Dad wäre außer sich vor Begeisterung“, schmunzelte Bill, „er würde wahrscheinlich den ganzen Tag mit dem Muggelgeld spielen. Glaubst Du, daß das ausreicht? Australien ist weit. Ich weiß ja nicht, welche Preise die Muggel für ihre Flüge nehmen...“
Harry schaute skeptisch den Berg aus Papier an. Im Leben hatte er noch nie mit so viel Muggelgeld zu tun gehabt, aber jetzt, wo Bill es sagte...
„Ich werde mal sehen“, murmelte Harry.
„Was Eure Flugreise angeht... Mom macht inzwischen die halbe Familie verrückt. Ich war gestern abend im Fuchsbau und stell Dir vor, sie hat von irgendwoher eine Muggelzeitung besorgt. Ich glaube, sie hat sie aus einem Papierkorb gezogen. Sie hat die Zeitung daraufhin untersucht, ob da von irgendwelchen Flugzeugabstürzen die Rede ist. Zum Glück stand nichts darüber drin. Aber Du kennst ja Mom: So schnell gibt die nicht auf.“
Harry hob die Augenbrauen.
„Ich wollte es nur gesagt haben“, ergänzte Bill.
„Ja, ähm, danke, Bill“, sagte Harry, „und danke dafür, daß Du mir die Sache mit dem Geld abgenommen hast. Und richte auch Fleur meinen Dank dafür aus, daß sie sich um meine Angelegenheit gekümmert hat.“
„Gern geschehen“, sagte Bill, „aber wenn Du noch mehr Geld brauchst, dann müßtest Du das selbst machen, also auch selbst in die Winkelgasse gehen. Die Leute reden schon -“
„Das kenne ich“, brummte Harry.
„Was ich meine, ist, daß die Leute den Eindruck haben, daß Du Dich verkriechst. Du hast Du-weißt-schon-wen besiegt, das ganze letzte Wochenende war für die magische Gemeinschaft Partyzeit. Jetzt ist schon Donnerstag und Du hast Dich nicht blicken lassen.“
„Ich war auf vier Beerdigungen!“ rief Harry.
Bill beschwichtigte ihn: „Ich rede nicht vom Orden oder von Eurer DA. Aber der einfache Zauberer auf der Straße ist nur froh, daß es vorbei ist, und Du bist die, naja, Hauptperson.“
Harry seufzte. Er dachte schon mit Grausen an die Fahrt nach Hogwarts.
„Ich werde drüber nachdenken“, sagte er unbestimmt.
Bill verabschiedete sich.

Weil Harry nicht wußte, wieviel er für das Flugticket würde ausgeben müssen, ließ er 1.000 Pfund im Haus zurück und machte sich auf den Weg ins London der Muggel, um sich zum ersten Mal im Leben Sachen zu kaufen, die ihm auch paßten. Zuvor hatte er noch Kreacher gebeten, Ron und Hermione auszurichten, daß er noch eine Nacht im Grimmauldplatz bleiben würde. Er wußte nicht, ob sie auftauchen würden, aber wenn sie es täten, könnten sie es Mrs Weasley mitteilen.
Als er durch eine Einkaufsstraße schlenderte, fiel ihm auf, daß es warm und trocken war. Es war in dieser Hinsicht ein besonders schöner Mai, aber bislang war Harry das entgangen. Die Planungen für den Einbruch bei Gringotts hatten seine ganze Aufmerksamkeit gefordert, und die Beerdigungen waren auch nicht geeignet, sonnige Gefühle zu unterstützen.
Bei seinen Einkäufen mußte Harry feststellen, daß 357 Pfund nicht wirklich viel Geld war, wenn man sich komplett neu einkleiden wollte. Außerdem hatten sich in der Muggelwelt Fortschritte ergeben, die an ihm vorbeigangen waren. Zuletzt war er vor sieben Jahren gemeinsam mit Tante Petunia und Dudley in einem Muggelgeschäft. Inzwischen hatten sich Scannerkassen breitgemacht, und Harry ertappte sich dabei, wie er den Verkäufern genauso interessiert zuguckte, wie es Mr Weasley getan hätte.
Harry versuchte, sparsam mit dem Geld umzugehen. Er kaufte sich Jeans, aber auch eine schwarze Stoffhose für offiziellere Anlässe, Pullover, Sweatshirts und T-Shirts. Er hatte auch mal ein Achselshirt anprobiert, vom Kauf aber abgesehen. Es erschien ihm gar zu luftig und er war ein bißchen gehemmt, wenn es darum ging, Haut zu zeigen. Aber es war eine interessante Erfahrung, Jeans anzuziehen, die richtig saßen und ihn nicht weiträumig umschlotterten wie die, die er von Dudley geerbt hatte. Außerdem hatte Harry nun endlich Turnschuhe, die nicht in Auflösung begriffen waren.
Schließlich zog Harry mit zahlreichen Tüten beladen durch die Straßen zur U-Bahn. Er hatte nicht nur Kleidung gekauft, sondern auch frisches Gemüse und einen Braten. Mit einem entsprechenden Zauber würde man das alles vervielfachen können. Auch seine sonstigen Besorgungen hatte er erledigt, also Kugelschreiber und Büroklammern gekauft und Paßbilder machen lassen. Damit war er dem Reisepaß wieder einen Schritt näher. Fehlte nur noch eines – die Unterschrift eines volljährigen Paßinhabers, der Harry schon seit zwei Jahren kannte. Harry stöhnte innerlich auf. Der Besuch bei den Dursleys ließ sich nicht mehr aufschieben.
Da er nicht unangemeldet dort auflaufen wollte, steuerte er die nächste Telefonzelle an und wählte die Nummer der Dursleys. Am anderen Ende nahm jemand ab.
„Vernon Dursley am Apparat.“
„Hier – hier ist Harry P-Potter“, sagte Harry und ärgerte sich ein wenig über seine Unsicherheit.
„So, Bursche, meldest Du Dich auch wieder einmal – Du hast ja ein schönes Chaos in Deinem Zimmer zurückgelassen!“
„Deswegen rufe ich an: Ich wollte fragen, wann ich kommen kann, um das alles wegzumachen.“
„Wann würdest Du denn kommen?“
„Vielleicht morgen nach dem Mittagessen – so um drei Uhr?“
„Gut. Dann komm.“
„Ähm – weißt Du zufällig, ob mein Schulkoffer noch da ist? Wo ich alles reinstecken kann?“
„Dieses fürchterliche Riesentrumm? Ja, das liegt auch in Deinem Zimmer.“
„Gut, dann komme ich im drei.“
„Gut.“
Harry wußte nicht, was er von dem Telefongespräch erwartet hatte. Jetzt war er einerseits verwundert, daß alles so schnell und reibungslos ging, andererseits war er doch ein wenig geknickt wegen der Art, wie er wieder einmal von seinem Onkel abgefertigt wurde.

Am nächsten Tag schlief Harry so lange aus, daß Kreacher ihm nach dem Aufstehen gleich das Mittagessen hinstellte. Am Vortag waren – während Harry seine Besorgungen erledigte – Hermione und Ron dagewesen. Soweit sie Kreacher mitgeteilt hatten, war Mrs Weasley schon drauf und dran, selbst nachzuprüfen, ob es Harry auch gut ginge. Er nahm sich deshalb vor, am Samstag wieder in den Fuchsbau überzusiedeln. Aber jetzt mußte er erstmal den Freitagnachmittag bei den Dursleys überstehen.
Das Wetter war immer noch warm und sonnig. Harry trat aus dem Haus, um vom Grimmauldplatz aus in den Ligusterweg zu apparieren. Er trug seine neuen Sachen, also Jeans, Turnschuhe und T-Shirt, so daß er keine Sträflingserscheinung mehr abgab, die ihm von den Nachbarn immer nachgesagt wurde. Er hatte daran gedacht, sein Paßformular mitzunehmen, um Tante oder Onkel die Unterschrift abzuschwatzen. Harry holte noch einmal Luft, um sich Kraft zu geben für das, was vor ihm lag. Dann drehte er sich und landete direkt vor dem Haus Ligusterweg Nummer vier.

Harry sah das klotzige Haus mit gemischten Gefühlen an. Als er von hier aufgebrochen war, hatte er eigentlich gedacht, daß er den Ort, an dem er 16 Jahre seines Lebens – in den letzten sechs Jahren zumindest in den Sommerferien – verbracht hatte, nie wiedersehen würde. Jetzt stand er vor dem Haus, auf dessen Schwelle er einst abgelegt worden war. Der Rasen vor dem Haus war von den Durselys offensichtlich schon gemäht worden, jedenfalls sah er nicht so aus, als sei über einen Zeitraum von knapp zehn Monaten niemand zu Hause gewesen. Auch die Fenster waren geputzt – dafür hatte bestimmt Tante Petunia gesorgt.

Harry faßte sich ein Herz, ging den Weg durch den Vorgarten zur Haustür und klingelte. Von innen näherten sich schwere Schritte, dann wurde die Tür geöffnet. Vernon Dursley stand vor Harry, allerdings nicht mehr ganz so bullig wie früher. Das Exil hatte offenbar doch ein wenig an seiner Substanz gezehrt. Eigentlich sah er jetzt sogar ein wenig besser aus.
„So“, sagte Onkel Vernon nur.
„Ähm – Tag, Onkel Vernon.“
„Komm rein.“
Onkel Vernon schloß hinter Harry die Tür. Er rief nach hinten, also Richtung Küche: „Es ist nur der Junge!“
Harry stand etwas benommen im Flur neben der Treppe. Alles war geradezu fürchterlich vertraut. Mit einem „ich kümmere mich dann mal um mein Zimmer“ ging Harry die Treppe hoch, die er so viele Male hochgegangen war, um in den Ferien für sich zu sein. Er hatte das Gefühl, als sei er jemand anderer, der neben ihm herlaufe. Er wohnte eigentlich woanders, war zehn Monate lang untergetaucht, hatte haarsträubende Abenteuer erlebt, machte sich bereit für eine weiter Reise – und ging jetzt wieder einen Weg, von dem er nicht geträumt hatte, ihn jemals wieder zu gehen.
Als er die Tür zu seinem Zimmer aufstieß, sah er bestätigt, was ihm Hestia Jones berichtet hatte: Jemand hatte das Haus durchsucht. Als Harry sein Zimmer seinerzeit verlassen hatte, hatte er einen Haufen mit Sachen gebildet, die er nicht mitnehmen wollte. Diese Sachen lagen nun über das ganze Zimmer verstreut herum. Alle Schranktüren und sämtliche Schubläden sind geöffnet worden. Harry seufzte, drehte den umgestürzten Schrankkoffer herum und zog ihn in die Mitte des Zimmers. Dann begann er, die Bücher hineinzuschichten.

„Ähm...“
Harry blickte auf. In der Tür stand eine große, muskulöse Gestalt mit blonden Haaren – Dudley. Dudley sah etwas verlegen aus, so, als könne er nicht recht in Worte fassen, was er ausdrücken wollte. Harry fand, daß das Aussehen seines Cousins sich verändert hatte. Fett, unförmig und schwabbelig war er schon längst nicht mehr, dafür hatte die Schulkrankenschwester von Smeltings am Ende von Dudleys drittem Jahr gesorgt. Schon ein Jahr später hatten sich dank harten Trainings dessen Körpermassen umgeformt, und diese Entwicklung hatte sich fortgesetzt. Dudleys T-Shirt staute sich nicht auf seinem Bauch, sondern ließ erkennen, daß darunter eine beträchtliche Muskelmasse vorhanden war. Sein Gesicht war zwar noch immer rund, aber man sah immerhin, daß es ein Gesicht war. Auch die Augen wirkten nicht mehr ganz so klein. Harry kam kurz der Gedanke, daß es Dudley ganz allein mit Crabbe und Goyle zur selben Zeit hätte aufnehmen können, wenn sie keine Zauberstäbe hätten.
„Ja, Dudley?“
Dudley hatte noch immer Wortfindungsschwierigkeiten. Schließlich brachte er hervor: „Brauchst Du Hilfe?“
Harry sah sich um. Die meisten Bücher waren schon im Schulkoffer verstaut.
„Nö, eigentlich nicht... Ich wollte noch diese Bücher da reinlegen und dann mal gucken, welche Umhänge mir noch passen...“
„Gut. Die Bücher“, sagte Dudley, kniete sich auf den Boden und fing an, sie in den Koffer zu legen.
Harry war die Situation beinahe unheimlich. Dudley hatte noch nie bei irgendetwas angepackt. Meistens war es seine Mutter, die alle Dinge erledigte und ihm jeden Wunsch von den Augen ablas. Und so äugte Harry immer wieder argwöhnisch zu Dudley hinüber, während sie gemeinsam die Bücher vom Boden auflasen.
„Die nicht“, sagte Harry, „das sind noch Kinderbücher von Dir.“
„Ach ja?“
„Ja – die lagen hier schon drin, als ich dieses Zimmer bekommen hatte. Weißt Du noch? Nach Deinem elften Geburtstag?“
Dudley nickte: „Ich glaube, ich hatte geschrien, daß Du hier wieder raus solltest. Aber ich brauche die Bücher gar nicht, habe nie reingeguckt. Weiß nicht, ob Du was davon gebrauchen kannst.“
Harry sah erst Dudley ganz erstaunt an, dann setzte er sich noch einmal mit den Büchern auseinander. Die meisten waren natürlich für Kinder im Alter von sechs bis etwa zwölf Jahren gedacht. Ein Buch schien aber auch für Erwachsene interessant zu sein. Es war ein Buch über Verkehrsflugzeuge, in dessen erstem Teil einzelne Typen und in dessen zweitem Teil wichtige Fluggesellschaften kurz vorgestellt wurden, alles garniert mit großen Fotos. Harry dachte an Mr Weasley und entschied sich, das Buch mitzunehmen. Den Rest stellten sie zurück ins Regal. Dann nahm sich Harry die Umhänge vor. Einige stammten noch aus den ersten Schuljahren und schon auf den ersten Blick so kurz, daß Harry sie auf das Bett legte. Andere probierte er zuerst an. Dudley schaute interessiert, aber kommentarlos zu. Schließlich faltete Harry die Umhänge, die noch paßten, sorgfältig zusammen und legte sie in den Koffer.
„Wozu sind denn die Roten, die mit Deinem Namen?“
Harry hatte für kurze Zeit vergessen, daß sein Cousin im Zimmer war.
„Ähm – für Quidditch. Zauberersport. Wird auf Besen gespielt, also, da fliegt man. Ich war voriges Jahr der Kapitän unserer Hausmannschaft.“
„Eure Schule ist auch in Häuser eingeteilt?“
„Ja, Gryffindor, das ist mein Haus, Ravenclaw, Hufflepuff und Slytherin. Benannt nach den vier Gründern.“
„Und dieser Sl... Sy..., also, ähm, das war doch der Ururururururgroßvater von diesem Lord Voldemort?“
Wenn Harry etwas in der Hand gehalten hätte, dann hätte er es fallen gelassen. Dudley hatte scheinbar Harrys großes Interview auf Potterwatch sehr genau verfolgt.
„Ja, richtig.“
Dudley erweckte zwar den Eindruck, als wollte er noch etwas sagen, aber es kam nichts. Harry dämmerte, was Dumbledore damals gemeint hatte, als er sagte, Tante Petunia und Onkel Vernon hätten Dudley einen entsetzlichen Schaden zugefügt. Gewiß – Harry war schon immer bewußt gewesen, daß Dudley verwöhnt, verzogen und gestört war. Aber ein bißchen entsetzt war über das Ausmaß der Störung doch.
Harry kniete sich wieder auf den Boden und kümmerte sich nun um sein Schreibzeug. Einige Federkiele waren noch brauchbar, und auch die Tinte war noch nicht eingetrocknet. Die meisten Federn warf er jedoch zu den zu kleinen Umhängen auf das Bett. Außerdem konnte er den Kessel noch gut gebrauchen. Die Zaubertrankzutaten hatten allerdings zu sehr gelitten. Schließlich hatte er, beobachtet von Dudley, alle brauchbaren Sachen fein säuberlich in den Koffer geschichtet. Dann nahm er das Unbrauchbare vom Bett, wickelte es in die zu kleinen Umhänge und warf das Bündel oben in den Koffer. Schließlich bückte er sich und hob unter dem Bett das lose Dielenbrett an. Er fand tatsächlich noch einen angebrochenen und schon versteinerten Kuchen.
„Was ist das?“ wollte Dudley wissen.
„Ähm, das war mal ein Kuchen“, sagte Harry und mußte feixen, „haben mir meine Freunde geschickt, damals, vor vier Jahren. Ich wollte nicht an Deiner Diät teilnehmen...“
Dudley stutze.
„Wenn ich das geahnt hätte...“
Harry machte eine unbestimmte Handbewegung zu Dudley hin.
„Ist besser so. Was meinst Du, wie Du ohne die Diät heute aussehen würdest?“
Harry schloß den Koffer und sah sich um.
„Bißchen staubig, was? Ich hole mal den Besen.“

Als Harry zurückkam, war Dudley nicht mehr im Zimmer. Harry fing gerade an, das Zimmer auszufegen, als Dudley mit einem Eimer und einem Lappen zurückkehrte. Unter Harrys fassungslosem Blick fing Dudley an, den Schreibtisch abzuwischen. Den Kopf voller Fragezeichen fuhr Harry fort, zu fegen. Als er fertig war, zog er noch sein Bett ab. Den Boden würde ohndies Tante Petunia wischen. Vermutlich würde sie ihn auch desinfizieren, damit auch ja keine Magie hängenblieb.
Harry sah Dudley dabei zu, wie er den Lappen in den Eimer warf. Irgendwas war mit Dudley los. Warum half er? Harry hatte das Gefühl, daß Dudley damit etwas zum Ausdruck bringen wollte, was er nicht in Worte kleiden konnte – so wie damals, als er die Tasse Tee vor Harrys Zimmer abgestellt hatte.


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Mein Vater lebt in Irland, und nun fahren Autos langsam um sein Haus, weil alle sagen, dass Harry Potters Großvater dort lebt. Er ist ganz und gar verwirrt durch diese Tatsache.
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