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Harry Potter und die Schatten der Vergangenheit - Wieder auf Seite eins

von Muggelchen

„Ich habe jetzt schon in mehreren Verhörberichten den Ortsnamen Peninver gelesen“, grübelte Geoffreys laut vor sich hin.

Als Verbindungsmann zwischen den Geheimdiensten der Muggel und der Magischen Welt gehörte es zu seinen Aufgaben, sämtliche Akten zu wälzen. Gerade hatte er die Akten von Gregory Goyle und Pansy Parkinson gelesen, jetzt hielt er Blaise Zabinis Aussage in der Hand. Auf diese Weise konnte er sich mit Ausdrücken und Umständen vertraut machen, die ihm völlig fremd waren. Apparation, Desillusionszauber, Flüche, Tränke, Todesser. Trockene Theorie.

„Angeblich soll es in Peninver einen Gutshof gegeben haben, der während des Krieges als Zufluchtsort genutzt wurde“, erklärte Kingsley.
„Von den Bösen?“
„Nein, von den Guten.“

Nur in der Theorie konnte man Gut und Böse prima voneinander unterscheiden. Kingsley hatte Geoffreys erklärt, dass es einige Personen gab, die nur aus Angst mit den Todessern und somit auch mit Voldemort kooperiert haben. Diejenigen, die schon zu oft von den finsteren Gestalten aufgesucht worden waren, trauten sich nicht, noch häufiger nein zu sagen. Einige ließen alles stehen und liegen, bevor sie das Weite suchten. Manch einer hatte sogar das eigene Ableben vorgetäuscht, nur um nicht mehr mit Todessern reden zu müssen. Andere wiederum bissen die Zähne zusammen und taten alles, was man von ihnen verlangte, nur um nicht sterben zu müssen.

„Waren Sie mal in Peninver und haben das überprüft, Shacklebolt?“
Kingsley nickte. „Ich habe mich mit einer Kollegin dort umgesehen. Ist ein überschaubares Örtchen. Wir wussten allerdings nicht, ob wir richtig waren. Gefunden haben wir jedenfalls nichts.“
„Gehen wir hin?“ Weil Kingsleys Augenbrauen den Haaransatz grüßen wollten, fügte Geoffrey noch hinzu: „Wäre doch ein perfekter Einstieg für mich. Ich lerne die Seit-an-Seit-Apparation kennen, wir beide arbeiten das erste Mal im Team und eine wirkliche Gefahr für uns besteht nicht.“
„Ich weiß nicht.“ Mit einer Hand rieb sich Kingsley den Nacken. „Wenn dort ein Gutshaus stehen soll, dann ist es vom Fidelius geschützt.“
„Was genau bedeutet Fidelius?“ Geoffreys war sehr interessiert an der anderen Welt.
„Das bedeutet, dass niemand das Haus sehen kann, wenn er nicht von einer bestimmten Person eingeweiht wurde. So eine Person nennt man Geheimniswahrer.“
„Aha.“ Geoffreys verstand, merkte sich alle Einzelheiten. „Wissen Sie, was mich wundert?“
„Was?“
Geoffreys Stirn legte sich in Falten. „Wenn man das Haus nur sehen kann, wenn man eingeweiht wurde, wie kann es dann ein Zufluchtsort für Kriegsflüchtlinge sein? Die sind doch alle nicht eingeweiht.“
„Gut aufgepasst!“, lobte Kingsley seinen Kollegen.
„Also“, begann Geoffreys mit seiner Theorie, „entweder war die Information über den Gutshof eine Falle von Voldemort und seinen Schergen oder“, er blickte Kingsley in die Augen, „man trifft auf den Geheimniswahrer, wenn man sich lange genug in der Gegend aufhält. Oder können die einen aus einem unsichtbaren Haus heraus nicht sehen?“
„Doch, doch!“ Kingsley nickte heftig. „Die können eine Person beobachten. Ich erinnere mich daran, dass ein Herr, der Peninver aufsuchen wollte, genau das sagte. Er meinte, der Geheimniswahrer würde aus dem Haus kommen, wenn der einen sieht.“
„Es tut ja nicht weh, dort nach dem Rechten zu sehen. Was ist denn eigentlich mit dem Jungen, von dem Sie mir erzählten? Der Junge, der unsichtbare Dinge sieht.“
„Er sieht sie nicht immer. Und der Junge ist niemand anderes als Harry.“
Den kannte Geoffreys bereits. „Na, dann fragen wir ihn doch einfach, ob er uns begleitet.“
„Er kann das nicht immer. Es passiert nach Lust und Laune.“
Geoffreys zuckte mit den Schultern. „Selbst wenn er das Haus nicht sehen kann, wäre es von Vorteil, ihn dabeizuhaben. Gehen Sie einfach mal davon aus, das Gutshaus gibt es wirklich und die Leute sehen nicht nur uns beide – und ganz unter uns: ich würde uns auch nicht sofort ansprechen wollen“, Kingsley musste lachen. „Also, die Leute sehen neben den zwei Schränken auch den bekannten Harry Potter … Der ist doch bekannt, oder? Sie sagten, jeder kennt ihn.“
„Davon kann man ausgehen. Harry hat einen hohen Bekanntheitsgrad.“
„Na bitte! Selbst wenn er das unsichtbare Haus nicht sehen kann, ist er ein Pluspunkt für uns, wenn man ihn sehen kann. Ihm vertraut man, weil man ihn kennt.“

Von der Idee war Kingsley angetan. Jeder Mensch, der damals Zeitung gelesen hatte, wusste, dass Harry später Auror werden wollte. Die Information war zwar nach dem Krieg nicht mehr aktuell, aber es wäre möglich, dass die Menschen in dem Versteck nicht mehr an Zeitungen herankamen. Womöglich hatten sie vom Ende des Krieges noch nichts vernommen. Peninver war ein kleiner Ort, im wahrsten Sinne des Wortes überschaubar, und lag direkt am Meer. Der nächstgelegene, größere Ort hieß Campbeltown und war höchstens für seinen guten Single Malt Whisky bekannt. Der Ort verfügte sogar über einen Flughafen, aber der Flugverkehr fand nur nach und von Glasgow statt. In dieser abgelegenen Ecke Schottlands lebten offiziell keine Zauberer, somit gab es keinen Tagespropheten. Ein idealer Platz für jemanden, der sich vor Voldemort und den Todessern verstecken wollte.

In seinen Räumen in Hogwarts ahnte Harry noch nichts von der bevorstehenden Anfrage des Aurors. Zusammen mit Ginny packte er die Sachen, damit sie demnächst Hogwarts verlassen und in ihr Haus am See ziehen konnten. Wobbel war untröstlich, weil er nicht helfen durfte. Harry hatte es verboten, denn Ginny und er nutzten die Gelegenheit, um sich von Unrat zu trennen.

„Harry?“ Ginny wedelte mit einem Heft. „Brauchst du deine alten Schulsachen noch?“
„Nicht wegwerfen.“
„Aber die brauchst du überhaupt nicht mehr.“
„Ich möchte sie behalten! Ich werfe ja auch nicht deine Quidditchauszeichung weg.“
„Die habe ich auch erst dieses Jahr erhalten“, meckerte sie, bevor sie aufs Heft schaute und vorlas, „Zaubertränke, 1. Schuljahr. Harry, bitte …“
„Behalten! Keine Widerrede!“
Ginny seufzte, gab aber nach. Sie kam zu einem Stapel Briefe. Als Absender stand der Name Dursley drauf. „Was ist mit den Briefen von deinen Verwandten?“
Harry benötigte nur einen Blick, um zu erkennen, dass es sich um die bösartigen Geschenke handelte, die er zu Weihnachten oder zum Geburtstag bekommen hatte. „Können alle weg.“
„Willst du sie nicht noch einmal durchgehen?“
„Nein, das muss ich nicht.“ Und er wollte auch nicht. „Sie können weg. Alle.“

Es knisterte. Ginny war am nächsten dran und steckte den Kopf in den Kamin. Es dauerte nicht lang, bis sie zu Harry schaute.

„Ist für dich. Kingsley möchte mit dir sprechen.“
„Er kann herkommen, wenn er möchte.“

Über den Kamin gab Ginny die Erlaubnis, die Wohnräume in Hogwarts aufzusuchen. Diesmal dauerte es länger, bis etwas passierte. Harry erschrak, als nicht nur Kingsley, sondern auch ein anderer Mann aus dem Kamin trat – und dieser andere Mann strauchelte und fiel zu Boden. Mit einem Satz war Harry bei ihm und half ihm auf.

„War das erste Mal, oder?“, fragte Harry mit einem Lächeln, als er Geoffreys die Asche von der Kleidung klopfte.
„War die Landung so auffällig?“, scherzte Geoffreys über sein eigenes Missgeschick.
„Bei mir sah das die ersten Mal auch so aus.“
Ginny verbesserte ihren Ehemann: „Es sieht manchmal heute noch so aus.“
Damit hatte sie Harry zum Lachen gebracht, denn es stimmte. „Das Flohen liegt mir nicht besonders. Ich appariere lieber oder nehme den Besen. Aber erst einmal einen guten Tag, Mr. Geoffreys.“ Harry schaute zu Kingsley und nickte ihm höflich zu. „Was kann ich für euch tun?“ Kingsley blickte sich um und wollte gerade anmerken, dass er wohl stören würde, als Harry ihm zuvorkam. „Entschuldigt bitte die Unordnung. Ginny und ich räumen ein wenig auf, bevor wir umziehen. Ich möchte nicht auch all das mitnehmen, was auf dem Müll landen darf.“
„Kein Problem“, sagte Geoffreys und kam gleich darauf zur Sache. „Sagt Ihnen der Ort Peninver etwas?“
Harry überlegte. „Vom Hörensagen. Ist das im Krieg nicht angeblich ein Unterschlupf gewesen?“
„Stimmt, das wurde uns von einigen Personen so berichtet“, stimmte Kingsley zu. „Was wir nur nicht wissen, ist, ob es den Gutshof wirklich gibt. Er soll unter Fidelius stehen.“
Geoffreys nickte. „Und der Geheimniswahrer soll herauskommen und einen einweihen, wenn man sich lange genug dort aufhält.“
Mit gespitzten Lippen hatte Harry aufmerksam zugehört, bevor er seine Meinung kundtat: „Was habe ich damit zu tun? Versteht mich nicht falsch, aber wenn es darum geht, dass ich getarnte Äffchen sehen kann“, Geoffreys runzelte die Stirn, „dann muss ich enttäuschen. Ich kann das nicht kontrollieren.“
„Es geht uns um etwas anderes“, warf Kingsley ein. „Wenn es dort Menschen geben sollte, die völlig von der Welt abgeschnitten in diesem Haus leben, dann wäre es …“
Ginny war so frei, den Rest des Satzes zu übernehmen, denn sie sagte: „Von Vorteil, wenn sie Harry Potter sehen.“
„Ganz Recht“, stimmte Geoffreys zu.
„Ihr glaubt wirklich, dass es Leute gibt, die gar nichts von dem Sieg über Voldemort mitbekommen haben?“, wollte Harry wissen.
„Es ist durchaus möglich“, bestätigte Kingsley. „Wie du weißt, haben wir Mr. Zabini nebst Familie erst nach Kriegsende gefunden. Sie wussten von nichts.“

Harry nickte. Es leuchtete ein, dass Angst die Menschen dazu treiben konnte, übervorsichtig zu handeln. Sie beraubten sich ihrer eigenen Freiheit, indem sie ihr vermeintlich sicheres Versteck nicht verließen.

„Gefrühstückt habe ich schon“, sagte Harry. „Von mir aus kann es losgehen.“
Mit Harrys sofortiger Bereitschaft hatten die beiden Männer nicht gerechnet. Kingsley blickte zu Geofferys hinüber, der lediglich nickte, sodass er zu Harry sagte: „Wir sollten kurz vorher einige Sachen durchgehen.“
„Setzen wir uns doch“, bot Harry an.

Als sie sich der Sitzgruppe näherten, kam Harrys Sohn ins Blickfeld und mit ihm Wobbel, der mit Nicholas auf dem Boden sitzend spielte. Geoffreys blieb wie angewurzelt stehen. Da jeder sich normal verhielt, schien von dieser Kreatur keine Gefahr auszugehen. Dennoch lief es Geoffreys heiß und kalt den Rücken hinunter.

Kingsley bemerkte Geoffreys Starre und erklärte: „Ein Hauself. Sehr freundliche Wesen. Er gehört Harry.“ In diesem Moment schaute Wobbel hoch, weil man über ihn sprach. Sein Blick traf den von Geoffreys.
„Guten Tag, Sir“, sagte der Elf.
Geoffreys schluckte hörbar, riss sich aber zusammen. „Ebenfalls einen schönen guten Tag.“
Wobbel stand auf und kam auf die Gäste zu. „Darf ich Ihnen etwas zu trinken anbieten? Haben Sie schon gefrühstückt?“
„Ein Tee wäre nett“, sagte Kingsley, blickte dann zu Geoffreys, der sich gerade setzte.
Die Augen seines Kollegen waren starr auf den Elf gerichtet. „Einen Kaffee? Bitte?“, sagte Geoffreys unsicher.
„War das eine Frage?“, scherzte der Elf.

Gleich darauf schnippte Wobbel mit seinen Fingern und ein Tablett mit zwei Kannen und zwei Tassen erschien, dazu auch ein Milchkännchen und eine Zuckerdose. Geoffreys kam aus dem Staunen nicht mehr heraus.

„Mit einem Fingerschnippen?“, fragte er verdutzt nach. „Kann das jeder Zauberer?“
Harry schüttelte den Kopf. „Nur Elfen und Kobolde, soweit ich weiß.“
„Fantastisch! Das ist einfach nur fantastisch“, schwärmte Geoffreys. Als er sich wieder gefangen hatte, wandte er sich an Harry. „Ich soll übrigens schön von Joel grüßen. Er lässt ausrichten, er würde gern mit dir ins Kino gehen.“ Geoffreys schaute zu Ginny, die gerade neben Harry Platz nahm. „Natürlich sind Sie auch eingeladen.“
„Wir müssen uns unbedingt etwas einfallen lassen, wie wir Kontakt aufnehmen können.“ Nachdenklich starrte Harry in die Gegend, als ihm etwas einfiel. Seine Frage richtet er an Kingsley, der sich gerade Tee einschenkte. „Ob ich ihm wohl so einen verzauberten Spiegel geben darf? So einen, den Sirius mir mal geschenkt hat, damit ich immer mit ihm sprechen kann. Ob das erlaubt ist?“
„Ich denke schon, werde aber noch einmal in den Regeln nachschauen.“
„Prima.“
Kingsley nahm seine Tasse in die Hand und pustete einmal, bevor er zurück zum Thema kam: „Peninver liegt im Westen Schottlands, auf der Halbinsel Kintyre. Etwa 240 Kilometer von hier aus.“
„Tatsächlich nur 240 Kilometer?“, fragte Geoffreys verwundert. „Wo sind wir denn hier?“
„In der Nähe von Loch Rannoch.“
„Wir sind durch den Kamin von London bis hierher …?“ Er schüttelte irritiert, aber dennoch amüsiert den Kopf. „Das ist ja mal was. Dann haben wir die gröbste Strecke bereits hinter uns.“
Ginny meldete sich zu Wort. „Könnte es gefährlich werden?“
Diese Frage musste Kingsley mit Bedacht beantworten. „Ich kann nicht versprechen, dass es nicht gefährlich werden könnte. Ein Restrisiko ist immer vorhanden. Sollten sich dort wirklich verängstigte Menschen aufhalten, könnte ein falsches Wort oder eine falsche Geste eine Auseinandersetzung herbeiführen. Allerdings hat Harry seinen Stab dabei und er geht nicht gerade unbeholfen damit um, genauso wie meine Wenigkeit.“ Ginny schien nur wenig besänftigt zu sein, sodass Kingsley anfügte: „Ganz ehrlich: Ich glaube nicht, dass wir etwas finden, geschweige denn, dass es gefährlich werden wird. Vielleicht kann Harry etwas sehen, vielleicht nicht. Es wird nicht länger als ein oder zwei Stündchen dauern. Ich war mit Tonks schon einmal in dem Dorf. Die Umgebung hat man sehr schnell überblickt.“

Am Ende sah Harry keine Gefahr, mit Kingsley und Geoffreys nach Peninver zu apparieren. Vor den Toren Hogwarts’ warnte Harry den Muggel vor.

„Das Apparieren kann beim ersten Mal sehr unangenehm werden. Es fühlt sich an, als würde der Körper einem enormen Druck ausgesetzt sein“, erklärte Harry vorsorglich, denn er erinnerte sich noch an sein erstes Mal. „Es ist, als würde man sich durch eine zu enge Öffnung quetschen.“
Geoffreys nickte. „Danke für die Vorwarnung.“

Kingsley war so frei, die Seit-an-Seit-Apparation mit Geoffreys durchzuführen. Harry apparierte allein. Die Strecke war recht kurz. Das Plop-Geräusch war leise. Kingsley als Auror und Harry als Gegner Voldemorts beherrschten die stille Apparation genauso gut wie Dumbledore.

Wenige Minuten später fanden sie sich auf einem Hügel wieder. Geoffreys beugte sich nach vorn, atmete heftig und hielt sich den Magen.

„Geht’s?“, fragte Harry mitfühlend.
„Ja, danke. Die frische Luft tut gut.“ Geoffreys atmete einige Male tief durch. „Schon besser.“

Vom Hügel herab blickte Harry auf Peninver. An einer Straße entlang waren einige Häuser angesiedelt. Auffällig war eine Art nebeneinander angereihter Bungalows.

„Niedlich“, war Harrys erster Kommentar. „War es das? Das ist Peninver?“ Kingsley nickte, woraufhin Harry wissen wollte. „Wie viele Einwohner gibt es hier?“
„Nicht mehr als ein paar Hundert.“
„Gehen wir erst einmal ins Dorf und sehen uns um. Vielleicht gibt es etwas Auffälliges“, schlug Harry vor. „Und nicht vergessen, Kingsley: Das sind Muggel.“

Im Nu hatte Kingsley aus seinem Umhang eine Jeans und ein Shirt plus Jacke gezaubert. Harry hatte aus einem Stein in der Nähe einen Rucksack gezaubert, damit sie wie Touristen aussehen würden.

Das Dorf war bald erreicht. Die Bungalows, das konnte Harry nun auf einem Schild lesen, wurden an Touristen vermietet. Viel gab es hier nicht zu sehen, keine größeren Geschäfte, keine Schulen.

„Die haben nicht mal ein Krankenhaus“, merkte Harry an.
Geoffreys erklärte: „Der nächst größere Ort verfügt über Schulen, ein Krankenhaus, Supermärkte, Tankstellen, ein Postamt, Feuerwehr und Polizeistation. Campbeltown.“
„Und wie viele Einwohner gibt es dort?“
Geoffreys wägte ab. „An die 5.000, glaube ich.“
Als sie an einer Bushaltestelle vorbeikamen, studierte Harry den Fahrplan, wofür er nicht lange benötigte. „Täglich halten hier nur fünf Busse wochentags, der Erste um 8:30 Uhr, der Letzte um 17:45 Uhr. Samstags sind es nur vier und sonntags gar keiner. Mann, hier würde ich vor Langeweile eingehen.“
„Seht mal!“, Geoffreys nickte in eine Richtung. „Da hinten ist ein Wirtshaus.“
„Ein Highlight“, scherzte Harry. „Wir können dort etwas trinken und uns umhorchen.“

Die drei Männer gingen die Straße entlang und schauten sich derweil die Gegend an. Die Seeluft war sehr angenehm. Das Meer war so nahe, man konnte es nicht nur sehen, sondern auch hören. Kingsley zupfte ständig an seiner Jacke herum. Solche Kleidung war er nicht gewohnt. Harry sah im Vorbeigehen ein Schild, auf dem Pony-Trekking angeboten wurde. Das wäre etwas für Nicholas, dachte er lächelnd.

Im Wirtshaus war für die frühe Uhrzeit – es war vormittags um elf – eine ganze Menge los. Kein Wunder, dachte Harry, denn etwas anderes, um sich die Zeit zu vertreiben, hatten die Bewohner hier nicht.

„Guten Tach“, grüßte der Wirt freundlich. Sämtliche Augenpaare ruhten auf den drei Männern, die gerade zur Tür hereingekommen waren. „Herzlich willkommen auf unserem kleinen, aber feinen Landstrich. Sind Sie Gäste vom Sands Holiday Park?“ So ein Schild hatte Harry draußen gesehen. Ein Familienbetrieb, der immerhin mit vier Sternen ausgezeichnet worden war.
Ein Mann mit roter Nase, der direkt an der Tür saß, antwortete anstelle der Gäste mit einem seltsamen Akzent: „Ney, heute kommen keyne von unseren Gästen.“
Bevor noch mehr Fragen gestellt wurden, erklärte Harry: „Wir sind nur auf der Durchreise.“
„Watt denn, etwa zu Fuß?“, fragte der Wirt. „Kommen Sie aus Campbeltown?“ Harry nickte. „Dann würde ich an Ihrer Stelle gleich wieder zurücklaufen. Wenn Sie hier nämlich weiter nach Norden gehen, kommt eine ganze Weile gar nichts, dann kommt immer noch nichts und wenn die Füße schon längst Blasen schlagen, ist weit und breit immer noch nichts zu sehen. Irgendwann später kommt ein Ort namens Saddell, aber der ist noch kleiner als Peninver.“
Harry frage sich ernsthaft, ob das überhaupt möglich war. „Danke für den Tipp. Dann stärken wir uns mal für den Rückweg.“
„Sicher, sicher.“ Der Wirt kam auf die drei zu uns schaute sich um. Alle Tische waren belegt. „Komm schon, Barney“, sagte der Wirt zu einem Gast, dem er den Teller vor der Nase wegnahm. „Du kannst an der Theke essen. Mach mal Platz für die richtigen Gäste.“ Ohne Murren folgte Barney seinem Teller, den der Wirt auf besagter Theke abstellte. An Kingsley, Geoffreys und Harry gewandt sagte der Wirt: „Setzen Sie sich bitte. Was darf ich Ihnen zu trinken bringen?“

Man bestellte eine Kleinigkeit. Der Wirt war redselig und das nutzte Kingsley aus.

„Gibt es hier einen Gutshof?“, wollte der Auror wissen. Der Wirt hielt mit seinen Bewegungen inne, als wäre er eingefroren, und sein Blick war für einen Moment ganz glasig. Die Starre war schnell wieder vorbei, aber Kingsley hatte sie vernommen.
„Nein, von einem Gutshof weiß ich nichts. Wir haben leider auch keine Sehenswürdigkeiten in der Nähe, die ich Ihnen empfehlen könnte. Wir können nur mit dem schönen Meeresblick prahlen.“
Neugierig fragte Harry: „Haben Sie denn oft Gäste?“
„Touristen, meinen Sie? Ja, die meisten bleiben aber nicht lange hier. Wir hatten mal einen Künstler hier“, erzählte er stolz. „Das Bild dort“, mit einem Finger zeigte er zur Wand, „hat er mir geschenkt. Sonst passiert hier aber nicht viel, bis auf …“
Jetzt war Kingsleys Neugierde geweckt. „Bis auf …?“, wiederholte er, damit der Wirt fortfahren würde.
„Manchmal tauchen Leute aus dem Nichts hier auf. Sie sind seltsam gekleidet.“
„Was meinen Sie mit seltsam?“, fragte Harry nach.
„So wie Zorro“, erwiderte der Wirt, „mit einem schwarzen Umhang. Einer trug mal einen komischen Hut, einen spitzen.“
„Sie wissen nicht, woher die gekommen sind oder wohin sie wollten?“
Der Wirt schüttelte den Kopf. „Ich habe nie ein Auto gesehen. Ist schon komisch.“
Neugierig fragte Kingsley: „Wann war das letzte Mal einer von denen hier?“
„Vor zwei Monaten, als es so heiß war. Wasser wollte er haben. Ich habe ihm einen Kasten Sprudel verkauft. Hat mich übers Ohr gehauen, der Typ.“
„Inwiefern?“, hakte Geoffreys nach.
„Bezahlt hat er mit Gold, jedenfalls dachte ich, dass es Gold wäre.“
„Mit Gold?“, wiederholte Geoffreys ungläubig.
„Wenn ich es Ihnen doch sage! Warten Sie, ich zeig’s Ihnen.“

Der Wirt verschwand hinter dem Tresen. Zurück kam er mit drei Münzen, die er den drei Gästen vor die Nase legte. Es waren Galleonen. Drei Galleonen im Wert von fast fünfzehn Pfund.

„Die Bank in Campbeltown wusste nichts damit anzufangen.“
Galleonen waren goldfarben, aber sie bestanden nicht aus Gold, sonst wären die Münzen selbst wertvoller als der Wert, für den sie standen.
„Sie haben Recht, das ist kein Gold“, sagte Harry zu dem Wirt.
„Ach, ich wusste doch, dass es nur Spielgeld ist“, schimpfte der Wirt.
„Der Druck der Münzen ist trotzdem schön“, sagte Harry und zwinkerte Kingsley unauffällig zu. „Ich würde sie Ihnen abkaufen. Sind Sie mit 15 Pfund zufrieden?“
„Zufrieden? Ich fühle mich schlecht dabei, wenn Sie mir so viel Geld für nichts geben. Ich schenke Ihnen die Dinger.“

Der Wirt gab noch den Hinweis, ins Gemeindezentrum zu gehen, wenn sie etwas über den Ort Peninver erfahren möchten. Nach einem netten Gespräch machten sich Harry, Geoffreys und Kingsley auf den Weg. Es waren nur wenige Meter bis zum Gemeindezentrum.

Während Kingsley mit der Dame am Empfang sprach, die froh darüber zu sein schien, dass sie Touristen weiterhelfen konnte, schaute sich Harry die vielen Prospekte und Zeitschriften, die Postkarten und Bilder an. Unter dem Schutz von Glas bemerkte er an der Wand eine Karte. Er ging näher heran, um sie betrachten zu können. Es war eine alte Karte von Peninver, mit eingezeichneten Grundstücken und Häusern, die heute teilweise nicht mehr so existierten. Die meisten Häuser konnte er bereits zuordnen, obwohl er noch nicht lange hier war, aber ein Grundstück machte ihn neugierig. Da war ein großes Anwesen zu sehen, bestehend aus einem riesigen Haus, einem Stall und einem Haus für Bedienstete. Darunter stand in schnörkeliger Schrift Gutshof Peninver.

Überrascht über seinen Fund holte Harry tief Luft. Damit hatte er Kingsley auf sich aufmerksam gemacht. Harry drehte sich zu der Dame um.

„Sagen Sie, dieser Gutshof hier“, er tippte auf das Glas, „seit wann gibt es den nicht mehr?“

Die Dame schien extrem verwirrt, als sie sich zu erinnern versuchte. Sie bekam einen glasigen Blick, den Kingsley und Harry zu deuten wussten: Muggelabwehrzauber. Die gesteigerte Form des normalen Abwehrzaubers, der Muggel am Weitergehen hinderte, weil sie vermeintlich etwas Wichtiges vergessen hatten, wirkte sich insofern aus, dass die Muggel sich an bestimmte Personen, Situationen oder in diesem Fall an Orte nicht einmal mehr erinnern konnten.

Sie blinzelte einige Male. „Ich weiß nicht, das muss schon ewig her sein.“

Ewig bedeutete nichts anderes, als dass jeder Muggel, der auf dem Gutshof nach dem Rechten sehen wollte, durch den Abwehrzauber auch die Erinnerung an die Gebäude verloren hatte. Dank der Karte wussten Kingsley, Geoffreys und Harry nun, wo sie zu suchen hatten. Alles deutete darauf hin, dass hier tatsächlich ein Zufluchtsort existierte und das vor zwei Monaten ein Zauberer in Peninver Wasser gekauft hatte.

„Wieso haben die Wasser gekauft?“, flüsterte Harry leise, als sie vor dem Gemeindezentrum standen.
Kingsley zuckte mit den Schultern. „Ich kann es mir nur so erklären, dass sie nicht zaubern. Du weißt, dass während der Besetzung des Ministeriums durch die Todesser jeder Zauberer und jede Hexe mit Leichtigkeit zu orten war. Zabini, Goyle und Parkinson haben laut Aussage auf ihrer Reise nicht mehr gezaubert, sondern durchweg wie Muggel gelebt.“
„Klar!“ Jetzt fiel es Harry wieder ein. Deshalb kein Aguamenti, denn selbst die kleinen Zaubersprüche konnten verraten, wo sich eine magische Person aufhielt.
„Bevor wir in die Nähe des Gutshauses gehen“, Kingsley schlug Geoffreys auf die Schulter, „müssen wir Ihnen einen Schutzzauber verpassen, sonst ergeht es Ihnen genauso wie der Dame im Gemeindezentrum. Der Abwehrzauber verwirrt Sie und am Ende wissen Sie nicht einmal mehr, was unsere Aufgabe ist.“
„Sagen Sie mir nur, ob es wehtun wird.“
Kingsley lachte, schüttelte den Kopf. „Kein bisschen.“

Als die drei querfeldein marschierten, im wahrsten Sinne des Wortes durch die Büsche liefen und von niemanden mehr gesehen werden konnten, richtete Kingsley seinen Stab auf Geoffreys und sprach leise einen Zauberspruch, damit jeglicher Muggelabwehrzauber an ihm abprallen würde.

Mit einem Finger deutete Harry die Richtung. „Laut der Karte müssen wir da lang. In etwa 250 Metern sollte das Gutshaus kommen.“
„Von hier sieht man noch gar nichts, obwohl man es sehen müsste“, stellte Kingsley fest. „Harry, kannst du etwas erkennen?“
„Nein, nur Wiesen und Feld, mehr nicht.“
Geoffreys war zuversichtlich. „Gehen wir.“

Das Land war unbestellt und von einer wilden Wiese eingenommen. Ab und an ragte ein Baum aus dem Boden, aber überwiegend liefen die drei über verschiedene Gräser und Blumen. Nachdem sie 250 Meter hinter sich gelassen hatten, war noch immer weit und breit nichts zu sehen, nur ein alter Baum.

„Es müsste hier sein“, sagte Harry, der sich die Karte aus dem Gemeindezentrum ins Gedächtnis rief.
„Warten wir einfach“, schlug Geoffreys vor. „So wie man es den anderen gesagt hat. Warten, bis jemand kommt und einen hineinlässt.“

Harry versetzte sich in die Menschen hinein, die sich hier womöglich vor dem Krieg versteckt hielten. Er kannte die Angst, die Vorsicht, die Skepsis gegenüber allem und jedem.

„Wenn ich in dem Gutshof wäre“, begann Harry, „würde ich uns mindestens eine Stunde beobachten.“
„Warum eine Stunde?“, wollte Kingsley wissen.
„Der Vielsafttrank verliert nach einer Stunde seine Wirkung. Die meisten Charming- und Zerrzauber halten auch nicht länger.“
Kingsley nickte. „Dann warten wir eben.“
„Was sind Charming- und Zerrzauber?“, fragte Geoffreys, der es sich auf einem großen Findling gemütlich machte, wenn man es sich auf Stein überhaupt gemütlich machen konnte.
Harry war so frei zu antworten. „Beide Zauber verändern das Aussehen. Der Charming-Zauber macht einen zusätzlich zum gehübschten Aussehen auch noch attraktiv. Der Zerrzauber verzerrt nur das Aussehen und macht einen unkenntlich, aber weder schöner noch hässlicher.“
„Und was ist ein Vielsafttrank?“
Geoffreys schien ein gutes Gedächtnis zu haben, weil er die Worte richtig in Kopf behielt, dachte Harry. „Das ist ein sehr ekelhaft schmeckender Trank, der wie Schlamm aussieht und einem das äußere Erscheinungsbild einer zuvor bestimmten Person gibt. Man braucht einen Monat, um ihn zu brauen, aber das Schwierigste ist wohl, die wichtigste Zutat zu bekommen: ein Haar oder etwas anderes von der Person, in die man sich verwandeln will.“
Mit großen Augen hatte Geoffreys zugehört. „So ein Trank birgt eine Menge Gefahren in sich, finde ich. Mit einem Vielsafttrank kann man viele üble Dinge anstellen.“
Kingsley nickte. „Deswegen darf er nur mit Genehmigung des Ministeriums gebraut werden.“
„Wie funktioniert eigentlich so ein Zauberstab?“ Geoffreys wollte die Zeit nutzen, um etwas mehr über die magische Welt zu erfahren.
„Das, ähm …“, begann Kingsley unsicher.
Harry konnte die Fragen ebenfalls nicht beantworten. „Ich glaube, das weiß keiner so genau. Mr.Ollivander – der stellt solche Stäbe her, müssen Sie wissen – sagte einmal zu mir, der Zauberstab würde sich den Zauberer auswählen. Ich weiß nicht, ob das der Wahrheit entspricht oder ob er mir meinen ersten Tag in der Zaubererwelt so mystisch wie nur möglich gestalten wollte.“ Wegen der Erinnerung an den Kauf seines Zauberstabes musste Harry lächeln. „Die Stäbe sind nicht immer identisch. Es gibt verschiedene Holzarten, die verwendet werden und auch verschiedene Kerne, die im Stab eingearbeitet sind. Meiner hat eine Phönixfeder.“
„Was denn, es gibt Phönixe tatsächlich?“, staunte Geoffreys.
„Ich kenne nur einen“, beteuerte Harry. „Er gehört dem Direktor von Hogwarts.“
„Hat er, wie in der Mythologie, eine Lebensspanne von 1000 Jahren?“
Harry schürzte die Lippen und schüttelte den Kopf. „Ich habe ihn zweimal brennen sehen. Es ist wohl nicht genau vorherbestimmt, wann er brennt.“
„Aber er steigt neugeboren aus seiner Asche empor?“
„Richtig“, bestätigte Harry.
„Wahnsinn! Und dieser Elf vorhin? Der, von dem Shacklebolt meinte, er würde Ihnen gehören. Ich habe mir Elfen immer anders vorstellt. Irgendwie hübscher und zierlicher. Was machen Elfen so?“
„Sie helfen den Zauberern und Hexen. Nicht jeder bekommt einen Elf, aber man kann einen beim Ministerium beantragen“, erzählte Harry. „Ich habe Wobbel …“

Ein lautes Geräusch ertönte und mit einem Male stand Wobbel auf der grünen Wiese bei Harry – und Geoffreys fiel vor lauter Schreck vom Stein, als er von ihm aufspringen wollte.

„Harry!“, mahnte Kingsley erschreckt.
„Ach du meine Güte, Wobbel, das war nur …“ Der Schreck saß tief. „Geh wieder! Es war ein Versehen, dass ich dich gerufen habe.“
Wobbel schaute sich um. „Warum gehen Sie nicht hinein?“
„Wobbel, verschwinde!“

Mit einem Knall, diesmal nicht sehr laut, verschwand Wobbel wieder. Geoffrey fasste sich ans Herz. Selbst Harry erschreckte sich jedesmal, wenn der Elf unvorhergesehen aus dem Nichts auftauchte. Kingsley blickte sich um. Weit und breit niemand zu sehen.

„Du kannst von Glück sagen, dass kein Muggel hier herumläuft.“ Kingsleys bedächtige Stimme konnte auch Rügen verteilen. Beschämt schaute Harry zu Boden, plötzlich blickte er wieder auf.
„Wob… Mein Elf hat gefragt, warum wir nicht hineingehen.“ Er schüttelte den Kopf und hob die Schultern. „Wo hinein?“
„Eine gute Frage, über die wir jetzt nicht philosophieren werden, damit du ihn nicht noch einmal versehentlich rufst.“
„Tut mir leid, aber es ist ja nichts passiert. Es hätte schlimmer kommen können. Stell dir vor, wir hätten noch in dem Wirtshaus gesessen.“
„Themenwechsel, Harry.“
„Ist ja gut“, murmelte Harry peinlich berührt. Er schaute nach oben. „Sieht nach Regen aus.“
Kingsley und Geoffreys schauten in dem Augenblick nach oben, als die ersten Tropfen fielen. „Na wunderbar.“ Kingsley versuchte, seine Muggeljacke zu schließen, aber mit einem Reißverschluss war er ganz und gar nicht vertraut. „Stellen wir uns am besten unter einen Baum.“
Der erste Blitz war zu sehen, dann hörte man ein Grollen. Geoffreys riet von der Idee ab: „Bei einem Gewitter sollte man sich nicht unter einen Baum stellen.“
„Dann blasen wir die Aktion ab.“
Von Kingsleys Idee hielt Harry nichts. Jetzt waren sie schon eine halbe Stunde hier, da konnten sie nochmals dreißig Minuten ranhängen. „Ich könnte aus meinem Rucksack ein Zelt herbeizaubern.“
„Aber bitte unauffällig.“

Mit viel Rücksicht darauf, dass ihn niemand mit einem Stab hantieren sah, zauberte Harry ein Zelt in den Rucksack, den er zu Anfang ihrer Reise aus einem Stein geformt hatte. Dieses Zelt zog er aus dem Rucksack heraus, samt Zubehör. Geoffreys war fit darin, Zelte aufzustellen. Er gab Anweisungen und packte selbst am meisten mit an. Das Zelt war klein, aber drei Leute konnten sich darin auf jeden Fall vor dem Regen schützen. In wenigen Minuten und mit etwas Magie stand es.

Drinnen war es durch den Regen, der auf das Zeltdach trommelte, so laut, dass man nichts anderes mehr wahrnehmen könnte.

In London regnete es nicht. Die Winkelgasse war trocken, der Tag sonnig und doch war irgendwas anders, dachte Daphne, die sich momentan der Buchführung widmete. Die Arbeit hatte sie so eingenommen, dass sie die Zeit völlig vergessen hatte. Es war jetzt gegen zehn. Sie blickte auf. Der Verkaufsraum war leer. Heute war noch kein Kunde gekommen. Normalerweise war die Winkelgasse ab September weniger gut besucht, weil die Ferien vorbei waren. Daphne schaute zur Seite aus dem Schaufenster hinaus und sah, dass der Ladenbesitzer gegenüber auf der Straße stand und in eine bestimmte Richtung schaute. Irritiert ging Daphne zur gläsernen Eingangstür und trat hinaus. Erst schaute sie nach links. Die Zwillinge vom Scherzartikalladen standen ebenfalls vor ihrer Ladentür, weiter hinten sah sie andere Ladeninhaber, die alle in die gleiche Richtung schauten. Neugierig tat sie es ihnen gleich und drehte sich um. Weiter hinten sah man eine Menschenansammlung.

Im Labor warf Severus wütend seinen Holzlöffel in den Kessel. Hermine beobachtete ihn, bis es ihr zu viel wurde und sie fragen musste.

„Was ist los?“
„Merkst du das nicht? Es ist kurz nach zehn Uhr und wir beide sind allein im Labor.“ Severus presste die Lippen zusammen, bevor er zeterte: „Sollen wir Mr. Lyon und Mr. Foster gleich kündigen oder ihnen erst eine Standpauke halten?“
„Es wird einen guten Grund geben, warum beide“, das Wort hatte sie extra betont, „zu spät kommen. Ist doch seltsam, findest du nicht?“
„Und wo bleibt Miss Greengrass mit den ersten Bestellungen?“
„Geh doch zu ihr und frag sie!“

Severus stellte die Flamme unter seinem Kessel klein und verließ das Labor. Hermine seufzte. Manchmal war er unausstehlich, und wenn er missgelaunt war, bekam sie es als Erste zu spüren. Als er nach zwei Minuten immer noch nicht zurückgekommen war – es dauerte in der Regel nie länger, die Liste abzuholen –, wurde Hermine neugierig. Auch sie stellte die Flamme unter ihrem Kessel klein.

Im Verkaufsraum selbst fand sie niemanden vor, was mehr als ungewöhnlich war. Stattdessen standen Daphne und Severus draußen auf der kleinen Treppe vor der Apotheke. Durchs Schaufenster hindurch bemerkte sie, dass die beiden nicht die Einzigen waren, die von irgendetwas fasziniert waren. Die Klingel über der Tür kündigte Hermines Erscheinen an, als sie nach draußen ging.

„Was ist denn hier los?“, fragte sie, doch sie erntete von Daphne nur ein Schulterzucken und von Severus ein ‚Keine Ahnung!‘. Quer gegenüber standen Fred und George, einer von ihnen mit vor der Brust verschränkten Armen. Niemand hier schien in der letzten Stunde Kunden gehabt zu haben.

Man hörte aufgebrachte Rufe. Hermine schaute in die Richtung, in die alle starrten. Ein Menschenauflauf, wobei Hermine sich nicht sicher war, ob es sich durchweg um Menschen handelte. Plötzlich löste sich jemand aus der Traube. Humpelnd kam die Person näher.

„Das ist Gordian!“, bemerkte Daphne ganz richtig. Der junge Mann konnte mit dem linken Fuß nicht richtig auftreten. Es dauerte ein paar Minuten, bis er die Apotheke erreicht hatte.
Anstatt begrüßt zu werden, warf ihm Severus sofort ein paar unnette Worte entgegen: „Sie sind über eine Stunde zu spät, Mr. Foster.“
„Ich bin froh, da überhaupt lebend rausgekommen zu sein, Sir.“ Als Gordian stand, winkelte er das linke Bein an.
„Was ist da vorn los?“, fragte Daphne.
„Ein Aufstand. Unzählige Kobolde und Elfen haben den Laden von Ollivander aufgesucht. Sie wollen Zauberstäbe kaufen. Sogar ein Zentaur war dabei! Der ist mir bei dem Gewimmel auch noch auf den Fuß getreten.“
Severus runzelte die Stirn. „Die wollen Stäbe kaufen?“
„Ja, aber einige Menschen haben wohl etwas dagegen und haben angefangen, die Kobolde zu beschimpfen. Jetzt sind Leute von der Magischen Polizeibrigade da und sperren alles ab. Ich musste flehen und betteln, dass sie mich durchlassen. Ich hab gesagt, sonst verliere ich noch meinen Job. Das hat sie im ersten Moment nicht interessiert. Als ich aber gesagt habe, Professor Snape würde mir die Ohren langziehen, da haben sie mich durchgelassen. Man kennt sie offenbar ganz gut, Sir“, wagte Gordian zu scherzen. In Wirklichkeit hatten die Polizisten ihn durchgelassen, weil der junge Mann verletzt war.
Hermine winkte Gordian heran. „Komm erst einmal rein. Ich schaue mir deinen Fuß an.“
„Ich habe übrigens Mr. Lyon gesehen. Er konnte nicht durch, Sir. Er trieb mit der Masse. Die Polizeibrigade hat über die gesamte Winkelgasse einen Apparierschutz gelegt. Niemand kann herkommen, niemand kann weg“, sagte Gordian noch, bevor er Hermines Angebot annahm und die Stufen nach oben humpelte.

Severus und Daphne blieben draußen und beobachteten den Tumult. Irgendwo hörte man etwas zu Bruch gehen. Ein gelber Fluch schoss gen Himmel. Severus tippte auf einen Pugilis, ein Zauber, der heftig auf den Gegner einschlug wie die Fäuste eines Boxers. Dieser Fluch war offenbar abgewehrt worden, sodass er nach oben ins Nichts flog. Von gegenüber kamen die Zwillinge.

„Snape“, grüßte Fred mit einem Kopfnicken. „Eine Ahnung, was da los ist?“

Andere Ladenbesitzer gesellten sich ebenfalls zu Severus und Daphne. Sie hatten beobachtet, wie der junge Mann humpelnd aus der Masse gekommen war und erhofften sich Antworten. Florean grüßte ebenfalls freundlich. Eine der Verkäuferinnen von Madam Malkins - Anzüge für alle Gelegenheiten, nicht Madam Malkins persönlich, kam ebenfalls sowie einer der Besitzer von Flourish und Blotts und die Dame aus dem Secondhandshop.

„Weiß jemand, was das alles zu bedeuten hat?“, wollte Rachel aus dem Secondhandshop wissen. Sie schaute zu Daphne, die sich aufgefordert fühlte zu antworten.
„Es gibt wohl einen Aufstand, weil einige nicht möchten, dass Kobolde Zauberstäbe kaufen.“
Die Dame aus Malkins Bekleidungsgeschäft rümpfte die Nase. „Seit wann dürfen die das denn?“
Severus war so frei zu antworten. „Das neue Gesetz gestattet es ihnen. Es wurde gestern gültig.“
„Das ist ja unerhört“, sagte die Verkäuferin. „Zu meiner Zeit hätte es sowas nicht gegeben.“
„Aber es ist doch Ihre Zeit, Madam“, konterte Severus.
„Ich find’s gut, dass die Stäbe kaufen können“, sagte Florean nebenher.
Rachel sah das anders. „So eine Gesetzesänderung müsste man verbieten! Kann man das nicht rückgängig machen?“
Severus warf ihr einen finsteren Blick zu. „Unter diesen Umständen plädiere ich dafür, die Gesetzesänderung von vor 100 Jahren, die es Frauen erstmalig erlaubte, selbstständig ein Geschäft führen zu dürfen, ebenfalls rückgängig zu machen.“
„Das ist ja …“ Rachel kehrte Severus den Rücken zu und ging in ihr Geschäft zurück. Die Dame von Malkins tat es ihr gleich.
„Gut gekontert“, lobte Daphne ihn leise.

Zusammen – was für Außenstehende ziemlich dämlich aussehen musste – starrte man in die Richtung, in die der Aufruhr stattfand. Entweder wurde der Mob wurde immer größer oder …

„Die kommen immer näher“, erkannte Florean ganz korrekt.
„Wir sollten …“

Severus kam nicht dazu, einen Vorschlag zu machen, denn ein lauter Knall, gefolgt vom Geräusch splitternden Glases, ließ alle zusammenfahren. Kurz darauf sah man schwarzen Rauch und dann Flammen.

„Ist das mein …?“ Mr. Flourish drängte sich an Florean vorbei, um besser sehen zu können. „Das ist mein Laden!“
„Bleiben Sie hier, Flourish!“ Severus’ Ratschlag blieb ungehört, denn der Herr rannte bereits auf den aufgebrachten Pöbel zu, der seinen Laden auseinandernehmen wollte. An die anderen gewandt sagte Severus: „Es ist besser, jeder geht in sein Geschäft und lässt die Rollläden hinunter.“
Die anderen Geschäftsinhaber nickten. Plötzlich hallte eine männliche Stimme durch die Winkelgasse. Per Sonorus sagte einer von der Magischen Polizeibrigade: „Gehen Sie in Ihre Häuser und sichern Sie Türen und Fenster.“

Mr. Flourish war es nicht gelungen, durch die Menge aufgebrachter Zauberer, Hexen und Kobolde hindurch seinen Buchladen aufzusuchen. Er eilte zurück zur Apotheke. Severus hielt ihm die Tür auf, um ihm Schutz zu gewähren. Danach versiegelte er Türen und Fenster mit einem starken Schutzzauber.

„Puh“, machte Mr. Flourish und fasste sich dabei an die Brust, in der sein Herz vor Aufregung ganz schnell schlug. „Ich habe noch gesehen, dass meine Angestellten das Feuer gelöscht haben. Trotzdem: die Scheibe ist hinüber. Nicht mal mehr mit einem Reparo zu richten.“
„Machen Sie sich keine Gedanken um eine Scheibe“, sagte Severus. „Seien Sie froh, dass Ihnen nichts passiert ist.“
Hermine, die vor Gordian kniete und ihm gerade eine Salbe auf den Fuß auftrug, drehte sich zu Severus um. „Was ist denn jetzt los? Ich habe den Sonorus gehört.“
„Ich würde vermuten“, begann Severus, „dass die Magische Polizeibrigade die Masse nicht unter Kontrolle hat, sonst würde sich der Aufstand nicht so ausdehnen.“ Er beäugte den Fuß seines Schülers. „Wie sieht es aus?“, erkundigte er sich bei Hermine.
„Nichts gebrochen, aber eine schlimme Quetschung. Der Fuß wird morgen trotz Salbe dick und blau sein.“
„Professor Snape!“ Daphne zeigte aufgeregt nach draußen. „Da ist Mr. Lyon!“

Nicht nur Mr. Lyon war von der Apotheke aus zu sehen, sondern auch eine Horde Zauberer mit gezückten Stäben, die ihn und andere Unschuldige im Gedränge einfach mit sich zogen. Wenn er es schaffen sollte, in die Nähe der Apotheke zu kommen, könnte Severus die Tür für einen winzigen Augenblick öffnen und ihn hineinlassen.

Die Gesichter mancher Hexen und Zauberer waren vor Wut zu einer fürchterlichen Fratze entstellt. Sie bleckten die Zähne, stießen Beleidigungen hervor und feuerten Flüche mit ihren Stäben ab. Mr. Lyon befand sich mittendrin, den eigenen Stab fest mit einer Hand umfasst. An den Farben und Formen seiner Zaubersprüche konnte man erkennen, dass er lediglich Schutzzauber für sich sprach. Mr. Lyon wurde aus dem Sichtfeld gedrängt. Severus konnte ihn nicht mehr sehen.

Einige Minuten später hörte man ein Klopfen.

„Das kommt von der Hintertür“, sagte Hermine und wollte bereits aufstehen, da ging Severus bereits hinaus auf den Flur. Mit gezücktem Stab öffnete er die Tür.
„Mr. Lyon, kommen Sie herein.“
„Ist das Ihr Kniesel?“ Mr. Lyon hatte Fellini auf dem Arm. Der Knieselkater war durch den Lärm völlig verschreckt.
„Gehört zu uns“, bestätigte Severus, bevor er auch die Hintertür mit einem Zauber sicherte.
„Die haben mich an die Wand gedrückt. Ich bin über die Mauer geklettert und landete im Hinterhof Ihres Nachbarn.“
„Sind Sie verletzt?“
Mr. Lyon schüttelte den Kopf. „Nur ein paar Kratzer, nicht Ernstes. Ich habe Mr. Foster vorhin gesehen. Ist er …?“
„Wird gerade von Miss Granger verarztet.“

Im Verkaufsraum standen alle am Schaufenster und beobachteten aus nächster Nähe, wie der Pöbel den Herren und Damen der Magischen Polizeibrigade zusetzte. Nur vereinzelt waren Kobolde zu sehen, die sich gegen Angriffe der Menschen schützten.

„Als Voldemort Angst und Schrecken verbreitet hat“, alle drehte sich zu Severus um, „haben alle zusammengehalten: Kobolde, Elfen, Zauberer.“ Er schüttelte den Kopf. „Jetzt wo er tot ist, haben wir nichts Besseres zu tun, als uns gegeneinander aufzuwiegeln.“
Mr. Flourish bemerkte Mr. Lyon und sagte mitfühlend: „Bei Merlin, Ihr Gesicht! Was haben die Ihnen nur angetan?“
„Das, ähm“, stotterte Lyon, „das war schon vorher so.“
„Oh“, machte Mr. Flourish als Ausdruck seiner peinlichen Betroffenheit. Er drehte sich wieder herum, schaute aus dem Fenster und hoffte, der unangenehme Moment würde so schnell wie möglich vergehen.

Gordians Fuß war verbunden. Hermine half ihm aufzustehen. Schmerzen hatte er Dank der Salbe keine mehr.

„Professor Snape?“ Severus drehte sich zu Gordian um. „Ich bin voll einsatzfähig. Wir können loslegen.“
Mr. Lyon schloss sich an. „Ich auch.“
„Oh mein Gott!“ Hermine zeigte auf die Straße. „Ist das etwa Luna?“

Luna kämpfte sich auf die Stufen der Apotheke, doch sie wollte nicht hinein. Die leichte Erhöhung nutzte sie, um Fotos mit ihrer Kamera schießen zu können. Fünf, sechs Male blitzte es, bevor ein lilafarbener Fluch sie traf und Luna auf der Treppe, mit dem Rücken an die Glastür gelehnt, zusammensackte. Ein aufgebrachter Zauberer löste sich aus dem Tumult der Straße und näherte sich ihr. Bei ihr angelangt ergriff er die Kamera und schleuderte sie mit aller Wucht neben die Treppe. Gerade drehte er sich um, da musste er sich selbst vor einem Fluch in Acht nehmen. Mit einem Hechtsprung tauchte er wieder in der Masse unter.

„Wir müssen Luna reinholen!“ Hermine bestand darauf, auch wenn es gefährlich war, die Tür zu öffnen. Ein Fluch könnte hereingeflogen kommen und alles in Schutt und Asche legen – oder noch viel schlimmer.
Severus stand bereits an der Tür und zückte seinen Stab. „Bei drei öffne ich die Tür und Sie, Mr. Lyon und Mr. Flourish, ziehen die Dame herein.“
„In Ordnung.“

Severus behielt die Winkelgasse im Auge. Die Unruhen waren nur zwei Meter von der Tür entfernt. Würde die Apotheke nicht über drei Stufen verfügen, würden die Menschenmassen sich an die Schaufenster pressen, wie es drüben bei Madam Malkins der Fall war. Die Zauberer und Hexen, die von der Magischen Polizeibrigade mehr oder weniger in Schacht gehalten wurden, hatten die Bewusstlose bisher nicht beachtet. Den Mann, der die Kamera zerstört hatte, konnte man in der Masse nicht ausmachen. Severus begann zu zählen. Bei drei riss er die Tür auf. Er sprach einen Schutzzauber, während Flourish und Lyon die ehemalige Ravenclaw hereinzogen. Per Hand ging es schneller als mit einem Mobilcorpus. Luna war in Sicherheit, die Tür wieder geschlossen und mit Schutzzaubern versehen. Severus richtete den Stab auf Luna.

„Finite!“ Der Zauberspruch aus Severus’ Stab traf Luna in den Bauch. Gleich drauf räkelte sie sich, gähnte sogar, aber ihre Augen blieben geschlossen.
„Ich habe Kopfschmerzen“, sagte sie leise. Mit einer Hand tastete sie umher. „Meine Kamera?“
„Liegt draußen“, erklärte Severus.
„Ich habe ein paar tolle Bilder geschossen“, erst jetzt öffnete sie die Augen, „von dem ersten Kobold, der bei Ollivander einen Zauberstab gekauft hat. Das wird ein schöner Artikel werden.“
„Und den Aufstand hast du auch fotografiert“, merkte Hermine an.
Luna verzog das Gesicht. „Der zweite Artikel wird nicht so schön werden.“ Von Lyon ließ sie sich aufhelfen. Sie fasste sich an die Stirn. „Kopfschmerzen.“
„Ich geb dir was“, versprach Hermine.

Man hörte die Rufe von draußen. Die Stimme, die über den Sonorus für Ruhe sorgen wollte und die Beschimpfungen der Menschen, die in ihrem Denken eingeschränkt waren und es auch bleiben wollten. Die Kobolde hatten sich in die Bank zurückgezogen, auch Elfen waren nicht mehr zu sehen. Mensch gegen Mensch.

Weit weg von dem Tumult, von dem man sicherlich am nächsten Tag in allen Zeitungen lesen konnte, saßen Harry, Kingsley und Geoffreys in ihrem Zelt. Harry hielt sich die Ohren zu.

„Wenn es nicht bald aufhört zu regnen, dann bekomme ich noch Kopfschmerzen“, sagte der Jüngste der Herren. Harry seufzte, ließ die Hände wieder in den Schoß fallen. Der Regen trommelte laut gegen das Zelt.
„Und wie hießen die drei Unverzeihlichen?“ Geoffreys blieb lernwillig und wiederholte: „Das war Avada Kedavra, der Todesfluch?“
„Richtig“, stimmte Kingsley zu.
„Dann noch Imperius-Fluch, der einer Person den eigenen Willen aufdrängt.“ Kingsley nickte. „Und der Cruciatus, der andere auf üble Weise quält.“

Allein bei der Nennung der Flüche musste Harry an einige Momente aus seinem Leben zurückdenken. Der falsche Moody, Cedrics Tod, Nevilles Eltern.

„… Handfeuerwaffe.“
Als Harry dieses Wort hörte, fragte er nach. „Was haben Sie eben gesagt?“
Geoffreys wiederholte. „Ich sagte, ich führe eine Handfeuerwaffe mit mir.“
„Darf ich die mal sehen?“
„Sicher.“ Aus seinem unter der Jacke versteckten Halfter zog Geoffreys den Revolver hervor. Er entnahm das Magazin, vergewisserte sich, dass keine Patrone mehr im Lauf steckte und reichte sie Harry.
„Mann, die ist ja richtig schwer.“
„Es gibt auch leichtere, aber die gehört zur Standardausrüstung des MI5.“
Harry musterte die schwarze Waffe, legte sie in die Hand, drehte sie und gab sie letztendlich wieder zurück. „Mussten Sie mal jemanden erschießen?“
Geoffreys zögerte, bevor er zaghaft nickte. „Wenn man zweihundert Menschleben retten kann, wenn man nur eines auslischt …“ Er sprach nicht weiter. Entweder war es ihm unangenehm, darüber gesprochen zu haben oder er nahm die Angelegenheit nicht einfach hin. In dieser Hinsicht hatten sie etwas gemeinsam.
„Ich verstehe“, sagte Harry mit ruhiger Stimme, „mir geht es genauso. Ich musste töten, um andere zu retten.“

Viel zu selten hatte er über die unschönen Momente des Krieges gesprochen. Wichtig war nur, als Sieger hervorgegangen zu sein. Niemand würde ihn, den Retter zweier Welten, für den Tod von einigen Todessern zur Verantwortung ziehen. Niemand würde hinterfragen, warum auch Unschuldige sterben mussten. Manchmal konnte man sich nicht anders gegen den Feind wehren, auch wenn der durch einen Imperius dazu gezwungen wurde, Harry und seine Freunde anzugreifen. Man konnte schwer unterscheiden, wer aus eigenem Antrieb den Stab gegen einen richtete und wer dazu genötigt wurde.

Als irgendetwas kräftig an das Zelt schlug, fuhren alle drei aufgeschreckt herum. Kingsley zog seinen Stab und verbarg ihn hinter seinem Rücken, bevor er Geoffreys dazu aufforderte, den Reißverschluss zu öffnen. Der Kopf des Wirtes lugte herein.

„Sie dürfen hier nicht einfach zelten, ohne zu fragen.“
„Wen müssen wir denn fragen?“, wollte Kingsley wissen.
„Mich“, erwiderte der Wirt schmunzelnd.
„Dürfen wir hier zelten?“
„Klar.“ Der Wirte lachte, hielt kurz darauf eine Thermokanne ins Zelt. „Heißer Tee. Meine Frau dachte, dass es bei dem Regen recht kalt werden wird.“
Geoffreys nahm die Kanne entgegen. „Vielen Dank.“
„Das Angebot steht noch, Sie nach Campbeltown zu fahren. In etwa zwei Stunden fährt mein Neffe dort hin. Kommen Sie einfach in den Pub, wenn Sie mitfahren möchten.“

Nachdem der Wirt gegangen war, teilten sich die drei die Kanne Tee. Harry hätte ablehnen sollen. Seine Blase war jetzt bereits zum Bersten voll. Dennoch hatte er nichts gegen einen heißen Tee einzuwenden, um gegen die klamme Luft anzugehen. Zwanzig Minuten später meldete sich die Blase.

„Ich bin mal eben draußen.“
„Wohin soll es denn gegen, Harry?“, wollte Kingsley wissen.
„Ich muss nur mal … Na ja, ich muss eben mal.“
„Pass auf dich auf, ja.“
„Was soll in der kurzen Zeit schon passieren?“

Bei einem Gewitter sollte man sich zwar nicht unter einen Baum stellen, aber niemand behauptete, man dürfte bei so einem Wetter nicht gegen einen urinieren. Das Wirtshaus war zu weit weg. Harry würde es nicht halten können. Die zehn Meter bis zum nächsten Baum schaffte er gerade noch. Er schaute sich um. Niemand war weit und breit zu sehen, sodass Harry sich ungeniert den Reißverschluss der Hose öffnen konnte.

Der Regen war so stark, dass er sich danach problemlos mit den großen Tropfen die Hände waschen konnte. Als er sich umdrehte, bekam er einen heftigen Schreck. Ein Mann stand vor ihm. Der Kragen des Regenmantels war hochgeschlagen und die wasserfeste Mütze tief ins Gesicht gezogen. Mit beiden Händen umfasste er einen Hirtenstab, an den er sich lehnte.

„Guten Tag“, grüßte der Herr. „Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“
„Meine Güte, wo kommen Sie denn her? Wer sind Sie?“ Harry wischte sich übers Gesicht, denn er trug keine Mütze und die Haare wurden langsam aber sicher richtig nass und lenkten den Regen direkt in seine Augen.
„Ich bin nur ein Schafhirt.“
Skeptisch blickte sich Harry um. „Und wo sind die Schafe?“

Beinahe wie abgesprochen kam in genau diesem Moment ein einziges Schaf um den Baum herum und stellte sich treu neben den Hirten. Das Schaf war seltsam. Es sah zwar aus wie ein Schaf, aber es blickte Harry direkt in die Augen. Ein Animagus, ging es Harry durch den Kopf.

„Wo ist der Rest der Herde?“, wollte Harry wissen.
Der alte Mann lächelte. „In Sicherheit.“

Das Spielchen mit den Andeutungen beherrschte Harry auch. Trotzdem wünschte er sich Kingsley herbei. Der Auror müsste eigentlich längst nach dem Rechten sehen, weil Harry viel zu lange weg blieb.

Harry deutete auf das Accessoire des Schäfers. „Ich hab auch einen Stab, wissen Sie? Nur ist meiner aus Stechpalme.“
Ein Mundwinkel des Hirten wanderte nach oben. „Was führt Sie hierher?“
„Ich habe gehört, in Peninver …“ Wäre es Sicher? Gäbe es keine Überfälle? Befand sich ein Zufluchtsort? Was konnte er sagen? „…wäre es sehr ruhig.“ Wann kam Kingsley endlich, fragte sich Harry.
„Es ist schon lange niemand mehr hergekommen.“
Harry nickte. „Mag daran liegen, dass es seit einiger Zeit überall sehr ruhig geworden ist.“
„Tatsächlich?“ Das Schaf und der Hirt hatten für einen Moment Blickkontakt. Jetzt war sich Harry sicher, dass das kein Tier war.

Ein greller Blitz ließ den Hirt und das Schaf nach oben schauen. In diesem Moment sah Harry über die Schulter des Mannes hinweg die Umrisse eines unsichtbaren Hauses, das vom Regen deutlich gezeichnet wurde. Anfangs noch sehr blass materialisierte sich das Gebäude unter Harrys wachsamen Blick, bis er es genau sehen konnte, den Gutshof und die umliegenden Gebäude. Harry hatte das Gefühl, dass er es nur sehen konnte, weil er nach dem Erscheinen des Mannes mit seinem seltsamen Schaf davon ausging, dass es hier tatsächlich eine Zuflucht gab, die unter dem Fidelius lag. Möglicherweise könnte er in Zukunft seine Gabe beherrschen. Er musste nur fest daran glauben. Das klang einfacher als es war.

„Wie lange haben Sie schon keine Zeitung mehr gelesen?“, wollte Harry wissen.
Der Mann zuckte mit den Schultern. „Einige Jahre werden es schon sein.“

In diesem Moment kam endlich Kingsley, gefolgt von Geoffreys. Der Hirt drehte sich um, wippte von einem Fuß auf den anderen. Er war nervös.

„Keine Sorge“, beruhigte Harry ihn, „das sind Freunde.“
„Zwischen Freund und Feind kann man schwer unterscheiden“, gab der Hirt zu bedenken.
„Nicht mehr, Sir.“
Kingsley war noch nicht nahe bei ihnen, da rief er: „Alles in Ordnung, Harry?“ Bei dem Namen blickte der Hirte Harry nochmals an, als fühlte er seine Vermutung endgültig bestätigt.
„Ja, alles bestens“, erwiderte Harry.

Durch den Regen hingen ihm die nassen Haare vor den Augen. Mit einer Hand strich Harry den Pony nach hinten und legte somit die Stirn frei. Der Schäfer kniff skeptisch die Augen zusammen. Plötzlich ging alles so schnell. Aus dem Hirtenstab zog der Schäfer seinen Zauberstab und richtete ihn gegen Harry. Kingsley war schneller und machte den Mann mit einem Petrificus Totalus unbeweglich. Das Schaf verwandelte sich in weniger als eine Sekunde in eine Frau mittleren Alters, die ihren Stab auf Kingsley richtete.

„Expelliarmus, Incarcerus!“, rief Kingsley hintereinander und schon war die Dame entwaffnet und magisch gefesselt. Auch den versteinerten Herrn fesselte er zunächst mit einem Incarcerus, bevor er die Bewegungslosigkeit wieder aufhob. „Warum haben Sie angegriffen?“, fragte Kingsley ganz ruhig.
Zähne fletschend schaute der Schäfer zu Harry. „Das ist nicht Harry Potter! Die Narbe fehlt. Ihr müsst euch schon etwas Besseres einfallen lassen, um uns zu schnappen, ihr Schweine!“
„Hallo, hallo!“, sagte Geoffreys. „Immer ruhig Blut. Wir sind nicht hier, um irgendjemandem etwas anzutun.“
Harry versuchte sich zu rechtfertigen. „Das mit der Narbe kann ich erklären. Die hat sich mit all den Todessern zusammen verflüchtigt.“
„Warum sollte ich Ihnen das glauben?“
„Sie hätten ab und an doch einmal Zeitung lesen sollen, Sir“, sagte Harry ein wenig wütend. Noch nie musste er irgendjemandem beteuern, dass er wirklich Harry Potter war.
Das erste Mal sprach die Frau. Ihre Worte richtete sie an Kingsley. „Wer sind Sie?“
„Kingsley Shacklebolt, Leiter des Aurorenbüros.“ Er blickte neben sich. „Das ist Mr. Geoffreys, gehört zu meinem Team.“ Kingsley nickte zu Harry. „Und Harry Potter, auch echt ohne Narbe.“ Harry musste grinsen. „Und mit wem habe ich die Ehre?“
„Claire MacLaren.“
„Gib denen nicht unsere Namen!“, zeterte der Schäfer.

Kingsley entfernte die magischen Fesseln bei der Frau, griff dann in seine Innentasche und zog seinen Ausweis heraus, den er ihr gab. Sie musterte den Ausweis. Mit ihrem eigenen Stab tippte sie ihn an. Ein hellblauer Schein umhüllte den Ausweis.

„Der Ausweis ist echt“, sagte sie zum Schäfer.
„Das Ministerium könnte unterwandert sein“, gab er zu bedenken.
Kingsley nahm den Ausweis zurück und sagte währenddessen: „Es ist natürlich Ihre Angelegenheit, weiterhin in einem versteckten Gutshof zu wohnen. Meine Pflicht ist es jedoch, Ihnen die Botschaft zu übermitteln, dass der Krieg vorbei ist.“
„Woher wissen Sie überhaupt von uns?“, wollte der Mann wissen, der noch immer nicht seinen Namen herausrückte. Dennoch war Kingsley so frei, die Fesseln auch bei ihm zu entfernen.
„Einige Personen haben uns davon berichtet, dass das Gerücht umging, in Peninver gäbe es einen sicheren Ort für alle Kriegsflüchtlinge. Die Todesser erfuhren ebenfalls davon, deswegen war der Weg hierher sehr gefährlich.“
„Deswegen kam niemand mehr“, sagte Claire zum Schäfer.
Kingsley wollte das Vertrauen des Mannes gewinnen. „Derjenige, der auf die Idee gekommen ist, einige Menschen vor Voldemort“, Claire und der Schäfer fuhren bei dem Namen zusammen, „zu schützen hat einen Merlin erster Klasse verdient.“
„Ach, wirklich?“, fragte der Schäfer interessiert nach.
„Natürlich! Der Ort hier ist so sicher, dass weder Todesser noch Auroren ihn schnell finden konnten. Ich habe nicht einmal damit gerechnet, hier jemanden anzutreffen.“

Claire schaute dem alten Mann in die Augen, blickte dann scheu zu Harry.

„Warum haben Sie keine Narbe mehr?“, wollte sie in Erfahrung bringen.
„Mein Stab auf dem dunklen Mal war schuld daran. Voldemort hat so immer seine Leute gerufen, aber mein Stab hat alle überzeugten Todesser verbrannt.“
Claire nickte nachdenklich. „Wer ist Zaubereiminister?“
„Arthur Weasley“, erwiderte Harry.
„War der nicht früher im Büro gegen den Missbrauch von Muggelartefakten beschäftigt?“
„Genau der!“, stimmte Harry zu.

Der alte Mann schien noch immer misstrauisch. Vielleicht, dachte Harry, lag das am Alter, denn die wesentlich jüngere Claire war offenbar überzeugt worden. Sie blickte den Schäfer an.

„Wir sollten wenigstens den anderen Bescheid geben“, sagte Claire. „Damit jeder für sich selbst entscheiden kann.“
Der Schäfer schüttelte den Kopf, bevor er sich an Harry wandte und fragte: „Von wem genau haben Sie von uns erfahren? Ich will Namen hören!“
Harry blickte zu Kingsley, der mit einem Nicken die Erlaubnis gab, die Namen zu nennen: „Gregory Goyle.“ Der Schäfer verzog keine Miene. „Pansy Parkinson.“ Noch immer regte sich nichts im Gesicht des alten Mannes. „Blaise Zabini.“ Jetzt wanderten seine Augenbrauen in die Höhe. Er schaute zu Claire, die ebenfalls erstaunt war, diesen Namen zu hören.

Während die Kontaktaufnahme in Peninver ruhig vonstatten ging, herrschte in der Winkelgasse noch immer der Ausnahmezustand.

Mit Kunden war heute nicht zu rechnen. Diesen Umstand nutzte Severus voll aus. Er drückte Gordian ein dickes Buch in die Hand und sagte: „Suchen Sie sich einen Trank aus.“

Hermine kannte den Wälzer. Auch sie durfte sich während ihrer Ausbildung einen Trank aus dem Buch Die Kraft von Lóng – ostasiatische Tränke für die Sinne aussuchen. Gordian würde heute zum ersten Mal mit einem Drachenei als Zutat arbeiten. Der junge Mann schien von der Vielfältigkeit der Tränke überwältigt.

Mr. Lyon und Hermine brauten einige gängige Tränke im Voraus. Erst vorhin hörten sie über einen Sonorus den Hinweis der Magischen Polizeibrigade, dass sämtliche Flohnetzverbindungen gekappt wurden. Solang die Winkelgasse nicht freigegeben war, war ein Nachhausekommen für Gordian und Mr. Lyon sowieso nicht möglich. Daphne brachte derweil die Buchhaltung auf Vordermann und hielt ein Schwätzchen mit Mr. Flourish, der hier wie ein Gestrandeter festsaß und es nicht wagte, einen Fuß vor die Tür zu setzen. Die Polizei hatte alles gesperrt, damit ihnen keiner der gewalttätigen Demonstranten entwischen konnte. Luna hatte ihre Kamera gerettet. Der Film war unbeschädigt, was man von dem aufgesetzten Blitz nicht behaupten konnte. Sie hatte bereits begonnen, einen Artikel zu verfassen.

An der Tür zum Labor klopfte es. Daphne lugte herein.

„Hermine, kannst du mal bitte kommen? Wir haben einen Verletzten.“
Davon irritiert ließ Hermine alles stehen und liegen. Als sie an Gordian vorbeikam, flüsterte sie: „Nimm den Adlerauge.“
Kaum hatte Hermine das Labor verlassen, sagte Gordian: „Ich habe mich für den Adlerauge entschieden.“
Severus kam herum und schaute auf das Buch in den Händen seines Schülers. „Warum ist es dann bei einem potenzsteigernden Trank aufgeschlagen?“
„Ähm …“ Gordian schaute auf die aufgeschlagene Seite und wurde rot im Gesicht. „Moment, ich hatte doch eben …“
„Seite 235, Mr. Foster. Miss Granger hätte Ihnen auch gleich die Seitenzahl nennen sollen.“

Hermine war derweil im Verkaufsraum und verarztete eine Frau, die von zwei Polizisten begleitet worden war. Sie war eine der unschuldigen Passanten, die zufällig in den Aufruhr geraten war. Die Frau war in dem Gedränge gefallen und hatte sich den Kopf aufgeschlagen.

„Wann haben Sie die Winkelgasse wieder im Griff?“, fragte Hermine die beiden Polizisten.
„Wir haben sie doch im Griff.“ Ein Blick nach draußen zeigte, dass noch immer einige Demonstranten mit ihren Stäben bewaffnet waren und mit Flüchen um sich warfen. Einer der Polizisten kommentierte das und sagte: „Nach und nach führen wir die Demonstrierenden per Portschlüssel ab. Das kann noch ein wenig dauern. Entwischen wird uns jedenfalls keiner.“
Die Frau, deren Stirn Hermine gerade verarztete, klang sehr wütend. „Sie haben einfach alle zusammengepfercht, selbst diejenigen, die hier nur einkaufen wollten!“
„Eine Beschwerde können Sie gern beim Ministerium einreichen.“
„Und ob ich das tun werde!“
Die Polizisten sahen sich kurz gegenseitig an und fragten dann Hermine: „Dürfte die Dame wohl hier bei Ihnen warten?“
„Sicher.“

Bis zum Abend hatte die Magische Polizeibrigade alle Hände voll zu tun. Weil die Winkelgasse gesperrt war, ebenso alle Flohnetzwerke blockiert waren, lag es an Gordian, für acht Personen Mittagessen sowie Abendessen zuzubereiten. Mr. Flourish, Luna und die Dame mit der Kopfverletzung bedankten sich vielmals für die nette Behandlung.

Mit ihren beiden Artikeln war Luna im Groben schon fertig, es folgte nur noch der literarische Feinschliff. Nach Feierabend las Hermine beide Artikel und befand sie für gut. Sie fragte sich nur, welcher der Artikel es auf die erste Seite bringen würde. Der über den Verkauf eines Zauberstabes an den ersten Kobold oder der über den Aufstand aus dem gleichen Grund.

Am nächsten Morgen war Hermine überrascht darüber, dass keiner von Lunas Artikeln die erste Seite zierte. Die Schlagzeile lautete 142 vermisste Hexen und Zauberer gefunden. Damals während des Krieges hatten einige Zeitungen regelmäßig eine Liste mit gefallenen Kämpfern herausgebracht. Die Liste im aktuellen Tagesprophet ähnelte den damaligen sehr. Es waren Namen, viele Namen, einfach untereinander geschrieben, doch diesmal bedeutete es nicht, dass diese Menschen gestorben waren. Heute las Hermine die Liste nicht mit heftig pochendem Herzen und dem Gefühl, gleich in Tränen ausbrechen zu müssen. Diesmal freute sie sich, denn wenigstens ein Name sagte ihr etwas.

„Warum grinst du so vor dich hin?“, wollte Severus während des Frühstücks wissen.

Auch jemand anderes, der früh auf den Beinen war, las die Liste aufmerksam. Gregorys Hände zitterten, seine Atmung ging stockend. Die Eier in der Pfanne waren längst schwarz, so wenig achtete er auf das Frühstück, dass er für Blaise, Pansy, Berenice und sich machen wollte. Das Haus und das gesamte Vermögen von Mr. und Mrs. Goyle war vom Ministerium noch immer nicht freigegeben worden. Die Besitztümer aller Todesser und deren Familien wurden gründlich durchsucht und geprüft oder auch einfach nur vergessen. Wären Pansy und Blaise nicht so freundlich, ihn auf unbestimmte Zeit bei ihnen wohnen zu lassen, säße Gregory auf der Straße.

Seine Augen flimmerten, als er die kleine Schrift las, Namen für Namen in Gedanken aussprach – und da, ganz unten, stand der Name einer Frau.

In Windeseile war Gregory in den ersten Stock geprescht, um Blaise und Pansy zu wecken. Das aufgebrachte Klopfen an ihrer Tür wurde sofort beantwortet.

„Was ist denn los, Greg?“ Pansy war angekleidet und gerade dabei, Berenice für den Tag anzuziehen.
„Blaise?“, rief Gregory über Pansys Schulter hinweg. „Komm her, das musst du dir ansehen!“
Ein Morgenmensch war Blaise nicht, aber wach war er. „Was ist denn los?“, murmelte er ein wenig verstimmt.
Gregory stürmte ins Zimmer. Einige Blätter der Zeitung verteilten sich auf dem Boden, aber die Seiten waren unwichtig. Wichtig waren die mit der Namensliste. „Sieh hier!“ Mit einem Finger deutete Gregory auf das Ende der alphabetisch sortierten Liste. „Das ist bestimmt …“
„Meine Mutter!“ Blaise las den Namen wieder und wieder, dann noch einmal.

Keine Mrs. Parkinson, keine Mrs. Goyle. Die beiden blieben weiterhin verschollen, aber wenigstens hatte einer von den dreien Glück. Blaise zitterte am ganzen Leib, aber er stählte sich innerlich, um den zur Liste gehörenden Artikel zu lesen:

In Peninver, an der Ostküste von Kintyre, konnte ein ungleiches Team, bestehend aus einem Auror und einem Muggel-Geheimdienstler, bei ihrem ersten gemeinsamen Einsatz einen vollen Erfolg verzeichnen. Mr. Shacklebolt und Mr. Geoffreys suchten Kontakt zu einem Geheimniswahrer, der angeblich einen in Peninver liegenden Gutshof zu einer Zufluchtsstätte für Kriegsflüchtlinge umgestaltet hatte. Während des Krieges gingen viele solcher Gerüchte umher. Einige von ihnen waren von Todessern selbst in die Welt gesetzt worden, um Hoffnungen zu zerstören, aber Peninver gab es tatsächlich. In über fünf Jahren fanden sich 142 verängstigte Männer, Frauen und Kinder der Magischen Welt dort ein. Unserem Reporter war es leider nicht möglich, mit einer der geretteten Personen direkt zu sprechen. Aus einem Gespräch mit dem Auror hörte er jedoch heraus, dass vier Menschen während ihrer Zeit im Gutshof an einer normalen Todesursache gestorben sein sollen. Vorerst wurden alle Geretteten ins St.-Mungo-Hospital für Magische Krankheiten und Verletzungen gebracht. Das Aurorenbüro stellte eine Liste mit den Namen aller Überlebenden zusammen, die wir gern zu drucken bereit sind. Am Ort des Geschehens fand sich übrigens kein Geringerer an als Harry Potter. Auf die Fragen unseres Reporters antwortete er wiederholt mit den Worten „Ich habe damit überhaupt nichts zu tun. Ich bin durch Zufall hier.“ Wir nehmen es mit einem Schmunzeln zur Kenntnis.

Mehr erfahren Sie, liebe Leser, in der morgigen Ausgabe.

Ihr Team vom Tagesprophet


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