von Muggelchen
Das erste Zusammentreffen von Sid und Sirius war frostig – die nächsten fünf Stunden blieb es so, bis im Laufe des Abends das Gespräch von Arthur auf die Problematik mit den Werwölfen gelenkt wurde. Das Eis war auf der Stelle gebrochen, doch nicht Sirius hatte das Wort ergriffen, wie Arthur es vermutete, sondern Sid. Von da an waren die beiden Männer enthusiastisch im Gespräch. Die Unterhaltung wurde von Mr. Bloom erst sehr spät in der Nacht beendet, denn er war todmüde, wollte sich jedoch nicht einfach zurückziehen, während seine Gäste sich noch bei ihm aufhielten.
„Ich würde vorschlagen, wir setzen die Unterhaltung Morgen fort, Mr. Duvall, dann können wir auch gleich klären, wie wir die Sache beginnen wollen. Was denken Sie?“, fragte Sirius sein Gegenüber.
„Gern, Mr. Black. Kommen Sie doch zu mir. Meine Wohnung befindet sich in der Winkelgasse Nummer zwei, gleich im ersten Stock. Sie können den Kamin benutzen. Sagen wir gegen 14.00 Uhr? Dann können wir alle ausschlafen.“ Sids Blick wanderte zu einem grimmig dreinblickenden Minister. „Na ja, fast alle“, verbesserte er, bevor er Sirius einen kleinen Zettel hinhielt, so dass der ihn lesen konnte.
„Fidelius-Zauber?“, fragte Sirius perplex.
„Erst seit ein paar Wochen. Ich halte es im Augenblick für klüger, dass der Ort, an dem ich mich aufhalte, verborgen bleibt. Es gibt Menschen, denen Malfoys Freilassung ganz und gar nicht gefallen hat und das fällt natürlich auf mich zurück.“
Weder Arthur noch Sirius fiel hierzu etwas anderes ein, als verständnisvoll zu nicken. Anschließend verabschiedete sich Sid von den Anwesenden und verließ als Erster das Haus von Mr. Bloom. Hätte besagter Mr. Bloom nicht Sirius sehr eindringlich gebeten, ebenfalls nachhause zu gehen, wäre dieser noch versucht gewesen, Arthur in ein weiteres Gespräch zu verwickeln.
Auf ein Gespräch ganz anderer Natur bereiteten sich gerade zwei finstere Gesellen vor. Die gestohlenen Geldsäcke hatten die beiden Diebe gestern bereits verbrannt, die Galleonen untereinander aufgeteilt. Für ihr Treffen mit ein paar Männern, die einen gewinnbringenden, wenn auch halsbrecherischen Auftrag für sie hätten, machten sie sich auf in ein kleines Örtchen in einer Bergschlucht namens Clova. Das Treffen sollte in einem Gebäude stattfinden, für das die Bezeichnung „Hütte“ noch sehr nobel war. Zu holen war da nichts, dachten die beiden Verbrecher, als sie die Baufälligkeit bemerkten. Die Hintertür war nicht einmal verschlossen, so dass beide das Gebäude betraten. Sie waren zu früh gekommen, wie sie es immer taten, um die Gegend im Auge zu behalten.
Der dünnere von beiden öffnete in der kleinen Küche eine Schublade nach der anderen, doch sie waren alle leer, genauso wie die Schränke, die an der Wand befestigt waren. So klein und eng, wie das Haus war, waren sie von der Küche mit nur drei Schritten ins Wohnzimmer getreten. Stühle, ein Tisch, leere Schränke und ein Kamin war das Einzige, was sie hier im Licht ihres Lumos vorfanden, also warteten sie auf ihre Verabredung.
Zur abgemachten Zeit sahen sie Licht, das durch die dreckigen Fenster schien, und sie vernahmen vor dem Haus das Geräusch eines Autos, was beide im ersten Moment erschreckte. Sie zogen ihre Stäbe und positionierten sich am Eingang. Vier Autotüren hörten sie knallen, so dass sie mit mindestens vier Männern rechnen mussten.
„Ob sie schon da sind?“, fragte eine Stimme, während der Türknauf sich drehte. Der dünne Dieb blickte fragend zu seinem Kumpan hinüber, der nur einmal gelassen die Schultern hob und wieder senkte, danach seinen Stab in der Innentasche seines schmutzigen und zerrissenen Umhangs verschwinden ließ. Er ging von der Tür weg und wartete in der Mitte des dunklen Raumes, während sein misstrauischer Freund weiterhin mit gezücktem Stab an der Tür stand, um ungesehen zu bleiben.
Die Tür öffnete sich und vier Männer traten ein. Einer betätigte einen Schalter an der Wand, so dass die alte Stehlampe surrend zu leuchten begann. Sofort bemerkten sie den in der Mitte des kleinen Wohnzimmers stehenden Mann.
„Guten Tag, Mr. Stringer?“, fragte der Herr mit dem roten Bart, der körperlich nicht sehr fit schien. Stringer nickte. „Wo ist Ihr Kamerad?“ Der Gauner mit dem schäbigen Umhang machte eine nickende Kopfbewegung in eine bestimmte Richtung, weswegen sich die vier Männer, die mit dem Auto gekommen waren, umdrehten. Dort stand sein Kamerad. Eine große Narbe wie von einem Tier zierte seinen Hals. Den Stab hatte er nur locker auf die vier gerichtet.
Blitzschnell zog einer der neu angekommenen Herren eine Waffe und richtete sie auf den Zauberer.
„Versuch es ruhig“, murmelte der Mann mit der Handfeuerwaffe bedrohlich.
„Tyler!“ Der befehlsartige Ton des Rothaarigen ließ Tyler zusammenfahren. Seine Waffe senkte er, aber er steckte sie nicht wieder weg. Mit einem Zeichen seiner Hand bedeutete der Rothaarige, dass alle sich setzen sollten. „Wir sind hier, um ein Geschäft zu machen“, erinnerte er die anderen. An den Zauberer mit dem Stab in der Hand gewandt fragte er: „Mr. Fogg, richtig?“ Fogg bestätigte mit einem Nicken. „Nehmen Sie doch bitte Platz.“
So wie Fogg seinen Stab in der Hand behielt, so präsentierte Tyler seine Waffe für jeden sichtbar. Das gegenseitige Misstrauen war keine Einbildung. Stringer und Fogg setzten sich nebeneinander, so dass sie die vier Männer im Auge behalten konnte. Mit den beiden jüngeren von ihnen, die sich im Hintergrund hielten, hatten Stringer und Fogg erst letzte Woche Kontakt gehabt. Der Rothaarige schien sich in diesem Haus nicht besonders wohl zu fühlen. Seine elegante Kleidung verriet, dass er ein reicher Muggel sein musste. Er richtete das Wort an die beiden Zauberer.
„Meine Männer“, er deutete auf die beiden jüngeren, „haben Ihnen gesagt, um was es geht?“
Stringer nickte, grinste dann verstohlen, bevor seine raue Stimme zu hören war. „Ein wenig gewagt, meinen Sie nicht, Mr. …?“
Der Rothaarige zögerte, nannte jedoch seinen Namen. „Hopkins.“
„Mr. Hopkins“, wiederholte Stringer langsam. „Ein wenig gewagt wäre noch viel zu milde ausgedrückt.“
„Wenn Sie aus unserem hoffentlich zum Abschluss kommenden Geschäft mehr herausschlagen wollen, dann seien Sie sich gewiss, dass Sie nach erfolgreicher Erfüllung Ihrer Aufgaben noch einmal den gleichen Betrag erhalten werden“, sagte Hopkins bestimmend und mit verzogenem Gesicht, als würde er sich vor den beiden ekeln. „Also ersparen Sie mir Ihre Spielereien und kommen wir zur Sache.“ Hopkins blickte einmal zu den beiden jungen Männern hinüber, dann wieder zu Stringer. „Haben Sie noch Fragen, oder haben die beiden Mr. Roth Ihnen letzte Woche bereits alles beantwortet?“
Stringer musterte Hopkins von oben bis unten, bevor er herablassend fragte: „Mich interessiert, warum ein Muggel wie Sie Interesse an der Entführung einer nicht gerade unbekannten Persönlichkeit aus unserer Welt hat.“
Nicht sofort antwortete Hopkins, denn er überdachte seine Antwort, um keinesfalls den wahren Grund zu nennen.
„Persönliche Differenzen, meine Herren, sollte Ihnen als Antwort genügen.“
Das erste Mal meldete sich Fogg zu Wort. Die steife helle Haut an seinem Hals bewegte sich auf und ab, als er fauchte: „Es genügt nicht!“
Stringer legte dar, warum es keine ausreichende Erklärung war. „Wissen Sie, Mr. Hopkins: Harry Potter ist berühmt. Jeder kennt ihn. Und er ist überaus kräftig, hat immerhin du-weißt-schon-wer erledigt.“
„Wen bitte?“ Hopkins konnte mit der Umschreibung für Voldemort nichts anfangen.
Belustigt hob Stringer eine Augenbraue. „Sie haben nie von ihm gehört? Dann lassen Sie sich gesagt sein, dass Potter nicht nur uns, sondern auch Sie und Ihresgleichen vor Knechtschaft und auch dem Tod bewahrt hat. Was für ‘persönliche Differenzen‘ könnten Sie schon mit ihm haben?“ Er lehnte sich in seinem Stuhl zurück. „Ich vermute, Sie kennen ihn nicht einmal persönlich.“
„Offengestanden“, Hopkins zischte wütend, „geht mir Ihre Fragerei auf den Geist. Wenn Sie das Geschäft ablehnen wollen, dann gut, aber ich bin nicht gewillt, Ihnen nähere Informationen zu geben.“
„Sie, Mr. Hopkins, werden aber niemand anderen finden, der sich so einen waghalsigen Vorschlag auch überhaupt nur anhören möchte. Haben Sie eine Ahnung, was diese Entführung auslösen wird?“ Stringer fixierte ihn mit seinen stechend blauen Augen. „Nicht nur, dass Potter eine bekannte Persönlichkeit ist, dessen plötzliches Verschwinden öffentlich gemacht werden würde. Nein, er ist auch noch mit einer Dame liiert, die direkt mit dem Minister verwandt ist. Unter seinen Freunden befinden sich Auroren, die …“ Stringer hielt inne, weil Hopkins das Wort nicht zu kennen schien. „Auroren sind die Bluthunde des Ministeriums und glauben Sie mir, es ist nicht leicht, denen zu entkommen. Man konnte den Zeitungen entnehmen, mit wem Potter befreundet ist und diesen Menschen möchte man nicht einmal am helllichten Tag begegnen. Nicht nur Auroren sind darunter, sondern auch Todesser und die sind noch viel schlimmer!“
Tyler begann herablassend zu lachen, wodurch sich Stringer und Fogg persönlich angegriffen fühlten. Der Zauberstab in Foggs Hand zuckte und er hätte ihn beinahe benutzt, doch da hatte sich Tyler wieder gefangen. Er konnte es jedoch nicht lassen, eine Frage zu stellen.
„Heißt das, Sie haben Angst?“
Von der Bemerkung ließ sich Stringer nicht provozieren, drehte den Spieß stattdessen um. „Man merkt, dass Sie als Muggel keine Ahnung haben, wie das bei uns abläuft.“ Sein Blick fiel auf die Brüder Alex und Arnold Roth. „Und ihr beide? Ihr seid Squibs oder irre ich mich?“ Die beiden bissen die Zähne zusammen, weil sie sich von der Bemerkung gekränkt fühlten, doch sie sagten nichts, hörten stattdessen weiter zu. „Was treibt euch zu diesen Muggeln?“
Hopkins wollte ein Machtwort sprechen. „Es genügt!“, befahl er mit erhobener Stimme, doch Stringer schüttelte den Kopf.
„Es genügt nicht! Über Squibs, die Zugang in unsere Welt haben, holen Sie sich zwei Zauberer, weil Sie es selbst nie schaffen würden, auch nur hundert Meter an Potter heranzukommen. Sie sind darüber hinaus nicht einmal informiert, was man für Vorkehrungen treffen muss. Apparation zum Beispiel.“ Stringer musste wieder erklären, was das bedeuten würde. „Wir können mit ein wenig Konzentration reisen. Wenn Sie Potter haben, könnte der im Nu wieder verschwinden. Sie können ihn nicht festhalten.“
„Da haben wir vorgesorgt!“, vermeldete Tyler. „Mit Hilfe von Chloroform kann keiner einfach so verschwinden – weder Zauberer noch normale Menschen.“ Stringer horchte bei der Bezeichnung „normale Menschen“ auf und wurde skeptisch, sagte jedoch nichts.
Es gefiel Hopkins gar nicht, dass Tyler diese Information preisgegeben hatte, doch ihm blieb nichts übrig, als diese Aussage zu bestätigen. „Wir haben Vorkehrungen getroffen, meine Herren. Wir brauchen nur noch Potter.“
„Und dann?“ Stringer ließ nicht locker. „Auch wenn Sie ihn haben, was tun Sie gegen die Auroren? Die werden Sie finden, da mache ich mir nichts vor. Sie sind nicht unantastbar, Mr. Hopkins. Unser Minister würde den Ihren kontaktieren und schon befänden Sie sich im Gefängnis. Das heißt, wenn Sie diese Angelegenheit überhaupt überleben.“
Arnold warf seinem Bruder Alex einen Blick zu, denn er wusste, dass Stringer die Wahrheit sagte. Einen Zauberer zu entwaffnen war nicht schwer, aber ihn an Apparation zu hindern oder an wort- und stablosen Zaubersprüchen, stellte ein unkalkulierbares Risiko dar, das sie bisher nicht eingegangen waren, denn die entführten Zauberer und Hexen hatten sie bis dato immer schnell erledigt. Es stand außer Frage, dass Potter auch ohne Stab einen mächtigen Zauberer darstellte. Sich gegen ihn zur Wehr zu setzen verlangte jede Menge Voraussicht.
„Was wir mit Potter machen dürfen Sie gern vollkommen uns überlassen.“ Von dem unbequemen Stuhl erhob sich Hopkins und blickte auf Stringer herab. „Sie haben nichts anderes zu tun, als ihn mir zu bringen. Das ist Ihre Aufgabe, die ich, wie Sie wissen, nicht gerade schlecht bezahle. Wie sieht es nun aus? Kommen wir zu einem Handel?“
Fragend blickte Stringer zu Fogg hinüber, der keine Regung zeigte und es offensichtlich ihm allein überließ, eine Entscheidung zu treffen. Lange überlegte Stringer nicht, denn er hielt Hopkins die Hand entgegen. Der Rothaarige griff zu und schüttelte sie kräftig. Für einen Moment hielt er die Luft an, denn Stringer stank nach altem Schweiß, was er erst jetzt bemerkte, wo er ihm so nahe war.
„Dann ist es abgemacht! Wir wollen ihn noch vor Juni haben. Das ist genügend Zeit für Sie zum Planen.“
Stringer nickte, obwohl er davon ausging, dass er nicht viel planen konnte. Es war in allen Zeitungen zu lesen, dass Potter Hogwarts kaum verließ, sich gegen Interviews sträubte und sehr selten öffentliche Veranstaltungen aufsuchte. Wie sollte man jemanden entführen können, der sich in einem der sichersten Gebäude Schottlands so wohl fühlte?
Kaum waren Hopkins, Tyler und die beiden Squibs mit dem Auto wieder weggefahren, sagte Fogg, der die ganze Zeit über nur drei Worte von sich gegeben hatte: „Irgendetwas stinkt hier.“ Er schaute zu Stringer hinüber und grinste. „Und das bist diesmal nicht du.“
„Ha ha“, machte Stringer beleidigt, „dieser Hopkins hält sich für schlau. Mag sein, dass er reich ist, aber er hat keine Ahnung, was sein Vorhaben auslösen wird. Wir müssen schnell handeln: Potter fangen, abliefern, Geld einheimsen und auf der Stelle verschwinden, wenn wir das überleben wollen.“
Fogg nickte gedankenverloren. „Aber das Problem liegt doch darin, Potter erst einmal in die Finger zu kriegen. Er arbeitet in Hogwarts.“ Er dachte kurz nach, bevor er den Hauch einer Idee von sich gab. „Jemand von uns könnte sich vielleicht dort bewerben.“
Verdutzt blickte Stringer ihn an. „Als was? Als Hausmeister?“ Er schnaufte. „Und von Kollegen umgeben sein, die sämtliche Gliedmaßen opfern würden, um Potter zu schützen? Außerdem ist dieser Todesser dort und auch der verdammte Werwolf!“
„Hey!“ Mit einer Hand fasste sich Fogg an die riesige Narbe an seinem Hals.
„Ja, aber du bist MEIN Freund. Der andere Werwolf ist Potters Kumpel.“ Stringer setzte sich wieder auf einen der Stühle und fuhr sich durchs Haar, während er die Angelegenheit überdachte. „Wir müssen uns etwas einfallen lassen, Potter aus Hogwarts zu locken.“
Fogg schüttelte den Kopf. „Der würde nie alleine irgendwo hingehen. Und mit was sollten wir ihn schon ködern können?“
„Vielleicht sollten wir vorsichtshalber Vielsafttrank in Auftrag geben, nur falls wir ihn brauchen sollten? Geld haben wir ja jetzt.“ Stringer dachte an die drei Geldsäcke, die sie neulich einer Frau abgenommen hatten, aber auch an den Vorschuss, den sie demnächst von den beiden Squibs für den Auftrag von Mr. Hopkins erhalten würden. „Wir müssen jetzt nachdenken.“
„Ich kann nicht“, wimmerte Fogg. Weil Stringer nicht verstand, wurde er deutlicher. „Nächste Woche ist Vollmond. Ich kann mich nicht konzentrieren.“
„Wo willst du diesmal den Trank nehmen?“
Einmal mit den Schultern gezuckt erwiderte Fogg: „In der Winkelgasse ist eine neue Apothekerin. Sie soll recht jung sein. Ihr wird das mit dem gefälschten Pass bestimmt nicht auffallen.“
Die besagte Apothekerin hoffte innig, dass Severus heute kommen würde. Es war sein Vorschlag gewesen, schon ab dem vierten März den Wolfsbanntrank anzubieten, weil der Vollmond auf einen Sonntag fiel. Nach dem Gespräch mit ihm, das er abbrechen musste, weil es ihn zu sehr belastet hatte, war er wortlos gegangen und seitdem nicht wieder aufgetaucht. Nicht wie sonst war er fast täglich nach dem Unterricht zu ihr gekommen, um zu helfen oder zu reden. Während seiner Abwesenheit wurde ihr mehr und mehr klar, dass sie Severus hier haben wollte, hier in der Apotheke, zum gemeinsamen Tränkebrauen, für fachliche Unterhaltungen, aber auch nur, um gemeinsam miteinander zu essen. Das fehlte ihr. Jeden Tag hatte sie auf ihn gewartet. Bei jeder Eule hatte sie gehofft, es wäre eine Nachricht von ihm. Selbst wenn abends im Kamin ein Holzscheit verrutschte und es laut zu knistern begann, hatte sie hoffnungsvoll auf grüne Flammen gewartet, aber niemand kam.
Den Überfall hatte sie noch immer nicht verkraftet, auch wenn sie nach außen hin ruhig war. Es waren besonders die Nächte, in denen sie wach im Bett lag und sich ausmalte, was alles hätte geschehen können. Weil sie nicht schlafen konnte, dachte sie auch über andere Dinge nach und wurde sich darüber klar, dass sie die Apotheke nicht mehr allen führen wollte.
Bei Flourish und Blotts hatte sie ein dünnes Buch mit Vertragsvorlagen erworben, zusätzlich auch vorgefertigte Verträge, die man nur noch ausfüllen musste. In drei Nächten, wenn sie mit der Arbeit in der Apotheke fertig war, hatte sie in dem Buch gelesen und sich die Vertragsvorlagen angeschaut. Endlich, in der Nacht zum vierten März, begann sie damit, den Vertrag auszufüllen. Anfangs zitterte ihre Hand, als sie in die leeren Spalten Namen und Daten einfügte, doch mit jedem Eintrag hielt sie sich mehr und mehr vor Augen, wie sehr sie das wollte. Sehr bald war ihre Handschrift wie immer, ruhig und kurvenreich, genauso ausgeglichen, wie sie sich bei dieser Entscheidung fühlte. Den ausgefüllten Vertrag, auf dem nur noch zwei Unterschriften fehlten, schaute sie sich mehrmals an und jedesmal begann ihr Herz zu klopfen, wenn sie sich vorstellte, wie er reagieren könnte. Dabei gab es nur zwei Möglichkeiten. Er könnte zusagen oder ablehnen. Den ausgefüllten Vertrag legte sie in eine lederne Mappe, die für sie persönlich die Wichtigkeit symbolisierte, was er hoffentlich genauso sehen würde.
Sie stand früh morgens hinter der Theke und überflog gerade die Liste mit den Anmeldungen für den Wolfsbanntrank. Würde Severus nicht kommen, wäre sie aufgeschmissen. Es waren viel zu viele Anmeldungen, als dass sie die Arbeit allein bewältigen könnte. Neben den festen Stammkunden kamen täglich neue hinzu.
Während des Frühstücks in der großen Halle musste auch Severus an den Wolfsbanntrank denken, denn er hatte ihr seine Hilfe versprochen, würde sein Versprechen auch einhalten. Eingeengt zwischen einem viel zu gut gelaunten Remus und einem sehr hungrigen Harry stocherte Severus lustlos in seinem Schälchen Porridge herum, der heute irgendwie nicht besonders appetitlich aussah.
„Heute Abend wieder in der Apotheke?“, hörte er Remus‘ Stimme.
Severus blickte auf. „Wie bitte?“
„Der Trank!“, half er ihm auf die Sprünge. „Bekomme ich ihn hier von dir oder bei Hermine?“ Remus grinste und fügte hinzu: „Von dir.“
Das Gefühl, jemand würde ihn beobachten, war bei Severus plötzlich sehr präsent, weswegen er sich umdrehte. Neben Harry, der nach vorn gebeugt dem vollen Teller vor sich seine ganze Aufmerksamkeit widmete, saß Albus, der ihn anblickte. Der Bart hielt ein Schmunzeln verborgen, das die Augen hinter der Halbmondbrille jedoch nicht verhüllen konnten. Dem festen, wenn auch sehr lebhaften Blick des Direktors konnte Severus nicht länger standhalten. Er wandte sich an Remus, um ihm zu antworten.
„In der Apotheke, wenn es recht ist.“
„Das dachte ich mir“, sagte Remus nicht überrascht.
Erneut blickte Severus in seine Schale und überlegte, ob es so schmecken würde, wie es aussah, da spürte er wiederholt den Blick des Direktors, den er zu ignorieren versuchte. Nach einer Weile schob Severus die Schale weit weg, schaute gleich darauf über Harry hinweg zu Albus, der ihn noch immer mit glänzenden Augen fixierte hatte. Severus seufzte, griff dann zu einem Brötchenkorb und hielt es Albus entgegen, der sich bediente.
„Danke für das Brötchen, auch wenn es eigentlich ein paar Auskünfte waren, auf die ich gehofft habe.“
„Was denn für Auskünfte?“, fragte Severus skeptisch nach.
„Ich weiß“, begann Albus, „dass es mich nichts angeht, wie du deine Freizeit zubringst, aber mein Interesse an deiner Person, das weißt du, Severus, ist das Interesse eines Mannes, der sich für seinen jungen Freund freuen möchte.“
Während Severus die Worte noch in Gedanken auseinander pflückte, übernahm es Harry, das Geheimnis zu lüften, denn er sagte freiheraus: „Severus hilft Hermine in der Apotheke, wenn er Zeit hat.“
„Ah“, machte Albus erleuchtet, als würde diese Information das gesamte Universum in einem Satz erklären. „Siehst du, Severus, jetzt bin auch ich guter Dinge.“
„Dieses Frühstück“, murmelte Severus, „entwickelt sich langsam zu einem kafkaesken Erlebnis.“
Hermine, erinnerte er sich, hatte versprochen, außerhalb dieses für die Gespräche genutzten Zimmers kein Wort über das zu verlieren, was er gesagt hatte. Es wäre also nichts zu befürchten, sollte er sie heute aufsuchen. Sie würde es unterlassen, ihn auf damalige Geschehnisse anzusprechen. Ihr Versprechen ließ ihn nach dem Unterricht seine benötigten Zaubertrankutensilien packen, um zu ihr zu flohen. Noch immer hatte sie keinen eigenen großen Kessel, also nahm er seinen mit.
Gegen halb zwei hatte Hermine gerade einen Kunden bedient, der sich verabschiedete, da hörte sie Schritte in der Wohnung über der Apotheke. Er war gekommen, dachte sie erfreut. Die Schritte kamen die Stufen hinunter, doch anstatt kurz in den Verkaufsraum zu schauen, um sie zu grüßen, ging er schnurstracks ins Labor. Das metallende Geräusch des mitgebrachten Kessels, den er über der Feuerstelle aufhing, beruhigte sie. Einen mittelgroßen Kessel mit dem Wolfsbanntrank hatte sie für die ersten Kunden schon gebraut. Als sie verträumt zur Tür blickte, die ins Labor führte, hörte sie, wie jemand vor ihr sich räusperte.
„Oh, guten Tag“, grüßte sie den neuen Kunden, den sie vorher noch nie gesehen hatte. Das Narbengewebe am Hals zeugte in ihren Augen unmissverständlich von einem Werwolfsbiss. „Sind Sie wegen des Wolfsbanntrankes hier?“, fragte sie ohne Scheu, denn in ihren Augen war das kein Verbrechen.
„Ähm“, machte der Kunde ein wenig verlegen, „ja, bin ich. Was muss ich tun?“
„Den Ersten können Sie sofort einnehmen, der ist schon fertig. Für die anderen beiden bitte ich Sie, sich in die Liste einzutragen“, sie deutete hinüber auf einen Tisch, „damit ich den Überblick behalte, wie viel ich brauen muss.“
„Was denn? Etwa mit Namen?“ Der Kunde schien besorgt.
„Sie können auch drei Kreuze machen. Ach nein, machen Sie lieber nur zwei. Es war schon jemand hier, der drei gemacht hat. Ich brauche keine Namen, Sir, nur die Anzahl der Kunden.“
Der Herr machte für Freitag und Samstag seine beiden Kreuze, bevor er den Tränkepass auf die Theke legte.
„Einen Moment noch, ich holen Ihnen erst den Trank.“
Sie verschwand aus dem Verkaufsraum, um das erste Mal nach vier Tagen Severus gegenüberzutreten. Kaum hatte sie das Labor betreten, versteifte er sich. Langsam drehte er sich um.
„Guten Tag“, kam es sehr gezwungen aus seinem Mund.
„Hallo Severus. Ich habe schon befürchtet, Sie würden heute gar nicht kommen.“
„Ich habe es versprochen oder etwa nicht?“, hielt er ihr vor Augen.
„Ja, das haben Sie.“ Verlegen blickte sie sich um. „Ich wollte nur einen Trank holen.“ Den Wolfsbanntrank aus dem fertigen Kessel in einen Becher umfüllend warf sie ihm mehrmals Blicke zu, während er an dem größeren Kessel mit gleichem Trank arbeitete. „Severus?“ Er drehte sich um. „Ich würde nachher gern etwas mit Ihnen besprechen.“
„Sie haben mir versichert, außerhalb des Zimmers …“
„Daran halte ich mich auch!“, unterbrach sie gereizt, weil sie gekränkt war, dass er ihr zumutete, ihr Versprechen zu brechen. „Es geht um etwas Anderes. Bleiben Sie nach Ladenschluss noch einen Moment?“ Er überlegte einen Augenblick, stimmte aber wortlos zu.
Zurück im Verkaufsladen suchte sie den Kunden, der sich in einer hinteren Ecke verdrückt hatte und sich etwas anzusehen schien.
„Sir?“ Er fuhr zusammen und legte einen Gegenstand wieder ins Regal zurück. „Verzeihen Sie, ich wollte Sie nicht erschrecken.“
„Kein Problem.“
Nachdem er den Trank genommen hatte, schob er ihr den Tränkepass über die Theke, so dass sie unterschreiben sollte. Das Papier fasste sich merkwürdig an, aber auch irgendwie vertraut, registrierte Hermine nebenher. Der Kunde ging einige Schritte zurück und blickte ein wenig zu unauffällig aus dem Fenster hinaus auf die belebte Straße. Als sie unterschrieb, hob der Kunde eine Hand und fuhr sich durchs Haar, gleich darauf erschien der Stempel des Ministeriums auf dem Pass. Der Pass selbst unterschied sich nur vom Papier her von den anderen, die sie bisher zur Genüge unterschrieben hatte. Das Verhalten des Kunden war auch seltsam, beinahe als hätte er ein Zeichen gegeben. Aber wem? Sie kümmerte sich nicht mehr um die Angelegenheit, sondern entschied, den morgigen Tag abzuwarten. Ihre Gedanken drehten sich um den Augenblick nach Ladenschluss, wenn sie mit Severus etwas Wichtiges bereden würde.
Den Laden schloss sie um 16 Uhr, bevor sie sich zu Severus ins Labor begab, der schon angespannt auf sie wartete. Er schien eine unangenehme Situation zu befürchten.
„Kommen Sie mit in die Küche? Wenn Sie mir sagen, wie viele Löffel ich von dem Pulver nehmen muss, damit er nicht zu mild wird, bekommen Sie auch wieder einen Mokka.“ Davon überredet folgte er ihr, bekam sein luxuriöses Getränk, saß dennoch steif am Tisch und schien das Schlimmste zu erwarten. „Ich bin gleich wieder da.“
Sie verschwand nach oben. Keine Minute später kam sie zurück, in ihrer Hand eine lederne Mappe, die sie noch einmal ehrfürchtig betrachtete, bevor sie sie vor ihn auf den Tisch legte und ihm gegenüber Platz nahm.
„Was ist das?“, wollte wissen, ohne Anstalten zu machen, die Mappe aufzuschlagen.
Hermine nahm es ihm ab und öffnete den Deckel, womit der Vertrag zum Vorschein kam. Sie beobachtete ihn und hoffte, in den winzigen Regungen seines Gesichts zu erkennen, was in ihm vorging, wenn er erst einmal begriffen hatte, was sie von ihm wollte. Er las die Überschrift, das konnte sie sehen. Sein Blick überflog den Vertrag, bevor er ihn von Anfang an las. Als er fertig war, blickte er auf und schaute sie fragend an, verlor jedoch kein Wort.
„Und was sagen Sie?“ Sie hoffte so sehr, dass er begeistert wäre.
„Warum nur 49 Prozent?“, fragte er kühl.
Dass er darin eventuell ein Problem sehen würde, hatte sie nicht geahnt. „Damit ich Sie rauswerfen kann, wenn Sie mich zu sehr ärgern“, erklärte sie mit einem Schmunzeln.
Er hingegen blieb todernst. „Alles in dem Vertrag bezieht sich genau auf die Hälfte: der Gewinn, die geschäftlichen Belange, das Mitspracherecht. Warum wollen Sie mir nur 49 Prozent der Apotheke anbieten und nicht ebenfalls die Hälfte.“
„Ich glaube nicht, dass ein Prozent den Kohl fett machen wird.“
„Sie irren.“ Lustlos schlug er die Mappe zu und schob sie – wie heute Morgen bereits die Schale Porridge – von sich weg.
„Severus? Das kann doch nicht wirklich an einem Prozent liegen, dass Sie ablehnen?“
„Ich habe Sie immer gleichrangig behandelt!“ Als sie ungläubig den Kopf schräg lehnte, wurde er deutlicher. „Zumindest nach Ihrer Schulzeit. Und was tun Sie?“
„Wenn dort 50 Prozent stehen würden, würden Sie dann zusagen?“
„Womöglich.“
Genüsslich trank Severus seinen Mokka, dessen Geschmack ein wenig an Schokolade erinnerte, obwohl kein Kakao enthalten war. Hermine nutzte die Zeit zum Nachdenken. Ihm die Hälfte anzubieten war ihre erste Überlegung gewesen, doch eine Sache hatte sie aufgehalten.
‘Was soll’s?‘, fragte sie sich selbst und öffnete die Mappe wieder. Interessiert sah er dabei zu, wie sie die Zahl 49 durchstrich. Darüber schrieb sie eine 50 und bestätigte die Vertragsänderung mit ihrer Unterschrift daneben. Die durchgestrichene Zahl verschwand und die 50 rückte an die leere Stelle. Somit hatte sie ihm gezeigt, wie ernst ihr die Angelegenheit war. Die aufgeschlagene Mappe schob sie zurück, so dass er die Veränderung sehen konnte. Er blickte sie eindringlich an, bevor er sich erneut dem Vertrag widmete.
„Ihnen werden sowieso bald 100 Prozent gehören“, kapitulierte sie.
„Warum das?“
„Weil mein Vater mich umbringen wird, wenn er davon erfährt! Er hat mir das Startkapital gegeben und er würde von mir erwarten, das letzte Sagen in Bezug auf die Apotheke zu behalten.“
Severus musste grinsen. „Dann zahlen Sie Ihrem Vater eben die Hälfte des Startkapitals zurück, denn sollte ich zusagen, würde ich natürlich auch finanziell einsteigen.“
„‘Sollte‘ hörte sich nicht so an, als wären Sie sehr begeistert“, vermutete sie kleinlaut.
Sein Blick traf den ihren und sie schauten sich einen Moment lang an. „Sie werden verstehen, Hermine, dass ich so eine Entscheidung nicht übereilt treffen kann. Es gilt, einige Dinge zu erledigen. Eine Kündigung einreichen, eine Wohnung in der Nähe suchen.“ Er schlug die Mappe zu. „Besonders Letzteres möchte ich nicht übers Knie brechen, denn ich habe nicht vor, mehrmals umziehen zu müssen, weil die erst beste Unterkunft doch nicht meinen Ansprüchen genügt.“
„Ich könnte Ihnen bei der Suche helfen. Hier in der Winkelgasse …“
Er unterbrach und führte ihren Satz fort: „… sind die Wohnungen zu teuer. Was glauben Sie, warum nur wenige Geschäftsinhaber direkt hier leben? Nicht jeder hat eine Wohnung über dem Geschäft. Sie haben Glück gehabt, dass Mrs. Cara so zuvorkommend mit ihrem Preis war.“
Sie verstand, doch trotzdem machte sie es traurig, dass er nicht sofort unterzeichnete. Natürlich war es nur fair, ihm eine gewisse Bedenkzeit einzuräumen, doch in dieser Zeit musste sie auch befürchten, er könnte das Angebot ablehnen.
Weil sie verträumt an dem Fingernagel ihres Daumens knabberte, lenkte er sie mit einer Frage ab.
„Hermine?“ Sie blickte sofort auf. „Haben Sie noch etwas anderes auf dem Herzen?“
‘Eine Menge‘, dachte sie, sagte jedoch laut: „Am Samstag …“
„Ich werde am letzten Tag vor Vollmond hier sein, auch gern schon zum Frühstück.“
Seine von ihr willkommene Zusage brachte sie zum Lächeln. „Ich wollte eigentlich fragen, ob wir zusammen zum Spiel gehen.“
„Zu welchem Spiel?“
„Ich hatte Ihnen doch erzählt, dass am Samstag die Überraschung für Harry stattfindet. Albus hat es Ihnen bestimmt gesagt.“ Vage erinnerte Severus sich daran, wie er Albus‘ Einladung für Samstag in den Wind geschlagen hatte. „Es wird eine große Sache werden. Eine Menge Leute sind eingeladen worden. Die Tribünen werden völlig überfüllt sein. Ich würde gern mit Ihnen hingehen.“
Eine Augenbraue wanderte verschüchtert nach oben. „Ich dachte eigentlich, Sie machen sich nichts aus Quidditch.“
„Nicht, wenn ich regelmäßig zu einem Spiel gehen muss, aber dann und wann schon. Ich will Harry fliegen sehen und ich will ihm zujuben!“, schwärmte sie hochgestimmt. „Draco wird übrigens auch spielen!“
„Damit wollen Sie es mir schmackhaft machen?“
Sie grinste. „Er ist immerhin Ihr Patenkind. Wäre er nicht enttäuscht, wenn Sie nicht zusehen, wie er Profis schlägt?“
„Gehe ich recht in der Annahme, dass auch die Eltern und Freunde der Spieler eingeladen sind?“
„Natürlich“, bestätigte Hermine, „warum fragen Sie?“
„Weil das bedeuten könnte, dass Mr. Malfoy senior auch anwesend sein wird.“
„Das würde Sie doch nicht abschrecken oder?“
Mit einer Ecke der ledernen Mappe spielend dachte Severus darüber nach, wie es aussehen würde, wenn er sich mit ihr in der Öffentlichkeit zeigen würde. Andererseits wäre es nicht das erste Mal, sie an seiner Seite zu haben. Dumme Bemerkungen von anderen Gästen waren stets ausgeblieben. Quidditch war nichts, für das er Freude empfand, mit ihr zusammen zu sein allerdings schon. Er müsste damit rechnen, von bestimmten Leuten eventuell auf seine Begleitung hin angesprochen zu werden. Allen voran Albus würde den Mund nicht halten können. Er würde damit schon zurechtkommen, dachte Severus.
„Dann werden wir am Samstag erst die Kunden bedienen und danach zu dem Spiel gehen“, gab er den Tagesplan wieder, den sie freudestrahlend bestätigte. „Nun gut, Sie sollten sich am Samstag etwas Warmes anziehen, denn ich befürchte, Harry wird etwas länger benötigen, um den Schnatz zu fangen. Seine Gegner sind dieses Mal keine Slytherins, sondern Profisportler.“
„Sie gehen davon aus, dass Harry gewinnen wird?“
Nur kurz seine eigenen Worte resümierend erwiderte er: „Natürlich.“
An den beiden darauffolgenden Tagen arbeiteten Severus und Hermine gelassen zusammen. Die Kunden bekamen ihren Wolfsbanntrank und Hermine kümmerte sich nicht um Mr. Doppel-X, der sich jedesmal, wenn sie den Pass unterschrieb, an ihrem Fenster zu räkeln begann. Momentan hatte sie andere Sorgen. Zum einen war da der Vertrag, von dem sie hoffte, dass er bald Severus‘ Unterschrift tragen würde, zum anderen war sie auf das heute Abend um 18 Uhr stattfindende Quidditch-Spiel gespannt. Es stimmte, dass sie damals, als sie zu jedem Spiel von Ron gegangen war, keinen Gefallen an diesem Sport fand. Aber Harry und all die anderen zusammen fliegen zu sehen war etwas vollkommen anderes, denn er war nun einmal kein Profi, auch wenn Ron mehrmals versucht hatte, ihn zu einem zu machen. Bisher hatten die alten Freunde es nie geschafft, sich in ihrer Freizeit zu einem Spiel zu treffen. Die Überraschung für Harry konnte nur glücken, denn jeder hatte seinen Mund gehalten. Wenn Harry am Samstag mit Ginny zum Spielfeld schlendern würde, wäre er noch völlig ahnungslos. Draco hatte bei Albus sogar, das wusste Hermine von ihm, um Erlaubnis gefragt, die Quidditch-Montur für dieses eine Spiel neu zu entwerfen. Die neue Ausrüstung trug die vier Farben der Häuser und in der Mitte das große Wappen von Hogwarts.
Während Hermine an das heutige Spiel dachte, wurden von ihren Freunden die letzten Vorkehrungen dafür getroffen.
Gegen Mittag traf Draco auf dem Gelände von Eintracht Pfützensee ein und schaute sich von der Tribüne aus die letzten Minuten an, bis der Sucher den Schnatz gefangen hatte. Die Quidditch-Mannschaft war mit ihrem Training fertig, die Spieler landeten nach und nach. Alle gingen geschlossen in eine Richtung, wahrscheinlich um die Duschen aufzusuchen, doch Ron hatte Draco schon von seinem Tor aus bemerkt und näherte sich ihm.
Ron grüßte ihn mit einem Nicken. „Ich hoffe, Harry hat sich erholt. Ich habe gehört, dass es ihn neulich bei einem eurer letzten Spiele vom Besen gehauen hat und er im Krankenflügel gelandet ist.“ Er hatte es von Ginny erfahren und machte ein mitfühlendes Gesicht, denn er wusste natürlich aus der Schule, dass sein bester Freund nach einem Spiel oft von Madam Pomfrey wieder aufgepäppelt werden musste.
„Ich war nicht dabei, aber er hat wohl den Schnatz gefangen“, gab Draco grinsend zurück. Beide mussten lachen. „Dabei war er ein Jäger, also gab es nicht einmal Punkte.“
„Harry ist ja auch ein Sucher“, stellte Ron klar, obwohl das beiden nicht neu war. „Ich bin froh, dass es heute Abend mit einem Spiel klappt. Die Quidditch-Saison beginnt am 1. April, da wäre es schwierig geworden. Oliver und ich werden für die Schule spielen. Wir beide werden durch unsere Reservespieler ersetzt, aber glaub mir, meine Team-Kollegen werden es uns nicht leicht machen. Immerhin sind das Berufssportler, die es nicht zulassen wollen, von Amateuren geschlagen zu werden.“
„Oliver und du sind auch Berufssportler. Es könnte ein gerechtes Spiel werden.“
„Hoffen wir’s. Ich habe übrigens Lee Jordan gefragt, ob er das Spiel heute kommentieren will. Er hat zugesagt!“ Ron strahlte über das ganze Gesicht.
„Fast alles wie früher.“
Ron schüttelte den Kopf. „Nein, nicht nur fast, denn Fred und George konnten sich nicht einigen, wer von beiden als Treiber mitmachen soll. Als sie gehört haben, dass Angelina ihre Zusage zum Spiel zurückgezogen hat – was sie im Übrigen nur getan hat, damit Fred und George sich einen Ruck geben –, haben sie entschieden, doch zu zweit zu kommen.“
„Sehr gut. Wann wollt ihr es Harry beibringen?", frage Draco neugierig.
„Erst in der Kabine, wenn er den Besen schon in der Hand hat. Keine Minute vorher! Wir wollen doch nicht, dass er eine Rückzieher macht.“
„Ihr seid böse“, warf Draco vorgespielt ernst ein.
„Nein, ich kenne ihn nur zu gut!“
Die große Tasche am Boden bemerkte Ron erst, als Draco hinunterblickte.
Mit großen Augen wollte der jüngste Weasley wissen: „Sind sie das? Die Umhänge mit dem neuen Outfit?“
„Ja, du kannst sie verteilen.“
Neugierig öffnete Ron die Tasche, in der sich der neue Quidditch-Dress befand, den die Hogwarts-Spieler tragen würden.
„Sieht klasse aus!“
„Ich habe nur für Ginny, Harry und mich einen zurückbehalten. Ich hoffe, er stellt keine Fragen.“
„Wird ihm im ersten Moment komisch vorkommen“, vermutete Ron, „aber Ginny wird ihm schon was vom Pferd erzählen, warum er heute keine Gryffindormontur trägt.“
„Das hoffe ich doch, es soll doch bis zum letzen Moment eine Überraschung sein.“ Draco blickte sich auf dem Spielfeld um. „Ich werde wieder gehen. Wir sehen uns nachher pünktlich in der Umkleide.“
Mit einem Wingardium Leviosa ließ Ron den Sack schweben, damit er Oliver schon die neue Kleidung geben konnte, bevor er sich verabschiedete. „Freu mich schon drauf! Bis nachher.“
Nachher kam schneller als erwartet.
In einem Affentempo hatten Hermine und Severus bereits Arbeiten erledigt, die sie nicht liegenlassen wollten, nur weil sie sich ein Quidditch-Spiel ansehen würden.
„Wir müssen langsam los, Severus. Wir wollen doch nicht, dass Harry uns sieht, wenn wir zum Stadion gehen.“
„Ich bin seit zwei Stunden fertig!“, rechtfertigte sich Severus. „Ich muss mir nur meinen Umhang umwerfen. Haben Sie bereits einen warmen Umhang rausgelegt?“
„Ich, ähm … Ich bin gleich zurück.“ Schon verschwand Hermine aus dem Wohnzimmer, um sich aus dem Schrank im Schlafzimmer warme Kleidung zu holen. Sie war schnell wieder zurück. „So, wir können. Und Sie meinen, es macht dem Hund nichts aus, wenn er hier bleibt?“
„Ich vermute, die Gesellschaft“, Severus blickte zu Fellini, „tut ihm gut.“ Er deutete auf den Kamin. „Nach Ihnen.“
Sie flohten in Severus‘ persönliche Räume in Hogwarts, so dass sie von dort aus schnell zum Stadion gehen konnten. Nur vereinzelt sah man Lehrer oder Schüler, die ebenfalls zum Spielfeld gingen. Die meisten mussten sich dort schon eingefunden haben. Das Quidditch-Feld war mit einem Zauber geschützt, so dass man von außen nicht hören konnte, dass die Besucherränge voll waren.
Kaum hatten Hermine und Severus das Stadion betreten, wurden sie von dem Geräusch hunderter durcheinander sprechender Menschen beschallt.
„Himmel, ist das voll!“, sagte Hermine mit lauter Stimme, doch trotzdem beugte sich Severus zu ihr und fragte nach, was sie eben gesagt hatte. Das Publikum bestand nicht nur aus den Familien der Spieler und deren Freunden, sondern auch aus hochrangigen Gästen, die heimlich, still und leise eingeladen worden waren. Die Presse, vermutete Hermine, war sicherlich erst in diesem Augenblick dabei, eine Sonderausgabe zu drucken, denn sie hatte man „versehentlich“ zu spät benachrichtigt. Es war ein Wunder, zeugte aber auch von dem Zusammenhalt aller, dass kein einziges Wort nach draußen gedrungen war.
An ihnen vorbei rannten vergnügt kreischende Kinder mit Ballons in der Hand, auf denen das Hogwarts-Wappen abgebildet war. Andere schwenkten Fähnchen von Eintracht Pfützensee. Von all den Leuten, denen sie begegneten, kannte Hermine die meisten vom Sehen her, doch Namen fielen ihr nicht bei jedem sofort ein. Da waren Mr. und Mrs. Diggory mit einem Jungen an der Hand, der um die sieben Jahre alt sein musste. Er war Cedric wie aus dem Gesicht geschnitten. Lange konnte sie sich nicht mit der Frage beschäftigen, wer dieser kleine Junge war, denn sie wurde von jemandem angerempelt.
„Oh, bitte entschuldi… Hermine?“
„Hallo Molly!“
Die beiden begrüßten sich herzlich und redeten einen Moment miteinander, bis Molly Severus bemerkte und ihm die Hand reichte.
„Ich hole für die Jungs noch schnell etwas zum Knabbern“, erklärte Molly, die ihre Augen auf einen überfüllten Stand mit Zuckerwatte, kandiertem Obst, Nüssen und allerhand anderen Leckereien gerichtet hatte.
„Oh, es gibt Nüsse!“, schwärmte Hermine, die nicht dazu kam, sich in der Reihe anzustellen, denn sie wurde sofort von Colin und Dennis entdeckt. Severus stand derweil etwas vergessen hinter Hermine und wartete geduldig, bis sie die Höflichkeit hinter sich gebracht hatte, ihre Freunde zu begrüßen, doch der Strom an alten Bekannten wollte nicht abreißen. Immer wieder wurde Hermine auf dem Weg zu dem kleinen Stand von jemand aufgehalten. Severus kannte alle: Seamus Finnigan, Lavender Brown, die Patil-Schwestern, Justin Finch-Fletchley und sogar Cho Chang. Das könnte interessant werden, dachte Severus, wenn Harry auf sie treffen würde.
„Hallo Severus“, hörte er eine Stimme hinter sich, die so laut gesprochen hatte, dass sie in dem Wirrwarr sogar verständlich war. Severus drehte sich um und blickte einem – noch immer oder schon wieder – gut gelaunten Remus in die Augen. „Severus, wir haben dort oben“, Remus deutete auf eine der obersten Tribünen, „Plätze für euch freigehalten. Wo ist Hermine?“
„Sie spielt Eichhörnchen und sucht nach Nüssen.“
Remus blickte sich um und bemerkte Hermine, die immer wieder von einem Freund oder einer Freundin aufgehalten wurde.
„Das schafft sie nie! Ich hole sie lieber. Wir sollten schon sitzen, wenn Harry mit dem Team ins Stadion kommt.“
Während Remus Hermine dazu überredete, sich keine Leckereien zu kaufen, weil die Zeit knapp wurde, wanderte Severus, der das Glück hatte, auf seinem Weg von keiner Menschenseele aufgehalten zu werden, durch die Menge hindurch zur Tribüne. Bevor er diese jedoch erklomm, erspähte er einen Mann mit einem Bauchladen, der in seinem Sortiment auch die von Hermine gesuchte Delikatesse anbot. Wortlos tauschte Severus mit dem Verkäufer 8 Sickel gegen eine Packung Nüsse, die er in seinem Umhang verschwinden ließ.
Den nicht gerade kurzen Weg hinauf zur Tribüne überwand er, ohne aus der Puste zu kommen. Wie vermutet traf er hier auf besondere Gäste, wie auf Albus und Minerva, Mr. Whitehorn von Nimbus Rennbesen sowie auf Kingsley, aber auch auf Tonks, die neben sich einen Schal auf die Bank gelegt hatte, damit ihr auch gar niemand den Platz ihres Liebsten stehlen würde. An ihrer anderen Seite saß Andromeda und daneben jemand, mit dem Severus durchaus gerechnet hatte.
„Severus!“, grüßte Narzissa freudestrahlend. Sein Blick fiel auf die Person neben ihr. Lucius sah aus, als hätte er einen Besenstiel verschluckt. Sein Gesicht war verzogen und ihm war anzusehen, dass er in diesem Moment überall sein wollte, nur nicht hier mit Albus und Andromeda auf so engem Raum. Man konnte ahnen, dass er gegen seinen Willen hergekommen war. Vielleicht wollte er aber auch lediglich seiner Gattin einen Gefallen erweisen. Andromedas Ehemann war auch anwesend. Er saß hinter Frau und Tochter, um Malfoy senior im Auge zu behalten. Natürlich grüßte Severus die Malfoys, allerdings nur mit einem Kopfnicken, wie er es auch bei jedem anderen tat, der hier oben saß. Die Platzwahl fiel schnell auf die freien Sitze neben Tonks. Severus nahm ganz am Ende der Bank Platz, damit Hermine die Freude haben durfte, während des Spiels neben Remus zu sitzen.
Eine Ansage ertönte und Severus erkannte sofort die Stimme von Arthur, der alle Anwesenden begrüßte und auf einige wichtige Gäste aufmerksam machte, unter anderem Viktor Krum, der mit seiner Familie hergereist war, um ein Teil der Überraschung für Harry darzustellen.
Im Erdgeschoss in Hogwarts machten sich Harry und Ginny gerade für ein weiteres Trainingsspiel fertig, das glaubte er zumindest. Mit der neuen Quidditch-Garderobe hatte er ein wenig zu kämpfen.
„So hier?“ Er blickte zu Ginny hinüber und drehte sich vor ihr. „Wieso haben wir jetzt plötzlich diese neuen Umhänge? Die habe ich noch nie gesehen. Wo sind denn die anderen?“, wollte er neugierig wissen.
„Da sind ein paar Reinigungszauber schiefgegangen, deshalb tragen wir die alte traditionelle Hogwarts-Mannschaftskleidung für Notfälle“, machte sie ihm weis.
„Wir hätten das Training auch einfach verschieben können, bis wir unsere alten Umhänge zurückhaben“, entgegnete er, obwohl ihm der Umhang mit dem Hogwarts-Wappen gefiel. Dass an der Sache etwas faul war, dachte er nicht im Entferntesten.
„Du siehst gut darin aus. Alle Farben zusammen! Irgendwie hab ich mir das schon immer gewünscht“, sagte Ginny versonnen. In Gedanken wiederholte Harry den Satz: ‘Alle Farben zusammen‘.
Ginny ließ ihm keine Zeit, noch weiter über das Gesagte nachzudenken. Stattdessen drückte sie ihm seinen Twister in die Hand und drängte ihn zum Verlassen des Zimmers.
Komisch fand er, dass sich am heutigen Samstag offensichtlich niemand in den Gängen aufzuhalten schien, obwohl nicht einmal ein Hogsmeade-Wochenende geplant war. Es war fast menschenleer, bis auf Filch, der mit einem Wischmob hantierte und grimmig in seinen nicht vorhandenen Bart murmelte. Die Stille war fast unheimlich. Zusammen gingen sie durch die Eingangshalle hinüber zu der Treppe, die nach draußen führte.
Je näher sie dem schuleigenen Stadion kamen, desto stärker beschlich Harry die Gewissheit, dass hier etwas nicht stimmen konnte.
Die Bestätigung für seine vage Annahme bekam er erst, als er zusammen mit Ginny die Quartiere neben dem Stadion betrat. Da warteten Ron und die Zwillinge, die ihn breit angrinsten. Da war auch Oliver Wood, der jetzt bei Eintracht Pfützensee in der Profiliga spielte und ihm ein herzliches Lächeln schenkte. Mit wem er gar nicht gerechnet hatte, war Lee Jordan, der früher immer die Spiele kommentiert hatte. Wer zu den ganzen Gryffindors nicht so ganz passte war Draco in voller Montur, die der seinen auf den letzten Fadenstich glich. Bis auf Lee trugen alle den gleichen Quidditch-Dress, wie Harry es erst jetzt bemerkte. Für einen Moment blieb ihm glatt die Luft weg.
„Was ...?“
An dieser Stelle ergriff Ron das Wort, denn er spürte, wie Harry auf der Stelle trat.
„Wir haben uns überlegt, was wir so einem reichen Schnösel wie dir schenken können. Also haben wir ein richtiges Quidditchspiel organisiert, mit dem wir dich überraschen – und zwar jetzt.“ Er beäugte Harry mit einem frechen Grinsen. „Wenn ich mir dein Gesicht so ansehe, dann denke ich, ist es uns gelungen!“
„Aber wie …?“ Harry war vollkommen überwältigt und schnappte nach Luft.
„Oh, leicht war es nicht. Immerhin musste es in aller Heimlichkeit geschehen – jeder musste absolut dicht halten. Die Trainingsspiele für dich mussten organisiert werden, um dich wieder einigermaßen fit zu machen, damit du dich nicht völlig blamierst.“ Ron blickte zu Ginny hinüber und da wusste Harry, dass sie sich darum gekümmert hatte.
„Du hast das gewusst?“, fragte er Ginny vorwurfsvoll, die daraufhin nur frech lächelte. „Ich …“ Harry schlucke einmal kräftig. „Ich weiß gar nicht, was ich sagen soll. Ihr habt mir dieses Spiel organisiert?" Als alle Anwesenden nickten, war er noch sprachloser als zuvor.
„Sag nichts, Harry.“ Rons Vorschlag nahm er gern an. Er konnte sowieso kein Wort mehr herausbringen, denn er befürchtete, er würde zu weinen beginnen, weil er sich so freute. Ginny drückte seine Hand. Er drückte dankend zurück.
Mit seinem Zauberstab in der Hand kündigte Ron an: „Dann wird es Zeit, dass wir hören, wann wir aufs Feld dürfen.“ Er machte eine Handbewegung und flüsterte einen Spruch, so dass der Stillezauber aufgehoben wurde und Arthurs dröhnende Stimme sowie der darauf folgende tosende Beifall der Zuschauer laut und deutlich zu hören war. Aufgrund Harrys weit aufgerissener Augen erklärte Ron wie selbstverständlich: „Was wäre ein Spiel ohne angemessenes Publikum?“ Ron stupste Harry mit dem Ellenbogen an und nahm seine Position ein. „Du nach vorn, Harry. Der Sucher immer zuerst.“
Die Formatierung der Gruppe war ein offenes Dreieck, von dem Harry die Spitze darstellte. Gespannt hörte man zu, wie Arthur die Mannschaft von Eintracht Pfützensee vorstellte.
Bei dem Sucher namens Deimos erklärte Ron: „So waghalsig, wie der manchmal fliegt, könnten die anderen Spieler in Panik geraten, dass er sie versehentlich rammt. Es gab bisher nie einen Zusammenstoß, also keine Angst, falls er euch zu nahe kommen sollte.“
Der Hüter wurde genannt, von dem Oliver sagte: „Tyrell ist ein hartnäckiger Bursche, auch wenn er selten die Chance bekommt, für Ron einzusteigen. Er lässt kaum was durchs Tor.“
Über die beiden von Arthur genannten Treiber erzählte Ron: „Gunnar ist eine Kampfmaschine. Er schlägt die Klatscher gern auf die Hinterseite der Besen, damit der Gegner ins Trudeln kommt. Miranda hingegen“, er seufzte und fing sich damit einen Knuff von Ginny ein, „sie ist wahnsinnig hübsch und nutzt das gern aus, um den Gegnern auf dem Spielfeld den Kopf zu verdrehen. Also Achtung: Flirtalarm!“ Die Mannschaft lachte auf, lauschte dennoch den Namen der Jäger, die Arthur nannte.
Wieder war es Oliver, der einige Tipps gab: „Babtunde ist in Afrika großgeworden. Er ist mit 33 Jahren der älteste Spieler auf dem Feld, aber er ist gemütlich, geradezu harmlos, hat aber einen kräftigen Wurf am Leib. Agnes hingegen opfert sich gern mal und schmeißt sich auch zwischen euren Klatscher und ihrem Sucher, um ihn zu schützen.“
Grinsend drehte sich Harry um. „Machst du das auch für mich, Ginny?“
„Aber klar doch.“
„Der dritte Jäger“, begann Ron, „ist Tales. Er springt für Oliver ein. Ist unser Nesthäkchen und hat heute sein erstes richtiges Spiel. Er gibt immer sein Bestes, aber viel haben wir nicht vor ihm zu befürchten.“
Die Erkennungsmelodie von Eintracht Pfützensee ertönte und das Publikum klatschte und pfiff. Nachdem wieder Ruhe eingekehrt war, wenn man das bei einem vollen Stadion überhaupt sagen konnte, gab Arthur die Spieler von Hogwarts bekannt.
„Als Sucher für Hogwarts wird kein anderer als Harry Potter …“ Den Rest des Satzes konnte man trotz Sonorus gar nicht mehr verstehen, denn das Publikum schrie und jubelte und das recht lang.
Ron gab vor, auf seine Armbanduhr zu schauen und sagte gelassen: „Dann kann ich mir ja noch einen Kaffee machen.“ Harry blickte voller Vorfreude über seine Schulter und grinste gelassen.
Es war für Ron seltsam, für ein Quidditch-Spiel von seinem eigenen Vater vorgestellt zu werden, aber er musste lächeln, weil er hörte, wie stolz der auf ihn war, als er sagte: „Das Tor wird von meinem jüngsten Sohn gehütet werden: Ronald Weasley.“
Die Zweitnamen von Harry und Ron hatte Arthur kurzerhand weggelassen, worüber niemand böse war. Fred und George sowie Ginny wurden vorgestellt, weswegen der Minister einen Scherz darüber machte, dass die Mannschaft aus so vielen Weasleys bestand. Seine Frau und er hätten sieben Kinder, sagte er, aber sie wären zu spät auf die Idee gekommen, ein eigenes Quidditch-Team zu gründen. Arthur kam zu den anderen Spielern.
„Schon früher war er in Hogwarts Kapitän des Hauses Gryffindor. Heute wird er als Jäger fungieren: Oliver Wood.“ Oliver war dank Eintracht Pfützensee auch kein Unbekannter mehr. Er schien sich auf das Spiel genauso zu freuen wie Harry. Durch ihn, dachte Harry, war er überhaupt zu Quidditch gekommen – eigentlich durch Minerva, weil sie ihn mit ihm bekanntgemacht hatte. „Der dritte Jäger im Bunde war früher ein gewiefter Sucher des Hauses Slytherin: Draco Malfoy.“
Eine Melodie erklang und das Einzige, was wirklich verständlich war, war der Anfang der Hogwarts-Hymne, die Harry seit seinem ersten Schultag nicht wieder gehört hatte.
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