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Harry Potter und die Schatten der Vergangenheit - Generationen

von Muggelchen

'Willkommen in meinem Haus, Vater!', echote es in der groĂźen Halle von Malfoy Manor wider.

Wie in einem Traum gefangen beäugte Lucius stillschweigend seinen Sohn, dessen Begrüßung nicht ganz dem entsprach, wie er sie sich nach all der Zeit ausgemalt hatte. Den Satz wiederholte er ständig in Gedanken – 'Willkommen in meinem Haus, Vater!'. 'Meinem Haus!'.

Dem strengen väterlichen Blick beugte sich der junge Mann nicht, stattdessen hielt er das Haupt stolz erhoben und die Hände hinter dem Rücken verschränkt – ganz so, wie ein hochgeborener Hausherr es tun sollte, um Eindruck zu schinden. Zu lange wollte Lucius sich dem Schrecken der Unwissenheit nicht ergeben, welcher Wandel ihn hier wohl erwarten würde.

„Ist das eine angemessene Art“, die Oberlippe legte für einen Moment die Zähne frei, „mich nach all den Jahren Daheim willkommen zu heißen?“
„Ja“, erwiderte sein Spross blitzschnell, zuckte dabei nicht einmal mit der Wimper. „Es wird dir sehr bald auffallen, Vater, dass sich einige Situationen geändert haben.“
„Die du hoffentlich nicht jetzt alle aufzählen möchtest.“
Eine Augenbraue war in dem jugendlichen Gesicht arrogant nach oben gewandert. „Natürlich nicht. Du kannst dich ein wenig ausruhen, dich frischmachen. Vor dem gemeinsamen Abendessen möchte ich allerdings ein Wort mit dir wechseln. Ich erwarte dich gegen halb sieben im grünen Salon.“ Lucius bemerkte den Blick, den Draco seiner Mutter zuwarf. Wieder an ihn gewandt sagte sein Sohn: „Du möchtest sicherlich die ersten Stunden in diesem Haus mit Mutter verbringen.“

Seine Augen wanderten zu Narzissa hinĂĽber. Ihr Anblick verschlug ihm die Sprache, so dass er lediglich nickte. Sein Sohn lieĂź sie allein.

Wie der Anblick eines geliebten Menschen einem mit einem Schlag die Sprache verschlagen konnte, war immer wieder ein erstaunliches Erlebnis für Lucius. Doch nicht nur seine Sprache verlor er, sondern erneut sein Herz. Leise, kaum hörbar, hauchte er das Einzige, was sein Atem hergeben konnte.

„Meine Narzissa.“

Mit ausgestreckten Armen wartete er darauf, dass seine Gattin ihn nun inniger begrüßen würde und das tat sie. Ihre zarte Gestalt in seinen Armen gab ihm ein Teil von dem zurück, was er in der letzten Zeit in Askaban, beim Dunklen Lord und später im Mungos verloren hatte. So lange hatte er sich nach ihr gesehnt, nach der weichen Haut mit ihrem sinnlichen Duft, nach den Haaren, die so golden waren, als seien sie aus den Strahlen der Sonne gewebt. Ihre Arme umschlossen ihn. Nur am Rande vernahmen beide das Geräusch des auf den Boden aufschlagenden Gehstocks, der aus Lucius Händen geglitten war, als er sie an sich drückte. Ihre Lippen auf den seinen waren das Feuer, nach dem sein Innerstes gedürstet hatte. Der erste Kuss seit fast acht Jahren, doch in seiner Wirksamkeit dem Elixier des Lebens sehr ähnlich. Lucius wurde springlebendig. Die Wärme ihrer Haut, die Lippen, der salzige Geschmack.

Lucius stutzte und beendete den Kuss langsam, um sie anzuschauen. An ihren Wangen liefen Tränen herab. Sie weinte lautlos.

„Nicht doch, meine Liebe, nicht.“ Die Suche nach einem Taschentuch blieb erfolglos, so nutzte er seine Küsse, um ihre Tränen zu trocknen.

Im ersten Stock hielt sich Draco noch immer am Pfosten des Bettes fest. Mit einer Hand rieb er seine Augen. Susan strich ihm besorgt ĂĽber den RĂĽcken, im anderen Arm hielt sie Charles.

„Draco, ist etwas Schlimmes vorgefallen? Sag schon, wie ist es gelaufen?”
Er atmete zittrig aus, bevor er sich aufs Bett setzte. „Ich weiß nicht. Nachher werde ich mit ihm reden. Ich muss mir noch ein paar Dinge überlegen, die ich geklärt haben will.” Schweiß glitzerte auf seiner Stirn.
„Möchtest du, dass ich dabei bin?”
Resignierend schüttelte er den Kopf. „Manche Dinge muss ich allein machen. Es würde einen schlechten Eindruck hinterlassen, wenn du oder Mutter dabei wärt. Ich muss gegen ihn ankommen. Wenn das erledigt ist, wird das Leben mit ihm nur halb so schwer. Ich werde ihm einen Bären aufbinden müssen.”
„Wie meinst du das?”
Trotzdem es nicht zu leugnen war, dass die Situation ihm sehr zusetzte, schnaufte er amüsiert. „Was glaubst du wohl würde er tun, wenn ich ihm erzähle, ich hätte Harry aus purer Freundschaft zum Paten gemacht? Oder die Heirat mit dir? Für ihn scheinen Gründe wie”, er blickte Susan in die Augen, „Liebe nicht zu zählen, jedenfalls nicht bei allen anderen Menschen außer ihm.”
„Ich ...” Sie blinzelte einige Male. „Draco, ich verstehe nicht.”
„Ich werde meine gesamte Situation vor ihm offen legen, aber die Gründe werde ich ein wenig abändern. Er soll ruhig wissen, dass ich durchaus noch sein Sohn bin, auch wenn er es sein wird, den ich ein wenig an der Nase herumführe und nicht die anderen, wie ich es ihm weismachen werde.”
„Wenn das mal nicht daneben geht.”
„Susan, mal eine ernst gemeinte Frage: Willst du Hausfrieden? Denn wenn ich meine Pläne nicht umsetze, wird es hier die Hölle werden.”
„Dann schmeiß ihn raus! Bei Merlin, es ist dein Haus und nicht mehr seins. Deine Mutter hat alles auf dich überschrieben.”

Nickend stimmte er ihr zu, doch sollte er ihrem Vorschlag nachkommen, wĂĽrde noch etwas ganz anderes geschehen, dessen war er sich sicher.

„Ich möchte nicht, dass Mutter mit ihm geht und sie möchte uns auch nicht zurücklassen, aber ich weiß, wie sie sich entscheiden würde, sollte es so weit kommen. Wir wären dann keine Familie mehr. Wir wären zwei Familien: das Ehepaar mittleren Alters und die junge Familie mit Kind. Das ist nicht das, was ich mir wünsche, Susan.”

Eine ganze Weile saßen sie nebeneinander auf dem Bett. Der Einzige, der den Mund nicht halten konnte, war Charles, denn er hatte gerade seinen Speichel als interessantes Spielzeug entdeckt und brabbelte wild drauf los, dass die kleinen Blubberbläschen an seinem Mund nur so platzten. Schmunzelnd betrachtete Draco den fröhlichen Jungen auf Susans Arm.

„Was wird denn das?”, fragte er den Kleinen, sein Tonfall war dabei etliche Oktaven höher.
„Er sammelt Speichel”, warf Susan ein, „um auf seinen Großvater spucken zu können, sollte der ihm Wörter wie 'Schlammblut' an den Ko...” Sie atmete einmal hektisch aus und wieder ein, unterdrückte ihre Tränen, die die Wut ihn ihr aufkommen ließen. „Wenn er auch nur ein einziges Mal ...”
„Wird er nicht, Susan, ganz bestimmt nicht. Es mag nicht so gelaufen sein, wie mein Vater es sich für mich gewünscht hat, aber ich werde ihm klarmachen, dass es mich nicht besser hätte treffen können.”

Um Punkt halb sieben öffnete Lucius die Tür zum Salon. Kaum war er vorhin in seine samtene Garderobe geschlüpft, die nach all den Jahren ein wenig zu groß war, fühlte er sich wieder wie Zuhaus, als wäre er nie fort gewesen. Er würde mehr essen müssen, hatte Narzissa vorhin im Bett gesagt, dann wäre er wieder ganz der alte. Vom Gefühl her war er das längst. Er war in seiner vertrauten Umgebung, hatte seine Frau an der Seite. Über die kleinen Veränderungen im Haus konnte Lucius hinwegsehen, auch wenn das bei dem hellen Marmorboden in der Eingangshalle schwerfiel.

„Vater, setzt dich doch.” Sein Sohn bot ihm in seinem eigenen Haus einen Platz an, doch Lucius blaffte ihn nicht an, biss sich stattdessen auf die Zunge. „Ich hoffe, du wirst dich schnell einleben.”

Mit einer Bemerkung hielt sich Lucius zurück. Er wollte zunächst hören, was sein Sohn zu sagen hatte. Das letzte Mal, als sie sich gesehen hatten, war er noch in Askaban gewesen und Draco hatte ihm von Miss Bones erzählt, dachte Lucius grimmig. Damals hatte er seinem Sohn eine Ohrfeige gegeben, trotzdem er blind gewesen war. Miss Bones und das Balg müssten hier irgendwo im Haus sein.

Draco setzte seinen gefühlskältesten Gesichtsausdruck auf. „Meine Begrüßung war angemessen, Vater. Ich möchte kein Geheimnis draus machen: Das Malfoy-Anwesen und alle Verliese unserer Familie gehören mir. Als es Mutter noch nicht so gut ging, hat sie all den Besitz eigenständig an mich abgetreten.”
Jetzt hielt Lucius nichts mehr. „Beschwatzt hast du sie! Wie kannst du es wagen, deiner eigenen Mutter ...?”
„Nein, Vater”, Draco stoppte ihn mit einer Geste seiner Hand, „sie hat mich damit überrascht. Frag bei Gringotts nach. Sie war allein dort und hat alles geregelt. Ich wusste von nichts, bis sie mir die Papiere überreicht hat.”
Missgelaunt kniff Lucius die Augen zusammen. Seine Lippen verzogen sich, als hätte er in einen zu sauren Apfel gebissen. „Was willst du mir damit sagen?”
„Was denkst du?”, gab Draco frech zurück.
„Ich habe keine Lust auf deine Spielchen, mein”, er verzog das Gesicht, „'Sohn'. Willst du mich des Hauses verweisen, dann nur zu, aber ich rate dir, mach mir ja nichts vor.”
„Warum sollte ich dich hinauswerfen? Bisher hast du dir hier nichts zu Schulden kommen lassen und ich verlange”, mit einem einzigen Blick untermalte er die Ernsthaftigkeit seiner Aussage, „dass das auch so bleibt!”
„Ah, verstehe!” Lucius schnaufte wild und ging einen Schritt auf das Schränkchen mit den Spirituosen zu, um sich einen kräftigen Drink einzuschenken. „Willst deinem alten Herrn ein paar Regel auferlegen, liege ich richtig mit der Annahme?”
„Und wenn es so wäre?”, fragte Draco unschuldig.
„Ich kann mir schon gut denken, welche Richtlinien du mir ans Herz legen willst.” Das Glas Feuerwhisky war mit drei Schlucken leer. „Deine Gattin, nicht wahr? Die ehemalige Miss Bones.” Verständnislos schüttelte Lucius den Kopf und flüsterte dabei etwas, was Draco nicht verstehen konnte. Der Feuerwhisy wurde erneut ins Glas eingeschenkt. „Ich verstehe nicht, warum es dir nicht einleuchten wollte, dass eine Hochzeit mit Miss Parkinson gesellschaftlich wie auch finanziell deine Zukunft gesichert hätte. Glaube mir, Draco, wenn ich sage, dass Zweckehen einen gewissen Vorteil mit sich bringen“, sagte Lucius ausgesprochen kühl.
„Ich denke, Vater“, begann Draco in einem arroganten Tonfall, „dass ich ohne Familie Parkinson eine viel besser Chance auf all das habe, was du dir von meiner Ehe versprichst.“
„Was willst du damit sagen?“ Über den Tonfall seines Sohnes war er mehr als nur erbost.
Draco behielt seine arrogante Stimme bei und imitierte damit perfekt seinen Vater. „Mrs. Parkinson ist vermisst und deine Lieblingsschwiegertochter war ebenfalls für lange Zeit verschollen.“
„Aber das Vermögen ist noch da!“, entgegnete sein Vater trocken, als sei dies Grund genug gewesen, eine Ehe mit Pansy vorzuziehen.
„Da muss ich dich enttäuschen, Vater. Mr. Parkinson liegt seit Jahren im Mungos und ist arm wie eine Kirchenmaus“, erklärte Draco. „Die Familie, in der ich mich jetzt bewege, hat nicht nur ein unglaublich hohes Ansehen in der Gesellschaft, sondern sie ist darüber hinaus auch noch sehr reich, doch beides ist mir völlig egal, denn für die Frau, die ich geheiratet habe, empfinde ich eine so tiefe Zuneigung, dass mir all deine Lehren über die Erhaltung der Reinblütigkeit nichts mehr bedeuten. Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie es sein muss, mit jemandem in den Stand der Ehe zu treten, den man nicht ausstehen kann, nur weil es dem Geldbeutel und dem Blut gut tun könnte. Du magst das Glück gehabt haben, die Frau ehelichen zu können, die du begehrt hast oder war das etwa auch eine von Großvater arrangierte Hochzeit gewesen?“

Aufgebracht stĂĽrmte Lucius auf seinen Sohn zu, doch er blieb einen Meter vor ihm stehen, obwohl er ihm fĂĽr dieses dreiste Benehmen unbedingt eine Ohrfeige verpassen wollte. Es war die Furchtlosigkeit, die sein Sohn ihm entgegenbrachte, die ihn innehalten lieĂź. Draco war erwachsen und er zeigte keine Angst mehr vor seinem Vater, lieĂź sich nicht einmal mehr einschĂĽchtern.

Natürlich hatte Draco bemerkt, dass sein Vater ihn für diese Frechheit hatte bestrafen wollen. Tatsächlich bereute er, was er gesagt hatte. „Ich weiß, dass du Mutter liebst und sie liebt dich. Es tut mir Leid, dass ich eure Verbundenheit mit der Erwähnung einer Zwangsehe in den Schmutz gezogen habe.“ Die Gesichtszüge seines Vaters zeichneten sich wieder weicher, so dass Draco noch mutig hinzufügte: „Gerade deshalb dachte ich, du würdest meine Entscheidung verstehen, Vater. Susan bedeutet mir genauso viel wie Mutter für dich.“

Ein Muskel unter Lucius' linkem Auge zuckte nervös. Mit starrem Blick musterte er seinen Sohn, um ihn zu durchschauen, doch offenbar war Draco viel zu viele Jahre mit Severus zusammengewesen. Sein Junge war für ihn kein offenes Buch mehr, sondern eines mit sieben Siegeln.

„Was hast du erwartet, Vater? Das ich mich reumütig neben dich stelle und zusehe, wie unser Haus weiterhin in den Schmutz gezogen wird? Ist es das, was du erwartet hast?”
„Du bist derjenige, der das Haus besudelt hat, Draco! Musste Harry Potter unbedingt der Pate deines Kindes werden?”
„Ich habe das Haus besudelt? Nun, ich will dieses eine Mal noch versuchen zu erklären, warum ich bestimmte Entscheidungen so getroffen habe. Das Haus Malfoy führe von jetzt an ich, wie ich es dir bereits zu verstehen gegeben habe. Du kannst dich gern in deine Vergangenheit zurückziehen, wenn es dir beliebt, aber steh' mir auf keinen Fall im Weg!” Gelassen ging Draco ein paar Schritte auf seinen schockiert dreinschauenden Vater zu, die Arme derweil herrisch vor der Brust verschränkt. „Ich bin das, was du aus mir gemacht hast, werde damit fertig. Harry Potter ist der mächtigste Zauberer unserer Zeit. Er denkt stets an andere zuerst und dann an sich selbst. Sag, Vater, gibt es eine bessere Wahl für den Paten meines Sohnes?”
„Aber unsere Familie ... Was werden die Anderen denken?” Sein Sohn war ihm mit einem Male so fremd.
„Welche anderen meinst du? Diejenigen, die in Askaban sitzen und höchstens durch ein Stückchen Tagesprophet etwas von uns erfahren, bevor sie sich damit den Allerwertesten säubern? Oder meinst du diejenigen, die denken, dass ich mich geändert habe und dass ich ein besserer Mensch geworden bin? Ein besserer, als du es jemals warst! Sie tun genau das, was ich will und sie denken das, was ich möchte. In dieser neuen Welt, mein lieber Vater, gelten deine Ideale nichts mehr, denn es gibt neue Herrscher. Ich schließe Bündnisse mit den neuen Machthabern, um selbst mächtiger zu werden. Gefällt dir der Gedanke etwa nicht? Dabei dürfte dir das doch sehr bekannt vorkommen, oder? Meine Methoden mögen andere sein als die deinen, doch das Ziel ist das Gleiche.”

Ganz wohl war Lucius bei dem, was er hören musste, nicht. War das sein Sohn? Hatte er sich wirklich gerade diese Eigenschaften von ihm angenommen? In Lucius' Kopf purzelten viele Fragen auf einmal umher, bis er glaubte, verstanden zu haben.

„Ah, dann ist diese Hochzeit mit dem Halbblut nur ein Vorwand für deine wirklichen Absichten? Du kannst dir ja nebenbei eine reinblütige Mätresse nehmen, um die Schande, die du mir zugefügt hast, etwas abzumildern.”
„Schande, Vater?” Draco war erbost. „Du sprichst von Schande? Ja, natürlich”, sein Tonfall wurde sarkastisch, „du hast Recht. Ich hätte mir auch ein Reinblut nehmen können. Ganz ohne Zweifel wäre ein Kind aus dieser Verbindung gleich mit genetischen Defekten zur Welt gekommen. Es wäre vielleicht blind, wie es ja in unserer Familie zu liegen scheint oder vielleicht sogar ein Squib, aber was macht das schon? Die Hauptsache wäre doch, dein Sohn gibt sich nicht mit einem 'dreckigen Halbblut' ab. Im Übrigen solltest du etwas vorsichtiger mit deinem Urteil über Halbblüter sein, Vater, denn immerhin war dein Dunkler Lord ebenfalls eines.”

So einen Fehler vom eigenen Sohn vorgehalten zu bekommen, brachte Lucius zum Kochen, doch Draco wollte noch ein wenig in dieser offenen Wunde stochern.

„Tom Riddle senior war ein Muggel und seine Mutter fast eine Squib. Ich weiß es und weißt du, von wem? Vom Patenonkel meines Kindes! Und nein, es sind keine Lügenmärchen. Du kannst selbst Nachforschungen anstellen, wenn du mir nicht glaubst.” Mit Beispielen zu Halbblütern hielt Draco nicht zurück und zog auch seinen eigenen Patenonkel heran. „Was ist mit Severus? Sag mir nicht, du hättest es nicht gewusst, bevor ihr ihn zu meinem Paten bestimmt habt. Der Vater ein Muggel, die Mutter eine Hexe mit dem Namen Prince.”
Um sich zu rechtfertigen, herrschte er seinen Sohn an: „Das war die Idee deiner Mutter!”
„Dann hat sie schon früher bewiesen, dass es ihr in gewissen Belangen egal ist, welcher Abstammung jemand ist, nicht wahr? Vielleicht dachte sie über Severus als Paten genauso, wie ich über Harry denke? Zum Wohle des Kindes nur das Beste!”

Das dritte Glas Feuerwhisky wollte gefĂĽllt werden. Durch bebende NasenflĂĽgel atmete Lucius den scharf wĂĽrzigen Geruch ein, bevor er das Glas leerte und erbost auf das Tablett donnerte.

„Es mag sein”, keifte er seinen Sohn an, „dass deine Mutter bei Halbblütern auch mal ein Auge zudrücken konnte, je nachdem, wie angesehen der reinblütige Elternteil war, aber sag mir, Draco, was zum Teufel du mit Schlammblütern zu schaffen hast?”
„Wie schon erwähnt schließe ich Bündnisse, um meinen und natürlich auch den Status meiner Familie neu zu begründen und zu festigen. Dafür, dass ich erst vor einem guten halben Jahr damit angefangen habe, ist es mir doch schon ganz gut gelungen, meinst du nicht? Du hast sicher den Artikel von einer Dame namens Luna Lovegood im Tagespropheten gelesen. Auch solche Berichte tragen dazu bei, unsere Familie ins rechte Licht zu rücken. Ich werde nicht dulden, dass du dies mit deinen veralteten Ansichten zunichtemachst. Auch wenn du es vielleicht nicht gern zugeben möchtest, Vater, sind wir uns doch sehr ähnlich. Viel ähnlicher als mir vielleicht lieb ist. Ich habe das erkannt und ziehe meine Vorteile daraus, allerdings nicht ganz so eigennützig wie du.”

So oft wie an diesem Abend war Lucius schon lange nicht mehr drauf und dran, gegen jemanden die Hand zu erheben, doch er hielt sich zurĂĽck. Die Worte seines Sohnes wiederholte er in Gedanken, bis er irritiert die Augen zusammenkniff.

„Dann bist du gar nicht auf deren Seite?”
„Ich bin auf meiner Seite, Vater”, sein Mund umspielte ein freches Grinsen, „aber ich breche auch Lanzen für andere, von denen ich das Gleiche erwarten darf.”

Das sollte gereicht haben, dachte Draco, um seinem Vater etwas zum Nachdenken zu geben. Die Loyalität zur eigenen Familie, zu der auch Familie Bones gehörte, stand für ihn im Vordergrund und das würde er sich nicht einmal von Harry nehmen lassen, doch der war sein Freund, ein aufrichtiger noch dazu. Wie es wirklich um sein Herz stand, musste sein Vater nicht wissen. Sicher war er sich jedoch, dass sein Vater sich aus seinen geschäftlichen Angelegenheiten, die mittlerweile gut anliefen, heraushalten würde. Eintracht Pfützensee gehörte praktisch schon ihm allein. Alte Geschäftsfreunde seines Vaters hatten sich in den letzten Wochen an Draco gewandt, um Geld zu leihen oder Geschäfte – legale – anzubieten, bei denen einiges an Gewinn herausspringen konnte. Diesen Menschen war egal, ob sie mit Draco oder Lucius Malfoy Geschäfte machten, denn denen waren nur die Galleonen wichtig. Draco hoffte innig, dass sein Vater die Situation so interpretierte, wie er es wünschte und in Zukunft auch so handeln würde, wie er es wollte.

Als er noch vor dem gemeinsamen Abendessen zu Susan ging, sah er sie grĂĽbelnd auf dem Bett liegen. Charles war neben ihr eingeschlafen. Er legte sich neben sie, so dass sie das Kind in die Mitte nahmen. Susan legte ihm ihre Hand auf die Schulter.

„Was hast du Draco?”, fragte sie ihn.
Sein Blick wanderte vom schlafenden Sohn hinauf zu ihren Augen. „Ich fühle mich schlecht, Susan. Ich habe alles verraten, an das ich glaube. Ich habe ihm gesagt, dass alles, was ich getan habe, nur aus Berechnung geschah. Dich zu ehelichen, Harry zum Paten und Hermine zur Trauzeugin zu machen. Alles.”

Als er den Kopf wieder hängen ließ, legte seine Frau eine Hand auf die Wange.

„Also hat er es wirklich geglaubt?”, fragte sie ihn ernst. In seine Pläne hatte er sie vorhin erst eingeweiht.
„Ich kann sehr überzeugend sein”, antwortete er matt.
„Ich weiß. Es war eine gute Taktik, Draco, ganz wie wir es besprochen haben. Du hast selbst gesagt, wir hätten ansonsten keine ruhige Minute mehr. Vielleicht hast du es geschafft und er setzt für den Rest seines Lebens eine Maske auf und wird nach außen hin ein erträglicher Mensch?”
„Eine Maske?” Draco seufzte. „Es wäre viel schöner, wenn er die Familie und die Gesamtsituation so annehmen würde, weil er es möchte. Er wird schon sehen, dass das Leben schön sein kann, wenn man freundlich zu Menschen ist. Seine Vergangenheit steht ihm aber im Weg, seine Ansichten. Die werde ich ihm nicht austreiben können.”
„Hoffen wir, dass er mit oder ohne Maske der liebenswerte Opa werden wird, den wir in ihm sehen möchten. Jemand, der nicht seine Todesser-Geschichten mit seinem Enkel teilen will, sondern von den schönen Dingen erzählt, die er zweifelsohne erlebt haben muss.” Susan dachte an Narzissa und wie sie sich jetzt wohl fühlen würde, ihren Mann nach knapp acht Jahren endlich wieder umarmen zu dürfen. „Ich werde ihm auf jeden Fall eine vorbildliche Schwiegertochter sein. Was er am Ende wirklich denkt, spielt keine Rolle mehr.”
„Stellst du dir das so einfach vor?”, fragte er ernst.
„Nein.” Diesmal seufzte sie. „Ich will nur keine Zänkereien haben. Das Haus und die Geschäfte führst du. Dein Kopf muss für wichtige Entscheidungen frei sein. Da ist einfach kein Platz für Familienstreitigkeiten, die dein Urteilsvermögen trüben und dich belasten”, gab sie ihm sanft zu verstehen und strich mit dem Handrücken über seine Wange.
„Einen Trumpf habe ich noch und zwar denselben, wie schon einmal.”
„Welchen Trumpf, Draco?”
„Mutter! Ich habe keine Ahnung, was für Pläne sie geschmiedet hat, aber ich weiß, dass sie sich in Bezug auf meinen Vater ebenfalls Gedanken gemacht haben muss.”

Gedanken machte sich auch jemand ganz anderes.

Hermine war die gesamte Woche über wegen des bevorstehenden Treffens der Tränkemeister am kommenden Samstag ganz aufgeregt. Am Mittwoch sagte sie zu einem Kunden, seine „Schwachelsteinpastillen” wären fertig. Der hatte über den Silbenverdreher natürlich herzhaft gelacht und nannte Hermine humorvoll. Sie hingegen hatte durch die Rede, die sie täglich übte, den Kopf voller Worte, weswegen ihr solche Fehler unterliefen. Solange es nicht auffiel und man ihre Zerstreuung als witzige Absicht deutete, war alles gut.

Dass es sich am Samstag um den Valentinstag handelte, war ihr völlig entfallen, aber würde sie daran denken, dürfte sie sowieso mit keinerlei Aufmerksamkeit rechnen. Die Tage waren vorbei, an denen man ihr jugendlich euphorische Liebesschwüre auf kitschigen Kärtchen zusteckte. Jeden Abend vor dem Zu-Bett-Gehen las sie ihre Rede, mal laut, mal leise. Sogar Ginny musste sich einmal alles anhören, obwohl die nur etwas in der Apotheke kaufen wollte. In Gedanken formulierte sie bereits ausgeklügelte Sätze, um ihre Arbeit gegen potenzielle Gegner ihrer Theorie zu rechtfertigen. Dank Severus rechnete sie nun ganz fest damit, dass man ihren Farbtrank in der Luft zerreißen würde. Je näher der Samstag kam, desto zittriger wurden ihre Finger, mit denen sie die Pergamente hielt. Vor einer möglichen Ablehnung hatte sie große Angst.

An der Tür ihres Geschäfts hatte sie eine Information angebracht, dass die Apotheke am Samstag geschlossen wäre. Ihre Kunden brachten Verständnis dafür auf. Viele haben gefragt, warum sie schließen würde. Dass Hermine vor der Körperschaft der Tränkemeister eine Neuheit vorstellen würde, hatte Eindruck geschunden. Es war ein schönes Gefühl, dass die Menschen sie wegen ihrer Leistungen achteten, doch andere Tränkemeister waren ihr gleichgestellt und würden sich nicht so leicht beeindrucken lassen. Die würden nicht einfach staunend „Ah!” und „Oh!” rufen, sondern ihre Theorie hinterfragen und – wie Severus es nannte – sie ins Kreuzfeuer nehmen.

Eines Morgens war es plötzlich so weit. Es war Samstag. Das Geschäft war geschlossen. Sie flohte wie abgemacht gegen Mittag zu Harry und Ginny und holte sich ein paar aufmunternde Worte ab. Nebenbei bat sie Ginny darum, die Bilder vom letzten gemeinsamen Urlaub herauszusuchen, denn von denen wollte sie endlich mal Abzüge haben. Gleich darauf ging sie hinunter zu Severus, um mit ihm die letzten Details für den Abend durchzugehen.

Hogwarts wiederzusehen war sehr angenehm, obwohl sie nicht einmal lange fort gewesen war. Die Schüler, die sie auf ihrem Weg in die Kerker antraf, waren alle noch die gleichen. Es war ein beruhigendes Gefühl. Bei Severus' privaten Räumlichkeiten angekommen klopfte sie recht zaghaft, doch er hatte sie gehört, denn die Tür wurde aufgerissen.

„Ah, Miss Granger!”
Sie erstarrte, verzog dann das Gesicht und äffte ihn nach. „Miss Granger? 'Miss'?” Irritiert schüttelte sie den Kopf, musste aber grinsen. „Was ist aus 'Hermine' geworden?”
Ein verlegenes Räuspern seinerseits, dann die Antwort: „Die steht vor mir und wird gerade hineingebeten.” Mit einer Hand machte er eine einladende Geste, so dass sie eintrat. „Ich habe mir gestattet, von den Hauselfen eine Mahlzeit bringen zu lassen.”
„Ich weiß nicht, ob ich was essen sollte. Nicht dass ich noch Magenprobleme bekomme.”
„Dagegen gibt es Tränke. Essen Sie was, sonst machen Sie im Laufe des Abends noch schlapp und das wollen wir beide doch wohl nicht.”

Sie gab nach und ließ sich bewirten. Die ganze Woche über hatte sie allein essen müssen und es war langweilig gewesen. Wenn man niemanden hatte, mit dem man zusammensitzen konnte, dann sah man regelmäßige Mahlzeiten nicht so eng. Es schien nur noch halb so wichtig. Für sich allein kochte Hermine gar nicht, nicht einmal Spaghetti. Nur selten kaufte sie etwas Warmes von einem Restaurant in London. Den angebotenen Lieferservice konnte sie schwerlich nutzen.

„Wir sollten nachher pünktlich bei der Veranstaltung erscheinen, um schon im Vorfeld die Lage zu erkunden.”
'Die Lage erkunden?', dachte Hermine. „Severus, das ist keine Spionagesache, wo Sie die Leute beobachten müssen.”
„Natürlich nicht, aber es wäre interessant zu erfahren, wer sich alles dort aufhalten wird. Ich werde den einen oder anderen Gast neugierig auf Ihren Beitrag machen und”, er blickte sie an, „Sympathien für Sie wecken.”
„Das wollen Sie tun?”
„Habe ich mich so missverständlich ausgedrückt?”

Sie schenkte ihm ein dankbares Lächeln, das er nicht vergessen wollte. Während des gemeinsamen Essens redeten sie über andere Belange, nicht über den heutigen Abend, denn Hermine war so schon aufgeregt genug. Ihr war aufgefallen, dass er in der einen Woche, in der sie ihn nicht gesehen hatte, sehr blass geworden war. Sie tippte auf Schlafmangel, verkniff sich aber die Frage nach seinem Wohlbefinden.

„Ich hielt es für angemessen”, Severus erhob sich und ging zu einem Schrank hinüber, „Ihnen etwas für den heutigen Abend zu geben.” Aus dem Schrank zog er einen Bügel, an dem ein schlichtes, dennoch elegantes Kleid hing.
„Oh mein Gott!” Mehr brachte sie im ersten Moment nicht heraus, als sie das dunkelblaue langärmelige Kleid betrachtete. Der hoch geschlossene Kragen erinnerte an eines der Kleider, die Minerva so gern trug. Einen Moment später fragte sie: „Was ist an meinen Sachen auszusetzen?”

Nachdem sie aufgestanden war, betrachtete er sie von oben bis unten. Ihre dunkle Stoffhose und die beigefarbene Bluse schienen ihm zu missfallen.

„Die heute Anwesenden sind im Durchschnitt höheren Alters, Hermine. Eine Hose an einer Frau ...”
Barsch unterbrach sie ihn. „Und ich soll schön kuschen und mich so anziehen, wie die es von einer Frau erwarten?”
„Nein, Sie sollen sich so kleiden, wie es sich für eine traditionelle Gala gehört”, erklärte er gelassen.
„Eine Gala?”
„Haben Sie die Einladung überhaupt gelesen? Man geht da nicht nur hin, um einen Vortrag zu halten. Anfangs gibt es ein wenig Unterhaltung, auch ein großes Buffet. Nach den Vorträgen wird noch zum Tanz gebeten, aber ich denke, den Punkt können wir getrost auslassen.”
In ihren Augen bemerkte er ein keckes Blitzen. „Tanzen? Es ist eine Art Ball?”
„In gewisser Weise ...”
„Werden Sie mit mir tanzen?”
„Nein.”
„Dann zieh ich das Kleid nicht an”, nörgelte sie bockig.
„Hermine!”, brummte er bedrohlich. „Sie werden die Einzige sein, die eine Hose trägt!”
„Ist doch egal, wenn ich ja sowieso nicht tanzen werde.”
„Wollen Sie Aufsehen erregen, weil Sie einen bahnbrechenden Trank entwickelt haben oder weil Sie mit Traditionen brechen?”
„Hören Sie auf”, sagte sie weniger ernst, „von 'brechen' zu reden. Mir ist so schon schlecht wegen heute Abend!”

Ihre Anmerkung amüsierte ihn. Dass er lächelte, war selten genug, aber eben hatte sie es geschafft.

„Bitte tragen Sie das Kleid. Es passt sich Ihrer Größe an.” Vorsichtig legte er die festliche Kleidung auf die Rückenlehne seiner Couch.
„Es passt sich an?” Sie hob eine Augenbraue und sagte mit Bestimmtheit: „Dann war es sicher teuer.”
„Werden Sie es tragen?”
„Ich muss es aber nicht sofort anziehen oder? Ich möchte es nicht zerknittern.” Obwohl sie nicht mit dem Gedanken spielte sich umzuziehen, fanden ihre Hände wie von selbst zu dem seidenen Stoff. So ein ähnliches Kleid hatte eine Frau auf der Hochzeit von Draco getragen. Es war sehr stilvoll. Hermine würde damit Geschmack beweisen. „Ich werde es tragen, auch wenn ich nicht erleben werde, wie es um meine Beine schwingt, weil ich nicht einmal tanzen werde.”
„Sie werden sicherlich von jemand aufgefordert werden.” Ihrem Blick konnte er entnehmen, dass sie von keinem anderen aufgefordert werden wollte. „Bevor wir nachher losgehen, werde ich noch ein Buch aus der Bibliothek holen. Es ist möglich, dass ich jemanden treffen werde, der Interesse an dem Basiliskengift hat. Ich rechne sogar damit. In der Zwischenzeit können Sie sich hier gern umziehen.”
„In Ordnung.”

Viel Zeit blieb den beiden nicht mehr. Während Hermine sich für die Versammlung der Körperschaft der Tränkemeister zurechtmachte und Severus das Buch über die Arbeit von Callidita aus der Bibliothek holte, wanderte Sirius gut gelaunt über einen der Höfe Hogwarts'. Bevor er Remus aufsuchte, wollte er eine kleine Runde drehen. Das Schloss weckte Erinnerungen in ihm und die waren überwiegend wunderschön.

Da stand an der steinernen Mauer auf dem überdachten Schulhofgang eine Gruppe von drei Jungen aus dem Hause Gryffindor um ein hübsches Mädchen herum, was Sirius schmunzeln ließ. Wäre er erst siebzehn, wäre er mit Sicherheit der vierte Junge gewesen, der dem Mädchen den Hof machte. Nach der nächsten Abzweigung rannte ein Schüler in Sirius hinein. Der Junge hatte den Kopf so tief in einem Buch vergraben, dass er nicht auf den Weg geachtet hatte.

„Entschuldigen Sie bitte, Sir“, sagte der dunkelhaarige und Sirius' Meinung nach nicht gerade gutaussehende Schüler.
„Kein Problem.“

Sirius ging weiter und betrat das Schloss durch die große Eingangstür. Es brannten bereits überall Fackeln. Einen Moment an Ort und Stelle verweilend blickte Sirius nach oben. Die Decke war so hoch, dass man sie nicht sehen konnte. Er setzte einen Fuß auf die erste Stufe der gewaltigen Steintreppe, die er als Schüler unzählige Male betreten hatte. Für seinen Weg zu Remus ließ er sich Zeit. Die ganzen Gemälde waren alle noch an dem Platz, an denen sie früher schon hingen. Manche erkannten ihn sogar wieder, jetzt wo er es nicht eilig hatte und sich interessiert umblickte. Da war auch die niedliche Schäferin in ihrem Rahmen, mit der er schon früher gern geflirtet hatte. Keck zwinkerte Sirius ihr zu und erfreute sich daran, wie ihre Wangen rosig wurden.

Im vierten Stock marschierte er viel zielstrebiger zu Remus' Räumen. Sein Freund war über den unangekündigten Besuch erfreut, aber auch erstaunt.

„Sirius? Was machst du denn hier?“ Remus bat ihn herein und fand sich mit einem über das ganze Gesicht strahlenden Mann konfrontiert.
„Gute Neuigkeiten!“ Seinen Worten gab er Nachdruck, indem er beide Hände auf Remus' Schultern legte. Für einen Moment glaubte Remus, er würde gleich umarmt werden.
„Was denn für gute Neuigkeiten?“, fragte er seinen Freund verdattert.
„Es gab einen Zwischenfall bei Hermine. Ein Werwolf hatte keinen Pass. Wie es aussieht, hat er Kinder gezeugt, obwohl er schon unter dem Fluch litt. Die Kinder sind okay – kein Fluch! Ich hab mich zu Vollmond selbst davon überzeugt. Das bedeutet, es wird nicht vererbt!“

Sirius beförderte Remus zur Couch, denn es schien, als würde sein alter Freund sich nicht mehr lange auf den Beinen halten können. Er selbst blieb stehen. Momentan hatte er viel zu viel Energie, die im Sitzen gar nicht die Möglichkeit hätte, sich zu entfalten.

„Hermine hat den Mann überredet, sich an unsere Initiative zu wenden; genauer gesagt an mich. Ich werde der Vermittler zwischen ihm und Kingsley sein. Weißt du, was das bedeutet?“
„Die Gesetze ...“ Remus brachte kein weiteres Wort hinaus.
„Genau! Mann kann nun getrost die Gesetze für die Werwölfe ändern. Sie dürfen heiraten und“, er machte eine unanständige Bewegung mit seinem Becken, „Kinder machen!“
„Tonks ...“
Sirius legte den Kopf schräg und grinste frech. „Dachte ich mir, dass du gleich an sie denkst. Ich kann's dir nicht verübeln. Das Heiraten kann auch warten.“

Sein Glück konnte Remus kaum fassen. Er war überwältigt. Erfreulicherweise drückte Sirius ihm ein Glas mit Weinbrand in die Hand, den er in einem Zug leerte. Erst danach hatte er wieder einen einigermaßen klaren Kopf. Er betrachtete Sirius, der sich genauso sehr über diese positive Entwicklung zu freuen schien.

„Weiß du, was das bedeutet, Sirius?“
„Natürlich weiß ich das. Das bedeutet, dass du spitz bist!“ Das freche und von früher bekannte Lausbubenlächeln war zurück im Gesicht des einst so ausgelaugten Ex-Häftlings.
„Sirius!“ Remus' vorwurfsvoller Tonfall wurde von seinem eigenen Grinsen entschärft.
„Komm schon, reit im Ministerium ein, greif dir Tonks und dann ab nachhause!“
Unmerklich wich die Freude aus Remus' Gesicht. „Tonks ist bei ihren Eltern. Sie hat eine schwere Zeit hinter sich. Ich weiß nicht, ob sie im Moment für so eine Nachricht in Stimmung wäre.“
„Oh.“ Hinter dieser so kurzen Aussage steckte jede Menge Verständnis. „Na ja, vielleicht auch besser so. Ihr müsst euch noch etwas gedulden, die Gesetze sind ja noch nicht durch.“
„Wann wird es sie geben?“
„Ich schätze, noch vor Juni. Ich weiß, das sind noch ein paar Monate, aber dann, Remus, erwarte ich von dir, dass du der erste Werwolf bist, der nach den neuen Gesetzen heiraten wird UND all seine wichtigen Körperteile bei sich behalten darf.“

Vor wenigen Minuten noch hätte Remus ihn wegen so einer Bemerkung zurechtgewiesen. Diesmal konnte er nur darüber lachen. Sein Herz war mit einem Schlag entlastet worden. Seine Zukunft sah endlich rosig aus. Mit einem Mal hatte er überhaupt eine Zukunft, die auch die vielen schönen Dinge beinhaltete, die Tonks und er sich ersehnten. Tonks. Schon nur an ihren Namen zu denken entfachte in ihm eine enorme, selige Hingabe. Sie war die wegweisende Fackel in der Lichtlosigkeit seines Fluchs.

„Kommst du noch mit zu Harry?“

Erst beim zweiten Mal hörte Remus die Frage seines Freundes und stimmte zu.

Im Flur des vierten Stocks wurden sie von Severus überholt. Er war gerade aus der Bibliothek gekommen und schien es eilig zu haben. Er hatte ein Buch unter dem Arm geklemmt und – aus Versehen oder absichtlich – mit dem Ellenbogen Sirius angestoßen.

„Hey, pass auf!“, meckerte Sirius hinterher. Abrupt blieb Severus stehen und drehte sich um. Sein Gesicht war blass. Er sah aus, als hätte er schlecht oder gar nicht geschlafen und das schon ein paar Tage lang.
„Oder was?“ Severus' Angriffslust vertrieb sogar die Graue Dame, die gerade in den Gang schweben wollte.
„Pass nur auf, wo du hinläufst!“
„Sirius“, flüsterte Remus, „lass es gut sein.“
„Warum?“, fragte Sirius bockig zurück. „Er kann sich gefälligst entschuldigen.“
Severus plusterte sich mit Hilfe seines weiten schwarzen Umhangs wie ein Kampfhahn auf. „Ich werde nichts dergleichen tun!“ Schon drehte er sich um und verschwand.
Die Stirn runzelnd fragte Sirius: „Was ist denn mit dem los?“
„Er ist ein wenig, ähm, ungehalten, seit ...“
Die Pause war Sirius definitiv zu lang. „Seit wann?“, hakte er nach.
„Seit Hermine nicht mehr hier wohnt.“

Erschrocken dachte Remus, seinem Freund würden gleich die Augen rausfallen, so weit hatte Sirius sie aufgerissen. Dann, als der Satz gesackt war, brach er in Gelächter aus.

„Das ist nicht dein Ernst?“ Sirius konnte sich kaum beruhigen. Das Lachen blieb ihm jedoch im Hals stecken, als er Remus' herbe Miene sah. „Das ist dein Ernst? Oh mein Gott! Das ist ...“ Sirius schüttelte den Kopf und wiederholte verdattert: „Oh mein Gott!“
„Reiß dich zusammen. Ich hätte das gar nicht sagen sollen“, schalt sich Remus selbst.
„Was sagen? Dass Severus eines seiner rabenschwarzen Augen auf unsere liebe Hermine geworfen haben soll? Das ist abartig! Weiß sie Bescheid?“ Sirius schien einen Moment zu überlegen. „Wir sollten sie warnen!“
„Du wirst nichts tun!“
Remus ging bereits weiter, um Harry die gute Nachricht von der anstehenden Gesetzesänderung mitzuteilen, da rief Sirius verdattert hinterher: „Das kannst du doch nicht gutheißen?“ Er holte auf, um neben Remus zu laufen.
„Ich hätte gar nicht sagen sollen“, warf sich Remus erneut vor. Er ahnte Böses, weswegen er Sirius gegenüber sehr deutlich wurde. „Du wirst nichts tun, verstanden? Nichts! Einmal in deinem Leben solltest du dich aus den Angelegenheiten anderer raushalten!“
„Remus?“ Sirius war wie vor den Kopf geschlagen. „Remus? Was läuft da?“
„Nichts, was nicht heißt, dass du ... Vergiss es einfach, okay?“
„Du kannst das nicht wollen. Das glaub ich nicht! Dieser“, seine Hände gestikulierten wild umher, „'böse schwarze Mann' und unser liebes Minchen? Nein!“

Sirius lachte auf und zwar auf eine Art und Weise, die Remus kannte; von früher kannte, wenn sein alter Freund sich etwas Hinterhältiges ausgedacht hatte. Ihm platzte der Kragen und er drückte Sirius an die Wand. Trotzdem Remus lächelte, war die Ernsthaftigkeit der Lage nicht zu leugnen.

„Mein lieber Sirius, wenn du es wagen solltest, irgendeinen üblen Streich zu spielen, dann ...!“
„Oha, was ist hier passiert? Bist du von einem Vergissmich besucht worden? Gerade du müsstest wissen, was damals ...“
Remus schnitt ihm das Wort ab. „Ja, gerade ich! Wie Recht du doch hast! Meinst du nicht, es ist langsam mal vorbei? Werd' erwachsen, Sirius! Ich bin es auch geworden.“
„Ah, verstehe. Er ist dein Kollege und du willst keinen Ärger. Brauchst dich nicht zu sorgen. Mir kann es gleich sein. Wir sind alle erwachsen.“ Nach dieser Aussage wurde er von Remus skeptisch beäugt, weswegen er versicherte: „Ja, selbst ich! Und soll ich dir was sagen?“
„Was?“
„Wenn du und Tonks was Kleines in die Welt setzt“, seine Augen glänzten, „dann machen Anne und ich mit – versprochen! Euer Mädchen soll doch jemanden zum Spielen haben.“ Sirius schlug ihm freundschaftlich auf den Rücken und forderte damit gleichermaßen auf, den Weg fortzusetzen.
Stolpernden Schrittes fragte Remus: „Unser Mädchen?“
„Ich wette 100 Galleonen, dass ihr ein Mädchen bekommt.“
„Warum?“
„Remus“, Sirius benutzte scherzhaft seine väterliche Stimme, als wollte er einem Kind die Welt erklären, „du bist ein Frauenversteher. Da kann nur ein Mädchen bei rauskommen!“
„Ach, meinst du?“ Remus hatte arge Schwierigkeiten, ernst zu bleiben.
„Ja, meine ich und jetzt lass uns zu Harry gehen.“

Das Klopfen an der Tür beantwortete Wobbel, denn Harry und Ginny saßen gemütlich auf der Couch beieinander und schauten sich Fotos an. Fotos von Reisen in ferne Länder. Harry wollte auch gern mit Ginny und Nicholas weit weg. Dorthin, wo ihn niemand kannte. Auf einem der Fotos betrachtete er Hermine, die mit Gabrielle, Fleurs Schwester, Beauxbatons besichtigte. Die Stimme seines Paten ließ ihn aufblicken.

„Sirius, Remus“, grüßte Harry ein wenig zurückhaltend. Ginny und er hatten ein wenig unter einer Decke gekuschelt, vielleicht auch etwas mehr. Der überraschende Besuch war ihm unangenehm. Aufstehen wollte er lieber nicht.

Sirius setzte sich ungefragt neben Harry, während Remus auf dem Sessel Platz nahm und mit einem abwesend glücklichen Lächeln zu den dreien hinübersah. Aufgrund Harrys konfusen Gesichtsausdruck sah sich Sirius dazu animiert, Remus' beglückten Zustand zu erklären. Er benutzte fast die gleichen Worte wie bei Remus, als er von dem Werwolf erzählte, der den Beweis dafür erbracht hatte, dass der Fluch nicht erblich übertragbar war. Harrys Augen wurden immer größer, sein Lächeln ebenfalls.

„Das ist ja fantastisch!“ Harry blickt zu Remus hinüber und lächelte verschmitzt. „Wann ist die Hochzeit?“
„Erst einmal braucht Tonks ein wenig Ruhe. Ich werde sie wohl überreden müssen, ein paar Tage Urlaub zu nehmen und hier bei mir zu wohnen.“
Davon war Ginny besonders begeistert. „Oh, das wird lustig werden!“

Während die drei sich unterhielten, nahm Sirius den Stapel Bilder aus Harrys Hand. Die Fotos waren beweglich. Auf einem war Hermine zu sehen, die mit Madam Maxime sprach und sich dabei fast den Kopf ausrenkte, als sie nach oben schaute. Nur nebenher lauschte Sirius den Plänen, die sich Remus ausmalte, während er das nächste Bild betrachtete. Hier war ebenfalls Hermine zu sehen. Sie saß auf den Stufen eines Korbflechters und schaute todunglücklich drein. Ginny bemerkte das Foto und beugte sich zu Sirius hinüber.

„Herrje, ist das Bild immer noch dabei? Hermine wollte, dass ich es wegwerfe.“
„Aber warum denn?“, fragte Sirius.
„Weil ihr da jemand kurz vorher auf den Fuß getreten ist, deswegen guckt sie so belämmert. Das nächste Bild ist besser geworden.“

Sirius nahm das vermeintlich nicht gelungene Bild vom Stapel und hielt es zum Vergleich gegen das zweite, auf welchem Hermine lächelte und in die Kamera winkte.

„Darf ich's haben?”

Ginny war über Sirius' Frage zwar erstaunt, nickte jedoch zustimmen, bevor sie sich wieder den anderen widmete. Sirius steckte das Bild, welches weggeworfen werden sollte, unauffällig in seinen Umhang. Vielleicht hing er zu sehr an der Vergangenheit, dass er nicht mit ansehen konnte, wie das Bild einer guten Freundin im Müll landete. Vielleicht tat er es aber auch aus einem Impuls heraus. Im Moment konnte er sich sein Handeln selbst nicht erklären. Eines wusste er jedoch: Das Bild war zu schade, um es wegzuwerfen.

„Weiß man denn offiziell schon, welche Todesser festgenommen worden wurden?“, hörte Sirius Harry fragen. Offenbar hatte man das Gesprächsthema gewechselt, ohne dass er es bemerkt hatte.
„Ja, unter anderem Rodolphus Lestrange, auch Rookwood und noch unzählige neue Todesser, von denen ich kaum was gehört habe.“
„Das wird aber auch Zeit!“, warf Ginny ein. „Tonks und Kingsley sind super Auroren. Früher oder später musste es passieren, dass sie die alten Hasen endlich einsacken. Ich wette, dass Alastor nicht weit war, wenn man da schon die beiden Lestrange-Brüder vermutet hat.“

Das Gespräch wechselte einige Male das Thema und irgendwann waren sie bei Hermine gelandet. Sirius hörte aufmerksam zu.

„Ich hoffe“, begann Harry, „dass Hermine heute Erfolg haben wird. Sie war vorhin hier und wir haben ihr noch viel Glück gewünscht.“
„Warum? Wo ist sie heute?“, fragte Sirius.
Ginny übernahm es, die Geschichte zu schildern. „Sie hat doch den Trank erfunden, der Magie sichtbar macht.“ Sirius nickte, denn er erinnerte sich daran, dass Anne eines von Hermines Testobjekten gewesen war. „Heute ist ihr großer Tag! Die Vorstellung ihres Trankes vor der Körperschaft der Zaubertränkemeister. Wenn sie da Interesse weckt, dann wird man ihre Forschung sponsern.“
Erstaunt hob Sirius die Augenbrauen. „Wow, das wusste ich gar nicht.“
„Doch, doch“, versicherte Harry, „Severus hat sie dazu gebracht. Er hat es ihr sogar abgenommen, für den Trank ein Patent anzumelden.“

Hier wanderten Sirius' Augenbrauen noch ein Stückchen höher. Ein Blick hinüber zu Remus bestätigte ihm, was er sich nun selbst denken konnte. Normalerweise waren Severus die Menschen um ihn herum egal. Bei Hermine schien das anders zu sein.

„Hermine hat für heute sogar eine Rede geschrieben, die sie halten wird“, sagte Remus, doch Ginny verbesserte.
„Nein, die hat Snape geschrieben. Sie hat sie mehrmals laut gelesen. Ich musste mir ihre Rede auch einmal anhören, obwohl ich nur was bei ihr kaufen wollte. Habe zwar kaum etwas von dem Fachchinesisch verstanden, aber sie hat sich wenigstens nicht ein einziges Mal versprochen. Ich denke, sie wird heute Abend mächtig Eindruck schinden.“ Ginny ließ ihren Blick schweifen und da bemerkte sie unter einer Fototasche, die auf dem Tisch lag, einen flachen, hölzernen Kasten. Sie sog erschrocken Luft ein, weswegen sich Harry zu ihr drehte.
„Was ist?“
„Hermines Schreibfederset! Das sucht sie seit dem Umzug. Es war zwischen den vielen Fotos, die ich für sie nachmachen lassen soll. Ich hoffe, sie braucht das heute nicht.“
„Ach, wenn sie was zu Schreiben braucht, wird man ihr bestimmt eine Feder geben.“

Das Thema wanderte erneut in eine andere Richtung, doch Sirius war noch immer mit seinen Gedanken bei Severus. Er war durchaus schon so erwachsen, dass er Severus sein Glück gönnte, aber er fragte sich, ob es unbedingt mit Hermine sein musste.

Severus hingegen wünschte Hermine für heute Abend alles Glück der Welt. Auf seinem Rückweg von der Bibliothek hielt er bei dem Gedanken an die Glückwünsche plötzlich inne und machte kehrt, um seinen persönlichen Vorratsschrank zu betreten. Albernes Zauberstabgefuchtel gab es bei ihm in Zusammenhang mit Zaubertränken nicht, also stieg er auf die Leiter und holte vom vorletzten Regal ein kleines Fläschchen mit einer goldenen Flüssigkeit, das er in der Innentasche seines Umhangs verstaute. Erst dann machte er sich auf den Weg zu Hermine, die sich bereits in seinen Räumen das Kleid angezogen hatte und nur noch auf ihn wartete. Bei ihrem Anblick setzte sein Herz einen Schlag aus. Er schien ein schwer zu deutendes Gesicht zu machen, weshalb sie ihn ansprach.

„Stimmt was nicht?” Kritisch schaute sie an sich hinunter, strich mit einer Hand über den seidenen Stoff.
„Nein, alles bestens. Kommen Sie?” Er deutete auf den Kamin und ließ ihr den Vortritt.

Das Erste, was Hermine ins Auge stach, nachdem sie den Kamin wieder verlassen hatte, war der beigefarbene Boden aus Kalkstein. Das Murmeln vieler Stimmen hallte durch den hohen Raum. Sie blickte auf und sah zwischen reich verzierten Rundsäulen mit kanneliertem Schaft unzählige Menschen aus aller Herren Länder, die in Grüppchen zusammengefunden hatten und sich bereits angeregt über das bevorstehende Programm unterhielten. Viele der geladenen Zaubertränkemeister und -meisterinnen hatten offenbar die gleiche Idee und waren überpünktlich zur Versammlung erschienen.

Mit wachem Auge überflog Severus die anwesenden Gäste, während er unbewusst seine Hand an ihren Oberarm führte. Bei so vielen Menschen bekam Hermine auf einmal wieder Versagensangst. Severus hingegen blieb ruhig und führte sie in eine schattige Ecke.

„Dort”, er nickte in eine Richtung, „der Herr in dem purpurfarbenen Gewand.” Hermine kniff die Augen zusammen und tatsächlich konnte sie die gesuchte Person besser ausmachen. Es war ...
„Mr. Heed?” Der Ladeninhaber von „Phantasmplantare”.
Über ihr Erstaunen amüsiert fragte Severus: „Wussten Sie nicht, dass auch er ein Tränkemeister ist?”
„Nein.” Hermine machte es Severus gleich und beobachtete die Menschen. Bisher war ihr niemand aufgefallen, den sie kannte, bis plötzlich ein Mann in Severus' Alter mit einer Dame am Arm durch die Menge in ihr Sichtfeld trat. „Da, Severus.”
„Sie müssen schon genauer werden. Wo?”
„Auf 9 Uhr!”, machte sie deutlicher, doch Severus schien nicht zu verstehen.
„Es ist gerade mal ...”
„Nein”, sie stieß ihn spielerisch mit dem Ellenbogen an, „ich meine links. Der Mann in dem dunkelgrauen Popeline-Umhang.” Severus hatte den Mann im Visier, aber ihm fiel kein Name ein, so dass sie ihm auf die Sprünge half: „Das ist Georgi Popovich, Ihr ehemaliger Mitschüler. Er hat mich geprüft.”
„Ah”, war der einzige Kommentar. Hermine bemerkte, dass Severus sich versteifte.
„Er ist nett, wirklich. Außerdem ist er mir sympathisch, weil”, sie lächelte Severus an, „er viel von Ihnen zu halten scheint.”
Leise, als würde Severus eigentlich gar nicht sagen wollen, erklärte er: „Wir teilen das gleiche Schicksal.”
„Wie soll ich das verstehen?”

Fragend schaute sie ihn an, doch weil er mit sich zu ringen schien, blickte sie wieder in die Menge und beobachtete die Leute. Sie hatte schon nicht mehr mit einer Erklärung gerechnet, da hörte sie Severus' ruhige Stimme.

„Georgi war mit einer Schülerin namens Pamela zum Weihnachtsball verabredet. Mr. Black war so frei, ihm die Begleitung auszuspannen und meine gleich noch mit dazu.”

Als Hermine zu ihm aufblickte wirkte es so, als hätte er eben gar nicht gesprochen, denn er schaute sich aufmerksam um und schien sie nicht zu beachten. Mutig hakte sie sich bei ihm unter und führte die andere Hand an seinen Oberarm. Irritiert betrachtete er ihre Arme, die sich besitzergreifend um den seinen gelegt hatten. Er konnte sich nicht dazu überwinden, ihr in die Augen zu schauen, doch er war noch weniger gewillt, sie von sich zu stoßen, also reagierte er gar nicht und ließ ihre Annäherung im stummen Einverständnis zu.

„Das gibt es doch nicht, da ist auch Professor Puddle! Bei ihm hatte ich im Mungos Unterricht.” Sie kräuselte die Nase. „Er ist etwas seltsam.” Aus dem Staunen kam sie kaum heraus, als sie noch andere bekannte Gesichter bemerkte. „Professor Junot! Sie ist unter anderem die Leichenbeschauerin. Bei ihr hatte ich das Fach 'Inaugenscheinnahme'.”
„Was für ein Fach war das?”, wollte er wissen, doch als ihm eine Ahnung überkam, stoppte er sie. „Nein, erzählen Sie es nicht, ich kann es mir denken.”

Diesmal hatte Severus wieder jemanden entdeckt, doch anstatt den Namen zu nennen, stöhnte er nur.

„Was haben Sie?”
Er atmete einmal tief durch. „Professor Slughorn! Ich hätte wissen müssen, dass auch er hierher kommen wird. Gar nicht mal wegen der vorgestellten Neuerungen, sondern lediglich, um seine Kontakte aufzufrischen.”
„Na, dann kann er doch gleich bei mir anfangen”, sagte sie übermütig. „Sagen Sie mal, Severus: Wie viele Leute sind heute eigentlich hier?”
„Der Veranstalter rechnet mit an die 600 Personen. Früher waren es mehr, bis zu 2.500 aus aller Welt, aber nach dem Krieg ...”
„Ja, ich verstehe. Waren Sie oft bei einer dieser Versammlungen?”, fragte sie neugierig.
„Nein, es ist mein erstes Mal.”
Wie in Zeitlupe entgleisten ihr die Gesichtszüge. Dann der Vorwurf ihrerseits. „Ihr erstes Mal? Warum schleppen Sie mich dann hierher, wenn Sie gar nicht wissen, wie das hier ablaufen wird?”
„Beruhigen Sie sich. Ich habe diese Veranstaltungen immer verfolgt, Hermine. Ich erhalte regelmäßig das Fachblatt der Körperschaft. Nach diesem Treffen wird es eine Sonderausgabe geben, in der auch Sie Erwähnung finden werden.”
Mit einer Hand an ihrer Brust versuchte sie, ihre Atmung unter Kontrolle zu bekommen. „Ich bin so aufgeregt, Severus. Ich werde mich lächerlich machen.”
„Unsinn!”

Noch immer hielt sie sich an seinem Arm fest und es war nicht von der Hand zu weisen, dass sie diesen Halt dringend benötigte. Er hätte ihr gern Mut machend eine Hand auf die Schulter gelegt, aber die Position ließ das nicht zu. So tätschelte er einfach eine ihrer zitternden Hände, die auf seinem Unterarm ruhte. Ihre Atmung normalisierte sich wieder, auch wenn ihre Gesichtsfarbe von dem Stress zeugte, dem sie momentan ausgesetzt war.

„Die werden mich zerreißen”, winselte sie.
„Das ist Unfug und das wissen Sie, Hermine. Warum halten Sie von Ihrer Arbeit so wenig, obwohl sie selbst mich überzeugt hat?”
Mit großen Augen blickte sie zu ihm auf. „Das haben Sie nie so gesagt.”
„Ich dachte, es wäre ersichtlich. Nun denn, wir sind hier und ich werde es allein Ihnen überlassen, ob Sie die Rede halten oder nicht. Ich würde es allerdings begrüßen, wenn der Abend so ablaufen würde, wie wir es geplant haben.”

„Professor Snape!”, hörten beide die Stimme eines älteren Mannes sagen. Hermine und Severus blickten auf einen kleinen Herrn in einem edlen Kimono. Die Enden seines weiĂźen Oberlippenbarts kreuzten sich unterm Kinn, der Kopf hingegen war kahl. Der Mann musste ĂĽber neunzig Jahre alt sein. Seine Begleitung, eine ältere Dame in einem aufwändigen Gewand, das an eine Jūnihitoe aus dem japanischen Kaiserhaus erinnerte, folgte ihm mit kleinen Schritten. „Professor Snape”, wiederholte der kleine Mann, der Hermine gerade mal bis zur Brust reichte und seine geringe Körpergröße auch als Ausrede zu nehmen schien, ihr auf dieselbe zu starren.
Severus streckte seine Hand aus. „Professor Takeda.” Er schüttelte die Hand des japanischen Tränkemeisters und stellte gleich darauf vor: „Hermine, darf ich vorstellen: Professor Kôji Takeda. Professor, das ist Miss Hermine Granger.”
„Ah ja, die junge Dame, die Sie mir empfohlen haben.” Der alte Mann gab ihr einen Kuss auf den Handrücken. Sein Bart kitzelte sie. Nach der Begrüßung schlang sie ihren Arm sofort wieder um Severus' Unterarm, was Takeda nicht entgangen war. „Nun verstehe ich gut, warum kein Ausbildungsvertrag zischen uns zustande kam.”

Severus folgte seinem Blick und wollte sich rechtfertigen, da ergriff Professor Takeda erneut das Wort und stellte die Dame an seiner Seite als seine Haushälterin vor. 'Wer's glaubt?', dachte Hermine.

Das schattige Plätzchen war nicht länger ein sicheres Versteck vor aufdringlichen Blicken. Hermine und Severus ließen sich von Takeda einigen Tränkemeistern vorstellen. Es dauerte gar nicht lange, da hatte Slughorn sie entdeckt. Der kräftig gebaute Mann begrüßte die beiden lautstark, so dass auch andere mitbekamen, um wen es sich bei der hübschen jungen Frau und dem dunkel gekleideten Mann handelte.

„Severus”, grüßte Slughorn sehr vertraut. Das Privileg, Kollegen in Hogwarts beim Vornamen nennen zu dürfen, hatte Slughorn auf ehemalige Kollegen ausgeweitet. „Wie geht es? Ich habe gehört, dass du das Problem im Mungos lösen konntest. Sag, woher hast du Basiliskengift?” Slughorn schlug ihm etwas zu heftig auf das Schulterblatt, bevor er lachte. „Hast du dich endlich zu einem Haustier durchgerungen?” Die umstehenden Menschen lachten über den mittelmäßigen Scherz. Durch das Thema aufmerksam geworden gesellten sich zwei Herren aus dem Mungos zu Severus, Hermine und Slughorn. Einer von ihnen hielt Severus die Hand entgegen.

„Mein Name ist Puddle. Es ist möglich, dass wir uns im Fall Parkinson kurz im Krankenhaus über den Weg gelaufen sind.”

Die entgegengehaltene Hand schüttelte Severus nur kurz, denn er erinnerte sich noch gut daran, wie man Hermine und ihn ignoriert hatte, obwohl sie den metallenen Splitter aus Pansys Schulter entfernt und die Wirkung von „Schlafes Bruder” somit aufgehoben hatten.

An Hermine gewandt erkannte Puddle ganz richtig: „Miss Granger! Wie geht es Ihnen?”
„Danke der Nachfrage, es könnte nicht besser gehen.”
„Wo arbeiten Sie jetzt? Ich habe damit gerechnet, dass Sie im Mungos vorstellig werden.”
Severus konnte Puddles schleimige Art nicht ausstehen und hielt dem Professor daher vor Augen: „Miss Granger war offenbar zu gut für ihr Haus. Sie wurde abgelehnt.”
Mit erstauntem Gesichtsausdruck fragte der Heiler nach: „Ist das wahr, Miss Granger? Das tut mir Leid! Wenn Sie möchten, könnte ich mit dem Personalbeauftragten ein Wörtchen ...”
„Nicht nötig”, unterbrach Severus, „Miss Granger steht auf eigenen Beinen.”

Mit einer Hand zog Severus etwas aus der Innentasche seines Umhangs und hielt es Puddle entgegen. Es war ein Werbe-Prospekt von der Granger-Apotheke, das Puddle neugierig annahm. Andere waren ebenfalls darauf aufmerksam geworden und fragten unverblümt, ob Severus noch eins hätte.

Nachdem einige versorgt waren, sagte Hermine Respekt zollend: „Dass Sie daran gedacht haben!”
„Sie waren so sehr von Zweifeln geplagt, dass Sie nicht auch nur einen Gedanken daran verschwendet haben, was für eine perfekte Werbeplattform diese Veranstaltung sein könnte.”
„Dafür habe ich ja Sie!” Sie schenkte ihm ein breites Lächeln und umgriff erneut seinen Arm, um ihn zu sich zu ziehen. „Danke, Severus.”
„Professor Snape!” Wieder eine Stimme von jemand, der den Zaubertränkelehrer Hogwarts' kannte.
„Mr. Worple, das ist eine Überraschung. Mit Ihnen habe ich nicht gerechnet.” Diesen Mann begrüßte Severus gern. Er war genau genommen ein Geschäftspartner, mit dessen Hilfe er in Zukunft ein eigenes Projekt vor der Körperschaft vorstellen könnte.
„Oh, ich bin nicht regelmäßig hier, aber dann und wann ...” Der freundliche Autor blickte sich mit einem breiten Lächeln um. Die Versammlung schien ihm sehr zu gefallen. „Ich habe nicht allzu viel mit Zaubertränken am Hut, habe damals aber meinen Meister gemacht, um ein besseres Verständnis für Ihre Arbeit aufbringen zu können. Sie verstehen schon ...” Der Bluttrank wurde angesprochen. „Ich darf Ihnen, Professor Snape, an dieser Stelle versichern, dass alles bestens läuft, ganz hervorragend sogar. Mr. Sanguini lässt Sie grüßen.”
„Gut zu hören.” Severus nickte Worple zu, der sich daraufhin Hermine zuwandte.
„Und Sie, Miss Granger, sind das erste Mal hier? Wann ist Ihre Ausbildung bei Professor Snape beendet?”
„Die ist schon beendet.”
Worple machte ganz große Augen. „Das ging aber fix. Sie sind offensichtlich eine mehr als nur gute Schülerin gewesen.”
„Ja”, stimmte Severus zu, „davon können Sie ausgehen. Miss Granger wird hier auch etwas vorstellen.”
„Tatsächlich?” Der rundliche Vampir-Experte fummelte das Programmheft aus seiner Jackentasche und schlug es auf. „Wann?”
„Um halb elf”, antwortete Severus wie aus der Pistole geschossen. Er wusste genau, wann Hermines Auftritt war.
„Halb elf, sagen Sie.” Mit einem Finger fuhr er über die Spalten mit den verschiedenen Vorträgen. „Ein Farbtrank, der Magie sichtbar macht? Das hört sich interessant an! Dann werde ich doch länger bleiben, als ich es vorgesehen hatte.”
„Miss Granger hat sich übrigens mit einer Apotheke selbstständig gemacht.” Mit Sicherheit nicht zum letzten Mal an diesem Abend zückte Severus ein Prospekt aus seiner Innentasche und reichte es Worple. „Falls Sie Wert auf Qualität legen oder eine spezielle Mixtur benötigen ...”
„Oh, vielen Dank!”

Worple wurde von einem anderen Gast gerufen, so dass er sich bei den beiden vorerst verabschiedete, Hermine aber noch alles Gute wĂĽnschte, bevor er die beiden verlieĂź. Es dauerte nicht lange, da hatte sich Slughorn erneut zu ihnen gesellt. Er zog eine Traube geltungssĂĽchtiger Bewunderer hinter sich her.

Ohne Vorwarnung umarmte er Hermine einmal und sagte dann voller Stolz zu der Gruppe von Fans: „Miss Granger verkehrte während ihrer Schulzeit auch in meinem Kreis.” Slughorn vermied das Wort „Slug-Club”, vielleicht weil es vor den ganzen Erwachsenen albern schien. „Sie war schon mit sechzehn ein sehr kluger Kopf, hat immer alles korrekt angepackt.” Er wandte sich an Hermine. „Ich hörte, Sie stellen hier eine Neuheit vor?”
„Ja, ich habe einen Trank entwickelt, der ...”
„Fantastisch, fantastisch!”, unterbrach er euphorisch, um sein Desinteresse zu überspielen. „Ich bin schon gespannt.” Slughorns Blick schweifte über die Menge und erspähte jemanden. „Oh, wenn das nicht ein guter, alter Freund ist. Ich darf mich verabschieden, möchte Ihnen aber für Ihre Rede alles Gute wünschen. Meinen Zuspruch haben Sie, Miss Granger!”

Slughorn stolzierte hinĂĽber zu einer Person, die man aufgrund der vielen Menschen, die er wie ein Magnet hinter sich herzog, nicht erkennen konnte.

„Das war ja leicht.” Hermine war jetzt, wo Slughorn vor so vielen Menschen seine wohl gesinnte Begeisterung für ihre Arbeit kundgetan hatte, entspannt. Das war es, was Severus vorhin mit „Sympathien wecken” meinte. Wenn jemand einen bereits persönlich kannte, dann war die objektive Meinung über eine Sache längst Vergangenheit.
„Hermine, Severus!” Von hinten hörten sie die ihnen bekannte Frauenstimme.
„Poppy?”

Es war ein ungewohnter Anblick, die Heilerin des KrankenflĂĽgels in Hogwarts mal ganz ohne ihre Berufstracht zu erleben. Sie trug ein schickes Kleid, welches wesentlich teurer als das von Hermine zu sein schien. Ihre Haare waren nicht streng zu einem Knoten gesteckt, sondern zu einer ĂĽppigen Hochsteckfrisur gezaubert.

„Sie beide”, sagte sie fröhlich, „habe ich schon erwartet. Albus hat neulich verlauten lassen, dass Sie, Hermine, heute etwas vorstellen würden?” Hermine nickte. „Wunderbar! Ich bin gespannt darauf, was etwas frisches Blut in diesem alten Haufen von Tränkemeistern ...” Sie korrigierte schnell: „Lehrer von Hogwarts ausgeschlossen. Nein wirklich, ich bin sehr neugierig, was Sie für Gedanken und Ideen vorstellen werden.” Poppy blickte sich in dem großen Saal um. „Oh, Miss Junot. Eine alte Bekannte. Ich habe sie ewig nicht gesehen. Wenn Sie mich entschuldigen würden?”

Schon war Poppy verschwunden.

„Wie Sie bemerken, Hermine, wird diese Versammlung nicht nur dazu genutzt, neue Theorien an den Mann zu bringen, sondern in erster Linie, um alte Kontakte aufzufrischen oder neue zu knüpfen.”

Das war es auch, was Hermine mit Severus' Hilfe den ganzen Abend über machte: Kontakte knüpfen. Es gab kaum jemanden, der ihr unsympathisch war und sie hoffte innig, dass die anderen Menschen sie ebenfalls mochten. Es gab allerdings einen Herrn, der nicht sehr davon angetan war, Severus auf dieser Veranstaltung zu sehen. Was ein Todesser hier zu suchen hätte, hatten sie ihn erbost fragen hören. Die zwei anderen Herren, allesamt an die hundert Jahre alt, stimmten ihrem Freund loyal zu und ließen weitere, abfällige Bemerkungen über den schwarz gekleideten Tränkemeister fallen, der sehr wohl jedes einzelne Wort verstand. Hermine äußerte sich nicht zu den hörbaren Verleumdungen, sondern hakte sich bei Severus unter, um dieses Mal ihm Halt zu geben.

Irgendwann hatte Severus keine Prospekte mehr in der Tasche, was ein gutes Zeichen war. Er hatte sie nur denen gegeben, die wirkliches Interesse gezeigt hatten.

Die Vorträge begannen sehr spät, was daran lag, dass es nicht sehr viele Tränkemeister gab, die eine nie dagewesene Theorie, einen neuen Trank oder etwas anderes Bahnbrechendes vorstellten. Hermine und Severus saßen vorn, ganz an der Seite der Stuhlreihen und hörten sich die Thesen der anderen an. Keiner von ihnen hatte eine Rede vorbereitet, die so gut ausgearbeitet war wie die von Severus. Das Interesse der anwesenden Gäste konzentrierte sich eher auf das Buffet, so dass die meisten Plätze im Vortragsraum leer blieben.

„So viel Wind”, flüsterte Hermine, „für so wenig Zuhörer. Wir haben uns viel zu viel Mühe gegeben.” Sie schaute sich um. Von den knapp 600 Besuchern saßen zwischen dreißig und sechzig Meistern im Raum – je nachdem, wie sehr der Hunger oder die Langeweile sie zur angerichteten Verköstigung trieb.
„Sie sind nach dem Herrn dran. Wir sollten hinter die Bühne gehen.”

Severus stand auf und hielt ihr die Hand entgegen, um ihr aufzuhelfen. Sie ergriff die Hand und ließ nicht mehr los, während er sie hinter sich herziehend durch eine Nebentür hinter die Bühne brachte. Dort wartete bereits ein Herr, der den Veranstaltungsplan zu koordinieren schien.

„Miss Granger?”, fragte der Mann. Sie nickte und bekam daraufhin die Anweisung: „Auf mein Zeichen gehen Sie raus, aber es dauert noch ein paar Minuten.”

Auch hinter der Bühne gab es einige Leckereien, von denen Hermine die Finger ließ. Für ihre Rede waren zwanzig Minuten eingeplant, was in ihren Augen viel zu viel war. Sie hatte immer zehn Minuten am Stück geredet, wenn sie geübt hatte und das war schon lang. Severus schenkte sich ein Glas aus einer Flasche Feuerwhisky ein. Die goldene Farbe deutete auf einen edlen und auch teuren Tropfen hin, den er genüsslich zu sich nahm. Hermine hatte auf einen Drink keine Lust. Sie war voll und ganz mit dem Mann beschäftigt, der auf der Bühne stand und gegen die Müdigkeit der Zuhörer anzukämpfen versuchte. Der Veranstaltungshelfer warf Hermine einen Blick zu und bedeutete ihr, dass sie jeden Moment dran sein würde.

„Hermine?”
„Nicht jetzt, Severus. Ich bin gleich dran!” Ihre Aufregung hatte ihren Tonfall harsch gemacht.
„Hermine”, kam es viel sanfter von ihm. „Nehmen Sie einen Schluck.”
Erst jetzt drehte sie sich um. Severus hielt ihr ein Glas mit einem winzigen Schluck goldfarbener Flüssigkeit entgegen. „Einen Schluck. Es wird Sie beruhigen.”
„Miss Granger, noch 30 Sekunden”, sagte der Koordinator, der eine magische Sanduhr im Auge behielt.
„Hermine, trinken Sie.”

Sie atmete einmal tief durch, nahm das Glas und trank den Schluck auf ex. Während sie ihm das Glas zurückgab, dafür die Pergamente mit ihrer Rede von ihm in die Hand gedrückt bekam, funkte ihre Zunge bestimmte Erkennungsmerkmale des Geschmacks an ihr Großhirn.

„Miss Granger, auf die Bühne, wenn ich bitten darf.”
Den Koordinator überhörend fragte Hermine echauffiert: „Was haben Sie mir da gegeben, Severus?”

Severus schob sie von sich weg, gab ihr einen leichten StoĂź in Richtung Koordinator, der sie am Oberarm packte und bis zum Vorhang fĂĽhrte, den sie nun allein passieren musste.

Der Geschmack auf ihrer Zunge war eindeutig. Es schmeckte nach GlĂĽck.


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Das, was Harry so liebenswert macht, sind, glaube ich, seine charakterlichen Stärken, die wir selbst gerne hätten, und es sind auch seine Schwächen, die wir nur allzu gut verstehen.
Rufus Beck