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Harry Potter und die Schatten der Vergangenheit - Lohn der Arbeit

von Muggelchen

Schon um 15 Uhr, eine Stunde zu früh, traf Severus am Samstag bei Hermine ein, obwohl sie erst um 16 Uhr den Laden schließen würde. Er hatte seinen Hund mitgebracht.

„Ich hoffe, es macht Ihnen nichts aus.“ Sein Blick fiel auf Harry, der freudig erregt mit dem Schwanz wackelte und an seiner Leine zerrte, nachdem er Fellini entdeckt hatte.
„Nein, er kann hier frei rumlaufen.“

Nach ihrem Einverständnis ließ er den Hund von der Leine, der sofort hinüber zum schwarzen Kniesel lief, von dem er herzlich schnurrend empfangen wurde. Die Tiere spielten miteinander und verschwanden nach oben in die Wohnung.

Severus half in der Stunde vor Ladenschluss bei Kleinigkeiten, zum Beispiel beim Ernten der Schoten des Kartoffelbauchpilzes, den Hermine dank Nevilles Anweisungen und seines selbst erfundenen Düngers in dem kleinen Garten hinter der Apotheke in einem Miniaturgewächshaus züchtete. Schon in der dritten Klasse hatte man in Kräuterkunde gelernt, wie man diese zarten und empfindlichen Schoten von der Pflanze trennen konnte, ohne dass sie platzten. Als nächstes widmete er sich dem angelieferten Sack mit Vogel-Knöterich, der auch als "Blutkraut" bekannt war und in Severus' Trank gegen den Durst der Vampire vorkam. Er sortierte die in der Lieferung vorhandenen Blätter aus, weil die schnell faulen und damit auch die Blüten – die eigentliche Zutat – verderben konnten. Die kleinen weiß bis rosafarbenen Blüten strömten einen lieblich süßen Duft aus, der Severus benebelte. Hinter sich hörte er, wie sich die Tür öffnete.

„Ich habe den Laden zugemacht“, sagte Hermine und fügte gleich hinzu, „möchten Sie erst etwas essen?“
„Kochen Sie selbst?“ In seiner Frage schwang hörbar Skepsis mit.
„Ich ...“ Sie hielt inne, weswegen er sich umdrehte. Mit zusammengekniffenen Augen blickte sie ihn an. „Warum fragen Sie? Hat Harry Ihnen etwa erzählt, dass ...?“ Mit einem Male schossen ihre Augenbrauen in die Höhe. „Hat er, oder? Dass ich nicht kochen kann, hat er Ihnen erzählt?“
„Er hat es vielleicht mal beiläufig erwähnt“, wiegelte Severus ab, obwohl er sich sehr lebhaft an Harrys Schilderung erinnern konnte, wie er beim Verzehr eines von ihr selbst gebackenen Kekses um seine Vorderzähne gebangt hatte.
„Nudeln bekomme ich allemal hin.“
„Auch Bandnudeln mit Zucchini in Safransauce?“
„Tomatensauce reicht völlig!“, entgegnete sie gekränkt.
Severus verzog bei diesem Gericht das Gesicht. „Für mich nichts, danke.“

Ein Moment war Ruhe. Sie betrachtete die zarten Blüten, in denen seine gelblichen Finger behutsam die Blätter herauspickten. Jeder angewandte Sortierzauber könnte sich später auf die Inhaltsstoffe auswirken.

„Wollen Sie das noch zu Ende machen?“
„Ja, zehn Minuten noch.“
Nach einem Augenblick äußerte sich Hermine erneut. „Darf ich Sie einen Moment hier allein lassen? Ich bin gleich zurück.“ Sie war gegangen.

In dem großräumigen Labor fühlte sich Severus sehr wohl. Heute schien die Sonne, deren Strahlen den Raum erhellten. Die vielen Zutaten wirkten bei Tageslicht anders als er sie gewohnt war. Die seidige Beschaffenheit der Blüten, die seine Haut streiften, und ihr betörender Duft machten die Arbeit angenehm. Gerade hatte Severus das letzte grüne und schon leicht faulige Blatt herausgepickt, hörte er auch schon die Tür zum Verkaufsraum, die Hermine wieder von innen schloss. Das Rascheln von Tüten war zu vernehmen. Ihr Weg führte sie am Labor vorbei in die Küche. Severus brachte die Blüten in Holzgefäße unter, damit sie gut trocknen konnten, und wusch sich danach gründlich die Hände.

Schon auf dem Flur auf den Weg zur Küche stieg ihm der Duft von Minzsauce in die Nase. Vom Türrahmen aus beobachtete er Hermine, wie sie auf zwei Tellern gerade das Essen anrichtete, dass sie eben in einem Restaurant in London gekauft haben musste. Der Werbeaufdruck auf den Tüten zeugte davon.

„Oh“, machte sie überrascht, als sie ihn zufällig an der Tür stehen sah. „Ich hoffe, Sie mögen Lammfleisch mit Minzsauce?“

Bei jedem anderen Menschen hätte er abgewinkt und gesagt, er hätte heute in Hogwarts zu Mittag gegessen, doch er konnte sich nicht einmal daran erinnern, was oder ob er überhaupt etwas gegessen hatte. Außerdem regte der Duft seinen Appetit an. Oder lag es an der Geselligkeit? Ohne auf ihre Frage zu antworten betrat er die Küche und setzte sich an den Tisch, nachdem sie ihm mit einem Wink ihrer Hand einen Platz angeboten hatte. Sie hatte sogar zwei Flaschen Muggelbier gekauft, das zu diesem Gericht geschmacklich sehr gut passte. Nachdem sie Severus das Bier in ein Glas eingeschenkt hatte, nahm sie ihm gegenüber Platz.

„Ich mag eigentlich überhaupt nicht, wenn alles in Minzsauce gebraten wird, aber das hier“, sie deutete auf das dampfende Gericht auf dem Teller, „ist wirklich lecker.“

Er war froh, dass sie während des vorzüglichen Essens Konversation betrieben. Dass er Hunger hatte, spürte er erst nach dem ersten Bissen. In letzter Zeit hatte er es mit der Nahrungsaufnahme nicht so eng gesehen.

„Was haben Sie für Montag noch für Vorbereitungen zu treffen?“, fragte er nebenher.
„Ich habe fünf Bestellungen. Ein Kunde möchte einen Felix Felicis haben, den er verschenken möchte.“ Sie lächelte. „Ist für seinen Neffen, der bald heiraten wird.“
„Solche Geschenke sind traditionell. Alles, was mit Glück zu tun hat, auch wenn es sich um einen Trank handelt. Was haben Sie noch für Aufträge erhalten?“
„Ach, das Übliche: Gripsschärfungstrank, Stachelschweinpastillen, ein Trunk des Friedens und, ähm, Verhütungstränke.“ Ihr wurde plötzlich ganz warm. „Einer wollte doch tatsächlich einen Amortentia haben. Als ich fragte, ob er sich im Klaren darüber ist, dass sich das am Rande der Legalität bewegen würde, ist er gegangen.“
„Sie sollten weniger Fragen stellen, Hermine.“
„Und zulassen“, begann sie erbost, „dass irgendeine arme Frau auf diese Weise manipuliert wird? Nein!“
„Vielleicht wollte der Mann nur seine Ehe retten?“, warf Severus lax ein.
„Vielleicht sollte er einfach nur mal offen mit seiner Frau reden!“
Severus verdrehte die Augen. „Warum stochern wir in dem Leben zweier uns völlig fremder Menschen herum?“
„Wäre es Ihnen lieber, wenn wir in Ihrem Leben ...?“ Sein Blick ließ sie das Thema wechseln. „Wie läuft es in Hogwarts?“
„Es ist eintönig wie eh und je.“
„Eintönig?“, fragte sie verdutzt nach. „Ach ja, ich vergaß, dass die Arbeit Ihnen keinen Spaß macht. Vielleicht sollten Sie sich etwas anderes suchen?“

Von ihrer Anmerkung aufgescheucht blickte er sie in der Hoffnung an, ihrem Gesicht die wahre Bedeutung zu entnehmen, die er hinter ihren Worten vermutete. Sie lächelte selig, während sie den Happen Lamm kaute.

Nach dem gemeinsamen Essen gingen sie nach oben ins Wohnzimmer. Kaum befand sich Hermine in der gemütlichen Wohnung über dem Geschäft, wurde sie müde. Die Belastung der letzten Tage forderte ihren Tribut. Sie wollte sich am liebsten hinlegen und bis morgen Mittag durchschlafen, doch Severus erwartete, dass sie die Rede übte.

Mit den Pergamenten, die er ihr per Eule hatte zukommen lassen, setzte sie sich neben ihn.

„Nein, Hermine: Sie stehen!“
„Wie bitte? Warum darf ich nicht sitzen?“
„Weil Sie die Rede im Stehen vortragen werden. Ihre Körpersprache soll zum Ausdruck kommen.“

Sie seufzte, beugte sich aber seinem Wunsch, die Rede im Stehen zu halten. Sie begann mit der Begrüßung, die er bestens ausformuliert hatte, doch da hatte er den ersten Einwand.

„Wenn Sie die Tränkemeister und -meisterinnen begrüßen, dann blicken Sie vom Papier auf.“

Mit verzogenem Mund nahm sie die Kritik zur Kenntnis und machte es gleich noch einmal. Diesmal hatte er nichts auszusetzen. Sie begann zu lesen, stutzte dann und fragte: „Warum ist hier mitten im Satz ein Absatz?“
„Es werden noch mehr folgen. Die habe ich eingebaut, damit Sie in diesen Momenten in die Menge schauen. Um nicht die Zeile zu verlieren, habe ich Absätze gemacht, so dass Sie ganz leicht mit dem Daumen die Stelle markieren können.“
„Ach so, dann mach ich mal weiter.“

Hermine fand, dass die von ihm eingefügten kleinen Pause perfekt zur Rede passten. An manchen Stellen machten sie neugierig, an anderen unterstrichen sie den wichtigen Inhalt des vorangegangenen Textes.

„An dieser Stelle“, unterbrach er, „sollten Sie mehr Körpersprache anwenden.“
Sie runzelte die Stirn. „Mehr Körpersprache?“
„Ja, und damit meine ich keinen verwirrten Blick wie den, den Sie jetzt in Perfektion zum Besten geben.“ Sie zog einen Flunsch, was ihn amüsierte.
„Was meinen Sie mit 'mehr Körpersprache'?“
„Untermalen Sie das Gesagte mit Bewegungen Ihrer Hand oder Ihres Armes, natürlich nicht zu aufdringlich, aber dezent Text begleitend.“ Als sie nicht zu verstehen schien, stöhnte er. „Nur ungern greife ich auf Beispiele wie Folgendes zurück, aber vielleicht begreifen Sie dann, was ich meine. Nehmen Sie Sibyll: Würde man ihr die Hände fesseln, wäre sie vermutlich stumm.“

Für einen Moment stellte sich Hermine vor, wie sie selbst am Rednerpult stand und wie wild mit den Armen gestikulierte, während sie ihren Text vortrug.

„Das war natürlich ein übertriebenes Beispiel“, stellte er klar, „aber ich denke, Sie wissen nun, was ich meine.“

Dass das Üben einer Rede so kräftezehrend sein könnte, hätte sie niemals gedacht. Noch anstrengender war es, Severus' Vorschläge nicht nur ernst zu nehmen, sondern auch umzusetzen. Am Ende der Rede verlangte er, dass sie nochmals beginnen sollte.

„Können wir nicht eine Pause einlegen? Ich möchte gern was trinken.“
„Nur zu, trinken Sie etwas. Ich hätte gern einen Schluck Rotwein.“
Hermine ging zu einem Schränkchen hinüber. „Muss ich erst einmal sehen, was ich überhaupt habe.“ Sie beäugte die Flaschen. „Einen Weißen hätte ich, dann noch Sherry und Pernod.“
„Ich nehme den Sherry, wenn Sie keinen ...“
„Rotwein! Hab ich doch noch einen.“

Obwohl Hermine etwas gegessen hatte, machte sich der Rotwein schnell bemerkbar. Sie war nicht nur etwas lockerer, sondern ihr wurde auch sehr warm. Letzteres konnte auch daran liegen, dass sie in ihrem leicht ungehemmten Zustand erneut seine Wange ins Visier genommen hatte.

„Sie sollten den Zuhörern in die Augen sehen, Hermine“, mahnte er, denn auch ihm war aufgefallen, dass ihr Blick woanders landete.
„Da werden nächste Woche so viele Augenpaare sein ... Ich werde gar nicht wissen, wo ich hinschauen soll.“
„Tragen Sie weiter vor“, empfahl er, „damit wir verbale Stolpersteine entfernen können.“

Hermine las, setzte entsprechende Pausen ein und untermalte das Gesagte mit Bewegungen ihrer Hand.

„Es sollte weniger so aussehen“, er schmunzelte, „als wollten Sie eine Angel auswerfen.“
„Waren Sie schon mal angeln?“, fragte sie interessiert, weil sie sich schwerlich vorstellen konnte, wie Severus gemächlich in einem Boot saß und auf einen Fisch wartete.
„Lenken Sie nicht ab. Bringen Sie lieber Ihre Gestik unter Kontrolle, sonst machen Sie Sibyll noch Konkurrenz.“

Immer wieder trank Hermine nebenbei ein Schluck Wein. Die Gläser hatte sie nicht gezählt und das wollte sie auch gar nicht. Sie fühlte sich wohl, ihr war angenehm warm und die Gesellschaft genoss sie ebenfalls.

„Sie lallen!“
Diesen Vorwurf wollte sie nicht auf sich sitzen lassen. „Ich lalle übernicht! Ich meine, überhaupt nicht.“
Die Mühe, sein Schmunzeln zu verbergen, machte er sich nicht einmal. „Es ist in Ordnung. Auf diese Weise können wir den Text viel runder machen, denn wenn Sie über Wörter oder Satzstellen im angetrunken Zustand schon nicht mehr straucheln, dann werden diese Ihnen im nüchternen Zustand auch keine Proble...“
„Angetrunken? Ich bin nicht angetrunken, Severus, wirklich nicht!“
„Was ist dann der Grund, dass Sie sich bei bestimmten Worten auf dem 'L' oder 'S' so lange ausruhen?“
„Wollen Sie mir jetzt zuhören oder mich weiter veralbern?“
„Beides ist in gewisser Weise amüsant. Ich halte Sie nicht auf. Lesen Sie weiter.“

Hermine bemerkte selbst, dass er Recht behielt. Bei einigen Buchstaben zog sie das Wort ungewollt in die Länge, was sie zum Lachen brachte. Er monierte diese Stellen nicht, denn er wusste, dass sie diese in einer Woche normal aussprechen würde.

Endlich war sie fertig und sank kraftlos neben ihn auf die Couch nieder. Ab und an musste sie noch kichern, wenn sie sich bestimmte Worte ins Gedächtnis zurückrief. Das Wort Affodillwurzel hatte sie mit gefühlten fünf „L“ vorgelesen.

„Ich frage mich“, Severus blickte neben sich, „ob es nicht besser wäre, Ihnen vor der Rede ein Schluck Wein zu verabreichen. Ihre Stimme hat dann etwas besänftigend Paralysierendes an sich.“
„Die Zuhörer sollen aber auch den Inhalt verstehen und nicht nur auf die Stimme achten.“
„Der Inhalt wird jeden, der durch vorangegangene Vorträge bereits eingelullt auf seinem Stuhl sitzt, mit einem Schlag wieder aufmerksam werden lassen. Ich nehme sehr stark an, Hermine, dass Ihr Thema noch Wochen später für eine Menge Gesprächsstoff und auch Diskussionen sorgen wird.“
„Machen Sie mir keine Angst, Severus!“
„Ich bereite Sie nur auf das vor, was Sie zu erwarten haben und das ist Widerspruch. Und zwar in hohem Maße. Sehen Sie es locker. Sie wären nicht die Erste, die ins Kreuzfeuer der gespaltenen Zaubertränkevereinigung gerät.“
„Wie beruhigend!“ Hermine ließ ihren Kopf nach hinten fallen und schloss die Augen. „Wären Sie so nett“, sagte sie in dieser Position, „und würden den Yorkshire-Pudding holen, den ich vorhin nicht mehr geschafft habe?“

Er entschloss sich dazu, keinen Aufrufezauber zu verwenden, sondern hinunterzugehen. Auf diese Weise konnte er sich an die neue Gegend gewöhnen, die er in Zukunft häufiger aufzusuchen hoffte. Als er zurück ins Wohnzimmer kam, lag ihr Kopf noch immer auf der Rückenlehne, die Augen waren weiterhin geschlossen.

„Hermine?“, fragte er leise, aber sie rührte sich nicht. Er stellte das Gericht aus Eierkuchenteig auf dem Tisch ab, bevor er sich zu ihr hinunterbeugte. „Hermine?“
„Mmmh“, machte sie unbewusst.
„Sie wollen doch nicht hier schlafen?“ Keine Antwort. Sie schlief bereits, aber ihre Position sah äußerst ungemütlich aus. „Sie werden einen steifen Nacken bekommen.“

Severus ging die Möglichkeiten durch, die ihm blieben. Er könnte sie wecken, was er nur ungern tun würde, denn ihm war nicht entgangen, wie sehr sie den Schlaf benötigte. Sollte sie erwachen, könnte sie sich womöglich dazu aufraffen, wieder bis spät in die Nacht zu arbeiten. Sie hier auf der Couch zu lassen wäre sadistisch von ihm, denn eine Verspannung im Nacken war mit der momentanen Körperhaltung vorprogrammiert. Ihr Bett wäre die beste Möglichkeit, doch das müsste er erst einmal finden.

Es gab oben nur noch vier weitere Türen. Hinter einer davon verbarg sich das Badezimmer, eine andere offenbarte einen leer stehenden, großen Raum und die dritte ein Arbeitszimmer. Die letzte Tür, die offen stand, führte zum Schlafzimmer. Auf dem Bett, am Fußende zusammengerollt, lag Fellini, der sofort zu schnurren begann, als er erwachte. Er schaute auf und gähnte, blieb aber liegen. Harry war so anständig gewesen, nicht auf das fremde Bett zu springen, denn der Hund lag auf dem Boden. Severus griff nach der Bettdecke und zog sie beiseite.

Zurück im Wohnzimmer zückte er seinen Zauberstab, doch er brachte es nicht fertig, sie mit einem Mobilcorpus schweben zu lassen. Gegen Zaubersprüche, die einen Körper in die Luft beförderten, hatte er eine ausgeprägte Abneigung.

„Hermine?“, versuchte er es nochmals. Wieder brachte sie nur murmelnde M-Laute hervor, weswegen er seine Hand auf ihre Schulter legte. „Sie sollten ins Bett gehen“, sagte er leise. Wenn überhaupt, dachte er, würde sie seine Stimme nur als ein fernes Rauschen wahrnehmen. „Soll ich Ihnen hinüberhelfen?“
„Mmmh.“

Diese Aussage fasste er als Zustimmung auf. Es waren nur ein paar Meter, beruhigte er sich. Die Hand an ihrer Schulter wanderte zu ihren Schulterblättern, die andere unter ihre Knie. Im Nu hatte er sie im Arm, war die paar Schritte hinaus auf den Flur gegangen und hinein ins Schlafzimmer.

„Sie tragen mich ja“, murmelte sie dösig und er fühlte sich tatsächlich ertappt.
Leise fragte er zurück: „Hätte ich Sie wie ein Möbelstück hinter mir herschweben lassen sollen?“

Er fühlte an seinem Oberarm, wie sie ihren Kopf schüttelte. Behutsam hatte er sie aufs Bett gelegt. Die Schuhe zog er ihr mit einem Zauberspruch aus, die Hose ebenfalls, aber erst, nachdem er sie zugedeckt hatte.

„Gute Nacht“, sagte er ruhig in den Raum hinein, doch nur der Kater und der Hund schienen ihn gehört zu haben.

Mit dem Hund zurück in Hogwarts machte Severus noch einen langen Spaziergang, um an der frischen, wenn auch sehr kühlen Winterluft einen klaren Kopf zu erlangen. Hermines Apotheke hatte ihm vor Augen geführt, wie ein Leben außerhalb der schulischen Mauern aussehen könnte. Er war ein wenig neidisch auf das, was sie erreicht hatte. Ihr Lebensweg schien geebnet zu sein, war ohne eine einzige Hürde, wie er es aus seinem Leben kannte. Andererseits war es nicht ihr Verdienst allein, was sie alles in so kurzer Zeit bereits aufgebaut hatte, denn von allen Seiten wurde sie unterstützt. Ihre Eltern haben in finanzieller Hinsicht unter die Arme gegriffen, ihre Freunde haben ihr beim Umzug, Albus bei den Möbeln und die Zwillinge bei der Werbung geholfen. Selbst seine Mithilfe hatte Hermine gern angenommen, aber anstatt, wie er es vermutet hätte, peinlich berührt zu sein, weil sie es nicht allein geschafft hatte, war sie glücklich darüber. Vielleicht, dachte Severus, war es gar nicht so schlimm, sich von anderen helfen zu lassen.

Vor dem Einschlafen grübelte er darüber nach, wie es wäre, wenn er Hogwarts den Rücken kehren und ein eigenes Leben aufbauen würde. Das Geld hatte er. Allein schon die 25.000 Galleonen, die er zum Merlin erhalten hatte, stellten ein nicht zu verachtendes Startkapital dar. Nur eine Sache störte ihm beim Gedanken an die Selbstständigkeit, denn er wollte für Hermine keine Konkurrenz darstellen. Seine fiktiven Zukunftsszenarien ließen ihn noch eine Weile wach im Bett liegen.

Wer in der Nacht zum Sonntag noch lange nicht an Schlaf denken konnte war Kingsley, denn er saß bis spät abends an seinem Schreibtisch und verfasste den Bericht für den Minister, den dieser am Morgen des nächsten Tages, am liebsten jedoch noch heute Nacht, von ihm erwartete. Der hiesigen Presse war nicht entgangen, dass im Laufe des heutigen Vormittags eine gezielte Aktion gegen eine Reihe von bislang flüchtigen Todessern durchgeführt worden war und dass es dabei Tote gegeben hatte. Auf beiden Seiten. Mit den Mitwirkenden hatte er bereits gesprochen. Als es an seiner Tür klopfte, rief er den späten Gast herein. Tonks betrat mit gesenktem Kopf das Zimmer des Aurorenleiters. Sie war entkräftet, hielt sich aber weiterhin tapfer auf den Beinen. Sie hatte wenigstens noch welche.

„Ich bin sehr stolz auf dich, King“, sagte sie leise und er blickte auf.
„Was hätte ich denn sonst machen sollen?“ Er sprach das Treffen mit seinen Leuten an, das vor einigen Stunden stattgefunden hatte. „Ich konnte ihnen ja schlecht sagen, dass das Chaos zusammen mit dem verursachten Blutbad, das sie da angerichtet haben, nicht den Vorschriften entspricht. Also gab es Schulterklopfen, ein Lächeln, ein paar aufmunternde Worte wie 'Gute Arbeit, Leute!' und sonst nichts. Dieser zusammengewürfelte Haufen hat ein Schlachtfeld hinterlassen, fast schlimmer als im Krieg!“ Kingsley schüttelte den Kopf. „Aber hätte ich es nicht wissen müssen?“, murmelte er. „Wissen, dass die jungen Leute noch nicht soweit waren, an so einem Einsatz teilzunehmen? Dass sie sich von ihren früheren Erfahrungen übermannen lassen und ihre Verantwortung für die Zaubererwelt vergessen würden? Dass sie sich am Ende genauso grausam und rücksichtslos verhalten würden, wie die Todesser, derer sie habhaft werden wollten?“ Er seufzte und blickte ihr gleich darauf in die Augen. „Hast du, worum ich dich gebeten habe?“

Tonks reichte ihm ein Pergament. Ihr fehlten die Worte. Sie fragte sich, ob man jemandem, der von Selbstzweifeln geplagt war, überhaupt Trost spenden konnte.

„Setz dich.“ Er deutete auf einen Stuhl und Tonks folgte seiner Aufforderung, während er das Papier überflog. „Fünf tote Auroren, davon zwei Veteranen und drei aus Kevins Jahrgang. Ich habe gesehen, wie er sich um den einen Jungen bemühte, nachdem es vorbei war.“ Er atmete tief durch. „Sie schienen sich gekannt zu haben. Wie geht es Kevin und Tracey?“
„Beide halten sich gegenseitig aufrecht. Ich hab sie nach der Besprechung für drei Tage nachhause geschickt. Ist doch okay?“

Kingsley nickte und dachte derweil an das zurück, was er von dem zersplitterten Fenster aus verfolgt hatte. Tracey war mit den Nerven am Ende gewesen, weil sie Kevin tot geglaubt hatte. Dawlish war bei ihr geblieben, hatte sich um sie gekümmert. 'Gerade der', dachte Kingsley. Sein Kollege war nicht gerade jemand, dem man viel Mitgefühl zusprechen würde. Die tote Schneeammer war ein Vogel aus dem Schwarm gewesen, der zur falschen Zeit am falschen Ort nach Nahrung suchte. Die Glasscherben hatten den kleinen Körper wie aus heiterem Himmel durchbohrt. Als das Vögelchen auf den Boden aufgeschlagen war, hatte es schon nichts mehr gespürt. In der Hitze des Gefechts war Tracey so aufgebracht gewesen, dass sie nicht mehr klar denken konnte und deswegen den Vogel für Kevin gehalten hatte.

Die Bilder aus seinem Kopf verbannend schaute er wieder auf den Bericht. „Fünfzehn sind im Mungos in der Abteilung für Fluchschäden für ein paar Tage bis“, hier stockte King der Atem, „zum Rest ihres Lebens.“ In Gedanken fügte er hinzu, dass diese wohl demnächst Lockhart bei dessen Autogrammpost helfen würden, aber sonst in ihrem Leben nichts mehr tun könnten.

'Kollateralschäden müssen immer einkalkuliert werden', hörte er Alastors Stimme in seinem Kopf sagen. Obwohl er es nicht gern zugab, hatte der alte Haudegen mit seiner Bemerkung Recht.

Kingsley widmete sich erneut dem Bericht, der zwar sachlich verfasst war, ihn aber keinesfalls unberührt ließ.

„Die meisten werden relativ schnell wieder ihren normalen Dienst aufnehmen können. Gut! Zehn Todesser hat es durch die Auroren erwischt, sechs zogen es vor, den Stab gegen sich selbst zu richten und weitere 54 Personen konnten dingfest gemacht und nach Askaban gebracht werden. Unter denen befand sich auch Rodolphus Lestrange. Seinen Bruder hat es buchstäblich zerrissen.“

Die genauen Einzelheiten hatte er erst jetzt mit diesem Bericht erfahren. Da es sich um einen Kampf gegen einen zahlenmäßig überlegenen Gegner handelte, standen Kingsley und seine Auroren gar nicht so schlecht da. Trotzdem waren solche Berichte das, was er am meisten an seiner Arbeit hasste: Die bürokratische Aufarbeitung der Einsätze, denn da wurde ihm noch einmal das ganze Grauen in seiner vollen Größe offenbar. Es wäre nicht die erste Nacht, in der ihn die Schreie der Sterbenden verfolgen würden und auch nicht die letzte. Der Trank für den traumlosen Schlaf war schon lange sein ständiger Begleiter und er war froh, dass er jetzt nicht wie sonst allein war, denn Tonks blieb an seiner Seite. Regungslos und vollkommen still war sie einfach nur da und sah zu, wie er den Bericht für den Minister fertigschrieb. Er war ihr dafür unendlich dankbar. Vermutlich ging es ihr genauso wie ihm.

Am nächsten Morgen gab es im Ministerium ein heillosens Durcheinander. Die Presse hatte sich schon bei Malfoys Fall sehr präsent verhalten, doch jetzt, mit Namen wie Rodolphus Lestrange, Valdemar Nott und Augustus Rookwood, verhielt sich die Menge mit ihren Schreibfedern und den Kameras unangenehm aufdringlich. Natürlich wusste jeder etwas und keiner alles. Der Minister hatte noch in der Nacht eine öffentliche Pressekonferenz anberaumt, in der er eine Erklärung verlesen hatte, die die Aktion des vorangegangenen Tages in Stichpunkten zum Inhalt hatte. Die morgendliche Schlagzeile des Tagespropheten war eindeutig positiv und es war nicht zu leugnen, dass die Euphorie der Zaubererwelt in ihr festgehalten worden war.

„Todesser-Bande in den frühen Morgenstunden verhaftet – Minister greift durch. Ein Bericht von Rita Kimmkorn.“

Der Artikel von Kimmkorn war trotz der erst spärlichen gegebenen Informationen so aufgebauscht worden, dass er gut drei Seiten füllte.

Arthur Weasley klappte die Zeitung wieder zusammen. So sehr er sich diesen Tag herbei gewünscht hatte, so sehr fürchtete er ihn auch, denn so, wie sich sein Informant verhalten hatte, musste er nun ebenfalls Wort halten, auch wenn es ihm nicht gefiel.

In den letzten Verhandlungstagen, bevor der Fall Malfoy stillgelegt worden war, hatte Sid Duvall keinen Moment verstreichen lassen, um das Gamot mit Einwänden, Anträgen und Beweisen zu bombardieren, damit er die Schuld oder Unschuld, Beweisfähigkeit oder -unfähigkeit seines Mandanten belegen konnte. Er hatte eigene Zeugen benannt und die Beweise des Gamot auseinander genommen.

Im Büro des Ministers kündigte die Vorzimmerdame gerade das Eintreffen der Gamotvorsitzenden an, die trotz der vorangeschrittenen Stunde noch einiges im Ministerium zu erledigen hatte. Arthur erhob sich und ging zur Tür hinüber, um sie persönlich in Empfang zu nehmen.

„Rosalind, ich bin erfreut, Sie zu sehen, auch wenn die Umstände vielleicht nicht die Günstigsten sind.“
„Und das ist noch milde untertrieben, Arthur.“
„Aber setzen wir uns, Sie werden ja nicht aus reinem Vergnügen hergekommen sein. Also, was kann ich für Sie tun?“, fragte er interessiert, obgleich er sich schon denken konnte, warum sie gekommen war. Es ging um den Fall Lucius Malfoy oder besser, um seinen Beistand, dessen Handlungen nicht nur ihr Kopfzerbrechen bereitet hatten.
„Vielleicht wäre es besser gewesen, das Beistandsystem erst nach der Aburteilung von Lucius Malfoy einzuführen? So hätten wir ihn ohne Schwierigkeiten nach Askaban schicken können, ohne uns diese Farce antun zu müssen.“
„Ja vielleicht, Rosalind, aber so ist es nun einmal nicht gelaufen. Wenn Malfoy nicht der Erste gewesen wäre, der vom Beistandssystem profitiert hätte, dann hätte er später nur einen von vielen dargestellt, dessen Fall neu aufgerollt worden wäre. Ich sehe aber das Problem. Wir müssen aufpassen, nicht von unseren eigenen Neuerungen überrollt zu werden. Keiner von uns hat mit einem Mr. Duvall gerechnet; jemandem, der sich bereits in den neuen Gesetzen mehr als nur gut auskennt. Wie ich hören musste, verging kein Tag, an dem er euch nicht vorgeführt hat. Was also schlagen Sie vor, Rosalind?“, fragte Arthur erneut, der in dieser Angelegenheit bereits für sich eine Entscheidung getroffen hatte.

Rosalind machte keinen Vorschlag, hoffte jedoch, der Minister hätte einen. Er ging zu seinem Schreibtisch hinüber und nahm das vor wenigen Minuten geschriebene Pergament an sich, mit dem er zu ihr zurückkehrte.

Bevor er ihr das Pergament in die Hand drücken konnte, ahnte sie schon etwas, weswegen sie resignierend sagte: „Nach der aktuellen Beweislage und den Zeugenvernehmungen müssen wir Malfoy gehen lassen. Viele Anklagepunkte mussten dank Mr. Duvall fallengelassen werden. In dreien würde er jeweils mit einer Geldstrafe davonkommen. Ich werde das Gefühl nicht los, Arthur, dass wir die Sache falsch angefangen haben und jetzt den Preis dafür bezahlen. Wir müssen uns unseren eigenen Regeln unterwerfen.“

Arthur konnte sehen, dass ihr dies ganz und gar nicht gefiel. Sie machte ein verbissenes Gesicht, schluckte kräftig.

„Ja, das sehe ich genauso.“ Ein schelmischer Ausdruck legte sich über seinen Mund. „Aber vielleicht, und darin liegt meine Hoffnung, ist gerade diese Freiheit die eigentliche Strafe für ihn. Denn sehen Sie, seine Vergangenheit ist tot. Seine Welt ist tot. Sein Sohn hat eine Frau geehelicht, die ganz und gar nicht in sein traditionell rassistisches Weltbild passt. Sein größter Gegner Harry Potter ist der Pate seines Enkels. Von der Herkunft der Trauzeugin seines Sohnes mal ganz zu schweigen. Das ist die Welt, in die wir ihn entlassen. In ihr wird er hoffentlich seine tatsächliche Strafe finden und die ist lebenslänglich. Ich bin mir sicher, er würde Askaban dem vorziehen.“

Auch wenn man es Arthur nicht ansehen konnte, erfüllte ihn diese Tatsache mit diebischer Freude. Es sollte ihm gelungen sein, die noch ausstehenden Zweifel von Rosalind zu beseitigen. Auf den unangenehmen Aspekt namens Duvall würde er jetzt nicht mehr eingehen. Arthur hatte seine Pläne.

„Setzen Sie für morgen Nachmittag einen Verhandlungstag an und sprechen Sie Malfoy frei. Ich weiß, morgen ist Sonntag, aber es handelt sich nur um eine kurze, formelle Angelegenheit. Danach wird er von Kingsley und einigen anderen Auroren in aller Stille durch die Hintertür hinausbegleitet. Die Presse wird in den nächsten Tagen und womöglich noch viele Wochen mit Lestrange und seiner Bande von Todessern beschäftigt sein. Wir werden den Tagespropheten mit genügend Details versorgen, damit das auch so bleibt. Wenn es sein muss, werde ich auch ein Fotografen-Team nach Askaban schicken.“

Rosalind vermutete, dass es sich um eine abgekartete Sache handelte, sagte aber nichts, denn ihr eigener Kopf steckte ebenfalls in der Schlinge. Sie hatte selbst keinen brauchbaren Ausweg aus der Misere. So war sie insgeheim mit der Lösung des Ministers zufrieden, daher verbot sie sich jede weitere Anmerkung zu dem Thema und verabschiedete sich zähneknirschend, aber in gewisser Weise auch zufrieden.

Nachdem Rosalind das Büro verlassen hatte, war Arthurs Terminkalender noch lange nicht abgearbeitet. Kingsley wartete bereits vor der Tür und er gab sich mit Rosalind quasi die Klinke in die Hand. Man begrüßte sich kurz, danach verschwand die Gamotvorsitzende auf der Treppe und Kingsley schloss die Bürotür hinter sich.

„Was für ein Tag, Kingsley“, sagte Arthur und nahm wieder hinter seinem Schreibtisch Platz, während sein Freund ihm zustimmte und sich ihm gegenüber setzte.
„Wie hat sie es aufgenommen?“, fragte er nach.
„Mit Fassung. Sie wird über unsere Lösung nicht ganz unglücklich gewesen sein. Lediglich die Tatsache, dass sie ihn nicht nach Askaban schicken durfte, stimmte sie etwas verdrießlich, was auch nachvollziehbar ist. Geht mir nicht anders. Ansonsten werden wir wie besprochen verfahren. Ich möchte, dass Mr. Duvall dabei ist, wenn wir Malfoy vor Tür setzen.“

Arthur konnte Kingsley ansehen, dass ihm noch etwas auf der Zunge brannte. Der Fall Malfoy war mit der Dauer der Verhandlung auch zum Fall Duvall geworden.

„Es geht dir um Duvall oder?“, sprach Arthur die Gedanken seines Gegenübers aus. Kingsley bejahte wortlos. „Du möchtest, dass wir ihn gleich mit vor die Tür setzen. Das Problem daran ist, King, dass wir dieses Beistandsystem geschaffen haben. Wir haben ihn dazu bestimmt, dieser Beistand für Malfoy zu sein. Das heißt, der Mann hat nichts weiter als seine Arbeit getan, wofür er vom Ministerium seine Galleonen bekommt. Wir wissen aber, dass ihm aus seiner eigenen Abteilung nicht erst seit dem Fall Malfoy ein ganz schöner Gegenwind frontal ist Gesicht bläst. Ich will damit sagen, dass ich vermute, er möchte uns nach Abschluss des Falles ebenfalls verlassen und zwar freiwillig. Ob das jetzt gut ist oder schlecht, lasse ich einmal dahingestellt. Fakt ist, dass den hier keiner haben will, offengestanden ich auch nicht.“

Allerdings, und das fügte Arthur jetzt nur in Gedanken hinzu, wäre ein Mann mit solchen Fähigkeiten geradezu prädestiniert dafür, neue Gesetzesvorlagen wasserdicht auszuarbeiten. Er würde darüber noch eingehender nachdenken, doch im Augenblick wäre eine solche Entscheidung, sogar die laut ausgesprochene Überlegung politisch sehr unklug.

„Wie sieht es eigentlich mit den Gesetzesvorlagen aus? Kommst du mit Hermine gut voran?“, wechselte Arthur das Thema.

Während Kingsley sich rechtfertigte, warum er noch nicht so weit war, wie er eigentlich sein wollte, und erklärte, dass Hermine ihm gute Vorschläge gemacht hatte, ihre Zusammenarbeit aber nicht ganz so eng war wie erhofft, diskutierte Sid mit Lucius im St. Mungos bereits die Umstände seiner plötzlichen Freilassung. Was Lucius gar nicht behagte war die Tatsache, dass man ihn nicht zur Vordertür hinausspazieren lassen wollte. Er hatte sich schon so darauf gefreut, in die Rolle des Unschuldslamms zu schlüpfen, das man zu Unrecht festgehalten hatte. Auch sein Plan, Arthur in einem geeigneten Moment über den Weg zu laufen, um sich von der Presse mit dem überraschten Minister ablichten zu lassen, ging in Rauch auf.

„Sie wollten was?“, fragte Sid empört, nachdem Lucius ihm nebenher von seiner geplanten Stichelei mit dem Minister erzählt hatte. Sid konnte kaum fassen, was er da gerade von Lucius hatte hören müssen. „Sie leiden nicht zufällig unter einer späten Todessehnsucht, Mr. Malfoy? Hat Sie Ihre Arroganz wirklich so blind gemacht? Einer der Lestrange-Brüder lebt noch! Was denken Sie, wie lange es dauern würde, bis der eins und eins zusammengezählt hat? Sie werden nichts dergleichen tun!“ Sid schüttelte erbost den Kopf und murmelte: „Ein Foto mit dem Minister deichseln.“ Lucius anblickend machte er ihm klar: „Wir haben gewonnen! Morgen am späten Nachmittag werden Sie frei sein, Mr. Malfoy. Sie sollten sang- und klanglos verschwinden und die Presse meiden, wenn Ihnen Ihr Leben lieb ist!“

Mit diesen Worten stand Sid auf und teilte Lucius mit, dass er ihn am nächsten Tag im Gamot wiedersehen würde, weil er nun, da der Fall nahezu abgeschlossen war, mit seinem Abschlussbericht beginnen musste, doch er wusste auch, dass dies nicht das Einzige war, mit dem er abzuschließen hatte. Sid war sich im Klaren darüber, dass auch er für diesen Sieg einen Preis zu zahlen hatte. Die Umstände waren verzwickt, dennoch glaubte Sid, eine Lösung für das Problem gefunden zu haben und die musste durchdacht und vorbereitet werden.

Der Sonntagmorgen begann im Gegensatz zu dem wirren Haufen im Ministerium, der an einen Schwarm aufgebrachter Hummeln erinnerte, in der Winkelgasse sehr gemächlich. Hermine erwachte um kurz nach neun und war – sie konnte es kaum fassen – ausgeschlafen! Sie tat es Fellini gleich und räkelte sich im Bett, döste noch ein wenig, streckte sich nochmals und stand endlich auf.

Die Erinnerung an gestern Abend, an den Spaß, den sie hatte und an seine liebenswerte Geste, sie ins Bett zu bringen – zu tragen, verbesserte sie sich selbst – beschwingte sie. Gut gelaunt machte sie sich Tee und während das Wasser bereits zu kochen begann, wurde sie sich beim Schneiden des Brotes darüber bewusst, dass sie allein frühstücken würde. Sie hielt inne. Die gute Laune verflog auf der Stelle. Sie war kurz davor, Severus anzuflohen, um ihn zu sich einzuladen, da erinnerte sie sich daran, dass Harry und Ginny heute vorbeikommen wollten.

Mit der Scheibe lieblos geschmierten Marmeladenbrotes und dem Tee nahm sie allein auf der Sitzbank in der Küche Platz. Sie ertappte sich dabei, vor ihrem inneren Auge Severus gegenüber sitzen zu sehen, wie er sein Lammfilet mit Minzsauce genoss. Als sie sich ins Gedächtnis zurückrief, wie er sie angeschaut hatte, als sie vorschlug, er sollte sich vielleicht beruflich umorientieren, da begann sie zu lächeln.

Eine Stunde später kamen Ginny und Harry. Hermine erwartete sie bereits im Wohnzimmer. Nach der stürmischen Begrüßung ließ sie die beiden sich umsehen.

„Etwas karg eingerichtet oder?“, fragte Harry vorsichtig, falls er damit ihren Geschmack kritisieren sollte.
„Wieso?“ Ginny blickte sich um. „Reicht doch völlig. Gemütliche Sitzgelegenheiten, eine Menge Bücher“, Harry verzog das Gesicht, „außerdem noch ein hübsches Schränkchen.“ Ginny schaute zu Hermine hinüber. „Kirschholz?“
„Ja, stand auf dem Dachboden in Hogwarts.“

Ginny gefiel das Wohnzimmer, doch sie wollte auch die anderen Räume sehen. Während sie das Arbeitszimmer betrachteten, sagte Ginny unverhofft: „Ach Hermine, ich habe Ron Bescheid gegeben, wo wir heute sind und er wäre in einer halben Stunde hier. Ich hoffe, das ist in Ordnung.“
„Aber natürlich. Kommt Angelina auch?“
Harry nickte. „Die Flugbesenschule hat heute geschlossen und sie würde gern mitkommen und außerdem ...“
Weil Harry mitten im Satz stoppte, übernahm Ginny den Rest des Satzes: „Außerdem hat Harry Neville auch erzählt, dass wir dich heute besuchen kommen und da hat er gefragt, ob er und Luna wohl auch kommen könnten.“
Ein Lächeln kroch über Hermines Lippen. „Dann habe ich ja ein volles Haus. So viel habe ich gar nicht zu essen da.“
Harry winkte ab. „Angelina und Luna machen was, sozusagen als Entschädigung, dass sie dich überrumpeln.“
„Ist schon in Ordnung. Ich bin ganz froh, wenn jemand hier ist. Es ist ...“ Diesmal brachte Hermine den Satz nicht zu Ende, weil sich ihr die Kehle zuschnürte.
Ginny wanderte bereits wieder in den Flur hinaus, um das nächste Zimmer zu inspizieren, da sagte Harry leise: „Es ist einsam hier.“ Für ihn war es eine Tatsache. „Du solltest jemanden einstellen. Fred und George haben damals auch ganz schnell eine Verkäuferin gefunden.“
„Ich weiß nicht, ob ich jetzt schon jemanden bezahlen kann. Erst einmal muss ich über einen gewissen Zeitraum Buch führen, um zu sehen, ob ich überhaupt Gewinn mache.“
„Dir bleibt dann aber kaum Zeit, mal ein wenig rauszugehen, unter Leute, meine ich. Du machst hier alles selbst, Hermine. Brauen, verkaufen, bestellen, Buchführung, du machst sogar selber sauber.“
„Momentan bekomme ich das noch hin“, rechtfertigte sie sich.
„Ja, aber für wie lange?“
Vom Flur hörte man Ginny rufen: „Was hast du denn mit dem leeren Zimmer vor?“
„Übernimm dich nicht, Mine.“

Harry warf Hermine einen bedeutungsschwangeren Blick zu, bevor er nach draußen ging und sich zu Ginny gesellte. Die mögliche Verwendung des ungenutzten Raumes wurde im Laufe des Tages nicht geklärt. Stattdessen wurden Luna und Neville, ein wenig später auch Ron und Angelina herzlich begrüßt. Man hatte sich die Verpflegung von sieben Personen einfach gemacht. Luna hatte Mengen an Kuchen mit, während Ron und Angelina Fisch und Gemüse für das Abendessen besorgt hatten, aber zuerst nahmen sie gemütlich im hell eingerichteten Wohnzimmer Platz.

Bevor sich das momentane Gesprächsthema beim Quidditch festfahren konnte, versuchte Harry, die Kurve zu kriegen und die anderen auf Hermines bevorstehende Präsentation aufmerksam zu machen.

„War Severus gestern hier?“, begann Harry unüberlegt, denn die Erwähnung seines ehemaligen Zaubertränkelehrers hatte Ron sofort das Thema Sport vergessen lassen.
Der Rothaarige rümpfte die Nase. „Snape? Was hat der hier verloren?“
„Wir sind zusammen die Rede durchgegangen. Ich habe doch kommende Woche meine ...“
Ron fiel ihr ins Wort. „Aber was hat er damit zu tun? Wirklich Hermine, du bist auf ihn nicht angewiesen.“
„Ähm ...“ Harry war um Worte verlegen, aber zum Glück schritt Neville ein.
„Soweit ich weiß, hat er die Rede für Hermine geschrieben“, er blickte unsicher zu ihr hinüber, „oder?“
„Ja, hat er und sie ist sehr gut geworden“, verteidigte sie Severus. „Gestern haben wir die Rede geübt. Ich glaube, ich werde damit richtig Eindruck schinden.“
„Das wäre klasse, Hermine!“ Harry freute sich für sie. „Würde ich mir gern anhören.“
Skeptisch zog Hermine eine Augenbraue in die Höhe. „Ich glaube nicht, dass das etwas für euch ist. Das sind alles Zaubertränkemeister, Alchimisten und Menschen, die irgendwie mit Tränken, Zutaten und was weiß ich noch alles zu tun haben. Ich befürchte, ihr könntet nicht folgen.“ Sie warf Ron einen schelmischen Blick zu, den er mit einem übertriebenen Grinsen beantwortete. „Selbst meine Rede ist jetzt so formuliert, dass sie sehr fachlich klingt.“
„Mich kriegen da keine zehn Pferde hin“, versicherte Ron sehr von sich überzeugt. „Das wäre für mich wie Nachsitzen in Zaubertränken.“
Neville stimmte ihm wortlos zu, gab aber zu bedenken: „Da werden bestimmt eine Menge toller Sachen vorgestellt. Wenn mein Dünger so weit ist, werde ich ihn auf der Tagung der Kräuterkundler vorstellen.“
Ron und Harry entgleisten sämtliche Gesichtszüge. „Es gibt eine Tagung der Kräuterkundler?“, fragte beide fast zeitgleich.
„Natürlich! Pomona ist da immer zu Gast. Jedes Fach hat eine Interessengemeinschaft, die sich regelmäßig über Neuerungen austauschen will.“
Mit neutral gehaltenem Gesicht – nur die Augen lachten – fragte Ron seinen besten Freund ganz ernst: „Gibt es auch im Bereich der Dunklen Künste eine Interessengemeinschaft?“
„Nö“, kam von Harry wie aus der Pistole geschossen. „Die Interessenten sind fast alle erledigt. Und bei dir? Gibt es eine Quidditch-Interessengemeinschaft?“
„Wenn man den Pub-Besuch nach einem gewonnenen Spiel mit dazuzählt, dann ja.“

Während Ron und Harry noch herumalberten, fragte Neville die Gastgeberin sehr interessiert: „Wie wächst der Kartoffelbauchpilz?“
Ihre Augen glänzten. „Ganz wunderbar, Neville! Danke dir vielmals für den Dünger. Die Schoten hat Severus gestern schon ernten können, so schnell sind die gewachsen.“

Rons Kopf schnellte herum, doch er verkniff sich jeden Kommentar. An seinem Gesichtsausdruck konnte man jedoch ablesen, dass er der Situation nicht traute und sich zu fragen schien, was Snape hier zu suchen hatte. Luna bekam von alledem augenscheinlich nichts mit, denn sie hatte sich in das Prospekt vertieft, dass Hermines Apotheke anpries.

„Geniale Idee“, hauchte die Blonde, womit sie Nevilles Aufmerksamkeit auf sich zog. Sie reichte ihm das Prospekt. Der Duft von Vanille schlug ihm entgegen.
„Das war Georges Idee“, erklärte Hermine. „Er hat das Informationsblatt gestaltet und hatte den Einfall mit dem Vanilleduft.“
Mit in Falten gelegter Stirn roch Ron an der Werbung. „Ist immerhin besser, als diese singenden Flugblätter. Die nerven mit der Zeit wirklich!“
„Severus wollte gleich einen ganzen Stapel von den Prospekten haben. Keine Ahnung, wem er die geben will.“

Nicht zum ersten Mal an diesem Tag nahm Ron Hermines Aussage mit sichtbarer Skepsis zur Kenntnis. Ginny und Harry kannten ihn so gut, dass sie davon ausgingen, er würde Hermine im nächst möglichen Moment zur Seite nehmen, um zu fragen, ob sie unter einem Fluch leiden würde.

„Bezaubernd.“ Luna lächelte verträumt. „Ich werde mal sehen, ob ich eine günstige Anzeige in der Muggelpost für dich arrangieren kann. Sind eigentlich viele gekommen? Viele Werwölfe?“
„Oh ja!“ Der ganze Stress der letzten Tage war in diesen zwei Worten untergekommen, doch Hermine wurde noch detaillierter. „Es waren erst sieben, dann 21 und am letzten Tag 51, plus/minus drei.“
Angelina machte ganz große Augen. „So viele?“
„Ich wusste nicht einmal“, warf Neville ein, „dass es überhaupt so viele von denen gibt.“
„Na ja ...“

Erst wollte Harry sich selbst bremsen, um die Stimmung nicht zu drücken, aber irgendwann musste man über den Krieg offen reden können. Gerade nach der heutige Schlagzeile des Tagespropheten, die jeder gelesen haben musste, aber niemand ansprach, hielt er den Zeitpunkt für den richtigen.

„Greyback hat es sich am Ende zur Aufgabe gemacht, immer mehr Menschen zu infizieren, meist Muggel. Er hat früher nie den Wolfsbanntrank genommen, in den paar Jahren vor Kriegsende aber schon.“
Ron nickte zustimmend. „Das hat uns einer unserer Gewährsmänner gesteckt.“
Ginny wusste, von wem sie sprachen und nannte seinen Namen: „Prospero.“
„Ja, genau!“, bestätigte Ron.
Harry erzählte weiter. „Greyback fand Gefallen am Wolfsbanntrank, weil er seine Bluttaten am nächsten Morgen nicht mehr nur als vage Ahnung empfand, sondern sie bewusst erlebt hat. So konnte er auch besser steuern, wen er tötet und wen er 'nur' infiziert.“
„Hat ...“ Nevilles Stimme brach, weswegen er sich räuspern musste. „Hat man ihn auch erwischt?“

Neville hatte den langen Artikel im Tagespropheten, der die Verhaftung so vieler Todesser behandelte, ganz sicher gelesen, dachte Harry. Ron, Hermine, Ginny und Harry schüttelten aufgrund von Nevilles Frage den Kopf.

„Die Auroren vermuten ihn im Verbotenen Birkenwald, aber der ist groß. Man wird ewig brauchen, ihn zu kriegen.“
„Wir können ja auf Greyback-Jagd gehen!“, schlug Ron viel zu ernst vor. „Die ganze DA! Wir durchkämmen den Birkenwald und ...“
Hermine legte sofort ihr Veto ein. „Hast du den Verstand verloren? Du weißt, dass das ein Reservat für Zentauren ist und zwar für Zentauren, die nicht so nett sind wie Firenzes Freunde.“
„Die waren doch nicht nett!“, widersprach Ron.
Harry legte den Kopf schräg und hob eine Augenbraue an. „Zu uns schon. Aber wo du gerade von der DA sprichst: Ich glaube nicht, dass die noch einmal zusammenkommen wird.“
Der Ruhigste von allen – Neville – ergriff das Wort. „Ich hab meine Galleone immer in der Tasche!“ Um seine Aussage zu untermauern, griff er in die Hosentasche und zog seine mit einem Proteus-Zauber versehene Galleone heraus. „Wann immer die glühen sollte ...“ Er wäre zur Stelle.
An ihrem Kragen fummelte Luna so lange herum, bis sie eine Kette unter der Bluse hervorgeholt hatte. An ihr baumelte eine durchstochene Galleone. „Ich hab sie auch immer dabei.“

Harry war sprachlos, doch Neville und Luna waren ganz offensichtlich nicht die Einzigen, die an diesem Stück Vergangenheit hingen. Ron fischte aus seiner Gesäßtasche die entsprechende Galleone heraus, Hermine aus der vorderen Hosentasche.

„Bin ich der Einzige“, fragte Harry verwirrt, „der sie nicht mehr ständig mit sich führt?“
„Das macht nichts“, beruhigt ihn Ginny. Sie öffnete den Verschluss ihrer Muggel-Armbanduhr, die ein Geschenk von Hermine gewesen war. Die Unterseite der Uhr war durch die Galleone ersetzt worden. „So hab ich sie immer dabei und wenn du sie mal brauchst, dann nimmst du meine.“

Jeder blickte Angelina an, die auch seit Anfang an Mitglied der DA war, bisher aber ihre Galleone nicht gezeigt hatte.

„Oh“, machte sie, als sie verstand, was ihre Freunde von ihr erwarteten. „Ich hatte eine ähnliche Idee wie Ginny.“ Die dunkelhäutige Schönheit zog den Ärmel ihres Pullovers hoch und präsentierte ihren Schmuck: Ein Armreif, an dem kleine Perlmutt-Plättchen hingen, zwischendrin glitzerte etwas Goldenes – die Galleone.

Am frühen Nachmittag standen die sieben Freunde in der Küche und kochten gemeinsam, unterhielten sich angeregt und hatten zusammen ihren Spaß.

Weniger Spaß hatte Sid, als er mit den ganzen Akten unter dem Arm im Saal des Gamots erschien. Bis auf Lucius waren alle bereits anwesend. Der Gefangene wurde als Letztes hereingebracht. Die Gamotvorsitzende erhob sich und ließ ihren Blick auf dem Blonden ruhen, bis der sich endlich gesetzt hatte. Mit einer nahezu versteinerten Mine verlas sie den Rechtsspruch.

"Im Namen der Zaubererwelt ergeht folgendes Urteil: Lucius Malfoy, Sie werden in vier Anklagepunkten freigesprochen. In dreien wird Ihnen eine Geldstrafe von insgesamt 6.150 Galleonen auferlegt, die sich wie folgt zusammensetzt: Zehn Prozent des Glasschadens in der Mysteriumsabteilung, der sich insgesamt auf 45.000 Galleonen berechnen ließ, zudem die höchste Geldbuße für die 'Störung der Öffentlichen Ordnung', die mit 1.500 Galleonen angesetzt wurde und“, Rosalind biss die Zähne zusammen, „150 Galleonen für den 'Besitz schwarzmagischer Gegenstände'.“ In ihren Augen viel zu wenig. „Ihnen wird ein Verlies-Schein von Gringotts ausgehändigt, mit dem Sie den Gesamtbetrag innerhalb der nächsten sieben Tage als Spende an“, Rosalind blickte auf und grinste fies, „das Waisenhaus für muggelgeborene Hexen und Zauberer überschreiben werden. Der Freispruch in den anderen Anklagepunkten erfolgt aus Mangel an nach gültigem Recht verwertbaren Beweisen.“ Das Pergament legte Rosalind nieder, um nun Lucius persönlich anzusprechen. „Es mag sein, Mr. Malfoy, dass Sie einem schärferen Richterspruch durch das Gamot mit List und Tücke Ihres Beistandes entgangen sind, dennoch habe ich keine Zweifel, dass selbst der Freispruch und die damit verbundene Entlassung in eine Welt des Friedens Strafe genug sein wird. Haben Sie noch irgendwelche Fragen, Mr. Malfoy?“
„Ja“, sagte er zum Erstaunen aller Anwesenden, selbst Sid fasste sich an die Stirn und flehte leise zu fernen Göttern, er möge den Mund halten.
Rosalind kniff ihre Augen zusammen. „Was?“
Mit arrogant erhabenem Gesichtsausdruck wollte er wissen: „Was genau meinen Sie mit Ihrer letzten Aussage? Ich habe das Gefühl, dass Sie mir drohen wollten.“
Neben sich hörte er seinen Beistand zischeln: „Halten Sie Ihren Mund!“
„Was das zu bedeuten hat“, begann Rosalind selbstsicher, „werden Sie ganz für sich allein herausfinden müssen, Mr. Malfoy. Und seien Sie sich sicher, dass ich nicht so töricht bin, Ihnen vor dem versammelten Gamot zu drohen. Ich“, sie hatte deutlich betont, „würde so etwas niemals wagen.“
„Nun, da bin ich aber beruhigt.“
„Die Sitzung ist geschlossen.“

Mit ihrem Richterhammer schlug Rosalind auf den Tisch, so dass es einen heftigen Knall gab. Damit war das Verfahren gegen Lucius Malfoy heimlich, still und leise beendet. Keine Zuschauer, keine Presse.

„Mr. Malfoy, Mr. Duvall. Wenn uns die Herrschaften nun bitte folgen wollen?“ Einige Auroren waren neben ihn und seinen Beistand getreten und machten klar, in welcher Richtung der Sitzungssaal zu verlassen war. Sid nickte und die beiden folgten den anderen durch einen Seitenausgang des großen Saales hinunter ins Erdgeschoss und einen langen Gang entlang, bis sie in ein kleines Zimmer geführt wurden.

Unformell bekam Lucius sein Hab und Gut wieder, das ihm bei der Verhaftung abgenommen worden war. Darunter waren ein schwarzer Umhang und zerschlissene Kleidung sowie sein mit einem Schlangenkopf verzierten Gehstock und ...

„Wäre es Ihnen wohl möglich, das hier“, Lucius deutete mit dem Knauf seines Stockes auf die Todessermaske, „zu vernichten? Ich habe keine Verwendung dafür.“
Aus irgendeiner Ecke hörte man einen der Auroren murmeln: „Nicht mehr.“
„Was ist mit der Kleidung?“ Ein Auror hielt ihm Hose, Weste und Jacke unter die spitze Nase, welche er sogleich rümpfte.
„Weg damit.“ Er wollte nicht mehr an den Tag der letzten Schlacht erinnert werden. „Nur den Umhang, den können Sie mir noch aushändigen.“ Damit konnte er wenigstens die Krankenhauskleidung verbergen, die er heute anstatt der üblichen Sträflingskluft hatte tragen dürfen. Das führte Lucius vor Augen, dass man nicht vorgehabt hatte, ihn der Presse vorzuführen, wie man es am Tag der ersten Verhandlung getan hatte: mit gefesselten Händen und der Kleidung aus Askaban.
„Wenn Sie hier unterzeichnen würden, dass Sie alles zurückerhalten haben?“

Lucius unterschrieb das Pergament und warf sich den Umhang über, der ihn komplett von oben bis unten einhüllte und nichts von der billigen Kleidung darunter preisgab. Allein schon der dunkle Umhang und sein kostbarer Gehstock mit integriertem Zauberstab ließ ihn wie früher wirken. Einzig sein Äußeres zeugte von einer Veränderung. Lucius war abgemagert, sah abgekämpft aus. Man drückte ihm den Schein von Gringotts in die Hand, mit dem er seine Geldstrafe begleichen konnte.

Sie betraten erneut den langen Gang. Hier bedeutete ihnen ihre Begleitung, von jetzt an allein weitergehen zu müssen, denn man würde sie am Ende des Ganges bereits erwarten. Und so war es dann auch. Lucius Mundwinkel zuckte. Sie wurden von Arthur und Kingsley empfangen. Allein.

Mit schmierigem Lächeln fragte Lucius in jovialem Tonfall nach dem werten Befinden des Ministers und seiner Familie.

„Mir ist nicht nach Konversation mit dir, Lucius. Es ist Zeit, dass du uns verlässt und wir sind beide gekommen, um dich auch wirklich gehen zu sehen.“
„Es war mir ein Vergnügen, mit Ihnen Geschäfte zu machen, Herrschaften“, gab er schneidend zurück. Er wandte sich an seinen Beistand. „Was ist mit Ihnen, Mr. Duvall? Kommen Sie doch mit mir! Jemanden wie Sie könnte ich gut brauchen.“
„Mr. Malfoy, um eines ganz klar zu stellen: Sie und Ihr Fall waren ein Teil meiner Arbeit, nicht mehr und nicht weniger. Meine Aufgabe bestand darin, in einem Prozess gegen Ihre Person Ihren Beistand darzustellen. Diese Pflicht habe ich erfüllt. Meine Aufgabe sehe ich somit als beendet.“ Mit gleicher, würdevoller Mimik betrachtete Sid seinen ehemaligen Klienten. „Ich bin ein Angestellter des Ministeriums und ich werde nicht für Sie arbeiten, falls Sie das in Betracht gezogen haben sollten. Auch dann nicht, wenn meine Dienste hier nicht länger gebraucht werden. Weder meine Familie noch ich nagen am Hungertuch und selbst wenn es jemals anders sein sollte, verbietet mir schon allein mein Ehrgefühl, in Ihre Dienste zu treten. Ich wünsche Ihnen alles Gute. Leben Sie wohl.“

Höflich hielt Sid ihm die Hand zum Abschied entgegen, doch Lucius, brüskiert und tief beleidigt in seinem Stolz, nahm diese nicht. Stattdessen nickte er Kingsley und dem Minister flüchtig zu. Mit einer Hand deutete Kingsley auf eine einzelne Telefonzelle, die in diesem Gang stand.

„Was denn? Darf ich nicht einmal nachhause flohen?“
„Sie, Mr. Malfoy“, warf Kingsley ein, „sollten zunächst überprüfen, ob Sie noch ein Zuhause das Ihre nennen dürfen.“
„Wie darf ich das verste...?“
„Leben Sie wohl!“, verabschiedete sich Kingsley, der die Tür geöffnet hatte und Lucius in die Telefonzelle zwängte. Auf diesem Wege würde er, das wusste Lucius, irgendwo in Muggellondon auftauchen. Als die Tür sich schloss und der Fahrstuhl bereits gen Erdoberfläche schoss, hoffte Lucius, zumindest ein ruhiges Plätzchen zum Apparieren zu finden.

„Mr. Shacklebolt, Herr Minister. Ich darf mich verabschieden. Sie werden meinen detaillierten Abschlussbericht in den nächsten Tagen erhalten. Bis dahin wünsche ich Ihnen noch einen schönen Tag“, sagte Sid höflich. Arthur ließ ihn gewähren, obwohl ihn Kingsley gleich mit zur Rechenschaft ziehen wollte. Dem fragenden Blick seines dunkelhäutigen Freundes wollte er antworten.

„Ich möchte noch seinen Bericht abwarten“, erklärte Arthur kurz und knapp. Danach trennten sich die Wege der Männer. Während der Minister zurück in sein Büro ging, marschierte Sid in seine Abteilung, wo er, wie er es schon erwartet hatte, nicht mit offenen Armen empfangen wurde. Zum Glück konnten Blicke nicht töten, dachte Sid, jedenfalls nicht ohne den Einsatz von Dunklen Künsten. Er beschloss, nicht seinen direkten Vorgesetzten aufzusuchen, sondern seinen Bericht kurzerhand in seinen eigenen Räumlichkeiten zu verfassen, den er nach der Fertigstellung lediglich abgeben wollte.

Seine Entscheidung ließ ihm noch einigen Spielraum, um privaten Dingen nachzugehen. Er wollte sich auf jeden Fall von Miss Amabilis – Schwester Marie – verabschieden. Sid hoffte, dass es kein Abschied für immer sein würde, denn er mochte die nette, aufopferungsvoll arbeitende Hexe. In ihr sah er, verbunden mit dem Fall, einige Parallelen zu sich selbst, doch wollte er das nicht überbewerten. Das erste Mal in seinem Berufsleben verließ er das Büro, ohne einem Vorgesetzten Bescheid zu geben. Er flohte direkt ins St. Mungos, nur um dort zu erfahren, dass Schwester Marie ihren Dienst am heutigen Tag bereits beendet hatte. Man versicherte ihm, dass sie Morgen wieder zur Frühschicht anwesend sein würde. Sie hätte sich bereit erklärt, sagte man ihm, die wenigen persönlichen Gegenstände, die Mr. Malfoy während seines Krankenhausaufenthalts angesammelt hatte, wegen der erfolgten Verlegung des Patienten persönlich zu packen. Sid zog amüsiert die Augenbrauen nach oben und grinste in sich hinein.

'So so, Verlegung nannte man es hier', dachte er sich auf dem Rückweg ins Büro. Es sollte ihm Recht sein. Je weniger Schwester Marie von den realen Umständen mitbekam, desto besser war es für ihn selbst.

Vom Ministerium aus hatte Kingsley Susan Bescheid gegeben, dass sie mit Lucius rechnen müsste, da der vor wenigen Minuten freigesprochen worden war. Draco war zwar übers Wochenende in Malfoy Manor, doch zu dem Zeitpunkt, als Susan den Ruf über den Kamin erhalten hatte, war sie mit Narzissa allein im Haus.

Im Musikzimmer fand Susan ihre Schwiegermutter, die ihr schon vor der Hochzeit die persönliche Anrede gestattet hatte. Narzissa schien abwesend, während sie einige Tasten am Spinett betätigte. Der Artikel der Morgenzeitung hatte ihr sehr zugesetzt, denn er hatte schlimme Erinnerungen aufwallen lassen.

„Narzissa!“ Susan war überglücklich, sie endlich ausgemacht zu haben.
„Susan, warum so aufgebracht?“
„Mr. Malfoy ...“ Sie verbesserte. „Dein Mann ist eben freigesprochen worden. Er wird vermutlich jeden Moment hier eintreffen.“
Narzissa blinkte einmal ungläubig, dann ein weiteres Mal. „Mein Mann? Er kommt hierher?“
„Ich vermute ja.“

Wie von der Tarantel gestochen sprang sie von dem kleinen Höckerchen auf, das vor dem Hausinstrument stand und betastete ihr Haar, fuhr sich mit einer Hand über die Wange. Ihr schienen so viele Worte auf der Zunge zu liegen, dass sie stumm blieb, weil sie sich für keines entscheiden konnte.

„Wo ist Draco?“, wollte Susan wissen.
„Bei den Ställen. Er wollte eine Liste machen.“ Die dort untergebrachten schwarzmagischen Gegenstände wollte Draco schriftlich festhalten, denn demnächst wollte er sie veräußern. „Wir müssen ihm Bescheid geben.“
„Ich schicke ihm meinen Patronus!“

Mit Hilfe ihres Stabes erschuf sie die silberfarbene Löwin, die Draco die Nachricht über die zu erwartende Ankunft seines Vaters übermitteln sollte. Wie erhofft war Draco in Windeseile zurück.

Er war, obwohl er nicht rennen musste, sondern appariert war, völlig außer Atem. „Vater kommt?“
„Hat mir Shacklebolt eben mitgeteilt“, bestätigte Susan, während sie mit ihren unruhigen Fingern spielte.
„Okay!“ Seine Hände hielt er in beschwichtigender Geste nach oben, doch nicht die Frauen, sondern sich selbst wollte er damit beruhigen. „Susan, du bleibst bitte vorerst mit Charles in unserem Zimmer.“ Sie nickte zustimmend, so dass er sich an seine Mutter wandte. „Ich möchte als Erstes mit ihm reden. Bitte bleib im Hintergrund. Tust du das für mich, Mutter?“ Auch sie nickte. „Gut, gut.“ Er war kurz davor, zu hyperventilieren, so schnell atmete er. Narzissa machte sich Sorgen, denn so aufgewühlt hatte sie ihren Sohn lange nicht mehr gesehen.
„Beruhige dich, mein Schatz.“
'Leicht gesagt', dachte Draco.

Das erwartete Familienmitglied war bereits mit einem Zwischenstopp vor das Grundstück Malfoy Manor appariert. Der Anblick des hergerichteten Hauses ließ sein Herz höher schlagen. Die Heimkehr berührte einen Punkt ihn ihm, den er für so lange Zeit verloren glaubte. Für einen Moment betrachtete er wie verzaubert das Gebäude und schwelgte in glücklichen Zeiten. Der Gedanke an seine Frau trieb ihn durch das schwere Eisentor, das ihn als Familienmitglied erkannte und ihm durch einen Zauber Einlass gewährte. Den weiten Weg bis zum Haus genoss er zu Fuß. Überall lag noch Schnee, was der mit Bäumen angereicherten Umgebung ein märchenhaftes Aussehen verlieh. Der kalte Wind pfiff ihm ums Gesicht, nichtsdestotrotz ließ er sich einen Moment Zeit. Endlich daheim! Er hätte auch direkt hineinapparieren können, aber sein Haus wollte er unbedingt durch die Eingangstür betreten.

Da stand er vor der dunklen Doppeltür des Herrenhauses, in dem er aufgewachsen war; welches bereits seit mehreren Generationen seiner Familie gehörte. Ohne Probleme ließ sich die Tür öffnen.

'Ich bin willkommen', dachte er beruhigt. Shacklebolt hatte ihm nur einen Schrecken einjagen wollen. Seine Frau würde ihn um nichts in der Welt ausgrenzen, dessen war er sich sicher.

Nachdem sich die Tür vollends geöffnet hatte, war das Gefühl, das alte Zuhause zu betreten, für einen Moment getrübt, denn nicht der schwarzrote Marmorboden begrüßte ihn, sondern ein weißer mit gelblicher Färbung. Diese erste Veränderung, die er wahrnahm, biss sich mit seinen Erinnerungen und er hoffte, dass das die einzige Neuerung war, mit der er rechnen musste.

Kaum war er drinnen, schloss sich die Tür von allein. Lucius ging ein paar Schritte. Das klackende Geräusch seiner Schuhe und des Gehstocks hallten in der Eingangshalle wider. Ein ähnliches Geräusch ließ ihn innehalten. Sein Blick wanderte zu einer der geschwungenen Treppen, auf der hoheitsvoll sein in einen dunkelblauen Gehrock aus edlem Brokat mit besticktem Pfauenmotiv gekleideter Sohn herabstieg. An seinem Arm führte er ...

„Narzissa“, hauchte Lucius so sehnsuchtsvoll und leise, dass niemand ihn hören konnte.

In seine Augen war sie keinen Tag gealtert. So viele Jahre hatten sie sich nicht gesehen; fast acht. Nachdem sein Sohn damals an der Seite von Severus geflohen war, hatte sich auch Narzissa im Verborgenen gehalten. Sie war anmutig wie eh und je. Ihr Haar, das er immer besonders mochte, war nach oben gesteckt und wurde durch einen goldenen Kranz aus geflochtenen Strähnen gehalten. Lucius hatte nur Augen für sie, doch das änderte sich, als sein Sohn ihre Hand von seinem Arm nahm und sie zurückließ, um sich ihm zu nähern.

Draco war, das musste Lucius zugeben, ein groß gewachsener, gutaussehender junger Mann geworden, der die gleiche erhabene, tonangebende Ausstrahlung wie sein alter Herr aufwies. Was Lucius störte war die Tatsache, dass Draco ihm gegenüber diese unverschämte Blasiertheit an den Tag legte.

Nach ein paar Schritten hatte Draco seinen Vater erreicht. Narzissa blieb im Hintergrund. Von seinem Sohn musste sich Lucius einmal von oben bis unten betrachten lassen. Es lag ihm schon auf der Zunge, seinen Spross zurechtzuweisen, da blitzte große Entschlossenheit in Dracos Augen auf, als der das Kinn hob und unmissverständlich die ersten Worte sagte.

„Willkommen in meinem Haus, Vater!“


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