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Fanfiction

Harry Potter und die Schatten der Vergangenheit - Granger Apotheke

von Muggelchen

Mrs. Cara hatte Hermine jede Menge Informationen dagelassen. So wusste sie, was damals, als die Apotheke noch gut lief, häufig gekauft wurde. Daran wollte Hermine anknüpfen. Die Kunden, die vielleicht nur aus Neugierde die Apotheke aufsuchen würden, sollten das altbekannte Sortiment vor Augen haben und noch einige Dinge mehr. Sie begann sofort mit dem Brauen und blieb das ganze Wochenende bei dieser Beschäftigung.

Sie stellte Cremes gegen Arthritis, Wärme-Salben für Rheumaleiden, Tränke gegen Erkältungen, Kautabletten gegen Magenbeschwerden, Pillen gegen Kopfschmerzen und noch viele andere Dinge her, die man in einer Apotheke erwartete. In der Nacht vor dem Tag der Eröffnung ihres Geschäfts war sie damit beschäftigt, die Salben in Dosen und die Tränke in Abgabegefäße zu füllen. Mit einem Zauberspruch konnte sie die Waren leicht beschriften. Preislisten und Tabellen von Mrs. Cara war Hermine aufmerksam durchgegangen. Die Preise schienen ihr zu niedrig; waren fünfzehn Jahre alt. Eine kleine Erhöhung würde niemandem schaden. Die Regale in der Apotheke waren bis unter die Decke vollgestopft mit Töpfchen, Gläsern und Steingefäßen, ganz wie Nerhegeb es gezeigt hatte. Nicht nur fertige Tränke würde sie verkaufen, sondern auch, wie Mrs. Cara schon zuvor, einzelne Zutaten. Bei ihr könnten die Kinder von Hogwarts sogar Schulzubehör für das Fach „Zaubertränke“ bekommen, sollte man kostenintensive Ingredienzen benötigen, die die Schule nicht stellte. Bei ihr bekam man darüber hinaus das wichtige Zubehör, das man zum Brauen benötigte. Kessel in drei Größen, aus Zinn oder gar Gold – alle natürlich mit nach der Norm vorgeschriebenen Mindestbodendicke. Zum Glück hatte Hermine von ihrer Beschäftigung bei Severus noch in etwa 4000 Galleonen im eigenen Verlies. Ihr kleines Startkapital zusätzlich zu der finanziellen Unterstützung, die ihre Eltern ihr hatten zukommen lassen. Hermine hatte sogar eine Paste hergestellt, mit der man Kessel, die längere Zeit nicht benutzt werden würden, einfetten könnte, um kleine Parasiten davon abzuhalten, über mögliche Reste von Trankzutaten herzufallen, womit sie die Kessel beschädigen würden.

Gegen fünf Uhr in der Frühe stand Hermine am Montag in ihrem Verkaufsraum und betrachtete ihn. Sie versuchte, ihn mit anderen Augen zu sehen, mit den Augen eines Kunden. Es sah einladend aus, geradezu gemütlich. Boden und Wände waren aus braunem Holz, was dem Raum eine spürbare Wärme verlieh. Alles war ordentlich und auch sauber. Es roch angenehm, fast wie auf einer Blumenwiese. Die kleinen Dosen und Töpfchen warteten nur darauf, von jemandem in die Hand genommen zu werden, um gleich darauf an der Theke gegen Bares getauscht zu werden. Ein Blick zur besagten Theke ließ in Hermine ein dumpfes Gefühl aufwallen. Die Örtlichkeit war jene, die sie in Nerhegeb gesehen hatte, nur ohne dunkel gekleideten Zaubertrankmeister. Es war, als würde etwas fehlen. Womit Hermine nur schwer zurechtkam, war die herrschende Stille. Natürlich sprach sie mit Fellini, der miauend antwortete und um ihre Beine strich, aber das war nicht das Gleiche. Ihr fehlte intellektuelle und fachkundige Konversation, die der Kniesel ihr einfach nicht geben konnte, doch selbst Harry wäre dazu nicht in der Lage. Sein Interesse an Zaubertränken hielt sich sehr in Grenzen. Die Stille war so präsent, dass Hermine immer daran erinnert wurde, allein zu sein. Die Freude über die eigene Apotheke war verhalten. Es war nicht wie im Bilderbuch.

Als sie sich dazu zwang, einen Moment in der Küche auszuruhen und eine Tasse Tee zu trinken, blätterte sie im neusten Fachjournal für Tränkemeister. Der Artikel über die anstehende Tagung der „Körperschaft der Zaubertränkemeister“ war mehr als nur interessant, denn vor ihrem innere Auge malte sie sich bereits aus, vor Publikum über ihren Trank zu sprechen, ihn vielleicht sogar vorzuführen. Kommendes Wochenende würde sie vor Severus ihre Rede üben. Gerade dachte sie an ihn, da klopfte es ans Fenster. Es war eine Rußschleiereule mit so dunkelbraunem Gefieder, dass es schon schwarz war. Die Vorderseite war es ein wenig heller und mit vielen weißen Tupfen versehen. Sie ließ den Vogel herein. An dessen Bein war eine verkleinerte Mappe befestigt, die Hermine entfernte. Die Rußschleiereule saß auf ihrem Tisch in der Küche und wartete offensichtlich auf etwas Wegzehrung.

Während die Eule ein paar Körner fraß und dazu Wasser trank, vergrößerte Hermine die Mappe. Ein Brief von Severus lag mit dabei, den sie als Erstes las.

„Hermine“ stand am Anfang des Briefes. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass Severus erst „Miss Granger“ schreiben wollte, denn das „H“ ihres Vornamens sah wie ein ursprüngliches „M“ aus, welches kreativ verbessert worden war. Einerseits machte es sie traurig, dass er nach nur zwei Tagen schon wieder auf Distanz zu sein schien, doch andererseits hatte er sich dazu überwunden, die Anrede beim Vornamen doch beizubehalten. Sie betrachtete den gesamten Brief.


„Hermine,

anbei die vorbereitete Rede. Ich erwarte, dass Sie sie einigermaßen flüssig vortragen, wenn ich am Wochenende bei Ihnen sein werde. Zusammen werden wir verbale Stolpersteine ausmerzen.

Wann erwarten Sie mich?

Severus“


'Kurz und knapp', dachte Hermine. So war er eben. Als sie aufblickte und die dunkle Eule betrachtete, fiel ihr das Antlitz des Tieres auf. Die schmalen Augen und der Schnabel hoben sich deutlich vom Rest ab, denn das Gesicht war durch dunkle Federn umrandet, als hätte jemand mit schwarzer Tinte ein Herz drumherum gezeichnet. Mit einem Male dachte sie an Lockhart, dann an Valentinstag und gleich darauf an Valentinus, woraufhin sie angewidert das Gesicht verzog. Es musste eine der Schuleulen Hogwarts' sein, die auf Antwort wartete. Hermine schrieb ebenso knapp zurück, weil sie noch zu viel zu erledigen hatte. Sie schlug Samstag Abend gegen halb neun vor und schickte die Eule auf ihren Weg.

Mit gedrückter Stimmung wollte sie noch den Rest des Ladens beäugen, konnte sich aber nicht mehr dazu aufraffen. Sie hatte die ganze Nacht gebraut, abgefüllt, beschriftet und einsortiert. Nebenbei hatte sie noch Bestellungen erledigt, Überweisungen mit magischen Formularen von Gringotts getätigt und Anfragen per Eule gestellt. Sie würde eine eigene Posteule benötigen, dachte sie, sonst wäre es zu teuer, regelmäßig Briefe zu verschicken. Es fand sich immer etwas, dass sie noch zu erledigen hatte.

Ihr Wunsch nach Ordnung zwang sie, die Nacht durchzumachen und ohne eine Mütze voll Schlaf den Laden morgens um neun Uhr zu eröffnen. Zu spät bemerkte sie, dass sie nicht gefrühstückt hatte. Wie eine Feder im Wind schwebten ihre Gedanken zur großen Halle und in Gedanken sah sie Harry, Remus, Severus und all die anderen Lehrer und Schüler bei einem behaglichen Frühstück beisammen.

Von den Rühreiern, den Omeletts oder dem Toast hatte Severus kaum etwas angerührt, dafür keine zwei, sondern gleich vier Tassen Kaffee getrunken. Als er sich gerade die fünfte einschenkte, sagte Harry gut gelaunt: „Sie können sich den auch gleich intravenös legen“, er schlug mit zwei Fingern auf seine Armbeuge, „das spart den Weg zum Mund.“ Severus verzichtete auf eine Bemerkung, verriet jedoch nicht, dass ihm einfach nichts einfiel, womit er kontern konnte. Ihm war nicht einmal danach, Harry wenigstens einen bösen Blick zuzuwerfen.

Erst zum Mittag fiel Harry auf, dass Severus allgemein sehr still war und sich weder an Gesprächen beteiligte noch sarkastische Bemerkungen über seine Kollegen machte. Er saß ruhig an seinem Platz, aß wie ein Spatz und trank Unmengen Kaffee, wie Harry es aus alten Schultage kannte. Auch Draco, der dann und wann zu seinem Patenonkel zum Lehrertisch schaute, bemerkte dessen Zurückhaltung.

„Draco?“ Der Gerufene wandte seinen Blick von Severus ab und blickte zu Ginny, die sich ohne Scheu an den Tisch der Slytherins gesetzt hatte und damit einigen Mitschülern einen erstaunten Blick entlockte. „Wegen dem Training heute geht alles klar?“
Er nickte. „Alle haben Zeit. Wir werden erst eine Stunde allein spielen. Mit dem Kapitän vom Hufflepuff habe ich eine Trainingsspiel ausgemacht. So gegen halb sieben werden sie zu uns stoßen.“
„Das ist klasse! Im Spiel kann man am besten trainieren, finde ich.“

Weil Ginny nicht zu ihrem Tisch zurückging, wagte Gordian einen ähnlichen Schritt. Der Slytherin wanderte hinüber zu den Hufflepuffs und fragte Meredith höflich, ob er neben ihr Platz nehmen dürfte.

„Haben Sie das gesehen, Severus?“ Harry deutete hinüber zu Gordian. „Ein Slytherin isst mit den Hufflepuffs und ein Gryffindor sitzt am Tisch der Slytherins und“, er legte eine theatralische Pause ein, „es ist ruhig.“
Severus winkte ab. „Was erwarten Sie? Dass die Schüler sich gegenseitig an die Gurgel gehen?“
„Ich find's ungewöhnlich. Stellen Sie sich vor, ich hätte damals in der Schule beim Essen neben Draco gesessen.“ Harry blickte zu dem Blonden hinüber, der sich angeregt mit Ginny unterhielt.
„Das, Harry, hätten Sie nicht überlebt. Ich vermute, Draco hätten Ihnen damals etwas in den Kürbissaft getan, wären Sie so dreist gewesen, sich zu ihm zu setzen.“
Gedankenverloren nickte Harry, bis sein Blick auf Severus' Teller fiel. „Sie haben wohl keinen Appetit?“
„Nein.“ Kürzer hätte er sich kaum halten können. Severus stand auf und ging, womit er zu erkennen gab, dass ihm nicht nach reden war. Harry und Remus schauten ihm verwundert hinterher.

Zaubertränkeunterricht. Die letzte Doppelstunde des Tages mit den Siebtklässlern. Slytherin und Gryffindor. Severus seufzte. Sein Leben war festgefahren und öde. Nach Feierabend hätte er nicht einmal mehr einen kleinen Lichtblick auf ein wenig Abwechslung. Sicher, da war seine Abmachung mit Mr. Worple und Sanguini. Die beiden würden kurz vor der Versammlung der Körperschaft zu ihm kommen. Bisher – und das stimmte ihn einigermaßen ausgeglichen – kam kein Hilferuf von dem Vampir, was nur bedeuten konnte, der letzte Bluttrank wirkte ebenso gut wie der vorige. Mit dieser Erfindung konnte er sogar offiziell ein Patent anmelden. Zwar war es verboten, mit Blut zu experimentieren, doch der letzte Trank beinhaltete nur die zellfreie Flüssigkeit seines Lebenssaftes. Die vom Ministerium gemachte Definition von Blut würde auf Blutplasma nicht mehr zutreffen. Auf diese kleine Lücke hatte Severus spekuliert. Er wäre der erst Zaubertränkemeister, der ohne die Aussicht auf Askaban so einen Trank vorstellen könnte. Es wäre eine bahnbrechende Forschungsarbeit, mit der er Anerkennung finden würde. Mit wem aber wollte er seinen Erfolg feiern?

„Professor Snape?“

Die jugendliche Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Severus blickte auf und war erschrocken, dass bereits alle Schüler auf ihren Plätzen saßen und er es nicht einmal bemerkt hatte. Der Unterricht hatte begonnen. Die Langeweile nahm ihren Lauf.

„Heute werden Sie den 'Trank der Lebenden Toten' brauen. Ich erwarte bei diesem schwierigen Vorhaben Ihre ungeteilte Konzentration. Beginnen Sie!“

Immer wieder hatte er den Drang, hinüber in sein Büro zu gehen. Er war sich sicher, dass er Hermine dort antreffen würde, wie sie seine Verstecke durchforstete, um an die Erinnerungen zu kommen. Hätte er sich doch nur selbst den Mund verboten, dachte er. In den letzten beiden Tagen war mehrmals das Gefühl in ihm aufgekommen, Hermine würde noch in Hogwarts wohnen. Als er heute zum Mittagessen gegangen war, freute er sich auf ein wenig Konversation, doch die Ernüchterung war groß gewesen, als die Realität ihn schlagartig eingeholt hatte. Sie war nicht hier. Sein Gefühl hatte ihn getäuscht. In der großen Halle saß Hermine nicht mehr direkt neben ihn. Den Platz hatte nun Remus eingenommen.

Severus hörte plötzlich ein Räuspern, weswegen er von dem Pergament aufblickte, welches er nur angestarrt, aber nicht gelesen hatte. Alle Schüler schauten ihn mit großen Augen an. Einige waren merklich unsicher, anderen stand die Angst ins Gesicht geschrieben. Gordian meldete sich. Er war es gewesen, der sich geräuspert hatte, um seine Aufmerksamkeit zu erhalten.

„Sir?“
„Was ist so schwer daran, den Anweisungen an der Tafel zu folgen, Mr. Foster?“, blaffte Severus den Schüler gereizt an. Dass seine ganze Klasse wegen seines Tonfalls zusammengezuckt war, bereitete ihm nicht einmal ein kleines bisschen Vergnügen.
„Ähm Sir, sehen Sie, auf der Tafel ...“

Gordian schaute zur Tafel hinüber, weswegen Severus seinem Blick folgte. Die Tafel war leer. Erzürnt darüber, vor der ganzen Klasse auf einen Fehler aufmerksam gemacht worden zu sein, zückte Severus seinen Zauberstab und schleuderte einen Spruch mit solch einer Wucht gegen die Tafel, dass diese sich dreimal um die eigene Achse drehte, bevor das Rezept sich wie von selbst mit Kreide auf die Oberfläche schrieb.

„Beginnen Sie endlich!“

Wenn Severus Gift und Galle spie, war seine Klasse mucksmäuschenstill. Normalerweise waren seine Schüler immer ruhig, doch heute achteten sie sogar darauf, nicht einmal mit den Gläschen zu klimpern, denen sie die benötigten Zutaten entnahmen. Einzig das Knistern des Feuers, das die Klasse nun unter ihren Kesseln entfachte, war deutlich zu vernehmen. Mit ungeahnter Stille wurde geschnitten, gewürfelt, zerdrückt und gerührt, leider Gottes auch mal falsch herum.

Die Ruhe nutzte Severus, um Hermines Nachricht zu lesen. Er hatte die Post heute früh bekommen; die Zusage, dass Sie ihn am Samstagabend gegen halb neun erwarten würde. Samstag war noch lange hin. Sein Blick verweilte einen Moment auf dem kleinen „g“ des Wortes „Samstag“. Geschwungen und bauchig, wie er es kannte und mochte. Er würde sie demnächst zum Abendessen einladen. Vielleicht könnte er das nach der erfolgreichen Präsentation ihres Farbtranks einplanen. Ausgehen war keines seiner Steckenpferde. Essen konnte man auch Zuhause, doch er war es ihr schuldig. Die Drei Besen schieden aus. Rosmerta war eine liebe und nette Frau, selbst ihm gegenüber, aber sie führte ein bescheidenes Lokal. Angestrengt versuchte er sich daran zu erinnern, wo er damals mit Linda hingegangen war. Mit ihr war er nicht oft weg gewesen, nur zweimal, aber das Gasthaus hatte ihm sehr gefallen. Es war in Inverness, wenn er sich recht entsann. Er fragte sich, wann sie sich wohl heimlich in sein Büro schleichen würde. Hermine hatte es schwer. Sie war selbstständig und könnte nicht einfach den Laden verlassen, um herumzuschnüffeln. Vielleicht hatte er ihr von seiner Hinterlassenschaft erzählt, weil er wusste, dass sie keine Zeit finden würde, es an sich zu reißen. Einerseits sollte sie es finden und sich ansehen, die ganzen Grausamkeiten, die beschämenden Momente, seine Schwächen. Dann würde sie verstehen, würde alles verstehen: ihn, seine Situation, sein Leid. Damit hätte er sich neben Albus noch einem anderen Menschen vollkommen geöffnet, aber was würde sie wohl von ihm denken? Würde sie ihn für schwächlich halten, für naiv und verzweifelt.

Mit einem Male fühlte Severus Augen auf sich. Das war ein Gefühl, welches er in seiner Zeit als Spion gehasst hatte. Ohne den Kopf zu heben wanderten seine Augen nach oben, was ihm ein furchteinflössendes Aussehen verlieh. Es war Draco, der ihn ungeniert anstarrte, vielleicht auch ein wenig besorgt.

„Sie, Mr. Malfoy, sollten den Trank lieber fehlerfrei brauen, damit Ihnen bei den UTZen kein Malheur unterläuft, anstatt verträumt in die Gegend zu starren.“ Nach der Ermahnung inspizierte Draco erst das Innere seines Kessels, bevor er eine Zutat hinzufügte und umrührte. Trotzdem schaute er in regelmäßigen Abständen zu Severus hinüber.

Von den Schülern wurde nun die Affodillwurzel klein gehackt. Der gleichen Beschäftigung ging Hermine gerade nach, denn auch sie braute den Trank der Lebenden Toten. Zeit genug hatte sie. Bisher war nur ein Kunde aufgetaucht und das war Mrs. Cara persönlich gewesen. Die Menschen müssten sich erst daran gewöhnen, hatte Mrs. Cara vorhin gesagt, dass die Apotheke wieder geöffnet war. Auf dem großen Schild über dem Geschäft stand nun „Granger Apotheke“. Das war nicht sehr originell, aber einfach zu merken. Ein Blick durch die Fenster veranschaulichte, dass allgemein wenig in der Winkelgasse los war. Die Affodillwurzel gab sie in den aus Wermut gekochten Sud, bevor sie den Schlafbohnensaft untermengte. Am Ende fügte sie noch die Baldrianwurzel hinzu und stellte die Flamme klein. Ein Zauber sorgte dafür, dass sich das Feuer in zehn Minuten selbst löschen würde. Es schellte. Sofort eilte Hermine nach vorn, um den einen Kunden zu begrüßen.

„George?“ Sie kniff die Augen zusammen. „Nein, Fred! Hallo!“
„Ich glaub's nicht: Du kannst uns wirklich nicht auseinander halten?“
Sie musste lächeln. „Doch, wenn ihr direkt nebeneinander steht. Einzeln wird es schwer.“
„Ich bin George! Vielleicht sind Mutterns selbst gestrickte Pullover doch nicht so sinnlos? Ich werde das nächste Mal einen tragen, mit einem großen 'G' drauf!“ George grinste frech. „Wie geht's, wie steht's?“
Sie seufzte. „Bisher war niemand hier.“ In seinen Händen bemerkte sie einen Stapel Papiere. „Was ist das?“
„Oh das?“ Den Stapel drückte er Hermine in die Hand. „Wie wäre es, wenn du die an deiner Theke auslegst? Wir würden welche von dir bei uns hinlegen.“

Das oberste Blatt beäugte sie sehr gründlich. Das Firmenlogo von „Weasleys Zauberhafte Zauberscherze“ war unübersehbar angebracht. Gleich darunter stand die Adresse. Es folgte eine Auflistung von Angeboten an Scherzartikeln.

„Ich habe so etwas nicht“, gab sie etwas beschämt zu. Solche Zettelchen hätte sie längst machen lassen sollen. Aufgrund seines belämmerten Gesichtsausdrucks wiederholte sie: „Ich hab so etwas nicht.“
„Dann komm mit mir und wir lassen welche drucken.“
„Aber ich muss doch im Laden bleiben.“
„Ach ja? Weil die Kunden das Geschäft stürmen, vermute ich.“ Sie schaute sauer drein. „Hör mal, Hermine: Wenn du für zehn Minuten weg bist, dann hängst du eben ein Schild an die Tür. Wie sonst willst du später mal deine Galleonen zur Bank bringen? Gringotts hat zu, wenn du Feierabend machst. Du musst zwischendurch mal gehen.“
„Ich hab zwischen ein und drei Uhr geschlossen. Da kann ich das erledigen.“
„Dann mach so einen Werbezettel fertig und morgen, zwischen eins und drei, komm ich rüber und wir lassen die Zettel vervielfältigen.“
Sie blickte George erstaunt an. „Kann man das denn nicht selber mit einem Zauberspruch machen?“
„Natürlich, aber normale Werbung ist langweilig. Ich kenne einen Laden, der macht dir originelle Werbeflyer!“
Die Broschüren von Weaselys Zauberhafte Zauberscherze sahen völlig normal aus. Hermine nahm ein Blatt in die Hand und wedelte damit. „Was ist hieran originell?“
„Sie fangen an zu singen! Ja wirklich, wenn man sie lange genug anschaut, wird ein Zauber aktiviert. Aber bitte, probiere es erst nachher aus. Ich kann es nicht mehr hören.“ Neugierig schaute sich George im Laden um. „Ist hübsch geworden!“ Fred hatte beim Umzug geholfen, während er selbst im Scherzartikelladen geblieben war. „Gefällt mir.“ Mit einer Hand betätigte er den großen Stößel des Standmörsers. „Was mir gerade noch einfällt, Hermine. Es kann sein, dass einige deiner zukünftigen Kunden Nasch- und Schwänz-Leckereien von uns gekauft haben. Die violette Hälfte beinhaltet das Gegenmittel, aber es gibt Menschen, die verlieren diese Hälfte oder geben sie Freunden. Die schick einfach zu uns rüber. In diesen Fällen haben wir nämlich das Gegenmittel.“
Das Lachen konnte sie nicht unterdrücken. „Werde ich machen.“

Georges Nasenflügel bebten, als er einen Geruch wahrnahm.

„Trank der Lebenden Toten? Verity könnte den gebrauchen. Sie kann in letzter Zeit nicht schlafen und sieht schon selbst aus wie eine lebende Tote.“

Verity war die erste Verkäuferin, die die Zwillinge kurz nach Eröffnung ihres Ladens eingestellt hatten. Seit vielen Jahren war die blonde Hexe Freds feste Freundin. Immer wieder kam das Gerücht auf, die beiden würden heiraten wollen. Hermine erinnerte sich an den Tag, an dem Ron das erste Mal mit Angelina ausgegangen war. Weil sie ständig wegen Fred gefragt hatte, sich sogar nach Verity erkundigte und ob die Gerüchte über die Heirat stimmen würden, hatte Ron sich vor den Kopf gestoßen gefühlt und war gegangen. Hermine hoffte, dass auch sie bald so viel zu tun haben würde, dass sie Verstärkung heranziehen müsste. Vielleicht eine Verkäuferin, besser aber noch, einen Zaubertränkemeister.

„Ich nehme eine Flasche von dem Trank der Lebenden Toten.“
„Tatsächlich?“ Hermine konnte gar nicht glauben, dass nun der Moment gekommen war, in welchem sie ihren ersten Kunden bediente. „Du kaufst das nicht nur aus Mitleid oder?“
„Doch, ich habe Mitleid“, er grinste, „für Verity. Sie sieht schrecklich aus, hat schon ganz dunkle Augenringe.“
„Der Trank ist gleich fertig, dann bekommst du einen frischen.“
„Klasse!“ Um sich die Zeit zu vertreiben, fragte George interessiert: „Wie war eigentlich dein Tagtraumzauber? Hat er dir gefallen?“
„Ja, er war schön. Das ist eine eurer besten Ideen!“
„Findest du? Fred sagt das auch. Ich finde unsere Schreibfedern genial. Ganz neu im Sortiment haben wir eine Feder, ähnlich wie unser Rechtschreibchecker. Der Zauber hält viel länger an und hat nicht nur eine eingebaute Korrektur, sondern auch eine große Auswahl an Synonymen. Das Ding ist wirklich zu gebrauchen.“
„Hört sich nicht nach einem Scherzartikel an.“
George schüttelte den Kopf. „Ist der Tagtraumzauber auch nicht oder unser 'Zehn-Sekunden-Pustel-Entferner'. Das wäre eher dein Bereich. Du hast sicherlich was gegen Pusteln?“
„Könnte ich innerhalb von zwei Stunden frisch machen“, versicherte Hermine.
„Du machst Auftragsarbeiten?“, fragte George erstaunt.
„Sicher, es kommt natürlich immer drauf an, was der Kunde verlangt. Man kann unmöglich alles auf Lager haben und fertige Tränke werde ich bei anderen Händlern nicht bestellen. Das Brauen ist für mich preiswerter.“
„Nimmt aber viel Zeit in Anspruch.“

Man hörte eine Klingel. Der Trank war nun fertig und George kaufte zwei Flaschen von dem frischen Gebräu, um sie seiner möglichen Schwägerin zu überreichen. Bevor er ging, erinnerte er sie daran, eine Werbebroschüre zu gestalten, denn er wollte sie morgen begleiten. Sie schaute ihm nach und bemerkte, dass ein älteres Pärchen George aus ihrem Geschäft kommen sah. Daraufhin begutachteten sie die Apotheke erst von außen, betrachteten die Schaufenster und gingen letztendlich hinein. Hermine hatte Kunden.

Während Hermine sich fleißig mit dem netten Paar unterhielt und höflich alle Fragen über ihre Selbstständigkeit beantwortete, war es in Severus' Klassenzimmer noch immer totenstill. Ein Blick auf die Uhr verriet Severus, dass die besten Schüler jeden Moment mit dem Trank fertig sein müssten. Als er durch die Reihen ging und seinen Blick über die Kessel schweifen ließ, schien der ein oder andere Schüler sein Todesurteil zu erwarten.

Der Inhalt eines Kessels war hart so hart geworden, dass man nicht einmal mehr den Löffel herausziehen konnte. Severus deutete drauf und sagte: „Sollten Sie eines Tages mit dem Gedanken spielen, sich selbst ein Haus zu bauen, dann wissen Sie wenigstens schon, wie man Beton anrührt.“

Nicht einmal die Slytherins lachten, denn sie konnten ihrem Lehrer ansehen, wie übel gelaunt er war. Draco seufzte. Den Trank der Lebenden Toten hatte er neulich erst mit seiner Nachhilfegruppe gebraut. Auch da hatte Shaun Probleme gehabt und das gleiche harte Gemisch hervorgebracht. Er konnte Shaun zwar nicht leiden, aber es war für Draco ein Schlag ins Gesicht, bei der Nachhilfe derart versagt zu haben, dass der Mitschüler es beim zweiten Mal trotz ausführlicher Besprechung der gemachten Fehler wieder verhunzt hatte. Der Trank war schwer zu brauen. Selbst Hermine hatte ihn damals nicht fehlerfrei hinbekommen. Wie es aussah, hatten zwei Schüler den Trank korrekt gebraut: Gordian und er selbst. Der von Ginny war eine Nuance zu dunkel, was bedeutete, dass die Wirkung leicht abgeschwächt war, aber er war dennoch zu gebrauchen.

Severus marschierte zum nächsten Tisch und verzog das Gesicht beim Anblick des auch dort verpatzten Trankes. Er nahm den Löffel hinaus und alle Schüler beobachteten die zähe, grünlich gefärbte Masse, die einen langen Faden zog und viel Ähnlichkeit mit dem Inhalt eines Taschentuchs hatte, welches man während eines starken Schnupfens gebrauchte. Wütend warf Severus den Löffel zurück in den Kessel und strafte den Schüler mit einem Blick, der bei einem Erstklässler einen Heulkrampf hätte auslösen können.

Zurück an seinem Pult zischte Severus gefährlich leise: „Wie es aussieht, kann kaum einer von Ihnen dem hohen Unterrichtsniveau entsprechen. Möglicherweise waren die Prüfungen, die Sie in Ihren Aufbauklassen anstelle der ZAGs abgelegt haben, nicht von gleichem Anspruch.“

Aufgrund des Krieges war Hogwarts geschlossen gewesen. Viele Schüler hatten keine ZAGs, waren damals nur durch die Aufbauklassen, mit deren Hilfe man ihren Bildungsstand feststellen wollte, in entsprechende Klassenstufen einsortiert worden. Damals, bevor er mit Draco geflohen war, hatte Severus ausschließlich Schüler in den weiterführenden Unterricht bei sich aufgenommen, die ein Ohnegleichen in den ZAGs vorweisen konnten.

„Säubern Sie Ihre Kessel!“ Seine Worte verblüfften die Schüler. In der Regel verlangte er eine Probe des Trankes, die er bewerten wollte, doch nun forderte er, dass sie den Trank wegkippen sollten. „Sie alle werden sich nach dem Abendessen hier einfinden, um den Trank ein weiteres Mal zu brauen.“
„Sir?“

Sollte tatsächlich jemand wagen, Einspruch zu erheben, fragte sich Severus in Gedanken. Es war Draco gewesen.

„Mr. Malfoy?“
„Der Trank von Gordian und mir ist gelungen, Professor. Der von Ginny würde mindestens ein 'Erwartungen übertroffen' bekommen.“

Ein Einspruch, wie Severus vermutet hatte. Tatsächlich war an diesen beiden Tränke nichts auszusetzen.

„Sie, Mr. Malfoy, tragen auch die Verantwortung für Mr. Smith' vermasselten Trank oder wollten Sie in Zukunft etwa in seine Baufirma einsteigen?“
„Bei allem Respekt, Sir, aber der Trank zählt nicht zu den leichtesten. Vielleicht wäre ein wenig Hilfe ihrerseits während des Brauvorgangs nicht falsch?“
„Sie befinden sich nicht in der ersten Klasse, in der die Schüler erst Zutaten in den Kessel geben, wenn ich es sage. Es ist Ihre Aufgabe, Tränke selbstständig zu brauen und nicht nach mündlicher Anweisung“, giftete Severus zurück.
„Sir, ich ...“
„Genug, Mr. Malfoy. Maßen Sie sich nicht an, mir meinen Beruf erklären zu wollen.“ Wieder an die Klasse gewandt wiederholte er: „Nach dem Abendessen finden Sie sich hier ein und ich rate Ihnen allen, mein Angebot anzunehmen, den Trank erneut brauen zu dürfen. Wer nachher fehlt, bekommt ohne Wenn und Aber ein Troll, egal wie gut sein Trank jetzt ausgefallen sein mag!“

Die Klasse parierte. Gordian warf ihm Blicke zu, die ihn milde stimmen sollten, doch Draco war kurz vorm Explodieren. Nun hatte er endlich die letzten beiden Spieler gefunden. Beide waren aus seinem Nachhilfekurs für Zaubertränke. Als dritter Jäger fungierte Arturo, ein Hufflepuff, der mindestens doppelt so viel auf die Waage brachte wie Draco, dafür aber auch zwei Köpfe größer war, dabei war Arturo gerade mal 17 geworden. Enid war das einzige Mädchen beim Nachhilfeunterricht. Sie war aus Gryffindor und eine Freundin von Ginny. Sie war zierlich, wirkte unscheinbar, war aber stolze Besitzerin eines kräftigen Schlagarms und sollte neben Linus den zweiten Treiber darstellen. Das Slytherin-Team war vollständig und heute sollte das erste Trainingsspiel der bunt zusammengewürfelten Quidditch-Mannschaft stattfinden. Das erste Spiel, bei dem sie gegen eine andere Mannschaft antreten wollten. Problem war, dass Gordian, Ginny und er selbst fehlen würden: der Sucher und zwei von drei Jägern. Über Ersatzspieler verfügte Slytherin nicht. Es war schon schwer genug gewesen, überhaupt eine Mannschaft aufzustellen.

Nach dem Unterricht waren die Schüler schnell und leise aus dem Klassenraum verschwunden, nur Draco war geblieben. Mit seiner über die Schulter geworfenen Tasche stand er neben seinem Platz und schaute mit ernster Miene seinen Patenonkel an. Am liebsten würde er Severus die Meinung sagen, aber das würde Nachsitzen, Punkteabzug oder Strafarbeit bedeuten. Sich dieser ausweglosen Situation bewusst kniff Draco missgelaunt die Lippen zusammen und schüttelte den Kopf.

„Mr. Malfoy, haben Sie etwa keinen Appetit?“, hörte er seinen Patenonkel hämisch fragen.
Er wollte es nicht auf die persönliche Ebene ziehen, weswegen Draco höflich blieb und mit respektvollem Ton antwortete: „Es lag in meiner Absicht, Punkte für unser Haus zu erzielen. Dafür wäre es notwendig, unsere Quidditch-Mannschaft endlich einmal spielen zu lassen. Die Saison beginnt bald und keiner von uns hat bisher einen Fuß aufs Spielfeld gesetzt. Heute wäre unsere erste Chance gewesen, aber ohne drei unserer Spieler wird es nicht möglich sein.“ Draco atmete tief durch. „Gryffindor liegt mit den Hauspunkten weit vorn. Slytherin wird Ende des Jahres sicherlich den vierten Platz belegen.“

Severus blickte Draco nach, als den Raum verließ und fragte sich, ob er wegen der Unfähigkeit seiner Klasse womöglich überreagiert hätte. 'Nein', beantwortete er seine eigene Frage. Er hatte wie immer reagiert. Beziehungsweise, verbesserte Severus in Gedanken, hatte er wie früher reagiert. Genauso verdrossen und knatschig wie zu der Zeit, als er auch noch Harry unterrichtet hatte.

Wie auch seine Mitschüler hatte Draco keinen Appetit. Die Aussicht, den Abend nochmals mit dem Trank der Lebenden Toten verbringen zu müssen, obwohl er ihn richtig gebraut hatte, machte ihn wütend. Aus einer Laune heraus bot er seinen Mitleidenden an, den Trank in der Theorie durchzugehen und erstaunlicherweise sagte jeder zu, selbst Ginny. Sie trafen sich in der Bibliothek, während die anderen sich die Bäuche vollschlugen. Gordian und Draco beantworteten die Fragen der Mitschüler. Der Fehler bei Shauns Betonmischung war schnell gefunden. Er hatte wieder den Saft der Schlafbohne vergessen, weswegen das Gebräu so hart geworden war. Ihn später unterzumengen war nicht mehr möglich gewesen, weil sich die anderen Zutaten sehr schnell fest miteinander verbunden hatten. Genauso gut könnte man Wasser auf einen Stein kippen – der würde dadurch auch nicht lockerer werden. Jeder Schüler wurde über seinen individuellen Fehler aufgeklärt und gelobte Besserung.

Zu Severus' Erstaunen gab es bei der Wiederholung keinen einzigen Schüler, der den Trank in den Sand gesetzt hatte, doch ihm war trotzdem nicht danach, Punkte wegen des eifrigen Lernens zu vergeben. Seiner Meinung nach reichte es, wenn alle die Note Ohnegleichen bekommen würden. Die Schüler hassten ihn, weil er ihre Anstrengung nicht zu schätzen wusste, aber das war ihm egal, denn er hasste den Unterricht.

Am Mittwoch, dem 4. Februar, war der erste Tag für den Wolfsbanntrank. Hermine hatte von Percy hilfreiche Broschüren bekommen. Die meisten Werwölfe besuchten eine Anlaufstelle ihrer Wahl rechtzeitig, um sich für den Trank anzumelden. Zu gefährlich war es, kurzfristig leer auszugehen. Einige der Betroffenen hatten sich schon vorgestern und gestern bei ihr blicken lassen.

Der Erste war ein junger Mann gewesen, dessen große Narbe am Hals unverkennbar von dem Biss eines Werwolfs herrührte. Verlegen hatte er sich in der Apotheke einige Dinge angesehen. Als kein anderer Kunde mehr anwesend war, hatte er sich mit unzähligen Waren nach vorn zu Hermine an die Theke begeben.

Während sie rechnete und die offenbar willkürlich gewählten Artikel einpackte, da fragte er leise: „Brauen Sie auch den Wolfsbanntrank?“ So schüchtern. Anstatt die Empörung zu erfahren, die er erwartete, fand er Verständnis.
„Ja, natürlich. Darf ich Sie fest für Mittwoch eintragen? Ich muss wissen wie viel ich insgesamt brauen muss.“ Er nickte, blickte sie nicht einmal an. Hermine holte ein Blatt Pergament aus der Schublade der Theke und warf einen Blick drauf, kalkulierte die bisherigen Anmeldungen für den Wolfsbanntrank mit der Menge, die einer der mittelgroßen Kessel fassen könnte. „Sie können gegen sechzehn Uhr kommen und müssen auch nicht warten.“ Wieder nickte der junge Mann, betrachtete dabei die ganzen Gegenstände, die er an die Theke gebracht hatte. Hermine kam ein Gedanke. „Sie brauchen das nicht alles zu kaufen, nur weil Sie wissen wollten, ob Sie hier den Trank bekommen.“
Der junge Mann war ertappt, schämte sich. „Tut mir Leid, ich werde es zurücklegen.“
„Nein, lassen Sie nur, ich mach das schon.“

Endlich blickte er auf. Sein Gesicht war die jugendliche Vollkommenheit der sinnlichen Erkenntnis, seine Augen schienen jedoch vom Feuer des Fluchs ausgebrannt und spiegelten die Jahre seines Ãœberlebenskampfes in der Gesellschaft wider.

„Danke“, sagte er erleichtert und glücklich. So viel mehr steckte hinter diesem einfachen Wort. Hermines antwortendes Lächeln war nicht nur ein freundliches, sondern eines, das ihm ihr ganzes Zartgefühl entgegenbrachte. Bei ihr war er willkommen.

In ihrer Pause zwischen ein und drei Uhr rechnete Hermine aus, wie viele Kunden sich in den letzten Tagen bis einschließlich heute Vormittag für den Wolfsbanntrank angemeldet haben. Es waren sieben. Eine Zahl, die erleichternd gering war. Sie braute vorsichtshalber mehr. Als sie um drei das Geschäft wieder öffnete, kamen die ersten Kunden für den Wolfsbanntrank. Kaum einer zeigte viel Selbstbewusstsein. Viele hoben nicht einmal den Kopf, doch alle schienen den wohligen Duft zu mögen, der wie ein verführerisches Parfüm in der Apotheke lag. Der erste Kunde, der seinen Wolfsbanntrank bekam, trank ihn nicht, sondern roch daran. Er wagte jedoch nicht zu fragen, ob ihr vielleicht ein Fehler unterlaufen sein könnte.

„Es duftet nach Vanille“, erklärte Hermine, so dass die anderen es auch hören konnten, „weil ich den Geschmack verbessert habe. Ein Patent dafür habe ich bereits angemeldet.“ Das sollte genügen, um die Kunden nicht zu verunsichern oder gar glauben zu lassen, der Trank wäre wirkungslos, weil es keine stinkende Brühe war, bei deren Verzehr man sich besser die Nase zuhalten sollte. Auf dem Tränkepass ihres ersten zufrieden lächelnden Kunden leistete sie ihre Unterschrift und sah verzückt dabei zu, wie diese durch das Siegel des Ministeriums ersetzt wurde.

An diesem Tag beschwerte sich niemand über den Vanillegeschmack, ganz im Gegenteil. Alle sieben Werwölfe ließen sich für den nächsten Tag ebenfalls für einen Trank einschreiben. Alle anderen Arbeiten waren wegen des aufwendigen Wolfsbanntrankes liegengeblieben. Hermine hatte noch Bestellungen für Cremes und Tinkturen erhalten, die sie einfach nicht geschafft hatte fertigzustellen. Diese Aufgaben erledigte sie bis spät in die Nacht hinein, damit die anderen Kunden morgen nicht ohne ihre Ware gehen mussten. Erst morgens um halb fünf war sie mit allem fertig, auch mit den Nerven. Sie hatte Hunger und war müde – zu müde, um noch etwas zu essen.

Vor etlichen Stunden war eine Rußschleiereule mit einem Brief von Severus gekommen. Ihn wollte sie noch lesen, doch sie schlief mit seiner Nachricht auf ihrer Brust ein.

Mit ihrer Hand auf seinem Brief wachte sie auf. Die enge winzige Handschrift war eine Streicheleinheit für ihren aufgekratzten Geist. Er erkundigte sich in seiner knappen Art, wie ihr Geschäft laufen würde. Für eine Antwort hatte sie einfach keine Zeit, denn sie musste noch Tränke abfüllen, die Kunden für heute bestellt hatten.

Im Laufe des Tages malte sie sich aus, was sie Severus geschrieben hätte. So gern hätte sie ihm geschildert, dass es die Runde gemacht zu haben schien, der Trank in der „Granger Apotheke“ wäre mehr als nur genießbar, denn heute, einem Tag vor Vollmond, waren es insgesamt schon 21 Anmeldungen für den Wolfsbanntrank gewesen. Sie wollte ihn wissen lassen, dass sie sich über Hilfe freuen würde, doch es fand sich für ein Antwortschreiben einfach keine Zeit.

Hermine musste neben dem mittelgroßen Kessel nun auch den ganz großen benutzen. Sie begann mit dem Brauen bereits während der Öffnungszeit und es war ihr Glück, dass bis ein Uhr kein Kunde einen heiklen Brauvorgang störte. Eine Kundin hatte sie verprellt, weil die Tinktur gegen Hautunreinheiten nicht fertig war. Nette Worte hatten nichts gebracht. Die Kundin wollte keine Stunde mehr warten, so dass Hermine die Tinktur wegwerfen konnte, denn sie war nicht lange haltbar. Ihr erster Verlust, doch es war finanziell erträglich.

Die Werwölfe tummelten sich in ihrer Apotheke und verscheuchten die anderen Kunden, die wenig Toleranz für diese Mitmenschen aufbrachten. Hermine brachte einen Trank nach dem anderen in den Verkaufsraum.

Kurz vor Ladenschluss kam ein letzter Kunde.

„Ich habe gehört, bei Ihnen gibt es den Wolfsbanntrank?“
Sie nickte. „Kommen Sie doch herein. Sie haben Glück, dass ich noch nicht geschlossen habe.“

Der Mann, Hermine schätzte ihn über fünfzig Jahre, trat ein. Hinter ihm schloss sie die Tür ab, damit niemand mehr ihren Feierabend stören würde, den sie mit Tränkebrauen verbringen müsste. Zum Glück hatte sie mehr gebraut, als sie im Vorfeld berechnet hatte.

„Hier, der letzte Trank. Er ist noch heiß.“
Der Mann nahm den Trank entgegen und roch daran, zog gleich darauf erstaunt die Augenbrauen in die Höhe. „Vanille? Dann stimmt, was ich gehört habe!“
„Ja, meine Erfindung. Ich hoffe, Sie mögen den Geschmack.“
„Ich würde sogar Lebertran dem Original vorziehen.“ In einem Zug leerte er den Becher und stellte ihn auf den Tisch, doch anstatt ihr den Tränkepass zu reichen, legte er elf Galleonen auf die Theke – den Betrag, den Hermine vom Ministerium erstattet bekommen würde.
„Sie haben keinen Tränkepass?“ Hermine ahnte bereits, dass der Kunde Schwierigkeiten machen könnte und hatte sich innerlich darauf vorbereitet, ihren Zauberstab in Windeseile ziehen zu müssen.
„Nein, habe ich nicht und ich rate Ihnen, keinen Aufstand zu machen. Guten Abend noch.“

Der Mann wollte gehen und Hermine war sogar bereit, ihn ziehen zu lassen, doch als er die Tür öffnen wollte, die sie vorsichtshalber schon wegen des Feierabends abgeschlossen hatte, wurde er nervös. Er rüttelte an der Klinke und eh sie sich's versah, drehte er sich um und zielte mit seinem Stab auf sie, weil er eine Falle vermutete. Hermine war flink und so geschickt wie damals, als Todesser sie und ihre Freunde angegriffen hatten. Sie machte einen Satz nach links, zog ihren Stab und sprach einen Petrificus Totalus. Ihre schnelle Reaktion war nach dem Krieg noch immer bestens, auch ihre Überlegung, einen einfachen, aber wirkungsvollen Spruch zu wählen. Der Mann erstarrte, fiel jedoch nicht zu Boden, sondern blieb dank seiner ausbalancierten Körperhaltung stehen.

Schon nach Percys Schilderung hatte sie sich ausgemalt, wie es sein könnte, sollte sie jemals mit so einem Kunden zu tun bekommen. Sie blieb ruhig. Da sie wusste, er würde sie trotz der Ganzkörperklammer hören können, gab sie ihm das Wort zum Tage.

„Das war nicht sehr freundlich von Ihnen, mich einfach anzugreifen!“ Vor Wut schnaufend ging sie zur Theke hinüber und nahm eine der Broschüren vom Werwolfunterstützungsamt, die Percy hiergelassen hatte. Mit diesem Informationsblatt näherte sie sich dem versteinerten Mann. „Das hier“, sie wedelte mit der Broschüre, „sollten Sie wirklich mal lesen!“ Nur sein Körper war erstarrt, weswegen sie das Faltblatt in eine Tasche seines Umhangs stecken konnte. Seinen noch immer in der Hand haltenden Stab nahm sie ihm ab, bevor sie sich einige Schritte entfernte und den Petrificus Totalus aufhob.

Wie ein Kaninchen in der Falle blickte er um sich und suchte nach einer Fluchtmöglichkeit, doch es gab keine, nicht ohne Stab und zum Apparieren war er viel zu aufgeregt.

„Tun Sie mir einen Gefallen?“, fragte sie höflich. Sie kam auf ihn zu. Als er mit einem Mal erschrocken zusammenfuhr und mit dem Schlimmsten rechnete, da tat es ihr Leid, ihn so behandelt zu haben.
„Bitte holen Sie nicht die Polizeibrigade, bitte“, wimmerte er.
„Sie sollten sich beim Ministerium melden, Sir. Es ist nur eine kleine Ordnungswidrigkeit, dass Sie noch keinen Pass haben. Sie brauchen nicht zu befürchten, dass man Sie ins Gefängnis steckt.“
„Nein, Sie verstehen nicht ...“
Sie verstand wirklich nicht und fragte nach: „Warum haben Sie solche Angst? Glauben Sie mir: In den nächsten Monaten wird ein neues Gesetz rauskommen, das Werwölfen das Leben erleichtern wird.“
Uneinsichtig schüttelte er den Kopf. „Mein Job!“
„Ah“, nun begriff sie, „Sie glauben, man wird Sie feuern? Aber warum? Wenn es bisher niemand erfahren hat ...“
„Können wir die Sache nicht einfach vergessen?“, flehte er. Von dem anfänglich drohenden Mann war nichts mehr übrig.
„Ich befürchte nicht, denn Sie müssen verstehen, dass ich mich damit auch strafbar machen würde.“
Der Mann wurde wütend, nicht auf Hermine, aber auf die Situation, in die er geraten war. „Ich darf meinen Job nicht verlieren! Ich habe Verpflichtungen und brauche das Geld.“ Verzweifelt schüttelte er den Kopf. „Haben Sie Kinder?“, fragte er unerwartet. Sie verneinte. „Dann können Sie nicht wissen, in welche Lage Sie mich bringen. Mein Arbeitgeber“, er schnaufte verachtend, „hat in seinem Vertrag festgehalten, dass Menschen wie ich nicht angestellt sein dürfen. Er wird es erfahren, wenn ich beim Ministerium gemeldet bin.“

Das, was er gesagt hatte, nahm Hermine Stück für Stück auseinander, bevor ihr eine bestimmte Sache auffiel.

„Sie sagten, Sie haben Kinder?“
„Ja.“
„Dürfte ich fragen, ob Sie die schon hatten, bevor Sie gebissen wurden?“ Er blieb stumm, was Hermine Antwort genug war. „Sie, Sir“, sagte sie höflich, „können äußerst hilfreich sein.“
Skeptisch blickte er auf und kniff die Augen zusammen. „Wie?“
„Kommen Sie doch in die Küche. Ich mach uns einen Tee und werde Ihnen was Interessantes erzählen.“
Der Mann schüttelte den Kopf. „Ich werde lieber gehen.“
„Bitte!“ Sie blickte ihn eindringlich an. „Wissen Sie, ein Freund von mir ist auch von dem Fluch betroffen. Er wollte letztes Jahr seine Verlobte heiraten, aber jemand hat es verhindert. Sie wissen sicherlich, was die Ehe mit einem Werwolf mit sich bringt.“
„Sterilisation.“ Seine Antwort kam wie aus der Pistole geschossen. Er war gut informiert.
„Das ist einfach unmenschlich. Ich bin froh, dass die beiden noch warten, bis die Gesetze geändert werden, denn ein anderer Freund hat sich dieser Sache angenommen. Damit Werwölfe demnächst ohne so einen grauenvollen Einschnitt in ihrem Leben heiraten können, muss er beweisen, dass der Fluch sich nicht erblich auf Kinder auswirkt.“
Der Mann zog die Augenbrauen in die Höhe. „Dass man das glaubt, ist völliger Unfug.“
„Es gab bisher niemanden, der das Gegenteil dieser Theorie belegen konnte. Sie, Sir, kommen da wie gerufen.“
„Aber ich werde nach Askaban gehen, wenn das herauskommt. Ich kann das nicht tun! Ich ...“
„Nein, niemand wird Sie ins Gefängnis schicken, Sir.“
„Anderson. Mein Name ist Anderson.“
„Mr. Anderson“, sagte Hermine aufrichtig, „Sie müssen mir vertrauen.“

Mr. Anderson wollte ihr trauen, auch wenn es ihm schwerfiel, einer fremden Person gegenüber so ein inniges Gefühl aufzubringen. Sie führte ihn in die Küche und machte, wie versprochen, eine Tasse Tee. Während das Wasser zu kochen begann, entnahm sie einer Schublade eine Broschüre der anderen Art.

"Schon mal von denen hier gehört?“ Sie hielt ihm das bunte Faltblatt der „Initiative für die Forderung eines Anti-Diskriminierungsgesetzes für magische und nichtmagische Halbwesen“ unter die Nase. „Bei denen werden Sie und Ihre Familie die Diskretion finden, die Sie sich wünschen und trotzdem können Sie mit dem Ministerium zusammenarbeiten.“
Mr. Anderson las sich die Informationen genau durch. „Und die setzen sich für Leute wie mich ein?“ Sie nickte. „Ich habe wirklich nichts zu befürchten?“
„Nein, aber Sie sollten sich trotzdem beim Ministerium melden und den Tränkepass ...“
„Ich wusste doch“, unterbrach er wütend, „dass es Ihnen nur darum geht!“ Er sprang von seinem Stuhl auf und marschierte in Richtung Tür.
„Warten Sie!“ Ihm nacheilend hielt sie ihn auf. „Sprechen Sie mit einem von der Initiative. Die werden Ihnen helfen und Ihnen sagen, wie Sie jetzt am besten handeln können.“

Es dauerte eine ganze Weile, Mr. Anderson zu überzeugen, doch am Ende saßen sie beide zusammen in der Küche und tranken ihren Tee, während sie sich unterhielten.

„Und dieser Mr. Black wird mit mir reden und alles an Mr. ...“ Ihm fiel der andere Name nicht mehr ein.
„Mr. Shacklebolt“, half sie ihm auf die Sprünge.
„An ihn weitergeben und der wird das prüfen wollen? Ich hätte niemals Kinder haben dürfen. Er kann mich sofort hoppnehmen! “
„Das wird er nicht tun, Mr. Anderson. Warum vertrauen Sie mir nicht einfach? Ich kenne ihn und ich weiß, wie viel Mr. Shacklebolt daran liegt, Menschen wie Ihnen zu helfen.“
„Warum ich der Sache nicht traue? Das ist einfach, Miss Granger: Ich arbeite im Ministerium! Die werden sofort herausfinden, dass ich ein Werwolf bin und dann werde ich gefeuert. Derjenige, der die Tränkepässe ausstellt oder der, der die Akten über Werwölfe führt, wird diese Information herumtratschen und dann sitze ich ohne Job da.“ Er seufzte. „Ich habe vier Kinder. Meine Frau kann alleine nicht für uns alle aufkommen.“

Sie schenkte ihm eine weitere Tasse Tee ein, als unerwartet eine Eule an ihr Fenster klopfte. Es war die ihr bekannte Rußschleiereule, die ihr einen Brief brachte. Anstatt wieder abzufliegen, flatterte die Eule zu einem Stuhl hinüber, um auf der hohen Rückenlehne Platz zu nehmen. Hermine war genauso erstaunt wie ihr Gast. Ohne dem Brief Beachtung zu schenken wandte sie sich an den Werwolf.

„Ich werde nachher auf den Brief antworten. Zurück zu Ihnen, Mr. Anderson. Die Idee ist, dass Sie erst einmal mit Mr. Black sprechen. Er ist der Sprecher der Initiative, zudem sehr einflussreich, weil er den Minister persönlich kennt – ich übrigens auch.“ Sie warf ihm ein milde stimmendes Lächeln zu. „Mr. Black wird Sie beraten. Ich bin mir sicher, dass man Sie nicht kündigen wird, denn Minister Weasley würde dann von allen Seiten Zunder bekommen.“
„Dann spreche ich eben mit Mr. Black. Erwarten Sie nicht, dass ich in alle Vorschläge einwillige, Miss Granger, aber ich werde mir anhören, was er zu sagen hat. Ich werde gnadenlos an mein eigenes Wohl denken, auch wenn ich eine gute Tat damit vollbringen würde, sollte man mit meiner Familie beweisen, dass der Fluch nicht durch Vererbung übertragbar ist. Ich kann einfach nicht riskieren, ohne Gehalt dazustehen.“
„Ich werde ihn anflohen.“

Gesagt, getan. Sirius hatte sich nicht zweimal bitten lassen und war sofort zu Hermine gekommen. Der ehemalige Rumtreiber zeigte Mr. Anderson gegenüber keinerlei Scheu, womit er sofort das Eis gebrochen hatte. Die Männer begrüßten sich. Sie hingegen entschuldigte sich und widmete sich ihrer Arbeit. Sie war schon viel zu spät dran. Bis morgen Früh würde sie durcharbeiten müssen, damit sie auch den letzten Trank und die letzte Salbe fertiggestellt haben würde.

Manche Arbeiten gingen ihr schwer von der Hand und als sie sich vor Augen hielt, warum das so war, wurde ihr ganz schwer ums Herz. Severus hatte früher immer die Zutaten an den Tisch gebracht, während sie die Arbeitsutensilien zusammengesucht hatte. Ihr fehlte dieses Hand-in-Hand-Arbeiten, sie vermisste die Gespräche über Zutaten, über Menschen. Sie vermisste die kleinen Kabbeleien und die anschließende Versöhnung.

Die Rußschleiereule trug noch immer den Brief am Bein, den Hermine völlig vergessen hatte. Aufdringlich hüpfte sie auf dem Tisch umher. Hermine hatte arge Mühe, das Tierchen von den Zutaten fernzuhalten, damit diese nicht verunreinigt werden würden.

„Shht“, entwich Hermine mit einer dazu passenden, scheuchenden Handbewegung.
„Schuhu“, machte die Eule zurück.
„Na gut, dann gib her.“

Die Eule streckte ihr Beinchen und Hermine fummelte den Brief ab. Nachdem sie ihn aufgeklappt hatte, blieb ihr Herz für einen Moment stehen. Severus war sauer.


„Miss Granger,

aufgrund der fehlenden Rückantworten auf meine Schreiben gehe ich davon aus, dass sich das Interesse ihrerseits, mit mir in Kontakt zu bleiben, bereits auf ein Minimum reduziert hat. Den Termin am Samstag, den 07. Februar, können Sie streichen. Ich bin mir sicher, dass Sie in Ihrem Haustier einen angenehmen Zuhörer für Ihre Rede finden werden.

S. Snape“


„Oha“, sagte Hermine laut. Wenn er schon so unterschrieb, ohne Abschiedsgrußformel und mit „S. Snape“, dann war er wirklich sauer. Gerade wollte sie ihm zurückschreiben, da drohte der Abschwelltrank überzukochen. Sofort eilte Hermine hinüber zum Kessel und führte ihre Arbeit fort. Die Rußschleiereule blieb bei ihr. Sie steckte den Kopf unter einen Flügel und döste.

Nach einer ganzen Weile – ein Zeitgefühl hatte Hermine nicht mehr – kamen Sirius und Mr. Anderson zu ihr ins Labor.

„Hermine? Würdest du die Tür öffnen, so dass Mr. Anderson nachhause gehen kann?“
„Aber sicher.“ Sie blickte den Werwolf an. „Ich kann doch morgen mit Ihnen rechnen, ich meine, für den letzten Trank?“
„Ja, vielen Dank nochmals.“

Nachdem der Gast gegangen war, gesellte sich Sirius zu Hermine an den Arbeitstisch. Er hoffte, ein wenig mit ihr reden zu können, doch sie war sehr beschäftigt. Trotzdem hörte sie zu, während er von seinem Gespräch mit Mr. Anderson erzählte. Er hatte den Mann dazu gebracht, sich morgen beim Ministerium zu melden. Sorgen um seinen Job sollte er sich nicht machen, denn Arthur würde es nicht übers Herz bringen, jemanden zu kündigen, nur weil er unter diesem Fluch litt. Er kündigte nur Leute, wenn sie unfähig waren oder eine Gefahr für die Sicherheit des Ministeriums darstellten.

„Seit wann hast du denn eine Eule?“
„Die?“ Sie blickte zu dem dunklen Tier hinüber. „Ist nicht meine. Severus hat mir geschrieben. Schon mehrmals. Ich schaffe es einfach nicht, ihm zu antworten.“ Aus müden Augen schaute sie Sirius an, doch ihr Witz war noch nicht geschwächt. „Wärst du nicht Sirius, dann würde ich dich bitten, ihm eine Nachricht von mir zu überreichen.“
Er zuckte mit den Schultern. „Ich kann ihm was unter der Tür durchschieben.“ Dazu wäre er in der Lage.
„Nein, ich meinte mündlich.“
„Das, Hermine, wäre zu viel verlangt.“
„Ich weiß, deswegen frage ich ja auch nicht. Es wäre nur schön, wenn er ein Lebenszeichen von mir erhalten würde. Ich habe ihn verärgert und ich versteh ihn.“
Sirius wurde skeptisch. „Dir kann doch völlig egal sein, was er denkt. Du bist hier genug beschäftigt. Mit ihm hast du nichts mehr zu tun.“
„Oh, da irrst du dich aber.“ Sie kicherte wegen seines verblüfften Gesichtsausdruck. „Wir gehen zusammen zu einer Versammlung von Tränkemeistern. Er hat mich dazu ermutigt. Da werde ich meinen Farbtrank vorstellen.“ Sirius erinnerte sich. Sie hatte den Trank auch an Anne und ihm getestet. „Es ist seltsam, ohne ihn zu arbeiten.“
„Du solltest froh sein!“, warf er empört ein.
„Bin ich aber nicht. Es hat Spaß gemacht.“

Ihre Worte verwirrten ihn. Sie hatte zwar ihren Meister bei ihm gemacht, aber er hätte vermutet, sie würde ihn danach nicht wiedersehen wollen.

„Was würdest du ihm denn ausrichten wollen?“, fragte er unschuldig. Er könnte, wenn er nachher in der Stimmung sein sollte, bei Severus vorbeischauen – was äußerst unwahrscheinlich war – und ihm eine Nachricht übermitteln.
„Dass ich keine Zeit gefunden habe, um ihm zu antworten und dass er bitte, bitte unsere Verabredung am Samstag ...“
Er fiel ihr ins Wort, verhaspelte sich dabei, als er stotterte: „Ver... Verabredung? Sag mal, höre ich da recht?“
„Ja, wir wollten uns treffen, um meine Rede durchzugehen, aber er hat abgesagt, weil er glaubt, es interessiert mich nicht mehr.“
„Ach so.“ Er klang erleichtert. Trotzdem machten sich Bedenken in ihm breit. Sie hatte gesagt, es hätte Spaß gemacht, mit Severus zu arbeiten?
Hermine rührte linksherum, dann rechts herum und schaute konzentriert in den Kessel. „Ich würde ihm gern antworten, aber ich finde mein magisches Schreibfederset nicht. Scheint beim Umzug verloren gegangen zu sein. Mit einem Aufrufezauber klappt es nicht. Ich finde keine Zeit zum Schreiben. “
„Du findest offenbar auch keine Zeit zum Schlafen. Dunkle Augenringe stehen dir nicht, Hermine, passt farblich auch gar nicht zu deinen Haaren.“
Sie schnaufte amüsiert, was ihn sehr ans Severus erinnerte. „Ich werde diese Nacht durchmachen und morgen hoffentlich früh schlafen gehen, nachdem ich allen den Wolfsbanntrank gegeben habe.“

Sirius flohte wieder nachhause und benutzte im Anschluss den Kamin, um Remus zu kontaktieren.

„Remus, ich hätte eine Menge zu erzählen“, er dachte an die Möglichkeit, mit Mr. Andersons Hilfe endlich Kingsley zu helfen, einen entsprechenden Text zu gestalten. „Aber ich kann noch nicht drüber reden.“
„Warum flohst du mich denn an?“, fragte Remus verdutzt.
„Würdest du bitte Severus etwas ausrichten?“
„Nein, nicht von dir, bedaure“, scherzte er.
Sirius musste auflachen. „Von Hermine, nicht von mir. Sag ihm, er soll am Samstag seinen Hintern gefälligst in die Apotheke bewegen.“
„Soll ich es wortgenau wiedergeben oder steht es mir frei, die Nachricht abzuwandeln?“
„Ist dir überlassen. Machst du es?“
Remus brauchte nicht lange zu überlegen. „Natürlich.“

Bis in die Kerker musste Remus gar nicht gehen, denn er traf Severus im Erdgeschoss an. Der wollte mit seinem Hund gerade die letzte Runde am Tage gehen.

„Darf ich mich dir anschließen?“ Remus tätschelte den Hund, der sich über diese Aufmerksamkeit sehr freute.
„Kann ich es verhindern?“ Diese Gegenfrage konnte man schlichtweg mit „nein“ beantworten.

Ihr Weg, vom Hund geleitet, führte sie in die Nähe von Hagrids Hütte, denn Harry hatte einen Narren daran gefressen, den in die Jahre gekommenen Sauhund zu foppen; ihn immer wieder zum Spielen aufzufordern und dann übermütig wegzulaufen. Manchmal stritten sie auch um einen großen Stock, den keiner zu teilen bereit war.

„Hermine lässt ausrichten ...“ Remus verschluckte die restlichen Worte, weil Severus ihn ungewohnt erwartungsvoll anblickte.
„Was lässt sie ausrichten?“
Sich einen Scherz erlaubend antwortete Remus: „Ich weiß nicht, ob das ihre Worte waren, aber sie möchte, dass du deinen Hintern am Samstag zur ihr bewegst.“
„Das stammt wohl kaum aus ihrem Mund.“
„Mag sein, aber sinngemäß ...“
Severus fuhr ihm über den Mund. „Sie ignoriert mich und will mich jetzt auch noch herumkommandieren?“
„Ach was, ich glaube nicht, dass sie es böse meint“, wiegelte Remus ab. „Was ist denn Samstag.“
„Was interessiert Sie das?“
Als Antwort bekam er von Remus ein Schulterzucken.

Im Laufe des Abends überlegte Severus, wie er mit Hermine Kontakt aufnehmen könnte, ohne dass sein Verhalten falsch ausgelegt werden könnte. Über den Kamin wäre die einfachste Lösung, doch auch die persönlichste und deswegen nahm er davon Abstand, selbst wenn er sie gern sehen würde. Auf Eulen antwortete sie nicht. Sicherlich hatte sie viel zu tun, aber er konnte sich nicht vorstellen, dass sie sich nicht einmal für fünf Minuten hinsetzen könnte. Morgen war erst Freitag. Die letzten Tage hatte er nicht gut geschlafen, war noch viel schlechter aus dem Bett gekommen und tagsüber war seine Laune miserabel. Letzteres bekamen die Schüler zu spüren. Wegen des vielen Punkteabzugs hatte er heute Mittag eine hitzige Debatte mit Minerva gehabt. Sie hatte so sehr geflucht und gefaucht, dass er dachte, sie würde gleich ein paar Haarknäuel hervorwürgen. Nicht nur sie hatte ihm an den Kopf geworfen, dass die Lehrerschaft davon ausgegangen war, er würde langsam erträglicher werden. In den letzten Monaten hatte er selten Punkte abgezogen, aber – wie früher – auch selten welche vergeben. Jetzt wäre er wieder ganz der alte missgelaunte Griesgram wie damals. Das hatte, auch wenn er nicht damit gerechnet hatte, ihn getroffen. Es war eine Sache, von Schülern so genannt zu werden, aber eine ganz andere, wenn die Kollegen gleichzogen.

Kurz nach Mitternacht zog er aus dem Schubfach seines Nachttisches das Papier für Fernkommunikation heraus, das er mit ihr hergestellte hatte, weil sie mit magischen Wasserhyazinthen arbeiten wollte. Die vorangegangene Konversation darauf war verschwunden, weil der letzte Satz, der aus seiner Feder stammte, nach oben gerutscht war. Dort stand in seiner winzigen Handschrift: „Sie haben nun gesehen, was mit den Zeilen geschieht. Gute Nacht!“

Sie hatte sehen wollen, was mit der Schrift passiert, wenn man am Ende des Blattes angekommen war und deswegen hatten sie sich beide, nur einige Wände voneinander getrennt, spät nachts geschrieben. Jetzt hatte er ein ähnlich wohliges Gefühl wie damals, als er wusste, dass sie hinter der anderen Hälfte steckte. Es war ein schönes Gefühl gewesen, mit jemandem in Kontakt zu stehen; zu wissen, dass jemand zurückschreiben würde. Es juckte ihn in den Fingern. Er würde gern etwas auf diesem magischen Papier schreiben, doch es wäre mehr als nur unangenehm, wenn sie seine Zeilen erst Wochen oder Monate später durch Zufall entdecken würde. Wahrscheinlich hatte sie das Blatt längst weggeworfen.

Severus wusste nicht, dass Hermine gerade vor der anderen Hälfte des Blattes saß. Die Feder zitterte in ihrer Hand. Eben war ihr schwindelig geworden, weswegen sie sich setzen musste, doch ihr Unwohlsein hatte sich nicht verflüchtigt. Der heutige Tag war bereits anstrengend gewesen, die Nacht noch mehr. Die vielen Düfte hatten ihr Kopfschmerzen bereitet, die Hitze von den Kesseln war ihr nicht bekommen. Ihr Magen knurrte, aber sie hatte keinen Hunger, obwohl sie den haben müsste. Hermine fragte sich selbst, wann sie das letzte Mal etwas gegessen hatte. Wenn man sich daran nicht erinnern konnte, war es zu lange her. Ihr war zum Heulen zumute. Sie würde morgen nichts anderes schaffen, als den Wolfsbanntrank, dabei hatte sie außerhalb der Reihe noch 19 Bestellungen erhalten. Neunzehn Mittelchen, die sie noch herstellen musste. Wäre der Wolfsbanntrank nicht so kompliziert, würde sie nebenher noch etwas anderes brauen, aber das war nicht möglich. Sie würde 19 Kunden enttäuschen, 19 potenzielle Stammkunden. Verständnis würden die meisten nicht aufbringen können, dass der Wolfsbanntrank Vorrang hatte.

Entkräftet schloss Hermine die Augen und stellte sich die Frage, ob sie mit der Apotheke nicht überfordert war. Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie den letzten Satz auf dem magischen Papier. Ob er das Blatt behalten hatte, war ihr nicht bekannt, aber einen Versuch war es wert.

„Severus, bitte kommen Sie am Samstag“, schrieb sie mit bebender Hand, was ihrem sonst so runden kleinen „g“ einige unansehnliche Dellen bescherte.

Die Buchstaben mussten sich nun auf der anderen Hälfte des Blattes materialisiert haben und ja, Severus konnte sie lesen. Seine Hand schnellte zur Feder, doch er stoppte sich, bevor er etwas schrieb. Wie würde es wohl aussehen, dachte er, wenn sofort eine Antwort von ihm käme? Sie könnte denken, er hätte wie ein einsamer Dummkopf ständig auf dieses Blatt geschaut.

Dass Hermine genau das tat, nämlich hoffnungsvoll auf das magische Papier zu starren, wusste er natürlich nicht. Sie wartete und drückte die Daumen, dass er vielleicht durch Zufall in der Nähe war, doch es tat sich nichts. Das beigefarbene Pergament blieb leer. Hermine fühlte sich alleingelassen, ausgezehrt, müde und überarbeitet. Ihr Herzenswunsch war bisher ein Albtraum. Die Beine schmerzten vom vielen Stehen und Laufen. Sie schloss die Augen und bemerkte nicht die Träne, die kaskadenartig über ihre Wange rollte, sich an ihrem Kinn zu halten versuchte und dabei kläglich versagte, bis sie aufs Papier fiel.

Severus stutzte, als sich ein Fleck auf dem Blatt zeigte. Es war keine Schrift, es war nur feucht. Mit seinem kleinen Finger strich er darüber und roch an der Flüssigkeit, doch erst, als er sie kostete, wusste er, um was es sich handeln musste. Er tunkte die Feder ins Tintenfass.

„Geht es Ihnen gut?“, schrieb er besorgt.
„Sie sind ja wach!“, erschien auf dem Pergament. „Haben Sie Zeit?“
Er wurde stutzig. „Wofür?“
„Um vorbeizukommen.“
Es war halb eins durch, verriet ihm seine Uhr, was er ihr auch schrieb: „Um diese Uhrzeit? Wir sehen uns Samstag.“

Eine Weile kam nichts, weswegen er sich mit dem allmählich verblassenden Fleck auseinander setzte und sich fragte, was sie haben könnte und ob es sich wirklich um das handelte, was er glaubte.

Mit einer Antwort hatte er schon nicht mehr gerechnet, da erschienen die Worte: „Dann bis Samstag.“

Wenn sie Hilfe benötigen würde, dann hätte sie es schreiben können, redete er sich ein. Trotzdem ließ ihn der kurze Kontakt nicht ruhen. Etwas stimmte nicht, doch er konnte sich nicht dazu überwinden, sich auf den Weg in die Winkelgasse zu machen. Nichts hinderte ihn jedoch daran, einen Stock höher zu gehen und mit dem Risiko, wegen der vorangeschrittenen Uhrzeit angeblafft zu werden, bei Harry zu klopfen.

Erstaunlicherweise war Harry noch wach, aber nicht nur das: er hatte auch Besuch. Severus konnte Ron erkennen, außerdem Neville und Luna.

„Severus, kommen Sie doch rein“, sagte Harry strahlend.
„Nein danke. Ich habe lediglich eine Frage. Haben Sie in letzter Zeit etwas von Hermine gehört?“
Harry schüttelte den Kopf. „Wir wollen sie am Sonntag besuchen. George war wohl bei ihr. Sie schien etwas müde zu sein.“
„Vielleicht sollten Sie sie kontaktieren!“ Es klang nicht wie eine Empfehlung, sondern war als Aufforderung gedacht.
„Was, jetzt? Das werde ich nicht tun!“
„Harry, tun Sie mir den Gefallen und flohen Sie sie an!“

Damit sein Besuch das Gespräch nicht verfolgen konnte, ging Harry nach draußen auf den Flur und schloss die Tür hinter sich. Es war bitterkalt und er fror, wollte das Gespräch schnell beendet haben.

„Was ist so wichtig?“, wollte Harry wissen.
„Ich befürchte, es könnte ihr nicht gut gehen.“
Harry verstand die Welt nicht mehr. „Warum flohen Sie sie dann nicht an?“ Er hatte Besuch und wollte weiter Karten spielen.
„Harry ...“
„Nein“, unterbrach sein junger Kollege, „jetzt hören Sie mal: Wenn es Hermine nicht gut gehen sollte, dann würde Sie sich bei jemandem melden. Das hat sie immer getan! Bei mir oder Ginny, Luna, Ron“, zählte er auf, „eben bei einem Freund.“

Mit vor Ärger zusammengekniffenen Lippen blickte er Harry einen Moment an, bevor er ihn ohne ein weiteres Wort verließ. Auf dem Rückweg wiederholte er, was Harry gesagt hatte. Hermine würde sich bei einem Freund melden, wenn es ihr nicht gut gehen würde. Abrupt blieb er stehen, weil ihm ein Licht aufgegangen war, denn er war es gewesen, bei dem sie sich gemeldet hatte.

Den Rest des Weges rannte er, um so schnell wie möglich zur Feder greifen zu können. Er schrieb etwas, doch es kam keine Antwort mehr. Mit einem flauen Gefühl im Magen griff er sich eine Handvoll Flohpulver.

„Granger Apotheke“, sagte er und schleuderte das Flohpulver gen Boden. Einen Moment später stand er in einem ihm unbekannten Wohnzimmer. Er schaute sich um, doch hier war sie nicht zu sehen. Severus musste plötzlich an Pettigrew und somit an drohende Gefahr denken und zog daher seinen Stab, bevor er auf den Flur hinaustrat. Sein Weg führte ihn nach unten. Im Verkaufsraum war sie nicht, doch er fand sie in der Küche an. Sie saß am Tisch. Ihr Kopf lag auf den Armen.

„Hermine!“, schrie er ungewollt. Sie schreckte hoch, schien orientierungslos, doch als ihre Augen ihn fixierten, da lächelte sie erleichtert. „Geht es Ihnen gut Hermine?“
Wie in Zeitlupe verzerrte sich ihr Gesicht und sie schüttelte den Kopf. „Ich schaff's nicht.“ Sie zog die Nase hoch. „Ich schaffe es einfach nicht. Ich habe mich völlig übernommen.“ Für einen kurzen Moment begann sie zu weinen, was ihn schockierte. In der Anwesenheit einer aufgelösten Frau fühlte er sich unwohl, doch sie machte eine beruhigende Handbewegung und sagte wimmernd und schluchzend: „Ist gleich vorbei.“ Es war tatsächlich schnell vorüber, wofür er dankbar war.
„Was ...?“
Bevor er fragen konnte, erzählte sie von sich aus. „Das ist zu viel für mich! Das kann ich unmöglich alles brauen. Die ganzen Aufträge und der Wolfsbanntrank. Ich habe für nichts mehr Zeit.“
Gelassen zog er eine Augenbraue in die Höhe. „Für ein Nickerchen am Tisch hat es gereicht.“
„Ich musste mich setzen, weil es mir nicht gut ging und dann bin ich eingeschlafen“, verteidigte sie sich.
Er musterte sie einen Augenblick lang, bevor er offen sagte: „Sie sehen scheußlich aus.“
Hermine zog beleidigt einen Flunsch. „Danke vielmals!“
„Was ich nicht verstehe, ist“, begann er mahnend, „das Sie nicht klipp und klar um Hilfe gebeten haben, wenn Ihnen die Arbeit über den Kopf wächst. Sind Sie sich zu fein dafür?“
„Ich brauche Hilfe, Severus“, machte sie es gleich wieder gut, „helfen Sie mir bitte.“

Ihre Blicke trafen sich und er konnte nicht anders, als ihr gegenüber Platz zu nehmen.

„Nennen Sie mir das Problem.“
„Das Problem?“, fragte sie nach.
Er wurde deutlicher. „Was für Arbeiten belasten Sie?“
Hermine schloss die Augen und seufzte. „Da sind die vielen Brauaufträge, die ich bis morgen fertig haben soll, aber ich werde sie nicht brauen können, weil ich für 21 Kunden den Wolfsbanntrank fertigmachen muss.“
„21 Kunden? Haben Sie zwei große Kessel?“
„Nein, nur einen großen, dafür fünf mittelgroße und zehn kleine.“
„Ich werde Ihnen einen weiteren großen besorgen. Was für Aufträge sind das, die Sie noch erledigen müssen?“

Hermine stand von ihrem Stuhl auf und schwankte bedrohlich, so dass er aufsprang und sie an den Oberarmen packte. Nach einem Moment ging es wieder und Hermine suchte ihre Unterlagen zusammen, die sie ihm reichte, unter anderem ein Buch, in dem sie die Bestellungen festhielt. Severus deutete auf einen durchgestrichenen.

„Was war damit?“, wollte er wissen.
„Die Kundin wollte nicht mehr warten. Ich musste ihn wegkippen.“
Wieder blickte er in ihr Buch, bis er verlangte: „Geben Sie mir etwas Pergament und eine Feder.“

Sie reichte ihm die Dinge und schaute einen Moment lang zu, wie er sich etwas notierte, doch irgendwann wurden ihre Augenlider so schwer, dass sie sie nicht mehr aufhalten konnte.

Ein Druck an ihrem Oberarm weckte sie.

„Was ist?“ Sie war völlig verschlafen. Er hielt ihr ein Pergament unter die Nase, auf der Zeitangaben und Handgriffe stichpunktartig aufgelistet waren.
„Das ist die Reihenfolge, in der Sie morgen arbeiten werden. Während Ihrer Öffnungszeiten brauen Sie erst die einfachen Dinge, die auch unbeaufsichtigt köcheln können.“

Hermine ging die Tränke und Salben durch und wunderte sich, warum der Zeitplan so gut aufging, dass sie ihn sogar einhalten könnte.

„Moment, das sind nicht alle Aufträge. Da fehlen ein paar!“
Severus reichte ihr ein weiteres Stück Pergament. „Und das ist mein Brauplan, wenn ich morgen gegen 13 Uhr zu Ihnen stoßen werde.“


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