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Harry Potter und die Schatten der Vergangenheit - Freunde

von Muggelchen

Mitten in der Nacht war Lucius aufgewacht, weil sein Zimmergenosse – Gregory Goyle – angefangen hatte zu schnarchen. So hatte er jedoch einen Moment Zeit, über die Verhandlung nachzudenken – den zweiten Tag. Dieser war ähnlich verlaufen wie der erste. Die Mitglieder des Gamots haben ungeklärte Punkte angesprochen und bevor er Antworten geben konnte, hatte Mr. Duvall eine volle Breitseite in Richtung Rosalind abgefeuert.

Man wollte zunächst nicht erlauben, dass zumindest in einem Anklagepunkt das Minderjährigenstrafgesetz angewandt werden sollte, doch als sein Beistand damit begann, Paragraphen und Fallbeispiele zu nennen – auswendig –, da hatten sie gar keine andere Möglichkeit. Ein Todesser zu sein war allein schon Grund genug, lebenslang in Askaban zu versauern, doch die Regelung im Minderjährigenstrafgesetz ahnte so ein Verbrechen mit ein paar Stunden Arbeit in gemeinnützigen Einrichtungen. Nicht einmal eine Geldstrafe würde anfallen, rief sich Lucius amüsiert ins Gedächtnis zurück, während er seine Hände hinter dem Kopf verschränkte und durch das Fenster des Krankenzimmers in den Sternenhimmel blickte.

Was den Besitz schwarzmagischer Gegenstände betraf, hatten die Gamotmitglieder sehr viele Fragen gestellt, sich ganze Pergamente voll mit möglichen Punkten notiert, die man später unter dem Einfluss von Veritaserum Plus detailliert klären wollte. Mr. Duvall hatte ihm am Ende des Verhandlungstages versichert, dass man ihm nicht mehr als eine Geldstrafe dafür aufbrummen könnte, also nichts, worüber man sich Sorgen machen müsste.

Mit mehr als zwei Monaten Haft und einer Geldstrafe in Höhe von maximal 1.500 Galleonen musste Lucius wegen der „Störung der Öffentlichen Ordnung“ nicht rechnen. Auch hier hatte sein Beistand mit zwölf Fällen aus der Vergangenheit aufwarten können, in denen die Beschuldigten noch viel schlimmere Dinge angestellt hatten, als eine Muggelfamilie durch die Luft fliegen zu lassen. Das Gute an diesen Beispielfällen, die Duvall ausgegraben hatte, war, dass jedes der anwesenden Gamotmitglieder mindestens in einem der Fälle für die Verurteilung mitverantwortlich gewesen war. Sie mussten sich somit zwangsweise an ihre damals gefällten und glücklicherweise sehr milde ausgefallenen Urteile halten, wenn sie nicht riskieren wollten, dass ihre einstige Entscheidung angezweifelt werden würden, sollte der Fall von Lucius Malfoy plötzlich härter bestraft werden als Fälle, die selbst für einen Laien grausamere Verbrechen an Muggeln veranschaulichten.

Knifflig wurde es bei den beiden Unverzeihlichen, denn hier müsste Lucius demnächst unter Veritaserum sehr genau schildern – von den ersten Ideen, bis hin zur Umsetzung der Tat –, wie es dazu gekommen war. Sollte sich für das Gamot nicht klar herauskristallisieren, dass er den Imperius an Sturgis Podmore und Broderick Bode angewandt hatte, während er von Voldemort höchstpersönlich durch genau denselben Fluch gelenkt wurde, würde er die sieben Jahre Haft, die er mit dem Minister vereinbart hatte, auch tatsächlich absitzen müssen. Lucius hoffe sehr, dass Duvall entweder bei der Formulierung der Fragen, die man ihm später stellen würde, mitverantwortlich sein würde oder gar selbst welche ausarbeiten dürfte. Dass sein Beistand nicht auf den Kopf gefallen war, hatte Lucius längst begriffen. Es gab einige zurückliegende Fälle, die dem Ministerium Kopfschmerzen bereitet haben. Fälle, in denen man einem Angeklagten nicht nachweisen konnte, ob er unter Imperius gestanden hatte oder nicht. Man hatte sich nach ewigen Diskussionen dazu entschlossen, die Anklagen fallen zu lassen – im Zweifel für den Angeklagten.

Den Einbruch und den versuchten Raub in Zusammenhang mit Körperverletzung und Zerstörung von Ministeriumseigentum hatte Duvall beim zweiten Anlauf erneut gelassen abgeschmettert. Die Gamotmitglieder hatten leise geflucht, doch letztendlich mussten sie den Punkt streichen, denn nicht Lucius hatte das kleine Gefecht begonnen. Der Tatbestand des Einbruchs war nicht belegt, weil er damals Zugang in die Mysteriumsabteilung hatte, wofür er Fudge heute noch dankbar war, auch wenn es viel Überredungskunst benötigt hatte, um den damaligen Minister davon zu überzeugen, dass Lucius als neutrale Person ebenfalls ein Auge auf die Vorgänge in der Prophezeiungs-Kammer werfen sollte. Großzügig, wie Lucius war, hatte er durch Mr. Duvall seine Bereitschaft erklären lassen, für zehn Prozent des entstandenen Glasschadens aufzukommen.

Den Ausbruch aus Askaban sollte Lucius in den nächsten Tagen mit Wahrheitsserum schildern und er war sich jetzt schon seines Sieges sicher. Bellatrix hatte ihn mitgenommen, weil er selbst in sehr schlechter Verfassung gewesen war. Damals hatte er schon kaum noch etwas sehen können. Er war nicht einmal selbst appariert.

„Das ist gut!“, hatte Mr. Duvall ihm vorhin noch gesagt, als sie über diesen letzten Punkt gesprochen hatten. „Sie haben die Apparation nicht selbst durchgeführt, Mr. Malfoy. Man kann Ihnen nicht vorwerfen, dass Sie geflohen seien, wo Sie nicht einmal dazu in der Lage gewesen waren, durch Ihre Rückenverletzung überhaupt aufrecht zu gehen.“

Ach ja, dachte Lucius. Die damalige Verletzung der Wirbelsäule hatte er sich zugezogen, weil er aufgrund des schwindenden Augenlichts gefallen war. Miss Bones hatte anfangs noch dafür gesorgt, dass sich ein Heiler seinen Rücken ansehen würde und auch, wie er sich wehmütig erinnerte, seine Augen. Miss Bones hatte sich um ihn gekümmert, als er in Askaban saß, hatte dafür gesorgt, dass sein Sohn ihn besuchte, hatte ihm Formulare und Anträge vorgelesen und ihm beim Ausfüllen geholfen. Heute hieß die junge Frau nicht einmal mehr Bones mit Nachnamen, sondern Malfoy. Sie war eine Malfoy.

Lucius schnaufte verächtlich. Er hasste es, wenn es Dinge in seinem Leben gab, auf die er keinen Einfluss hatte. In den guten alten Zeiten hatte er sich wenigstens noch Entscheidungen erkaufen können, die ihm einen Vorteil verschafften. Er hätte gewusst, was zu tun war, um auf die Entscheidung seines Sprosses einzuwirken, aber weil ihm die Hände gebunden waren, sah er sich außerstande, seinen eigenen Sohn vor der Hochzeit mit einer Halbblüterin zu bewahren. Als seine Gedanken sich um diese abwertende Bezeichnung drehten, da dachte er unerwartet an Schwester Marie. Sie war ebenfalls halbblütig, aber mit ihr kam er wunderbar zurecht. Woran das lag, war ihm selbst ein Rätsel. Vielleicht, vermutete er, war es hier im Krankenhaus, in seiner kleinen, heilen Welt, völlig unwichtig, von wem sie abstammte. Die gute Seele war hier und vertrieb die Langeweile, unterrichtete ihn über Neuigkeiten und brachte ihm eine Extraportion Nachtisch, weil sie wusste, dass er es mochte.

„Wir könnten etwas Hafterlass wegen guter Führung herausschlagen“, hallte Duvalls Stimme in Lucius Gedanken nach. „Miss Amabilis wäre eine perfekte Zeugin, Mr. Malfoy. Sie ist halbblütig und kann nur Gutes über Sie berichten. Das rückt Sie in ein besseres Licht, denn es ist ja kein Geheimnis, dass man Ihnen zumindest früher rassistische Ansichten zuschrieb.“

Schwester Marie wollte Lucius nicht mit seinem Fall belasten, doch Duvall war von seiner eigenen Idee sehr begeistert.

„Wer könnte bestätigen“, hatte Duvall vorhin noch gefragt, „wann Sie das dunkle Mal angenommen haben?“
„Meine Frau und alle anderen Todesser.“
Duvall hatte seinen Kopf geschüttelt. „Nein, wir benötigen jemand anderen. Jemanden, dem man nicht unterstellen kann, aufgrund des Ehebundes oder einer engen Freundschaft befangen zu sein.“
Nur aus Spaß hatte Lucius, nachdem sie sich längst verabschiedet hatten, gesagt: „So lebendig wie Hogwarts ist würde es mich nicht wundern, wenn ein Geist oder Gemälde davon erfahren haben könnte.“

Duvall war an der Tür stehengeblieben und schien wie in Trance, die er nach ein paar Sekunden von sich abschüttelte, bevor er das Krankenzimmer ungewöhnlich nachdenklich verließ.

Die Erinnerung an das Gespräch am Abend hatte Lucius nun erst recht am Einschlafen gehindert, von dem Sägewerk im Bett gegenüber ganz zu schweigen.

Wenigstens hatte Duvall den Punkt in Bezug auf die Erpressung ein für allemal aus der Anklageschrift streichen lassen. Sein Beistand hatte es sich jedoch nicht nehmen lassen, dem Gamot noch ein einziges Mal vorzuwerfen, sich diese Dreistigkeit überhaupt erlaubt zu haben, einen uralten Fall neu aufwärmen zu wollen.

Mr. Duvall war ein Mistkerl.

Lucius begann ihn zu mögen.

Hermine hingegen hatten Mr. Callidita ins Herz geschlossen. Sein Gemälde hatte sie neben dem Tisch, an dem sie arbeitete, auf einem Sessel abgestellt, ganz so, als würde er darin sitzen. Nur zweimal musste sie Fellini vertreiben, weil der an dem bemalten Leinen seine Krallen wetzen wollte.

„Mr. Callidita, Ihre Berechnung der letalen Dosis in Bezug auf Abraxaner ist korrekt?“ Sie blickte das Gemälde an und der darin befindliche junge Mann nickte beipflichtend. „Der von Severus errechnete Wert der Dosis für eine Frau mit einer Körpergröße von einem Meter achtundsechzig und einem Gewicht von“, sie stutze, denn das erste Mal wurde sie sich über Pansys Untergewicht bewusst, „zweiundfünfzig Kilogramm ist auch richtig?“ Wieder nickte Callidita.

Es schien unmöglich, ihm ein paar Worte zu entlocken, doch sie wollte es mit einer ihrer ausgeprägtesten Fähigkeiten vollbringen und deswegen redete sie nicht nur wie ein Wasserfall , sondern zudem mit Engelszungen. Es war nicht unbedingt die Art, wie sie redete, sondern über was. Da er anfangs kein Wort von sich gab, begann sie mit einer Neuberechnung mit Hilfe von Severus’ Unterlagen, teilte während des gesamten Prozesses ihre Gedanken mit und nannte ihre Rechenschritte. Als sie damit fertig war und erneut Wut in ihr aufkam, weil sie zum wiederholten Male auf das gleiche Ergebnis gekommen war, da bestätigte Callidita stotternd, dass ihr Rechenweg korrekt gewesen wäre.

„Aber es hilf nicht“, sagte sie weinerlich. „Das Gegengift ist längst verabreicht worden und an dem Zustand der Frau hat sich nichts geändert. Irgendwas muss falsch sein!“
Weil sie so verzweifelt geklungen hatte, fragte Callidita mit teilweise lang gezogener Betonung: „Gegengift fff-für was?“
Verzweifelt legte sie die Unterlagen beiseite und schaute ihn an. „Der Trank heißt ’Schlafes Bruder’. Die Patientin ist mit einem Gegenstand verletzt worden. Aufgrund der Wunde konnte man die Breite des Objekts bestimmen. Es muss ein Messer gewesen sein. Mein Professor hat berechnet, wie viel von Schlafes Bruder sich auf der breiten Fläche der Klinge befunden haben muss, natürlich in Rücksichtnahme auf die Tiefe der Stichverletzung.“ Sie blickte zurück auf die Unterlagen. „Vielleicht ist dieser Wert falsch?“ Murmelnd fügte sie hinzu: „Aber ich hab’s doch selbst nachgerechnet…“
Callidita öffnete den Mund, doch für einen kurzen Moment war nichts zu hören, bis die Stimme plötzlich aus ihm heraussprudelte, als hätte jemand die Schleusen geöffnet: „Ein sch-scheusäliger Trank. Www-wie lang ist die Dame sch-schon siech?“

Einen Augenblick schaute Hermine irritiert drein, denn Callidita verwendete einen ungewöhnlichen Sprachmix aus verschiedenen Epochen, was daran liegen mochte, dass sein Gemälde seit über vierhundert Jahren sämtliche sprachliche Veränderung miterlebt haben musste. Da er selbst seit langer Zeit nicht gesprochen hatte, hatte sich sehr wahrscheinlich kein Gefühl für den heutigen Redestil entwickeln können. Selbst Sir Nicholas, der sich oft und gern mit Lehrern und Schülern unterhielt, hatte seinen Wortschatz im Laufe der Jahrhunderte angepasst.

„Gleich nach der Geburt ihres Kindes ist sie in diesen todesähnlichen Zustand verfallen. Sie leidet also seit fast vier Jahren an den Auswirkungen von Schlafes Bruder.“
„Ppp-Potzblitz! Das bedeutet ein nicht aaaa-abzuleugnendes Übel.“

Während Callidita sich mit dem Zeigefinger über die Lippen fuhr und nachdachte, kam Hermine zu dem Schluss, dass es seltsam, aber in ihren Augen auch sehr charmant war, einen jungen Mann solche ausgestorbenen Worte benutzen zu hören. Sie mochte ihn und das Schönste war, dass er sofort verstanden hatte, was sie von ihm wollte. Sie waren auf gleicher Wellenlänge.

Sie hörte ihn höflich fragen: „Wenn ich ww-wohl die Unterlagen besehen darf?“ Mit einem Schwung ihres Zauberstabes ließ Hermine per Levitation alle notwendigen Papiere vor dem Gemälde schweben, so dass er einen guten Überblick über alles erhielt.

„Ihr Gegengift sollte gedanklich gesehen das Leiden ringern.“
Dass er das erste Mal einen Satz flüssig wiedergegeben hatte, war ihr gar nicht aufgefallen, denn das Thema hatte sie voll und ganz in Beschlag genommen. „Sie denken also auch, das Gegengift hätte helfen müssen. Warum aber liegt sie noch immer starr in ihrem Bett? Braucht es vielleicht nach fast vier Jahren etwas länger, bis das Gegenmittel sich im Körper ausbreiten kann?“
„Das Venenum vom Basilisk bleibt in seiner Fährlichkeit unübertroffen, denn es selbst wirkt nicht tödlich – man wird lebig. Die Spannadern werden stimuliert, so sehr, dass man dadurch den Tod finden könnte, doch wenn die Glieder längst verstarrt sind, so wie bei dieser jungen Frau, dann kann das Gift wiedererwecken.“
Hermine kniff die Augen zusammen. „Es tut mir aufrichtig Leid, aber hier konnte ich nicht mehr folgen. Meinen Sie mit ’lebig werden’, dass etwas im Körper angeregt wird? Und was sind ’Spannadern’?“
Callidita überlegte einen Moment und fuchtelte derweil mit einer Hand herum, weil ihm das Wort nicht einzufallen schien. „Spannadern“, wiederholte er verzweifelt, doch dann versuchte er zu erklären, „durch sie fühlt man.“ Der junge Mann auf dem Gemälde fuhr sich mit den Fingern über die Wange. „Berührung, Schmerz…“ Er versuchte es mit Latein: „Nervi.“
„Oh, Sie meinen die Nerven!“
„Das ist es!“, sagte er so laut, dass sie unmerklich zurückwich. „Nerven! Spannadern.“

Severus hatte erzählt, dass das Basiliskengift auf das Nervensystem einwirken und es stimulieren würde.

„Ja, das hat mein Professor auch gesagt.“
„Wer ist Ihr Professor?“
„Das ist Professor Snape.“ Callidita verzog das Gesicht. „Kennen Sie ihn etwa?“, wollte Hermine daraufhin wissen. Wenn ja, vermutete sie, musste Callidita ihn in Poppys Büro erlebt haben.
„Eee-er ist mir schon begegnet, zwey, drey Mahl.“
Aufgrund der erneuten Verlängerung der Laute dachte sich Hermine ihren Teil, doch unüberlegt sprach sie es auch an: „Sie mögen ihn nicht besonders oder?“ Calliditas hob die Augenbrauen und versuchte, unschuldig dreinzublicken, weswegen Hermine lächeln musste. „Ich mochte ihn damals auch nicht, aber jetzt… Er ist in Ordnung, wenn man seine Eigenarten kennt und man weiß, wie ernst oder weniger ernst die Dinge gemeint sind, die er von sich gibt.“
Callidita spitzte die Lippen. „Ich will das nicht bezwisten, Miss Granger.“

Eine lange Zeit unterhielten sich die beiden miteinander, schweiften sogar ab, als Callidita von seinem Basilisk erzählte, den er nach seiner Zeit als Heiler in Hogwarts in den nicht auf Karten verzeichneten Untiefen des riesigen Wohnsitzes seiner Familie gezüchtet und gehalten hatte. Immer seltener verlängerte er während des Redens unbeabsichtigt die Laute, doch manchmal noch war eine stumme Blockade zu bemerken, die Hermine geduldig abwartete.

„Was ist mit Ihrem Basilisk geschehen?“
Er hatte schnell gelernt, sich ihrem Sprachgebrauch anzupassen, so dass nur noch selten ein uraltes Wort seine Lippen verließ. „Ich weiß es nicht. Nicht einmal von meinem Verbleib kann ich etwas berichten.“ Er winkte sie zu sich heran und flüsterte: „Können Sie sich vorstellen, Miss Granger, wie es für ein magisches Gemälde für mich sein muss, nicht zu wissen, was mit dem Original geschehen ist?“

Sie schüttelte den Kopf. Die Vorstellung war ihrer Meinung nach grausam, seit über 400 Jahren nicht zu wissen, wie man verstorben sein könnte und dass man dieses Geheimnis sehr wahrscheinlich auch niemals herausbekommen würde.

„Aber ich habe mich damit abgefunden“, erklärte Calliditas, nachdem er Hermines betrübtes Gesicht bemerkt hatte. „Hier im Schloss aufbewahrt zu werden ist eine wahre Wohlthat. Es ist nicht nur beynahe wie ein Zuhause, Hogwarts ist ein Heim für mich.“
„Nur schade“, schmollte Hermine, „dass Sie gegenüber dieser widerlichen Person hängen müssen.“
„Nun bin ich ja hier. Vielleicht wage ich den Direktor zu fragen, ob ich mir einen angenehmeren Platz aussuchen dürfte.“
Sie lächelte und deutete auf ihre Wände. „Bei mir wäre Platz genug.“
„Oh, wie freundlich von Ihnen, doch ich muss anzweifeln, dass Ihre Räume ein angemessener Ort für mich wären.“ Weil Hermine ihn fragend anblickte, wurde er deutlicher. „Sie hätten sicherlich gern Ihr Otium; Ihre Ruhe, besonders wenn Sie nicht allein sein sollten.“
Sie seufzte, doch ohne auf seine Worte einzugehen wiederholte sie, diesmal etwas wehmütiger: „Bei mir wäre Platz genug.“

Nach reiflicher Überlegung rief Hermine zur Nachtzeit einen Elf. Es war ein junges Ding, das verschlafen wirkte, sich nichtsdestotrotz darüber zu freuen schien, dienen zu dürfen. Hermine hatte plötzlich ein ganz schlechtes Gewissen.

„Du bist doch Shibby oder? Wir haben uns schon einmal gesehen.“
Die Elfe nickte und war sichtlich beeindruckt, nicht nur eine kurze Unterhaltung wert zu sein, sondern dass man sich auch an ihren Namen erinnerte. „Shibby ist ganz gerührt, Miss Granger. Wie darf Shibby Ihnen behilflich sein?“ Der Wortlaut des letzten Satzes klang dem sehr ähnlich, den Wobbel sonst immer benutzte.
„Ich hätte gern Tee.“ Schnell verbesserte Hermine: „Nein, lieber Kaffee! Schwarz und stark und dazu irgendwas zum Knabbern.“
„Darf Shibby Kekse bringen?“
„Ja, Kekse klingen gut.“
Die Elfe wandte sich an das Gemälde. „Darf Shibby Mr. Callidita etwas bringen?“
„Woher kennst du seinen Namen?“, wollte Hermine wissen.
„Jeder Elf kennt die Gemälde, Miss Granger.“ Sie blickte erneut zu Callidita. „Shibby bringt Tee?“
Callidita lächelte einseitig. „Wie gern ich würd’“, schwärmte er in Erinnerungen an eine heiße Tasse Tee. „Wär’ es doch mm-möglich, würde ich Sie bittlich um einen schwarzen Tee angehen.“

Shibby schnippte einmal mit den Fingern und direkt neben Calliditas Sessel erschien wie von Geisterhand gemalt ein kleines Beistelltischlein, in schönsten Farben gemalt. Darauf befand sich ein Tablett, auf dem eine kunstvoll verzierte Porzellantasse mit dampfenden Tee zu finden war. Gleich daneben präsentierte sich ein kleiner Teller mit Gebäck.

„Das ist…“ Callidita war sprachlos.
„Unglaublich“, murmelte Hermine, die noch nie in ihrem Leben gesehen hatte, wie ein Hauself ein Gemälde bewirtet hatte. Noch immer so verwundert darüber bemerkte sie nicht einmal, dass Shibby für einen Moment verschwunden war, doch der kräftige Geruch Kaffee ließ sie aufblicken.
„Vielen Dank, Shibby.“

Die Hauselfe hatte sich freundlich verabschiedet. Zur gleichen Zeit nahm Callidita einen Schluck von seinem Tee und Hermine einen von ihrem Kaffee – beide stöhnten wonnig.

„Ich sollte den anderen Gemälden lieber nicht verbothschaften, dass dies möglich sey. Die Elfen hätten sonst wohl alle Hände voll zu tun.“ Callidita in seinem mit warmen Farben gemalten Gemälde schloss die Augen und gönnte sich einen weiteren Schluck.

In der Zwischenzeit saß Severus in den Kerkern wütend auf seinem Sofa und ging einige Pergamente durch. Immer wieder war er auf das gleiche Ergebnis gekommen und das hatte ihn aufgewühlt. Die Tasse Kaffee, die er sich vorhin von einer Elfe hatte bringen lassen, flog in hohem Bogen durch sein Wohnzimmer und zersplitterte an der steinernen Wand. Der Hund, der neben ihm auf dem Sofa döste, schreckte auf und begann zu bellen, weswegen Severus mit einem Zauberspruch die Tasse reparierte und den Hund mit sanften Worten milde zu stimmen hoffte. Harry machte noch einmal „Wuff“, bevor er sich dreimal im Kreis drehte, um es sich erneut auf dem weichen Polster gemütlich zu machen.

„Du hast mich gut erzogen“, sagte Severus mit kühler Stimme, obwohl er sich damit selbst hatte aufheitern wollen. Harrys Schwanz begann so stark zu wedelt, dass er im Takt an die Rückenlehne schlug und ein dumpfes Klopfgeräusch zu hören war, das nach und nach ruhiger wurde, weil Harry die Augen schloss und sich vom Halbschlaf übermannen ließ.

„Vielleicht wäre ein wenig Entspannung momentan genau das Richtige für mich?“ Die Arbeit ließ Severus unbeachtet auf seinem Tisch zurück. Er hatte Appetit bekommen, wollte die Hauselfe jedoch nicht ein zweites Mal in dieser Nacht stören. „Ich hatte doch irgendwo...“

An einem Schrank angelangt öffnete er eine der unteren Türen. Hinter der Kiste von Weasleys Zauberhafte Zauberscherze, die er herausnehmen musste, fand er den Schokofrosch, den Hermine ihm zu seinem Geburtstag geschenkt hatte. Der Hauch eines Lächelns schlich über seine Lippen. Allein durch den Gedanken an diesen unerwartet angenehmen Abend schien seine Wut über den nicht auffindbaren Fehler in seinen Berechnungen zu verfliegen. Noch in der Hocke öffnete er die Packung. Er griff nach dem kakaohaltigen Frosch, der sich mit einem Sprung in die Freiheit retten wollte, aber von Severus' leicht gelblich verfärbten Fingern gepackt wurde. Der Frosch quakte resignierend, bevor er sich seinem Schicksal ergab. In der leeren Schachtel hörte Severus es klappern, weswegen er die Packung umdrehte. Etwas fiel hinaus und landete auf dem Boden. Die nun wirklich leere Packung warf er in den Papierkorb neben dem Schrank, bevor er den flachen Gegenstand aufhob und umdrehte. Es war die Schokofroschkarte mit der Nummer 18. Das Bild einer warm lächelnden Hermine verstärkte die Erinnerung an den netten Abend, doch auch andere Situationen schossen ihm plötzlich durch den Kopf. Severus seufzte und legte die Karte oben auf den Schrank, aber bevor er die Tür wieder schließen konnte, musste er den Tagtraumzauber von Weasleys Zauberhafte Zauberscherze in die Hand nehmen, um ihn wieder hineinzustellen. Als ihn die bunte Schrift auf der Packung neugierig machte, hielt er inne. Er täuschte sich selbst Desinteresse vor, während er die Informationen auf der viereckigen Verpackung las.

„Überraschungstraum“, murmelte Severus. Wenigstens hatte Hermine kein bestimmtes Thema gewählt, sondern es dem Zufall überlassen. Damit hatte sie ihm ein wenig die Angst genommen, sich mit diesem Tagtraumzauber zu beschäftigen, auch wenn er nur die Anleitung auf der Verpackung las, die er mit hinüber zur Couch mitgenommen hatte. Direkt neben einem scharchenden Harry hatte Severus sich wieder gesetzt. Sein Blick schweifte über die gedruckte Anleitung.

„Danke, dass Sie sich für den patentierten Tagtraumzauber entschieden haben. Der befristete Gedächtniszauber wird Sie in einen realitätsnahen Tagtraum entführen, welcher sich Ihren individuellen Vorgaben anpasst. Bei diesem Produkt handelt es sich um einen Überraschungstraum: einem von bisher 142 verschiedenen Traum-Themen. Mit Leichtigkeit können Sie Ihren persönlichen Tagtraum mit dem auf dem Deckel genannten Zauberspruch aktivieren.“

Etwas weiter darunter, viel kleiner gedruckt, stand „Nebenwirkungen: abwesender Blick, kurzfristige Beeinträchtigung der Wahrnehmung“.

Wieder viel größer, so dass man das Kleingedruckte leicht hätte übersehen können, stand geschrieben „Lehnen Sie sich zurück und tauchen Sie ein in die Tiefen der Welt Ihrer eigenen Fantasie. Lassen Sie Ihrem Wunschdenken für eine halbe Stunden freien Lauf.“.

'Fantasie', wiederholte Severus in Gedanken, schnaufte dabei verachtend. Er ging nicht davon aus, so etwas wie eine kreative Vorstellungsgabe zu besitzen. Der Tagtraum würde sicherlich eine Enttäuschung werden, nichtsdestotrotz las er interessiert den Spruch auf dem Deckel, mit dem sich der patentierte Zauber der Weasleys aktivieren ließ.

Die Box stellte Severus auf den Couchtisch, bevor er sich die Schuhe auszog und sich auch von seinem Gehrock und der schwarzen Weste darunter trennte. Dank des Kaminfeuers war es angenehm war. Früher hatte Severus selten geheizt, doch den Hund konnte er nicht so einer bitteren Kälte aussetzen.

Severus seufzte und nahm erneut die Box mit dem Tagtraumzauber in die Hand. Seine Neugierde war groß. Aus der Innentasche seines auf der Seitenlehne liegenden Gehrocks zog er den neuen Zauberstab aus Weiß-Birke, lehnte sich zurück und tippte die Schachtel an, während er zeitgleich den Zauberspruch sagte.

Die Box öffnete sich und mit einem theatralischen Glitzern und Funkeln quoll eine beigefarbene Wolke hervor, die sich um seinen Kopf legte und Severus' Gedanken einnebelte.

Ohne Übergang fand er sich auf einem der Schulhöfe Hogwarts' wieder und Severus glaubte für einen Moment, er wäre womöglich während des Tagtraumzaubers unbewusst umhergelaufen, doch dann fielen ihm Unstimmigkeiten auf, denn es war hell und warm. Sein Sichtfeld war anders, so als wäre er in die Knie gegangen. Er betrachtete verwundert seine eigene kleine Hand, deren Finger durch die jahrelange Arbeit mit Tränken und Zutaten noch keinen gelblichen Farbton auf der Leistenhaut aufwiesen. Seine Fingernägel waren ordentlich gefeilt und nicht ein bisschen schmutzig. Ein Gewicht machte ihn auf seine andere Hand aufmerksam und er ahnte mit einem dumpfen Gefühl im Herzen, was der Traum ihm zeigen würde; darüber war er keinesfalls erfreut. Ein Sack voller Murmeln wurde von seiner Kinderhand umfasst. Jeden Moment, das sah Severus voraus, würde Lily zu ihm stoßen. Sie würden eine halbe Stunde lang zusammen spielen, sich unterhalten und Scherze machen und wenn er aufwachte, würde er ihrer Gesellschaft nachtrauern, würde sein Leben verfluchen und das Leben danach ersehnen.

„Severus“, rief eine helle, weibliche Stimme, doch es war nicht Lilys. Ein junges Mädchen, eine Zweitklässlerin, rannte freudestrahlend auf ihn zu, derweil wippten ihre buschigen Haare auf und ab wie die Mähne eines galoppierenden Pferdes. Er kannte sie.
„Hermine?“ Severus war fassungslos, aber vor allem war er überrascht.
Sie war bei ihm angekommen, schmiss unachtsam ihre große Tasche auf den Boden und sagte mit einem breiten Lächeln: „Du bist ja schon so früh da.“
„Ich...“

Er wusste nicht, was er sagen sollte. Sie war – wie er – zwölf Jahre alt. 'Dreizehn', verbesserte er in Gedanken, denn ihr Geburtstag war im September, gleich im ersten Monat des neuen Schuljahres. Sie würde in ein paar Tagen Geburtstag haben, dachte er, denn die Schule hatte erst vor wenigen Tagen wieder begonnen.

Sie kramte einen Sack mit Murmeln aus ihrer Tasche.

„Warten wir noch einen Moment.“ Bevor er fragen konnte, warum sie warten sollten – im Hinterkopf wusste er, dass er nur eine halbe Stunde Zeit haben würde – fragte sie: „Wie waren deine Ferien?“

Erinnerungsfetzen an die Gespräche mit Lily schwirrten durch seinen Kopf. Ihr hatte er immer alles erzählen können.

„Gab es wieder Stress?“ Die kleine Hermine schenkte ihm ein ermutigendes Lächeln und einen mitfühlenden Blick.
„Es gab Streit, ja.“ Er verfluchte, dass seine Stimme so holprig geklungen hatten, doch die Hand auf seiner Schulter ließ ihn aufblicken und erzählen: „Wir sind umgezogen.“
„Was, schon wieder?“ Sie schüttelte den Kopf. „Ach, Severus.“ Die Hand auf seiner Schulter drückte einmal zu. „Was ist denn nur passiert?“
„In der magischen Welt hat mein Vater keine Arbeit gefunden und er hat meiner Mutter die Schuld gegeben. Er wollte zurück, aber sie wollte nicht.“
„Weil sie hier Arbeit hat“, warf Hermine korrekt ein, so dass er nickte.
„Sie hat nachgegeben.“

Er erinnerte sich an den heftigen Streit, bei welchem sich die beiden angeschrien hatten. Severus wollte in diesem Moment nichts anderes als weg von Zuhause, doch es gab keinen Ort, an dem er sich hätte verkriechen können. Auf den Boden gekauert hatte er der Auseinandersetzung seiner Eltern gelauscht, hatte dabei nicht nur das Gefühl, sondern wusste, dass er das schon einmal erlebt hatte. Sie stritten oft. Severus hatte gehört, wie sein Vater die Schuld an seiner Arbeitslosigkeit der Mutter in die Schuhe schob.

„Wir sind zurück in die Muggelwelt gezogen und er...“ Severus hatte innegehalten, doch Hermine konnte er offenbar nichts vormachen.
„Er hat dort auch noch keinen Job bekommen.“ Sie erwähnte nicht, dass seine Mutter ihre Anstellung aufgegeben haben musste. Wütend stellte sie klar: „Wenn er nicht aufhört zu trinken, dann wird ihn auch in den nächsten Jahren niemand einstellen! Daran ist doch nicht deine Mutter schuld!“ Er blickte beschämt zu Boden, weswegen sie ruhig hinzufügte: „Und du auch nicht, Severus.“
„Und wenn er wegen mir angefangen hat?“ Die Selbstzweifel, die ihn damals schon belastet hatten, waren mit einem Male wieder da und er hasste dieses Gefühl, von sich selbst so wenig zu halten.

„Hermine, Severus!“ Die beiden Gerufenen blickten auf und sahen zwei Jungen, die sich ihnen näherten. Beide hatten ebenfalls einen Sack in der Hand, in der sich sehr wahrscheinlich Murmeln befanden. Severus traute seinen Augen kaum. Der eine mit den zerstrubbelten Haaren und der Brille war nicht James, sondern ein sehr junger Harry und an seiner Seite, in eine noch gut erhaltene Schuluniform gekleidet und ebenfalls im zarten Alter von zwölf Jahren, trottete ein milde lächelnder und etwas kränklich aussehender Remus nebenher.

„Hallo Severus“, grüßte Harry, der so sehr grinste, dass ihm durch die Muskelbewegung im Gesicht die runde Brille von der Nase rutschte. „Wo warst du eigentlich im Zug? Du hättest in unserem Abteil sitzen können.“ Nur ganz kurz wurde sich Severus darüber klar, dass er in einem realitätsnahem Tagtraumzauber verweilte, doch diesen Gedanken verdrängte er schnell.
„Lucius und seine Freunde wollten, dass ich bei ihnen sitze.“
Remus verzog das Gesicht, äußerte sich aber selbst bei diesen unangenehmen Personen nicht negativ, sondern sagte stattdessen kurz und knapp: „Schade.“
Harry hockte sich bereits neben Hermine auf den Boden und nahm einen Stock, um im Sand das Spielfeld zu zeichnen, während Hermine in ihrem Murmelsack wühlte. Severus überraschte sich selbst, als er plötzlich vorschlug: „Lasst uns was anderes machen!“

Spontanität war keine Eigenschaft, die man mit ihm in Verbindung brachte, weswegen Harry und Remus sichtlich erstaunt, aber auch erfreut waren. Hermine hingegen schien sich riesig zu freuen und stimmte mit vor Vorfreude glitzernden Augen zu.

„Hast du einen Vorschlag?“, fragte sie, während sie ihren Beutel wieder verstaute.
„Wir...“ Ihm fiel auf die Schnelle gar nichts ein. Von Impulsen hatte er sich nie lenken lassen. Der ältere Severus, der noch immer, wenn auch beschränkt, den Traum lenken konnte, versuchte sich an all das zu erinnern, was er früher mit Lily unternommen hatte, doch da war nicht viel gewesen. Immer waren Black und Potter gekommen, um ihn zu piesacken. Eine andere Strategie musste her, also überlegte er, was Hermine und Harry mit ihrem rothaarigen Freund damals immer unternommen hatten. Durch seine Kollegen war er über einige Abenteuer des Trios informiert gewesen, von anderen wusste er von vom Direktor persönlich.

„Wir könnten zu Hagrid gehen und schauen, ob er wieder ein neues Monster angeschleppt hat“, schlug Harry vor und Hermine begann daraufhin zu lachen.
„Nein“, nörgelte Remus. „Ich mag die Tiere nicht. Er hatte mal welche, die explodiert sind, wenn man sie falsch gefüttert hat.“
Hermine blickte fragend in die Runde. „Was dann? Wir könnten vielleicht in die Bibliothek gehen...“
„Nein, nein, nein.“ Harry schüttelte vehement den Kopf. „Das klingt jetzt schon langweilig.“
Schlagartig fiel Severus etwas ein. „Wir könnten zum See gehen und dort Verstecken spielen.“
„Ja!“, stimmte Hermine begeistert zu und auch Remus nickte zuversichtlich.
Von den anderen überstimmt ging Harry vor. „Okay, gehen wir.“ Nachdem er einige Schritte gegangen war, rief er den anderen zu: „Wer als Erster an der Eiche angekommen ist, hat gewonnen!“

Schon rannte er mit großem Vorsprung los und die anderen drei sprinteten hinterher.

Rennen konnte – und das hätte Severus nie gedacht – wirklich Spaß machen, denn er rannte diesmal nicht um sein Leben, flüchtete nicht vor grimmigen Auroren oder Voldemorts Schergen, sondern nur um der Freude Willen. Der kleine Wettkampf ließ sein Herz vor Aufregung schneller schlagen. Harry war ganz vorn, gefolgt von Hermine. Mit Remus lief Severus auf gleicher Höhe, doch er strengte sich an und ließ ihn nach ein paar großen Schritten hinter sich, um sich nun an ihre Fersen zu heften. Hermine schaute ab und an über ihre Schulter und bemerkte, dass er immer näher kam. Sie lachte fröhlich, gab aber nicht auf, obwohl Severus sie jeden Moment überholen müsste. Auch Harry war nicht mehr weit. Ihn könnte er ebenfalls einholen, dann würde er gewinnen, dachte Severus, weswegen er seine ganze Kraft mobilisierte, um nun auch Hermine davonzurennen. Jeden Moment hätte er Harry überholt, da blickte er hinter sich und sah Hermine fallen. Nur kurz war der Drang da gewesen, an Harry vorbeizulaufen und zu gewinnen, denn das Ziel war nahe – die große Eiche am See lag nur noch wenige Meter vor ihnen.

Abrupt hielt Severus an und blickte Harry ein paar Sekunden neidisch nach, bevor er zurück zu Hermine lief, um ihr aufzuhelfen. Der Sieg in ihrem kindlichen Spiel war ihm nicht mehr wichtig gewesen.

„Danke Severus.“ Sie strich sich mit den Handflächen den Schmutz vom Rock und schaute dabei nach vorn zu Harry, der gerade beide Hände an den Baumstamm schlug und „Erster!“ rief. „Schade, jetzt hast du nicht gewonnen.“ Sie zog einen Schmollmund, der ihn einen Moment in seinen Bann schlug.
Severus fühlte sich trotzdem als Gewinner. „Ich spare mir meine Kraft fürs Versteckspiel.“

Man hörte jemanden keuchen, weswegen sich Hermine und Severus umdrehten. Remus sah gar nicht gut aus. Er hatte eine Hand auf die Rippen gelegt und atmete heftig. Für den schmächtigen Jungen war es sehr anstrengend gewesen, mit seinen Freunden mitzuhalten.

„Seitenstechen?“, fragte Hermine und legte Remus, der in diesem Alter ein wenig kleiner war als sie, einen Arm um die Schulter.
„Geht schon.“ Langsam normalisierte sich Remus' Atmung.

Mit einem Ast in der Hand, den er übers Gras streifen ließ, kam Harry auf die drei zugeschlendert. Den Ast warf er auf den Boden, als er Remus ermutigend auf die Schulter schlug. Dann sah er alle drei einmal an.

„Es macht keinen Spaß zu gewinnen, wenn man der Einzige ist, der mitmacht“, beklagte sich Harry bei seinen Freunden.
„Hast Recht, Harry.“ Hermine grinste breit und tippte ihn mit ihren Fingerspitzen an. „Bist!“

Gleich danach rannte sie weg. Nicht sofort hatte Harry die Situation begriffen, doch als er wusste, dass sie gerade damit begonnen hatten, Fangen zu spielen, da stieß er Severus an, sagte ebenfalls „Bist!“ und suchte das Weite. Nun standen noch Remus und Severus verdutzt nebeneinander und beobachteten, wie Harry und Hermine einen kleinen Sicherheitsabstand zwischen sich und dem Fänger gebracht hatten. Scheu schaute Remus zu dem dunkel gekleideten Jungen, doch bevor der ihn berühren konnte, lächelte er verschmitzt, bevor er wie von der Tarantel gestochen davonrannte – Severus hinterher.

Beinahe hatte Severus vergessen, dass das Spiel mit seinen Freunden nicht echt war, so wirklich fühlte sich der Tagtraum an. Er konnte das Gras riechen und die vom nächtlichen Regen noch feuchte Erde. Severus spürte den Wind auf seiner Haut und auch Hermine, als er sie zaghaft am Oberarm berührte und sie zur Fängerin machte.

Der Severus, der momentan mit einem entrückten Blick in seinem Wohnzimmer auf dem Sofa saß, wünschte sich einen Moment herbei, den er damals sehr oft als Tagtraum durchgespielt hatte und von dem er bis heute bedauerte, dass er niemals wahr geworden war.

Kaum hatte er daran gedacht, fand er sich auch schon in seinem Zimmer in Spinners End wieder. Vom Gefühl her wusste Severus, dass er nun siebzehn Jahre alt sein musste. Es waren Ferien. Er begutachtete kritisch sein eigenes Spiegelbild. Selbst für ihn war es ungewohnt, sich mit einem weißen Hemd zu sehen, vor allem ohne die vertrauten, fettigen Haare, doch heute hatte er keinen Schutzbalsam verwendet. Heute würde er nicht mit seiner Mutter zusammen im Keller einen Trank brauen. Heute würde er...

Jemand klopfte an die Vordertür, weswegen Severus' Herz in die Hose rutschte, doch in gleichem Maße konnte er diesen Augenblick gar nicht abwarten. Flugs öffnete er die Tür seines Zimmers, um nach unten zu laufen. Seine Mutter war bereits an der Vordertür angekommen, hatte sie jedoch noch nicht geöffnet. Sie lächelte ihren Sohn an.

„Dein erster Gast“, sagte sie leise. Die Wärme in ihren Augen zeigte ihm, dass sie sich für ihn freute, denn es kam nicht oft vor – war noch nie vorgekommen – dass er Besuch empfing. Seine Mutter lächelte und trat zur Seite; offenbarte ihm die dicke, hölzerne Tür, die auf seltsame Weise einschüchternd wirkte.

Sich einen Ruck gebend öffnete Severus, doch entgegen seiner damaligen Wunschvorstellung war es nicht Lily gewesen, die ihn grüßte.

„Hallo Hermine, komm doch rein.“ Die Worte waren fast unhörbar leise über seine Lippen gekommen, doch sie schenkte ihm ein Lächeln und folgte seiner Aufforderung.
„Harry und Remus kommen ein wenig später“, sagte sie ungewohnt schüchtern, denn sie hatte seine Mutter erblickt.
Nachdem Severus die Tür geschlossen hatte, machte sich für einen kurzen Augenblick eine peinliche Stille breit, die er durchbrechen wollte, weswegen er vorstellte: „Hermine, das ist meine Mutter.“
Hermine trat einen Schritt an sie heran, begrüßte sie per Handschlag und mit den Worten: „Freut mich sehr, Mrs. Snape, Sie einmal persönlich kennen zu lernen. Es kommt mir so vor, als wären wir schon schon seit Jahren miteinander vertraut.“
Eileen schüttelte Hermines Hand. „Das geht mir ganz genauso. Severus hat viel von Ihnen und den beiden anderen erzählt.“

Normalerweise war Hermine eine offenherzige Person, doch heute war sie anders. Ihre an den Tag gelegte Unsicherheit ließ die seine schwinden, wofür er dankbar war. Während seine Mutter das Essen weiter zubereitete, zeigte er Hermine das Haus, das in seiner Vorstellung sehr viel hübscher anzusehen war als die schäbige Behausung es in Wirklichkeit gewesen war.

In seinem Zimmer angelangt setzte sie sich auf sein Bett und ließ ihren Blick schweifen.

„Warum kommen Harry und Remus später?“, fragte Severus.
„Harry hat kurzfristig einen Termin für ein Vorstellungsgespräch im Ministerium bekommen. Er will doch nach der Schule Auror werden.“ Sie blickte zu einem voll gestopften Bücherregal hinüber, das aus allen Nähten zu platzen schien, was nicht Severus' lebhafter Fantasie zuzuschreiben war. „Und Remus kommt heute schwer in die Gänge. Gestern war doch Vollmond...“ Severus war seit Jahren eingeweiht. „Er hat lange geschlafen und kommt nachher zusammen mit Harry.“
Severus setzte sich in manierlichem Abstand neben Hermine aufs Bett. „Was willst du später werden?“ Das Jahr würden sie noch zusammen in Hogwarts verbringen, bevor jeder seiner Wege gehen würde.
„Ich würde gern meinen Meister in Zaubertränken machen“, antwortete sie strahlend. „Und du?“
„Dito!“
Sie nickte. „Ja, das dachte ich mir.“ Sie legte ihren Kopf schräg. „Ob es wohl einen Meister gibt, der gleichzeitig zwei Schüler aufnehmen würde?“ Hoffnungsvoll fügte sie hinzu: „Dann würden wir noch drei Jahre zusammen sein.“
Ihr Vorschlag und das, was er heraushören konnte, ließ ihn selig lächeln. „Wir können uns doch auch so sehen.“
„Ja, können wir“, stimmte sie wie aus der Pistole geschossen zu, weswegen er sich in einer ganz bestimmten Sache bestärkt fühlte, die er damals in der Schule nie zu fragen gewagt hatte.
„Hermine?“ Als sie ihn anblickte, schluckte er einmal kräftig und er war froh, dass seine Stimme ihn nicht im Stich gelassen hatte: „Möchtest du mit mir zum Abschlussball gehen?“

Severus bemerkte, wie die Umgebung seines Wohnzimmers in den Kerkern Hogwarts' langsam wieder deutlicher für ihn wurde. Der Tagtraumzauber ließ nach, doch ihre Antwort konnte er noch hören.

„Ja, das möchte ich sehr gern.“


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