von Muggelchen
Den Tag nach dem Ausflug in die Winkelgasse nutzte Hermine, um sich noch einige Dinge aus den Akten des Ministeriums zu notieren. Sie durfte keine magischen Kopien der Schriften und Berichte anfertigen – das hatte sie mit einer Unterschrift versichern müssen – und daher war sie sehr glücklich über das Schreibfederset, das Severus ihr zu Weihnachten geschenkt hatte. Sie brauchte die Stellen, die sie interessierten, nur laut zu lesen und ihre Feder schrieb brav in ihrer eigenen Handschrift mit.
Mit Besuch hatte sie heute nicht gerechnet und sie konnte, nachdem es bei ihr geklopft hatte, nicht einmal ahnen, wer vor ihrer TĂĽr stehen wĂĽrde.
„Hermine“, grüßte Valentinus mit einem Lächeln, welches sie womöglich zu blenden vermochte, wären seine Zähne nur noch wenige Nuancen heller.
„Oh.“ Damit ihr Gruß nicht auf diesen Ausdruck der Verwunderung beschränkt blieb, fügte sie noch schnell hinzu: „Was für eine Überraschung.“
Ein schneller Blick auf seine Erscheinung lieĂź sie schon etwas ahnen, denn unter dem Arm hatte er eine Mappe geklemmt.
„Sie wissen sicherlich noch“, begann er freundlich, „dass Sie sich bereit erklärt haben, das Knieselbuch zu lesen, welches ich verfasst habe. Ich denke nicht, dass Sie etwas finden, das Sie beanstanden würden, aber Ihre Meinung schätze ich sehr.“
Valentinus blickte an ihr vorbei ins Wohnzimmer und ein seliger Gesichtsausdruck schlug sich bei ihm nieder, als er Fellini am Boden kauern sah, der gerade mit den SchnĂĽrsenkeln von Hermines Muggelschuhen spielte.
Versprechen dieser Art hatte sie noch nie zurĂĽckgenommen, auch wenn sie gerade jetzt bereute, ihm dieses Angebot unterbreitet zu haben. Eigentlich hatte sie das nur getan, um Severus vor Augen zu halten, dass man sich gegenseitig unterstĂĽtzen sollte, sofern man dazu in der Lage war.
„Ich werde gleich heute noch anfangen, Valentinus“, versicherte sie ihm.
„Darf ich kurz hineinkommen?“
Über seine Frage etwas irritiert stimmte sie unüberlegt zu und öffnete die Tür noch etwas weiter, woraufhin er elegant ins Wohnzimmer stolzierte. Die Mappe legte er auf den Tisch.
„Ihr Kniesel ist ganz prächtig gewachsen.“ Sich niederkniend nahm er mit einer Hand den Halbkniesel hoch und drückte ihn an seine Brust, während seine andere Hand das Fell kraulte. „Bei dem langen Fell wird man eines Tages die weißen Pfötchen gar nicht mehr sehen können“, behauptete Valentinus und betrachtete dabei das wenige Weiß.
Nur auf das Äußere zu achten widerstrebte Hermine, so dass sie sagte: „Die Farbe oder Musterung eines Tieres ist mir nicht wichtig. Krummbein sah, wenn ich meinen damaligen Freund mal zitieren darf, ’aus wie ein aufgeplatztes Sofakissen’. Er hätte nie einen Wettbewerb gewinnen können.“
„Oh, besuchen Sie ab und an etwa auch eine Kniesel-Show?“
Ganz offensichtlich hatte Valentinus überhaupt nicht begriffen, was sie damit ausgesagt hatte. Natürlich würde sie keine Kniesel-Shows besuchen, weil die Schönheit ihres Erachtens unwichtig war. Nun verstand sie aber auch, warum Severus ihn so gern auf den Arm nahm. Valentinus war so oberflächlich und unaufmerksam, dass er ein gefundenes Fressen für Menschen darstellte, die an ihm ihre Wortgewandtheit ausprobieren wollten. Es könnte durchaus Spaß machen, dachte sich Hermine, eine versteckte Anmerkung zu machen, um zu sehen, ob Valentinus sie auch so verstehen würde wie sie gemeint war.
Sie verkniff es sich, zweideutig zu werden oder ihn zu veralbern.
„Ich mag Kniesel-Shows nicht. Ich finde, solche Wettbewerbe haben viel zu wenig Substanz“, antwortete sie anstelle einer sarkastischen Gemeinheit.
„Schade, ich mag solche Shows. Es gibt da einige Prachtexemplare auf der Welt. Mit meinen Tierchen habe ich auch ab und an einen Preis gewonnen, aber darüber werden Sie ja noch lesen, wenn Sie mein Buch erst einmal begonnen haben.“
Nur einen kurzen Moment fragte sich Hermine, ob Valentinus sich alte Zeitschriften der Hexenwoche zum Vorbild nahm, um das breite Lächeln zu üben, so dass man immer wieder an Lockhart denken musste.
Unaufgefordert setzte sich ihr Gast auf die Couch. Die Gelegenheit nutzte Fellini, von seinem Schoß zu springen und sich vor den aufdringlichen Händen in Sicherheit zu bringen.
„Nehmen Sie doch Platz“, sagte er freundlich, während er mit der flachen Hand über das Polster neben sich strich. Nur widerwillig kam sie seiner Bitte nach, setzte sich jedoch nicht direkt neben ihn. „Wegen des Buches…“, er griff nach dem Manuskript und rutschte gleich darauf näher an Hermine heran. „Ich würde mich natürlich gern zu einer kleinen Widmung hinreißen lassen, wo Sie mir doch so willig Ihre Hilfe angeboten haben“, schmeichelte er.
Aus seinem Munde mochte Hermine das Wort „willig“ überhaupt nicht. Entweder war es Absicht gewesen oder Valentinus hatte nur nicht auf seinen Tonfall geachtet, denn der schien sehr anzüglich.
„Das ist nicht notwendig, Valentinus. Ich mache das auch so. Mit wie vielen Seiten habe ich zu rechnen?“
„Es sind etwas über 170“, erwiderte er, woraufhin sie erleichtert ausatmete, was er nicht zu bemerken schien. Zum Glück, dachte Hermine, war sein Werk nicht sehr umfangreich.
Er drückte ihr das Manuskript in Hand und diesmal war Hermine sich sicher, dass es Absicht gewesen sein musste, als seine Finger die ihren berührten, denn er hatte diese Gelegenheit genutzt, sie auf unerwünscht zärtliche Weise zu streicheln.
Seine Frechheit ignorierte sie in der Hoffnung, dass ihr Desinteresse damit deutlich zum Ausdruck gebracht werden würde, doch Valentinus schien zu glauben, sie wäre so beschränkt wie er selbst und hätte seine Annäherung nur nicht verstanden. Es war erst ein Arm, der sich genau hinter ihr auf der Rückenlehne niederließ, bevor seine Finger die Dreistigkeit besaßen, mit ihrem Haar zu spielen.
„Ich denke, Sie sollten jetzt gehen.“ Sie beugte sich nach vorn, um sein Manuskript auf dem Tisch abzulegen, aber auch, um seinen Fingern zu entfliehen. Sie lehnte sich nicht wieder an und blickte ihm auch nicht in die Augen, als sie sagte: „Ich melde mich bei Ihnen, wenn ich mit dem Buch…“
„Hermine…“ Sie erschrak, als er seinen Arm um ihre Schultern legte und gerade wollte sie aufstehen, da spürte sie eine Hand an ihrer Wange, die Druck ausübte und ihren Kopf drehte. Wenige Sekunden später waren fremde Lippen auf den ihren.
Nach einer Schocksekunde stieß sie ihn in Windeseile von sich, stand auf und zog ihren Zauberstab, den sie mit steif ausgestrecktem Arm auf ihn richtete. Mit vor Wut funkelnden Augen zischte sie böse: „Gehen Sie!“ Wegen seiner Unverfrorenheit hatte er sich nicht nur um ihre Gesellschaft gebracht, sondern noch um etwas anderes. „Und nehmen Sie Ihr blödes Buch mit!“
„Aber…“
„RAUS!“
„Hermine, wir sind doch erwachsene Menschen und können sicherlich darüber reden, nicht wahr?“, säuselte er zuversichtlich und er schien nicht zu bemerken, dass er damit ihren Zorn nur noch schürte.
Mit bebender Stimme drohte sie leise und langsam sprechend: „Sie gehen auf der Stelle und wagen es nicht noch einmal, meine Aufforderung zu überhören!“
„Gut“, sagte er kindlich eingeschnappt, bevor er sich erhob und seine Mappe nahm. „Ich dachte nur…“ Er ging bereits zur Tür, um zu zeigen, dass er ihrer Aufforderung zum Gehen durchaus nachkam, doch er konnte es nicht lassen, ihr vor Augen zu halten: „Ich bin einsam, Sie sind einsam – ich dachte, wir beide könnten…“
„Ich bin nicht so verzweifelt, dass ich mich ausgerechnet mit IHNEN einlassen müsste und jetzt verschwinden Sie, bevor Madam Pomfrey bei dem Versuch, dem Eiterbeulen-Fluch Herr zu werden, an Ihre Grenzen stößt.“
Mit der Hand schon an der Türklinke verweilend blieb Valentinus stehen und schaute verdutzt drein, bevor er fragte: „Was für ein Eiterbeulen-Fluch?“
Keine zehn Minuten später wurde Poppy dabei gestört, ihre Liste mit noch benötigten Tränken zu vollenden, denn Professor Svelte stürzte lärmend herein.
„Herrje, was ist denn mit Ihnen passiert?“, fragte sie, während sie ihr Gesicht verzog, weil gerade eine der großen Beulen in seinem hübschen Gesicht aufplatzte und gelber Eiter an seiner Wange hinunterlief.
Er antwortete nicht auf Poppys Fragen, wie das geschehen sei oder wer es gewesen war. Man wĂĽrde weitere Fragen stellen, wusste Valentinus, denn Hermine war eine beliebte Kollegin, die fĂĽr ihren besonnenen Charakter bekannt war. Jeder wĂĽrde den Grund erfahren wollen, warum gerade sie in Rage geraten war und zu so einem Fluch gegriffen hatte. Daher hielt er den Mund und hoffte einfach nur auf eine schnelle Genesung.
Ihre Besonnenheit hatte Hermine zwischenzeitlich wiedererlangt, auch wenn noch immer ihre Hände zitterten und sie sich ausmalte, mit welcher Strafe sie wohl zu rechnen hätte, weil sie einen Lehrer verhext hatte, wenn er auch nicht ihr Lehrer war. Der befürchtete Besuch von Albus blieb jedoch aus. Nicht einmal Harry oder Severus suchte sie auf, was sie glauben ließ, dass bis auf Poppy niemand anderes von Sveltes Schicksal erfahren hattet.
Am frühen Nachmittag erschienen bereits die Posteulen des Ministeriums, die nicht verschwinden würden, ohne die geforderten Akten entgegengenommen zu haben. Das wäre erledigt.
Am Tag darauf erwachte Hermine mit dem Gedanken, dass heute Severus’ Geburtstag war, was sie beschwingt aufstehen ließ. An den gestrigen Vorfall mit Valentinus hatte sie gar nicht erst denken wollen.
Die wenigen Kollegen am Frühstückstisch gratulierten Severus nicht, was daran liegen mochte, dass jeder wusste, wie grantig er reagieren könnte, doch Hermine hatte vor dem Frühstück gesehen, wie Poppy den Tränkemeister abgefangen hatte, um ihm sehr wahrscheinlich persönlich unter vier Augen ihre Glückwünsche auszusprechen. Vielleicht benötigte sie aber auch nur professionelle Hilfe wegen des von Ginny entwickelten Eiterbeulen-Fluchs. Alle anderen nahmen Rücksicht darauf, Severus nicht mit öffentlich bekundeten Gratulationen in eine unangenehme Lage zu bringen, denn er mochte es nicht, im Mittelpunkt zu stehen. Während des Frühstücks kam Hermine der Gedanke, dass Severus vielleicht glauben würde, sein Geburtstag könnte ihn zu menschlich machen und weil sie mit ihren Gedanken bei seinem Geburtstag war und sich vorstellte, wie sie ihm nachher die Geschenke überreichte, bemerkte sie gar nicht, wie Albus ihr einen nachdenklichen Blick zuwarf.
Das Graphorn-Pulver, das Fläschchen Acromantulagift, Mörser und Stößel und auch der patentierte Tagtraumzauber der Zwillinge war bereits als Geschenk verpackt. Kurzfristig hatte Hermine noch eine andere Idee gehabt, die leicht zu verwirklichen war und auch nur einen symbolischen Wert hatte. Diese beiden Gegenstände verpackte sie nicht.
Sie überlegte einen Moment, ob sie eine Flasche Whisky aus ihrem Schrank mitnehmen sollte, entschied sich jedoch dagegen, denn in Severus’ Augen wäre es bestimmt kein guter Tropfen. Als sie alles beisammen hatte, machte sie sich abends auf den Weg in die Kerker.
An seinen privaten Gemächern angekommen ließ sie sich von Salazar öffnen. Severus stand gerade an der Tür neben dem Bücherregal, als er sie erblickte.
„Sie sind es! Ich hatte bef…“
Dieses Wort sollte seinen Mund nicht verlassen, so dass sie ihn flink unterbrach: „Sie hatten gehofft, dass ich kommen würde!“ Sie grinste keck, woraufhin er einmal tief durchatmete.
„Ja, ganz genau“, sagte er stöhnend. „Treten Sie doch ein und nehmen Sie Platz. Fühlen Sie sich ganz wie in den eigenen vier Wänden.“ Er erlaubte sich ein halbseitiges, fieses Grinsen. „Also wie immer.“ Ihre Tasche beäugend fragte er spöttisch: „Was tragen Sie mit sich herum? Ihren Hausrat?“
„Nein, das sind Geschenke. Ich weiß nämlich zufällig, das heute für Sie ein besonderer Tag ist.“
„Der heutige Tag“, widersprach er, „ist wie jeder andere auch.“
„Oh, das sehe ich aber anders“, winkte sie ab. „Kommen Sie, Severus, setzen Sie sich!“
Er kam ihrer Aufforderung noch nicht nach. „Sagen Sie mir bitte, dass Sie keinen Whisky mitgebracht haben.“ Er versuchte einen Blick in ihre Tasche zu erhaschen.
„Nein, hab ich nicht. Die Wahl der Getränke für heute Abend überlasse ich ganz Ihnen.“
„Dann einen Elfenwein?“
Ihre Antwort wartete er gar nicht ab, denn er schenkte bereits zwei Gläser ein, wovon er ihr eines reichte, bevor er sich in einem geziemenden Abstand neben sie setzte.
Er hob bereits sein Weinglas, da stoppte sie ihn mit einer Geste ihrer Hand, hob das eigene Glas und sagte: „Auf Ihr Wohl, Severus. Alles Gute zum…“
Sein Glas an das ihre führend unterbrach ein laut klingendes Geräusch ihre Glückwünsche, bevor er sich einen Schluck genehmigte.
„Ich war doch noch gar nicht fertig“, schmollte sie.
„Es sind sowieso immer die gleichen Worten, die man Jahr für Jahr aufs Neue hören muss, finden Sie nicht?“
Sie spitzte die Lippen, bevor sie log und schäkerte: „Nein, ich hatte mir ein paar sehr originelle Worte zurechtgelegt, in deren Genuss Sie nun leider nicht mehr kommen werden, denn angestoßen haben wir ja bereits.“
Auch sie nahm einen Schluck des süßlichen Weines, bevor sie das Glas auf den Tisch stellte und tief Luft holte. Kaum hatte sie vorhin in seine Räume betreten, war sie von der anheimelnden Atmosphäre ganz angetan, während sie sich gestern nicht einmal in ihrem eigenen Zimmer hatte wohl fühlen können. Severus war still, nippte dann und wann an seinem Wein. Als er ungezwungen seine Beine unter dem Tisch ausstreckte, da bemerkte sie, dass er keine Schuhe trug, nur Socken, was ihr ein Lächeln entlockte.
Seine Stimme, auch wenn sie leise war, erschrak sie ein wenig, als er amüsiert sagte: „Poppy hat heute vor dem Frühstück das Gespräch mit mir gesucht. Es scheint“, er blickte mit Schadenfreude in den Augen zu Hermine hinüber, „dass Professor Svelte gestern wohl den Zorn von jemandem auf sich gezogen haben muss.“
Hermine sagte kein Wort, denn sie konnte sich nicht vorstellen, dass Valentinus den Mut gefunden haben sollte, Poppy die Wahrheit zu sagen und noch viel weniger war es vorstellbar, dass Poppy solche vertraulichen Informationen ausposaunen wĂĽrde.
„Sie hat mich gefragt, ob ich womöglich den Gegenfluch kenne. Ich wurde das Gefühl nicht los, sie hielte mich für den Übeltäter.“ Er schien amüsiert darüber, dass man ihm so eine Tat zutraute, weil jeder zu wissen schien, was er von diesem Kollegen hielt. „Mein Glück, dass ich für den ’Tatzeitpunkt’ ein Alibi in Form von Lupin habe, auf den ich nach dem Spazierengehen mit dem Hund getroffen war und der sich erdreistete, mir ein langes Gespräch über mein Haustier aufzuhalsen.“
Es schwang so viel Wonne in seiner Stimme mit, dass seine herablassenden Worte ĂĽber Remus an Ernst verloren hatten.
„Und…“ Hermine räusperte sich. „Was ist mit Professor Svelte geschehen?“
„Poppy hat mich darum gebeten, Stillschweigen zu bewahren.“ Verständnisvoll schaute Hermine zu Boden, doch dann fuhr er plötzlich fort: „Also müssen Sie gut zuhören, denn ich werde es nur einmal sagen!“ Gegen das tückische Grinsen auf ihrem Gesicht konnte sie nichts unternehmen und sie lauschte ihm. „Professor Svelte ist am ganzen Körper mit Eiterbeulen übersät!“ Er verzog angewidert das Gesicht, weswegen sie auflachte. „Ich bin mir sicher“, er zog eine Augenbraue in die Höhe, „dass er Miss Weasley auf dem falschen Fuß erwischt haben muss, denn von Harry weiß ich, dass sie ein außergewöhnliches Talent für das Entwickeln von derben Flüchen dieser Art haben soll.“
Nichts konnte Hermine mehr halten und sie lachte einfach drauf los, was er belustigt beobachtete.
Nachdem sie sich etwas beruhigt hatte, sagte er plötzlich sehr ernst: „So sehr ich Miss Weasleys Drang, Svelte verhexen zu wollen, auch nachvollziehen kann …“ Er schüttelte mitleidig den Kopf. „Sie muss mit einem Verweis rechnen.“
Schlagartig war Hermine nicht mehr nach lachen zumute. “Aber wenn sie es nicht gewesen sein sollte?“
„Hermine, es liegt doch auf der Hand! Miss Weasley ist die Einzige, die für solche Flüche bekannt ist.“
„Aber…“ Ihre Stimme versagte. Das Wort „Zwickmühle“ wiederholte sich ständig in ihrem Kopf. „Weiß denn Albus davon?“
Verneinend sagte Severus: „Poppy verriet mir, dass Svelte peinlich berührt gewesen sein soll. Es ist gut möglich, denn so habe ich ihn von Anfang an eingeschätzt, dass er Miss Weasley gegenüber anzüglich geworden sein könnte, womit er sich selbst in eine missliche Lage bringen würde, sollte er Genaueres schildern.“ Erleichtert atmete Hermine aus, obwohl sie nicht einmal bemerkt hatte, dass sie die Luft angehalten hatte. „Trotzdem wird Poppy es melden müssen. Solche ’Späßchen’ haben an einer Schule nichts verloren.“
„Aber wenn sie es doch gar nicht war!“, sagte Hermine viel zu verteidigend, weswegen er hellhörig wurde.
„Haben Sie vielleicht etwas zu dem Vorfall zu sagen?“, wollte er wissen. In seinem Gesicht schlug sich plötzlich Ernüchterung nieder, dann erneut Schadenfreude. „Hermine? Sie haben doch nicht etwa…“
„Er hat es verdient!“ Das sollte genügen, dachte sie zumindest.
„Ah, Streit unter Liebenden“, stichelte er, woraufhin sie ihn erbost anblickte und sich in entsprechendem Tonfall dazu äußerte.
„Ich empfinde in dieser Richtung gar nichts für diesen…“ Sie zensierte sich selbst. „Und wenn er so empfinden sollte, dann hat er wirklich eine ganz eigenwillige Art sich auszudrücken.“
„Was hat er getan?“, fragte er neugierig.
Bockig entgegnete sie: „Warum wollen Sie das wissen?“
„Vielleicht damit ich weiß, wo ich Grenzen im Umgang mit Ihnen ziehen sollte, um nicht einmal in die gleiche Lage zu kommen wie er?“
Sie durchdachte den gestrigen Tag und ersetzte in Gedanken Svelte durch Severus, was ihr vor Augen hielt, dass ihr Professor so etwas nie tun wĂĽrde.
„Es ist doch egal, was er getan hat“, murmelte sie, um die Sache einfach nur zu vergessen. Bei Severus hingegen läuteten aufgrund dieser Aussage die Alarmglocken.
„Hat er Sie etwa unsittlich berührt?“, fragte er aufgebracht.
„Ähm…“ Sie war wegen seiner Sorge sprachlos und auch gerührt.
„Hat er?“, fragte er fordernd nach.
„Na ja, er hat mich gegen meinen Willen…“
„Das genügt mir schon“, sagte er, bevor er von der Couch sprang und mit einem Male fühlte sie sich unwohl in ihrer Haut.
„Wo wollen Sie denn hin, Severus?“
„Zum Direktor. Ich werde dafür sorgen, dass dieser unfähige…“, er suchte verzweifelt nach einem abwertenden Synonym für „Lehrer“, doch „Pauker“ war noch viel zu harmlos. „Ich werde dafür sorgen, dass er noch heute von der Schule geworfen wird!“
„Warten Sie!“
„Worauf? Es ist schlimm genug, dass Menschen wie er glauben, man würde ihnen alles durchgehen lassen, nur weil sie mit einem gepflegten Äußeren auftreten und mit fragwürdigen Schmeicheleien um sich werfen, aber es geht definitiv zu weit, sich auf ungehörige Art und Weise einer Frau zu nähern, der ich mich vertraglich dazu verpflichtet habe, mich um ihr Wohl zu kümmern.“
Diesen Satz wiederholte Hermine in Gedanken noch einmal, doch derweil entging ihr ganz, dass Severus bereits zur TĂĽr hinaus war. Wie von der Tarantel gestochen eilte sie ihm nach; der Hund folgte ihr unbemerkt.
„Severus, warten Sie!“
Nach einem kurzen Sprint hatte sie ihn eingeholt und versuchte nun, sich vor ihm aufzutürmen, damit er nicht passieren konnte, doch er war viel größer als sie; David gegen Goliath.
„Gehen Sie aus dem Weg, Hermine.“
„Nein, Sie gehen jetzt nicht zu Albus!“, sagte sie in einem Befehlston, den er von ihr bis dato noch nie gehört hatte.
„Sie verstehen nicht“, sagte er ruhig. „Mir tut sich hier die Möglichkeit auf, einen unbeliebten, vor allem aber unfähigen Kollegen loszuwerden und ich werde diese Möglichkeit ergreifen!“
„Hat es denn nicht gereicht“, warf sie nicht sehr ernst ein, „damals schon dafür gesorgt zu haben, dass Remus hinausgeworfen wurde.“
Kopfschüttelnd stellte er klar: „Lupin hat von sich aus gekündigt, noch bevor die ersten Beschwerdebriefe von Eltern eintreffen konnten. Das war“, er hob eine Augenbraue und klang so unschuldig wie nur möglich, „unbefriedigend.“
„Und es würde Sie tatsächlich zufrieden stellen, wenn Svelte nach diesem kleinen Skandal gefeuert wird?“ Sein fieses Grinsen war Antwort genug. „Daraus ziehen Sie Ihre Befriedigung?“, fragte sie neckend.
„Unter anderem, ja.“
„Severus…“ Sie klang wieder nörgelnd, weswegen sein linkes Augenlid nervös zuckte.
Gelassen versuchte er ihr verständlich zu machen: „Sie haben mir mit Ihrer Schilderung von Sveltes nicht akzeptablem Benehmen ein wirklich wunderschönes Geburtstagsgeschenk gemacht, Hermine.“
„Ihre Geschenke sind da drin“, sie deutete zu seiner Tür, „und warten nur noch darauf, ausgepackt zu werden.“
„Die will ich nicht!“
Enttäuscht presste sie die Lippen zusammen.
„Nun“, bei seiner Stimme horchte sie sofort auf, „vielleicht könnte ich mich tatsächlich morgen darum kümmern.“ Er hob und senkte resignierend die Schultern, bevor er erklärte: „Albus würde mich am heutigen Tag bestimmt in seinem Büro festhalten und mich mit seinen neusten Entdeckungen aus dem Honigtopf bekannt machen wollen; das Risiko möchte ich nicht eingehen.“
Sie strahlte über das ganze Gesicht, bevor sie eine Hand auf seinen Oberarm legte und ihn dazu aufforderte, ihr in seine Räume zu folgen.
Drinnen, nachdem sie sich erneut gesetzt hatten, wühlte Hermine in ihrer Tasche, während Severus desinteressiert tat, doch er war wie schon zu Weihnachten sehr gespannt darauf, was er wohl von ihr erhalten würde. Sie überreichte ihm eine viereckige Box, die er mit ausdrucksloser Miene entgegennahm und beäugte.
„Sie müssen es schon aufmachen“, neckte sie ihn.
Des Papiers hatte er sich schnell entledigt, so dass er irritiert auf die Schachtel blicken konnte, auf der das Logo „Weasleys Zauberhafte Zauberscherze“ zu lesen war, gleich darunter stand „Tagtraumzauber“ und in Klammern dahinter „Überraschungs-Traum“.
„Ich glaube, Hermine“, er blickte sie entgeistert an, „dass Sie noch nie in Ihrem Leben bei der Auswahl eines Geschenkes so fehl entschieden haben!“
Sie schenkte ihm ein überlegenes Lächeln und sagte sehr selbstbewusst: „Und weil ich genau gewusst habe, dass Ihnen das nicht gefallen wird“, er kniff die Augen zu schmalen Schlitzen zusammen, „habe ich natürlich noch etwas anderes besorgt.“
Sie nahm ihm den Tagtraumzauber aus der Hand und stellte ihn auf den Tisch, bevor sie etwas anderes aus ihrer Tasche zog. Mörser und Stößel waren so eingepackt, dass die Konturen der Geschenke trotz des Papiers eindeutig den Inhalt verrieten.
„Eine sehr originelle Verpackung“, flunkerte er.
„Machen Sie sich nur über mich lustig. Haben Sie schon mal etwas Rundes eingewickelt? Ich kannte nur einen Zauberspruch, der das Papier um den Gegenstand legt.“ Sie stutzte. „Vielleicht hätte ich es lieber in eine Kiste packen sollen und dann erst…“, sagte sie zu sich selbst, so dass er schmunzeln musste.
„Sie hätten es auch gar nicht als Geschenk einpacken brauchen. Das ist für Kinder sicherlich sehr nett, um die Spannung noch einen Moment länger hinauszuzögern.“ Er zog seinen Zauberstab und entfernte zu Hermines Enttäuschung das Papier per Zauber.
„Achat?“, fragte er erstaunt, als er das hellblaue Set betrachtete.
„Ja“, stimmte sie lediglich zu.
„Sehr edel“, murmelte er und er schien wirklich angetan zu sein. „Ich mag blau!“
Absichtlich riss Hermine ihre Augen ganz weit auf, weswegen er unsicher wirkte, aber gespannt darauf wartete, was sie im Schilde fĂĽhrte.
„Sie mögen die Farbe Blau?“ Sie klang so entsetzt als hätte er eben behauptet, Voldemort wäre Harrys Vater gewesen.
„Ja.“ Er zuckte gelassen mit den Schultern. „Was ist daran so ungewöhnlich?“ Demonstrativ ließ sie ihren Blick über seine schwarze Kleidung schweifen, als sie ihn plötzlich vergnügt schnaufen hörte. „Mit der Wahl der Farbe meiner Kleidung drücke ich nicht meine Vorlieben aus.“
„Nein? Warum tragen Sie dann schwarz?“ Er holte bereits Luft, doch er kam nicht dazu zu antworten, denn sie fügte noch hinzu: „Weil schwarz schlank macht? Haben Sie ja auch so dringend nötig…“ Sie grinste frech.
„Was ist Ihre Lieblingsfarbe?“, wollte er wissen.
„Bunt“, gab sie als nicht ernst zu nehmende Antwort.
„Das ist keine Farbe.“
„Ich habe viele Farben, die ich mag. Gelb zum Beispiel.“
Er rief sich einige Situationen ins Gedächtnis, bevor er – sich seiner Sache sicher – behaupten konnte: „Ich habe Sie noch nie diese Farbe tragen sehen.“
Ein mildes Lächeln schlug sich in ihrem Gesicht nieder, bevor sie beteuerte: „Glauben Sie mir, ich haben schon was Gelbes getragen, als wir zusammen gearbeitet haben.“
Wieder versuchte er sich an so einen Moment zu erinnern, aber er war sich sicher, dass sie keine gelben KleidungsstĂĽcke besaĂź, jedenfalls keine, die man sehen konnte.
„Ah“, machte er, als er endlich begriffen hatte, bevor er den Mörser in die Hand nahm und ihn sich verlegen betrachtete.
„Ich habe noch ein Geschenk für Sie!“
„Sie brauchen wirklich nicht…“
Sie drückte ihm bereits ein weiteres Päckchen in die Hand, das er nehmen musste, damit es nicht hinunterfallen würde, denn sie ließ bereits wieder los.
„Machen Sie schon auf“, drängelte sie, denn sie wollte wirklich wissen, was er zu dem Gläschen mit dem Graphorn-Pulver sagen würde.
„Ich habe das Gefühl“, er blickte sie an, „dass Sie mehr Freude daran haben als ich.“
„Macht es Ihnen denn gar keinen Spaß?“, fragte sie enttäuscht.
„Ihr Verhalten ist in gewisser Weise unterhaltsam“, gab er zum Besten, womit sich Hermine zufrieden gab.
Nachdem er auch dieses Geschenk ausgepackt hatte und in den Händen hielt, da sagte er ein wenig vorwurfsvoll: „Geben Sie nicht so viele Galleonen aus, Hermine!“
Auf freundliche Art gab sie ihm zu verstehen: „In solche Angelegenheiten lasse ich mir nicht reinreden.“ Den Kopf schräg legend wollte sie wissen: „Können Sie es denn gebrauchen?“
„Was ist das für eine Frage? Natürlich!“
„Gut, ich habe nämlich noch ein Geschenk für…“
„Langsam ist’s genug, meinen Sie nicht?“
„Lassen Sie mir doch meinen Spaß und packen Sie schon aus“, drängelte sie, als sie ihm die andere, in dezentes Papier gewickelte Zutat reichte.
„Nur wenn Sie uns noch etwas Wein einschenken“, bat er, während er bereits das Päckchen öffnete, welches das Fläschchen mit dem Acromantulagift beinhaltete.
Von dem Acromantulagift war er hingerissen, was er nicht verbal zum Ausdruck bringen musste. Seine Mimik sprach fĂĽr sich.
„Gefällt Ihnen auch, wie ich sehe“, sagte sie zufrieden klingend.
Sich räuspernd erklärte er daraufhin schmunzelnd: „Ist Ihnen die Bedeutung von Acromantulagift als Geschenk bewusst?“ Ihre Stirn schlug Falten und sie schüttelte den Kopf. „Nun, alten Überlieferungen zufolge bedeutet das Verschenken von Acromantulagift, dass man dem Beschenkten“, er blickte sie kühl an, „den Tod wünscht.“
So schnell konnte er gar nicht schauen, wie sie ihm das Fläschchen entrissen hatte und nun hinter ihrem Rücken versteckt hielt.
Er blinzelte ein paar Mal. „Was sollte das?“
„Ich wünsche Ihnen doch nicht den Tod. Das Gift bekommen Sie nicht…“
„Hermine…“
Er hatte sie unterbrechen wollen, doch sie redete einfach weiter: „Hätte ich das gewusst, dann hätte ich niemals…“
„Hermine!“ Jetzt blickte sie auf, die Hände noch immer hinter ihrem Rücken haltend, um das Acromantulagift zu verbergen. Langsam sprechend erklärte er: „Das mit den Bedeutungen verschiedener Zutaten ist genauso ein Unfug wie die ’Blumensprache’ in der Muggelwelt.“
„Blumensprache?“, wiederholte sie verdutzt.
„Das kennen Sie doch sicherlich. Die Akelei, die man einem Schwächling schenkt oder die Klette für zu anhängliche Personen. Eine rote Rose für…“ Innehaltend wandte er erst seinen Blick ab, bevor er nach seinem Weinglas griff und es in zwei Zügen leerte.
„Ach“, sagte Hermine abwinkend, „so ein Aberglaube aber auch.“
„Diese ’Sprache’ hat in der magischen Welt zu vielen Missverständnissen geführt und wird deswegen seit mehreren Jahrzehnten nicht mehr angewandt, daher…“
Er hielt ihr seine Hand fordernd auf und erwartete sein Geschenk zurück, welches sie ihm nur zögerlich gab und auch nur, indem sie ein weiteres Mal versicherte, dass sie ihre Absichten nicht denen der alten Bedeutung entsprachen.
„Ich hoffe“, begann er, „dass die Schenkungen nun ein Ende gefunden haben. Sie bringen mich langsam in eine unangenehme Situation.“
„Wieso unangenehm?“, fragte sie unschuldig.
„Denken Sie denn, ich wüsste nicht, welche Preise diese Dinge auf dem Markt erzielen?“
Sofort konterte sie, um den Kaufpreis für die Geschenke zu rechtfertigen: „Sie haben mir einen ’Norwegischen Waldkatzen-Knieselmischling’ geschenkt, Severus!“
„Mrs. Figg ist mir mit einem Freundschaftspreis entgegengekommen.“
Einmal tief durchatmend hielt sie ihm vor Augen: „Und Sie glauben, ich würde die ’Freundschaftspreise’ von Arabella nicht kennen?“
„Dann“, er schürzte kurz die Lippen, „sind wir jetzt wohl quitt.“
„Oh, da fällt mir ein, ich habe noch ein Geschenk!“
„Das kann nicht wahr sein“, murmelte er, während er dabei zusah, wie Hermine zwei Gegenstände aus ihrer Tasche zog, die nicht verpackt waren.
Sie hielt ihm zu seinem Erstaunen eine Packung mit einem Schokofrosch und ein Hühnerei entgegen; lächelte dabei bis über beide Ohren.
Die zwei Gegenstände annehmend und betrachtend fragte er einen Moment später ratlos: „Und was soll das darstellen?“
„Es ist ein symbolisches Geschenk, Severus“, gab sie als Hinweis.
Erst jetzt fiel der Knut bei ihm, weswegen er schmunzelnd fragte: „Was soll daraus werden? Ein Basilisk aus massiver Vollmilchschokolade?“
Sie nickte und flunkerte: „Ja, und wenn der einen ansieht, dann zerbröselt man zu Kakaopulver!“
Er fand das symbolische Geschenk amĂĽsant, vor allem aber fand er Gefallen daran, dass sie seine Begeisterung ĂĽber den toten Basilisken in der Kammer des Schreckens nicht vergessen zu haben schien. Sie war, was ihn betraf, sowieso sehr aufmerksam. Gerade eben schenkte sie ihm, wie er beobachten konnte, noch etwas Wein ein; nicht sich selbst, denn ihr Glas war noch voll.
„Was hat Ihnen von allem am besten gefallen?“, wollte sie neugierig wissen.
Wie aus der Pistole geschossen antwortete er: „Dass ich morgen zu Albus gehen darf und Svelte hinausgeworfen werden wird!“
Sie zog ihren berühmten Schmollmund, von dem Ron einmal gesagt hatte, dass er zum Küssen animieren würde, bevor sie beleidigt tat und sagte: „Das war jetzt nicht nett, Severus.“
„Dann freuen Sie sich selbst nicht darauf?“
„Auf was? Dass Svelte uns eventuell bald verlassen wird, weil es einen schwarz gekleideten Lehrer in diesem Schloss gibt, der gern gegen seine Kollegen intrigiert?“
„Ah, Sie nehmen ihn jetzt auch noch in Schutz. Möglicherweise lag ich mir meiner ersten Vermutung vorhin doch nicht so falsch?“, stichelte er.
Sie knurrte, so dass der dösende Hund kurz seinen Kopf hob, bevor sie mit Severus nicht ernst schimpfte: „Dass Sie mir so etwas unterstellen ist unerhört!“
Er lachte unerwartet auf und griff zu seinem Glas, doch noch trank er nicht, sondern schilderte: „Meine Schüler hatten mir davon berichtet, dass Svelte ihnen einen Stock als einen Bowtruckle vorgeführt hätte.“
„Wirklich? Professor Raue-Pritsche hat damals nicht so einen Unsinn verzapft“, warf Hermine ein. „Sie hatte Hagrid vertreten und ich fand ihren Unterricht ehrlich gesagt ganz wunderbar.“ In Erinnerungen schwelgend ließ sie Severus wissen: „Sie hatte uns auch zutrauliche Einhornfohlen gezeigt.“
Wegen der Erinnerung an den Unterricht von Professor Raue-Pritsche musste Hermine plötzlich auch an den Tag denken, an dem sie mit der Dunklen Magie in Berührung gekommen war. Ein Fohlen hatte sich ihr genähert hatte und alle beschmutzenden Empfindungen waren mit einer Berührung des goldenen Fells wie hinweggefegt.
„Und?“, läutete sie eine weitere Unterhaltung ein. „Wer hat Ihnen alles gratuliert oder etwas geschenkt?“
„Niemand“, antwortete er grummelnd.
„Nein, das glaube ich nicht! Nicht mal Albus?“
„Gut, Albus hat ein paar Worte verloren und mir die Flasche Elfenwein überreicht“, stellte er klar.
„Die, die wir gerade trinken?“, wollte sie wissen und er nickte. „Noch andere aus dem Kollegenkreis?“
Erneut nickte Severus. „Poppy händigte mir eine uralte Fibel über Zaubertränke aus; eher ein Sammlerobjekt als etwas Nützliches.“
Unerwartet stand er auf, um besagte Objekt zu holen, damit sie es sich ansehen konnte.
Die alte Fibel betrachtend sagte Hermine begeistert: „Das ist ja alles mit der Hand verfasst, selbst die Zeichnungen.“
„Poppy sagte, es wäre eines der ersten Schulbücher, die in Hogwarts für Zaubertränke benutzt worden waren. Nur eines der Bücher und zwar jenes, welches Sie gerade in den Händen halten, wurde persönlich verfasst, bevor der Inhalt per Zauber auf andere Bücher kopiert wurde.“
„Das ist ein Stückchen Geschichte“, sagte sie begeistert vor sich her, während ihre Finger die alten Seiten berührten. „Ein wirklich originelles Geschenk“, gab sie zu. Nachdem sie ihm die Fibel zurückgegeben hatte, nahm sie ihr Weinglas, fragte jedoch vor einem Schluck noch: „Und die anderen? Ich denke nicht, dass Harry oder Draco Ihren Geburtstag vergessen haben.“
„Sie behalten Recht, denn unerwartet kam kurz vor Ihrem unangekündigten Besuch eine Eule mit einem kleinen Päckchen von den Malfoys.“
Aus einem Schränkchen holte er eine Kiste, ähnlich groß wie die Kiste mit dem Tagtraumzauber, die er auf den Tisch stellte, bevor auch er wieder Platz nahm. Mit Hilfe seines Zauberstabes öffnete er die Verpackung und ließ einen glitzernden Gegenstand hinausschweben. Gerade streckte Hermine ihre Hand nach dem Objekt aus, da schlug er ihr auf die Finger; nicht sehr kräftig, aber trotzdem maßregelnd. Mit der anderen Hand umfasste sie schützend ihre Finger, bevor sie ihn entgeistert anschaute.
„Na hören Sie mal“, ermahnte sie ihn erstaunt.
„Um sich etwas anzusehen“, begann er mit lehrerhafter Stimme, „bedarf es keiner Hände! Auf dem Apfel befindet sich keine Brailleschrift, also müssen Sie auch nicht hinlangen.“
„Sie hätten es auch sagen können.“ Demonstrativ rieb sie ihre Finger, die sich längst erholt hatten.
„Das hätte auch zu spät sein können. Wissen Sie, was geschehen würde, sollte jemand dieses antike Stück berühren?“ Weil sie den Kopf schüttelte, erklärte er: „Ein schwarzmagischer Fluch liegt auf diesem Objekt, der jeden, der mit ihm in Kontakt gekommen ist, verwirrt und aufwühlt. Panik würde sich in einem Menschen ausbreiten und Argwohn seinen Mitmenschen gegenüber. In allem und jedem würde man bösartige Machenschaften gegen die eigene Person vermuten und man würde gegen diese vermeintlichen Intrigen anzukämpfen versuchen.“ Er blickte sie mit lebendigen Augen an.
„Und so was finden Sie toll?“
„Mich interessiert der Fluch“, verteidigte er sich. „Ich will herausfinden, ob es sich um einen eigenständigen handelt oder ob er eine Kombination aus bekannten Flüchen darstellt. Es wäre interessant zu erfahren, ob man den Fluch nur über ein Objekt legen oder auch direkt an Personen anwenden kann und natürlich auch, ob und wie man ihn brechen könnte.“
„Passen Sie bloß auf“, schäkerte Hermine, „dass dieses Objekt nicht mal versehentlich an den Mann gerät. Stellen Sie sich vor, Sie würden ihn im Ministerium liegen lassen…“
„Das würde dort wohl kaum etwas an der bereits herrschenden Atmosphäre ändern, Hermine, denn Intrigen können die Angestellten des Ministeriums auch ganz gut ohne Hilfe eines Zankapfels spinnen“, erklärte er sehr nüchtern, doch sie wusste, dass er damit gar nicht so falsch lag.
Sie beäugte den goldenen Apfel und sagte: „Ich finde, dass er etwas auffällig ist. Wäre es nicht viel günstiger, einen dezenten Gegenstand zu wählen, der nicht so viel Aufsehen erregt?“
„Nein, der Gegenstand ist meines Erachtens perfekt gewählt. Er ist ungewöhnlich und schön anzusehen. Kaum jemand wird sich zurückhalten können, ihn berühren zu wollen.“ Er schenkte ihr ein halbseitiges Lächeln, bevor er fortfuhr: „Wie Sie es ja netterweise demonstriert hatten.“
Ihr Weinglas auf den Tisch stellend bückte sie sich und zog sich ungefragt die Schuhe aus. Aufgrund seines entgeisterten Gesichtsausdrucks erklärte sie: „Sie haben gesagt, ich soll mich wie in meinen eigenen vier Wänden fühlen.“
„Wie Sie meinen“, murmelte er.
„Noch jemand, der Ihnen gratuliert hat?“
„Ich sagte doch, dass niemand…“ Mit einem Male hielt er inne, als er seine eigenen Worte überdachte. Hermine brachte es auf den Punkt.
„’Niemand’ hat Ihnen bisher aber reichlich was geschenkt“, witzelte sie grinsend. „Harry?“
Sich den heutigen Morgen ins Gedächtnis rufend nickte er und antwortete: „Ein Buch, welches ich glücklicherweise noch nicht hatte.“
„Mmmh“, machte sie wissentlich, denn sie hatte ihm diesen Geschenketipp gegeben. „Minerva?“
„Feuerwhisky.“
„Und etwas von Remus?“, fragte sie.
Hier schüttelte er den Kopf, was sie sehr verwunderte, doch bevor sie sich dazu äußern konnte, klopfte es. Severus machte keine Anstalten, den Gast einzulassen.
„Ja, wollen Sie denn nicht sehen, wer da an der Tür ist?“, fragte sie perplex.
„Nein, wenn es jemand ist, der anklopfen muss, dann kann es sich nur um jemanden handeln, den ich nicht sehen möchte.“
Es klopfte erneut, diesmal etwas lauter.
„Severus…“
„Dann öffnen Sie doch“, fuhr er sie an und griff gleich darauf zu seinem Weinglas, um Gleichgültigkeit vorzugaukeln.
Die Tür hatte sie nicht per Zauber geöffnet, sondern sie war extra aufgestanden, denn wer immer vor der Tür stand, der sollte nicht einfach hineinkommen dürfen; es waren immerhin Severus’ Räumlichkeiten.
„Herm…“ Ein paar mal verdattert blinzelnd, als würde er seinen Augen kaum trauen, schluckte Remus und versuchte es noch einmal: „Hermine, mit dir hab ich ja gar nicht gerechnet.“
„Remus, komm doch rein“, bat sie. Das brummende Geräusch im Hintergrund ignorierte sie gekonnt.
Kaum hatte Remus den Tränkemeister erblickt, setzte er bereits an, seine Glückwünsche kundzutun, doch Severus unterbrach: „Genug!“
„Nun gut“, sagte Remus nur wenig gekränkt. „Dann alles Gute und hier…“
Er hielt Severus ein Geschenk entgegen, doch der sagte nur trocken: „Ich nehme keine Geschenke an, Lupin.“
Im ersten Moment schien Remus vor den Kopf gestoßen, doch dann ließ er seinen Blick über den Tisch schweifen und Severus tat es ihm gleich. Dort lag die alte Fibel, der goldene Apfel, das Glas mit dem Pulver, das Fläschchen Gift, der Tagtraum, der Schokofrosch – Remus stutzte bei dem Hühnerei – und auf dem Boden fand sich eine Menge zerknülltes Geschenkpapier wieder.
„Ah ja“, machte Remus belustigt, „du nimmst keine Geschenke an.“
„Sie werden mir aufgezwungen!“, rechtfertigte sich Severus, was Remus zum Anlass nahm, dem auf der Couch sitzenden Tränkemeister einfach das Geschenk entgegenzuwerfen.
Hermine und Remus nahmen ein Gemurmel wahr, aus dem man die Worte „aufdringliche Gryffindors“ heraushören konnte, doch zumindest hatte Severus seinen Stolz überwunden, denn er öffnete das neue Präsent.
Wie Hermine es erwartet hatte, handelte es sich um etwas Süßes, was auch Severus unbedingt anmerken musste, denn er sagte spöttelnd: „Wie überraschend: Schokolade.“
„Nicht nur irgendwelche“, sagte Remus selbstzufrieden. „Die Trüffelpralinen sind selbst gemacht.“
„Selbst gemacht?“ Severus zog beide Augenbrauen in die Höhe, bevor er wissen wollte: „Woher kann sich jemand mit Ihrem ’Einkommen’ echte Trüffel leisten?“
„Ich habe sie von Hagrid und er hat sie von Olympe“, erklärte Remus, bevor sein Blick auf die angebrochene Flasche auf dem Tisch fiel und er vom Thema abkam. „Oh, Elfenwein?“
„Möchtest du einen Schluck?“, bot Hermine einfach an.
„Ja gern.“
Severus rollte mit den Augen, hörte jedoch aufmerksam zu, als Remus schilderte: „Hagrid mag keine Trüffel. Er sagte, wenn keines seiner Tiere sie fressen will, dann könnten sie gar nicht so gut sein wie alle behaupten.“
„Hagrid ist ja auch ein großer…“
Severus’ vermutlich beleidigende Worte unterbrach Hermine. „Ich weiß von Gabrielle, dass Olympe zur Entspannung gern mal durch die Wälder von Périgord spaziert und nebenbei nach Trüffeln sucht. Ist ja momentan auch die beste Erntezeit.“
Man hörte Severus laut stöhnen. „Bevor Sie sich in einem Monolog über unterirdisch wachsende Pilze verlieren“, Hermine verengte ihre Augenlider, musste dennoch grinsen, „möchte ich Ihnen gern eine Praline anbieten.“
Erstaunt zog sie dieses Mal beide Augenbrauen in die Höhe, während sie dabei zusah, wie Severus die durchsichtige Verpackung öffnete und ihr entgegenhielt.
Sich eine Praline aus der Tüte fischend sagte sie: „Womit verdiene ich diese Ehre?“
Erst nachdem sie die Praline in den Mund gesteckt hatte, erklärte Severus schäkernd: „Diese Ehre gebührt jedem Vorkoster.“
Da man mit vollem Mund nicht sprach, verkniff sich Hermine einen Kommentar, stöhnte jedoch wonnig, nachdem sich der Geschmack entfaltet hatte.
„Habt ihr das von Svelte gehört?“, fragte Remus plötzlich völlig unerwartet und Hermine war froh, dass sie bereits geschluckt hatte. Ein zufriedenes Lächeln zeichnete in Severus’ Gesicht ab, welches Remus auf die falsche Fährte lockte. „Das warst doch nicht etwa du?“
„Nein, dieses Meisterwerk drastischer Zurechtweisung entspringt leider nicht meinem Zauberstab.“
Remus nickte und glaubte Severus offensichtlich, denn ohne nachzufragen erzählte er: „Poppy hatte mich gefragt, ob ich einen aufhebenden Spruch kennen würde, weil ich immerhin mal Lehrer für Verteidigung war.“
„Und was haben Sie entgegnet?“
Grinsend antwortete Remus: „Ich sagte, sie sollte lieber dich fragen, aber offenbar hat sie das schon.“
„Ich gebe zu“, begann Severus, „dass ich ihr sehr wahrscheinlich auch keinen Gegenfluch genannt hätte, selbst wenn mir einer bekannt wäre.“
„Ist er so schlimm?“, fragte Remus schmunzelnd.
Nickend zählte Severus auf: „Die Eitelkeit von Black, die Dummheit von Pettigrew und das freche Auftreten von Potter. Svelte vereint wirklich eine sehr unangenehme Mischung an schlechten Eigenschaften.“
„Was denn“, warf Hermine ein, „nichts von Remus dabei?“
Er blickte sie an und zuckte einmal mit den Schultern, bevor er fragte: „Was schlagen Sie vor, Hermine? Vielleicht die ’triebhaften, animalischen Instinkte’?“
Hermine wurde knallrot, weswegen Remus sie erheitert fragte: „Das warst doch nicht etwa du?“ Unerwartet, damit hatte selbst Severus nicht gerechnet, lachte Remus auf, bevor er erklärte: „Ich bin ehrlich gesagt von Ginny ausgegangen. Den Fluch kenne ich nämlich von ihr.“
„Sie kennen den Fluch?“, wiederholte Severus. „Warum haben Sie dann Poppy nicht den Gegenfluch genannt?“
Loyal wie Remus war erwiderte er: „Ich mische mich doch nicht in Ginnys Angelegenheiten, das wäre eher Harrys Aufgabe. Ich dachte, wenn sie Svelte so schlimm verhext, dann wird das schon einen Grund…“
Das amüsierte Lächeln verschwand aus Remus’ Gesicht, als er Hermine betrachtete, die sich bei dem Thema unwohl zu fühlen schien. Wenn es nicht Ginny gewesen war, dachte er, dann musste Hermine einen triftigen Grund gehabt haben.
„Ist alles in Ordnung mir dir, Hermine?“, fragte er sie mit milder und besorgter Stimme.
Es war Severus, der an ihrer Stelle antwortete: „Sie macht jedenfalls einen guten Eindruck auf mich und außerdem wird Svelte uns morgen ganz sicher verlassen.“
„Wird er?“, fragte Remus irritiert nach, denn er konnte nicht ganz folgen.
„Wird er!“, versicherte Severus, womit das Thema „Svelte“ fallengelassen wurde.
Nach einem Moment, den Remus mit einem Schluck Elfenwein verstreichen ließ, sagte er: „Tonks hat mich darüber unterrichtet, dass alle im Ministerium schon ganz aufgeregt sind wegen Malfoys Verhandlung am Montag. Die Presse fragt schon täglich nach Informationen.“
Nickend bestätigte Severus: „Malfoys Verhandlung wird in aller Munde sein, hat sie erst einmal begonnen. Jeder kennt ihn und zwar schon aus Zeiten vor der Rückkehr des Dunklen Lords.“
„Ich hoffe“, begann Hermine, „er bekommt seine gerechte Strafe.“ Einerseits würde sie für Draco – nur für ihn – wünschen, dass der seinen Vater bald sehen könnte, doch ihr Gerechtigkeitssinn plädierte für einen langen Aufenthalt Askaban.
Der Abend verlief gemütlich. Man vertrieb sich die Zeit mit netten Unterhaltungen oder frechen Bemerkungen, die zu Remus’ Belustigung nicht nur von Severus kamen. Die vorangeschrittene Uhrzeit animierte beide Gäste nach einigen Stunden zum Gehen. Obwohl nicht nur Hermine, sondern auch Remus ihn unangekündigt aufgesucht und ihm Geschenke aufgedrückt hatten, erwischte sich Severus beim Zu-Bett-Gehen dabei, wie sehr er es bedauerte, dass der Abend bereits ein Ende gefunden hatte.
Am nächsten Morgen hatte Severus es geschafft, den Grund aus Hermine herauszukitzeln, weswegen sie Svelte überhaupt verhext hatte, auch wenn es ihr sichtlich unangenehm war, mit ihm darüber zu sprechen. Severus selbst hätte ihre gestrige Aussage „gegen meinen Willen“ völlig gereicht, doch Albus würde Genaueres erfahren wollen. Den Direktor hatte er während des Frühstücks vorgewarnt, dass er im Laufe des Vormittags das Gespräch mit ihm suchen würde und die ganze Zeit über, in der Severus sich bereits seine Rede zurechtlegte, genoss er das Gefühl des vorzeitigen Triumphs endlich jemanden loswerden zu können, den er auf den Tod nicht ausstehen konnte. Während seiner eigenen Schulzeit war es ihm nie gelungen dafür zu sorgen, gewisse Mitschüler der Schule verweisen zu lassen und später, als er Lehrer war, hatte Harry es immer wieder geschafft, sich seinen Platz in Hogwarts zu sichern, doch Svelte würde sich nicht halten können.
Enthusiastisch machte sich Severus auf den Weg zu Albus’ Büro, doch als er Remus und Minerva erblickte, die sich beide mit Albus ganz offensichtlich zum Tee verabredet hatten, schien er sein Vorhaben verschieben zu müssen.
„Severus“, grüßte Albus. „Tritt ein, mein Guter. Vielleicht darf es auch eine Tasse Tee sein?“
„Albus, ich möchte mit dir unter vier Augen…“
Minerva fiel ihm ins Wort: „Dann kommen Sie später wieder, wir haben es gerade sehr gemütlich.“
Ein rettender Einwurf, den Severus sehr begrüßte, kam von Remus, denn der sagte: „Ich glaube, es handelt sich um etwas Wichtiges, Minerva.“
Über seine Halbmondbrille hinweg blickte der Direktor ihn an und fragte: „Um was geht es, Severus? Etwas Privates?“
„Nein, es betrifft das Kollegium“, erwiderte Severus.
„Dann brauchen wir uns nicht zurückzuziehen“, sagte der Direktor fest entschlossen. „Nimm doch Platz, Severus.“ Albus setzte sich bereits wieder, doch Severus blieb verdattert stehen, so dass Albus versicherte: „Remus als ehemaliger Lehrer wird über alles, was er während unsere Gesprächs erfährt, natürlich Stillschweigen bewahren.“
„Natürlich“, bestätigte Remus.
Seine zurechtgelegte Rede war dahin, denn Severus hatte nicht geahnt, sie vor Publikum halten zu mĂĽssen.
„Also?“, forderte Albus ihn auf.
„Es…“ Improvisation war angesagt. „Es geht um Professor Svelte.“
„Ah“, machte Albus, während die anderen beiden nur zuhörten und sich nicht einmischten. „Was ist mit Professor Svelte?“ Scherzend vermutete Albus: „Oder kommen nun nachträglich deine bereuenden Worte und das Geständnis, für seinen momentanen Zustand verantwortlich zu sein?“
Durch zusammengekniffene Zähne zischte Severus: „Er hat verdient, was ihm widerfahren ist!“
„Hat er das? Dann erleuchte mich. Weswegen bist du hier?“
„Ich verlange, dass du ihm fristlos kündigst!“ Severus klang sehr fordernd.
Völlig gelassen nahm Albus eine frisch gefüllte Teetasse von Minerva entgegen, bevor er, während er das heiße Getränk bedächtig umrührte, fragte: „Und der Grund?“
„Er verhält sich…“ Er suchte nach angemessenen Worten, denn immerhin saß Minerva hier, vor der er nicht ausfallend werden wollte. „Er verhält sich dem Kollegium gegenüber nicht sittsam.“
Hier blickte Minerva auf und wagte es, in sein Gespräch mit Albus einzugreifen, denn sie sagte: „Bisher war er besonders den Damen gegenüber immer sehr höflich.“
„Vielleicht aber auch nur“, knurrte Severus gereizt, „weil gewisse Damen sich nicht mehr unbedingt in seinem Alter befinden?“
„Willst du damit sagen“, fragte Albus erstaunt, „dass es einen Übergriff gegeben haben soll?“ Der Direktor brauchte gar nicht lange nachzudenken, denn die meisten angestellten Damen waren bereits im vorangeschrittenen Alter. Die jüngsten Mitglieder im Kollegium waren Harry, Neville, Valentinus, Severus und…
„Doch nicht Hermine?“
„Doch, Albus. Er hat sich ihr aufgedrängt und es obliegt meiner Pflicht, mich für meine Schülerin einzusetzen. Ich fordere die sofortige Entlassung dieses Kollegen!“
Der schockierte Blick Minervas war Severus nicht entgangen, doch sie behielt dieses Mal sämtliche Kommentare für sich.
„Was, wenn ich fragen darf, hat Professor Svelte getan?“, wollte Albus erfahren. „Du wirst sicherlich verstehen, dass es schon einen Grund geben muss, mit dem ich so einen Schritt rechtfertigen kann.“
„Er hat sich ihr körperlich genähert“, sagte Severus und hoffte dabei innig, dass diese Erklärung genügen würde, doch Albus war anderer Ansicht.
„Es ist eine Sache, jemandem eine Hand auf die Schulter zu legen oder gar durchs Haar zu streichen, in diesem Sinne brauche ich mehr…“
„Geküsst“, warf Severus schnell gesprochen ein und er hörte, wie Minerva erschrocken Luft holte. „Gegen ihren Willen, Albus!“
„Ich…“ Der Direktor schien genauso verlegen wie Minerva und Remus, denn so einen Vorfall hatte es in Hogwarts noch nie gegeben. „Warum hat Hermine es nicht gemeldet?“
„Warum wohl? Weil es ihr unangenehm ist!“
„Ich…“ Zum zweiten Male fehlten Albus die Worte.
Unerwartet hörte man eine weibliche Stimme aus einem der Gemälde. Die ehemalige Schuldirektorin Dilys Derwent, deren lange silberne Ringellöckchen üppig über ihre Brust fielen, hatte sich zu Wort gemeldet.
„Ich habe dir gesagt, Albus, dass dieser Svelte nichts taugt.“
„Aber ich hatte so schnell niemand anderen für das Fach finden können“, murmelte Albus. „Und wenn ich ihn kündige, werden die Schüler am Montag ohne Lehrer für die Pflege magischer Geschöpfe dastehen.“ Er seufzte: „Ich denke, ich werde wohl selbst einspringen müssen.“
„Dann kommst du meinem Ersuch wirklich nach?“, fragte Severus erstaunt, bevor er dem seit gestern Abend stetig wachsenden Triumphgefühl gestatten wollte, sich gänzlich zu entfalten.
„Natürlich, Severus. Es gibt Dinge, die man nicht dulden darf. Es wird jedoch an Hermine liegen, ihn eventuell der Magisches Strafverfolgungspatrouille zu melden.“
Die gute Laune, die in Severus aufgestiegen war, machte es ihm schwer, sehr schwer, seine Freude nach auĂźen hin zu unterdrĂĽcken, doch er schaffte es, seine ernste Miene beizubehalten.
„Ich werde beim Ministerium anfragen“, sagte Albus bedrückt. „Vielleicht können die einen Lehrer empfehlen.“
„Wozu die Mühe?“, fragte Severus ein wenig zu euphorisch. „Nimm doch Lupin“, er deutete einmal lax auf Remus, „der kennt sich sicherlich mit Tieren aus; ist ja immerhin selbst eines.“
Minervas Schwall der Empörung wurde im Keim erstickt, als Remus laut zu lachen begann.
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