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Fanfiction

Harry Potter und die Schatten der Vergangenheit - Der Pate

von Muggelchen

Schwester Marie brachte gleich morgens die Post, die Lucius so sehnlich erwartet hatte. Er öffnete den Brief vom Ministerium und versuchte allein, die Buchstaben zu entziffern, konnte die kleine Schrift jedoch noch immer nicht lesen.

„Marie, würden Sie…?“, fragte er innehaltend, während er ihr den Brief reichte.
„Ja, sicher“, war ihre Antwort. Sie nahm den Brief, um laut vorzulesen: „Sehr geehrter Mr. Malfoy, mit Rücksichtnahme auf Ihre gesundheitliche Problematik hat die zuständige Abteilung entschieden, Ihre Anhörung erst im nächsten Jahr, Anfang August, durchzuführen, damit…“
Lucius unterbrach Marie und schimpfte: „Nächstes Jahr? Das ist über ein Dreivierteljahr! Nein, solange will ich nicht warten. Professor Puddle hat versichert, dass ich in wenigen Wochen wieder sehen kann und die Behandlung womöglich Ende Dezember bereits abgeschlossen sein wird. Weiß das Ministerium das denn nicht? Informieren die sich nicht über meinen Zustand?“
„Mr. Malfoy, Sie können doch einfach zurückschreiben und…“
Er unterbrach sie erneut und sagte im Befehlston: „Sorgen Sie dafür, dass Miss Bones herkommt. Ich will mit ihr sprechen, Marie. Holen Sie sie her!“
Schwester Marie seufzte, versicherte jedoch: „Ich werde sie gleich kontaktieren, Mr. Malfoy.“

Noch während ihrer Schicht rief Marie über den Kamin die Vorzimmername von Miss Bones an und meldete sich mit den Worten: „Mrs. Dainty, Miss Amabilis hier oder auch Schwester…“
„Marie! Ja, ich weiß, wer Sie sind. Ich kann Sie gleich durchstellen. Miss Bones ist zufällig gerade frei. Einen Moment bitte.“
Es dauerte keine zwei Sekunden, da meldete sich Miss Bones, so dass Marie gleich ihre Nachricht weitergeben konnte: „Guten Tag, Miss Bones. Es geht, wie Sie sicherlich ahnen, um Mr. Malfoy. Er möchte dringend mit Ihnen sprechen. Es geht wohl um seinen späten Verhandlungstermin.“
„Oh, ähm… Ja gut, aber ich kann keinen Termin ausmachen. Ich werde vorbeikommen, wenn ich Zeit habe. Richten Sie ihm das bitte aus, ja?“, bat Miss Bones, bevor sie die Verbindung beendete.

Susan versuchte gleich darauf, Draco über den Kamin zu kontaktieren und sie erwischte ihn noch vor Unterrichtsbeginn.

„Draco, dein Vater möchte mit mir reden. Ich weiß nicht, ob ich das alleine überstehen werde“, sagte sie nörgelnd, denn sie wollte wirklich nicht allein zu Malfoy senior.
„Aber du glaubst nicht, dass er schon was sehen wird oder? Ich meine, du bist ja erst im vierten Monat. Da sieht man doch noch nichts“, beruhigte Draco sie. Er wusste zwar, dass sein Vater eine Behandlung erhalten würde, doch wie gut er schon wieder sehen konnte, war ihm nicht bekannt. Als Susan erfahren hatte, dass sie ein Kind erwarten würde, da war die Schwangerschaft schon reichlich fortgeschritten.
„Sehen wird er es wohl nicht, aber er… Ich weiß nicht, er regt mich immer auf. Er ist mir gegenüber richtig bösartig geworden. Ich dachte, du könntest vielleicht mitkommen?“, fragte sie am Ende ganz leise.
„Wann denn?“
„Heute geht es nur um ein Uhr rum, ansonsten…“
Draco unterbrach Susan und erklärte: „Ich habe um ein Uhr Zaubertränke und das wird für mich nicht sehr angenehm werden. Ich glaube nicht, dass Severus mir gestatten wird, dem Unterricht fernzubleiben. Geht es nicht nachmittags oder an einem anderen Tag?“
„Nein, wenn es heute nicht geht, dann wird er nur noch wütender auf mich sein“, erwiderte Susan.
Mit dem Kopf schüttelnd sagte Draco: „Du solltest dich von ihm nicht rumkommandieren lassen, Susan.“
„Ich will ihm ja nur entgegenkommen. Vielleicht…“
„Er wird dich nicht mögen, nur weil du springst, wenn er mit seinen Fingern schnippt. Nimm einen anderen Tag und ich komme mit oder geh heute allein hin“, stellte er klar. Gleich darauf fügte er hinzu: „Ich werde Severus fragen, aber ich kann nichts versprechen. Ich muss jetzt los, sonst komme ich zu spät.“

Draco eile los und kam gerade noch rechtzeitig zu „Pflege magischer Geschöpfe“. Professor Svelte betrat den Raum und begann schon damit, über das heutige Thema zu reden, während er zur Tafel ging. Als er sich umdrehte und während seiner hochnäsig wirkenden Rede, die er mit vielen hochtrabenden Worten schmückte, seine Augen über die Schüler schweifen ließ, bemerkte er plötzlich Draco, der ihn mit einer hochgezogenen Augenbraue und gespitzten Lippen gelangweilt ansah. Svelte kam ins Stottern, was ihm das Gekicher von einigen Damen bescherte. Das, was Draco am Halloween-Abend über Svelte gesagt hatte, klang dem Lehrer wieder in den Ohren und die wurden gleich darauf ganz rot.

Um halb eins, nach der großen Mittagspause, stand eine Doppelstunde Zaubertränke auf dem Plan. Severus war nicht in der großen Halle, wie Draco sehen konnte, und so ließ es das Mittagessen sausen und ging hinunter in die Kerker, um Severus zu fragen, ob er heute freibekommen könnte, denn er würde Susan sehr gern begleiten. Womöglich hätte er eine Chance, seinen Vater wieder einmal zu Gesicht zu bekommen, denn der hatte bisher auf seine Briefe nie geantwortet. Im Krankenhaus hatte er ihn noch nie besucht; nur in Askaban.

Wie erwartet bereitete Severus den Unterricht vor, denn er füllte die Zutaten nach, die in den Schränken für die Schüler aufbewahrt wurden. Ohne beim Umfüllen aufzublicken fragte Severus ihn mit kalter Stimme: „Was kann ich für Sie tun, Mr. Malfoy?“

Severus musste wegen Freitag noch immer sehr wütend sein, wenn er ihn, obwohl außer den beiden keine Menschenseele hier war, „Mr. Malfoy“ nannte.

„Ich wollte Sie um etwas bitten, Sir“, sagte Draco, der es für besser hielt, den höflichen Umgangston beizubehalten, um Severus keinen Grund zu geben, noch wütender zu werden. Severus drehte sich zu ihm um und wartete, so dass Draco sagte: „Sie würden mir in einer persönlichen Angelegenheit sehr unter die Arme greifen, wenn Sie mir gestatten würden, dem heutigen Unterricht fernzubleiben, Professor Snape.“
„Persönliche Angelegenheiten interessieren mich nicht“, war alles, was Severus zu sagen hatte, bevor er sich wieder den Zutaten widmete.

Zwar hatte Draco mit so etwas gerechnet, aber Severus’ Art machte ihn wütend und gleichzeitig traurig, so dass er diese Angelegenheit nicht einfach auf sich beruhen lassen wollte.

„Miss Bones hat mich gebeten, heute mit ihr ins St. Mungos zu gehen“, erklärte Draco.
Nur kurz hielt Severus mit seinen Bewegungen inne, bevor er noch ein paar Flubberwürmer in ein Glas tat, es mit einem Deckel schloss und entgegnete: „Private Angelegenheiten können Sie in Ihrer Freizeit erledigen und jetzt stören Sie mich nicht länger.“
„Ich könnte Vater sehen…“, sagte Draco innehaltend, weil Severus ihn böse anblickte. Ganz plötzlich verspürte Draco das Bedürfnis, sich bei Severus zu entschuldigen und er begann mit den Worten: „Du bist wegen Halloween noch immer sauer.“
„Achten Sie auf eine angemessene Anrede“, tadelte Severus ihn.
„Es tut mir so Leid, Severus. Ich hätte niemals…“
„Mr. Malfoy“, belferte Severus, „ich erwarte von Ihnen den Respekt, dem Sie auch jedem anderen Lehrer…“
Draco wagte es, ihn zu unterbrechen: „Aber kein anderer Lehrer ist mein Patenonkel.“
„Ah“, machte Severus, „dann führen wir dieses Gespräch gerade auf einer privaten Ebene? Verstehe. Dann lass dir eines gesagt sein, Draco: Es ist eine Schande, dass du als ’Kostüm’ jenes Gewand gewählt hast, welches du niemals in deinem Leben hättest tragen dürfen! Aber nicht nur das. Hast du dir überhaupt keine Gedanken über die ganzen Menschen gemacht?“ ’Über mich?’, fügte Severus in Gedanken hinzu. „Kam dir nicht einmal in den Sinn, dass dein Auftritt Auswirkungen von immensen Ausmaßen haben könnte?“
„Was denn für Ausmaße? Es ist doch alles wieder in Ordnung“, sagte Draco kleinlaut.
„Nichts ist in Ordnung! Allein die Konfrontation mit der Furcht vor Todessern hat Madame Pomfrey acht Schüler beschert, die übers ganze Wochenende unter Alpträumen gelitten hatten, was sie mit Tränken behandeln musste!“ Draco blickte beschämt zu Boden, doch Severus war noch nicht fertig und erklärte: „Eine Schülerin hat wieder angefangen zu Stottern, worunter sie laut ihrer eigenen Aussage seit ihrem neunten Lebensjahr nicht mehr gelitten hatte.“ Schuldbewusst rieb sich Draco den Nacken und er wartete darauf, bis Severus noch ein Beispiel nannte, doch sein Patenonkel zögerte zunächst. Plötzlich schilderte Severus in einem sehr ruhigen Tonfall: „Der Schock hat bei einem Fünfzehnjährigen bewirkt, dass er des Nachts wieder einnässt, Draco, und das ist deine Schuld! Du wolltest nur einen üblen Streich spielen, aber dein Streich hat bei den durch den Krieg noch immer ganz ausgezehrten Kindern, die jetzt schon durch ihre Erfahrungen viel zu erwachsen sind als sie sein sollten, böse Erinnerungen geweckt und einigermaßen bewältigte Probleme neu aufwallen lassen.“

Severus entfernte sich vom Zutatenschrank und näherte sich Draco. Er blickte den Blonden an, bevor er noch hinzufügte: „Du hast Glück gehabt, dass dich niemand verletzt hat. Selbst ich war kurz davor gewesen, dir etwas Schlimmes anzutun.“ Abschließend sagte er spöttisch: „Versuch das mal in Hogsmeade, Draco. Du würdest mit deiner Verkleidung dort keine fünf Sekunden überleben!“

Still stand Draco in der Klasse und ließ sich alles, was Severus gesagt hatte, durch den Kopf gehen. Er war davon ausgegangen, dass den Schülern nur für einen kurzen Moment bis zur Demaskierung der Schrecken durch die Glieder fahren würde, nicht jedoch damit, dass jemand eine psychische Störung davontragen könnte. Durch diese Erkenntnis fühlte Draco sich richtig schlecht. Er wollte Susan in diesem niedergeschlagenen Zustand auch nicht mehr begleiten, aber eines wollte er noch von Severus und er war sich sicher, dass Susan nichts dagegen haben würde.

„Severus?“ Als Severus ihn erneut anblickte, sagte Draco voller Hoffnung in der Stimme: „Ich würde gern, dass du der Patenonkel meines Kindes wirst.“ Draco beobachtete Severus und bemerkte, wie dessen Blick langsam in die Leere schweifte und er kräftig schlucken musste und sich ein paar Schritte von ihm entfernte.

Erst nach einer ganzen Weile äußerte sich Severus dazu, denn er sagte: „Ich fühlte mich geehrt, aber ich muss leider ablehnen.“
Vor lauter Unglauben musste Draco ein paar Mal blinzeln, bevor er seine Sprache wieder gefunden hatte. „Das glaube ich nicht“, sagte er verdattert. „Das glaube ich einfach nicht“, wiederholte er einen Moment später schon etwas zorniger. Draco kniff aufgebracht die Lippen zusammen, bevor er sagte: „Ist das deine Art mich zu bestrafen, weil ich einen Fehler begangen habe? Es geht hier nicht um eine kleine Streitigkeit, über die wir in einigen Wochen schon gar nicht mehr reden werden, Severus. Es geht hier um eine Sache, die ein Leben andauern soll!“
„Du verstehst mich falsch, Draco. Ich habe nicht abgelehnt, um dir eine Lektion zu erteilen“, machte Severus mit ruhiger Stimme deutlich.
Diese Worte hatte Draco in den falschen Hals bekommen, so dass er ihn wütend anfuhr: „Dann bedeute ich dir also so wenig, dass dir mein Nachwuchs völlig egal ist?“
Severus wollte sich Dracos Tonfall verbitten und sagte daher bestimmend: „Deute meine Entscheidung nicht falsch!“
„Wie soll ich sie den sonst verstehen?“
„Draco, es ist genug“, murmelte Severus, doch sein Patensohn wollte das unbedingt geklärt wissen.
„Ich war dir ja eh nur ein Klotz am Bein, wie ich das so sehe“, sagte Draco aufgeregt atmend.

Severus hatte sich zwar nach dem Vorfall auf dem Astronomieturm um ihn gekümmert, ihn in Sicherheit gebracht, und hatte somit seine Pflicht als Patenonkel erfüllt, doch Draco wurde das Gefühl nicht los, dass er für Severus all die Jahre nur eine Last gewesen war.

„Ich bin für dich nichts anderes, als ein miserables verzogenes Balg“, Severus öffnete den Mund, doch Draco ließ sich nicht unterbrechen, „und ich habe deine Zeit vergeudet! Das hast du selbst gesagt, Severus. Das hast du selbst…“ Draco war so aufgeregt, wütend und gleichzeitig enttäuscht, dass er am ganzen Körper zitterte.
„Reiß dich zusammen“, forderte Severus.
„Ich wünschte, du würdest wissen, was du mir bedeutest! Ich habe immer zu dir hinaufgeschaut, dich immer bewundert, schon als Kind. Mutter hat von dir in den höchsten Tönen gesprochen und Vater…“ Dracos Lippen begannen wegen der Erwähnung seines Vaters zu beben, aber auch wenn er sich von seinem Patenonkel so tief verletzt fühlte, wollte er keine Tränen aufkommen lassen. „Du bist ein Familienfreund und…“
Severus unterbrach und sagte ruhig: „Und das werde ich auch bleiben. Ich werde, wie früher, auf Festen anwesend sein, Geschenke machen und auch Kinderköpfe tätscheln, aber ich will nicht der Patenonkel werden, Draco.“
Draco schüttelte verzweifelt den Kopf und sagte: „Du verstehst nicht, was ich damit überhaupt sagen wollte.“ Er wollte es ihm unbedingt verständlich machen und benötigte einen Moment, um die richtigen Worte zu finden und dann sagte er mit kaum vernehmbarer bewegter Stimme: „Du warst in meinem Leben immer präsent, Severus, und ich bereue keinen einzigen Moment, den wir zusammen waren. Ich wünschte nur, du würdest das auch so sehen.“

Sein Patenonkel sagte nichts und blickte nicht einmal zu ihm hinüber, so dass Draco auf ihn zuging und versuchte, ihm in die Augen zu sehen, doch Severus Blick war starr auf den Boden gerichtet. Nur ein einziges Mal hatte Severus ihm während ihrer gemeinsamen Flucht Trost gespendet und den wollte Draco, weil er sich momentan so schlecht fühlte, einfach erzwingen. Severus konnte gar nicht so schnell handeln, wie Draco die Arme um ihn geschlungen hatte, um diese Geste zwischen eng vertrauten Menschen entstehen zu lassen. Severus war zwar nicht wie ein Vater für ihn, auch nicht wie ein großer Bruder, aber er war sein Patenonkel und man hatte nur einen und der nahm bei Draco eine wichtige Rolle im Leben ein. Draco fühlte den Trost, den er erhofft hatte, auch wenn Severus nichts anderes tat als dazustehen und sich umarmen zu lassen. Severus selbst hatte die Arme nicht erhoben, um die Geste zu erwidern, doch das störte Draco nicht. Er wusste, dass Severus schon immer sehr zurückhaltend gewesen war. Dass er nicht zurückgestoßen wurde, zeigte Draco, dass sein Patenonkel sich von dieser Geste nicht belästigt fühlte, auch wenn sich dessen Muskeln versteift hatten. Sein Vater hätte ihm jetzt bereits eine verbale Aufforderung gegeben, die Umarmung zu beenden, doch Severus ließ sie stillschweigend zu.

„Du warst und bist mir noch immer ein so geschätzter Patenonkel, dass ich für mein Kind das Gleiche wünsche, Severus“, sagte Draco, ohne seinen Kopf von Severus’ Schulter zu nehmen.
Er hörte seinen Patenonkel stockend ausatmen, bevor er dessen leise Stimme vernahm. „Ich möchte diese Verantwortung kein zweites Mal tragen, Draco. Ich bin nicht mehr der Jüngste. Ich weiß nicht, wie lange ich noch…“ Severus beendete seinen Satz nicht und erst, als Draco die gesprochenen Worte in seinen Gedanken wiederholte, da stutze er.

Nur leicht löste Draco die Umarmung, um Severus ansehen zu können und er erschrak, als dessen Gesicht so kreidebleich vor ihm auftauchte. Vorsichtig sagte er: „Severus?“ Sein Patenonkel blickte ihn an und in diesem Moment machte Draco einen Satz nach hinten, bevor er besorgt fragte: „Severus, was ist mit deinen Augen?“ Er fragte sich, ob sein Patenonkel womöglich an einer Krankheit leiden würde. Warum sonst waren dessen Augen jetzt plötzlich so hell und warum hatte Severus gesagt, er wüsste nicht, wie lange er noch…
’Wie lange er noch WAS?’, fragte Draco sich selbst. Wie lange er noch am Leben sein würde?

„Geht es dir gut? Du siehst schlecht aus. Bist du krank?“, wollte Draco wissen. Severus fasste sich mit einer Hand ans Herz und deswegen geriet Draco in Panik und fragte aufgeregt: „Soll ich Madame Pomfrey holen? Hast du Herzschmerzen? Ein Infarkt? Oh Merlin, setz dich erstmal!“ Draco half seinem Patenonkel, hinter den Schreibtisch auf dem Stuhl Platz zu nehmen. Severus wirkte wie ein nasser Sack, denn man auf der Sitzfläche abgelegt hatte. Die Hand am Herzen krallte sich in den schwarzen Gehrock und Severus hatte sein Gesicht verzogen, als würde er unter großen Schmerzen leiden. „Ich hole Madame Pomfrey.“

Schon war Draco in Windeseile aus der Tür gestürzt, nur um gleich darauf zu Boden zu gehen. Was seinen Fall verursacht hatte, machte ihm ein weißer Hund klar, der ihm entschuldigend das Gesicht leckte.

Hermine war gerade von ihrem Mittags-Spaziergang mit dem Hund zurückgekommen, als die Tür des Klassenzimmers sich abrupt geöffnet hatte, Draco direkt in die Leine lief und über sie stolperte.

„Draco, was…“
„Hermine, du bist doch Heilerin oder?“, fragte Draco aufgeregt.
„Ja, aber was ist denn nur…“
Erneut fuhr er ihr über den Mund und sagte: „Severus! Es geht ihm nicht gut. Ich glaube, sein Herz… Sieh ihn dir bitte an!“

Heiler war Heiler, hatte Draco gedacht und Hermine war griffbereit, so dass er sie einfach am Arm packte und in den Klassenraum zerrte. Hermine ließ die Leine los und der Hund rannte bereits aufgeregt zu seinem Herrchen.

Hinter seinem Schreibtisch saß Severus noch genauso da, wie er ihn zurückgelassen hatte. An Hermine Gesicht erkannte Draco, dass sie sich ebenfalls Sorgen machte. Beide eilten zu ihm hinüber und Hermine kniete sich vor ihn nieder und sagte: „Severus? Sagen Sie mir, was Sie für Schmerzen haben.“
„Es…“, seine Stimme war erschreckend schwach. „Es geht schon.“

Aus der Innentasche seines Umhangs zog Severus seinen neuen Zauberstab, um per Aufrufezauber einen Beruhigungstrank herbeizurufen. Hermine fing die kleine Flasche jedoch ab, bevor er sie greifen konnte und schalt ihn: „Oh nein, das haben Sie schon einmal getan und ich lasse nicht zu, dass Sie sich wieder mit Tränken voll stopfen, ohne dass man weiß, was mit Ihnen los ist.“

Draco zog bewundernd eine Augenbraue hinauf, denn nicht einmal er selbst hätte es gewagt, Severus einen Trank vorzuenthalten, den er einnehmen wollte. Plötzlich bellte der Hund und Hermine und Draco blickten sich gleichzeitig um. An Draco gewandt sagte sie leise, aber bestimmend: „Sorge dafür, dass die Schüler draußen warten!“ Sofort stürmte Draco zur Tür und hinderte die Schüler daran, den Klassenraum zu betreten. Vorsichtshalber ging Draco vor die Tür und schloss sie von außen.

Nachdem die Tür sich geschlossen hatte, fragte Hermine ganz offen: „Ist es genauso wie damals, als sie Harrys Babydecke gesehen hatten?“ Er schien im ersten Moment erschrocken, dass sie davon überhaupt wusste, doch er nickte letztendlich. „Was hat das ausgelöst, Severus? Sagen Sie es mir, sonst kann ich Ihnen nicht helfen, bitte“, flehte sie. Er antwortete nicht, sondern saß mit dem Oberkörper zusammengesackt seinem Stuhl, die Beine hatte er jedoch weit von sich gestreckt. Hermine seufzte, bevor sei leise offenbarte: „Sie werden es sich wahrscheinlich gedacht haben, aber ich möchte ehrlich sein, Severus. Ich habe nicht nur in dem schwarzmagischen Buch gelesen, sondern bin vorher Ihre gesamten Notizen durchgegangen.“ Sie sah, wie er schluckte. „Ich weiß, dass Sie etwas suchen und dass Sie dieses Etwas reparieren möchten. Mir sind während der Studie Ihrer Pergamente viele Ideen durch den Kopf geschossen, die in viele verschiedene Richtungen gehen.“ Sie schüttelte verzweifelt den Kopf. „Wenn ich nur wüsste, was Sie suchen würden.“
Wispernd fragte er: „Dann würden Sie danach suchen?“
Sie verneinte und sagte mit einem schmalen Lächeln auf den Lippen: „Ich würde es finden!“
„Es ist verloren“, erklärte er schwächlich und entmutigt.
„Das wird sich erst noch zeigen“, stellte sie enthusiastisch klar. Sie seufzte nochmals, bevor sie ehrlich sagte: „Ich weiß, dass Sie ein verschlossener Mann sind und dass es Ihnen schwer fällt, über private Dinge zu reden, aber“, sie blickte ihm in die Augen, „wenn es sich um etwas drehen sollte, dass mit Tränken und Sprüchen zu tun hat, warum arbeiten wir beide nicht zusammen daran?“

Er blickte von ihren Augen auf ihren Mund und dann auf den Boden, während er nachdachte. Sie hatte es ernst gemeint und er wusste, dass sich seine Chancen verdoppeln würden, sollte ein zweiter schlauer Kopf sich damit befassen. Die Möglichkeit, dass er einer Lösung näher kommen könnte, ließ ihn gleichermaßen aufatmen und erschaudern.

Noch immer hatte er seinen Blick auf den Boden gerichtet, bevor er sagte: „Vielleicht ist es besser, nicht danach zu suchen und es einfach zu vergessen.“
Hermine strengte sich an, die Ruhe zu bewahren, obwohl sie ihm gern die Meinung geigen würde und sagte stattdessen verständnisvoll: „Sie sind hin und her gerissen, Severus.“ Fragend runzelte er die Stirn, so dass sie erklärte: „Immer, wenn ich bestimmte Dinge gefragt habe, die damit zu tun haben, dann haben Sie sich abgeschirmt. Andererseits waren Sie es, der Harry einen Hinweis gegeben hatte. Die Veränderungen, die Sie durchmachen, spüren nicht mehr nur Sie selbst, Severus. Zuerst war es Harry, dann ich und jetzt auch noch Draco. Wenn Sie aufgeben, dann wird sich an Ihrem Zustand gar nichts ändern; es wird immer wieder Momente wie diesen geben, aber wenn wir es gefunden haben sollten, dann können Sie endlich etwas unternehmen!“
So leise, so dass sie es kaum verstehen konnte, flüsterte er: „Und wenn ich aufgeben will?“
Hermine hatte schon von Harry gehört, dass Severus häufig depressiv gewirkt hatte und bei diesem Satz sträubten sich ihr die Nackenhaare, so dass sie etwas grantiger sagte: „So etwas möchte nicht hören! Was glauben Sie, wie schnell ich Sie ins Mungos eingewiesen habe?“
Vor lauter Verblüffung ließ Severus seinen Mund offen stehen, bevor er ihre Drohung in Gedanken wiederholte und sie dann am Umhang packte, um böse zu zischeln: „Das würden Sie nicht wagen!“
Sie lächelte, was ihn erneut verdutzte, bevor sie seinen Unterarm beruhigend tätschelte und erwiderte: „Da sind Sie ja wieder – und das ganz ohne Beruhigungstrunk.“
Er schloss die Augen und ließ ihren Umhang los, bevor er sagte: „Bitte entschuldigen Sie. Ich…“
„Ist schon gut, Severus.“ Sie blickte zur Tür, dann zurück zu ihm und fragte: „Sind Sie für den Unterricht gefeit oder…“
„Ja, es geht mir wieder gut“, erklärte er mit sicherer Stimme.
„Da bin ich erleichtert“, sagte sie, bevor sie aufstand. Er erhob sich ebenfalls und begleitete sie zur Tür, doch bevor er sie öffnete, hörte er sie noch fragen: „Sehen wir uns nachher oder möchten Sie heute etwas Zeit für sich haben?“
Er schüttelte den Kopf und sagte: „Wir sehen uns nachher.“
„Gut, aber erst um drei, denn Albus möchte gleich mit mir sprechen“, waren ihre letzten Worte, bevor er die Tür öffnete und sie hinausging.

Draco blickte Hermine an, die sich einen Weg zwischen den wartenden Schülern freikämpfte und er hätte am liebsten sofort mit ihr gesprochen, doch jetzt folgte zunächst eine Doppelstunde Zaubertränkeunterricht.

Im Laufe des Unterrichts braute Draco den geforderten Trank zusammen und er nutzte derweil die Zeit, um Severus zu beobachten, dessen Augen jetzt wieder dunkel waren.

Zur gleichen Zeit im Ministerium ahnte Susan, dass Draco heute nicht mitkommen würde. Entnervt ging sie zu Kingsley, der über einem Berg von Akten hockte, sie dennoch mit breitem Lächeln grüßte.

„Susan, wie geht’s? Warum so bedrückt?“, fragte er.
„Ach, Malfoy will, dass ich ihn besuche. Ich denke, er hat Einwände zum Verhandlungstermin im nächsten Jahr.“
„Er will alles so schnell hinter sich bringen wie nur möglich, so scheint es jedenfalls. Entweder rechnet er sich wirklich große Chancen aus, nicht viele Jahre zu bekommen oder er möchte einfach wissen, was seine Taten ’wert’ sind“, erklärte Kingsley mit seiner ruhigen Stimme. Da sie sich nicht äußerte, brachte er es auf den Punkt und fragte: „Soll ich hingehen?“
Mit großen Augen wollte sie wissen: „Das würdest du machen? Ich… Ja, das wäre nett von dir. Danke, Kingsley.“
Er konnte hören, wie erleichtert sie war, doch als ihr Blick auf die vielen Akten auf seinem Schreibtisch fiel, da bekam sie offensichtlich ein schlechtes Gewissen, so dass er sagte: „Das meiste ist privater Kram wegen der Gesetzestexte. Es würde mir gut tun, mal von denen wegzukommen.“
„Nur, wenn es dir wirklich nichts ausmacht.“
„Nein, Susan. Gib mir Malfoys Akte, damit ich…“ Sie hielt ihm bereits die Akte entgegen und lächelte verschämt. „Danke, Susan. Ich les mir die letzte Korrespondenz durch und werde gleich ins Mungos flohen.“

Lucius wartete auf Miss Bones und löcherte Schwester Marie mit Fragen, ob sie auch wirklich mit Miss Bones gesprochen hätte und ob die nichts von einem Termin gesagt hatte.

„Mr. Malfoy, jetzt langt es wirklich. Zum letzten Mal: Miss Bones hat gesagt, sie könnte keinen Termin machen, würde aber so schnell kommen wie möglich. Beruhigen Sie sich doch bitte, Mr. Malfoy“, bat Schwester Marie entnervt. Heute war ihr sonst so umgänglicher Patient wirklich eine Nervensäge.
„Aber ich…“

Marie atmete erleichtert auf, weil ein Klopfen den Patienten auf der Stelle ruhig gestellt hatte. Sie öffnete die Tür und eine tiefe Stimme grüßte sie.

Die Stimme erkennend wetterte Lucius: „Oh nein, ich habe nach Miss Bones verlangt und werde nicht mit Mr. Shacklebolt reden, besonders nicht nach unserem letzten Gespräch!“ Er würde Arthur und Shacklebolt nie verzeihen können, ihm heimlich Veritaserum gegeben zu haben.
„Miss Bones hat den Fall an mich weitergegeben, Mr. Malfoy. Finden Sie sich besser damit ab“, sagte Shacklebolt äußerst ruhig.
„Ich möchte, dass die Schwester während unseres Gesprächs anwesend ist. Darauf bestehe ich!“, fordert Lucius.
Man hörte Kingsley tief durchatmen, bevor er besonnen entgegnete: „Sie sind hier nicht in der Position, um Forderungen stellen zu können, Mr. Malfoy.“ Bevor Lucius etwas erwidern konnte, fragte Kingsley: „Über was wollten Sie mit Miss Bones sprechen? Oder habe ich den Weg hierher umsonst gemacht?“
Lucius atmete schnaufend durch die Nase und Marie dachte, dass er jeden Moment Feuer wie ein Drache speien würde, doch dann sagte er ganz leise: „Wenn Miss Bones keine Zeit für mich hat, dann rede ich gern mit Ihnen, Mr. Shacklebolt.“

Beide gingen an einen Tisch und Schwester Marie fragte unsicher: „Soll ich nun bleiben oder…“
Kingsley mochte die Schwester und erlaubte: „Bleiben Sie ruhig. Wir möchte doch nicht, dass der Patient sich ungerecht behandelt fühlt.“ Lucius kniff zornig die Lippen zusammen, sagte jedoch nichts. „Also, Mr. Malfoy? Wie kann ich Ihnen behilflich sein?“
„Ich möchte darum bitten, meinen Verhandlungstermin zu verschieben“, sagte Lucius gezwungen höflich.
„Verschieben? Ist Ihnen August zu früh? Wir könnten auch im November…“
„Verzeihen Sie, wenn ich Sie unterbreche. Ich dachte eher an einen früheren Termin. Wie sähe es mit Januar oder Februar aus?“, fragte Lucius mit gekonnt geheucheltem Lächeln.
„Aber Ihre Behandlung…“
„Ich werde spätestens Dezember sehen können und das heißt, ich wäre gesundheitlich in der Lage, einer Verhandlung beizuwohnen“, erklärte Lucius mit schmieriger Stimme.

Das erste Mal bemerkte Lucius, dass Mr. Shacklebolt ein dunkelhäutiger Mann zu sein schien, denn er konnte nichts Helles in dessen Gesicht erkennen und daher auch keinen Haaransatz sehen, weil der sich einfach nicht konturenreich vom Gesicht abzeichnete.

Mit sehr leiser, ruhiger Stimme sagte Mr. Shacklebolt: „Mr. Malfoy, ich möchte, dass Sie sich über eine Sache im Klaren sind: Ihr Aufenthalt hier im Krankenhaus ist nicht erforderlich; war er nie! Allein Miss Bones ist es zu verdanken, dass Sie hier ein Zimmer bekommen haben. Wenn es nach mir ginge, dann säßen Sie jetzt in einem hübschen Einzelzimmer mit Blick aufs Meer – auf die Nordsee, um genauer zu sein, die sie tag ein, tag aus von Ihrer Zelle in Askaban betrachten dürften! Bringen Sie sich nicht um dieses Privileg, nur weil Sie unzufrieden mit der Wartezeit sind.“

Lucius verkniff sich jeden Kommentar, war jedoch äußerst ungehalten über Mr. Shacklebolts kleine Rede, die Schwester Marie auch noch mit angehört hatte.

„Haben Sie noch irgendwelche Anliegen, Mr. Malfoy?“, wollte Kingsley wissen.
„Ja, habe ich“, erwiderte Lucius in einem freundlichen Tonfall, der sich sogar für Kingsleys geschulte Ohren sehr echt anhörte.
„Ich höre.“
„Ich möchte wirklich gern mit Miss Bones sprechen, Mr. Shacklebolt. Wenn Sie ihr das ausrichten könnten?“
„Sie hat wenig…“
Lucius vervollständigte den Satz: „…wenig Zeit. Ja, darüber bin ich mir bewusst. Sie kann kommen, wann immer Sie eine freie Minuten finden sollte. Und teilen Sie ihr bitte auch mit, dass während unseres Gesprächs selbstverständlich eine Schwester anwesend sein wird, was sie sicherlich begrüßen wird.“
„Ich werde es ihr ausrichten. Wenn es sonst nichts mehr gibt?“
„Nein danke, Mr. Shacklebolt. Das wäre es. Ich danke Ihnen für Ihren Besuch“, sagte Lucius galant.


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Mike ist Engländer, ein sehr englischer Engländer. Jeden Tag trug er seine Anzugweste, was mir gut gefällt – man erlebt es heute kaum mehr, dass jemand Westen trägt. Er hat ein unglaubliches Charisma und flößt uns großen Respekt ein. Doch er verinnerlicht den britischen Humor total und kann sich bestens in die Internats-Teenager hineinversetzen.
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